Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 31. Juli 2010 - 2 K 192/08

bei uns veröffentlicht am31.07.2010

Tenor

Es wird festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20. Dezember 2007 für den Bau und Betrieb des Rückhalteraumes Elzmündung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 2/3 und das beklagte Land zu 1/3.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin, eine Gemeinde, wendet sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten, der die Errichtung und den Betrieb eines Hochwasserrückhalteraums zum Gegenstand hat.
Die Klägerin liegt südwestlich von Offenburg und grenzt mit ihrem Gemeindegebiet unmittelbar an das rechte Rheinufer. Sie wurde 1972 durch Zusammenlegung der Ortschaften Wittenweier, Nonnenweier, Allmannsweier und Ottenheim gebildet, die sich entlang des hier in nördlicher Richtung fließenden Rheins erstrecken.
Jeweils vom westlichen Ortsrand gemessen liegen Wittenweier 400 m, Nonnenweier 800 m, Allmannsweier 2,8 km und Ottenheim 1 km vom Rheinufer entfernt. Bis zur Höhe der Ortschaft Allmannsweier ist das Rheinufer durch den Rheinseitendamm befestigt; nördlich hiervon erstreckt sich ein natürlicher Auslaufbereich, der von dem sogenannten Ottenheimer Altrheinarm durchzogen wird und von dem Hinterland durch den zurückgesetzten Hochwasserdamm VIII abgetrennt ist. Parallel zum Rheinseitendamm verlaufen die auch als „Tulladämme“ bezeichneten alten Rheinhauptdämme VI und VII, die ursprünglich dem Hochwasserschutz der Ortschaften Wittenweier und Nonnenweier sowie der weiter südlich gelegenen Ortschaft Kappel am Rhein gedient hatten. Der durch die Dammsysteme gebildete und nach Süden hin offene Raum wird von einer Vielzahl von kleineren Wasserläufen und der Elz durchflossen, die hier in den Rhein mündet. Nördlich von Nonnenweier durchzieht ihn der aus östlicher Richtung in den Rhein geleitete Schutterentlastungskanal.
Der durch die Dammsysteme umfasste Raum ist überwiegend bewaldet und liegt im Bereich der Europäischen Vogelschutzgebiete „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ und „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ (Nr. DE 7412-401 und Nr. DE 7712-401; vgl. die Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten vom 5.2.2010, GBl. S. 37, 168 ff). Zudem liegt das Gebiet mit seinem südlichen Teilbereich im Geltungsbereich des gleichzeitig als Naturschutzgebiet ausgewiesenen FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) und mit seinem nördlich angrenzenden Teilraum im Bereich des gemeldeten FFH-Gebiets „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“ (Nr. 7512-341).
Mit Schreiben vom 21.06.2004 beantragte das Land Baden-Württemberg, vertreten durch die Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein, beim Landratsamt Ortenaukreis als der unteren Wasserbehörde die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens für die Errichtung und den Betrieb eines Rückhalteraums im Bereich der Elzmündung. Zur Erläuterung des Vorhabens führte es im Erläuterungsbericht (Ordner 1 der Antragsunterlagen) im Wesentlichen aus:
Der Ausbau des Oberrheins in den letzten 200 Jahren habe dazu geführt, dass sich in dem Bereich der unausgebauten Rheinstrecke von Iffezheim bis Mainz der ursprüngliche Schutz gegen ein 200-jährliches Hochwasserereignis auf den Schutz gegen ein 80-jährliches Ereignis reduziert habe. Aus diesem Grund habe das Land beschlossen, über das sog. „Integrierte Rheinprogramm“ (IRP) mit seinem Rahmenprogramm I zur Verbesserung des Hochwasserschutzes insgesamt 13 Rückhalteräume zu schaffen, in denen insgesamt 167,3 Mio. m³ Hochwasser zurückgehalten werden könnten. Der Bau und Betrieb des beantragten Rückhalteraums Elzmündung sei ein Teil dieses Programms und solle ein Retentionsvolumen von 5,3 Mio. m³ aufweisen. Gebildet werde der Rückhalteraum Elzmündung durch den bereits vorhandenen Rheinseitendamm und die ebenfalls bestehenden Rheinhauptdämme VI und VII. Nördlich werde der Rückhalteraum durch den Süddamm des Schutterentlastungskanals begrenzt, wobei die Rückleitung des Wassers in den Rhein unter Einbeziehung der Überflutungsfläche westlich des Rheinhauptdamms VIII erfolge. Die im südlichen Bereich bestehende Lücke zwischen den Hauptdämmen VI und VII werde als Retentionsfläche nach Süden in Richtung Kappel am Rhein durch die natürliche Geländehöhe begrenzt. Die bestehenden Dämme sollten dem vorgesehenen Betriebsdruck entsprechend den Regeln der Technik angepasst werden. Der so gebildete Rückhalteraum werde dann durch neu zu errichtende Bauwerke mit Durchlass, einer Engstelle bei Wittenweier und der Anpassung des dortigen Faschinats sowie über die Anpassung der das Gebiet schneidenden Landstraße L 100 in 7 Teilräume unterteilt. Neben einem bereits bestehenden Einlassbauwerk solle auf der Höhe von Rhinau ein weiteres Einlassbauwerk errichtet werden. Über diese Bauwerke werde der Rückhalteraum dann so geflutet, dass die Teilräume nacheinander befüllt und entleert würden. Ein Hochwassereinsatz sei statistisch alle 10 Jahre für die Dauer von bis zu 9 Tagen zu prognostizieren.
Da die relativ seltenen Hochwassereinsätze die Natur und Landschaft regelmäßig erheblich beeinträchtigen würden, solle der Betrieb des „Rückhalteraums Elzmündung“ die Durchführung sog. Ökologischer Flutungen beinhalten. Durch diese gezielt durchgeführten Flutungen des Polders, die nicht der eigentlichen Hochwasserrückhaltung dienten und regelmäßig bereits bei kleineren Anstiegen des Rheinwasserspiegels stattfänden, sollten - als Mittel der naturschutzrechtlich notwendigen Minimierung der Folgen eines Retentionseinsatzes - die Pflanzen und Tiere sowie die Landschaft an die bei Hochwasserrückhaltung auftretenden Überflutungen adaptiert bzw. die Sukzessionen im Rückhalteraum so beeinflusst werden, dass sich überflutungstolerante Gemeinschaften etablieren könnten. Die Ökologischen Flutungen, die bei Wasserständen einsetzen sollten, die vor dem Staustufenbau bei Gerstheim zu einer Überflutung des Bereichs geführt hätten, seien statistisch mit jährlich durchschnittlich 57 Tagen angesetzt, wobei an ungefähr 32 Tagen das Wasser allein in den Bereichen der bestehenden Gewässersysteme der Elz und des Ottenheimer Altrheins abgeführt werde. Eine flächige Flutung sei in einer Größenordnung von 25 Tagen vorgesehen. Für die Dauer von ca. 90 Tagen sei eine Niedrigwasserphase, das heißt eine Drosselung des Wasserstandes im Altrheinzug, vorgesehen, um im Rückhalteraum eine Wasserstandsabsenkung zu erreichen.
Der mit dem Betrieb des Polders verbundene Anstieg des Grundwassers solle für die Ortschaften Kappel am Rhein, Wittenweier und Nonnenweier über Schutzmaßnahmen in Form von Brunnengalerien neutralisiert werden. Dadurch würden sonst durch den Grundwasseranstieg drohende Schäden im Bereich der bestehenden Ortslagen verhindert. Über diese Brunnengalerien werde so viel Wasser aus dem Untergrund und wieder zurück in den Rückhalteraum gepumpt, dass der Grundwasserspiegel in den betroffenen Ortschaften auf einem Niveau gehalten werde, wie es ohne den Einsatz des Rückhalteraums gegeben wäre. Zusätzlich würden hierdurch die in Wittenweier und Nonnenweier zu 90 % bestehenden hauseigenen Wasserversorgungssysteme vor dem Eindringen von möglicherweise verschmutztem Wasser aus dem Rückhalteraum geschützt.
Mit dem Antrag legte der Vorhabenträger 12 Ordner mit bautechnischen Erläuterungen und Plänen zu den Bauwerken, Dämmen und Grundwasserschutzmaßnahmen (Ordner 2 bis 13), fünf Ordner mit Grundlagen und Berechnungsergebnissen zur Simulation der Oberflächengewässer und Grundwasserleiter (Ordner 14 bis 18), neun Ordner mit Erläuterungen und Gutachten zu ökologischen Fragestellungen (Ordner 19 bis 24 und 28 bis 30), drei Ordner mit Grundstücksverzeichnissen und weitere sieben Ordner zu Einzelfragen wie etwa den geotechnischen Bedingungen des Vorhabens und der Grundwasserbeschaffenheit vor. Die Unterlagen beinhalten unter anderem eine vom Ingenieurbüro ... im April 2004 erstellte Berechnung der zweidimensionalen Strömungsverhältnisse bei Hochwasserrückhaltungen und Ökologischen Flutungen in den einzelnen Teilräumen des geplanten Rückhaltebeckens (Ordner 15, Anlage 6.1), ein vom gleichen Büro zum März 2004 fertig gestelltes Grundwassermodell für den Bereich zwischen dem Rhein und dem westlichen Ortsrand von Allmannsweier (Ordner 17, 18, 19; Anlagen 7.1 , 7.2 und 7.3), eine von der ... Planungsgesellschaft mbH erstellte Umweltverträglichkeitsstudie mit botanischen und faunistischen Einzeluntersuchungen sowie einer Wirkungsprognose der Hochwasserrückhaltung, der Ökologischen Flutungen und der Baumaßnahmen (Ordner 19 bis 22 und 28 bis 30; Anlagen 8.1 bis 8.10 und 12.1 bis 12.10), weiter eine von dem gleichen Büro erstellte Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (Ordner 23; Anlage 9.1 bis 9.3) sowie einen ebenfalls von der ... Planungsgesellschaft mbH erstellten Landschaftspflegerischen Begleitplan (Ordner 24, Anlage 10).
Am 18. Oktober 2004 wurden die eingereichten Planfeststellungsunterlagen an die Träger öffentlicher Belange zur Stellungnahme übersandt.
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Die öffentliche Bekanntmachung über das Vorhaben und die Offenlegung der Planunterlagen erfolgte für das Gebiet der Klägerin in deren Amtsblatt vom 15. Oktober 2004. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis spätestens zum 8. Dezember 2004 beim Landratsamt Ortenaukreis oder den jeweiligen Bürgermeisterämtern erhoben werden könnten und nach Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten.
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Die Auslegung der Antragsunterlagen durch die Klägerin erfolgte in der Zeit vom 24. Oktober 2004 bis einschließlich 24. November 2004. Die Frist zur Erhebung von Einwendungen endete am 8. Dezember 2004.
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Innerhalb dieses Zeitraums erhob die Klägerin umfangreiche Einwendungen, die sich auf - aus ihrer Sicht willkürliche und nicht sachgerechte - Vorgaben für den Rückhalteraum durch das Integrierte Rheinprogramm, das Fehlen eines Raumordnungsverfahrens und die Notwendigkeit der Prüfung der sog. „Hartheimer Lösung“ und der Variante einer vom Retentionsraum getrennt geführten „freifließenden Elz“ als Planungsvariante bezogen. Weitere Einwendungen betrafen die rechtliche Einordnung der Ökologischen Flutungen und deren Eignung zur Umgestaltung der Natur des Retentionsraums in eine - gegenüber dem aktuellen Zustand - höherwertige Auenvegetation. Zudem wurde die Verletzung der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie durch eine in Methodik und Umfang der Untersuchungen unzureichende Natura-2000-Verträglichkeitsstudie gerügt. Problematisch seien auch der mögliche Eintrag von Schwermetallen in den Boden und die durch die Flutungen an bis zu 60 Tagen pro Jahr bewirkten Veränderungen des Kleinklimas. Zu berücksichtigen sei ferner die Problematik eines möglichen Rückstaus der Elz und des Schutterentlastungskanals bei Betrieb des Polders. Hinsichtlich der Auswirkungen des Rückhalteraums auf den Grundwasserspiegel rügte die Klägerin eine falsche Konzeption der Pumpstationen und die Gefahr, dass aufsteigendes Grundwasser nicht nur landwirtschaftliche Grundstücke, sondern auch Gebäude vernässe. Hinzu komme, dass die hydraulischen Grundlagen des Grundwassermodells nicht hinreichend belastbar seien. So sei etwa die Ortslage von Allmannsweier aus dem Untersuchungsraum ausgeblendet und die Grundwasserprognose auf nur zwei Messungen im März 1992 und im Januar 1991 gestützt worden. Im Rahmen des Polderbetriebs mit Retentionen und Ökologischen Flutungen sei auch eine Beeinträchtigung der Qualität des in der öffentlichen Wasserversorgung den Bürgern zur Verfügung gestellten Trinkwassers zu befürchten. Betroffen seien Trinkwasserschutzgebiete, die der Versorgung der Ortschaften Wittenweier, Nonnenweier und Ottenheim dienten. Im Übrigen machte die Klägerin das Erdbebenrisiko mit der Gefahr eines Dammbruchs insbesondere im Bereich der alten Bunker bei Wittenweier, das Fehlen einer Pumpenausfallregelung mit einer vom Stromnetz unabhängigen Notstromversorgung, die Verletzung ihrer Planungshoheit durch eine weite Vernässung des Gemeindegebiets, eine Beeinträchtigung der Abwassersysteme und gemeindeeigener Gebäude durch Setzungen oder Aufschwemmungen des Bodens, die Entwertung der Spazierwege im Bereich des Elzpfades sowie im Rheinauenwald als den wichtigsten Naherholungseinrichtungen der Gemeinde, die Vernässung und Inanspruchnahme von ca. 190 ha gemeindeeigenen Grundstücken, eine überflutungsbedingte Entwertung ihrer hochwertigen Waldbestände im Retentionsraum, die Gefahr der Verschärfung der Schnakenplage sowie die Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die Pumpengalerien und die Verlärmung der umliegenden Bereiche durch deren Betrieb geltend.
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Der Erörterungstermin fand vom 10. bis 14. Oktober 2005 sowie - ergänzend zum Thema Grundwassermodell - am 27. September 2006 statt. Die Termine wurden jeweils im Amtsblatt der Klägerin sowie im amtlichen Teil der örtlichen Tageszeitungen unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen bekannt gemacht.
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Während des Verfahrens holte der Vorhabenträger ein ergänzendes Gutachten der ... Planungsgesellschaft mbH vom 15. September 2005 zur FFH-Verträglichkeit des Vorhabens bezüglich der Erweiterungen des Schutzes in dem Gebiet „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ sowie hinsichtlich des nachgemeldeten Gebiets „Rheinniederungen zwischen Wittenweier und Kehl“ und ein ebenfalls von diesem Büro erstelltes artenschutzrechtliches Gutachten vom 15.3.2006 zu den Auswirkungen des Vorhabens mit Hochwasserrückhaltung, Ökologischen Flutungen und Niedrigwasserphasen auf die streng geschützten Arten nach Anhang IV der FFH-RL und die nach Art. 1 der Vogelschutz-RL geschützten Brutvögel, Wintervögel und Zugvögel ein. Ebenso wurde mit Datum vom 14.September 2005 ein von Prof. Dr. Jäger, Freiburg, erstelltes Gutachten zu den klimatologischen Veränderungen und den kleinklimatologischen Auswirkungen des Betriebs des Retentionsraums sowie zu deren Folgen für Fauna, Flora und Gesundheit der Menschen in der Umgebung vorgelegt.
15 
Mit Beschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20. Dezember 2007 wurde der Plan für den Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung festgestellt.
16 
Neben dem Bau und Betrieb der für den Rückhalteraum selbst notwendigen Bauwerke und der Sanierung und Anpassung der Rheinhauptdämme VI und VII lässt der Beschluss unter anderem den Bau und Betrieb von Brunnengalerien am Ortsrand von Nonnenweier, Wittenweier und Kappel am Rhein einschließlich der Ableitung des jeweils geförderten Grundwassers und einiger Pumpversuche zur Funktionsprüfung zu.
17 
Der Planfeststellungsbeschluss umfasst neben einer Waldumwandlungsgenehmigung für die dauerhafte Waldumwandlung von 4,44 ha und die befristete Waldumwandlung von 2,11 ha, der Aufforstungsgenehmigung für Ersatzaufforstungen, und der Befreiung nach der Verordnung über den Bann- und Schonwald „Taubergießen“ auch eine Ausnahmeerteilung nach § 32 Abs. 4 Naturschutzgesetz (NatSchG) von den Verboten des § 32 Abs. 2 NatSchG für die geschützten Biotope, eine Befreiung nach § 8 der Verordnung über das Naturschutzgebiet „Taubergießen“ i.V.m. den §§ 79, 78 NatSchG sowie eine artenschutzrechtliche Befreiung nach § 62 i.V.m. § 42 BNatSchG a.F. bzw. eine artenschutzrechtliche Zulassung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG (2002).
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Zudem umfasst die Entscheidung die wasserrechtliche Erlaubnis gemäß §§ 2, 3, 4, 5 und 7 WHG vor allem für die Entnahme von Wasser aus dem Rhein bei Rheinabflüssen größer als 1550 m³/s vor Ort zur Flutung des Rückhalteraumes und die Wiedereinleitung des entnommenen Wassers in den Rhein unterhalb des Hauptwehres Gerstheim in das natürliche Überflutungsgebiet (Teilraum 1) sowie für das Aufstauen von Rheinwasser zur Hochwasserrückhaltung an der Engstelle Kappel bis auf eine Höhe von 159,00 m + NN, am Querriegel Wittenweier bis auf eine Höhe von 158,00 m + NN, an der Gifizbrücke auf der Gemarkung Kappel und an der Landesstraße L 100 bei Nonnenweier bis auf eine Höhe von 157,00 m + NN sowie am nördlichen Abschlussdamm bis auf eine Höhe von 156,00 m + NN. Gleiches gilt für die wasserrechtliche Erlaubnis unter anderem für das Durchleiten von Wasser im Zuge der Ökologischen Flutungen mit einer Entnahme von bis zu 60 m³/s aus dem Rhein sowie für die Entnahme von im einzelnen festgelegten Grundwasserfördermengen im Rahmen des Betriebs der Brunnengalerien, die Drosselung des Zuflusses der Alten Elz in Riegel für den Zeitraum der Hochwasserrückhaltung und das Anstauen des Wassers oberhalb der 4 Wasserkraftanlagen der Alten Elz.
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Unter Ziffer II des Planfeststellungsbeschlusses ist dem Vorhabenträger die Umsetzung der im „Integrierten Landschaftspflegerischen Begleitplan“ (LBP) in Kap. 3 aufgeführten Vermeidungs-, Minderungs- und Ausgleichsmaßnahmen auferlegt, sofern in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses nichts anderes bestimmt ist. Unter Ziffer 3.1 sind dort als Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen für betriebsbedingte (d.h. auf die Retentionsflutung bezogene) Konflikte - neben baulichen Maßnahmen - unter anderem die Begrenzung der Überflutungshöhe bei Hochwasserrückhaltung auf ca. 2,5 m über mittlerer Geländehöhe im Nahbereich von Querriegeln, die Begrenzung von Wasserständen im Teilraum 7 (auch bei Ökologischen Flutungen), die Regelung des Befüllungsablaufs der Teilräume sowie vor allem die Durchführung von Ökologischen Flutungen einschließlich der Drosselung des Altrheinzuges bei Rheinniedrigwasser zur Herstellung auetypischer Abflussschwankungen aufgeführt. Zur Häufigkeit und Dauer der Ökologischen Flutungen ist in dem Landschaftspflegerischen Begleitplan ausgeführt, diese richte sich grundsätzlich nach den Rheinabflüssen am Kulturwehr Breisach und dem Entwicklungsstand der im Rückhalteraum aktuell erreichten Auwaldstufe. Entsprechend der sich erst allmählich herausbildenden Überflutungstoleranz solle für eine Übergangszeit von 15 - 20 Jahren die Flutungsdauer in Abhängigkeit von der Flutungshöhe in ihrem Extremwert begrenzt werden. Werde die Extremwertbegrenzung einer Auenstufe überschritten, werde die Flutung auf der jeweils nächst niedrigeren Flutungsstufe weitergeführt. Werde schließlich auch die Extremwertbegrenzung für die tiefe Hartholzaue überschritten, bleibe die Flutung für 20 Tage auf die niedrigste Flutungsstufe beschränkt. Lägen nach dieser Zeit die Abflüsse am Kulturwehr Breisach immer noch über 200 m³/s, so würden die Ökologischen Flutungen wieder entsprechend dem Rheinabfluss gesteigert. Die zeitweise erhöhten Wasserstände sollten in den Zeiten des Rheinniedrigwassers, d.h. bei Rheinabflüssen von unter 700 m³/s, im Mittel an ca. 90 Tagen im Jahr, über eine Drosselung des Altrheinzuges und den damit verbundenen Wasserstandsabsenkungen auf die mittleren Wasser- und Grundwasserstände des heutigen Niveaus zurückgeführt werden.
20 
Der Planfeststellungsbeschluss enthält unter Nummer VII eine Vielzahl von Nebenbestimmungen:
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So ist dem Vorhabenträger unter Ziffer 2 zur Beweiserleichterung und Beweissicherung bei möglichen Folgen des Probebetriebs, der Ökologischen Flutungen und des Hochwassereinsatzes des Rückhalteraums für Gebäude in der Umgebung unter anderem
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- die Archivierung des mathematischen Grundwassermodells und dessen Fortschreibung anhand aktueller Ereignisse, Erkenntnisse oder Veränderungen,
23 
- bei Kellervernässungen im Zeitraum Ökologischer Flutungen und der Retention die Durchführung notwendiger Grundwasser-Vergleichsberechnungen mittels des Grundwassermodells einschließlich der vergleichsweisen grundstücksbezogenen hydrologischen statistischen Einordnung der Grundwasserstände,
24 
- die Ergänzung und der Betrieb des vorhandenen Grundwassermessstellennetzes für die Ortsteile der Gemeinden Schwanau und Kappel-Grafenhausen dahingehend, dass eine grundstücksscharfe Interpolation der gemessenen Grundwasserstände möglich ist sowie gegebenenfalls
25 
- eine Ergänzung der Schutzvorkehrungen und Anpassungsmaßnahmen zum Schutz vor unerwarteten nachteiligen Auswirkungen durch den Polderbetrieb aufgegeben.
26 
Zudem hat der Vorhabenträger
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- zur Beweissicherung hinsichtlich möglicher Setzungen bzw. Setzungsschäden an Gebäuden, die näher als 40 m an den Brunnengalerien liegen, vor Betriebsbeginn durch einen Sachverständigen eine Bestandsaufnahme an den Gebäuden durchzuführen;
28 
- beim Eintritt von solchen Schäden oder bei drohenden oder festgestellten Vernässungen in oder an weiteren Gebäuden, die nach dem Ergebnis eines dann durchzuführenden Beweissicherungsverfahrens auf den Polderbetrieb zurückzuführen sind, sind für die betroffenen Gebäude Einzelsicherungsmaßnahmen vorzunehmen. Verbleiben trotz dieser Sicherungsmaßnahmen Beeinträchtigungen oder sind Sicherungsmaßnahmen wirtschaftlich nicht durchführbar, sind die verbleibenden Beeinträchtigungen vom Vorhabenträger zu entschädigen.
29 
Zum Nachweis der Anlagensicherheit ist im Zuge der Ausführungsplanung eine Überschreitenswahrscheinlichkeit der Erdbebentoleranz von 2.500 Jahren (DIN 19700) darzulegen.
30 
Zur Vermeidung von Setzrissen durch den Betrieb der Brunnen ist nach Ziffer 6.1 sicherzustellen, dass es nicht zu einem kritischen Ausspülen von Feinteilen kommt. Auch ist ein Mindestabstand zwischen der Pumpengalerie und der bebauten Ortslage von 40 m einzuhalten. Zum Schutz der Brunnen vor einem Ausfall ist nach Ziffer 6.8 für sämtliche Anlagen der Brunnengalerie eine zweite Energiequelle vorzuhalten. So sollten die Anlagen über ein Niederspannungsnetz versorgt werden, dessen Trafostationen zweiseitig an das übergeordnete Mittelspannungsnetz angeschlossen ist.
31 
Zum Schutz der Wasserversorgung ist in Ziffer 7 vorgesehen, dass der Vorhabenträger
32 
- im Rahmen eines Probebetriebes die Auswirkungen der Flutungen des Rückhalteraumes auf die Wasserversorgung ermittelt, Beweissicherungsmaßnahmen zur Grundwasserqualität vor dem Betrieb des Rückhalteraumes vornimmt und einen Markierungsversuch (Tracerversuch) zur Absicherung der Rechenergebnisse der Bahnlinienberechnung durchführt; gegebenenfalls sind die Abwehrmaßnahmen durch den Bau zusätzlicher Brunnen zu verstärken;
33 
- die Schutzmaßnahmen in Nonnenweier und Wittenweier auch nach Entleerung des Rückhalteraumes nachlaufen lässt, sodass dort sichergestellt wird, dass kein „rheinbürtiges Wasser“ in die Brunnen von Nonnenweier und Wittenweier gelangt. Art und Umfang des Nachlaufens der Brunnen (Steuerungskonzept) sind anhand der Ergebnisse der Tracerversuche und des Probebetriebs zu ermitteln und mit der Planfeststellungsbehörde abzustimmen;
34 
- in Fällen, in denen sich eine auf den Betrieb des Rückhalteraumes zurückzuführende wesentliche Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität abzeichnet, weitergehende Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung (wie eine temporäre Ersatzversorgung oder bei längerfristigen Beeinträchtigungen den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung) durchführt sowie
35 
- durch Untersuchungen der Wasserbeschaffenheit (Wasseranalyse) dauerhaft sicherstellt, dass keine schädliche Veränderung der öffentlichen Wasserversorgung und der Eigenwasserversorgungen infolge „rheinbürtigen Wassers“ aus dem Polderbetrieb stattfindet.
36 
Soweit ihnen nicht abgeholfen wurde, wurden die erhobenen Einwendungen der Klägerin zurückgewiesen. Insoweit wird auf die Ausführungen auf den Seiten 155 ff des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
37 
Der Planfeststellungsbeschluss wurde durch Auslegung der Ausfertigung des Plans in den betroffenen Gemeinden und der vorherigen öffentlichen Bekanntmachung des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, der Rechtsbehelfsbelehrung und des Hinweises auf die Auslegung im amtlichen Veröffentlichungsblatt und den örtlichen Tageszeitungen in der Zeit vom 14.01.2008 bis zum 28.01.2008 öffentlich bekannt gemacht.
38 
Die Klägerin hat am 01.02.2008 beim Verwaltungsgericht Klage erhoben.
39 
Zur Begründung lässt die Klägerin zusammengefasst im Wesentlichen ausführen:
40 
Sie sei als Eigentümerin einer Vielzahl durch den Bau und Betrieb des Polders betroffener Grundstücke, als Trägerin der Planungshoheit über das von dem Vorhaben unmittelbar und mittelbar beanspruchte Gebiet und als Trägerin der durch Schmutzwassereintrag gefährdeten öffentlichen Wasserversorgung sowie der kommunalen Friedhöfe von dem planfestgestellten Vorhaben betroffen.
41 
Der Planfeststellungsbeschluss sei rechtswidrig, weil es ihm an der notwendigen Rechtsgrundlage fehle. Die vom Beklagten herangezogene Rechtsgrundlage des § 31 Abs. 2 WHG reiche nicht aus, da diese auf einzelne Hochwasserschutzprojekte bezogen sei. Der planfestgestellte Rückhalteraum sei jedoch Teil des Integrierten Rheinprogramms, das auf eine weitreichende Umgestaltung der Bereiche entlang des südlichen Oberrheins ziele. Stelle sich die einzelne administrative Planungsentscheidung - wie hier - als Teil einer übergeordneten Gesamtplanung dar, müsse diese Gesamtplanung ebenfalls unmittelbar auf einer parlamentsgesetzlichen Grundlage beruhen, wenn sie auf eine für das Gemeinwesen wesentliche Grundentscheidung ziele. Entsprechend werde etwa die Bedarfsplanung für Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen, aber auch die Planung von Braunkohleabbaugebieten durch Gesetz bestimmt. Ein - die Regelungsverantwortung des Parlaments verdrängender - Vorbehalt der Verwaltung für den Bereich der Fachplanungsentscheidungen sei insoweit nicht gegeben.
42 
Hinzu komme, dass die der Planfeststellung zugrunde gelegte Regelung des § 31 Abs. 2 WHG mit den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen der §§ 63 und 64 WG BW sowie den Regelungen der §§ 72 ff LVwVfG keine hinreichende Rechtsgrundlage für den unter Umständen verfassungsrechtlich geforderten Ausgleich für die Beeinträchtigungen des Eigentums Dritter bilde, die außerhalb der Enteignung mit den Retentionen und den Ökologischen Flutungen verbunden sein könnten. Zwar könne auf der Grundlage des § 74 Abs. 2 Satz 3 und 4 LVwVfG bei Untunlichkeit von Vermeidungs- und Schutzmaßnahmen für eine Beeinträchtigung von Rechten Dritter durch das Vorhaben eine angemessene Entschädigung in Geld gewährt und damit grundsätzlich eine übermäßige Belastung des Eigentums durch das Planvorhaben ausgeglichen werden. Es fehle jedoch an der Regelung dazu, ab welcher Schwelle eine Belastung nicht mehr ohne Ausgleich hingenommen werden müsse. Eine solche gesetzliche Entscheidung sei in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetz (Beschl. v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 100, 226) ausdrücklich gefordert worden. Die Bezugnahme in § 74 Abs. 2 LVwVfG auf die „nachteiligen Wirkungen“ des Vorhabens sei zu unbestimmt und überlasse die Bestimmung der Ausgleichspflicht dem jeweiligen Rechtsanwender.
43 
Neben der fehlenden Rechtsgrundlage leide der Planfeststellungsbeschluss auch daran, dass er verfahrensfehlerhaft zustande gekommen sei. Die Planauslegung sei unvollständig gewesen, da zunächst keine Karten ausgelegt worden seien, aus denen sich die Betroffenheit der Ortschaften Allmannsweier und Ottenheim durch den Grundwasseranstieg im Zuge der Ökologischen Flutungen ergeben habe. Solche Karten seien erst im zweiten Erörterungstermin zum Grundwassermodell am 27.9.2006 vorgelegt worden. Einen weiteren Verfahrensfehler stelle es dar, dass auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens verzichtet worden sei. Dies führe letztlich zu einem beachtlichen Abwägungsmangel. Der Bau eines Rückhaltebeckens von der Größe des planfestgestellten Polders habe überörtliche Auswirkungen, die die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens notwendig machten. Die Voraussetzungen, nach denen man von der Durchführung eines solchen Verfahrens habe absehen können, seien nicht gegeben. Zwar seien in dem Regionalplan Südlicher Oberrhein von 1995 Flächen zur Hochwasserrückhaltung ausgewiesen worden, doch werde die Umsetzung des Integrierten Rheinprogramms dort nur als Grundsatz der Raumordnung behandelt. Auch sei nicht erkennbar, dass die erforderliche Prüfung der Raumverträglichkeit des Vorhabens im Regionalplan tatsächlich erfolgt sei. Denn der Regionalplan beschränke sich auf die Übernahme des im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms ausgearbeiteten Konzepts, das seinerseits allein auf die Fragen der Wiederherstellung des Hochwasserschutzes und der Auenrenaturierung beschränkt gewesen sei. Hinzu komme, dass der Regionalplan weite Bereiche zwischen Kappel am Rhein und Wittenweier, die nun durch den Rückhalteraum als Retentionsflächen in Anspruch genommen werden sollten, nicht als Vorrangfläche für die Hochwasserrückhaltung, sondern als regionalen Grünzug ausweise. Auch bestimme der Regionalplan in seinen Zielen zum Hochwasserschutz, dass auf stauende Einrichtungen möglichst zu verzichten sei. Dem entspreche die Planung des Rückhalteraums Elzmündung schon deshalb nicht, weil hier gezielt stauende Querriegel geschaffen würden.
44 
Die Planfeststellung zum Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung verstoße auch gegen zwingendes Umweltrecht. Dies könne die Klägerin rügen, obwohl ihr als Gemeinde durch die Normen des Umweltrechts grundsätzlich keine subjektiv-öffentlichen Rechte eingeräumt seien und auch das nationale Prozessrecht ein Rügerecht in Bezug auf allein öffentlichen Interessen zu dienen bestimmte Normen des Umweltrechts nicht vorsehe. Denn ihr Rügerecht folge unmittelbar aus Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten. Diese Regelung verpflichte die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die eine Rechtsverletzung geltend machen können, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen von UVP-pflichtigen Verfahren anzufechten. Die einschränkende Auslegung der Richtlinienverpflichtung durch den Gesetzgeber des Umweltrechtsbehelfsgesetzes sowie durch Teile der Literatur und Rechtsprechung, die die Rüge eines Verstoßes gegen Umweltrecht nach wie vor auf die Normen beschränke, die dem Kläger ein subjektiv-öffentliches Recht einräumten, werde weder dem Ziel noch dem Wortlaut der Richtlinie gerecht. Diese lasse es zwar - zur Verhinderung einer Popularklage - zu, dass der Zugang zu den Gerichten von der Geltendmachung einer subjektiven Rechtsverletzung abhängig gemacht werde. Sei diese Zugangshürde jedoch überwunden, sei die Rügefähigkeit verletzten Umweltrechts nicht mehr auf den Bereich der subjektiven Rechte des Klägers beschränkt. Als Gemeinde gehöre sie auch zu der Gruppe der durch die Richtlinie begünstigten Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit.
45 
In materiell-rechtlicher Hinsicht sei zunächst ein Verstoß gegen die Vorgaben zum Schutz der Natura-2000-Gebiete gegeben, indem der Planfeststellungsbeschluss zum Teil von vornherein, zum Teil aber auch unter Berücksichtigung angeordneter Minimierungsmaßnahmen das Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung geschützter Lebensräume und Arten im Vorhabengebiet ausgeschlossen habe. Denn diese Beurteilung beruhe zum einen auf einer unzureichenden methodischen Grundlage und zum anderen auf einer fehlerhaften Prüfung der Lebensraumtypen und Arten. Die zur Prüfung der FFH-Verträglichkeit herangezogenen Gutachten würden dem Erfordernis der Berücksichtigung der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht gerecht. Denn sie beruhten auf Einzelgutachten, die zum großen Teil veraltet gewesen seien. Die fachliche Aktualitätsgrenze von fünf Jahren sei deutlich überschritten. Jedenfalls habe man zumindest die fortdauernde Aktualität der Untersuchungen überprüfen und deren Anwendbarkeit konkret begründen müssen. Soweit Nachkartierungen vorgenommen worden seien, sei dies - abgesehen von den Fischen und den Amphibien - nur unvollständig geschehen. Bei der Untersuchung der geschützten Lebensräume habe man die charakteristischen Arten gezielt und nachvollziehbar erfassen müssen, was hier nicht getan worden sei. Auch fehle es an der Darstellung der Erhaltungsziele und des Erhaltungszustands der Arten und Lebensraumtypen in dem betroffenen Gebiet, sodass die Aussagen zu einer fehlenden erheblichen Betroffenheit nicht nachvollzogen werden könnten. Unklar sei, ob bei der Prüfung die Standarddatenbögen zu der Gebietsmeldung herangezogen worden seien. Methodisch fehlerhaft sei die Nichtbeachtung der Gutachten von Lambrecht zur Konkretisierung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung aus den Jahren 2004 und 2007, welche den Naturschutzbehörden mit Schreiben des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 31.1.2008 verbindlich vorgegeben worden seien. Entsprechend der methodischen Mängel sei etwa die Beurteilung der Überflutungsempfindlichkeit der gemeldeten Auewälder nicht nachvollziehbar, weil nicht klar sei, von welchem zu welchem Subtyp sich die Bestände verschöben. Die Prognose der nicht erheblichen Beeinträchtigung des geschützten Lebensraumtyps der Flachlandmähwiesen übersehe, dass die dortige Bodenfauna nicht nur durch eine Vernässung betroffen sei, sondern dass das toxische Wasser des Rheins langfristig die Wiesen aufdünge und den Boden vergifte. Bei der Beurteilung der Auswirkungen der Flutungen auf die gemeldeten Kalk-Magerrasen werde die Beeinträchtigung der Fauna unter Hinweis auf die Kompensationsmaßnahme der Beschränkung der Überflutungshöhe und die Entwicklung neuer Magerrasenflächen verneint, ohne dass die Wirksamkeit der Kompensationen mit der notwendigen Sicherheit vorhergesagt werden könne. Hinsichtlich der landesweit in einem schlechten Erhaltungszustand befindlichen Armleuchteralgen in den oligo- bis mesotrophen kalkhaltigen Gewässern fehle es an den deshalb notwendigen Ermittlungen zu deren konkreten Vorkommen im Vorhabengebiet und zu deren Gefährdung. Falsch sei die Annahme einer fehlenden Beeinträchtigung der Bauchigen und der Schmalen Windelschnecken. Zum einen sei die Bestandserhebung aus dem Jahr 1991 veraltet und nehme zu Unrecht nicht auch andere potentielle Lebensräume (Röhrichte, Großseggenriede und feuchte Pfeifengraswiesen) in den Blick. Zum anderen seien die Untersuchungen zur Überflutungstoleranz insbesondere der Bauchigen Windelschnecke aus dem Bereich des Polters Altenheim nicht auf die Vorkommen im Untersuchungsgebiet übertragbar, da dort die Überflutungstoleranz für Bereiche festgestellt worden sei, die mit hohen Fließgeschwindigkeiten überströmt würden, während die Vorkommen im Vorhabengebiet im Bereich stagnierenden Wassers lägen. Angesichts des hohen Gefährdungsgrads der Arten und der Unsicherheiten der Wirkungen der Flutungen habe man deshalb von einer „Worst-Case-Betrachtung“ ausgehen müssen. Hinsichtlich der Annahme einer fehlenden Beeinträchtigung des Wespenbussards sei zu rügen, dass man hier nur die Brutsituation, nicht jedoch die Nahrungssituation im Hinblick auf die Wespen betrachtet habe. Bei der fehlenden Beeinträchtigung des - vom Aussterben bedrohten - Hellen und Dunklen Wiesenknopf-Ameisen-Bläulings stütze man sich auf ein Konzept der Neuanlage geeigneter Wiesenflächen. Dies schließe eine - ansonsten durch die Vernässung der bisherigen Reviere unzweifelhaft gegebene - erhebliche Beeinträchtigung nur dann aus, wenn die Wirksamkeit dieser Kompensationsmaßnahme sicher vorhersehbar sei. Dies sei jedoch aufgrund der Angewiesenheit dieser Schmetterlinge sowohl auf den Wiesenknopf als auch auf bestimmte Ameisenlarven im Boden nicht der Fall. Fehlerhaft sei auch, dass die besonders geschützten Arten der Großen Moosjungfer und der Rapfen sowie verschiedene besonders geschützte Vogelarten wie etwa der Mittelspecht, der Neuntöter und der Eisvogel in der Verträglichkeitsuntersuchung überhaupt nicht behandelt worden seien. So sei der Mittelspecht durch Habitatsverluste von 0,04 bis 0,02 ha sowie durch den Wegfall der Ahornbestände im nördlichen Teilraum 1 erheblich betroffen. Der Neuntöter nutze den Teilraum 7 als wichtiges Nahrungshabitat und der Eisvogel müsse bei Flutungen mit Brutverlusten rechnen. Hinsichtlich der kleinen Flussmuschel (Unio crassus) sei nicht klar, wie groß die Population sei und wo ihr Vorkommen liege. Immerhin könne diese Art durch Baumaßnahmen oder überhöhte Fließgeschwindigkeiten beeinträchtigt werden. Bezüglich der Fledermäuse habe man vier Arten durch Sichtbeobachtung nachgewiesen; gezielte Untersuchungen seien jedoch nicht vorgenommen worden.
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Ein Verstoß gegen zwingendes Naturschutzrecht sei auch in Bezug auf die artenschutzrechtliche Prüfung gegeben. So seien weder die nur nach nationalem Recht geschützten Arten behandelt noch die einzelnen Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG systematisch geprüft worden. Vielmehr habe man sich darauf beschränkt, die jeweilige Betroffenheit der Art zu untersuchen. Dabei sei es jedoch bereits methodisch verfehlt, wenn für die artenschutzrechtliche Prüfung auf die zudem veralteten Bestandserhebungen der Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung zurückgegriffen werde. Hier werde übersehen, dass der Artenschutz grundsätzlich individuenbezogen sei, während bei der Natura-2000-Prüfung die Population betrachtet werde. Dies betreffe den Biber, die Mopsfledermaus, den Kammmolch, die Gelbbauchunke, den Großen Feuerfalter, den Dunklen und den Hellen Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling, die Grüne Keiljungfer, die Kleine Flussmuschel und das Sumpf-Glanzkraut. Soweit man vorsorglich eine Befreiung von den artenschutzrechtlichen Verboten erteilt habe, habe man zu Unrecht das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen etwa des günstigen Erhaltungszustands angenommen. Zumindest fehle es an einer Einbeziehung der möglichen sekundären Auswirkungen der Überflutungen und Überbauungen für die geschützten Arten. Im einzelnen sei die Annahme des Fortbestands der Population in Bezug auf die Haselmaus, den Spring- und den Laubfrosch, die Kreuzkröte, den Rapfen und den Zwergtaucher sowie hinsichtlich des Eichenbocks und der im Mai 2009 im Vorhabengebiet nachgewiesenen Wildkatze nicht nachvollziehbar.
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Schließlich sei ein Verstoß gegen zwingendes Naturschutzrecht auch deshalb gegeben, weil die Ökologischen Flutungen vom Beklagten als Maßnahmen zur Minimierung eines Eingriffs in Naturhaushalt und Landschaftsbild angesehen und damit deren eigenständiger Eingriffscharakter ignoriert worden sei. Letzterer ergebe sich daraus, dass über die Ökologischen Flutungen die bisher nicht überflutungstolerante Vegetation und Fauna im Retentionsraum zugunsten einer überflutungstoleranten Natur beseitigt werde. Hinzu komme, dass nach der Konzeption des Planfeststellungsbeschlusses nicht abzusehen sei, ob eine Retentionsflutung erst erfolge, wenn die Ökologischen Flutungen die Natur auf eine solche hinreichend vorbereitet hätten. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die erste Retentionsflutung erfolge, wenn eine entsprechende Hochwasserspitze abgeleitet werden müsse, was durchaus schon vor der geplanten Umgestaltung der Natur im Retentionsraum der Fall sein könne. In diesem Fall führten die Ökologischen Flutungen günstigstenfalls zu einer Verhinderung einer ansonsten gegebenen Regeneration der Natur in den Status vor der Retentionsflutung, nicht jedoch zu einer Minimierung der Flutungsfolgen. Eine Umdeutung der Ökologischen Flutungen in eine Ausgleichs- oder eine Ersatzmaßnahme für die in der Hochwasserflutung oder in ihnen selbst liegenden Eingriffe in den Naturhaushalt oder das Landschaftsbild scheide aus. Dies ergebe sich für die Ausgleichsmaßnahme bereits daraus, dass der mit den Ökologischen Flutungen angestrebte Zustand der bisherigen Natur nicht gleichartig sei. Der Charakterisierung als Ersatzmaßnahme stehe der grundsätzliche Vorrang der Ausgleichsmaßnahme entgegen. Hinzu komme das aus der Stufenfolge der Regelung zum naturschutzrechtlichen Eingriff abzuleitende Verbot eines Austauschs der Stufe der Minimierung gegen die Stufe der Kompensation. Zu der fehlerhaften rechtlichen Einordnung der Ökologischen Flutungen als Minimierungsmaßnahme komme noch deren Ungeeignetheit zur Vermeidung oder Minimierung eines Eingriffs in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild durch die Retentionsflutung sowie zur Kompensation eines solchen durch Schaffung eines zumindest gleichwertigen Zustands. Da die Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahmen auch für die Beeinträchtigungen der Retentionsflutungen wirken sollten, die in den Bereichen zu erwarten seien, die von diesen nicht erreicht und in Richtung der Hochwassertoleranz umgestaltet würden, sei es notwendig, dass ein aus naturschutzfachlicher Sicht gegenüber dem bisherigen Zustand des Retentionsraums höherwertiger Zustand herbeigeführt werde. Dies sei jedoch nicht abzusehen. Die angestrebte Wiederherstellung einer naturnahen Auenlandschaft könne mit den Ökologischen Flutungen nicht erreicht werden, da diese großflächig mit zu niedrigen Fließgeschwindigkeiten durchgeführt würden. Dies führe nicht nur zu einer einseitigen Sedimentation auf großen Flächen, sondern bei entsprechend warmen Temperaturen auch zu einer Verringerung des Sauerstoffgehalts im Wasser und im Boden. Hierdurch werde die Überlebensfähigkeit der Organismen reduziert. Hinzu komme, dass bei den Flutungen partiell die auch für typische Auen kritische Überflutungshöhe von 2,5 m über dem jeweiligen Standort überschritten werde. Aufgrund der im Retentionsraum gegebenen Querriegel werde zusätzlich das Entstehen eines auentypisch mosaikhaften Nebeneinanders von Erosion und Sedimentation verhindert, sodass auch keine wertvollen Pionierstandorte entstehen könnten. Schließlich fehle es auch an der Herbeiführung von regelmäßigen und hinreichend lang anhaltenden Niedrigwasserständen, sodass sich im Rückhalteraum allenfalls die im Teilraum 1 und 2 bereits vorhandene Bastardaue ausbreiten, nicht jedoch eine naturnahe Auenlandschaft entwickeln werde. Sofern das Land seine Prognose zur Wirksamkeit der Ökologischen Flutungen auf die Erfahrungen stütze, die es im Bereich des Polders Altenheim gesammelt habe, stehe dem entgegen, dass die aus der dortigen Entwicklung abgeleiteten Erkenntnisse nur wenig repräsentativ und zudem überwiegend auf Bereiche bezogen seien, die etwa aufgrund der dort gegebenen höheren Fließgeschwindigkeiten mit den zu erwartenden Fließgeschwindigkeiten im Bereich des Retentionsraums der Elzmündung nicht vergleichbar seien.
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Neben dem zwingenden Naturschutzrecht seien auch die im Rahmen einer fachplanerischen Abwägung nicht mehr überwindbaren Grenzen des Kerns der gemeindlichen Planungshoheit der Klägerin überschritten. Dies folge daraus, dass aufgrund der großflächigen Wirkungen des Rückhalteraums etwa in der Form der Vernässung weiter Flächen, aber auch wegen der Gefahr von Personen- und Sachschäden bei Versagen der Dämme oder der Schutzbrunnen wesentliche Teile des Gemeindegebiets der Klägerin einer durchsetzbaren kommunalen Planung entzogen werden würden.
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In Bezug auf die fachplanerische Abwägung wendet die Klägerin zunächst ein, der Beklagte habe mit dem Verweis auf die Einbindung des Hochwasserrückhalteraums in das Integrierte Rheinprogramm zu Unrecht auf Vorgaben zurückgegriffen, die ihrerseits auf abwägungsfehlerhaften Entscheidungen beruhten. Der Planfeststellungsbeschluss gehe von verbindlichen Vorgaben für das zu schaffende Gesamtrückhaltevolumen in Baden-Württemberg und einer damit gegebenen zwingenden Inanspruchnahme aller im Integrierten Rheinprogramm geplanten Retentionsräume südlich von Iffezheim aus. Allerdings sei sowohl in dem deutsch-französischen Vertrag zur Schaffung von Hochwasserrückhalteräumen von 1982 als auch in dem Integrierten Rheinprogramm nur der Belang des Hochwasserschutzes und allenfalls die unmittelbare Auswirkung einer Retention auf die Natur in dem Retentionsraum von Bedeutung gewesen. Eine Abwägung mit anderen Belangen sei nicht erfolgt. Die angenommene Bindung an diese Gesamtkonzepte führe deshalb zu einem Abwägungsfehler des angefochtenen Beschlusses. Hinzu komme, dass der deutsch-französische Vertrag zur Schaffung von Hochwasserrückhalteräumen von 1982 neben der Schaffung von deutlich weniger Rückhalteräumen für Baden-Württemberg ein zu schaffendes Rückhaltevolumen von nur 126 Mio. m³ vorgesehen habe, während das Integrierte Rheinprogramm von einem zu schaffenden Rückhaltevolumen von 167,3 Mio. m³ ausgehe. Aufgrund der fehlenden Bindungswirkung der Gesamtplanungen sei es notwendig und möglich gewesen, auch den Verzicht des konkreten Teilretentionsraums im Bereich der Elzmündung als Planungsalternative in die Abwägung einzustellen. Ein solcher sei im Zusammenhang mit der sog. „Hartheimer Lösung“ möglich. Die Hartheimer Lösung sei zuvörderst als Alternative zur Auskiesung eines 90m breiten Streifens entlang des Rheins südlich des Kulturwehrs Breisach entwickelt worden. Sie sei durch einen Aufstau im Rheinbett von einem Meter charakterisiert, der zu einem entsprechenden Abfluss in die Flächen neben dem Rhein führe. Das entstehende Retentionsvolumen von 10 bis 12 Mio. m³ könne die Verwirklichung des planfestgestellten Polders entbehrlich machen und habe aufgrund des naturnahen Eindringens von Hochwasser in den Rheinwald bei Fessenheim, der dann strömend durchflossen werde, erheblich weniger schädliche Auswirkungen auf die Umwelt als die vom Land bevorzugte Auskiesung in diesem Bereich und der Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung. Soweit die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung die Hartheimer Lösung als Planungsalternative unter Hinweis auf eine geringere Umweltverträglichkeit verworfen habe, sei diese Beurteilung fehlerhaft und gleichheitswidrig. Denn die für dieses Urteil angeführte Betroffenheit eines FFH-Gebiets und der Gefährdung wertvoller Trockenstandorte sei auch bei der Realisierung des planfestgestellten Retentionsraums gegeben. Sofern die Planfeststellungsbehörde zusätzlich darauf verweise, dass die Auswirkungen der Flutungen im Bereich von Hartheim nicht durch Ökologische Flutungen minimiert werden könnten, werde übersehen, dass eine solche Minimierung - wie dargestellt - auch im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung nicht möglich sei.
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Die Verwerfung der weiteren Alternativkonzepte insbesondere einer - durch einen zweiten Damm westlich des bestehenden Tulladamms vom Retentionsraum abgetrennten - freifließenden Elz unter Hinweis auf die damit verbundenen Eingriffe in die Natur und den Wald im Retentionsraum sowie auf den durch die Maßnahme bedingten Verlust von notwendigen Retentionsvolumina ließen außer Acht, dass diese Alternative den betroffenen Bürgern unter Umständen einen erheblichen Sicherheitszuwachs bringen würde. Die gegenteilige Bewertung des Beklagten, dass der Sicherheitszuwachs nur als „untergeordnet“ eingestuft werden könne, sei aufgrund des fehlerhaften Grundwassermodells nicht hinreichend tragfähig. Hier sei auch zu beachten, dass die Festlegung des im Polder an der Elzmündung zu erzielenden Retentionsvolumens letztlich willkürlich erfolgt sei und auch nicht berücksichtige, dass dieser Polder zusätzlich von der Elz und dem Schutterentlastungskanal durchflossen werde, was die Gefahrenlage gegenüber anderen Standorten deutlich erhöhe. Dies gelte umso mehr, als der Standort zusätzlich durch den geplanten Betrieb des unmittelbar anschließenden Polders Ichenheim/Meißenheim/Ottenheim sowie durch den Sonderbetrieb des Hauptwehrs bei Gerstheim belastet sei. Hinzu komme, dass die Planfeststellungsbehörde hinsichtlich des Abflusses im Schutterentlastungskanal unzutreffend von maximal 60 m³/s und nicht - entsprechend der zukünftigen Planung - von 80 m³/s ausgehe. Unberücksichtigt bleibe auch, dass ein Abfluss in den Rhein bei zumindest möglichen Durchflussmengen von mehr als 4.800 m³/s nicht mehr möglich sei. In solchen Fällen wäre mit einem Rückstau erheblichen Ausmaßes zu rechnen.
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Ein Abwägungsfehler ergebe sich weiter daraus, dass man ein fehlerhaftes Grundwassermodell verwendet und damit auch die Auswirkungen der Ökologischen Flutungen und der Hochwasserrückhaltung nicht hinreichend sicher abgeschätzt habe. Die hiermit verbundene Problematik insbesondere der Vernässung von Grundstücken werde dadurch verstärkt, dass der Beklagte seiner Prognose zusätzlich künstlich erhöhte Grundwasserstände zugrunde gelegt habe. Durch die Zugrundelegung der seit 1966 vor allem aufgrund von Ausbaumaßnahmen des Rheins erhöhten Grundwasserstände werde eine Verschlechterung zementiert, die etwa durch die Reduzierung der Wasserstände der Alten Elz bei Riegel im natürlichen Lauf zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht werden könne. Hinsichtlich des der Prognose der künftigen Grundwassersituation zugrunde gelegten Grundwassermodells sei in methodischer Hinsicht vor allem zu bemängeln, dass dieses nicht mit Blick auf die instationären Eichungen durch mindestens einen Abgleich von berechneten und gemessenen Grundwasserständen außerhalb der Eichung validiert worden sei. Dies gehöre zum wissenschaftlich-methodischen Grundstandard und diene der Verhinderung einer Eichung, bei der sich die geeichten Faktoren in ihrer unerkannten Fehlerhaftigkeit tatsächlich neutralisierten. Hinzu komme, dass die Grundlagenermittlung für das Modell zum Teil nicht plausibel nachvollzogen werden könne. Dies gelte für die Randzuströme, die pauschal mit nur 5 % bis 25% angenommen würden. Fehlerhaft sei aber auch, dass mögliche Versickerungen aus Nebengewässern wie dem Kapuzinergraben (zwischen Kappel und Wittenweier) und dem Richtergraben (Alte Elz) nicht in die Betrachtung einbezogen worden seien. Vor allem aber sei die Ortschaft Allmannsweier, für die man im Modell von nur untergeordneten Grundwasseranstiegen ausgehe, nicht in das Modellgebiet einbezogen worden. Die insoweit vom Land vorgenommene Extrapolation der Modellergebnisse auch in diesen Bereich setze homogene hydrogeologische Verhältnissen voraus, die nicht hinreichend sicher bestätigt werden könnten. Problematisch seien auch die aus dem Netz der Messstellen resultierenden Unsicherheiten, die sich darin zeigten, dass einige Messergebnisse nicht in eindeutig interpretierbarer Weise mit den rechnerisch prognostizierten Ergebnissen übereinstimmten. Aufgrund der Unsicherheiten des Grundwassermodells seien auch die aus diesem Modell abgeleiteten Berechnungen der Bahnlinien mangelbehaftet. Dies führe zu einer methodisch begründeten Unsicherheit hinsichtlich einer möglichen Ausbreitung von Schadstoffen aus dem gefluteten Rheinwasser in das Wasserschutzgebiet südlich von Ottenheim. Hinzu komme, dass der Anteil des Grundwassers, der im Bemessungsfall vom Rückhalteraum zum Brunnen des Wasserschutzgebiets bei Ottenheim abströme, mit 1 bis 3 % zu niedrig angesetzt sei und rechnerisch bis zu 37 % betragen könne. Hier stelle sich das besondere Problem, dass auch über die Anbindung an den internationalen Rheinalarm nicht sichergestellt werden könne, dass nicht doch Schadstoffe in das Trinkwassergebiet eindringen könnten, die zuvor durch einen Unfall, illegale Einleitungen oder eine Fehleinleitung in das Rheinwasser gelangt seien. Dies aber könne erhebliche Konsequenzen für die öffentliche Wasserversorgung haben. Soweit der Planfeststellungsbeschluss Bestimmungen zur Beweissicherung und zum Grundwassermonitoring enthalte, seien diese schon aufgrund konzeptioneller Mängel unzureichend. So seien Beweissicherungen nur vor und während, nicht aber auch nach einem Probe- und Regelbetrieb vorgesehen. Vorfeldmessstellen für die zentrale Wasserversorgung Nonnenweier und Ottenheim seien nur „gegebenenfalls“ und nicht - wie erforderlich - zwingend einzurichten. Auch werde für den Ist-Zustand auf die natürliche Schwankungsbreite des Grundwassers rekurriert, so dass unklar bleibe, wie sich dies auf die Beweissicherung auswirke.
52 
Neben der Unsicherheit der Prognose zur Grundwasserentwicklung stelle es einen weiteren Abwägungsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde einerseits davon ausgehe, dass hinsichtlich der Grundwasseranstiege das Verschlechterungsgebot eingehalten werde, dass sie es jedoch an anderer Stelle ihrer Abwägung für den Bereich Allmannsweier zulasse, dass der Grundwasserstand durch Ökologische Flutungen potentiell um 30 cm ansteige. Dieser Wertungswiderspruch lasse sich auch nicht durch den Hinweis ausräumen, dass solche Anstiege nur bei - statistisch gesehen - alle fünf Jahre auftretenden Ökologischen Flutungen mit Durchlaufmengen von 60 m³/s für eine Dauer von mehr als sieben aufeinanderfolgenden Tagen auftreten könnten und ein solcher Anstieg dann immer noch im Schwankungsband der natürlichen Grundwasserentwicklung liege. Denn zum einen könne eine solche zusätzliche Erhöhung der Grundwasserspitzen eine sonst gegebene Trocknung des Bodens und betroffener Fundamente verhindern oder verlangsamen. Zum anderen könne dieser zusätzliche Anstieg auch mit natürlichen Grundwasseranstiegen verbunden sein. Hinzu komme, dass bereits die Errichtung des Querriegels bei Wittenweier in dem südlich hiervon liegenden Bereich zu erhöhten Wasserständen der Elz und damit auch zu höheren Grundwasserständen führe.
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Eine fehlerhafte Abwägung sei auch in Bezug auf die Belange des Naturschutzes erfolgt. Hier wirkten sich zum einen erneut die methodischen Mängel der Bestandserhebungen aus, die bereits im Zusammenhang mit der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie dargelegt worden seien. So habe man zum einen auf veraltete Bestandserhebungen zurückgegriffen und zudem bei der Nachkartierung etwa in Bezug auf die Wasserralle und die Libellen die notwendigen Kartierungszeiträume nicht eingehalten. Auch sei notwendig gewesen, bei der Beurteilung der Fauna in den verschiedenen Lebensraumtypen je mindestens drei indikatorisch geeignete Artengruppen zu untersuchen. Dies sei Standard, um die Gefahr einer Fehlbewertung auf unter 10 % zu reduzieren. Problematisch sei auch die Methode, mit welcher in der Umweltverträglichkeitsstudie die verschiedenen Vegetationstypen und Flächen bewertet worden seien. Hier habe man fünf Bewertungsstufen von „sehr geringwertig“ bis „sehr hochwertig“ eingeführt, die man dann unter Berücksichtigung der Kriterien der Naturnähe der Vegetationsausprägung, der Vollständigkeit des Artenspektrums, der Häufigkeit des Vorkommens seltener Arten, der Seltenheit des Vegetationstyps und der Wiederherstellbarkeit des Vegetationstyps vergeben habe. Abgesehen davon, dass dieser Bewertungsrahmen aufgrund fehlender schutzgutbezogener Schwellenwerte oder anderer Einzelgesichtspunkte in seiner konkreten Zuordnung letztlich nicht nachvollziehbar sei, bestehe wegen des - hier gegebenen - Geflechts vieler hochwertiger Biotop- und Lebensraumtypen im Untersuchungsgebiet bei einem solchen Vorgehen stets die Gefahr einer relativistischen Beurteilung, die die Bedeutung der einzelnen Biotope und Lebensraumtypen im regionalen oder überregionalen Kontext unterschätze. Entsprechend sei hier die höchste Bedeutungsstufe nur bei ganz außergewöhnlich hochwertigen und nicht bereits bei solchen Flächen vergeben worden, die bei einem Vergleich mit durchschnittlichen Gebieten immer noch von überdurchschnittlicher Bedeutung seien. Nur so sei es zu erklären, dass das Gebiet im Gegensatz zu seiner naturschutzfachlichen Einordnung als Natura-2000-Gebiet in seinen Teilbereichen überraschend häufig nur mittlere bis niedrigere Einstufungen erhalten habe. Abgesehen von kleineren Widersprüchen etwa bei der Beurteilung der zu erwartenden Durchströmung des nördlichen Teilraums 1 weise die Umweltverträglichkeitsstudie auch in ihrer Wirkungsprognose und Konfliktanalyse erhebliche Fehleinschätzungen auf, die sich auf die Abwägung der Vorhabenziele mit den betroffenen Schutzgütern auswirke. So werde etwa ausgeführt, dass die Schäden an standortgerechten Baumarten bei Überflutungen durch eine mögliche Verhinderung sehr geringer Fließgeschwindigkeiten auf ein unerhebliches Maß verringert werden könnten. Diese seien jedoch bei Ökologischen Flutungen großflächig bereits in der Grundkonzeption des Polderbetriebs angelegt. Sofern aufgrund der seltenen Hochwasserrückhaltungen in den strukturreichen Mischwaldbeständen von einer hohen Vielzahl an Schädigungen der in der Strauchschicht lebenden Tiere ausgegangen werde, die jedoch revisibel seien und die die besonders schützenswerten Arten der Vögel und Schmetterlinge nicht erfassten, da diese überwiegend in den höher gelegenen Schichten der Bäume lebten, komme dieser Einschätzung aufgrund der fehlenden systematischen Erhebungen allenfalls der Charakter einer Vermutung zu. Die vorgeschlagene Minderungsmaßnahme des Erhalts von Totholzbeständen komme der Bodenfauna zugute, sei aber nicht geeignet, Verluste oder Teilverluste bei der Avifauna zu verhindern. Bei der Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Greif- und Brutvögel sowie auf die Fledermäuse habe man die Gefahr eines großflächigen Absterbens alter Baumbestände und den damit möglichen Verlust von geeigneten Nistplätzen gänzlich ignoriert. Auch sei die Annahme des flutungsbedingt vergrößerten Nahrungsangebots insofern falsch, als bei Flutungen eine Vielzahl von Insekten und deren Raupen, Puppen und Eiern abstürben und deshalb als Nahrung nicht mehr zur Verfügung stünden. Soweit mit dem Verfüllen des Rheinseitengrabens im Bereich des zu errichtenden Einlassbauwerks (R1) auf einer Länge von 160 m ein hochwertiger Lebensraum für Libellen wie die FFH-geschützte Art der Helmazurjungfer entfalle, sei die Neuanlage eines 300 m langen Rheinseitengrabens westlich des Einlassbauwerks aufgrund der dort mit Rücksicht auf den Wald fehlenden naturnahen Ausgestaltung keine unzweifelhaft geeignete Ausgleichsmaßnahme.
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Weiter seien auch die in dem Landschaftspflegerischen Begleitplan ausgewiesenen Maßnahmen zum Eingriffsausgleich unzureichend. Zum einen sei es bereits methodisch falsch, wenn der Landschaftspflegerische Begleitplan für die Einstufung der Bedeutung eines Eingriffs eine dreistufige Bewertung einführe, während die Umweltverträglichkeitsstudie hierfür auf eine fünfstufige Einteilung zurückgreife. Zum anderen würden die Risiken der Flutungen für die Waldbestände und die Offenlandbiotope unzureichend eingeschätzt. Zwar gehe der Landschaftspflegerische Begleitplan bei der Beurteilung der Eingriffs-Ausgleichs-Bilanz im Ansatz von einer Worst-Case-Betrachtung aus, wenn er die Auswirkungen einer Hochwasserrückhaltung untersuche, die noch vor einer möglichen Adaption der Bestände an die Flutungen erfolge, er ignoriere dann aber für die Fälle außerhalb dieser Betrachtung, dass insoweit ebenfalls ein Eingriff gegeben wäre, für den deshalb ebenso ein Ausgleich vorzusehen sei. In keiner Weise nachvollziehbar sei weiter, wenn bei der Beurteilung der Beeinträchtigungen der Biotope durch die Flutungen ohne weitere Entwicklungsprognose zu einzelnen Vegetationstypen von einem Übergang zu einem anderen Biotoptyp mit vergleichbarem Wert ausgegangen werde.
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Eine fehlerhafte Abwägung der naturschutzrechtlichen Belange im Planfeststellungsbeschluss ergebe sich schließlich auch daraus, dass die Bodenverhältnisse im Flutungsgebiet unzutreffend ermittelt und deshalb regelmäßig zu geringe Auswirkungen auf die Schutzgüter Boden sowie auf die in diesem Lebensraum gegebenen Pflanzen und Tiere angenommen worden seien. Insoweit habe man mit der Methode der Wasserstufenkartierung zwar ein grundsätzlich geeignetes Mittel zur Ermittlung der Grundwasser- und Bodenverhältnisse gewählt, da sich aus einer vorhandenen Vegetation regelmäßig die langjährig im Boden herrschenden Wasserverhältnisse abbilden ließen. Allerdings sei die für das betroffene Gebiet entwickelte Wasserstufenkartierung von Hügin und Henrichfreise nicht zur Anwendung gekommen, sondern eine methodisch nicht abgesicherte Kartierung vorgenommen worden. Vor allem aber sei im Rahmen der Wirkungsprognose ein Hauptwurzelraum mit einer der Realität nicht entsprechenden Mächtigkeit von 0,3 m angenommen worden. Tatsächlich sei der Boden in einer Aue aber teilweise bis 1,6 m von Wurzeln durchdrungen. Hinzu komme, dass der kapillare Aufstieg von Wasser vollkommen ignoriert worden sei. Entsprechend seien das Maß und die Dauer der Vernässung des Wurzelraums infolge der Flutungen und damit auch deren Folge für den Boden, die Pflanzen und die Tiere unzutreffend zu gering bewertet worden.
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Fehlerhaft sei die Abwägung auch insoweit als der Beklagte davon ausgehe, dass die durch die Schaffung von zusätzlichen Feuchtgebieten entstehende Mückenplage eingedämmt werden könne. Denn zum einen werde die Gefahr ausgeblendet, dass mit der Zunahme von Mücken auch eine erhöhte Gefahr der Übertragung und Ausbreitung von Krankheiten wie etwa von Malaria verbunden sei. Hier wirke sich die allgemeine globale Erderwärmung zusätzlich negativ aus. Zum anderen bedeute die Bekämpfung der Mücken, dass schädigend in die Nahrungskette eingegriffen werde.
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Nicht hinreichend abgeschätzt worden seien auch die kleinklimatischen Auswirkungen des Polderbetriebs. Immerhin könne dieser zum Entstehen von Kaltluft, der Bildung von Nebel und letztlich auch zu negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohner der umliegenden Ortschaften führen. Insofern sei das Gutachten von Prof. ..., das solche Auswirkungen verneine, sowohl hinsichtlich der Ermittlung seiner Grundlagen als auch in Bezug auf die getroffenen Schlussfolgerungen fehlerhaft. In methodischer Hinsicht fehle es dem allein auf Analogieschlüssen und angesammeltem Expertenwissen beruhenden Gutachten an der fachlich notwendigen experimentellen klimatischen Beweissicherung zu der lokalen Klimacharakterisik vor Durchführung des Vorhabens und der rechnerischen Simulation der Veränderungen des lokalen Klimas nach Durchführung des Vorhabens. Im Übrigen müsse man die Richtigkeit der Schlussfolgerung des Gutachters des Landes bereits auf der vorgelagerten Ebene des Analogieschlusses bezweifeln, wenn dieser davon ausgehe, dass der sich in den Kaltluftbecken des Polders ansammelnde Nebel wegen der geringen Flächenausdehnung des Rückhalteraums keine Bedeutung habe. Insoweit fehle etwa die Berücksichtigung der Untersuchungen zu den klimatischen Bedingungen der nördlich gelegenen Rheinaue bei Plittersdorf und die Differenzierung nach der Dauer und der Häufigkeit der Flutungen. Tendenziell müsse davon ausgegangen werden, dass in der Überflutungsaue die Lufttemperatur etwas niedriger liege als in der Umgebung, dass aber der die Luftfeuchte beschreibende Dampfdruck erheblich höher sei und deshalb die Äquivalenttemperatur als Maß für den Gesamtwärmeinhalt um bis zu 15 % höher liege als in einer Trockenaue. Hieraus folgten erhöhte Stressbedingungen für den Menschen. Diese könnten nicht mit einem Hinweis auf eine - im Nahbereich des Polders - spürbare Abkühlung nivelliert werden, da der Mensch nicht nur auf die Lufttemperatur, sondern vor allem auf den Dampfdruck reagiere. Im Wirkungsbereich der Windrichtung könnten diese Faktoren auch in den Gebieten außerhalb des Polders wirksam werden.
58 
Wenn der Planfeststellungsbeschluss die Folgen des globalen Klimawandels allein unter dem Gesichtspunkt betrachte, dass man auch zukünftig nicht auf Hochwasserrückhaltemaßnahmen verzichten könne, gehe dies an der für die Klägerin bedeutsamen Problematik vorbei, dass die zukünftige Entwicklung mit Wintern mit mehr Regen statt Schnee zu deutlich ergiebigeren Einzelereignissen als bisher bekannt und damit zu zusätzlichen Grundwasseranstiegen führe, die eine erhöhte Gefährdung durch Vernässung mit sich bringe. Hierbei handele es sich nicht - wie der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss annehme - um bloße Ängste, sondern um wissenschaftlich abgesicherte Prognosen zu einer zukünftigen Entwicklung. Zu kurz greife auch die Argumentation, dass der Betrieb des Rückhalteraums mit den festgelegten Einstauhöhen von den Folgen eines Klimawandels unabhängig sei. Zwar sei es richtig, dass der jeweilige Polderbetrieb hinsichtlich der Abflussmenge aus dem Rhein und der Einstauhöhe des Polders jeweils gleichbleibenden Bedingungen folge, unberücksichtigt bleibe aber, dass sich unter Umständen die Wasserzufuhr über die Elz so erhöhe, dass das hierdurch zufließende Wasser nicht mehr über den Rhein abgeleitet werden könne und deshalb ein Rückstau mit erhöhten Stauhöhen zu erwarten sei. Hier fehle es an entsprechenden Untersuchungen.
59 
Weitere erhebliche Abwägungsmängel bestünden aufgrund einer unzureichenden Berücksichtigung der Gefahr eines Erdbebens oder einer Sabotage, die zu einem Dammbruch führen könnten, im Hinblick auf die Behandlung der Gefahren eines Grundwasseranstiegs bei Retention und Ökologischer Flutung für das Eigentum an Immobilien und die mit der Vernässung und Verschlammung ungeschützter landwirtschaftlicher Grundstücke einhergehenden Bewirtschaftungsnachteile. Abwägungsfehlerhaft sei auch die fehlende Berücksichtigung der mit dem Bau und Betrieb des Polders verbundenen Verkehrswertminderungen der in deren Wirkungsbereich liegenden Grundstücke sowie die Verweigerung einer weiteren Sicherung der Schutzbrunnengalerien vor einem Stromausfall im Stromnetz, die Überbewertung des Denkmalschutzes in Bezug auf das Wittenweierer Faschinat zugunsten der Sicherheit des Polderbetriebs sowie die unzureichende Einschätzung der Gefahren des Abtriebs von Treibholz aus dem Bannwaldgebiet mit der Gefahr des Verschlusses an den Durchlassbauwerken. Hinzu komme, dass aufgrund der Verwendung eines fehlerhaften Grundwassermodells auch die Prognose, dass die kommunalen Friedhöfe nicht vernässen könnten, nicht tragfähig sei. Weiter seien die vom Vorhabenträger vorgesehenen Wildrückzugsgebiete unzureichend, sodass die Gefahr der Wildverluste in Folge einer Hochwasserrückhaltung oder einer Ökologischen Flutung größer sei als in der Abwägung angenommen. Schließlich habe der Beklagte im Rahmen der Abwägung auch verkannt, dass der dem Betrieb des Rückhalteraums dienende Bereich mit dem Elzpfad und dem Rheinauenwald seine wichtige Naherholungsfunktion einbüße. Denn dieser Bereich sei nicht nur während der Zeiten der Hochwasserrückhaltung und der Ökologischen Flutungen gesperrt, sondern auch in der Zeit danach aufgrund der Verschlammung dieser Bereiche nicht betretbar. Hierbei komme die zu niedrige Fließgeschwindigkeit während des Polderbetriebs negativ zum Tragen.
60 
Die Klägerin beantragt,
61 
den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20.12.2007 für den Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung aufzuheben;
62 
hilfsweise festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20.12.2007 für den Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf;
63 
weiter hilfsweise, dem beklagten Land aufzugeben,
64 
den Probestau nicht vor Durchführung einer instationären Validierung des Grundwassermodells (mit erfolgreichem Abschluss) und Durchführung der sich daraus ergebenen Anpassungen der Schutzmaßnahmen durchzuführen,
65 
den Probestau nicht vor Durchführung von numerischen Simulationsberechnungen zu den kleinklimatischen Auswirkungen mit geeigneten Modellen und nicht vor Vorstellung der Ergebnisse und der daraus folgenden Anpassungsmaßnahmen durchzuführen und
66 
für alle sicherheitsrelevanten Pumpenanlagen stromnetzunabhängige Notstromaggregate bzw. Pumpenantriebe vorzusehen.
67 
Das beklagte Land beantragt,
68 
die Klage abzuweisen.
69 
Zur Begründung führt es aus: Der Klägerin fehle es bereits an der Klagebefugnis. Hinsichtlich der Verletzung ihrer kommunalen Planungshoheit sei sie präkludiert, da sie im Einwendungsverfahren auf keine konkreten und verfestigten Planungsabsichten verwiesen habe, die durch den Rückhalteraum betroffen sein könnten. Hinsichtlich der allgemeinen Planungshoheit sei darauf zu verweisen, dass die für den Rückhalteraum in Anspruch genommenen Flächen überwiegend in Bereichen lägen, die nach dem Regionalplan als Vorrangflächen für den Hochwasserschutz der anderweitigen Überplanung durch die Klägerin entzogen seien. Soweit die Klägerin sich auf eine Beeinträchtigung ihres Eigentums berufe, sei dieses Eigentum im Einwendungsverfahren so wenig konkret bezeichnet worden, dass weitergehende Einwendungen hierzu im Klageverfahren nicht mehr möglich seien. Präkludiert sei die Klägerin zudem auch in Bezug auf ihren Vortrag zu der nunmehr modifizierten „Hartheimer Lösung“ und der Abgrenzung des Untersuchungsraums des Grundwassermodells im Bereich Allmannsweier.
70 
Entgegen der Auffassung der Klägerin finde die Planfeststellung des Rückhalteraums in § 31 WHG eine ausreichende Rechtsgrundlage. Es bedürfe keines besonderen Gesetzes, welches auf die Verwirklichung des - der Errichtung des Polders Elzmündung zugrunde liegenden - Integrierten Rheinprogramms bezogen sei. Insoweit könne aus der Möglichkeit der übergeordneten Fachplanung durch Gesetz im Bereich etwa des Bundesfernstraßenrechts nicht schon auf die Notwendigkeit einer solchen gesetzlichen Planung der Hochwasserrückhaltung im Bereich des Oberrheins geschlossen werden. Es reiche aus, dass diese administrative Planung vom Gesetzgeber begleitet werde, was hier durch die Ausweisung der entsprechenden Mittel im Haushaltsplan und die Beschäftigung in den entsprechenden Ausschüssen des Landtags der Fall sei. Hinzu komme, dass sich die Verwirklichung des Rückhalteraums im Bereich der Elzmündung im Rahmen der deutsch-französischen Zusatzvereinbarung vom 6.12.1982 über den Hochwasserschutz halte, der der Deutsche Bundestag zugestimmt habe. Insoweit stehe die dortige Regelung des Art. 7 Abs. 1 im Vordergrund, nach welcher unterhalb der Staustufe Iffezheim der Hochwasserschutz wiederhergestellt werden solle, der dort vor dem Ausbau des Rheins bestanden habe. Die Auflistung einzelner Hochwasserschutzvorhaben in Art. 7 Abs. 2 sei nicht abschließend und lasse - wie sich an der Zustimmung der Ständigen Kommission zur Umsetzung der grundlegenden Vereinbarung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Frankreich über den Ausbau des Rheins vom 4.7.1969 zum Integrierten Rheinprogramm auf ihrer Sitzung am 30.9.1994 in Saint Malo zeige - eine Fortschreibung des Hochwasserschutzkonzepts auch auf andere Polder ohne weiteres zu.
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Der angewendeten Rechtsgrundlage fehle es auch nicht an der notwendigen Regelung zum Eintritt der Entschädigungspflicht bei übermäßiger Belastung des Eigentums Dritter. Die insoweit anwendbare Vorschrift des § 74 Abs. 2 Satz 3 und 4 LVwVfG sei nicht auf eine Enteignung, sondern auf eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums bezogen und enthalte keine deshalb unzulässige salvatorische Klausel. Sie sei auch sonst hinreichend bestimmt, weil die dort verwendeten Rechtsbegriffe jeweils unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls ausgelegt werden könnten und müssten.
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Die Planfeststellungsentscheidung sei nicht wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben. Die als fehlerhaft gerügte Auslegung der Planunterlagen sei ordnungsgemäß erfolgt. Die ausgelegten Unterlagen hätten auch ohne die später bekannt gewordenen farblichen Darstellungen zur Grundwasserausbreitung im Bereich Allmannsweier und Ottenheim die notwendige Anstoßfunktion erfüllen können. Denn im Erläuterungsbericht sei die Betroffenheit der Ortschaften durch Grundwasseranstiege erwähnt. Die dies dann relativierende Bewertung durch den Vorhabenträger als „von untergeordneter Bedeutung“ sei als solche erkennbar gewesen und schließe als Stellungnahme des Vorhabenträgers die Anstoßwirkung der Informationen nicht aus. Im Übrigen könne ausgeschlossen werden, dass sich der Verfahrensfehler auf das Ergebnis der Abwägung ausgewirkt habe. Denn unabhängig von einer - aus der Sicht der Klägerin - unvollständigen Auslegung, hätten sich eine Vielzahl von Einwohnern der Ortsteile Allmannsweier und Ottenheim mit Bedenken in Bezug auf die Betroffenheit bei Ökologischen Flutungen und bei Hochwasserrückhaltungen gemeldet.
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Die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens sei entbehrlich gewesen. Das Vorhaben entspreche den Zielen der Regionalplanung. Die geringfügige Abweichung von der Festlegung der Vorrangflächen für Hochwasserschutz im Regionalplan sei unerheblich, da insoweit das Naturschutzgebiet Taubergießen betroffen sei, dessen Schutzverordnung die Retention ausdrücklich für zulässig erkläre. Soweit in den Zielen des Regionalplans von der Wiedereinbürgerung hochwassertoleranter Tiere und Pflanzen gesprochen werde, seien diese Vorgaben eingehalten. Ein eigenes Raumordnungsverfahren für das gesamte Integrierte Rheinprogramm sei nicht notwendig gewesen. Im Übrigen könne sich die Klägerin auf einen Fehler im Bereich der Raumordnung nicht berufen, da ihr insoweit keine keine subjektiven Rechtspositionen eingeräumt seien.
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Hinsichtlich der Verletzung umweltrechtlicher Normen bestehe grundsätzlich ebenfalls kein Rügerecht der Klägerin. Die entsprechende Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zum Rechtsschutz gegen UVP-pflichtige Verfahren im Umweltrechtsbehelfsgesetz sei rechtmäßig. Art. 10a der UVP-Richtlinie habe die Bindung der Klage an eine subjektive Rechtsverletzung ausdrücklich anerkannt. Eine unmittelbare Anwendung der gemeinschaftrechtlichen Vorgaben im Sinne der Klägerin sei damit ausgeschlossen. Im Übrigen wären diese Vorgaben auch zu unbestimmt, um unmittelbar, d.h. ohne nationale gesetzliche Regelung angewendet zu werden. Vor allem aber seien das Umweltrechtsbehelfsgesetz oder die gemeinschaftsrechtliche Regelung zum Zugang der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zum Gerichtsverfahren gegen UVP-pflichtige Vorhaben auch schon deshalb nicht auf das Planfeststellungsverfahren zum Polder Elzmündung anwendbar, weil dieses bereits vor dem 25.6.2005, und damit vor dem Stichtag zur Umsetzung der Richtlinie eingeleitet worden sei.
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Unabhängig von dem fehlenden Rügerecht der Klägerin seien die Vorgaben des Umweltrechts aber auch in materieller Hinsicht eingehalten worden: Insbesondere stellten die Ökologischen Flutungen keinen Eingriff in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild dar, sondern seien als Vermeidungsmaßnahmen von diesem Begriff ausgenommen. Hier sei maßgeblich auf die Zielsetzung des Projekts abzustellen. Dieses sei die Hochwasserrückhaltung und nicht die Durchführung Ökologischer Flutungen. Letztere dienten allein der Minimierung der anderenfalls mit der Hochwasserrückhaltung verbundenen Schädigung der Natur. Dabei seien die Ökologischen Flutungen auch tatsächlich geeignet, das Ziel der Schaffung aueähnlicher Verhältnisse zu erfüllen. Die in diesem Zusammenhang geforderte Reduzierung des Grundwasserstands sei auszublenden, da der bestehende Zustand eines hohen Grundwasserspiegels grundsätzlich nicht umkehrbar sei. Die Strömungsgeschwindigkeit im Polder sei ausreichend; wie beim Polder Altenheim würden einige Bereiche der Auen schnell bis sehr schnell und andere langsam bis sehr langsam durchflossen. Dies sei entsprechend dem unterschiedlichen Geländerelief der Auen charakteristisch. Eine Stagnationsphase zwischen Befüllung und Entleerung der Teilbecken sei nicht zu erwarten. Der Einbau von Querriegeln sei angesichts des erforderlichen Rückhaltevolumens unverzichtbar Die in diesem Bereich eintretende Verlangsamung der Fließgeschwindigkeit sei in der Folgenabschätzung berücksichtigt und bewertet worden. Dabei sei die Ermittlung der Fließgeschwindigkeit korrekt erfolgt und hierbei insbesondere die Rauhigkeitsklasse der Vegetation richtig auf der Grundlage der Erfahrungen mit den Auen der freien Rheinstrecke unterhalb von Iffezheim angegeben worden. Sofern niedrige Fließgeschwindigkeiten unter 0,02 m/s prognostiziert worden seien, seien die entsprechenden Baumbestände vorsorglich um eine Schadensklasse höher eingestuft worden. Der von niedrigen Fließgeschwindigkeiten besonders betroffene Teilraum 7 werde zuletzt geflutet und zuerst entleert, sodass die zudem flach überfluteten Bereiche nur jeweils kurz von Wasser bedeckt seien. Nach den Erfahrungen im Polder Altenheim komme es auch in diesen Bereichen zu keiner Sauerstoffzehrung; eine solche trete allenfalls in abgetrennten Schluten oder Tümpeln auf. Die Flutungen würden zwar zu einer Sedimentation führen, diese sei jedoch auentypisch und finde in einem nur geringen Maße statt. Die Sedimenteinträge könnten dabei von der Bodenfauna aufgearbeitet werden. Hinsichtlich der maximalen Überflutungshöhen könne in einer Übergangsaue zwischen Hartholz- und Weichholzaue von möglichen Überflutungshöhen zwischen 2,20 bis 2,70 m ausgegangen werden. Die angegebenen Flutungshöhen seien in der forstlichen Risikoanalyse berücksichtigt worden. Eine Überschreitung der für die potentiell zu erreichende Hartholzaue zuträglichen Überflutungshöhe von 2,50 m erfolge allenfalls kleinflächig in den tiefsten Geländebereichen. Niedrigwasserstände, wie sie zur Erreichung von Weichholzauen notwendig wären, könnten im Poldergebiet nicht erreicht werden. Da das Ziel der Ökologischen Flutungen jedoch die Anpassung der Fauna und Flora an gelegentliche Hochwasserereignisse, nicht jedoch die Entwicklung von Weichholzauen sei, sei eine solche Reduzierung der Wasserstände im Vorhabengebiet nicht notwendig. Die von der Klägerin angeführte zukünftige Vernässung des Bodens mit der Folge der Entstehung von Bastardauen sei unbegründet oder jedenfalls unschädlich. So seien für den Ist-Zustand nur wenige Bereiche kartiert worden, die von einer Dauervernässung geprägt gewesen seien. Gerade diese Bereiche aber seien als besonders hochwertig einzustufen gewesen. Insgesamt sei von einer Anpassung der Lebensräume an die Flutungen auszugehen; eine solche erfolge überwiegend in den Teilräumen 2 bis 6, die ihrerseits durch höhere Fließgeschwindigkeiten geprägt würden. Zwar könne - auch aufgrund der nicht erreichbaren Niedrigwasserstände - keine vollständig auentypische Gesellschaft mehr entstehen, die Erfahrungen mit dem Polder Altenheim hätten jedoch gezeigt, dass eine Entwicklung in Richtung auentypischer Tier- und Pflanzengesellschaften beginnen werde, die gegenüber weiteren Hochwasserereignissen deutlich weniger anfällig seien als die bestehenden Lebensgemeinschaften. Das Ziel der Ökologischen Flutungen, nämlich die Minimierung des möglichen Schadens durch Hochwasserrückhaltungen, werde damit erreicht.
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Weiter seien auch die Schutzvorschriften für FFH- und Vogelschutzgebiete eingehalten worden. Dies gelte insbesondere für die Regelung des § 38 NatSchG, dessen Prüfungsstufen abgearbeitet worden seien. Im Ergebnis habe man auf der Grundlage einer erweiterten und aktualisierten Verträglichkeitsstudie teilweise bereits eine erhebliche Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets verneinen können. Im Übrigen seien die Voraussetzungen für eine Abweichungsentscheidung gegeben. Die für die Verträglichkeitsprüfung verwendeten Erkenntnisquellen seien hinreichend aktuell. Insoweit gebe es keinen festen Zeitrahmen. Es sei jeweils geprüft worden, ob die Daten nach wie vor für eine fach- und sachgerechte Beurteilung der Vorhabenauswirkungen ausreichten. Bei Zweifeln habe man nachkartiert. Hinsichtlich der Erhaltungsziele sei zu berücksichtigen gewesen, dass solche bei Erstellung der Verträglichkeitsprüfung noch nicht vorgelegen hätten. Deshalb habe man in Abstimmung mit der früheren Bezirksstelle für Naturschutz die Erhaltungsziele aus den damaligen Entwürfen für die Standardbögen und den Informationen aus den Bestandserhebungen abgeleitet. Nach Veröffentlichung der Standardbögen habe man die neu hinzugekommenen Arten in der ergänzenden Natura-2000-Studie bearbeitet, wobei der Blick auf die in dem vom Vorhaben betroffenen Teilgebiet vorkommenden Arten und Erhaltungsziele gerichtet gewesen sei. Es bestünden nach wie vor noch keine Managementpläne für das Vorhabengebiet, in welchem die Erhaltungsziele endgültig festgelegt würden. Würden sich hier später Änderungen ergeben, würde die Planung hieran angepasst. Die Verträglichkeitsprüfung habe aufgrund der fehlenden Konkretisierung der Erhaltungsziele grundsätzlich alle Lebensraumtypen und Arten, die im Vorhabengebiet vorkämen, in den Blick genommen und darauf untersucht, ob das Vorhaben ihren Zustand beeinflussen könne. Dies sei fachlich sinnvoll und zielführend gewesen. Den für die Prüfung notwendigen Erhaltungszustand habe man aus den Bestandserhebungen der Umweltverträglichkeitsstudie abgeleitet. Auf eine Wiederholung der dortigen Angaben sei dann verzichtet worden. Um den prozentualen Anteil der im Vorhabengebiet vorkommenden Bestände zu den Populationen im gesamten FFH-Gebiet abschätzen zu können, habe man auf die Schätzungen in der Gebietsmeldung des FFH-Gebiets zurückgreifen müssen, da eine genauere Kartierung des Gesamtgebiets wegen der fehlenden Managementpläne noch nicht vorliege. Angesichts der Größenverhältnisse der vom Vorhaben beanspruchten Fläche zur Fläche der gemeldeten FFH-Gebiete (4,29 km² zu 88,09 km²) habe man relativ gut abschätzen können, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesamtpopulationen im Gebiet nicht zu erwarten sei. Hinsichtlich der Beurteilung der Erheblichkeit der Beeinträchtigungen habe man nicht auf die in dem Gutachten von Lambrecht vorgeschlagene Vorgehensweise zurückgreifen müssen. Dies folge bereits daraus, dass das für den Naturschutz in Baden-Württemberg zuständige Fachministerium für Ernährung und Ländlichen Raum noch in einem Schreiben vom 20.4.2006 unter Hinweis auf einen Beschluss der Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung vom 16./17.3.2006 darauf hingewiesen habe, dass die in dem Gutachten von Lambrecht enthaltenen Schwellenwerte für die Ermittlung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung keine allgemein gültigen Anhaltspunkte lieferten und deshalb allenfalls als Orientierungswerte herangezogen werden könnten. Maßgeblich sei stets die konkrete vorhaben- und gebietsspezifische Betrachtung. Die Beurteilung der einzelnen Lebensraumtypen und Arten sei nicht zu beanstanden: Die künftige Zulassung einer besseren Fließgewässer- und Hochwasserdynamik sei stets als Verbesserung der Auenverhältnisse anzusehen; eine Gefahr des Absterbens von Auenwald bei mehrwöchiger Überflutung sei nicht realistisch. Die mageren Flachlandmähwiesen seien gegenüber regelmäßigen kurzzeitigen Flutungen tolerant, solange die Bestände nicht niedergedrückt würden. Da sie bei Ökologischen Flutungen nur bereichsweise durch ansteigendes Grundwasser vernässt und bei den seltenen Hochwasserrückhaltungen nur flach und mit geringer Fließgeschwindigkeit überströmt würden, seien Schäden nicht zu befürchten. Eine Beeinträchtigung durch Nährstoffeintrag sei aufgrund der niedrigen Nitratstickstoffgehalte im Rheinwasser nicht zu befürchten. Soweit die Kalk-Magerrasen betroffen seien, sei eine relevante Einwirkung auf die Vegetation ebenfalls nicht zu erwarten. Die Bestände der Armleuchteralgen in den oligo- bis mesotrophen kalkhaltigen Gewässern seien Anfang der 1990er Jahre umfassend kartiert worden, wobei sich die Bestände abhängig von Klima und Abflussverhalten des Wassers kurzzeitig stark veränderten, insgesamt jedoch als stabil bewertet worden seien. Nachteilige Einflüsse durch Wasserstandveränderungen seien nicht zu erwarten. Die Bauchige und die Schmale Windelschnecke kämen jeweils ausschließlich in Bereichen des FFH-Gebiets Taubergießen, Elz, Ettenbach vor, die von den Ökologischen Flutungen nicht beeinflusst seien und bei Hochwasserrückhaltungen nur mit Wasserständen von 3 bis 5 cm überflutet würden. Da die Windelschnecken als typische Bewohner der Auenwälder in ausgeprägter Weise überflutungstolerant seien, seien Beeinträchtigungen auszuschließen. Dies zeige die Erfahrung mit dem Polder Altenheim. Der Wespenbussard sei durch den Betrieb des Polders nicht beeinträchtigt, da die Altbaumbestände des Rückhalteraums, die er als Brutplatz nutze, von den Flutungen nicht betroffen seien und die Flutungen das Nahrungsangebot an Amphibien eher verbessere. Angesichts eines Jagdreviers von 15 km² bis 35 km² sei ein - unterstellt - flutungsbedingter Verlust von 0,7 km² im Übrigen von vornherein zu vernachlässigen. Der Helle und der Dunkle Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling komme im Bereich der Kalkmagerwiese des Teilraums 7 (FFH Gebiet Taubergießen, Elz, Ettenbach) in einem Gebiet vor, das durch die Ökologischen Flutungen vernässe. Da die Bestände hier bereits jetzt weitgehend zusammengebrochen seien, würden im Bereich des Hochwasserdamms VI Flächen entwickelt, die zum Erhalt der Bestände geeignet seien. Die notwendige Ameisenpopulation sei dort gegeben. Die im Standardbogen für das FFH-Gebiet Taubergießen, Elz, Ettenbach geführte Große Moosjungfer komme im Vorhabengebiet selbst nicht vor. Der Rapfen werde als Bewohner großer aufgestauter Flüsse nur vereinzelt in das Gewässer des Polders einwandern. Sein Bestand im Rhein sei stabil; er werde von der Maßnahme eher profitieren.
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Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Artenschutzes sei nicht gegeben. Die nach nationalem Recht geschützten Arten seien nicht gesondert nach artenschutzrechtlichen Bestimmungen abzuprüfen, sondern im Rahmen der Eingriffsprüfung nach allgemeinem Naturschutzrecht zu berücksichtigen. Die in der FFH-Richtlinie besonders geschützten Arten seien nach Maßgabe des gesetzlichen Tötungs- und Störungsverbots untersucht worden; wo es erforderlich gewesen sei, habe man eine Ausnahme von den Verboten erteilt. Dabei habe man zu Recht eine populationsbezogene Betrachtung zugrunde gelegt. Auch habe man bei der Darstellung der Bestände und den Prognosen auf die Umweltverträglichkeitsstudie zurückgreifen können, in welcher die geschützten Arten eine besonders sorgfältige Berücksichtigung gefunden hätten. Angaben zum Erhaltungszustand einer Art seien dort nicht erforderlich gewesen, wo das Vorhaben das Vorkommen nicht verändern könne. Haselmäuse seien allein während des Winters mit ihren Bodennestern von Flutungen betroffen; hier würden jedoch Verluste durch entsprechend hohe Reproduktionsraten ausgeglichen. Die Laubfroschpopulation werde aufgrund der Beschränktheit ihres Vorkommens nur bei Hochwasserrückhaltungen und dann auch nur von geringfügigen Wasseranstiegen betroffen. Die Kreuzkröte profitiere von der gelegentlichen Flutung, die für ihren Laich nutzbare Tümpel und Kleingewässer entstehen lasse. Der Zwergtaucher müsse Brutverluste nur bei schnell und hoch ansteigendem Wasser befürchten; auf Verluste reagiere er mit Zweitbruten während der Brutzeit.
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Die Planungshoheit der Klägerin werde durch das Verfahren nicht verletzt. Das Gebiet bleibe nach wie vor in einem angemessenen Rahmen überplanbar. Dies zeige der Vergleich mit der Stadt Kehl, die in unmittelbarer Nähe zum Rückhalteraum Kulturwehr Straßburg/Kehl Baugebiete entwickelt und ausgewiesen habe. Sofern durch das Vorhaben Flächen in Anspruch genommen würden, seien diese als Teil eines Überschwemmungsgebiets oder eines Naturschutzgebiets ausgewiesen, und damit bereits vor der Verwirklichung des Vorhabens der Planungshoheit der Klägerin entzogen. Die bereits im Flächennutzungsplan bezeichneten Bauflächen „Auf der Oberau“ in Nonnenweier und „Wolfackern“ in Wittenweier seien in die Planung der Schutzbrunnengalerien einbezogen worden.
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Die gerügten Abwägungsfehler seien nicht gegeben. Die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele eines umweltverträglichen Hochwasserschutzes könnten erreicht werden. Die Bindung an das Gesamtkonzept des Integrierten Rheinprogramms halte sich im Rahmen des rechtlich Zulässigen. Das Integrierte Rheinprogramm sei eine plausible und nachvollziehbare Fachplanung, die im Rahmen der rechtlichen Prüfung und Abwägung des planfestgestellten Polders Elzmündung inzident auf die Rechtmäßigkeit hin überprüft werden könne und die für das Einzelprojekt keine Folgeprobleme aufwerfe, die nicht bereits bei seiner Zulassung gelöst werden könnten. Die Variantenprüfung sei ordnungsgemäß erfolgt. Ein Verzicht sei geprüft, jedoch sachgerecht verworfen worden. Gleiches gelte für die Alternativen der sog. „Hartheimer Lösung“ und der „Freifließenden Elz“. Die Hartheimer Lösung sei wegen ihren geringeren Umweltverträglichkeit zu Recht bereits auf der Grundlage einer Vorprüfung ausgeschieden worden. Während man im Bereich der vorliegenden Planung Beeinträchtigungen wertvoller Biotope durch entsprechende Maßnahmen wie etwa die Ökologischen Flutungen vermeiden könne, sei dies bei einer Flutung der Rheinauen zwischen Neuenburg und Breisach nicht der Fall. Hier seien im besonderen Maße Trockenauen betroffen, die für sich einen hohen Wert aufwiesen. Zudem seien bei einer Flutung dieser Bereiche auch Auswirkungen auf das Naturschutzgebiet Taubergießen möglich. Unabhängig hiervon sei die „Hartheimer Lösung“ auch in ihrer modifizierten Fassung allein unter dem Gesichtspunkt der wasserbaulichen Machbarkeit dargelegt worden, ohne dass insgesamt erkennbar gewesen wäre, dass diese Lösung gegenüber den vom Land favorisierten Lösungen der Auskiesung eines Rheinseitenstreifens und der Verwirklichung etwa des planfestgestellten Rückhaltebeckens an der Elzmündung deutliche Vorteile gehabt hätte. Hinsichtlich der Alternative der „Freifließenden Elz“ habe sich die Behörde zu Recht gegenüber dem nur unklaren Sicherheitsgewinn für die Verwirklichung eines sonst eingebüßten Rückhaltevolumens von 300.000 bis 400.000 m³ entscheiden können. Die von der Klägerin gerügte Mehrfachbelastung im Bereich der Elzmündung sei in der Abwägung der Alternativen ebenfalls und unter Berücksichtigung der jeweils richtigen Abflussmengen der Zuflüsse berücksichtigt worden. Auch bei erhöhten Abflussmengen sei ein sicherer Polderbetrieb gewährleistet. Ein Rückstau in die Ortschaften sei nicht zu befürchten. So gehe eine künftige Erhöhung der Abflussmenge im Schutterentlastungskanal mit einer Verbreiterung seines Abflussquerschnitts einher; eine Erhöhung des Abflusses im Ettenbach sei unerheblich, da dieser dann über die Ufer treten werde und zudem der Gesamtabfluss aus dem Bereich der Elz, des Taubergießen und des Kapuzinergrabens mit 40 m³/s so großzügig bemessen worden sei, dass eine leichte Erhöhung der Abflussmenge im Ettenbach durch diesen Sicherheitszuschlag umfänglich aufgefangen wäre. Schließlich sei auch eine Einleitung des Wassers in den Rhein jederzeit möglich; diese sei unterhalb des Hauptwehrs bei Gerstheim auf eine - dem 200-jährlichen Hochwasser entsprechende - Abflussmenge von 4.800 m³/s ausgelegt. Höhere Abflüsse würden dann über den Kraftwerkskanal abgeleitet, was letztlich für Ottenheim einen 1000-jährlichen Hochwasserschutz bis zu 6.000 m³/s gewährleiste.
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Hinsichtlich der Abschätzung der Folgen der Hochwasserrückhaltung und der Ökologischen Flutungen auf das Grundwasser in dem Gebiet der Klägerin habe man nicht die durch Ausbaumaßnahmen am Rhein erhöhten Grundwasserstände ausblenden und zunächst einen niedrigeren Grundwasserstand herbeiführen oder der Planung zugrunde legen müssen. Dies folge schon daraus, dass diese Maßnahmen sämtlich bestandskräftig genehmigt seien und etwa die Maßnahmen am Altrheinzug aus dem Jahre 1982 zwar eine Erhöhung des Grundwasserstandes, gleichzeitig aber auch eine deutliche Verbesserung des Hochwasserschutzes für die Klägerin mit sich gebracht hätten. Sofern eine Reduzierung der Grundwasserstände dadurch erreicht werden könne, dass die Wasserstände an der Alten Elz bei Riegel reduziert würden, sei eine solche Entscheidung in die Hände des Verbands „Alte Elz“ gelegt, der etwa die ebenfalls klagende Gemeinde Kappel-Grafenhausen angehöre. Für die Abschätzung der Folgen als solche habe die Behörde unter Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel auf ein fachlich und methodisch einwandfreies Grundwassermodell zurückgegriffen. Die Angabe der Randzuflüsse entspreche ebenso dem Stand der Technik wie die Extrapolation des Modells auf den Bereich des Ortsteils Allmannsweier. Hier sei von homogenen Bodenverhältnissen auszugehen. Im Übrigen spiele die Einbeziehung des Ortes für die Untersuchung keine Rolle, da für die Bestimmung der Auswirkungen des Polderbetriebs allein die Höhe der Grundwasserstände maßgeblich sei. Hier sei die Zunahme der Grundwasserstände für den Bereich Allmannsweier nur in seltenen Fällen länger anhaltender Ökologischer Flutungen signifikant und bewege sich immer noch im Bereich der natürlichen Grundwasserstandsentwicklungen. Ein Verstoß gegen das Verschlechterungsverbot sei hiermit nicht verbunden. Das Grundwassermodell sei auch ausreichend geeicht und damit auch hinreichend prognosefähig. Soweit Messergebnisse und Modellrechenwerte Abweichungen aufwiesen, ließen sich diese plausibel erläutern, etwa dadurch, dass die Messstelle außerhalb des Modellgebiets oder im Bereich eines starken Gefälles liege. Im Übrigen seien mögliche Fehler in dem festgestellten Maße unerheblich, weil die Schutzmaßnahmen mit entsprechenden Sicherheitszuschlägen dimensioniert worden seien. Sofern eine instationäre Verifikation vermisst werde, sei auf das abgestufte Vorgehen zu verweisen, das insoweit noch vor dem Betrieb des Polders die notwendige Restsicherheit gewährleisten werde. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass einzelne unsichere Faktoren, wie etwa der sog. Leakagefaktor, der die Durchlässigkeit in den Gerinnen des Rückhalteraums beschreibe, letztlich kaum größere Auswirkungen auf die Grundwasserstände mit sich brächten. Dies zeige eine Simulation der Grundwasserstände bei einer 1000%igen Vergrößerung des Leakagefaktors und einer Veränderung des kf-Wertes für die Kiesschichten des Untergrunds. Insgesamt habe man für den Modellansatz so extreme Bedingungen herangezogen, dass im Bereich der Schutzmaßnahmen das Ziel, die Grundwasserstände so zu halten, wie es ohne den Betrieb des Rückhalteraums der Fall wäre, ohne weiteres erreicht werde. Sofern durch den Bau des Querriegels Wittenweier eine Erhöhung des Normalwasserstandes an der Elz befürchtet werde, halte sich eine solche mit rechnerisch 1 cm ohne weiteres im Bereich der natürlichen Schwankungsbreite des Normalwasserstandes dieses Flusses. Im Normalzustand sowie bei Ökologischen Flutungen sei der Durchlass im Übrigen stets voll geöffnet, sodass der Wasserstand an der Elz - wie bisher - von dem Wasserstand am Wittenweierer Faschinat abhänge. Im Retentionsfall sei der Wasserstand am Querriegel auf maximal 158,00 m + NN begrenzt; andere Werte in der Anlage 3.5.4.1. beruhten auf einem Schreibfehler. Eine Gefahr des Rückstaus der Elz nach Kappel am Rhein bestehe nicht.
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Hinsichtlich der Wasserversorgung sei eine Beeinträchtigung durch den Betrieb des Rückhalteraums ausgeschlossen; für die dennoch im extremen Ausnahmefall bestehende Möglichkeit einer wesentlichen Beeinträchtigung sehe der Planfeststellungsbeschluss weitergehende Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung vor. Dabei sei ein Eindringen von Polderwasser in die Zone III B des Wasserschutzgebiets Ottenheim nur bei extremen Ökologischen Flutungen mit anschließender Retention möglich; damit Schadstoffe in das Schutzgebiet gelangen, müsste zusätzlich ein entsprechender Schadensfall im Rhein gegeben und trotz des Anschlusses an den Rheinalarm bei der Durchführung der entsprechenden Flutungen unerkannt geblieben sein. Dabei sei der mögliche Eintrag zusätzlich zum einen durch die Sperre der Erdschichten und zudem in seiner Dauer durch die gegenläufige Fließrichtung des allgemeinen Grundwasserstroms auf maximal 10 Tage begrenzt. Hinzu komme der Verdünnungseffekt. Die Ermittlung der möglichen Betroffenheit des Wasserschutzgebiets sei auch fachgerecht. Da ein in den Randbereich eines Wasserschutzgebiets eindringendes Grundwasser nicht zwangsläufig auch den Brunnen erreiche, sondern möglicherweise am Brunnen vorbeifließe, habe man sieben Messpunkte in einer Reihe durch das Wasserschutzgebiet gezogen und die jeweiligen Messstellen in die Tiefe nochmals in vier Ebenen des Grundwasserbeckens unterteilt. Eine für diese Punkte jeweils erstellte Wasserbilanz ergebe die Grundwassermenge, die während einer bestimmten Zeit an dem gebildeten Querschnitt in die Schutzzone fließe und temporär mit Schadstoffen aus dem Wasser des Rückhalteraums infiltriert sein könne. Letztlich habe diese Betrachtung über entsprechende Bahnlinienberechnungen ergeben, dass das gesamte potentiell in das Wasserschutzgebiet eindringende Polderwasser vom Rechenknoten Nr. 7759 erfasst werde und hierbei in den beiden obersten Modellschichten verbleibe. Bezogen auf die gesamte Trinkwassermenge im Schutzgebiet ergebe sich dann ein prozentualer Anteil des Polderwassers am Gesamtgrundwasserabstrom von 3 %. Dieser Anteil werde über die Laufzeit, in der das Wasser in dem Bereich der Brunnen ankomme und die ca. 1,5 Jahre betrage, durch die ständige Grundwasserneubildung weiter verdünnt. Trotz der Zuverlässigkeit des methodischen Vorgehens sei eine weitere Absicherung der Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Wasserschutzgebiet dadurch gegeben, dass zum einen Messstellen eingerichtet werden müssten und die Planungsergebnisse zum anderen durch einen Probebetrieb des Polders bestätigt werden müssten.
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Sofern Abwägungsmängel in Bezug auf die Behandlung des Naturschutzes geltend gemacht würden, sei dies unbegründet. Die Einzelgutachten seien, wie bereits dargestellt, hinreichend aktuell gewesen. Die zur Abschätzung der Auswirkungen des Vorhabens notwendigen Stichproben bei der Betrachtung einzelner Arten in den Biotopen hätten auch in ihrem Umfang fachwissenschaftlichem Standard entsprochen. Hierbei sei neben dem fachwissenschaftlichen Einschätzungsspielraum der Naturschutzbehörde auch zu berücksichtigen gewesen, dass die Biotope nur aus zwingenden Gründen gestört werden sollten, sodass man stets den erzielbaren Erkenntnisgewinn gegen die drohende Störung abzuwägen gehabt habe. Hinzu komme, dass den untersuchten Laufkäfern und Schnecken eine hohe indikatorische Aussagekraft für Waldbiotope und deren Veränderungen zukomme. Bei der Betrachtung der Rallen und der Helm-Azurjungfer habe man berücksichtigen können, dass diese Arten bis Juli in ihren Revieren blieben. Dies würde durch die vergleichsweise hohen Fundzahlen bestätigt. Die Bewertung der einzelnen Vegetationstypen sei systematisch und fachlich richtig erfolgt. Es sei zu keiner relativierenden Verzerrung gekommen. Dies könne auch nicht aus der im Verhältnis zur Ausweisung als Natura-2000-Gebiet verhältnismäßig geringen Bewertung der Teilflächen abgeleitet werden. Denn die hohe Wertigkeit des Gesamtgebiets gehe vor allem auf einzelne, flächenmäßig kleine Teilbiotope wie etwa die Pfeifengraswiesen zurück. Methodisch seien die einzelnen Schutzgüter jeweils an den Zielvorgaben für diese gemessen worden. Blieben sie hinter diesen zurück, seien sie abgewertet worden. Dies sei etwa bei den Schutzgütern Wasser und Boden deshalb der Fall gewesen, weil die notwendigen Wasserstandsschwankungen aufgrund der Staustufen im Rhein nicht die eigentlich notwendige Naturnähe hätten erreichen können. Bei dem Biotop Wald hätten die relative Artenarmut der Stangenholzbestände und die hocheutrophen Staudenflure der Jungbestände eine höhere Wertigkeit ebenfalls nicht gerechtfertigt. Bei Flora und Fauna habe man gruppenspezifische Bewertungskriterien festlegen müssen, wobei man vor allem auf die Bewertungen der auch überregional tätigen Einzelgutachter zurückgegriffen habe. Sofern man bei der Prognose für den Teilraum 1 empfehle, niedrige Fließgeschwindigkeiten zu vermeiden, stehe dies zu dem Konzept der Querriegel nicht im Widerspruch. Denn in diesem Teilraum erreiche das auslaufende Wasser ohne weiteres die notwendigen hohen Fließgeschwindigkeiten. Zur Konfliktanalyse bei der Bodenfauna sei davon auszugehen, dass trotz verschiedener Gelegeverluste bei Bodenbrütern eine Beeinträchtigung verneint werden könne. Dies ergebe sich daraus, dass Auen grundsätzlich zu den artenreichsten Vogellebensräumen zählten, was aus dem verbesserten Nahrungsangebot und der geringeren Bewegungsfreiheit von Beutegreifern resultiere. Die möglichen Gelegeverluste durch Flutungen würden durch diese Vorteile mehr als ausgeglichen. Die im Vorhabengebiet vorkommenden Greifvögel seien sämtlich baumbrütende Arten. Verluste seien insoweit nicht zu erwarten. Der Verlust von 0,55 ha Waldfläche gehe auf die Anlage des Kolksees zurück und nicht auf betriebsbedingte Bestandsschädigungen. Der hierin liegende Eingriff werde jedoch ausgeglichen. Vögel und Fledermausarten, die ihre Beute in den Baumkronen oder im freien Flug fingen, würden durch Flutungen kaum beeinträchtigt; Vögel, die die Nahrung am Boden oder auf niedrigen Büschen fänden, wären in der ersten Folge einer Flutung möglicherweise positiv, bei längerer Flutung aber unter Umständen auch negativ betroffen. Da sich das Nahrungsangebot aber insgesamt verbessern werde, sei für sämtliche Vögel und Fledermäuse mittel- bis langfristig von einer Verbesserung der Situation auszugehen. Da sich die Bestandsausfälle im Bereich des Waldes nicht flächig auswirkten und überwiegend Jungholzbestände beträfen, die über forstliche Maßnahmen der Durchforstung aufgefangen werden könnten, sei eine Beeinträchtigung des Schutzguts Landschaft nicht gegeben. Vielmehr sei aufgrund der Entstehung einer auentypischen Landschaft mit einer Verbesserung zu rechnen. Sofern die Wirksamkeit einzelner Ausgleichsmaßnahmen bezweifelt werde, sei dies unbegründet. So eigne sich etwa der anzulegende Graben ohne weiteres als Gewässer für die Helm-Azurjungfer. Wichtig sei insoweit die Speisung durch den grundwasserdominierten Rheinseitengraben und die Sicherstellung einer Besonnung des Gewässers. Eine anderweitige „Naturnähe“ sei nicht notwendig; immerhin befinde sich der derzeitige Hauptlebensraum der Libelle in dem intensiv unterhaltenen Rheinseitengraben. Die Kritik am Landschaftspflegerischen Begleitplan lasse sich nicht nachvollziehen. Die dort verwendete dreistufige Bewertung der Maßnahmen ergebe sich unmittelbar aus dem Naturschutzgesetz; eine weitergehende Differenzierung nach Eingriffsintensität sei nicht angebracht. Vielmehr sei der konkrete Ausgleichsbedarf jeweils gesondert zu ermitteln, wobei im Zweifelsfall eine „worst-case-Betrachtung“ vorgenommen worden sei. Bei der Einzelfallbetrachtung habe man die Neuaufschüttung der Dämme allerdings zu Recht nicht der Bodenversiegelung gleichgestellt. Denn abgesehen davon, dass die entsprechenden Flächen bereits zuvor künstlich aufgeschüttet worden seien, sei auf den vorhandenen Deichen und den anzulegenden Querriegeln die Anlage von mittelfristig hochwertigen Magerstandorten vorgesehen. Sofern Boden durch die Anlage eines Kolksees in Anspruch genommen werde, werde der hiermit einhergehende Verlust unmittelbar durch die Schaffung des Gewässers ausgeglichen. Hinsichtlich der Auswirkungen des Betriebs des Polders auf die Waldflächen sei man im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung von einem Sommerhochwasser ausgegangen; damit sei der Probestau vor Inbetriebnahme in jedem Fall abgedeckt. Die Betrachtung der weiteren Entwicklung ergebe dann, dass die Schadenspotentiale aufgrund der waldbaulichen Maßnahmen sukzessive zurückgingen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Schädigung eines Baumes oder das Entstehen einer Bestandslücke zwar forstwirtschaftlich einen Schaden darstellen könne, der dann auf der Basis privatrechtlicher Vereinbarungen abgegolten werde, dass aber ein hierdurch entstehendes Vegetationsmuster von geschlossenen und halbgeschlossenen Waldflächen mit auenartigen Beständen für die Fauna und Flora einen deutlich hochwertigeren Zustand darstelle, als dies gegenwärtig der Fall sei. Wenn weiter davon die Rede sei, dass ein Biotoptyp in einen anderen übergehe, sei hiermit der Übergang der Jungbestände der Ahorn-Eschen-Mischwälder in Eschenmischwälder gemeint. Bei der Bilanzierung der Eingriffe habe man die zeitliche Entwicklung der Ausgleichsmaßnahmen bis zu deren vollen Wirksamwerden über entsprechende Ausgleichsfaktoren berücksichtigt, indem man etwa für die Beeinträchtigung einer Magerwiese eine Entwicklungszeit von zwei bis drei Jahrzehnten angenommen und dementsprechend einen doppelten Ausgleich für notwendig befunden habe. Die Wirkungsprognose hinsichtlich des Bodens und der Vegetation sei nicht zu beanstanden. Die Wasserstufenkartierung sei auf der Grundlage der bestehenden Vegetation unter besonderer Berücksichtigung der Flora in den Senken erstellt worden. Dabei sei festgestellt worden, dass der weit überwiegende Teil der Standorte eine gute Wasserversorgung aufweise und eine detaillierte Betrachtung der Durchwurzelungstiefe nur in solchen Böden erforderlich sei, wo Trockenheit oder dauerhaft hoch anstehendes Grundwasser die Entwicklung der Vegetation beeinflussen könne. Die insoweit von der Klägerin kritisierte Kategorie des „Hauptwurzelraums mit einer Tiefe von 0,3 m“ sei eingeführt worden, um die Bereiche bilanzieren zu können, in denen ein Wasserstandsanstieg bis dicht unter die Bodenoberfläche wirksam werden könne und damit die Vegetation schädige. Der hierbei zugrunde gelegte kapillare Aufstieg von Wasser um 10 bis 30 cm entspreche dem aktuellen Stand der forstlichen Kartierung.
83 
Die von der Klägerin gerügte Abwägung der Gefahr einer sich verschärfenden Schnakenplage mit ihren Folgewirkungen sei nicht fehlerhaft. Man sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Ausbreitung der Schnaken durch die vorgesehenen Bekämpfungsmaßnahmen hinreichend eingedämmt werden könne und dass die Bekämpfung auch nicht zu einer Schädigung des Naturhaushalts führe. Immerhin sei die Klägerin selbst Mitglied der Arbeitsgemeinschaft, die die Bekämpfungsmaßnahmen seit vielen Jahren erfolgreich durchführe.
84 
Auch die Auswirkungen des Vorhabens auf das lokale Kleinklima seien ordnungsgemäß abgeschätzt und abgewogen worden. Die dem eingeholten Gutachten entgegen gehaltenen methodischen und fachlichen Mängel seien nicht gegeben. So werde übersehen, dass die Hochwasserschutzdämme bereits existierten und deshalb die Beschreibung eines Kaltluftsammelbeckens ohne nennenswerte Ausbreitung von Nebel auf die Umgebung einen Ist-Zustand beschreibe, der sich durch den Betrieb des Polders nicht wesentlich ändere. Die Forderung einer Simulationsberechnung sei weder notwendig noch sinnvoll. Die Anwendung regionaler Klimamodelle auf lokale Planungsvorhaben sei nicht möglich. Eine Betrachtung der örtlichen Verhältnisse ergebe jedoch, dass in dem durch Querriegel unterteilten Vorhabengebiet kaum mit lokalen Luftbewegungen zu rechnen sei, sodass die Fixierung eventueller Kaltluft im Polderbecken begünstigt werde. Hinsichtlich des globalen Klimawandels sei darauf hinzuweisen, dass der Betrieb des Rückhalteraums auch bei sich ändernden Rheinabflüssen sichergestellt sei. Auch bei erhöhten Zuflüssen aus der Elz, dem Taubergießen und dem Schutterentlastungskanal könne reagiert werden, da der Zufluss vom Rhein regulierbar und zudem sichergestellt sei, dass über die Auslassbauwerke stets so viel Wasser in den Rhein abfließen könne, wie über die anderen Zuflüsse in diesen hineinfließe.
85 
Die im Übrigen geltend gemachten Abwägungsmängel bestünden ebenfalls nicht. Man habe die Erdbebensicherheit mit sehr großen Sicherheitsreserven berechnet und die Anlage gegen Einwirkungen von außen hinreichend gesichert. Die dennoch verbleibenden Gefahren etwa im Rahmen terroristischer Anschläge gehörten zum allgemeinen Lebensrisiko. Die Folgen des Polderbaus und Betriebs für die Grundstücke und hierauf errichtete Gebäude habe man ebenfalls ausreichend berücksichtigt. Schäden an der Substanz würden durch Schutzmaßnahmen vermieden. Wertminderungen habe man dort, wo sie entschädigungslos hinzunehmen seien, zwar in der Abwägung als privaten Belang berücksichtigt, letztlich aber gegenüber dem Vorhabenzweck zurücktreten lassen. Dies komme dadurch zum Ausdruck, dass die allgemeine Lageverschlechterung in der Abwägung als letztlich nicht abwägungserheblich angesehen worden sei. Die Belange der Landwirtschaft seien insoweit berücksichtigt worden, als tatsächlich auftretende Schäden an Ackerfrüchten grundsätzlich entschädigt würden, dass aber sonst davon ausgegangen werden könne, dass Vernässungen aufgrund des Retentionseinsatzes die Bewirtschaftung im Ergebnis nicht insgesamt unmöglich machen würden. Hinsichtlich der Beeinträchtigung des Naherholungsgebiets sei man zu Recht davon ausgegangen, dass der Rückhalteraum wegen einer Verschlammung nur selten und dann auch nur für kurze Zeiträume nicht betreten werden könne. Die Naherholungsfunktion als solche gehe hiermit nicht verloren, sondern verbessere sich aufgrund der ökologischen Veränderungen sukzessive. Ein Recht, die Vorhabengebiete ständig zu betreten, sei weder der Klägerin für ihre Einwohner noch diesen selbst eingeräumt. Die Absicherung der Schutzbrunnenpumpen über eine zweiseitige ringförmige Einspeisung aus dem Mittelspannungsnetz sei ausreichend. Die Versorgung in anderen Fällen über ein Notstromaggregat habe ihren Grund darin, dass dort eine solche zweiseitige Ringleitung nicht verfügbar gewesen sei. Die gewährleisteten Sicherheitsstandards seien im Ergebnis aber vergleichbar. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe man im Rahmen der Abwägung nicht allein deshalb auf eine Freispülung des Stauraums vor dem Wittenweierer Faschinat verzichtet, weil dieses unter Denkmalschutz stehe. Vielmehr habe man durch eine solche Maßnahme keine angemessene Verbesserung der Sicherheit für den Hochwasserschutz erreichen können, die es gerechtfertigt hätte, auch nur in ein einfaches Kulturdenkmal einzugreifen. Die Gefahr des Verschlusses von Durchlassbauwerken durch Treibholz aus dem Bannwald bestehe nicht. Neben einer intensiven Überwachung der Anlage sei in den folgenden Querriegeln jeweils das leistungsfähigste Durchlassbauwerk doppelt vorgesehen, sodass bei Verschluss eines Durchlassbauwerks eine Reserve in gleicher Größe zur Verfügung stehe. Eine Vernässung der Friedhöfe sei nicht zu erwarten. Das Grundwassermodell sei insoweit tragfähig. Die Wildrückzugsbereiche seien ausreichend bemessen. Im Landschaftspflegerischen Begleitplan seien nur die neu anzulegenden Flächen ausgewiesen; hinzu kämen aber noch die Flächen, die aufgrund der Geländetopografie nicht überschwemmt würden. Die Gefahr der Ablagerung von Schadstoffen in den Flutungsbereichen sei ausführlich untersucht und in ihrer Relevanz auch in der Abwägung berücksichtigt worden.
86 
Das Verfahren ist in der mündlichen Verhandlung ohne förmliche Verbindung gemeinsam mit den weiteren Verfahren 2 K 193/08, 2 K 206/08, 2 K 276/08, 2 K 277/08, 2 K 290/08, 2 K 291/08, 2 K 292/08, 2 K 323/08, 2 K 332/08, 2 K 366/08, 2 K 369/08, 2 K 370/08 und 2 K 393/08 erörtert worden. Im Rahmen dieser Verhandlung haben die Beteiligten ihren Standpunkt insbesondere durch ihre Fachgutachter zum Naturschutz, zum Grundwassermodell, zur Schnakenbekämpfung und zu den kleinklimatologischen Auswirkungen des Vorhabens erläutert und vertieft. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
87 
In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des beklagten Landes erklärt, dass die Entschädigungsregelung für Landwirte (Nr. VIII Ziff. 12 des Planfeststellungsbeschlusses, S. 44) auch die Imkerei umfasse und auch auf solche Schäden bezogen sei, die aus einer unzumutbaren Beeinträchtigung grundrechtlich geschützter Rechtspositionen der klagenden Landwirte entstünden.
88 
Der Kammer lagen neben dem Planfeststellungsbeschluss weitere 37 Aktenordner Antragsunterlagen des Vorhabenträgers, 42 Aktenordner zum Anhörungs- und Erörterungsverfahren und 26 Bände Behördenakten vor. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten in der Verfahrensakte (1 Heft Gerichtsakten, 2 Ordner Klagebegründung mit einem Anlagenordner, 1 Ordner Klageerwiderung) ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
89 
Die Klage ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Sie hat jedoch mit ihrem ersten Hilfsantrag Erfolg, da der Planfeststellungsbeschluss an Fehlern leidet, die zwar nicht von solcher Art und Schwere sind, dass sie die Planung als Ganzes von vornherein infrage stellen, die jedoch eine Fehlerbehebung im Rahmen eines durchzuführenden ergänzenden Verfahrens notwendig machen. Aufgrund des Erfolgs dieses Hilfsantrags war über die weiter hilfsweise gestellten Anträge auf Verpflichtung zur Planergänzung nicht zu entscheiden.
90 
Gliederung
91 
I. Zulässigkeit
92 
1) Zuständigkeit
2) Vorverfahren
3) Klagefrist
4) Klagebefugnis
5) Rechtsschutzbedürfnis
93 
II. Begründetheit
94 
A. Hauptantrag auf Aufhebung
95 
1) Rechtsgrundlage des § 31 Abs. 2 WHG
96 
a) Tatbestand
b) Integriertes Rheinprogramm
c) Ausgleichsregelung für Eigentumsbeschränkungen
97 
2) Verfahren
98 
a) Zuständigkeit
b) Befangenheit
c) Auslegung der Antragsunterlagen
d) Absehen von Raumordnungsverfahren
99 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
bb) Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets als Ziel der Regionalplanung
cc) Partielle Festsetzung eines Regionalen Grünzugs
100 
3) Planrechtfertigung
101 
4) Zwingende Vorgaben des materiellen Rechts
102 
a) Ziele der Raumordnung
b) Deutsch-französische Regierungsvereinbarung vom 6.12.1982
103 
aa) Transformation in nationales Recht
bb) Vereinbarkeit des Polders mit der Vereinbarung
cc) Rügebefugnis der Klägerin
104 
c) Umweltrechtliche Vorgaben
105 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
106 
(1) Enteignungsrechtliche Vorwirkung
(2) Umweltrechtsbehelfsgesetz
(3) Art. 10a RL 85/337/EWG
(3.1) Grundlage und Wortlaut
(3.2) Beschränkbarkeit des Zugangs zum gerichtlichen Verfahren
(3.3) Recht auf objektive Rechtskontrolle in der Begründetheitsprüfung
(3.4) Beschränkung der Kontrolle auf das Umweltrecht
(3.5) Unmittelbare Wirksamkeit der Norm
(3.6) Ablauf der Umsetzungsfrist
(3.7) Klägerin als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit
(3.8) Absehen von Vorabentscheidungsersuchen
107 
bb) Habitatsschutz
108 
(1) Gemeldete und ausgewiesene Schutzgebiete
(2) Rechtliche Voraussetzungen der Verträglichkeitsprüfung
(3) Bestandserfassung und -bewertung
(3.1) Maßstab
(3.2) Absehen von aktuellen Bestandserhebungen
(3.3) Erfassung der geschützten Lebensräume und Arten
(3.4) Erfassung der charakteristischen Arten
(4) Ermittlung der Erheblichkeit eines Eingriffs
(4.1) Maßstab
(4.2) Schmale und Bauchige Windelschnecke
(4.3) Einwendungen im Übrigen
(4.3.1) Methodische Einwendungen
(4.3.2) Konkrete Bewertung der Lebensraumtypen
(4.3.2.1) Lebensraumtyp 91E0 Auwälder
(4.3.2.2) Lebensraumtyp 6510 Magere Flachlandmähwiesen
(4.3.2.3) Lebensraumtyp 6210 Kalk-Magerrasen
(4.3.3) Konkrete Bewertung der Arten
(4.3.3.1) Kleine Flussmuschel
(4.3.3.2) Wespenbussard
(4.3.3.3) Fledermäuse
(4.3.3.4) Rapfen
(4.3.3.5) Mittelspecht
(4.3.3.6) Neuntöter
(4.3.3.7) Eisvogel
(4.3.3.8) Großer Feuerfalter
(4.3.3.9) Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling
(5) Abweichungsentscheidung
(5.1) Entscheidung der Behörde
(5.2) Maßstab
(5.3.1) Kalk-Magerrasen
(5.3.2) Bauchige und Schmale Windelschnecke
(6) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
(7) Präklusion des Rügerechts
(7.1) Anwendbarkeit der Präklusionsregelung
(7.2) Ausreichende Geltendmachung des Belangs im Einwendungsverfahren
(8) Rechtsfolge der fehlerhaften Verträglichkeitsprüfung
109 
cc) Artenschutz
110 
(1) Maßstab
(2) Fehlen der Bestandserhebung und der Prüfung der Zugriffstatbestände
(3) Legalausnahme hinsichtlich der Fortpflanzungs- und Ruhestätten
(3.1) Ermittlung der maßgeblichen Grundlagen
(3.2) Aufrechterhaltung der ökologischen Funktion der Lebensstätte
(3.2.1) Allgemeiner Ansatz
(3.2.2) Einwendungen im Einzelnen
(4) Behördliche Ausnahme von Zugriffsverboten
(4.1) Vorsorgliche Erteilung
(4.2) Zwingende Gründe eines überwiegenden öffentlichen Interesses
(4.3) Alternativen
(4.4) Bewahrung des günstigen Erhaltungszustands
(4.4.1) Naturschutzfachliche Beurteilung
(4.4.2) Einwendungen
(4.5) Ermessensentscheidung
(5) Großer Eichenbock - Untersuchungsdefizit
(6) Arten mit nur nationalem Schutz
111 
dd) Naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsregelung
112 
(1) Vermeidungsgebot
(1.1) Ökologische Flutungen als Vermeidungsmaßnahme
(1.2) Ökologische Flutung als vermeidbare Beeinträchtigung
(1.2.1) Ökologische Flutung als naturschutzrechtlicher Eingriff
(1.2.2) Vermeidbarkeit der Beeinträchtigung
(2) Kompensation der Beeinträchtigung
(2.1) Rechtliche Eignung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme
(2.2) Vorrang von Ausgleichsmaßnahmen
(2.3) Eignung der Ökologischen Flutung als Ersatzmaßnahme
(2.3.1) Zielsetzung der Ökologischen Flutung
(2.3.2) Tatsächliche Eignung der Ökologischen Flutungen
(2.3.3) Fließgeschwindigkeiten
(2.3.4) Erosions- und Sedimentationsprozesse
(2.3.5) Notwendigkeit der Niedrigwasserstände
(2.3.6) Überschreitung der Flutungshöhe von 2,5 m
(3) Bilanzierung des Eingriffs- und Ausgleichs im Übrigen
(3.1) Methodik der Eingriffs- und Ausgleichsbilanz
(3.2) Bestandserhebungen
(3.3) Einzelrügen
113 
d) Wasserrecht
114 
aa) Entgegenstehendes Allgemeinwohl als Planleitsatz
bb) Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung
115 
5. Abwägungsentscheidung
116 
a) Rechtlicher Maßstab
b) Alternativenprüfung
117 
aa) Maßstab
bb) Hartheimer Lösung
cc) Freifließende Elz
118 
c) Örtliche Wasserversorgung
119 
aa) Trinkwasserschutz als Belang der Klägerin
bb) Maßstab der Beurteilung der Gefahren für das Grundwasser
cc) Lage der Wasserschutzgebiete und Beurteilung der Betroffenheit
dd) Methodische Mängel der Beurteilung
120 
(1) Grundwassermodell als Prognosegrundlage
(2) Fehlende Validierung der instationären Eichung
(3) Erheblichkeit des Fehlers für die Prognose
(4) Verlagerung der Prognoseunsicherheit in die Ausführungsplanung?
121 
ee) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
122 
d) Schutz kommunaler Gebäude und Einrichtungen
123 
aa) Abwägungsbelang und Betroffenheit
bb) Abwägung für Gefahren der Gebäude in Allmannsweier und Ottenheim
cc) Folgen des Abwägungsmangels
124 
(1) Erheblichkeit
(2) Fehlende Präklusion
(3) Fehlerfolge
125 
dd) Abwägung der Gefahren für Gebäude in Wittenweier und Nonnenweier
126 
(1) Fehlerhafte Berechnung der Grundwasseranstiege
(2) Betrieb der Schutzbrunnen
(3) Sicherung der Schutzbrunnen vor Stromausfall
127 
e) Abwägung der kommunalen Belange im Übrigen
128 
aa) Eigenwasserversorgung
129 
(1) Zugriff auf Grundwasser mit Trinkwasserqualität
(2) Schutz der Versorgung mit Trinkwasser
(3) Betriebskosten bei Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung
(4) Belastung der öffentlichen Wasserversorgung
130 
bb) Inanspruchnahme von Grundeigentum
cc) Minderung der Grundstücksverkehrswerte
dd) Pachtverträge
ee) Kommunale Planungshoheit
131 
(1) Städtebauliche Gestaltungsmöglichkeiten
(2) Sonstige Entwicklungsmöglichkeiten
132 
ff) Sonstige Belange der Klägerin
133 
(1) Ortsbild und Lärmbelastung der Bürger
(2) Dammbruch
(3) Belastung durch Mücken, Krankheiten oder weitere Schädlinge
(4) Kleinklima
(5) Globaler Klimawandel
(6) Naherholungsfunktion des Elzpfads und der Rheinauen
(7) Denkmalschutz für das Wittenweierer Faschinat
(8) Verschluss von Durchlassbauwerken durch Treibholz
(9) Ablagerung von Schadstoffen in den Flutungsbereichen
(10) Wildverlust durch unzureichende Wildrückzugsgebiete
134 
f) Abwägung der Naturschutzbelange
135 
B. Hilfsantrag auf Rechtswidrigkeitsfeststellung
136 
C. Zweiter Hilfsantrag
137 
III. Nebenentscheidungen
138 
Kosten
139 
Zulassung der Berufung
I.
140 
Die Klage ist zulässig.
141 
1) Zuständigkeit
142 
Das Verwaltungsgericht ist nach § 45 VwGO für die Entscheidung über die Klage zuständig. Die Zuweisung von wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren an den Verwaltungsgerichtshof in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 VwGO beschränkt sich auf Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder Ausbau von Bundeswasserstraßen betreffen. Damit wird nur auf solche Planfeststellungsverfahren Bezug genommen, die auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 WaStrG ergehen und überwiegend der Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraße dienen (Hamb.OVG Beschl. v. 21.09.2000 - 5 E 24/00.P -, NordÖR 2001, 26; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.06.1998 - 8 S 602/98 - VGHBW-Ls 1998, Beilage 9, B 1). Maßnahmen, die der Erfüllung allgemeiner wasserwirtschaftlicher Aufgaben wie der Verbesserung des Hochwasserschutzes dienen, und deshalb - wie der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss - auf der Grundlage des § 31 WHG und des § 63 WG BW ergehen, werden hingegen von der Verweisungsnorm nicht erfasst. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 14e Abs. 1 WaStrG i.V.m. der Anlage 2 zum WaStrG), liegt ebenfalls nicht vor, nachdem die Planfeststellung nicht dem WaStrG unterfällt, und zudem der Rhein in der erwähnten Anlage nicht genannt ist.
143 
2) Vorverfahren
144 
Die Erhebung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss bedurfte nach § 64 Abs. 1 Satz 1 WG BW, §§ 74 Abs.1 Satz 2, 70 LVwVfG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO keiner vorherigen Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.
145 
3) Klagefrist
146 
Die Klage wurde innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die erforderliche Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 64 Abs. 1 Satz 1 WG BW, §§ 74 Abs. 4 Satz 1 und 2, Abs. 5 Satz 3 LVwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Der damit für die Klagefrist maßgebliche Zeitpunkt lag deshalb auf dem ersten Tag nach der zweiwöchigen Auslegung der Ausfertigung des Plans in den betroffenen Gemeinden und der vorherigen öffentlichen Bekanntmachung des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, der Rechtsbehelfsbelehrung und des Hinweises auf die Auslegung im amtlichen Veröffentlichungsblatt und den örtlichen Tageszeitungen. Da die Auslegung am 14.1.2008 begonnen worden war, war dies der 29.1.2008, sodass die Klagefrist nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB am 29.2.2008 endete.
147 
Diese Frist wurde von der Klägerin eingehalten, deren Klage am 1.2.2008 eingegangen ist.
148 
4) Klagebefugnis
149 
Entgegen der - allerdings immer wieder relativierten - Ansicht des Beklagten, kann die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, in ihren Rechten verletzt zu sein. Nach dem vorgetragenen Sachverhalt besteht ohne weiteres die Möglichkeit, dass die Klägerin durch den Planfeststellungsbeschluss in ihren subjektiven öffentlichen Rechten verletzt ist (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1986 - 7 C 29/85 - BVerwGE 75, 285, 290; BVerwG, Urt. v. 10.12.2008 - 9 A 19/08 -, juris).
150 
Eine solche mögliche Rechtsverletzung folgt bereits aus der Betroffenheit der Klägerin als Eigentümerin von Grundstücken, die durch das Vorhaben beeinträchtigt bzw. in Anspruch genommen werden. Zwar kann sich die Klägerin mangels Grundrechtsträgerschaft insoweit anders als private Eigentümer nicht auf den Eigentumsschutz nach Art. 14 GG berufen (BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82, 100 ff; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, 1057 f.). Dennoch ist das Eigentum der Gemeinde in die planerische Abwägung einzustellen, sodass der Klägerin ein subjektiv öffentliches Recht auf hinreichende Berücksichtigung ihrer Eigentümerstellung eingeräumt ist (BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 - 4 A 47/96 -, NVwZ 2000, 560), dessen Verletzung hier jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus kann die Klägerin eine Betroffenheit in subjektiv-öffentlichen Rechten auch insofern geltend machen, als sie sich darauf beruft, dass der planfestgestellte Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung aufgrund der Vernässung von Flächen faktisch wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entziehe (zu diesem Belang vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26/94 -, BVerwGE 100, 388; BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 -, NuR 2008, 502). Vor allem aber kann die Klägerin geltend machen, durch das planfestgestellte Vorhaben in ihrer öffentlichen Trinkwasserversorgung als einer kommunalen Einrichtung der Daseinsvorsorge betroffen zu sein (zur Berücksichtigung dieses Belangs vgl. BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 C 3/98 -, DVBl. 2000, 791, 792). Immerhin besteht nach dem Vortrag der Klägerin die Möglichkeit, dass die Beurteilung der Auswirkungen, die der Betrieb des Rückhaltebeckens auf das Wasserschutzgebiet der Klägerin im Bereich der Ortschaft Ottenheim mit sich bringen kann, fehlerhaft ist, sodass die Abwägung in Bezug auf den Schutz der entsprechenden kommunalen Einrichtung an einer möglichen Fehlgewichtung leidet, die sich - da sie deren tatsächliche Grundlagen betrifft - nicht mehr ohne weiteres im Rahmen des planerischen Gestaltungsspielraums des Beklagten hält.
151 
5) Rechtsschutzbedürfnis
152 
Schließlich besteht für die Klage auch das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass das Landratsamt Ortenaukreis den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 20.12.2007 unter dem 26.05.2010 abgeändert hat, ohne dass die Klägerin diese - sie betreffende - Änderung bislang unter Beachtung des § 91 Abs. 1 VwGO in das hier anhängige Klageverfahren einbezogen hätte. Denn unabhängig von der Frage, ob eine solche Einbeziehung des Änderungsbeschlusses in das anhängige Verfahren noch möglich wäre (zur Klagefrist vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 31/07 -, NVwZ 2010, 63) ist mit der Planänderung eine Erledigung der bisherigen Planfeststellung nur insoweit eingetreten, als dort die Inanspruchnahme verschiedener Grundstücke der Klägerin zur Sanierung der Hochwasserdämme VI und VII von einer bislang nur vorübergehenden in eine dauerhafte abgeändert worden ist (zur erledigenden Ersetzung einer Planfeststellung bei Erlass eines Änderungsbeschlusses vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1991 - 4 C 25/90 -, Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 4). Dies lässt die Belastung der Klägerin durch den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss nicht entfallen, sodass sie weiterhin ein Interesse an der gerichtlichen Aufhebung oder - hilfsweise - der Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit dieser Entscheidung geltend machen kann.
II.
A.
153 
Die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20.12.2007, gegen den die Klägerin rechtzeitig und umfassend Einwendungen erhoben hat, ist nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss beruht auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage, leidet an keinem durchgreifenden Verfahrensfehler und rechtfertigt sich aus den Zielsetzungen des Wasserhaushaltsgesetzes. Zudem ist weder ein Verstoß gegen zwingendes Recht noch ein Fehler in der Abwägung gegeben, der die Klägerin in ihren Rechten verletzt oder von dieser aufgrund spezieller Regelungen unabhängig von einer eigenen Rechtsverletzung gerügt werden kann und der so erheblich ist, dass er die vollständige oder teilweise Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nach sich zöge und nicht mehr vorrangig durch eine Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden könnte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; zur Anwendung des § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG auch auf Verstöße gegen zwingendes Recht vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18/99 -, BVerwGE 112, 144 Rn. 64 und Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NuR 2010, 117 jeweils zu § 17 Abs. 6 c FStrG; Wickel in: Fehling/Kastner, Hk-VerwR, 2. Aufl. 2010, § 75 Rn. 52).
154 
1) Rechtsgrundlage
155 
Der Planfeststellungsbeschluss findet seine Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Wasserhaushaltsgesetzes - WHG - (i.dF. d. Bek. v. 19.08.2002, BGBl. I S. 3245; zul. geänd. d. Art. 2 d. G. v. 10.05.2007, BGBl. I S. 666) i.V.m. § 64 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg - WG - (i.d.F. d. Bek. v. 20.01.2005, GBl. S. 219, 404) und den §§ 72 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg - LVwVfG - (i.d.F. v. 12.04.2005, GBl. S. 350). Maßgeblich ist die Rechtslage, wie sie im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde über die Planfeststellung bestand (BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62/08 -, NUR 2009, 414; Urt. v. 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83, 109 m.w.N.).
156 
Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG bedürfen die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer (Gewässerausbau) sowie Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Diese Planfeststellung richtet sich, da sie ein Vorhaben betrifft, das dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll, gemäß § 64 WG BW nach den allgemeinen Regelungen zur Planfeststellung in den §§ 72 ff LVwVfG.
157 
a) Tatbestand
158 
Der Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens fällt ohne weiteres unter den Begriff des Dammbaus, der den Hochwasserabfluss beeinflusst (vgl. HessVGH, Urt. v. 16.05.1990 -7 UE 2263/86 -, ZfW 1991, 128; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 31 Rn. 34). Dabei begründet das Erfordernis einer Planfeststellung für eine solche Maßnahme nicht nur eine bloße Verfahrensanforderung, sondern enthält gleichzeitig auch die Ermächtigung für die mit einer solchen Planfeststellung nach § 75 Abs. 1 LVwVfG verbundene Regelung der öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse und der nachbarlichen Duldungs- und Abwehransprüche.
159 
b) Integriertes Rheinprogramm
160 
Anders als nach Auffassung der Klägerin steht der Anwendung des § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG i.V.m. § 64 WG BW, §§ 72 ff. LVwVfG als Ermächtigungsgrundlage für die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung dessen Einbindung in das Integrierte Rheinprogramm zum Hochwasserschutz nicht entgegen.
161 
Zwar entsprechen der Bau und Betrieb des planfestgestellten Rückhaltebeckens im Bereich der Elzmündung den Planungen, wie sie in dem Rahmenprogramm I zum Integrierten Rheinprogramm niedergelegt sind. Auch sieht das Integrierte Rheinprogramm für den Bereich von Weil am Rhein bis zur Rheinschanzinsel bei Phillipsburg den Betrieb von insgesamt 13 Rückhaltebecken mit einem Gesamtrückhaltevolumen von 167,3 Mio. m³ vor (vgl. Ministerium für Umwelt Baden-Württemberg (Hrsg.): Rahmenkonzept des Landes Baden-Württemberg zur Umsetzung des Integrierten Rheinprogramms. Integriertes Rheinprogramm, Band 7, 1996). Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Verwirklichung eines einzelnen Teilrückhalteraums wie etwa des Rückhalteraums im Bereich der Elzmündung nur dann erfolgen könnte, wenn die übergeordnete Planung des Hochwasserschutzes für die Rheingebiete unterhalb von Iffezheim im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms ihrerseits durch ein formelles Gesetz beschlossen worden wäre. Denn die Entscheidung über diese übergeordnete Fachplanung betrifft keine für das Gemeinwesen so wesentliche Angelegenheit, dass sie - nach dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts - aus verfassungsrechtlichen Gründen nur durch den Gesetzgeber und nicht mehr durch die Fachplanungsbehörde hätte getroffen werden können.
162 
Wann eine Entscheidung aufgrund ihrer wesentlichen Bedeutung für das Gemeinwesen einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97 -, BVerfGE 98, 218, 251). Neben der Wesentlichkeit einer Regelung für die Verwirklichung der Grundrechte (hierzu BVerfG, Beschl. v. 21.12.1977 - 1 BvL 1/75, 1 BvR 147/75 -, BVerfGE 47, 46, 79 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130, 140), kommen dabei die in Art. 20 Abs. 2 GG als Grundsatz normierte organisatorische und funktionelle Unterscheidung und Trennung der Gewalten (BVerfG, Urt. v. 18.12.1984 - 2 BvE 13/83 -, BVerfGE 68, 1, 86 f.) sowie Kriterien wie die Betroffenheit des Adressatenkreises, die Langfristigkeit insbesondere der finanziellen oder sonstigen Auswirkungen für das Staatsgefüge und das Maß der Konkretisierung offenen Verfassungsrechts zum Tragen (vgl. hierzu Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9, S. 570 f; Erbguth, VerwArch 86 (1995), 327, 340 ff).
163 
Nach diesem Maßstab kommt der Beschlussfassung über das Integrierte Rheinprogramm nicht die Bedeutung zu, die notwendig wäre, um diese aus verfassungsrechtlichen Gründen allein in die Entscheidungskompetenz des Parlaments zu legen.
164 
Das Integrierte Rahmenprogramm bringt als übergeordnete Fachplanung zum Hochwasserschutz am Oberrhein rechtlich keine Belastung des Einzelnen mit sich, die nicht von der Ermächtigung des § 31 WHG zur Planfeststellung der in diesem Programm enthaltenen einzelnen Teilrückhalteräume gedeckt wäre. Weder bildet das Bestehen des Integrierten Rheinprogramms als solches eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung des Polders an der Elzmündung noch bindet es diese Planfeststellung über seine fachplanerischen Vorgaben. Denn das Integrierte Rheinprogramm ist in seinen Festlegungen nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern erlangt aufgrund seines Charakters als einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung rechtliche Verbindlichkeit erst dadurch, dass es in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses seinen Niederschlag findet. Im Ergebnis kommt dem Integrierten Rheinprogramm neben der Fixierung eines beabsichtigten zukünftigen Vorgehens bei der Verwirklichung des Hochwasserschutzes am Oberrhein allenfalls noch der Charakter einer fachlich fundierten Beurteilung der im Rahmen einzelner Projekte notwendigen Rahmenbedingungen zu. Da beiden Vorgaben rechtlich keine Bindungswirkung beigemessen werden kann, stellte sich weder das völlige Fehlen eines solchen Konzepts noch ein konkretes Abweichen von diesem als Grund für die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses dar. Umgekehrt ließe sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den ministeriellen Vorgaben entspricht. Vielmehr kann und muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde zur Verwirklichung eines Hochwasserrückhalteraums stets aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen auch an die Konsistenz eines insgesamt gegebenen Hochwasserschutzes genügen, was vor allem unter dem Gesichtspunkt der Planrechtfertigung und der Abwägung der Alternativen zum Tragen kommt (zur Erforderlich- und Verhältnismäßigkeit einer isoliert nur zu einer geringfügigen Reduzierung eines Hochwasserscheitels führenden Hochwasserschutzmaßnahme vgl. OVG Rh-Pf., Urt. v. 29.07.1999 - 1 C 12916/98 -, NuR 2000, 46, 47).
165 
Weiter lässt sich auch weder aus der allgemeinen Struktur des Fachplanungsrechts noch sonst aus der Kompetenzverteilung zwischen Legislative und Exekutive ein allgemeiner Grundsatz ableiten, dass eine übergeordnete Fachplanung nur durch den Gesetzgeber getroffen werden könnte. Insofern lassen sich die von der Klägerin in Bezug genommenen Regelungen zur gesetzlichen Feststellung des Bedarfs an einer Bundesfernstraße nach § 1 Fernstraßenausbaugesetz (i.d.F. d. Bek. v. 20.1.2005, BGBl. I S. 201) oder an einem Schienenweg nach § 1 Bundesschienenwegeausbaugesetz (i.d.F. d. Art. 6 Abs. 135 Nr. 1 Buchst. a G v. 27.12.1993, BGBl. I S. 2378) nicht verallgemeinern. Vielmehr verbleibt es auch bei übergeordneten Fachplanungen bei dem allgemeinen Grundsatz, dass Planungsentscheidungen wegen ihres finalen Charakters sowohl der Exekutive als auch der Legislative zugeordnet werden können (vgl. hierzu näher BVerfG, Beschl. v. 17.07.1996 - 2 BvF 2/93 -, BVerfGE 95, 1, 15; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 62, Rn. 65). Entsprechend hat der Gesetzgeber in § 31d Abs. 1 Satz 1 WHG (a.F.; ebenso nunmehr aber § 75 WHG i.d.F. v. 31.07.2009, BGBl. I S 2585) die fachplanerische Entscheidung zum Hochwasserschutz an einer Flussgebietseinheit auf die Verwaltung übertragen, die sich hierzu - vorbehaltlich der im Einzelfall durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben begründeten Notwendigkeit einer Regelung mit Außenrechtscharakter - eines rein verwaltungsintern wirkenden Hochwasserschutzplans (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 31d Rn. 7) bzw.- nach neuem Recht - eines Risikomanagementplans (hierzu Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2010, § 75 Rn. 5 i.V.m. § 82 Rn. 10 ff) bedienen kann.
166 
Die Notwendigkeit einer gesetzgeberischen Entscheidung über das Integrierte Rheinprogramm ergibt sich auch nicht aus den sonstigen, über die einzelne Planfeststellung hinausgehenden faktischen Auswirkungen, die mit der Verwirklichung dieses Programmes verbunden sein können. Solche Auswirkungen, die nur in der Gesamtheit der Vorhaben und nicht im Einzelfall eines solchen eine Rolle spielen und deshalb auch nicht Teil der Abwägung des einzelnen Planvorhabens sein können, sind für die Kammer nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Der in einem parallelen Verfahren von den dortigen Klägern erhobene Hinweis auf eine bei einer Verwirklichung des Integrierten Rheinprogramms gegenüber der Verwirklichung der Einzelpolder signifikant erhöhte Gefahr der Ansiedlung und Verbreitung gefährlicher Schädlinge und Krankheitserreger stellt eine bloße Behauptung dar, die in keiner Weise substantiiert ist.
167 
Schließlich kann die Notwendigkeit einer gesetzgeberischen Planungsentscheidung zum Integrierten Rheinprogramm auch nicht aus den von der Klägerin zitierten Urteilen des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 01.06.1995 - 6/95 -, DVBl. 1996, 37 zur Verfassungswidrigkeit der Verordnung über die Verbindlichkeit des Braunkohleplans „Tagebau Jänschwalde“ sowie des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29.04.1997 - 9/95 -, DVBl. 1997, 824 zur Genehmigung des Braunkohleplans „Garzweiler II“ abgeleitet werden. Zwar hat es das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in seiner Entscheidung als „im Lichte der Wesentlichkeitstheorie mindestens fraglich“ angesehen, ob die Inanspruchnahme einer Gebietsoberfläche zum Abbau von Braunkohle dann noch auf der Grundlage einer Rechtsverordnung erfolgen kann, wenn dies zum Verlust der Existenz einer Gemeinde führt und als Frage der Fortführung des Braunkohletagebaus in diesem Gebiet eine erhebliche umweltpolitische Bedeutung hat. Auch hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen die allein verwaltungsintern wirkende landesplanerische Ordnung des Braunkohletagebaus deshalb dem Vorbehalt des Gesetzes unterworfen, weil hiermit eine Entscheidung zur Energieversorgung mit einem einheimischen, allerdings klimapolitisch umstrittenen Energieträger sowie über tiefe Eingriffe in die Lebensverhältnisse der Menschen im Abbaugebiet getroffen würde, die zur Umsiedlung mit dem Verlust ihrer Wohnungen, Arbeitsplätze und Betriebe gezwungen würden. Mit einer solchen Situation ist jedoch weder die Einzelentscheidung über die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung noch das Integrierte Rheinprogramm als einer übergeordneten Fachplanung zum Hochwasserschutz am Oberrhein vergleichbar. Denn unabhängig von der Frage, ob die Erstreckung der „Wesentlichkeitstheorie“ auch durch die Betroffenheit von Gemeinden in ihrem Selbstverwaltungsrecht und ihrer Existenz geprägt sein kann (kritisch insoweit Degenhardt, DVBl. 1996, 773; zustimmend jedoch Erbguth, VerwArch 86 (1995), 327, 341 und 345), steht weder bei der Verwirklichung des Rückhalteraums Elzmündung noch sonst im Zusammenhang mit der Umsetzung des Integrierten Rheinprogramms die Umsiedlung oder eine anderweitig wirkende faktische Existenzvernichtung ganzer Gemeinden im Raum. Auch ist mit den entsprechenden Rechtgrundlagen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Wassergesetzes für Baden-Württemberg eine grundsätzliche Entscheidung zur Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen gerade in der Form von Hochwasserrückhaltebecken getroffen worden.
168 
c) Ausgleichsregelung für Eigentumsbeschränkungen
169 
An einer hinreichenden Rechtsgrundlage für die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung fehlt es entgegen der Auffassung der Klägerin schließlich auch nicht deshalb, weil die für die Entscheidung in Bezug genommenen Normen insbesondere des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine verfassungsrechtlich wirksamen Regelungen zur Entschädigung der mit der Planfeststellung verbundenen Belastungen des Eigentums Dritter außerhalb der Enteignung enthielten. Denn unabhängig davon, dass sich die Klägerin als Kommune nicht auf die Verletzung grundrechtlich geschützten Eigentums berufen kann und das Fehlen einer solchen Ausgleichsregelung auch nicht bereits unter dem Aspekt der notwendigen Ermächtigungsgrundlage für eine Planfeststellung, sondern ausschließlich im Zusammenhang mit der Frage der Verhältnismäßigkeit einer in das Eigentum eingreifenden Maßnahme zu Tragen kommen dürfte, ist eine solche Regelung der Ausgleichspflicht mit der Bestimmung des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwVfG in hinreichendem Maße gegeben.
170 
Die Vorschrift des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwVfG bestimmt, dass die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger Vorkehrungen oder die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen hat, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Diese Regelung zielt zumindest auch darauf, die Belastungen, die mit der Planfeststellung eines Vorhabens und der damit nach § 75 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG verbundenen Duldungspflicht Dritter für deren Eigentum verbunden sind, soweit zu vermeiden, dass diese entweder bereits nicht mehr als Grundrechtseingriff angesehen werden können oder jedenfalls als verhältnismäßige Belastung nicht zu einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts führen (instruktiv hierzu BVerfG, Beschl. v. 20.02.2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, 780, 783; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 17 - 19/84 -, BVerwGE 77, 295).
171 
Dabei erfüllt die Regelung die in diesem Zusammenhang erhobene Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 100, 226 ff), dass eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentums außerhalb der Enteignung zunächst real vermieden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten werden muss und ein finanzieller Ausgleich erst dann vorgesehen werden kann, wenn dies nicht möglich ist. Hinreichend geregelt ist auch die Verpflichtung der Verwaltung, bereits bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung, d.h. bei der Planfeststellung des Vorhabens, auch über den gegebenenfalls erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach zu entscheiden (ebenso Würtenberger, VBlBW 2007, 364, 368).
172 
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Gesetzgeber aber auch die Voraussetzungen und den Umfang des Ausgleichs sonst unverhältnismäßiger Belastungen einer wasserrechtlichen Planfeststellung in hinreichender Weise geregelt. Zwar beschränkt sich die Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG darauf, allgemein für alle Planvorhaben, die in den Anwendungsbereich der Regelung fallen, festzuschreiben, dass „nachteilige Wirkungen auf Rechte anderer“ - bei Untunlichkeit von Schutzvorkehrungen - „angemessen“ ausgeglichen werden müssen, ohne selbst näher zu bestimmen, wann eine solche nachteilige Wirkung gegeben ist. Insofern wird die Frage, wann eine relevante Beeinträchtigung der Rechte Dritter gegeben ist, die dann zuvörderst eine Vermeidungspflicht und erst im zweiten Schritt eine Ausgleichspflicht nach sich zieht, von der Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ausgespart (BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26/93 - BVerwGE 97, 367; Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 17 - 19/84 -, BVerwGE 77, 295; Würtenberger, VBlBW 2007, 364, 370). Dies ist jedoch aus der Sicht der Kammer verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
173 
Die hier bestehende und von der Klägerin unter Hinweis auf die gegenüber den salvatorischen Klauseln zur Inhalts- und Schrankenbestimmung kritische Literatur (Würtenberger, a.a.O., S. 370 m.w.N.) beanstandete Unbestimmtheit der Regelung zum Eintritt der Ausgleichspflicht ist den besonderen Strukturen des Planfeststellungsrechts und der Vielfalt möglicher Auswirkungen gerade wasserrechtlicher Maßnahmen auf Rechte Dritter geschuldet und durch diese gerechtfertigt. Anders als bei der konditionalen Bestimmung von Belastungen des Eigentums unmittelbar durch Gesetz zeichnet sich das Planfeststellungsverfahren dadurch aus, dass der Gesetzgeber der Planfeststellungsbehörde gesetzlich eine Gestaltungsbefugnis und damit die Kompetenz eingeräumt hat, den allgemein bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums erforderlichen Ausgleich zwischen der verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsstellung und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung im Rahmen der planerischen Abwägung selbst vorzunehmen (hierzu BVerfG, Beschl. v. 20.02.2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, 780, 782 f m.w.N.). Somit ist es zunächst der Abwägung durch die Planfeststellungsbehörde überlassen zu bestimmen, welche Auswirkungen des Vorhabens auf Dritte allgemein hinzunehmen sind bzw. ab wann diese Belastungen die Grenze zur Erheblichkeit im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG mit der Folge überschreiten, dass sie vom Vorhabenträger durch entsprechende Vorkehrungen zu vermeiden sind. Hierbei kann der administrative Abwägungsspielraum zum einen durch gesetzliche oder untergesetzliche Bestimmungen zur Schwelle der Zumutbarkeit von Belastungen durch Vorhaben anderer beschränkt sein, wie dies unter dem Eindruck der besonderen staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für das Leben und die körperliche Unversehrtheit insbesondere im Bereich der Immissionen (hierzu etwa §§ 23, 43, 48 BImSchG i.V.m. der 16. und 18. BImSchV sowie der TA-Lärm) geschehen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 193 Rn. 249 ff). Ist dies nicht der Fall, müssen und können die mit einer gerechten Abwägung nicht mehr überwindbaren Zumutbarkeitsgrenzen durch die Zulassungsbehörden und im Streitfall durch die Gerichte geprüft und festgelegt werden, wobei sich die Grenzen nach Maßgabe des Einzelfalls insbesondere aus dem Charakter der Belastung und der Struktur des betroffenen Rechts des Dritten bestimmen.
174 
Soweit über den Vorwurf der mangelnden Bestimmtheit hinaus Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG insoweit vorgetragen werden, als mit dieser „salvatorischen Regelung“ zum finanziellen Ausgleich ansonsten unverhältnismäßiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums oder anderer Grundrechtseingriffe die Budgetverantwortung des Parlaments übergangen würde (Würtenberger, a.a.O., S. 370), wird übersehen, dass die Regelung zur Gewährung einer Entschädigung in § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG - anders als eine Enteignungsentschädigung - keinen Anspruch auf Ausgleich der Vermögensnachteile gewährt, die mit der Belastung des Eigentums in Folge einer Planfeststellung verbunden sind (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 257, Rn. 396; Urt. v. 27.06.2007 - 4 A 2004/05 -, BVerwGE 129, 83, 86 Rn. 12). Vielmehr hat der Anspruch Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, der für den Anspruch Betroffener auf Schutzvorkehrungen die - wie dargestellt - im Einzelnen durch Abwägung zu ermittelnde „nachteilige Wirkung“ des Vorhabens auf die Rechte des Dritten voraussetzt. Nachteilige Folgen, die im Wege der Abwägung überwindbar sind, weil sie die Grenze der Unzumutbarkeit nicht erreichen, bedürfen deshalb nach der gesetzgeberischen Konzeption, keines finanziellen Ausgleichs, auch wenn sie zu einer Wertminderung des Eigentums führen (BVerwG, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 A 7.98 -, NVwZ-RR 1999, 556, 557). Hinzu kommt, dass die Entschädigungspflicht den Vorhabenträger trifft und damit Teil der Kosten des planfestgestellten Vorhabens ist, die, sofern es sich um Vorhaben handelt, die aus dem öffentlichen Haushalt finanziert werden, jeweils gesondert bei der Bewilligung der notwendigen Mittel für dieses der Höhe nach konkretisiert und berücksichtigt werden, womit der Budgetverantwortung des Haushaltsgesetzgebers hinreichend Rechnung getragen ist.
175 
2. Verfahren
176 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem Verfahrensfehler, der zu dessen Aufhebung nötigt.
177 
a) Zuständigkeit
178 
Das Landratsamt Ortenaukreis war - entgegen allerdings der Auffassung der Kläger in den Parallelverfahren 2 K 206/08, 290/08, 323/08 und 369/08 - für die Planfeststellung zuständig.
179 
Die Zuständigkeit des Landratsamts als untere Wasserbehörde ergibt sich aus § 96 Abs. 1 WG BW. Diese Zuständigkeit wird nicht zugunsten der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Freiburg als höherer Wasserbehörde (§ 95 Abs. 3 Nr. 2 WG) verdrängt, die sich nach § 96 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) WG BW daraus ergäbe, dass mit der Planfeststellung auch über das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von mehr als 5 Mio. Kubikmeter Grundwasser im Jahr oder das Entnehmen und Ableiten von mehr als 40.000 Kubikmeter Wasser aus oberirdischen Gewässern je Tag und damit über eine Gewässerbenutzung entschieden worden wäre. Denn mit der Begründung der Zuständigkeit des Landratsamts für die Entscheidung über den Gewässerausbau nach § 31 WHG ist über die - gegenüber der Regelung des § 96 Abs. 2 WG BW speziellere (vgl. auch Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl. Stand: Februar 2010, § 96 Rn. 1) - Regelung des § 64 Abs. 1 Satz 1 WG BW i.V.m. § 75 Abs. 1 LVwVfG eine formelle Konzentrationswirkung des Planfeststellungsverfahrens angeordnet. Diese hat dann zur Folge, dass die Planfeststellungsbehörde auch für den Erlass der Entscheidungen zuständig wird, die - wie die Regelungen zur Gewässerbenutzung - im Hinblick auf das Vorhaben notwendig sind.
180 
b) Befangenheit
181 
Da die Zuständigkeit des Landratsamts rechtmäßig bejaht worden war, scheidet von vornherein auch der - allein auf eine bewusst fehlerhafte Begründung derselben - gestützte Vorwurf der Befangenheit des mit dem Planfeststellungsbeschluss befassten Landrats, der Ersten Landesbeamtin und des Leiters des Amts für Umweltschutz beim Landratsamt Ortenaukreis aus, den die Kläger in den genannten Parallelverfahren erhoben haben.
182 
c) Auslegung der Antragsunterlagen
183 
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet allerdings insofern an einem Verfahrensfehler, als bei der Auslegung der Planunterlagen die mögliche Betroffenheit der Schwanauer Ortsteile Allmannsweier und Ottenheim durch den Grundwasseranstieg bei Hochwasserrückhaltung und Ökologischen Flutungen vernachlässigt worden ist, wie sie sich aus den farblichen Darstellungen der - später während des Verfahrens eingeholten - Modellberechnungen vom 07.03.2006 (Info-Ordner Landratsamt Dezember 2007, Anlage 7.2.6.6.) und vom 04.09.2006 (Info-Ordner Landratsamt Dezember 2007, Anlage A-2 Bl. 0) über den zeitlichen Verlauf der Grundwasserstände bei Hochwasserrückhaltung und bei Ökologischen Flutungen ergeben.
184 
Auszulegen ist nach § 73 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 LVwVfG der Plan, bestehend aus Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Der Planbetroffene soll mit der Auslegung in die Lage versetzt werden, die eigene Betroffenheit zu erkennen und zu prüfen, ob er zur Wahrung seiner Interessen Einwendungen erheben will (BVerwG, Urt. v. 10.11.2004 - 9 A 67/03 -, NVwZ 2006, 591, Urt. v. 08.06.1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339, 344 f.; Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214, 224). Ihre so umschriebene Anstoßfunktion hat die Planauslegung bezogen auf den Aspekt der Betroffenheit der Ortschaften Allmannsweier und Ottenheim ohne die von der Klägerin vermissten Unterlagen nicht erfüllt. Insofern kann auch eine unverständliche Kennzeichnung in Plänen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.8.2006 - 9 VR 5/06 - NVwZ 2006, 1170, 1171) oder aber eine die Betroffenheit fälschlich relativierende Beschreibung tatsächlicher Umstände der Anstoßfunktion entgegenstehen.
185 
So ist in dem - ausgelegten - Erläuterungsbericht zu den Planunterlagen auf Seite 56 Kap. 7.1 als Ergebnis der Grundwasserstandsuntersuchungen bei Hochwassereinsatz und Ökologischen Flutungen mit 60 m³/s ausgeführt worden:
186 
„Im Bereich der Ortslagen Ottenheim und Allmannsweier ist ebenfalls keine Beeinflussung der Grundwasserstandsentwicklung bei Hochwassereinsatz des Rückhalteraums Elzmündung erkennbar. Die in den Grundwasserganglinien erkennbare zusätzliche Wirkung von ökologischen Flutungen mit 60 m³/s auf die Grundwasserentwicklung von Allmannsweier und Ottenheim ist angesichts der Flurabstände grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung.“
187 
Hierdurch wurden die - dem Vorhabenträger bekannten - möglichen Auswirkungen der Ökologischen Flutungen und der Hochwasserrückhaltung in einer Weise relativiert, die bei einem interessierten Betroffenen den Eindruck vermittelt, dass sich die mit der Hochwasserrückhaltung und den Ökologischen Flutungen verbundene Erhöhung des Grundwasserspiegels in den Ortschaften Allmannsweier und Ottenheim aufgrund deren Entfernung und der damit verbundenen höheren Lage nicht auswirken. Er war deshalb bei einer vernünftigen Abwägung der zur Wahrung seiner Belange einzuleitenden Schritte nicht hinreichend veranlasst, - quasi entgegen der fachkundigen Prognose des Vorhabenträgers - eine dennoch möglicherweise gegebene Betroffenheit durch ansteigendes Grundwasser „ins Blaue hinein“ zu behaupten oder aber seinerseits zunächst fachkundig abklären zu lassen (zu einer solchen Pflicht vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 16.11.2006 - 4 KSt 1003/06 - NJW 2007, 453, 454; Beschl. v. 13.03.1992 - 4 B 39.92 -, NVwZ 1993, 268).
188 
Dieser Würdigung steht weder entgegen, dass die Relativierung der Betroffenheit im Erläuterungsbericht enthalten und damit als Einschätzung des Vorhabenträgers erkennbar war, noch wird sie dadurch in Frage gestellt, dass die graphische Darstellung in Anlage 7.26.1 (Blatt 32 und 35) die möglichen Grundwasseranstiege in den Ortschaften von Allmannsweier und Ottenheim in der Form einer Verlaufskurve darstellt. Denn zum einen muss ein verständiger Angehöriger der betroffenen Öffentlichkeit nicht allein deshalb an der Richtigkeit der Darstellung möglicher Auswirkungen eines Vorhabens zweifeln, weil diese - wie regelmäßig - vom Vorhabenträger selbst stammt. Maßgeblich ist vielmehr, in welcher Form diese Darstellung erfolgt. Zum anderen wird ein solcher verständiger Angehöriger der betroffenen Öffentlichkeit im Schwerpunkt immer die textlichen Erläuterungen studieren und nur dann zu weiteren Analysen Veranlassung haben, wenn diese Darstellung entweder auf solche Vertiefungen der Problematik oder darauf hinweist, dass die abgegebene Einschätzung auf einer wertenden Betrachtung ebenfalls ausgelegter Planunterlagen fußt. Schließlich wird die hier gefundene Würdigung der entsprechenden Ausführungen in den Antragsunterlagen als unklare und deshalb die Anstoßfunktion der Auslegung von Planunterlagen verfehlende Darstellung der Betroffenheit von Allmannsweier und Ottenheim auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich im Einwendungsverfahren tatsächlich viele Personen auch aus diesen Ortsteilen beteiligt und dabei dezidiert auf eine befürchtete Belastung durch ansteigendes Grundwasser hingewiesen haben.
189 
Der hiermit gegebene Verfahrensfehler führt gleichwohl nicht zur Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses. Denn auch wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass die fehlerhaft unklare Darstellung der Betroffenheit ihrer Ortsteile Allmannsweier und Ottenheim durch einen zusätzlichen Grundwasseranstieg nicht nur die Interessen der dortigen Hauseigentümer, sondern auch ihre rechtlich geschützten Interessen betraf, hat die Klägerin im Einwendungsverfahren zur Betroffenheit von Allmannsweier und Ottenheim vorgetragen und damit die ihr eingeräumten Verfahrensrechte wahrgenommen. Da so letztlich aus der Sicht der Klägerin der Zweck der Verfahrensbestimmung erreicht worden ist, ist es ihr verwehrt, den Verstoß gegen das Verfahrensrecht als Verletzung ihres subjektiven Rechts zu rügen (BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001/06 -, BVerwGE 127, 95 Rn. 20, 22; Beschl. v. 26.08.1998 - 11 VR 4.98 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 22; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.06.1994 - 10 S 2510/93 -, NVwZ 1995, 292, 293 f; Steinberg/Berg/Wickel, Fachplanungsrecht, 3. Aufl. 2000, § 6 Rn. 29 f, S. 374 f).
190 
Darüber hinaus war der Verfahrensfehler nicht entscheidungserheblich. Insofern kann der Verfahrensfehler des Beklagten unabhängig von der Frage, ob er nach § 45 LVwVfG über die Behandlung der Grundwasseranstiege in Allmannsweier und Ottenheim anlässlich des zweiten Erörterungstermins zum Grundwassermodell am 27.09.2006 geheilt worden oder auch nach § 46 LVwVfG unbeachtlich ist, nur dann zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde ohne den in Rede stehenden Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen hätte. Eine bloß abstrakte Möglichkeit reicht dafür nicht aus (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64/07 -, BVerwGE 134, 308, Rn. 31; Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238, 252). Dies folgt auch aus § 44a VwGO, nach dem ein Verfahrensfehler in der Regel nicht selbständig, sondern nur im Rahmen von Rechtsbehelfen gegen die Sachentscheidung selbst geltend gemacht werden kann (Wickel, in: Fehling/Kastner, Hk-VerwR, 2. Aufl. 2010, § 74 Rn. 258 m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Nach dem damaligen Stand des Planfeststellungsverfahrens, insbesondere den seinerzeit bereits vorliegenden Einwendungen und den Stellungnahmen öffentlicher Träger, ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Beklagten sowohl in Bezug auf das Vorhaben als solches als auch im Hinblick auf mögliche Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Hausgrundstücke in Allmannsweier und Ottenheim oder des dortigen Wasserschutzgebiets anders ausgefallen wäre, wenn die Darstellung der Betroffenheit der Gebiete durch den Grundwasseranstieg hinreichend deutlich ausgefallen und damit möglicherweise noch weitere Einwendungen zu diesem Punkt veranlasst worden wären.
191 
d) Absehen von Raumordnungsverfahren
192 
Ein erheblicher Verfahrensfehler liegt weiter nicht darin, dass auf der Grundlage der Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 6.8.1996 von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für das Rückhaltebecken abgesehen wurde.
193 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
194 
Dies folgt schon daraus, dass die Klägerin trotz ihrer Beteiligung am Plangenehmigungsverfahren und ihrer Stellung als Trägerin öffentlicher Planungshoheit keine Trägerin der Landesplanung oder der Raumordnung ist und somit auch keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf hat, dass im Zuge dieses Genehmigungsverfahrens ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wird (BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001/06 -, BVerwGE 127, 95 Rn. 29; Beschl. v. 21.02.1973 - 4 CB 69.72 - DVBl 1973, 448, 450).
195 
Eine Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Klägerin ist hiermit nicht verbunden. Das Fehlen einer notwendigen Raumordnungsentscheidung führt nämlich allein dazu, dass eine entsprechende Bindungs- und Steuerungswirkung der raumplanerischen Entscheidung nicht eintritt; hiermit ist die Planfeststellungsbehörde nicht nur in der Lage, sondern gleichzeitig auch verpflichtet, die Grundsätze und Erfordernisse der Raumordnung im Rahmen ihrer planerischen Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.02.1973 - 4 CB 69.72 - DVBl 1973, 448, 450 sowie - zum Fehlen eines landesweiten Raumordnungsplans im Bereich der Flächennutzungsplanung - Urt. v. 29.4.2010 - 4 CN 3.08 - juris).
196 
bb) Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets als Ziel der Regionalplanung
197 
Der Verzicht des Beklagten auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ist im Übrigen auch materiell-rechtlich rechtmäßig. Dies gilt sowohl für die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg im Jahre 1996 als auch für die - nach Auffassung der Kammer maßgebliche - Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Planfeststellung des Rückhaltebeckens im Dezember 2007.
198 
Sowohl nach der im August 1996 anwendbaren Vorschrift des § 6a Abs. 3 Nr. 1 ROG i.d.F. v. 28.04.1993 als auch nach der zum Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Dezember 2007 anwendbaren Regelung des § 15 Abs. 2 ROG i.d.F. v. 9.12.2006 i.v.m. § 18 Abs. 4 Nr. 1 LPlG BW i.d.F. vom 10.7.2003 (GBl. 2003, 385) kann von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden, wenn die Planung oder Maßnahme den Zielen der Raumordnung entspricht. Das ist hier der Fall.
199 
Der Regionalplan Südlicher Oberrhein 1995 vom 14.04.1994 weist den Bereich des Rückhaltebeckens an der Elzmündung als Vorrangbereich für Überschwemmungen aus und normiert hierzu unter Ziffer 3.2.5 das raumordnerische Ziel der Freihaltung dieser Bereiche von Nutzungen, die die Überflutung durch Hochwasser, die Hochwasserrückhaltung und den Hochwasserabfluss beeinträchtigen. Dass mit dieser Ausweisung nicht nur das Ziel der Erhaltung bereits bestehender natürlicher Überschwemmungsflächen, sondern gerade die Sicherung der Verwirklichung von Hochwasserrückhalteräumen gemeint ist, ergibt sich nicht nur aus dem verwendeten Begriff der „Hochwasserrückhaltung“, sondern auch aus der Begründung zu dieser Zielsetzung, in welcher darauf verwiesen wird, dass „… die Vorrangbereiche für Überschwemmungen (am Rhein) der Verwirklichung des Integrierten Rheinprogramms (dienen).“
200 
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt der Regionalplan Südlicher Oberrhein die Ziele für die als Vorrangbereich für Überschwemmungen festgelegten Gebiete nicht unter die Einschränkung, dass Maßnahmen der Hochwasserrückhaltung im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms nur mit der gleichzeitigen Regeneration der in Anspruch genommenen Flächen zu vollwertigen Flussauen einhergehen dürfen, was mit der Konzeption des Rückhalteraums an der Elzmündung aufgrund der fehlenden Niedrigwasserstände und der geplanten Querriegel mit Durchlassbauwerken mit den dadurch gegebenen niedrigen Fließgeschwindigkeiten nicht der Fall sei.
201 
Zwar führt der Regionalplan in der Begründung zu den Zielen der Ausweisung von Überschwemmungsgebieten am Rhein nach dem Hinweis auf die Maßnahmen des Integrierten Rheinprogramms aus, dass das Integrierte Rheinprogramm
202 
„…die Wiederherstellung einer Hochwassersicherheit entsprechend dem Zustand vor dem Staustufenbau mit der Schaffung von Voraussetzungen für die Regeneration echter, durch häufige Überflutungen charakterisierter Auebiotope (kombiniert). Die Hochwasserschutzmaßnahmen in der Rheinaue sind also in einer Weise durchzuführen, dass die dortigen teilweise hochklassifizierten regional bedeutsamen Biotope nicht nur erhalten, sondern auf einen vollen Auecharakter hin entwickelt werden (s.a. Plansatz 3.0.5.5).
203 
Demnach sind Bedingungen zu schaffen, die die Wiedereinbürgerung hochwassertoleranter Pflanzen- und Tierarten ermöglichen. Dazu ist es erforderlich, auf stauende Einrichtungen möglichst zu verzichten. Insgesamt ist die Reaktivierung der Rheinaue in ihrer Funktion als Flussaue die grundlegende Voraussetzung für einen umweltverträglichen Hochwasserschutz am Rhein.“
204 
Dieses Begründungselement kann jedoch nicht als eine in der Form einer Zielsetzung der Raumordnung formulierte Beschränkung der Möglichkeiten der Hochwasserrückhaltung im Bereich der Überschwemmungsgebiete verstanden werden. Dies lässt sich unmittelbar aus dem hier ausdrücklich in Bezug genommenen als Grundsatz der Regionalplanung formulierten Plansatz Ziffer 3.0.5.5. ableiten. Denn dieser bindet die Wiederherstellung des vor den Ausbaumaßnahmen bestehenden Hochwasserschutzes am Rhein „so weit wie möglich“ an naturnahe und sich auf natürlichem Wege selbst steuernde Instrumente der Hochwasserrückhaltung. Damit ist hinreichend klargestellt, dass sich die jeweiligen Renaturisierungsmaßnahmen in der Reichweite ihrer möglichen Umsetzung auch an den wasserwirtschaftlichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten zu orientieren haben. Eine Abweichung von dieser Zielsetzung, die die Durchführung eines eigenständigen Raumordnungsverfahrens notwendig machen würde, kann deshalb allein in dem Umstand, dass in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss aus wasserwirtschaftlichen Gründen eine - der Entwicklung der Flächen im Rückhalteraum hin zu einer naturnahen Aue auch nach Auffassung des Beklagten förderliche - Absenkung des Grundwassers ebenso wenig vorgesehen ist wie ein Verzicht auf die Bildung verschiedener Retentionsteilräume, nicht gesehen werden. Dies entspricht sowohl der Einschätzung des Regionalverbands Südlicher Oberrhein, der als Plangeber und Träger der Regionalplanung an dem Planfeststellungsverfahren beteiligt war (vgl. Planfeststellungsbeschluss Nr. 7.4., S. 97 f) als auch der Besonderheit der Regionalplanung als übergeordneter, überörtlicher und zusammenfassender Raumplanung, die typischerweise darauf angelegt ist, unter raumordnerischen Gesichtspunkten Rahmenbedingungen zu schaffen, nicht jedoch eine ortsspezifische Fachplanung vorwegzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, 134, Rn. 64).
205 
cc) Partielle Festsetzung eines Regionalen Grünzugs
206 
Schließlich steht dem Verzicht auf ein Raumordnungsverfahren auch nicht entgegen, dass die Festsetzung der Überschwemmungsgebiete in der Raumnutzungskarte des Regionalplans Südlicher Oberrhein den für das Vorhaben des Polders Elzmündung benötigten Bereich nicht voll umfasst, sondern für die südlichen Flächen des Retentionsraums einen Regionalen Grünzug ausweist, dessen Erhaltung in dem Planleitsatz 3.1.1. ebenfalls als Ziel der Regionalplanung ausgewiesen ist. Denn auch wenn davon auszugehen ist, dass die Festlegung des Regionalen Grünzugs in diesem Bereich aufgrund seiner Deckung mit den Grenzen des Naturschutzgebiets „Taubergießen“ ebenso wie die - diesen Bereich aussparende - Festlegung des Vorranggebiets für Überschwemmungsflächen parzellenscharf erfolgt ist und deshalb in räumlicher Hinsicht keine näheren Konkretisierungen nachfolgender Planungen mehr zulässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.1992 - 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329, 334; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, 138, Rn. 73), so ist die notwendige Entsprechung mit den Zielen der Raumordnung hier dennoch gegeben. Denn der Regionalverband Südlicher Oberrhein hat im Planfeststellungsverfahren klargestellt, dass die Ausweisung des Gebiets als regionaler Grünzug in diesem Bereich ausschließlich der raumplanerischen Absicherung des Naturschutzgebiets Taubergießen dient; die Verordnung für dieses Schutzgebiet sieht die Nutzung als Rückhalteraum für Hochwasser im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms jedoch ausdrücklich vor (vgl. § 3 Satz 2 der Verordnung des Regierungspräsidiums Freiburg über das Naturschutzgebiet „Taubergießen“ vom 08.04.1997, GBl. S. 166).
207 
3) Planrechtfertigung
208 
Die Planfeststellung des Vorhabens für den Hochwasserrückhalteraum im Bereich der Elzmündung findet ihre Rechtfertigung in den Zielsetzungen des Wasserhaushaltsgesetzes. Dieses Vorhaben ist gemessen an dem in §§ 1a Abs. 2, 31 Abs. 2, 31a Abs. 1 und § 31b Abs. 2 Nr. 4 WHG (2002) niedergelegten Ziel des Hochwasserschutzes ohne weiteres vernünftigerweise geboten (zu dieser Anforderung vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 177; Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14/00 -, BVerwGE 114, 364, 372 f).
209 
Dies wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Sofern sie Einwendungen gegen den Standort, die Dimensionierung oder das Gesamtkonzept des Integrierten Rheinprogramms erhebt, stellen diese Gesichtspunkte keine - der vollen Kontrolle durch das Verwaltungsgericht unterliegende (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14/00 -, BVerwGE 114, 364, 372) - Frage der Planrechtfertigung dar, sondern sind Teil der nur eingeschränkt überprüfbaren Abwägungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13/85 -, BVerwGE 75, 214, 238).
210 
4) Zwingende Vorgaben des materiellen Rechts
211 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch in materiell-rechtlicher Hinsicht an keinem Fehler, der die vollständige oder teilweise Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nach sich zieht.
212 
a) Ziele der Raumordnung
213 
Die Planfeststellung des Vorhabens widerspricht nicht den in dem Regionalplan Südlicher Oberrhein 1995 festgelegten Zielen der Raumordnung, die nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ROG (i.d.F. v. 18.08.1997) bei Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen, ungeachtet fachgesetzlicher Raumordnungsklauseln unmittelbar verbindlich sind (hierzu BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 137 ff, Rn. 71 ff; OVG NRW, Urt. v. 03.12.2009 - 20 A 628/05 -, ZfB 2010, 5). Auf die Ausführungen oben unter II A 2 d) bb) bis cc) wird Bezug genommen.
214 
b) Deutsch-französische Regierungsvereinbarung vom 6.12.1982
215 
Ein Verstoß gegen zwingende Normen des materiellen Rechts ist auch nicht deshalb gegeben, weil der Planfeststellungsbeschluss einen Hochwasserrückhalteraum betrifft, der als solcher in der deutsch-französischen Regierungsvereinbarung vom 06.12.1982 zur Änderung und Ergänzung der Zusatzvereinbarung vom 16.07.1975 zum Vertrag vom 04.07.1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg (Bek. v. 23.3.1984; BGBl. 1984 II S. 268) nicht genannt ist.
216 
aa) Transformation in nationales Recht
217 
Ein Verstoß gegen die Regelungen in dieser Zusatzvereinbarung scheidet bereits deshalb aus, weil es sich hierbei um eine völkerrechtliche Vereinbarung handelt, die gegenüber der Beklagten nur dann Bindungswirkung entfaltete, wenn sie in innerstaatliches Recht transformiert worden wäre. Eine solche Transformation liegt jedoch in Bezug auf die Verpflichtung zu oder die Beschränkung auf bestimmte Hochwasserschutzmaßnahmen nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn man in der bloßen Bekanntmachung des Inkrafttretens der Zusatzvereinbarung und ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt eine Transformation durch den für die Umsetzung eines Verwaltungsabkommens zuständigen Bundesminister für Verkehr nach § 59 Abs. 2 Satz 2 GG sehen oder mit dem Beklagten eine Zustimmung des Deutschen Bundestages zu diesem Regierungsabkommen unterstellen würde. Denn durch solche Umsetzungsakte wären die in der Regierungsvereinbarung getroffenen Regelungen nur insoweit wirksamer Bestandteil des Bundesrechts geworden, als dem Bund die Gesetzgebungs- oder Verwaltungskompetenz für die materiellen Regelungen zusteht. Dies ist jedoch für den Bereich der Schaffung oder die Beschränkung von konkreten Hochwasserrückhalteräumen nicht der Fall (vgl. zur Umsetzung völkerrechtlicher Verträge: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz Bd. II, 5. Aufl. 2005, Art. 59 Rn. 42; Nettesheim in Maunz-Dürig, Grundgesetz Bd. IV, Stand: Mai 2009, Art. 32 Rn. 71). Für die Umsetzung des Völkervertragsrechts in innerstaatliches Recht gelten ausschließlich die Regelungen in Art. 70 ff. GG bzw. - soweit es (wie hier in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung des Hochwasserschutzes und die Gewässerbewirtschaftung) um Regelungen zur Ausführung von Gesetzen geht - in den Artikeln 83 ff GG. Soweit die Gesetzgebungszuständigkeit bei den Ländern liegt, ist dem Bund der gesetzgeberische Zugriff auf die betreffende Materie auch im Rahmen der Transformation von zulässigerweise abgeschlossenen völkerrechtlichen Vereinbarungen von Verfassungs wegen verwehrt (BVerfG, Urt. v. 26.03.1957 - 2 BvG 1/55 - BVerfGE 6, 309, juris Rn. 196 und 223; Uhle in Maunz-Dürig, a.a.O., Art. 70 Rn. 151); gleiches gilt für die Regelungen zur Ausführung der völkervertraglichen Verpflichtungen.
218 
Sollte es auf der Länderebene in den hier wesentlichen Teilen zur Umsetzung des Hochwasserschutzes am Oberrhein zu einer Transformation dadurch gekommen sein, dass entsprechende Umsetzungen auf der Ebene des ministeriellen Vollzugs vorgenommen worden sind, wäre damit eine Bindungswirkung für die Abwägung im Planfeststellungsverfahren ebenfalls nicht eingetreten. Denn völkerrechtlichen Vereinbarungen kommt im Falle ihrer Transformation immer nur der Rang in der Normenhierarchie zu, die der Umsetzungsakt selbst hat, sodass eine - unterstellt - ministerielle Umsetzung ohne Außenrechtscharakter der Regelung allein die Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften zugemessen hätte.
219 
bb) Vereinbarkeit des Polders mit der Vereinbarung
220 
Ein Verstoß gegen die Änderungsvereinbarung vom 06.12.1982 zur Zusatzvereinbarung zum deutsch-französischen Vertrag über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg scheidet aber vor allem auch deshalb aus, weil die Verwirklichung eines Hochwasserrückhalteraums im Bereich der Elzmündung mit den Regelungen dieser Änderungsvereinbarung zur Hochwasserrückhaltung nicht im Widerspruch steht.
221 
Nach dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 und 2 der Vereinbarung sollen die „auf der Grundlage des Schlussberichts der Hochwasser-Studienkommission … erforderlichen Maßnahmen, um unterhalb der Staustufe Iffezheim den vor dem Ausbau des Oberrheins vorhandenen Hochwasserschutz wiederherzustellen, … aus dem Sonderbetrieb der Rheinkraftwerke zwischen Kembs und Straßburg, den Kulturwehren bei Rhein-km 220,5, Breisach und Kehl/Straßburg mit den Poldern Altenheim, dem Polder Erstein und Moder, dem Polder Söllingen und weiteren Poldern unterhalb der deutsch-französischen Grenze mit etwa 30 Mio. m³ Retentionsvolumen (bestehen)“. Sollte sich bei der Planung die Notwendigkeit ergeben, „Polder durch andere zu ersetzen oder weitere Retentionsräume herzustellen“, um das Ziel des Hochwasserschutzes für den Bereich unterhalb der Staustufe Iffezheim zu erreichen, ist in Abs. 3 vorgesehen, dass sich „die Vertragsparteien zu gegebener Zeit über den Bau eines oder mehrerer der folgenden Retentionsräume einigen: Polder Greifstett, Greffern; Wehr bei Rhein-km 211,5.“
222 
Mit diesen Regelungen ist jedoch grundsätzlich keine Beschränkung zur Verwirklichung anderer, nicht genannter Hochwasserschutzmaßnahmen verbunden. Denn die in der Änderungsvereinbarung vorgesehenen Hochwasserschutzmaßnahmen stellen die Maßnahmen dar, die nach Art. 9 Abs. 1 des Vertrags vom 04.07.1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg (BGBl. II, 726 ff) möglichst bald auf der Grundlage der Arbeitsergebnisse der Hochwasser-Studienkommission bestimmt werden sollten. Damit bleiben diese Maßnahmen immer dem übergeordneten Vertragsziel unterworfen, das von der Hochwasserstudienkommission vorgeschlagene Ziel der effektiven Abführung der Hochwasserspitzen eines bis zu 200-jährlichen Hochwasserereignisses zu erreichen. Dies entspricht auch der Auslegung des Vertrags durch die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags vom 04.07.1969 gebildete Ständige Kommission, die nach Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 dieses Vertrags die Anwendung des Vertrags zu verfolgen hat und deren Praxis für das Verständnis der Vertragsregelungen deshalb ein besonderes Gewicht zukommt (vgl. Art. 31 Abs. 3 lit. b der Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23.05.1969, BGBl. 1985 II, 927, der hier als Teil des Völkergewohnheitsrechts bereits vor dem Inkrafttreten der Konvention anwendbar war). Denn diese Kommission hat ausweislich der vorgelegten Niederschrift über ihre 42. Sitzung am 29. und 30. September 1994 in Saint Malo beschlossen, dass das Rahmenkonzept des Integrierten Rheinprogramms (mit der Verwirklichung des Polders Elzmündung) erforderlich ist, „um das in Artikel 7 Abs. 1 des Vertrages von 1982 festgelegte Ziel zu erreichen“ und „die Änderung des Wortlauts von Art. 7 Abs. 3 des Vertrags von 1969 (gemeint ist offensichtlich: 1982) durch Aufzählung der verschiedenen Maßnahmen, insbesondere der notwendigen ergänzenden Maßnahmen nicht erforderlich (ist)“.
223 
cc) Rügebefugnis der Klägerin
224 
Schließlich steht einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Vorgaben in der Änderungsvereinbarung vom 06.12.1982 zur Zusatzvereinbarung zum deutsch-französischen Vertrag über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg auch entgegen, dass deren Bestimmungen nicht zumindest auch dem Schutz der Interessen der Klägerin bestimmt sind.
225 
c) Umweltrechtliche Vorgaben
226 
Der Planfeststellungsbeschluss verstößt weiter nicht in einer Weise gegen zwingende Normen des materiellen Umweltrechts, dass er deshalb auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin aufgehoben werden müsste. Zwar kann die Klägerin - entgegen der Rechtslage nach nationalem Recht - die Verletzung von zwingenden Normen des Umweltrechts rügen, dennoch ist ein für den Erfolg der Anfechtungsklage notwendiger qualifizierter Rechtsverstoß nicht gegeben. Dies gilt für die Beachtung der Regelungen zum Schutz der FFH- und der europäischen Vogelschutzgebiete und zum Artenschutz, aber auch für die naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsregelung der §§ 18 f Bundesnaturschutzgesetz (v. 25.03.2002 in der Fassung d. Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes v. 12.12.2007 BGBl. I S. 2873) - BNatSchG (2007) - und der §§ 20 f NatSchG BW.
227 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
228 
Die Klägerin kann sich in diesem Verfahren grundsätzlich auf die Verletzung von Normen des Umweltrechts berufen.
229 
(1) Enteignungsrechtliche Vorwirkung
230 
Zwar bindet die Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Erfolg einer Anfechtungsklage nicht nur an die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern zusätzlich auch an die Verletzung der Klägerin in ihren subjektiven Rechten. Da die Vorschriften des Natur- und Umweltschutzes nicht auf Belange bezogen sind, deren Wahrung der Klägerin als eigene Rechte zugewiesen sind, kann sie nach dieser Regelung den Planfeststellungsbeschluss nicht erfolgreich mit der Begründung angreifen, diese öffentlichen Belange seien nicht beachtet oder nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden (BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 -, NuR 2008, 502). Dies gilt, obwohl die Klägerin von dem Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen ist. Denn der einem Privaten in diesen Fällen unter dem Vorbehalt der Kausalität zwischen der Inanspruchnahme des Grundstückes und der möglichen Rechtswidrigkeit eingeräumte Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses insbesondere auch auf Überprüfung in Bezug auf öffentliche, nicht seinem Schutz dienende Belange, beruht darauf, dass Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässt und damit eine dem objektiven Recht nicht entsprechende Enteignung ausschließt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.2009 - 1 BvR 2187/07 -, NVwZ 2009, 1283, 1284; Urt. v. 27.10.19999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106, 122f; BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308). Dieser Schutz kommt der Klägerin als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts jedoch nicht zu, da sie nicht Grundrechtsträgerin ist und sich damit nicht auf Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG berufen kann (BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82, 100 ff; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, 1057 f.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin einen einfachrechtlichen Eigentumsschutz genießt. Zwar kann auch eine einfachgesetzliche Festlegung entsprechender Enteignungsvoraussetzungen dazu führen, dass sich eine Gemeinde zum Schutz gegen die Entziehung ihres Eigentums auf das Fehlen der Gründe des Allgemeinwohls und damit auf die Nichtbeachtung von objektiven Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Planfeststellung berufen kann (vgl. etwa zu § 35 BBergG BVerwG, Urt. v. 20.11.2008 - 7 C 10/08 , BVerwGE 132, 261 Rn. 23 ff; m.w.N.; für § 28 Abs. 2 LuftVG offengelassen in BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 ff; Rn. 495). Eine solche auch das Eigentum der öffentlichen Hand privilegierende Bestimmung ist in § 65 Abs. 1 WG BW jedoch nicht enthalten. Sofern diese Regelung die Enteignung zum Zwecke der Verwirklichung planfeststellungsbedürftiger Vorhaben nur zulässt, wenn diese „dem Wohle der Allgemeinheit dienen“, wird hiermit nach Auffassung der Kammer allein auf die Regelung des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG Bezug genommen und keine über den dort bestimmten grundrechtlichen Schutz des Eigentums hinausgehende einfachgesetzliche Bindung der Enteignung an die Beachtung aller objektiver Rechtmäßigkeitsanforderungen bestimmt, von der dann auch Eigentümer profitieren, deren Eigentum nicht am Grundrechtsschutz teilhat. Schließlich folgt auch aus Art. 28 Abs. 2 GG kein Recht auf umfassende Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses unter allen rechtlichen Gesichtspunkten (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 12/99 -, NVwZ 2001, 1160, 1161; wiederum offen gelassen in BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 ff, Rn. 495).
231 
(2) Umweltrechtsbehelfsgesetz
232 
Weiter kann die Klägerin ein Rügerecht in Bezug auf Vorschriften des Naturschutz- und Umweltrechts auch nicht aus dem Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG - Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz vom 07.12.2006 (BGBl. I S. 2816; zul. geänd. d. Art. 15 d. G v. 31.07.2009, BGBl. I S. 2585) - UmwRG - ableiten. Zwar ist dieses Gesetz gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit a UmwRG auf ein Vorhaben wie die Planfeststellung des Hochwasserrückhalteraums Elzmündung grundsätzlich anwendbar, da dieses Vorhaben nach §§ 3 Abs. 1, 3c Abs. 1, 3d UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 13.6.2; § 1 Abs. 1 LUVPG i.v.m. Anlage 1.6. nach einer entsprechenden Vorprüfung der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterlag. Allerdings wird die Klägerin - mit Ausnahme der Norm des § 4 Abs. 3 und 1 - durch die Regelungen des UmwRG nicht zur Rüge der Verletzung von umweltrechtlichen Vorschriften berechtigt. Vielmehr ist der Anwendungsbereich des Gesetzes auf die Einlegung von Rechtsbehelfen durch anerkannte inländische und ausländische (Umwelt-)Vereinigungen (§ 2 UmwRG) und die Rügefähigkeit der Verletzung von Verfahrensvorschriften in Bezug auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 4 UmwRG) beschränkt.
233 
(3) Art. 10a RL 85/337/EWG
234 
Ein Rügerecht der Klägerin in Bezug auf die Verletzung materiellen Umweltrechts ergibt sich jedoch unmittelbar aus der Regelung des Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - UVP-RL - (ABl. L 175 v. 05.07.1985, S. 40).
235 
(3.1) Grundlage und Wortlaut
236 
Die Regelung des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG geht auf Art. 9 Abs. 2 des UN-Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) zurück und wurde über Art. 3 Nr. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 v. 25.06.2003 S.17) in die UVP-Richtlinie eingefügt. Die Vorschrift ist wie folgt formuliert:
237 
"Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
238 
a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
239 
b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
240 
Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten …
241 
Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten zu gewähren."
242 
(3.2) Beschränkbarkeit des Zugangs zum gerichtlichen Verfahren
243 
Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten bei ihrer Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen die der Richtlinie unterfallenden UVP-pflichtigen Vorhaben zwar den Zugang zum gerichtlichen Verfahren von dem Erfordernis eines ausreichenden Interesses oder der Geltendmachung der (möglichen) Verletzung eigener Rechte abhängig machen können, sodass die prozessuale Zulässigkeitsvoraussetzung für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen in § 42 Abs. 2 VwGO und für Normenkontrollverfahren in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von den Anforderungen dieser Richtlinie ohne weiteres gedeckt sind.
244 
(3.3) Recht auf objektive Rechtskontrolle in der Begründetheitsprüfung
245 
Allerdings ist eine - im Zugang zu den Gerichten so beschränkbare - Klage eines Mitglieds der betroffenen Öffentlichkeit dann, wenn sie zulässig erhoben ist, anders als nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der Begründetheitsprüfung nicht mehr auf das Vorliegen der geltend gemachten Rechtsverletzung und damit auf Verstöße gegen subjektiv-öffentliche Rechte (Einzelner) begründende Vorschriften beschränkt, sondern auf eine objektive Rechtskontrolle durch die Gerichte gerichtet (vgl. OVG Schl.-Holst., Urt. v. 12.03.2009 - 1 KN 12/08 -, NuR 2009, 498; Berkemann, NordÖR 2009, 336; Bunge, ZUR 2010, 20; Gatz, DVBl. 2009, 737, 747 f., Halama, in: Berkemann/Halama, a.a.O., Rn. 330, S. 768; Ekardt, NVwZ 2006, 55; ders., NuR 2006, 221, 224; Nebelsieck/Schrotz, ZUR 2006, 122, 127 FN 81; Schwanenflug, NVwZ 2007, 1351, 1355; dies/Strohmayr, NVwZ 2006, 395, 399; vorsichtig auch OVG NRW, Beschl. v. 05.03.2009 - 8 D 58/08.AK -, NVwZ 2009, 987, 990 f.).
246 
Diese Auslegung ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG, der es den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit ermöglichen soll, „die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit" der von der Richtlinie erfassten Entscheidungen anzufechten. Denn hiermit ist die durch die Mitgliedstaaten zu gewährleistende Möglichkeit der Anfechtung der UVP-pflichtigen „Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen“ allgemein auf die „materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ bezogen, ohne nochmals - wie im Zusammenhang mit der Regelung des Zugangs zum gerichtlichen Verfahren - die Notwendigkeit der Verletzung eigener Rechte zu fordern.
247 
Dabei wird diese Auslegung auch durch den Zweck der Gewährung des Zugangs der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren gestützt. Dieser besteht nach dem 18. Erwägungsgrund zur Aarhus-Konvention darin, „dass die Öffentlichkeit, einschließlich Organisationen, Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen haben soll, damit ihre berechtigten Interessen geschützt werden und das Recht durchgesetzt wird”. Gerade aus diesem Nebeneinander zwischen den „berechtigten Interessen“ und dem „Recht“ muss abgeleitet werden, dass die Durchsetzung des „Rechts“ als im Sinne der Durchsetzung des „objektiven Rechts” zu verstehen ist. Dem entspricht auch die generelle Stoßrichtung der Aarhus-Konvention, die mit ihren drei Säulen der Informationsrechte, der Beteiligungsrechte und des Rechts auf Gerichtszugang für einzelne und Nichtregierungsorganisationen eine Mobilisierung der Bürger als Einzelne und als betroffene Öffentlichkeit zur Durchsetzung des Umweltrechts erreichen will (Koch, NVwZ 2007, 369, 379; Ekardt, a.a.O., S. 55 und 224). Für die Richtlinie 2003/35/EG, die mit der Ergänzung der UVP-RL 85/337/EWG durch den neuen Art. 10a die Aarhus-Konvention vollständig umsetzen will, gilt nichts anderes. Denn auch diese Richtlinie zielt wesentlich auf eine Mobilisierung der betroffenen Öffentlichkeit als ein Instrument der dezentralen Vollzugskontrolle des Umweltrechts (zur Zwecksetzung vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 in der Rechtssache C- 263/07 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening > Rn. 59). Die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, zu denen neben den unter dem Gesichtspunkt der Sachwalterschaft für die Umwelt anerkannten Umweltschutzorganisationen vor allem diejenigen natürlichen und juristischen Personen gehören, die durch die Genehmigung selbst betroffen werden, sollen im Verwaltungsverfahren zur Förderung des Sachverstands und der Akzeptanz die Möglichkeit einer weitgehenden Beteiligung erhalten; im Gerichtsverfahren hingegen soll es darum gehen, über die Einschaltung der betroffenen Öffentlichkeit eine wirksame Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu sichern, wobei auch hier gerade der gegebenenfalls kritische Sachverstand der Beteiligten zu den Umweltfragen zum Tragen kommen soll (vgl. EuGH, Urt. v. 15.10.2009 Rs. C-263/08 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >, NVwZ 2009, 773, Rn. 38, 45; Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 in der Rechtssache C- 263/07 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >, Rn. 62 ff, 80).
248 
Dieser Zweck der Mobilisierung der betroffenen Öffentlichkeit zur besseren Durchsetzung des Umweltrechts steht gleichzeitig der gegenteiligen Auffassung entgegen, die aus der Bezugnahme in Art. 10a Satz 1 UVP-RL 85/337/EWG sowohl auf das Erfordernis eines ausreichenden Interesses als auch - alternativ - auf die nach nationalem Recht verwaltungsprozessual erforderliche Geltendmachung einer Rechtsverletzung schließt, dass es der nationalen Rechtsordnung mit ihrem § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO überlassen worden sei, den Umfang der materiell-rechtlichen und der verfahrensrechtlichen Überprüfung einer Entscheidung über UVP-pflichtige Vorhaben zu bestimmen (so etwa Dolde, NVwZ 2006, 857, 861; von Danwitz, NVwZ 2004, 272, 276; Schrödter, NVwZ 2009, 157, 158; Ogorek, NVwZ 2010, 401, 404; mit Blick auf die Gemeinschaftsrechtskonformität der deutschen Rechtslage vorsichtig optimistisch auch Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; offen hingegen Hess.VGH, Urt. v. 16.9.2009 - 6 C 1005/08.T -, ZUR 2010, 46). Denn die dem § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechende restriktive Interpretation der mit Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG neu eingefügten Klagerechte führt - mit Ausnahme der in § 4 UmwRG sichergestellten Überprüfbarkeit des Erfordernisses einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer entsprechenden Vorprüfung - in keiner Weise zu der bezweckten verbesserten Möglichkeit einer Überprüfung des materiellen Umweltrechts, da dieses dem Einzelnen grundsätzlich kein einklagbares subjektives Recht gewährt (Ewer, NVwZ 2007, 267). Hinzu kommt, dass die Voraussetzung der Geltendmachung eines ausreichenden Interesses oder der Geltendmachung einer Beeinträchtigung eines Rechts in Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG in dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG vom 18.01.2001, KOM (2000) 839 noch nicht enthalten war, sondern erst aufgrund der Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 23.10.2001 (ABl. v. 09.05.2002, C 112E/125, Nr. 31) und des Gemeinsamen Standpunkts des Rates vom 25.04.2002 (ABl. v. 16.07.2002 C 170E/22, Nr. 21) in den Richtlinientext eingefügt wurde, nachdem der Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme vom 30.05.2001 (ABl. v. 07.08.2001, C 221/65, Nr. 2.7 und 2.7.1.) auf die Notwendigkeit einer Harmonisierung der in den Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelten „Modalitäten und Bedingungen für den Zugang zu den Gerichten in Umweltangelegenheiten zur Anfechtung von behördlichen Entscheidungen“ hingewiesen hatte. Da hierbei die - auf eine differenzierte Beschränkung des Rechtsschutzes auch im Rahmen der Begründetheitsprüfung zielende - Anregung des Wirtschafts- und Sozialausschusses, zur Beschränkung der Anfechtbarkeit der materiellrechtlichen Rechtmäßigkeit des Verfahrens und zur Erstreckung der Möglichkeit der Anfechtung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit der Entscheidung (allein) auf denjenigen, „der bestimmte, gesetzlich anerkannte Rechte zu schützen hat“, gerade nicht aufgegriffen wurden, kann auch aus der Gesetzgebungsgeschichte nicht abgeleitet werden, dass mit der möglichen Beschränkung des Zugangs zu den Gerichten auch das System der Beschränkung der Begründetheitsprüfung auf die Verletzung subjektiver Rechte eines Klägers übernommen oder anerkannt werden sollte. Gegen eine solche Anerkennung spricht ferner auch, dass in diesen Fällen die Beschränkung des gerichtlichen Rechtsschutzes allein auf subjektive Rechte weit über das alternativ neben diesem (deutschen) System stehende Konzept des (französischen) Interessenklagemodells hinausgehen würde, welches die Notwendigkeit eines „ausreichenden Interesses“ allein als Zugangsvoraussetzung zur dann am objektiven Recht orientierten gerichtlichen Prüfung erfordert (zum französischen Modell vgl. etwa Woehrling, NVwZ 1999, 502, 503; allg. Peiser, Contentieux administratif, 8. éd. 1993, 2ème partie, titre II, chapitre 1, sec. 2, § 2, S. 139 ff). Letztlich würde damit ein Nebeneinander des auch in der Begründetheitsprüfung auf die Geltendmachung subjektiver Rechte beschränkten Rechtsschutzes und des allein auf den Zugang zum Gericht bezogenen Interessenklagemodells dem Zweck der Regelungen zum gerichtlichen Rechtsschutz zuwiderlaufen, neben der effektiven Umsetzung des Systems der Umweltverträglichkeitsprüfung den gleichmäßigen Vollzug des Umweltrechts und damit auch die gemeinschaftsweite Erfüllung der Aarhus-Konvention sicherzustellen (zu diesem Zweck vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 in der Rechtssache C- 263/07 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening > Rn. 78, 80).
249 
Die in Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG enthaltene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Normen des Umweltrechts im Rahmen einer zulässig erhobenen Klage gegen ein UVP-pflichtiges Vorhaben vollumfänglich zur gerichtlichen Kontrolle zu stellen, beschränkt die im Gemeinschaftsrecht grundsätzlich anerkannte Autonomie der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihres Gerichtsverfahrens (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 14.12.1995 - Rs. C-430/93 -, Slg. 1995, I-4705 < Van Schindel >; Urt. v. 11.09.2003, - Rs. C-13/01- , Slg. 2003, I-8679, Rn. 49 < Safalero >; Urt. v. 07.070.2007 - Rs. C-222/05 -, Slg. 2007 I-4233 < van der Weerd >). Diese Beschränkung findet jedoch ihre Rechtfertigung in der Notwendigkeit der Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtung der Europäischen Gemeinschaft aus der Aarhus-Konvention sowie in dem Bestreben des effektiven Vollzugs des Gemeinschaftsrechts. Dabei stellt die Zulassung einer unbeschränkten objektiven Rechtskontrolle das überkommene System des Individualrechtsschutzes mit seiner grundsätzlichen Beschränkung auf die Verletzung eines subjektiven Rechts nicht in einem unverhältnismäßig weiten Maße in Frage. Denn die Bundesrepublik Deutschland ist als Unterzeichner der Aarhus-Konvention zum einen völkerrechtlich zu einer entsprechenden Anpassung des Rechtsschutzsystems verpflichtet; zum anderen ist auch der Verwaltungsgerichtsordnung - wie die Regelung des § 47 VwGO zur Normenkontrollklage zeigt - das System der objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle nicht fremd.
250 
(3.4) Beschränkung der Kontrolle auf das Umweltrecht
251 
Gewährt die Regelung des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit in Bezug auf Vorhaben, die der UVP-Pflicht unterliegen, im Rahmen einer zulässigen Klage das Recht auf eine - vom Bestehen eines subjektiven Rechts unabhängige - gerichtliche Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit des Vorhabens, ist dieses Recht allerdings auf die Prüfung der Normen beschränkt, die dem Umweltrecht zugeordnet werden können. Dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede und ergibt sich daraus, dass die Richtlinie 2003/35/EG auf der Grundlage des Art. 175 Abs. 1 i.V.m. Art. 174 Abs. 1 EGV erlassen wurde; mit der Regelung des Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG sollen deshalb ausschließlich umweltpolitische Zielsetzungen verfolgt werden. Letzteres gilt auch für die Aarhus-Konvention, für die dies bereits in der Überschrift und in Art. 1 zum Ausdruck kommt (hierzu Alleweldt, DÖV 2006, 621, 626; Gellermann, NVwZ 2006, 7, 9; Louis, NuR 2004, 287, 290; Berkemann, in: Berkemann/Halama, Handbuch zum Recht der Bau- und Umweltrichtlinien der EG, 1. Aufl. 2008, Rn. 501 f, 504, S. 275 f).
252 
(3.5) Unmittelbare Wirksamkeit der Norm
253 
Fordert damit Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG zugunsten der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit im Falle einer zulässig erhobenen Klage gegen die Genehmigung eines UVP-pflichtigen Vorhaben eine - auf die Normen des Umweltrechts beschränkte - umfassende objektive Rechtskontrolle, so ist die dem entgegenstehende Beschränkung des Rechtsschutzes auf die Verletzung subjektiver Rechte des Klägers in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO insoweit aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts (EuGH, Urt. v. 15.07.1964, - Rs. 6/64 -, Slg. 1964, 1251, 1269f < Costa/ENEL >) unangewendet zu lassen. Die hierfür notwendige Voraussetzung der unmittelbaren Wirksamkeit der Norm des Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG liegt vor (zur unmittelbaren Wirksamkeit vgl. Dörr, in: Sodan/Ziekow, VwGO Kommentar, 3. Aufl. 2010, Abschnitt: Europäischer Verwaltungsrechtsschutz, Rn. 182 ff; Durner, ZUR 2005, 285, 288, jeweils m.w.N.).
254 
Die Anforderung einer auf das objektive Umweltrecht bezogenen umfassenden Begründetheitsprüfung durch ein zulässigerweise angerufenes Gericht in Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG ist unbedingt, klar und präzise und ihrem Wesen nach auch geeignet, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten (a.A. Hess. VGH, Urt. v. 16.9.2009 - 6 C 1005/08.T -, ZUR 2010, 46; OVG NRW, Urt. v. 27.10.2005 – 11 A 1751/04 –, juris, Rn. 117, 119; VG Karlsruhe, Beschl. v. 15.01.2007 – 8 K 1935/06 –, NuR 2007, 428, 429; Berkemann, NordÖR 2009, 336, 343 f.). Zwar kann der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des Art. 10 a UVP-RL 85/337/EWG zwischen einem Überprüfungsverfahren vor Gericht oder einer anderen unabhängigen und unparteiischen Stelle wählen. Letzteres setzte jedoch auch nach der Richtlinie voraus, dass der Gesetzgeber zunächst eine solche gerichtsähnliche Stelle schafft, was in der Bundesrepublik Deutschland nicht der Fall ist. Damit hält sich die Modifizierung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nur im System des nationalen Rechtsschutzes, sondern entspricht auch dem im Grundsatz bestehenden und nur durch einen zusätzlichen Organisationsakt des nationalen Gesetzgebers abänderbaren Rechtsanwendungsbefehl der Richtlinie. Ebenso wenig steht einer unmittelbaren Anwendung entgegen, dass der nationale Gesetzgeber selbst die Natur- und Umweltschutzregelungen des nationalen Rechts als subjektiv-öffentliche Rechte ausgestalten und auf diese Weise den Anforderungen der UVP-Richtlinie 85/337/EWG entsprechen könnte. Denn auch eine solche Möglichkeit schließt nicht aus, dass der Einzelne vor den nationalen Gerichten die Rechte geltend machen kann, deren Inhalt sich bereits aufgrund der Richtlinie mit hinreichender Genauigkeit bestimmen lässt (vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2009 - Rs. C-138/07 -, Slg. 2009 I-731 < Cobelfret NV >; OVG Schl.-Holst., Urt. v. 12.03.2009 - 1 KN 12/08 -, NuR 2009, 498, Rn. 62; OVG NRW, Beschl. v. 05.03.2009 - 8 D 58/08.AK -, NVwZ 2009, 987, 991).
255 
(3.6) Ablauf der Umsetzungsfrist
256 
Über die grundsätzlich gegebene unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG hinaus ist auch der zusätzlich erforderliche Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG in nationales Recht gegeben, über deren Art. 3 Nr. 7 die Rechtsvorschrift des Art. 10a in die UVP-RL 85/337/EWG eingefügt worden war. Denn nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/35/EG mussten „die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Rechtsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie bis zum 25. Juni 2005 nachzukommen.“
257 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Verpflichtung zur Schaffung des Zugangs der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zu einem gerichtlichen Verfahren, in dem die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen über UVP-pflichtige Vorhaben - bezogen auf das Umweltrecht - umfassend geprüft wird, nicht nur die Verfahren, die nach dem 25.06.2005 eingeleitet wurden, sondern auch die Entscheidungen, deren Verwaltungsverfahren - wie hier - vor diesem Stichtag eingeleitet wurden, deren Anfechtung vor Gericht jedoch erst danach.
258 
Die gegenteilige Ansicht, die auch der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1 UmwRG zu der parallelen Problematik der Klagemöglichkeit von Umweltvereinigungen nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz zugrunde liegt und die in der Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 21.01.2008 - 4 B 35.07 -, ZfBR 2008, 278; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 12.02.2009 - 1 A 10722/08- UPR 2009, 316; OVG Berlin, Beschl. v. 23.06.2008 - 11 S 35.07 -, NVwZ-RR 2008, 770; OVG Saarl., Beschl. v. 22.11.2007 - 2 B 181/07 -ZfB 2008, 270; OVG NRW, Urt. v. 27.10.2005 - 11 A 1751/04 -, NuR 2006, 320) bislang vorherrschend war, basiert maßgeblich auf der grundsätzlichen Verbindung der Vorgaben der Richtlinie 2003/35/EG für die Beteiligung der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit im Verwaltungsverfahren mit den Anforderungen an deren Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren. Da die gerichtliche Überprüfung die Fortsetzung der Geltendmachung der Beteiligungsrechte im Verwaltungsverfahren darstelle, bleibe es bei dem - gemeinschaftrechtlich anerkannten - Grundsatz, dass eine Genehmigung von Projekten, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der genannten Richtlinie eingeleitet wurde, nicht wegen des Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften aufgehoben werden könne. Hinzu komme der auch vom EuGH in seinem Urteil vom 07.01.2004 (C-201/02 -, Slg 2004, I-723 < Wells >) hervorgehobene Grundsatz der Verfahrensautonomie, deren Grenzen nicht überschritten seien, wenn das nationale Recht es nicht ermögliche, dass bloße Verfahrensfehler, die keine materiellen Rechte der Betroffenen verletzten, zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen (BVerwG, Beschl. v. 21.01.2008 - 4 B 35.07 -, ZfBR 2008, 278).
259 
Dieser Auffassung steht jedoch die Systematik des Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG entgegen, die - wie der EuGH in seinem Urteil vom 15.10.2009 - Rs. C-263/08 -, < Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >, Rn. 38 dargelegt hat - darin besteht, dass „ … (sich) die Beteiligung am umweltbezogenen Entscheidungsverfahren unter den Voraussetzungen der Art. 2 Abs. 2 und 6 Abs. 4 der Richtlinie 85/337 von einer gerichtlichen Anfechtung (unterscheide) und … auch eine andere Zielsetzung als diese (habe), da sich eine solche Anfechtung gegebenenfalls gegen die am Ende dieses Verfahrens ergehende Entscheidung richten kann.“ Diese auch innere Trennung der gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit von der Beteiligung im Verwaltungsverfahren lässt den Grund für eine einheitliche, allein am Beginn des Verwaltungsverfahrens ansetzende Stichtagsregelung entfallen und fordert eine Umsetzung der Richtlinienbestimmungen, nach der die Regelungen für das Gerichtsverfahren unabhängig von dem Tag der Einleitung des Verwaltungsverfahrens und immer dann anwendbar sind, wenn die Klage nach dem 25.06.2005 erhoben worden ist. Dem entspricht es, dass das Bundesverwaltungsgericht nunmehr mit Beschluss vom 19.1.2010 - 7 B 26/09 - juris der Frage der Vereinbarkeit der Stichtagsregelung des § 5 UmwRG mit Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2003/35/EG grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat.
260 
(3.7) Klägerin als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit
261 
Die Klägerin ist schließlich auch als „Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit” im Sinne des Art. 10a UVP-RL anzusehen.
262 
Nach Art. 1 Abs. 2 UVP-RL 85/337/EWG umfasst der Begriff der Öffentlichkeit „eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen”. Dabei können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts als berechtigter Teil der Öffentlichkeit angesehen werden, wenn sie sich ungeachtet ihres rechtlichen Status nach der Zielsetzung der Richtlinie in einer mit dem „Jedermann" vergleichbaren Lage gegenüber der staatlichen Stelle befinden, die über ein UVP-pflichtiges Verfahren zu entscheiden hat. Dies ist bei den Gemeinden in einem Planfeststellungsverfahren zu einem Vorhaben, durch welches - wie hier - ihre Planungshoheit und der ihr sonst zugewiesene Aufgabenkreis berührt werden - der Fall. Die Gemeinde ist zwar eine Behörde, die im Planfeststellungsverfahren anzuhören ist, soweit ihr Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird (§ 73 Abs. 2 LVwVfG). Die Gemeinden sind auch sonst ein Teil des Staates, in dessen Aufbau sie integriert sind. Sie sind jedoch innerhalb des Staates mit eigenen Rechten ausgestattet und werden im Planfeststellungsverfahren einfachrechtlich wie die Öffentlichkeit allgemein behandelt, wenn sie Einwendungen gegen ein Vorhaben erheben wollen, die sich auf die eigenen Rechte beziehen, d.h. ihrer Selbstverwaltungsgarantie entspringen. Insbesondere gilt hier dann der Einwendungsausschluss gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG (BVerwG, Urt. v. 12.02.1997 - 11 A 62.95 - BVerwGE 104, 79, 81; Urt. v. 09.02.2005 - 9 A 62.03 - Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10). Notfalls kann eine Gemeinde ihre eigenen Rechte auch gegenüber dem Staat im Klagewege geltend machen.
263 
Zusätzlich spricht für die Einbeziehung der Klägerin in die Gruppe der „Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit“, dass das Bundesverwaltungsgericht eine solche Einbeziehung von Kommunen in den wortgleichen Begriff in der Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EG ausdrücklich anerkannt hat (BVerwG, Urt. v. 21.02.2008 - 4 C 13/07 -, BVerwGE 130, 223 Rn. 23 und 30; für die Einbeziehung der Gemeinden in die „betroffene Öffentlichkeit“ auch Schwanenflug, NVwZ 2007, 1351, 1355; v.Schwanenflug/Strohmayr, NVwZ 2006, 395, 398; Stapelfeldt/Siemko, KommJur 2008, 321, 328; Ogorek, NVwZ 2010, 401, 403ff).
264 
Für eine Beschränkung des damit gegebenen Rügerechts bei Gemeinden auf die Einwendungen, die mit dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG verbunden sind (hierfür etwa Stapelfeldt/Siemko, KommJur 2008, 321, 330f, Ogorek, NVwZ 2010, 401, 403ff), sieht die Kammer angesichts der vorbehaltslosen Einbeziehung der Gemeinden in den Begriff der betroffenen Öffentlichkeit keine Möglichkeit. Zwar ist es richtig, dass Art. 4 Abs.2 EUV das kommunale Selbstverwaltungsrecht als Ausprägung der „verfassungsmäßigen Strukturen der Mitgliedstaaten” anerkennt und damit die nationale Ausgestaltung der Stellung der Kommunen achtet, nach der diesen ein - im Falle der zwingenden umweltrechtlichen Vollkontrolle gegebenes - „Wächteramt in Fragen des Umweltschutzes“ gerade nicht zugebilligt wird. Dies kann nach Auffassung der Kammer jedoch nur dazu führen, dass sich eine national-gesetzliche Beschränkung der Stellung der Gemeinde gegenüber den Anforderungen der UVP-Richtlinie an die Möglichkeit des Rechtsschutzes der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit vor diesem Hintergrund höherrangigen Gemeinschaftsrechts wohl rechtfertigen ließe; eine entsprechende Beschränkung zulasten der Klägerin allein durch richterliche Rechtsanwendung ist demgegenüber aber nicht gerechtfertigt.
265 
(3.8) Absehen von Vorabentscheidungsersuchen
266 
Die Kammer sieht davon ab, der Anregung der Klägerin zu folgen und die Frage der Beschränkbarkeit der gerichtlichen Überprüfung der materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Genehmigungen im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie dem Gerichtshof der Europäischen Union gem. Art. 234 EGV zur Entscheidung vorzulegen. Die Kammer entscheidet im vorliegenden Verfahren nicht in letzter Instanz und ist deshalb zu einer Vorlage an dieses Gericht nicht verpflichtet. Da die Frage der Reichweite der Überprüfbarkeit des Umweltrechts im Verfahren nur dann entscheidungserheblich ist, wenn solche Verstöße auch in der Sache vorliegen und sich auch insoweit grundsätzliche und schwierige Rechtsfragen stellen, hält es die Kammer auch im Interesse einer Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens für sachgerecht, anstelle der Vorlage von Einzelfragen beim Gerichtshof der Europäischen Union das Verfahren in der Sache zu entscheiden und so die Möglichkeit einer Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auch in der Berufungsinstanz zu eröffnen.
267 
bb) Habitatsschutz
268 
Ist nach dem Vorstehenden in dem Verfahren der Klägerin grundsätzlich die Übereinstimmung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses mit dem gesamten einschlägigen Umweltrecht zur gerichtlichen Prüfung gestellt, ergibt diese in Bezug auf die naturschutzrechtlichen Vorgaben zum Habitatsschutz nur insoweit einen Rechtsfehler, als eine mit dem planfestgestellten Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung möglicherweise verbundene erhebliche Beeinträchtigung des durch die Ausweisung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) bezweckten Schutzes der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke unbeachtet geblieben ist. Dieser Rechtsverstoß rechtfertigt jedoch nicht die vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil insoweit Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben.
269 
(1) Gemeldete und ausgewiesene Schutzgebiete
270 
Der planfestgestellte Rückhalteraum Elzmündung liegt mit seinem südlichen Teilbereich im Geltungsbereich des gleichzeitig als Naturschutzgebiet ausgewiesenen FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) und mit seinem nördlich angrenzenden Teilraum im Bereich des gemeldeten FFH-Gebiets „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“ (Nr. 7512-341). Gleichzeitig wird das Gebiet im Norden von dem Europäischen Vogelschutzgebiet „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ (Nr. DE 7412-401) und im Süden von dem Europäischen Vogelschutzgebiet „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ (Nr. DE 7712-401) umfasst. (Zur räumlichen Festlegung dieser Schutzgebiete vgl. auch die Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten vom 5.2.2010, GBl. S. 37, 168 ff).
271 
(2) Rechtliche Voraussetzungen der Verträglichkeitsprüfung
272 
Damit ist die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 NatSchG BW auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen dieser Gebiete zu überprüfen. Kommt die Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen der genannten FFH-Gebiete oder der Europäischen Vogelschutzgebiete in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist das Vorhaben nach § 38 Abs. 2 NatSchG BW unzulässig, wenn nicht entsprechend der Regelungen des § 38 Abs. 3 bis 7 NatSchG BW eine ausnahmsweise Zulassung ausgesprochen wird. Hierfür muss das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sein und eine zumutbare Alternativlösung zur Zweckerreichung fehlen (Jarass, NuR 2007, 371, 373 ff, 376 ff; Halama, NVwZ 2001, 506 ff; zu den Anforderungen an die Alternativenprüfung BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28/01 -, BVerwGE 116, 254 Rn. 22 ff.). Befinden sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet besonders schutzwürdige (prioritäre) Arten oder Habitate, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblichen günstigen Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt geltend gemacht werden, § 38 Abs. 4 Satz 1 NatSchG BW.
273 
Die landesrechtlichen Regelungen des § 34 NatSchG BW entsprechen inhaltlich der Regelung des § 34 BNatSchG (2007), die nach § 11 Satz 1 dieses Gesetzes rahmenrechtlicher Natur ist. Damit ist das Land der in § 32 Satz 2 BNatSchG (2007) enthaltenen Verpflichtung nachgekommen, die sich aus der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. v. 22.07.1992 L 206/7) - Habitatrichtlinie - FFH-RL - sowie aus der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. v. 25.04.1979 L 103/7) - Vogelschutz-Richtlinie - VRL - ergeben und in § 34 BNatSchG (2007) näher konkretisiert worden sind.
274 
Sowohl die Verträglichkeitsprüfung als auch der an die Ausnahme anknüpfende Schutzmechanismus sind strikt bindendes Recht. Soweit die Prüfung zu dem Ergebnis der Unzulässigkeit des Vorhabens kommt, unterliegt dies nicht der planerischen Abwägung. Dies gilt auch für die Abwägung im Rahmen der Prüfung, ob „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ vorliegen (Halama, NVwZ 2001, 506, 510).
275 
Da das Prüfverfahren nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL in seiner zweistufigen Ausgestaltung die Zulassungsentscheidung erst dann erlaubt, wenn die Ergebnisse der FFH-Verträglichkeitsprüfung vorliegen und die zuständige Behörde die Ergebnisse bei ihrer Entscheidung über das Vorhaben hinreichend berücksichtigen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 70 unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 14.04.2005 - C-441/03 - Slg. 2005, I-3043, Rn. 24 und Urt. v. 23.03.2006 - C-209/04 - Slg. 2006, I-2755, Rn. 58), muss die Genehmigungsbehörde im Zeitpunkt der Zulassung des Vorhabens auf eine ihrerseits rechtmäßige Verträglichkeitsprüfung zurückgegriffen haben. Dabei umfasst die hierfür notwendige Kenntnisnahme auch den Aspekt, dass die in der Verträglichkeitsprüfung anzustellende Risikoanalyse in fachwissenschaftlicher Hinsicht den besten wissenschaftlichen Standard erreicht und deshalb aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel an einer festgestellten Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des Schutzgebiete besteht (vgl. EuGH, Urt. v. 26.10.2006 - C-239/04 - NuR 2007, 30, Rn. 24 m.w.N.). Soweit dieses Bewusstsein der Genehmigungsbehörde - wie regelmäßig - auf der Kenntnis der schriftlichen Fassung der fachwissenschaftlichen Verträglichkeitsstudie beruht, sind Lücken oder sonstige Mängel dieser Studie spätestens durch die Dokumentation entsprechender Ergänzungen und Korrekturen in der Zulassungsentscheidung zu beseitigen (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Sg. 2004, I-7405 Nr. 109); erfolgen notwendige Ergänzungen und Korrekturen zu einem späteren Zeitpunkt, können sie - weil sie bei der eigentlichen Vorhabengenehmigung nicht zum Tragen gekommen sind - im Prozess nicht berücksichtigt werden, sondern sind über ein ergänzendes Verfahren nach § 75 Abs. 1a LVwVfG zur Grundlage einer neuen Zulassungsentscheidung zu machen (vgl. auch Europäische Kommission, NATURA 2000 - Gebietsmanagement. Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, 2000, Ziff. 4.5.1.). Etwas anderes gilt jedoch für den Vortrag zu bloßen Fehlern bei der Darstellung oder Dokumentation sachlich richtig ermittelter und bewerteter Risiken oder Beeinträchtigungen, wenn diese Fehler weder für das Ergebnis der behördlichen Verträglichkeitsprüfung noch für die eigentliche Zulassungsentscheidung von Einfluss gewesen sind, weil die zuständige Behörde - etwa aufgrund ihrer Einbindung in die Untersuchung - bei ihrer Zulassungsentscheidung die notwendige Kenntnis von der Methodik und dem Untersuchungsumfang der fachwissenschaftlichen FFH-Verträglichkeitsstudie auf anderem Wege erlangt hatte. Dann kann die Planfeststellungsbehörde im gerichtlichen Verfahren ihre Entscheidung und deren Grundlagen durch ergänzenden, substantiierenden Vortrag erläutern und in diesem Rahmen auch auf Einwände der Klägerin argumentativ erwidern (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 71).
276 
Ob ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, erfordert eine Einzelfallbeurteilung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen abhängt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43; Urt. vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 68). Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Auf dieser Basis sind sodann die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten.
277 
(3) Bestandserfassung und -bewertung
278 
Auf der Grundlage der von der Klägerin erhobenen Rügen kann nicht festgestellt werden, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Bestandserfassung und -bewertung ein erheblicher Fehler unterlaufen ist, der die Verträglichkeitsprüfung und damit auch die Zulassungsentscheidung der Behörde rechtswidrig werden lässt.
279 
(3.1) Maßstab
280 
Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit des Projekts mit den Erhaltungszielen des Gebiets (§ 38 Abs. 1 Satz 1 NatSchG BW). Dem hat der Prüfungsrahmen Rechnung zu tragen. Erfasst und bewertet werden müssen nur die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile. § 14 Abs. 1 Nr. 11 NatSchG BW definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Lebensraumtypen und Arten nach den Anhängen I und II der FFH-RL sowie der in Anhang I der VRL und der in Art. 4 VRL genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume, für die das Gebiet bestimmt ist. Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht nach § 36 Abs. 4 NatSchG BW unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standarddatenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche Ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 75; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 72; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 30). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standarddatenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 77).
281 
Die Erfassungs- und Bewertungsmethode der Verträglichkeitsprüfung ist nicht normativ festgelegt. Allerdings muss die Zulassungsbehörde den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 75 und Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 73) auch hinsichtlich der Methodik der Erfassung und Bewertung der geschützten Gebietsbestandteile einhalten. Untersuchungsmethoden, die in der Fachwissenschaft als überholt gelten, sind unzulässig. Umgekehrt bestehen aber keine Einwände gegen eine fachwissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode, wenn mit einer anderen, ebenfalls anerkannten Methode nicht voll übereinstimmende Ergebnisse erzielt würden. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle zurückzunehmen und der Behörde eine fachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen (so ausdrücklich BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 74).
282 
Entsprechendes trifft für die Bestandsbewertung zu. Zwar bietet die Habitat-Richtlinie Ansätze zur Gewinnung von Bewertungskriterien. Nicht nur die Gebietsauswahl, sondern auch die Verträglichkeitsprüfung hat sich an der in der 5. Begründungserwägung der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Zielsetzung zu orientieren, „einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse zu wahren oder wiederherzustellen“. Was unter einem günstigen Erhaltungszustand zu verstehen ist, ergibt sich für natürliche Lebensräume aus Art. 1 Buchst. e) und für Arten aus Art. 1 Buchst. i) FFH-RL. Bedeutsam für die Bewertung sind danach diejenigen Faktoren, von denen eine nachhaltige Bestandssicherung des Lebensraumtyps oder der Art abhängt. Zusätzliche Anhaltspunkte liefert Anhang III Phase 1 der FFH-Richtlinie. Darin werden als Kriterien zur Gebietsauswahl für Lebensraumtypen des Anhangs I u.a. der Repräsentativitätsgrad des in dem jeweiligen Gebiet vorkommenden Lebensraumtyps, die relative Flächengröße sowie Erhaltungsgrad und Wiederherstellungsmöglichkeit von Struktur und Funktionen des Lebensraumtyps und, für Arten des Anhangs II, u.a. Populationsgröße und -dichte sowie Erhaltungsgrad und Wiederherstellungsmöglichkeit der für die betreffende Art wichtigen Habitatelemente genannt. Diese Kriterien sind auch für die Bewertung der maßgeblichen Gebietsbestandteile im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung anzuwenden. Angesichts der Vielzahl der Kriterien, ihrer relativen Offenheit und ihres Angewiesenseins auf die Ausfüllung durch außerrechtliche Bewertungen gilt auch für die Bestandsbewertung, dass in sie Einschätzungen einfließen, die einer gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglich sind (so ausdrücklich BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 75).
283 
(3.2.) Absehen von aktuellen Bestandserhebungen
284 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es entgegen den methodischen Einwänden des Fachgutachters der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden, dass in der FFH-Verträglichkeitsprüfung insbesondere in Bezug auf die Schnecken, Laufkäfer, Reptilien, Säuger, Wildbienen und Vögel auf eine Ersthebung des aktuellen Ist-Zustands verzichtet und für die entsprechenden Bestandserhebungen und -bewertungen allein auf die entsprechenden Einzelgutachten aus den Jahren zwischen 1991 und 1996 zurückgegriffen wurde. Diese Entscheidung zur Bestimmung des Untersuchungsumfangs hält sich noch im Rahmen der naturschutzfachen Einschätzungsprärogative des Beklagten.
285 
Zwar ist es nach dem für die Methode der Bestandsaufnahme maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" in der Regel gefordert, den Untersuchungsraum zu begehen und die spezifisch geschützte Flora und Fauna aktuell zu erfassen. Allerdings richten sich der Umfang und der Methoden der Erfassung immer nach den Gegebenheiten des Untersuchungsraums und seiner potentiellen Betroffenheit durch das Vorhaben sowie daraus, inwieweit zu dem Gebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 62 ff.; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 54 f.; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 50). Aus diesem Grund kann in den besonderen Einzelfällen auf die Durchführung einer aktuellen Bestandserhebung gänzlich verzichtet werden, in denen von einer solchen im Hinblick auf die Zielsetzung der naturschutzrechtlichen Prüfung keine gegenüber den Ergebnissen aus früheren Untersuchungen weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten sind.
286 
Eine solche Situation war nach den Darlegungen der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer in Bezug auf die von der Klägerin beanstandete Erfassung der im Vorhabengebiet lebenden Schnecken, Laufkäfer, Reptilien, Säuger, Wildbienen und Vögel gegeben.
287 
Der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass es sich bei den herangezogenen älteren Erhebungen um Beschreibungen von Beständen gehandelt habe, die auch nach Einschätzung der früheren Bezirksstelle für Umweltschutz als der zuständigen Fachbehörde, der von dieser konsultierten ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten sowie der damaligen Gutachter in Bezug auf die tatsächlichen und potentiellen Lebensräume im Vorhabengebiet eine nur sehr geringe Dynamik aufweisen. Hierbei kommt insbesondere der Einschätzung der ursprünglich tätigen Gutachter zur möglichen Entwicklung der von ihnen speziell untersuchten Arten deshalb ein besonderes Gewicht zu, weil diese nach Aussage des Beklagten in vielfältiger Weise seit langer Zeit nicht nur im Vorhabengebiet, sondern auch in vergleichbaren Auewäldern tätig sind.
288 
Zu dieser grundsätzlichen Stabilität der erhobenen Bestände kommt vor allem hinzu, dass die Fauna und Flora im Untersuchungsraum - wie der Fachgutachter des Vorhabenträgers ebenfalls in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hatte - im Zeitpunkt der Erstellung der FFH-Verträglichkeitsstudie aufgrund der erheblichen Zerstörungen der dichten Waldbestände des Untersuchungsraums durch den Orkan „Lothar“ im Dezember 1999 in untypischer Weise stark beeinträchtigt war, gleichzeitig aber auch bereits abzusehen war, dass sich die Natur im Untersuchungsbereich wieder in den vor „Lothar“ vorhandenen Zustand entwickeln und sich mit den Lebensräumen auch der Bestand der betroffenen Tierarten wieder erholen werde.
289 
Da die Verträglichkeitsprüfung in der Regelung des § 38 Abs. 1 NatSchG BW, 34 Abs. 1 BNatSchG (2007) sowie in Art. 6 Abs. 3 und 4 der Habitatsrichtlinie 42/93/EWG an den „günstigen Erhaltungszustand“ der geschützten Lebensräume und Arten anknüpft, der sowohl in Reaktion auf die Einwirkungen durch das Vorhaben als auch sonst kurz- bis mittelfristigen dynamischen Veränderungen unterworfen sein kann (zur Standortdynamik vgl. BVerwG, Urt. v. Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 45), musste es in dieser besonderen Situation einer vorübergehenden Störung der Erhaltungszustände der zu schützenden Arten und Lebensräume durch nichtvorhabenbedingte Einflüsse auf den Zustand ankommen, der sich ohne die Verwirklichung des Vorhabens wieder entwickeln würde. Dann aber konnte der Fachgutachter des Vorhabenträgers zumindest dort, wo sich auch nach Einschätzung der früheren Bezirksstelle für Umweltschutz als der zuständigen Fachbehörde und den von dieser konsultierten Stellen des ehrenamtlichen Naturschutzes die Regenerierung der Lebensräume und Bestände in einen zuvor stabilen Zustand konkret abzeichnete, auf eine Beschreibung eines reduzierten Ist-Zustands verzichten und die Prognose der maßgeblichen Entwicklung methodisch einwandfrei allein an den Erhebungen zu den Beständen aus der Zeit vor den starken Zerstörungen durch den Orkan „Lothar“ orientieren.
290 
Die vom Fachgutachter der Klägerin in diesem Zusammenhang besonders hervorgehobene Problematik, dass der Rückgriff allein auf ältere Bestandserhebungen in Bezug auf den Mittelspecht und die Tagfalter durch die Unsicherheit geprägt sei, dass sich die zwischenzeitliche Alterung der Waldbestände oder eine Änderung in der Landnutzung auf das jeweilige Vorkommen ausgewirkt haben könne, begründet keinen stichhaltigen Einwand gegen die für das tatsächliche Vorgehen maßgeblichen Gründe, sondern bestätigt letztlich sogar dessen Sachgerechtigkeit. So zeigt gerade der Zusammenhang zwischen dem aktuellen Waldbestand und dem Besiedlungsgebiet der Mittelspechte, dass der sturmbedingt untypisch reduzierte Waldbestand bei einer aktuellen Erhebung des Bestands der Mittelspechte (dentrocopus medius) im Vorhabengebiet ein ebenfalls untypisches Bild ergeben hätte, das dem Schutz des Gebiets in Bezug auf die im Vorhabengebiet als Bestand geschützten Mittelspechte nicht oder jedenfalls nicht besser gerecht geworden wäre als der Rückgriff auf die umfassende Bestandserhebung aus der Zeit vor „Lothar“. Dies gilt umso mehr, als der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, dass man sich bei der Verträglichkeitsuntersuchung der - auch durch eine aktuelle Bestandserhebung nicht zu verringernden - Unsicherheit zur Beurteilung des Vorkommens der Arten und ihrer Entwicklung im Ansatz stets bewusst gewesen sei und den notwendigen Ausgleich dieser Unsicherheiten durch entsprechende Worst-Case-Betrachtungen versucht habe (zur Bewältigung von unvermeidbaren Kenntnislücken und Prognoserisiken vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 64).
291 
Der weitere Verweis des Fachgutachters der Klägerin auf den Zusammenhang zwischen der aktuellen Landnutzung und dem Vorkommen geschützter Tagfalter wie dem Großen Feuerfalter (lycaena dispar) zeigt ebenfalls die dem Vorgehen des Beklagten zugrunde liegende Problematik zwischen den sturmbedingten Zerstörungen im Vorhabengebiet und der sich abzeichnenden Erholung der Lebensräume dieser Falterarten. Hinzu kommt, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung darlegen konnte, dass im Zusammenhang mit der Gebietsmeldung als FFH-Schutzgebiet in Bezug auf die genannten Tagfalter aktuelle Untersuchungen zu den Beständen im Vorhabengebiet durchgeführt worden seien, die zu der entsprechenden Bezeichnung der geschützten Lebensräume geführt hätten.
292 
Die Erwägungen des Beklagten und seiner Fachgutachter zur Beschränkung des Untersuchungsumfangs der vor Ort durchzuführenden aktuellen Bestandserhebungen konnten von der Kammer berücksichtigt werden. Denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung über seinen Fachgutachter und die anwesenden Vertreter der zuständigen Naturschutzbehörden bestätigt, dass diese Erwägungen vor oder während der Erstellung der fachwissenschaftlichen FFH-Verträglichkeitstudie gemeinsam angestellt worden und über die Einbindung der Naturschutzbehörden in das Planfeststellungsverfahren der Zulassungsbehörde auch vor der Entscheidung über den Planfeststellungsbeschluss bekannt gemacht worden sind.
293 
(3.3) Erfassung der geschützten Lebensräume und Arten
294 
Anders als vom Fachgutachter der Klägerin kritisiert, bezeichnen und behandeln die beiden Fachgutachten zur FFH-Verträglichkeit auch alle in den Anhängen I und II der FFH-RL genannten Lebensräume und Arten, die nach dem Schutzzweck der FFH-Gebiete „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) und „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“ (Nr. 7512-341) in ihrem günstigen Erhaltungszustand erhalten oder wiederhergestellt werden sollen.
295 
Insbesondere hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers bei der Untersuchung der einzelnen Lebensraumtypen und Arten die Standardbögen zur Gebietsmeldung ausgewertet. Zwar sind die entsprechenden Bögen zur Gebietsmeldung nicht in den Akten enthalten; doch hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers - unter Bestätigung durch die Vertreter der höheren Naturschutzbehörde - in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass man sich bei Beginn der Verträglichkeitsuntersuchung mangels erfolgter Gebietsmeldung zunächst nur an den Entwürfen der Standardbögen zur Gebietsmeldung habe orientieren können, dass man aber dann nach der erfolgten Gebietsmeldung einen Abgleich zwischen der tatsächlichen Meldung und dem bisherigen Untersuchungsumfang vorgenommen und dann in dem zweiten Gutachten die Lebensraumtypen oder geschützten Arten ergänzend untersucht habe, die in den Entwürfen zur Gebietsmeldung noch nicht aufgeführt gewesen seien.
296 
Unschädlich ist auch, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers sich bei seiner Untersuchung - in Abstimmung mit der für die Meldung der FFH-Gebiete verantwortlichen Naturschutzbehörde - auf die in den Anhängen der FFH-RL (und der Vogelschutz-RL) genannten Lebensraumtypen und Tierarten beschränkt hat, die durch Baumaßnahmen oder im Rahmen des Betriebs des Rückhaltebeckens von einer Überflutung oder Vernässung betroffen sein können. Denn diese Beschränkung, die etwa die (als fehlend gerügte) Untersuchung der im Standardbogen zur Gebietsmeldung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ aufgeführten, im eigentlichen Vorhabengebiet aber trotz aktueller Bestandserhebungen nicht nachgewiesenen Großen Moosjungfer (leucorrhinia pectoralis) betrifft, ist durch die einzig möglichen Beeinträchtigungen der Natur durch das Vorhaben gerechtfertigt (zur Entbehrlichkeit der Verträglichkeitsprüfung bei erkennbar ausgeschlossenen Beeinträchtigungen vgl. auch BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 60; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558, Rn. 99).
297 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin die Verträglichkeitsuntersuchung in Bezug auf die Vogelarten Mittelspecht (dentrocopus medius), Neuntöter (lanius collurio) und Eisvogel alcedo atthis) vermisst, hat er diesen Vorwurf im Hinblick auf die ausdrückliche Behandlung dieser Vogelarten im Rahmen der ihrer Meldung zu den Vogelschutzgebieten „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ und „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ (vgl. nunmehr auch die Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Festlegung von europäischen Vogelschutzgebieten v. 05.02.2010, GBl. 2010 S. 37ff, 168ff) entsprechenden Untersuchung im Rahmen der Natura-2000-Verträglichkeitsstudien fallen gelassen und auf den Einwand der fehlerhaften Erörterung ihrer Beeinträchtigung durch das Vorhaben umgestellt (hierzu unter 4.3.).
298 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin allgemein rügt, dass man bei der Betrachtung und Untersuchung der geschützten Lebensräume die biotop- oder bestandsspezifischen Besonderheiten im Vorhabengebiet, wie etwa die Zuordnung des Lebensraumtyps 91E0, Auwälder, zu einem der relevanten Subtypen, außer Acht gelassen habe, greift dies ebenfalls nicht durch. Denn der Beklagte ist diesem Vorwurf mit dem überzeugenden Hinweis entgegen getreten, dass sich die notwendigen spezifischen Darstellungen der Lebensraumtypen und Artenbestände aus der Umweltverträglichkeitsstudie mit den entsprechenden Bestandsaufnahmen und Bewertungen ergeben würden, so dass man sich ihrer bei der FFH-Verträglichkeitsstudie in ausreichendem Maße bewusst gewesen sei und man nur aus Gründen der vereinfachenden Darstellung darauf verzichtet habe, diese nochmals in die FFH-Verträglichkeitsstudie zu übertragen.
299 
Die weitere Rüge des Fachgutachters der Klägerin, dass man zu Unrecht auf nähere Bestandserhebungen zu den Vorkommen der Gemeinen Flussmuschel (unio crassus), der Rapfen (aspius aspius), der geschützten Fledermausarten Große Hufeisennase (rhinolophus ferrumequinem), Mopsfledermaus (barbastella barbastellus), Wimperfledermaus (myotis emarginatus) und Großes Mausohr (myotis myotis) und der Armleuchteralgen verzichtet habe, begründet ebenfalls keinen relevanten Fehler der wissenschaftlichen Abschätzung der Verträglichkeit des Vorhabens in Bezug auf diese in den FFH-Gebieten „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ sowie „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ geschützten Arten. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat hierzu dargelegt, dass man deshalb auf nähere Bestandserhebungen verzichtet habe, weil zu diesen Arten eine Beeinträchtigung durch das Vorhaben von vornherein ausgeschlossen werden konnte. Letztlich liegt dem FFH-Verträglichkeitsgutachten damit die wissenschaftlich zulässige Annahme eines in Bezug auf die Bestandssituation im Vorhabengebiet gegebenen Worst-Case zugrunde, der dennoch offensichtlich keine erheblichen Beeinträchtigungen befürchten lasse. Diese - einen Verzicht auf weitere Bestandserhebungen grundsätzlich rechtfertigende - Annahme eines Worst-Case ist vorbehaltlich der folgerichtigen Behandlung auch bei der Abschätzung der möglichen Beeinträchtigungen durch das Vorhaben rechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der näheren Beschreibung der Bestände der Armleuchteralgen hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Bestände witterungsbedingt sehr starken Schwankungen unterworfen seien, sodass eine Erhebung stets nur eine unsichere Beschreibung des Ist-Zustands erbringen könne.
300 
Soweit die fehlende Erfassung weiterer geschützter Fledermausarten beanstandet wird, die etwa in den Donauauen nachgewiesen worden seien und deshalb potentiell auch im Vorhabengebiet verbreitet sein könnten, steht der Verpflichtung zu entsprechenden gezielten Erhebungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsstudie bereits entgegen, dass diese - im Übrigen auch nicht näher benannten - weiteren Fledermausarten weder in der Gebietsmeldung zum FFH-Gebiet „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ noch in der Meldung des FFH-Gebeits „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ als vorkommende Tierart nach Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt und deshalb von den Erhaltungszielen der Schutzgebiete nicht umfasst sind.
301 
Schließlich greift auch der fachliche Vorwurf nicht durch, man habe die Vorhaben der geschützten Schmalen und Bauchigen Windelschnecken in ihren potentiellen Lebensräumen nicht systematisch erkundet. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung sehr deutlich und glaubhaft dargelegt, dass die Kartierung der Bestände der beiden Molluskenarten nicht auf einem Zufallsfund beruhe, sondern das Ergebnis einer intensiven Erhebung in allen potentiellen Lebensräumen darstelle. In diesem Zusammenhang hat er auch überzeugend zu dem Hinweis des Fachgutachters der Klägerin Stellung genommen, dass die Schneckenarten aufgrund ihrer nur sehr geringen Größe leicht übersehen werden könnten.
302 
(3.4) Erfassung der charakteristischen Arten
303 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Kammer auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Erfassung und Bewertung der Bestände der charakteristischen Arten der im Vorhabengebiet geschützten Lebensraumtypen fehlerhaft erfolgt ist.
304 
Charakteristische Arten eines Lebensraumtyps sind unter dem Blickwinkel der Erhaltungsziele und damit für die Verträglichkeitsprüfung bedeutsam. Nach Art. 1 Buchst. e) Anstrich 3 FFH-RL ist der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums definiert als die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und sich auf das Überleben seiner charakteristischen Arten im Schutzgebiet auswirken können. Deshalb können die charakteristischen Arten auch den Umfang der gebotenen Bestandserfassung und -bewertung beeinflussen. Als charakteristische Arten kommen nicht nur die im Standarddatenbogen als solche angesprochenen Arten in Betracht. Die FFH-Richtlinie stellt mit dem entsprechenden Begriff vielmehr auf den fachwissenschaftlichen Meinungsstand darüber ab, welche Arten für einen Lebensraumtyp prägend sind. Deswegen hat die Bestandserfassung und -bewertung grundsätzlich die nach dem Stand der Fachwissenschaft charakteristischen Arten eines Lebensraumtyps einzubeziehen, selbst wenn diese im Standarddatenbogen nicht gesondert als Erhaltungsziele benannt sind (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 79). Bei der Auswahl der für einen Lebensraumtyp charakteristischen Arten verfügt die Behörde allerdings über einen fachlichen Beurteilungsspielraum. Dieser Beurteilungsspielraum ist nur dann überschritten, wenn solche Arten nicht einbezogen wurden, über deren Berücksichtigungsfähigkeit ein weitgehender fachwissenschaftlicher Konsens besteht (so BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 80).
305 
Entgegen der Auffassung der Klägerin erfolgte die Auswahl der charakteristischen Arten in den maßgeblichen Lebensraumtypen methodisch hinreichend sachgerecht. Die für die im Standarddatenbogen aufgeführten Lebensraumtypen charakteristischen Arten wurden von der höheren Naturschutzbehörde im Zusammenwirken mit dem von dem Vorhabenträger beauftragten Fachgutachter unter dem Gesichtspunkt der jeweils besonderen Schutzwürdigkeit der konkreten Lebensräume und der dort nachgewiesenen Arten festgelegt. Zu diesem Zweck hatte man zunächst im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Grundlage der Gutachten zur Bestandsaufnahme und Bewertung der Biotope im nördlichen Taubergießen (Thomas/Rennwald, 1999; Anlage 12.1 zum Antrag vom 21.06.2004; Antragsordner 28) sowie der Faunistischen Detailuntersuchungen (IUS Institut für Umweltstudien Weisser und Ness GmbH 1995; Anlage 12.3 zum Antrag vom 21.06.2004, Antragsordner 28) und der Einzelgutachten etwa zu den besonders schützenswerten Schmetterlings- und Heuschreckenarten (E. und K. Rennwald, 2001, Anlagen 12.4. und 12.5 zum Antrag vom 21.06.2004, Antragsordner 29) spezifische Entwicklungsziele der jeweiligen Lebensraumtypen definiert, auf deren Grundlage dann die dort zu schützenden charakteristischen Arten bestimmt wurden. Dieses - vor allem dem Fehlen von Managementplänen zur Schutzwürdigkeit und Entwicklung der FFH-Gebiete geschuldete - Vorgehen ist im Hinblick auf die Methodik und Systematik rechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich gerade hier der naturschutzfachliche Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum auswirkt, der bei der Unterschutzstellung und Entwicklung geschützter Lebensräume gegeben ist.
306 
Allerdings ist dem Fachgutachter der Klägerin zuzugeben, dass sich weder die Methodik noch die Bestimmung der charakteristischen Arten der einzelnen geschützten Lebensräume aus der Natura-2000-Prüfung ergeben. Gleiches gilt auch für die übrigen vorgelegten Einzeluntersuchungen und naturschutzfachlichen Gutachten. Der beauftragte Fachgutachter und die Vertreter der höheren Naturschutzbehörde haben jedoch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass man auf die dargelegte Weise verfahren sei und die dergestalt als schützenswert bestimmten charakteristischen Arten in den verschiedenen Lebensräumen auf ihre mögliche Betroffenheit durch das Vorhaben hin untersucht habe. Auf der Grundlage dieser Darlegungen des Fachgutachters des Vorhabenträgers hat die Kammer die Überzeugung gewonnen, dass die notwendigen Untersuchungen tatsächlich vollumfänglich und fachgemäß durchgeführt worden sind und die fehlende Dokumentation ihrer Methodik und Ergebnisse allein auf einem bewussten Verzicht auf die Darstellung dieser Untersuchungen in der Natura-2000-Studie gründet. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat glaubhaft weiter ausgeführt, dass ein Teil der charakteristischen Arten bereits über den Katalog der nach Anhang II der FFH-Richtlinie geschützten Arten bezeichnet und untersucht worden sei und es sich im Übrigen bei den möglicherweise betroffenen Lebensräumen um Gebiete gehandelt habe, die gerade zumindest auch aufgrund ihrer Lage in den bereits bestehenden Feuchtgebieten schützenswert seien, sodass eine weitere Vernässung oder Überflutung im Rahmen des Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung grundsätzlich zu einer Verbesserung der Lebensräume für die dort charakteristischen Arten führe und selbst dort, wo bislang trockene Lebensräume erstmals vernässt würden, allenfalls eine unter dem Gesichtspunkt der Schutzwürdigkeit des Gebietes unschädliche Verschiebung innerhalb des gegebenen Artenspektrums die Folge sei. Da diese Erwägungen der Planfeststellungsbehörde aufgrund der steten Einbindung der höheren Naturschutzbehörde in das Planfeststellungsverfahren auch bekannt waren, konnten sie bei der Beurteilung der Methodik und Sachgerechtigkeit der Bestimmung der für einen geschützten Lebensraum charakteristischen Arten als bloße Erläuterungen der von der Planfeststellungsbehörde bei der Verträglichkeitsprüfung tatsächlich tragenden Überlegung angesehen und bei der rechtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung berücksichtigt werden.
307 
Sofern der Fachgutachter die betrachteten charakteristischen Arten in ihrer Anzahl als zu gering kritisiert, liegt dem die - in der mündlichen Verhandlung widerlegte - Annahme zugrunde, dass sich das Maß und der Umfang der entsprechenden Untersuchungen allein aus den schriftlichen Darlegungen in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien ergebe. Tatsächlich aber hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers - wie dargelegt - eine Vielzahl spezifischer charakteristischer Arten auf eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Lebensraumbedingungen hin untersucht und eine solche dann bereits auf der Grundlage einer einfachen Folgenabschätzung verneint. Der Gutachter der Klägerin hat demgegenüber nicht dargelegt, inwiefern die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage der von ihr geschilderten Überlegungen trotz ihres fachlichen Beurteilungsspielraums bei der Auswahl der zu untersuchenden charakteristischen Arten hinter den zwingenden Anforderungen des wissenschaftlichen Standards zurückgeblieben ist. Der alleinige Hinweis auf das bereits im Zeitpunkt der Verträglichkeitsprüfung zur Verfügung stehende Handbuch der Bundesanstalt für Naturschutz (Ssymank u.a., Das europäische Schutzgebietssystem NATURA -2000 - BfN-Handbuch zur Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie, 1998) reicht hierfür angesichts der Bezogenheit der charakteristischen Arten auf die spezifischen Erhaltungs- und Entwicklungsziele der geschützten Lebensräume nicht aus. Aus dem letztgenannten Grund greift auch der Einwand des Fachgutachters der Klägerin nicht durch, man habe es versäumt, die in den trockenen Gebietsteilen der geschützten Lebensräume vorkommenden Arten einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Denn auch wenn es zutrifft, dass sich auch in diesen Bereichen erhaltenswerte Arten finden lassen, hat der Beklagte hinreichend deutlich gemacht, dass die Erhaltungsziele der geschützten Lebensräume im wesentlichen auf die Vegetation und Artenvielfalt zielen, die durch eine Vernässung gefördert werden, und es hinsichtlich solcher Arten, die auf eine Vernässung empfindlich reagieren können, nicht zu einer Verdrängung und Vernichtung ihrer Lebensräume kommt, sondern nur zu einer Verschiebung ihres Anteils im gesamten Artenspektrums des jeweiligen Lebensraums.
308 
(4) Ermittlung der Erheblichkeit eines Eingriffs
309 
Die im Anschluss an die Bestandserfassung und -bewertung erfolgte Erfassung und Bewertung der vorhabensbedingten Auswirkungen auf die Lebensraumtypen und Arten, die in den Natura-2000-Gebieten geschützt sind, stellt sich als rechtswidrig dar, soweit eine Beeinträchtigung der im Bereich des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ nachgewiesenen und unter Schutz gestellten Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke (vertigo angustior und vertigo moulinsiana) durch die Hochwasserrückhaltung im Rückhaltebecken Elzmündung ohne weitere vertiefte Bearbeitung ausgeschlossen wurde. Im Übrigen begegnen die Erfassung und Bewertung der Eingriffe in die geschützten FFH-Lebensraumtypen oder Artenbestände durch das Rückhaltebecken Elzmündung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
310 
(4.1) Maßstab
311 
Ob ein Projekt das betreffende Schutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele bedeutsamen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der ordnungsgemäß erfassten und bewerteten Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium für die Prüfung der Verträglichkeit ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten im Sinne der Legaldefinition des Art. 1 Buchst. e) und i) FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 43, und v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 94). Dabei verlangt das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip (Art. 174 Abs. 2 Satz 2 EGV), das in Art. 6 Abs. 3 FFH-RL seinen Niederschlag gefunden hat, zwar nicht, dass die Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten ist, allerdings darf nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung auch kein vernünftiger Zweifel mehr verbleiben, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 60, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94). Hierfür muss die Verträglichkeitsprüfung die "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 62, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94). Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge, die sich auch bei Ausschöpfung dieser Erkenntnismittel derzeit nicht ausräumen lassen, können über Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen erfasst werden, die dann kenntlich gemacht und begründet werden müssen (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 64, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94). Zugunsten des Projekts dürfen bei der Verträglichkeitsprüfung die vom Vorhabenträger geplanten oder im Rahmen der Planfeststellung behördlich angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 53, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94).
312 
(4.2) Schmale und Bauchige Windelschnecke
313 
Nach diesen Maßstäben bestehen - auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des beklagten Landes und seiner Fachgutachter im vorbereitenden Verfahren und in der mündlichen Verhandlung - vernünftige Zweifel an der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten naturschutzfachlichen Einschätzung aus der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie der ... Planungsgesellschaft vom 21.06.2004 (Anlage zu den Antragsunterlagen Nr. 9.1.; Antragsordner 23, S. 25 f), dass die bei den seltenen Retentionsflutungen gegebenen „flachen Überflutungen“ der Lebensräume der Bauchigen und der Schmalen Windelschnecke (vertigo angustior und vertigo moulinsiana) am Taubergießen „keine Gefährdung ihrer Bestände“ darstellten. Da es sich bei der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke je um Arten handelt, die im Anhang II der FFH-Richtlinie als geschützte Weichtiere von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt sind und deren günstiger Erhaltungszustand nach der Gebietsmeldung aus dem Jahr 2005 einen maßgeblichen Bestandteil der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) bildet, ist davon auszugehen, dass dieses Schutzgebiet durch die mit dem Betrieb des Rückhalteraums verbundenen Retentionsflutungen erheblich beeinträchtigt werden kann und das Vorhaben deshalb ohne die Erteilung einer Ausnahme nach § 38 Abs. 3 Satz 1 NatSchG unzulässig ist.
314 
Die naturschutzfachliche Einschätzung der Planfeststellungsbehörde, eine Gefährdung der Bestände der Bauchigen und der Schmalen Windelschnecke sei durch die Errichtung und den Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung nicht gegeben, gründet auf der Annahme, dass der nördliche Bereich der Taubergießenmündung, in welchem die beiden Schneckenarten nachgewiesen sind (vgl. Darstellung der Verbreitung der FFH-Typen und FFH-Tierarten im Untersuchungsgebiet, Anlage 9.2. der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie; Ordner 44 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Symbol Vm + a), nur bei Hochwasserrückhaltungen und auch dann nur mit Wasserständen von 3 bis 5 cm überflutet würde; die Ökologischen Flutungen würden sogar nur zu einer Vernässung des Bereichs führen. Dabei seien die beiden Schneckenarten als typische Auenarten und Bewohner von Röhrichten, Großseggenrieden und feuchten Pfeifengraswiesen gegen die Vernässung ihrer Lebensräume unempfindlich. Die Bauchige Windelschnecke sei auch sonst naturgemäßen winterlichen Überflutungen und sommerlichen Wasserstandschwankungen ausgesetzt.
315 
Diese Beurteilung leidet an methodisch-argumentativen Mängeln, sodass sie für sich - ohne weitere Untersuchungen - die Annahme einer fehlenden Beeinträchtigung der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke durch die Retentionsflutungen nicht mit der hier notwendigen Sicherheit begründen kann. So geht die Beurteilung verallgemeinernd davon aus, dass sowohl die Schmale als auch die Bauchige Windelschnecke als typische Bewohner nass-feuchter Auen an Überflutungssituationen angepasst sind und auch mittellange oder langandauernde Überflutungen gut vertragen können. Dies wird neben einem Hinweis auf eine Untersuchung von Groh zu den Vorkommen dieser Schneckenarten im Bereich des Polders Söllingen/Greffern aus dem Jahre 2009 vor allem aus der Annahme abgeleitet, dass die Bestände der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke im Polder Altenheim nach den Untersuchungen von Spang/Fischer/Natzschka zu den Auswirkungen der Retentionsflutungen, 1999, trotz des Probestaus im Jahr 1989, der Hochwasserrückhaltung im Jahr 1999 und einer größeren Zahl an höheren Flutungen nach wie vor vorhanden seien. Dieser Rückschluss von den Erfahrungen im Bereich der Polder Altenheim und Söllingen/Greffern auf die Auswirkungen des Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung auf die genannten - in Baden-Württemberg stark gefährdeten - Schneckenarten wäre jedoch nur tragfähig, wenn die möglichen Anpassungs- und Überlebensstrategien der beiden Schneckenarten bei einer Überflutung ihres Lebensbereichs in den Blick genommen und dargelegt worden wäre, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen aus den bislang untersuchten Lebensräumen mit denen des Vorkommens im Rückhalteraum Elzmündung vergleichbar sind. Dies ist aus der Sicht der Kammer nicht in ausreichendem Maße geschehen.
316 
Ausgangspunkt ist der überzeugende und als solcher auch unwidersprochen gebliebene Hinweis des Fachgutachters der Klägerin insbesondere in seiner - in der mündlichen Verhandlung nochmals erläuterten - Stellungnahme zu den Mängeln der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom März 2010 (Anlage 44 zum Klageschriftsatz vom 26.05.2010, GAS. 429 ff, 445 f), dass weder die Schmale noch die Bauchige Windelschnecke bereits aufgrund ihrer Physiologie eine allgemeine Hochwassertoleranz aufweisen. Auch geht der Gutachter der Klägerin davon aus, dass für die Schmale Windelschnecke als einer Schneckenart mit Lungenatmung, die sich überwiegend an der Bodenoberfläche aufhält und normalerweise nicht an Pflanzen emporklettert, die Gefahr des Ertrinkens oder aber - bei einem Aufschwimmen der Gehäuse an die Wasseroberfläche - die Gefahr eines Verdriftens in ungeeignete Lebensräume besteht. Dem hat der Gutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich zugestimmt. Ebenso ist es für die Kammer plausibel, wenn der Gutachter der Klägerin der Bauchigen Windelschnecke zwar eine höhere Überflutungstoleranz zugesteht, die sich zum einen aus deren Fähigkeit ergebe, dem Überflutungswasser durch Emporklettern an Pflanzenhalmen auszuweichen, und zum anderen der Beobachtung geschuldet sei, dass diese Schneckenart bei entsprechenden Fließgeschwindigkeiten für eine begrenzte Zeitdauer auch unter Wasser verbleiben könne. Gleichermaßen folgerichtig ist es dann aber auch, wenn er die Überlebensfähigkeit der Bauchigen Windelschnecke sowohl von der Überflutungshöhe und -dauer als auch von der Fließgeschwindigkeit des flutenden Wassers abhängig macht.
317 
Von diesem Ausgangspunkt aus hätten die als unproblematisch beobachteten Beeinträchtigungen der Schneckenbestände in den Poldern Altenheim und Söllingen/Greiffern in Bezug auf diese Parameter der Überflutungshöhe, ihrer Dauer und der Fließgeschwindigkeit des Wassers mit den entsprechenden Prognosen für den Bereich des Vorkommens der beiden Schneckenarten im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung verglichen werden müssen. Dies ist jedoch nicht mit der für den sicheren Ausschluss einer Beeinträchtigung der Vorkommen im Bereich des Polders an der Elzmündung notwendigen Ermittlungstiefe geschehen. Vielmehr hat der Fachgutachter der Klägerin in seiner zitierten Stellungnahme vom März 2010 ebenso wie der weitere für die ... GmbH tätige Fachgutachter der Klägerin in dessen Stellungnahme vom September 2009 (Anlage 25 zum Klägerschriftsatz vom 29.09.2009 S. 65 ff) sehr anschaulich dargelegt, dass die Untersuchungen am Polder Altenheim in Bezug auf diese genannten Schneckenarten im Wesentlichen auf die Bereiche beschränkt gewesen seien, die im Rahmen von Ökologischen Flutungen vernässt würden. Die Auswirkungen einer Überflutung des Vorkommens der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke, die aufgrund der Lage der Vorkommen nur bei Hochwasserrückhaltungen der Stufe 3 vorkomme, seien hingegen nicht dokumentiert. Insofern ist vom Beklagten und den Fachgutachtern des Vorhabenträgers auch der Hinweis unwidersprochen geblieben, dass die Untersuchungen zum Vorkommen der Mollusken bereits abgeschlossen gewesen seien, als man im Jahre 1996 die ersten Hochwasserrückhaltungen vorgenommen habe. Sofern man im Jahr 1989 einen ersten Probestau durchgeführt habe, fehlt es nach den Ausführungen des Fachgutachters der Klägerin an einer Untersuchung der Bestände vor dem Probestau, sodass sich die Darstellung zum Vorkommen der Schneckenarten im Bereich des Polders Altenheim tatsächlich als reine Beschreibung eines gegebenen Bestandes darstellen dürfte, die eine belastbare Aussage dazu, in welchem Maß etwa der erste Probestau im Jahre 1989 zu einer Beeinträchtigung des Bestands geführt und wie sich die Bestände insgesamt entwickelt haben, nicht zulässt.
318 
Aufgrund der fehlenden Dokumentation des Maßes der Vernässung und der Überflutung der Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke sowie ihrer Entwicklung während des Betriebs des Polders Altenheim ist auch der allgemeine Schluss der Fachgutachter des Vorhabenträgers nicht ohne weiteres tragfähig, dass sich die Bestände der genannten Schneckenarten aufgrund der mit dem Betrieb eines Rückhalteraums verbundenen weiteren Vernässung potentieller Lebensräume trotz möglicher Bestandsverluste im Falle einer Überflutung insgesamt positiv entwickeln.
319 
Hinzu kommt, dass die Beurteilung der fehlenden Beeinträchtigung des Vorkommens der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke im Rückhalteraum Elzmündung auf der Annahme des Beklagten beruht, dass die entsprechenden Bereiche bei Hochwasserrückhaltungen Überflutungshöhen zwischen 0,03 und 0,05 m aufweisen. Diese Annahme lässt sich zwar auf der Grundlage eines Vergleichs der in der zweidimensionalen Strömungsberechnung enthaltenen Darstellung der Gelände- und Gewässersohlenhöhen (Anlage 6.1.2.4.; Ordner 14 der Antragsunterlagen vom 21.06.2004) und der dort ebenfalls enthaltenen Darstellung der Wasserspiegellagen bei Hochwasserrückhaltungen mit Wassereinleitungsmengen von 90 m³/s plausibilisieren. Denn für diesen, im Teilraum 7 des Rückhaltebeckens liegenden Lebensraum sind zum einen Geländehöhen von 158+00 bis 159+00 über NN und zum anderen Wasserspiegellagen von 158+10 über NN angegeben. Allerdings weist der Fachgutachter der Klägerin zu Recht darauf hin, dass nach Anlage 8.8.1.1 der Umweltverträglichkeitsstudie (Ordner 21 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004) für den gleichen Bereich Überflutungshöhen von 0,3 bis 0,9 m ausgewiesen sind, was für eine zumindest mögliche grundlegende Fehleinschätzung der Auswirkungen der Hochwasserrückhaltung auf die untersuchten Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecken spricht. Jedenfalls hat der Beklagte trotz der substantiierten Einwendungen zu keinem Zeitpunkt dargelegt, dass und warum die seinen Annahmen widersprechenden Angaben in der Umweltverträglichkeitsstudie fehlerhaft sind. Hinzu kommt, dass die Darstellung der Geländehöhen im Rahmen der Strömungsberechnung deutlich weniger ausdifferenziert ist, als dies im Rahmen der Darstellung der Überflutungshöhen in der Umweltverträglichkeitsprüfung der Fall ist. Dabei sind die Überflutungshöhen hier schon deshalb für die Überlebensfähigkeit der Schneckenarten relevant, weil höhere Wasserstände das Maß der möglichen Verdriftung aufschwimmender Tiere, die Dauer der Überflutung und die Möglichkeit eines Entweichens durch Emporklettern an Gräsern oder Halmen erheblich beeinflussen können.
320 
(4.3) Einwendungen im Übrigen
321 
Im Übrigen hat die Kammer keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Bewertung der Planfeststellungsbehörde, die vorhabenbedingten Auswirkungen auf die in den Natura-2000-Gebieten geschützten Lebensraumtypen und Arten seien nicht erheblich.
322 
(4.3.1) Methodische Einwendungen
323 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin bei der Bewertung der Erheblichkeit grundsätzliche methodische Mängel darin sieht, dass die von den Wirkungen des Hochwasserrückhaltebeckens betroffenen Flächen der Lebensraumtypen oder die Anzahl der betroffenen Individuen nicht zur Gesamtfläche oder dem Gesamtbestand im betroffenen FFH-Gebiet ins Verhältnis gesetzt worden sei, ist der Fachgutachter des Vorhabenträgers dem ebenso überzeugend entgegen getreten wie dem weiteren Vorwurf, man habe bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwellen die in den einschlägigen Fachkonventionsvorschlägen (Lambrecht/Trautner, Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP - Endbericht zum Teil Fachkonventionen, Schlussstand Juni 2007) als maßgeblich bezeichneten Kriterien insbesondere des „quantitativ-relativen Flächenverlusts (1% Kriterium)“ unbeachtet gelassen. Zwar ist dem Fachgutachter der Klägerin zuzugeben, dass in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien keine Angaben zur betroffenen Population und deren Lebensräumen einerseits und dem Verhältnis zur Gesamtpopulation und deren Lebensraum andererseits enthalten sind, so dass dort, wo für einige Tierarten oder Lebensraumtypen lokale Beeinträchtigungen angenommen werden, die Bewertung der fehlenden Erheblichkeit nicht unmittelbar nachvollziehbar ist. Allerdings hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers hierzu dargelegt, dass man zu den betroffenen Arten jeweils eine Abschätzung getroffen habe, inwieweit mögliche lokale Verluste im Verhältnis zur Gesamtpopulation von Bedeutung seien, dass man hier aber auf eine grobe Schätzung beschränkt gewesen sei, weil es insoweit noch an genauen Erhebungen der Bestände in den gesamten Habitats-Gebieten gefehlt habe bzw. fehle. Die Unsicherheit im Tatsächlichen habe man allerdings dadurch eliminiert, dass man neben der Einbeziehung der Naturschutzbehörden vor allem auf das Erfahrungswissen der jeweils spezialisierten Fachgutachter zurückgegriffen habe, die das gesamte Habitatsgebiet aus eigener Anschauung kennen würden. Zudem habe man bei den im gesamten Habitatsgebiet verbreiteten Arten berücksichtigen können, dass es sich bei dem von dem Vorhaben betroffenen Bereichen der geschützten Habitate nur um einen sehr kleinen Teilbereich von insgesamt 4,3 km³ handele, während etwa das FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ca. 50 km² und das FFH-Gebiet „Rheinniederungen von Wittenweier bis Kehl“ ca. 38 km² umfasse.
324 
Diese Darlegungen sind in methodischer Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden, weil sie einerseits sachlich durch die Unvollständigkeit der Datenlage in den gesamten Habitatsgebieten begründet sind und andererseits einen nachvollziehbaren und in Bezug auf die Erhaltungsziele des Gebiets hinreichend konservativen Ansatz verfolgen. Hierbei ist rechtlich von Bedeutung, dass der durch das Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße bestimmte günstige Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart langfristig vor Qualitätseinbußen geschützt werden soll und deshalb sogar der Verlust eines lokalen Vorkommens oder Reviers zugelassen werden kann, wenn aufgrund einer konkreten Standortdynamik der betroffenen Art davon auszugehen ist, dass hiermit nur eine kurzzeitige Beeinträchtigung des Erhaltungszustands verbunden ist, die aufgrund anderer positiver Faktoren wieder ausgeglichen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 45, und v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, Rn. 571 ff.). Dies gilt auch für den Aspekt möglicher Verluste an Lebensraumflächen. Zwar darf nach der Regelung des Art. Art. 1 Buchst. i) Satz 2 Spiegelstrich 2 FFH-RL auch das "natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder (sofort) noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen“, doch ist nicht jeder Flächenverlust eines Lebensraums einer Art in einem FFH-Gebiet notwendig mit einer Abnahme des Verbreitungsgebiets gleichzusetzen. Denn auch insoweit verfolgt der Gebietsschutz ein dynamisches Konzept, sodass ein Flächenverlust unschädlich ist, wenn es die Standortdynamik der betroffenen Art unter den gegebenen Umständen zulässt, dass diese Flächenverluste selbst ausgeglichen werden (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 45; zum Verlust einzelner Brut-, Nahrungs- oder Rückzugsgebiete bei Vögeln: BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, BVerwGE 120, 276, 292, und v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 178 f.). Dabei steht der notwendigen Sicherheit der entsprechenden Wirkungsprognosen zu den Populations- und Flächenverlusten methodisch auch nicht entgegen, dass die fehlende Darstellung der Flächenverluste die Anwendung der entsprechenden Orientierungswerte ausschließt, die in den vom Fachgutachter der Klägerin angeführten Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Lambrecht / Trautner, 2007) für die Ermittlung der Erheblichkeit quantitativ-relativer Flächenverluste aufgestellt sind. Dies folgt allerdings nicht daraus, dass diese Fachkonvention erst im Jahr 2007 veröffentlicht und deren Beachtung den Naturschutzbehörden erst mit Schreiben des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 31.1.2008, und somit nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Planfeststellungsentscheidung, vorgegeben worden ist. Denn der - in die Erstellung der Fachkonvention als mitwirkender Sachverständiger eingebundene (vgl. Lambrecht / Trautner, a.a.O., S. 16) - Fachgutachter der Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Fachkonvention grundsätzlich den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu den Reaktions- und Belastungsschwellen ökologischer Systeme und der darin vorkommenden Arten widerspiegelt. Auch hat er dargelegt, dass das Kriterium des quantitativ-relativen Flächenverlusts bereits in dem der Fachkonvention zugrunde liegenden Forschungsbericht (Lambrecht et al., 2004) enthalten und als Kriterium in der nachfolgenden Diskussion unproblematisch gewesen sei, sodass dessen Beachtung im Grundsatz bereits durch den fachwissenschaftlich anerkannten Standard gefordert war. Dem hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers allerdings entgegen gehalten, dass man im Ansatz stets auch die Problematik des quantitativ-relativen Flächenverlusts beachtet und gewertet, sich jedoch bei der Bewertung dieser Verluste nicht an einem bloß quantitativen Wert des Flächenverlustes, sondern an einer Gesamtschau der absehbaren Wirkungsmechanismen innerhalb der betroffenen Lebensräume orientiert habe. Damit trägt der Fachgutachter des Vorhabenträgers nicht nur der insgesamt noch fehlenden genauen Quantifizierung der Lebensräume in den betroffenen Habitatgebieten, sondern insbesondere auch dem besonderen Umstand Rechnung, dass die als Beeinträchtigung wirkenden Vernässungen und Überflutungen einzelner Lebensräume nicht - wie etwa ein Straßenbauvorhaben - zu endgültigen Flächenverlusten oder dauerhaften und „naturfernen“ Beeinträchtigungen führen, sondern innerhalb eines natürlichen Spektrums bleiben, auf welches das ökologische System mit relativ gut absehbaren Folgen und letztlich damit auch positiven Auswirkungen für die zunächst im Lebensraum beeinträchtigten Arten reagiert. Dies hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers anschaulich an den Auswirkungen der Vernässung und Flutung für die allgemeine Artenvielfalt und die Verbesserung der Nahrungssituation etwa für zunächst durch Lebensraumveränderungen nachteilig betroffene Vögel dargelegt. Hinzu kommt, dass sich auch die „Fachkonvention zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP“ ausdrücklich nur die Bedeutung einer fachlichen Konkretisierung des Erheblichkeitsbegriffs ohne formalrechtliche Verbindlichkeit beimisst und damit letztlich nur eine Hilfestellung bei der stets erforderlichen Einzelfallbeurteilung bieten kann und soll (Lambrecht / Trautner, 2007, S. 17; zur Funktion der Fachkonvention und dem dortigen Kriterium des Flächenverlusts als Entscheidungshilfe vgl. auch BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 125).
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(4.3.2) Konkrete Bewertung der Lebensraumtypen
326 
Soweit der Fachgutachter der Klägerin konkrete Einwendungen gegen die Beurteilung der möglichen Beeinträchtigungen der geschützten Lebensraumtypen als nicht erheblich erhebt, greifen diese nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der dortigen Erläuterungen des Beklagten nicht durch.
327 
(4.3.2.1) Lebensraumtyp 91E0 Auwälder
328 
Den mit dem - im Ansatzpunkt berechtigten - Hinweis auf die fehlende Dokumentation des Erhaltungsziels verknüpften Kritikpunkt der fehlenden Nachvollziehbarkeit der als nicht erheblich eingestuften Beeinträchtigung des Lebensraumtyps 91E0, Auewälder, hat der Fachgutachter der Klägerin ausdrücklich fallen gelassen, nachdem der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung dargelegt hatte, dass sich das Erhaltungsziel der Unterschutzstellung auf den Subtyp der Ufergehölze beziehe und dementsprechend eine Beeinträchtigung durch die zusätzlichen Flutungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Hochwasserrückhaltebeckens ausgeschlossen werden könne. Der in diesem Zusammenhang von der Klägerin ebenfalls erhobene Einwand, die zusätzlichen Flutungen seien entgegen der Einschätzung des Beklagten nicht geeignet, auch - bislang kaum gegebene - Hartholzauen entstehen zu lassen, weil es hierfür an den notwendigen Niedrigwasserständen fehle und die - auetypische - Gemeine Esche auf stehendes oder langsam fließendes Wasser empfindlich reagiere, ist angesichts der allein aus der Ufervegetation folgenden Einstufung des Lebensraums als Auewald unter dem Gesichtspunkt der FFH-Verträglichkeitsprüfung unerheblich. Denn die Ausbildung der Auewälder zum Subtyp der „Hartholzaue“ gehört nach dem Vortrag des Beklagten nicht zu den Erhaltungszielen der Schutzgebiete. Es kann daher offen bleiben, ob der Hinweis des Fachgutachters des Vorhabenträgers zutrifft, die Ökologischen Flutungen sowie die vorgesehenen Niedrigwasserstände würden die notwendige Hochwasserdynamik von Überflutungs-, Niedrig- und Druckwasser herstellen und seien somit ungeachtet der Problematik für die empfindlicheren Eschen prinzipiell geeignet, die betroffenen Lebensräume in die Richtung einer Hartholzaue zu entwickeln.
329 
(4.3.2.2) Lebensraumtyp 6510 Magere Flachlandmähwiesen
330 
Der weitere ebenfalls zunächst berechtigte Einwand des Fachgutachters der Klägerin zur mangelnden Nachvollziehbarkeit der Aussage, der Lebensraumtyp 6510 (Magere Flachlandmähwiesen) werde durch die gelegentlichen Flutungen nicht erheblich beeinträchtigt, ist aufgrund der Erläuterungen zum tatsächlichen Vorgehen der Fachgutachter des Vorhabenträgers während des Verfahrens ausgeräumt worden. Zwar ist richtig, dass sich aus der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie zu diesem Lebensraumtyp weder das spezifische Erhaltungsziel noch der für den günstigen Erhaltungszustand eines Lebensraums stets auch maßgebliche Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten nach Art. 1 Buchst. i FFH-RL ablesen lassen. Allerdings hat der Fachgutachter in der mündlichen Verhandlung hinreichend dargelegt, dass die Mageren Flachlandmähwiesen in ihrer Ausbildung als feuchter Subtyp geschützt seien und nur bei seltenen Retentionen überflutet und im Übrigen bei den häufigeren Ökologischen Flutungen nur durch ansteigendes Grundwasser vernässt würden. Dies kann aufgrund der glaubhaften rechtzeitigen Einbindung auch der Genehmigungsbehörde in diese Überlegungen als bloße Erläuterung im Verfahren berücksichtigt werden. Es ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar, wenn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hieraus ableitet, dass die charakteristischen auetypischen feuchtigkeitsliebenden Arten in ihrem Bestand und ihrer möglichen Vielzahl gefördert würden und damit dem Erhaltungsziel für das Gebiet positiv Rechnung getragen werde. Sofern der Fachgutachter der Klägerin darauf hinweist, dass auf der Mageren Flachlandmähwiese in ihrer aktuellen Ausprägung auch charakteristische Arten lebten, die an Trockenbereiche gewöhnt seien, sind diese Arten aufgrund der Zielsetzung für das Schutzgebiet nur von geringerer Bedeutung; vor allem aber hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers auch zu diesen Arten in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass sie durch die absehbare Entwicklung nicht in ihren eigentlichen Beständen gefährdet seien, sondern nur in der Anzahl und ihrem Verhältnis zur Gesamtpopulation zugunsten einer größeren Artenvielzahl zurückgedrängt würden. Dies ist für die Kammer angesichts des Hinweises des Fachgutachters auf die für Wiesen allgemein typischen zeitweisen Vernässungen durch stehendes Wasser sowie das - rechtlich relevante - Element der hierdurch belegten möglichen Regeneration der in einem natürlichen Lebensraum vorkommenden charakteristischen Arten überzeugend. Sofern der Fachgutachter der Klägerin schließlich auf die fehlende Berücksichtigung einer möglichen Überdüngung des Mageren Flachlandmähwiesen durch das geflutete Rheinwasser hinweist, ist dem der Beklagte mit dem Verweis auf die seltenen Flutungen einerseits und die insgesamt niedrige Nitratstickstoffkonzentration des Rheinwassers entgegen getreten. In dieser Situation hätte es - trotz der grundsätzlich problematischen Empfindlichkeit des Lebensraums gegenüber einer eutrophierenden Wirkung durch Stickstoffeinträge, die auch der Beklagte etwa bei der Beurteilung des Lebensraumtyps Kalk-Magerrasen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ (Natrua 2000 Verträglichkeitsstudie S. 40 ff; Anlage 9.1. zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004, Ordner 23) anerkennt - an der Klägerin gelegen, die Problematik eines dennoch drohenden schädlichen Nitratstickstoffeintrags in die Wiesen näher darzulegen. Insofern unterscheidet sich die Problematik von der Frage des schädlichen Stickstoffeintrags in der Folge eines Straßenbauprojekts, wie sie insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Notwendigkeit der Verträglichkeitsprüfung anhand sog. Critical Loads aufgeworfen ist (hierzu BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 108 f., v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 107 ff, 127 und v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 - NuR 2010, 558 Rn. 87; vgl. auch Balla/Müller-Pfannenstiel/Lüttmann/Uhl, NuR 2010, 616, 617 ff). Denn anders als bei einer intensiven Straßennutzung durch den Kraftfahrzeugverkehr werden die hier betroffenen Gebiete - wenn überhaupt - nur selten und dann auch nur kurzzeitig mit möglicherweise nitritstickstoffhaltigem Rheinwasser vernässt oder überflutet, wobei der dann mögliche Eintrag der entsprechenden Schwebteile von der Fließgeschwindigkeit und der von der Gesamtwassermenge abhängigen Belastung im Einzelfall abhängt.
331 
(4.3.2.3.) Lebensraumtyp 6210 Kalk-Magerrasen mit orchideenreichen Beständen
332 
Der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe zu Unrecht eine erhebliche Beeinträchtigung der in den beiden Fauna-Flora-Habitat-Gebieten „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ und „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ unter Schutz gestellten prioritären Lebensräume des Kalk-Magerrasens mit orchideenreichen Beständen (Lebensraumtyp 6210) verneint, greift nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung letztlich ebenfalls nicht durch.
333 
Sowohl der Fachgutachter des Vorhabenträgers als auch - ihm folgend - die Planfeststellungsbehörde in ihrem Planfeststellungsbeschluss (dort Kap. 7.1.6., S. 87 f) sind davon ausgegangen, dass die Kalk-Magerrasen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ (7712-341) in einigen näher bezeichneten Teilflächen teilweise aufgrund der flächenmäßigen Überflutungen mit nährstoffreichem Wasser sowie über die Vernässung eines Halbtrockenrasenkomplexes durch die Ökologischen Flutungen in ihren Erhaltungszielen beeinträchtigt werden können. Teilweise könne dies auch durch die Bauarbeiten geschehen; das im landschaftspflegerischen Begleitplan festgeschriebene Schutz- und Ausgleichskonzept verhindere die Erheblichkeit der Beeinträchtigung nur zum Teil. So wird in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (dort S. 42) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Baumaßnahmen am Hochwasserdamm VI zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Biotoptyps Kalkmagerrasen auf 1,4 ha führen, wobei auf einer Fläche von 0,2 ha besonders hochwertige orchideenreiche Bestände betroffen seien. Ferner werden die - aufgrund der niedrigen Fließgeschwindigkeiten - drohende Eutrophierung der 0,3 ha Halbtrockenrasen, die bei Hochwasserrückhaltungen im Teilraum 7 mit weniger als 0,1 m³/s überflutet würden, sowie die mögliche Entwicklung von 0,1 ha Halbtrockenrasen zu einem feuchteren Wiesentyp als erhebliche Beeinträchtigungen durch den Betrieb des Rückhaltebeckens gewertet. Für diese Beeinträchtigungen ist jeweils ein Ausgleich in der Form einer Neuentwicklung in der Form von Halbtrockenrasen auf anderen Flächen des FFH-Gebiets vorgesehen, die rechtlich nicht - wie es der etwas missverständliche Wortlaut der Begründung im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 88 nahelegen könnte - als Verhinderung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung, sondern als Kohärenzsicherungsmaßnahme im Rahmen der Abweichungsentscheidung (zu dieser näher unten 5.2.) anzusehen ist und von der Behörde - wie sie in der mündlichen Verhandlung über ihren Vertreter erläutert hat - auch so angesehen wurde.
334 
Im Übrigen sind erhebliche Beeinträchtigungen der Kalk-Magerrasen im Bereich der FFH-Gebiete „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ und „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“ zu Recht verneint worden. So wurde in den entsprechenden Natura-2000-Verträglichkeitsstudien eingehend dargelegt, dass die baulichen Eingriffe am Hochwasserdamm VI und VII soweit wie möglich unter Schonung der geschützten Lebensräume durchgeführt werden müssen und etwa ein Teil der Sanierung des Hochwasserdamms VI auf einer Strecke von 750 m auf den Bereich des Dammfußes beschränkt wird. Soweit unumgängliche Eingriffe nicht zu endgültigen Flächenverlusten im konkreten Lebensraum führten, werde der samen- und wurzelhaltige Oberboden der Halbtrockenrasen abgetragen und auf die dann neu anzulegende Dammböschung wieder möglichst kurzfristig aufgetragen. Hierdurch werde mittelfristig sogar mit einer Verbesserung des Halbtrockenrasens zu rechnen sein.
335 
Diese über die Aufnahme in den Landschaftspflegerischen Begleitplan (Kap. 3.2.4.) rechtlich verbindlich festgelegten Kompensationsmaßnahmen bewirken, dass die in einem ersten Schritt gegebene Beeinträchtigung des Lebensraums rechtlich nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung wird. Zwar ist nach den Darlegungen in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien davon auszugehen, dass die Verwirklichung des Vorhabens mit den hier relevanten Eingriffen in den Boden zunächst zu einer realen Verschlechterung der in den betroffenen Lebensräumen gegebenen Lebensbedingungen für geschützte und charakteristische Arten führt. Der eintretende Flächenverlust hat jedoch - anders als dies bei den bau- und flutungsbedingten endgültigen Verlusten im Bereich des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ der Fall ist - nicht zur Folge, dass die geschützten Gebietsbestandteile insgesamt deshalb in ihrer Funktion beeinträchtigt wären, den günstigen Erhaltungszustand der dort bezeichneten natürlichen Lebensräume sowie der Arten von gemeinschaftlicher Bedeutung zu wahren. Denn die - im Übrigen nur im begrenzten Maße und lokal wirkenden - Beeinträchtigungen werden durch die Renaturierungsmaßnahmen in den betroffenen Flächen hinreichend schnell und umfassend wieder ausgeglichen.
336 
Insofern folgt die Kammer im rechtlichen Ansatz der - von der Klägerin kritisierten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43, v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 94 und v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 - NuR 2010, 558 Rn. 57); danach können für die Frage, ob ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleibt, die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden. Maßgeblich ist hierbei, dass die Kompensationsmaßnahme - hier die Wiederherstellung beeinträchtigter Mager- und Halbtrockenrasenflächen - nicht eine bereits eingetretene relevante Funktionseinbuße des Lebensraums ausgleicht, sondern bewirkt, dass es zu solchen erheblichen Beeinträchtigungen gar nicht erst kommt.
337 
Der Renaturierung der Teilflächen der betroffenen Kalk-Magerrasen kommt der Charakter einer Maßnahme zu, die bereits den Eintritt einer Funktionsbeeinträchtigung des geschützten Gebietsbestandteils verhindert und damit die Erheblichkeit der zunächst gegebenen Beeinträchtigung ausschließt. Denn der zunächst durch Bauarbeiten zerstörte Lebensraum erhält zeitnah wieder die Lebensraumbedingungen einschließlich der Bodenschicht als des eigentlichen Lebensraumträgers, die vor dem Eingriff bestanden haben; außerdem ist jeweils nur ein für die Funktionsfähigkeit und Stabilität des gesamten Lebensraumtyps unerheblicher Teil der Fläche betroffen. Es ist für die Kammer daher unmittelbar nachvollziehbar, wenn der Beklagte ohne jeden vernünftigen Zweifel davon ausgeht, dass sich der Lebensraum insgesamt kurzfristig - etwa innerhalb einer Vegetationsperiode - wieder weitgehend von dem baulichen Eingriff erholen wird und auch die in diesen Bereichen lebenden charakteristischen Tierarten, zu denen etwa Heuschrecken gehören, nur vorübergehend, nicht aber dauerhaft in ihrem Bestand beeinträchtigt werden. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass - bezogen auf diese baulichen Beeinträchtigungen - Lebensraumflächen betroffen sind, die sowohl absolut als auch relativ die Orientierungswerte in den Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung“ (Lambrecht / Trautner, a.a.O., S. 33 und 36) überschreiten.
338 
Soweit hiernach hinsichtlich der Entwicklung der neu anzulegenden Flächen zu geeigneten Lebensräumen und der damit verbundenen Kompensation vorübergehender Habitatsverluste (auch vom Beklagten konzedierte) Prognoseunsicherheiten verbleiben, haben diese - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht zur Folge, dass im Sinne einer „Worst-Case-Betrachtung“ von einer fehlenden Eignung der Ausgleichskonzepte und damit letztlich doch von einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensraumtypen ausgegangen werden müsste. Vielmehr konnte der Beklagte diesen Prognoseunsicherheiten mit der verbindlichen Festschreibung eines entsprechenden Monitorings im Planfeststellungsbeschluss Rechnung tragen. Denn verbleibende wissenschaftliche Unsicherheiten sind dann kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn sich die Genehmigungsbehörde dieser Unsicherheit bewusst ist, diese über ein wirksames Risikomanagement beherrschbar bleibt und eine gegebenenfalls negative Entwicklung mit angemessenen weiteren Mitteln und Maßnahmen verhindert werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05, BVerwGE 128, 1 Rn. 67; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 - NuR 2010, 558, Rn. 67). Insbesondere die letztgenannte Möglichkeit ist hier ohne Zweifel gegeben. Denn der Vorhabenträger könnte bei Ausbleiben einer entsprechenden Entwicklung der anzulegenden Kompensationsflächen zu Magerrasen oder Halbtrockenrasen ohne weiteres zu weiteren Maßnahmen verpflichtet werden, die eine solche Entwicklung sowie die Ansiedlung entsprechender charakteristischer Arten unterstützen.
339 
(4.3.3.) Konkrete Bewertung der Arten
340 
Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des betroffenen Gebiets gewordenen Arten nach Anhang II der Habitatrichtlinie und - bezogen auf die in dem Vorhabengebiet vorkommenden geschützten Vogelarten - nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie verneint hat, greifen die hiergegen von der Klägerin konkret erhobenen Einwendungen - abgesehen von der bereits dargelegten Problematik der Behandlung der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke - im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
341 
Zunächst ist es auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Fachgutachters der Klägerin nicht zu beanstanden, dass in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien nach einer Vorprüfung in dem FFH-Gebiet „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ (Nr. 7512-341) nur noch drei der im Vorhabengebiet gemeldeten Tierarten nach Anhang II der Habitat-Richtlinie (Groppe, Kammmolch, Wimpernfledermaus) einer vertieften Bearbeitung unterzogen und für alle anderen geschützten Tierarten erhebliche Beeinträchtigungen von vornherein ausgeschlossen wurden. Gleiches gilt für die Beschränkung der vertieften Bearbeitung der Auswirkungen des Vorhabens im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) auf die neun Tierarten Helm-Azurjungfer, Heller Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling, Großer Feuerfalter, Dunkler Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling, Kammmolch, Große Hufeisennase, Wimperfledermaus, Bechsteinfledermaus und Großes Mausohr sowie für die Beschränkung der Verträglichkeitsprüfung für die Europäischen Vogelschutzgebiete „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ und „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ (Nr. DE 7412-401 und Nr. DE 7712-401) auf einige ausgewählte Vogelarten. Denn nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 und Art. 7 FFH-RL erfordern Projekte eine (intensive) Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Habitats oder eines Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen können. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 60; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558, Rn. 99). Eine solche Fallgestaltung ist hier in Bezug auf die nicht näher untersuchten Arten und Vögel gegeben.
342 
(4.3.3.1) Kleine Flussmuschel
343 
Soweit der Fachgutachter der Klägerin die Beurteilung der Bestände der Kleinen Flussmuschel (unio crassus) als nicht erheblich beeinträchtigt rügt, ist ihm darin zu folgen, dass in der Konsequenz der unterbliebenen konkreten Bestandserfassung davon ausgegangen werden muss, dass alle potentiellen Lebensräume durch diese Muschel besiedelt sind. Hiervon ist auch der Fachgutachter des Vorhabenträgers ausgegangen, wenn er in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (a.a.O., S. 24) sowie in der Ergänzung zu dieser Studie vom 15.09.2005 (Info Ordner zum Planfeststellungsbeschluss, Abschnitt 3, S. 12) zu den Vorkommen im FFH-Gebiet ausführt, dass zusätzlich zu dem bekannten Verbreitungsgebiet in einem Gewässer des Altrheinzugs im Teilraum B2 grundsätzlich alle Altrheinarme sowie die schnellfließenden Abschnitte der Elz, des Taubergießen und der Breitsandkehle als potentielle Lebensräume angesehen werden müssten. Allerdings hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers unter Berücksichtigung einer möglichen Empfindlichkeit der Muschelvorkommen gegen Veränderungen einerseits und der prognostizierbaren Wirkungen des Vorhabens in den potentiellen Lebensräumen andererseits eine Beeinträchtigung ausgeschlossen. Dies gründet auf der auch von der Klägerin nicht in Frage gestellten Erkenntnis, dass das Vorhaben im Bereich des Taubergießen allenfalls zu unschädlich geringfügigen Veränderungen der Fließgeschwindigkeit des Wassers führt und im Bereich der Altrheinarme, der Elz sowie der Breitsandkehle zwar kurzzeitig höhere Fließgeschwindigkeiten auftreten, diese aber im Bereich der maßgeblichen kiesigen Gewässersedimente und der sandig-schlammigen Gewässersubstrate im Gewässerrandbereich allenfalls zu kleinflächigen und damit unschädlichen Umlagerungen führen. Vor diesem Hintergrund ist der Einwand des Fachgutachters der Klägerin, die Beurteilung der Beeinträchtigungen der Flutungen auf die Bestände der Kleinen Flussmuschel berücksichtige die Problematik höherer Fließgeschwindigkeiten nicht hinreichend, nicht ausreichend substantiiert, um die insoweit notwendigen vernünftigen Zweifel an der Sachrichtigkeit der naturschutzfachlichen Erwägungen des Beklagten zu begründen. Hinzu kommt, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers zu den Abschätzungen der Auswirkungen der Flutungen nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Flutungen mit den höheren Fließgeschwindigkeiten insbesondere, aber nicht nur im Bereich der Altrheinarme zu einer Entschlammung der Gewässersohlen und damit letztlich sogar zu einer Verbesserung der Lebensräume der Kleinen Flussmuschel führen, sodass mögliche Bestandsreduzierungen durch höhere Fließgeschwindigkeiten unmittelbar über die dann verbesserten Lebensbedingungen ausgeglichen werden. Die vom Fachgutachter der Klägerin ferner als möglich angeführten Auswirkungen durch Baumaßnahmen sind in keiner Weise substantiiert; denn die Baumaßnahmen konzentrieren sich überwiegend auf die eigentlichen Hochwasserdämme, und betreffen daher ersichtlich keine potentiellen Lebensräume der Kleinen Flussmuschel.
344 
(4.3.3.2.) Wespenbussard
345 
Aus den gleichen Gründen greift auch die weitere Rüge der Klägerin zur unvollständigen und damit fehlerhaften Beurteilung vorhabenbedingter Beeinträchtigungen der Bestände des - über die Ausweisung der Vogelschutzgebiete „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ und „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ geschützten Wespenbussards (pernis apivorus) nicht durch. Entgegen der Auffassung des Fachgutachters der Klägerin wurde für diese Vogelart in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (Anlage 9.1. zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 23, Abschnitt 4.3., S. 29) sowohl die von Althölzern abhängige Brutsituation als auch die Frage der Nahrungsgrundlage behandelt. Allerdings fehlt es - worauf der Fachgutachter der Klägerin letztlich hinweisen wollte - an der Begründung, dass und warum die Flutungen der Altholzbestände im Vorhabengebiet keine Auswirkungen auf die Brutsituation haben. Auch ist dem Fachgutachter der Klägerin zuzugeben, dass konkrete und aktuelle Bestandserhebungen in Bezug auf diese Vogelart nicht durchgeführt worden sind. Hieraus folgt jedoch nicht, dass im Rahmen einer Worst-Case-Betrachtung nunmehr - in Anlehnung an die Orientierungswerte für Flächenverluste in den Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Lambrecht/Trautner, 2007) - von einem so erheblichen Verlust an Lebensraumflächen ausgegangen werden müsste, dass fachwissenschaftlich letztlich eine „erhebliche Beeinträchtigung“ unterstellt werden müsste. Hierzu hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die regelmäßigen oder seltenen Überflutungen der Altholzbestände allenfalls mittelfristig zu einem Wegfall eines geeigneten Brutbaums führen können, aufgrund einer stets ausreichenden Anzahl anderer geeigneter Brutplätze im Lebensraum der Vögel jedoch keine Beeinträchtigung des Bestands zu erwarten sei. Damit nimmt der Beklagte zu Recht auf das - dem Gebietsschutz nach der Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie zugrunde liegende - dynamische Schutzkonzept Bezug, das den Ausgleich von einzelnen Lebensraumfaktoren durch natürliche Entwicklungen ohne weiteres zulässt, soweit der Bestand der betroffenen Art insgesamt stabil bleibt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 45). Dabei ist die Prognose des Fachgutachters des Vorhabenträgers umso einsichtiger, als die Flutungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung regelmäßig nicht unmittelbar, sondern nur über mehrere Vegetationsperioden hinweg zu Veränderungen in den Baumbeständen führen und damit einen Zustand schaffen, der eine Reaktion der vorhandenen Arten wesentlich erleichtert. Hinzu kommt, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers darauf hinweist, dass sich die auespezifische Nahrungssituation des Wespenbussards durch die Flutungen und die Vernässung insgesamt verbessert und sich somit positiv auf die Bestandssicherung auswirkt. Der diesbezügliche Einwand des Fachgutachters der Klägerin, dass sich die Nahrungssituation in Bezug auf die - nicht auespezifischen - Wespen durchaus verschlechtern könne, überzeugt angesichts der nur geringen Fläche des Jagdgebiets des Wespenbussards, die durch die Flutungen betroffen ist, in keiner Weise. Die betroffenen Offenlandflächen mit 0,5 km² sind gegenüber einem Nahrungsrevier von 15 bis 35 km² ohne weiteres zu vernachlässigen.
346 
(4.3.3.3.) Fledermäuse
347 
Hinsichtlich der verschiedenen im Vorhabengebiet vorkommenden und als Arten nach Anhang II der Habitat-Richtlinie geschützten Fledermausarten Große Hufeisennase (rhinolophus ferrumequinem), Mopsfledermaus (barbastella barbastellus), Wimperfledermaus (myotis emarginatus) und Großes Mausohr (myotis myotis) wurde in der Ergänzung zur Natura-2000-Verträglichkeitsstudie vom 15.09.2005 (Info Ordner zum Planfeststellungsbeschluss, Abschnitt 3, S. 21, 26 ff) aufgrund des Verzichts zu näheren Bestandserhebungen ebenfalls eine allgemeine, die potentiellen Siedlungsräume betrachtende Analyse der Wirkungen des Vorhabens auf deren Bestände angefertigt. Die hierbei aufgeführten Überlegungen zur Unempfindlichkeit gegen Hochwasser und Vernässungen des Bodens sowie zur mittelfristigen Verbesserung des Nahrungsangebots teilt auch der Fachgutachter der Klägerin. Soweit dieser zusätzlich die Berücksichtigung auch der betriebsbedingten Auswirkungen des Hochwasserrückhaltebeckens auf den Baumbestand und damit auf mögliche Nistplätze der Fledermausarten vermisst, ist dem der Fachgutachter des Vorhabensträgers mit dem überzeugenden Hinweis auf die Überlegungen in der Verträglichkeitsuntersuchung entgegen getreten, dass für die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) und das Große Mausohr (myotis myotis) eine langfristige Sicherung notwendiger Altbaumbestände im Zusammenhang mit dem Waldausgleich vorgesehen ist, welcher die Erheblichkeit der Beeinträchtigung durch eine eventuell mittel- bis langfristig eintretende Verjüngung der Baumbestände im Vorhabengebiet vermeidet. Diese Überlegungen ließen sich auch auf die übrigen Fledermausarten übertragen, sofern diese überhaupt auf den Baumbestand im Vorhabengebiet angewiesen sind. Dem hat der Fachgutachter der Klägerin nichts von erheblichem Gewicht entgegen gehalten. Dabei kommt hinzu, dass auch hier die prognostizierten positiven Auswirkungen insbesondere in Bezug auf die Nahrungssituation dazu führen, dass die Bestände in den Habitaten insgesamt positiv beeinflusst werden und deshalb selbst ein - als Worst-Case unterstelltes - sukzessives Absterben bislang geeigneter Altholzbestände in den Teilräumen 1, 2 und 7 keine Beeinträchtigungen der Stabilität der Bestände in diesen Habitaten mit sich bringen wird.
348 
(4.3.3.4.) Rapfen
349 
Die von der Klägerin gerügte fehlende Behandlung der in den betroffenen Habitaten geschützten Rapfen (aspius aspius) begründet keinen Rechtsfehler. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat insoweit in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass man hier aufgrund einer groben Abschätzung von vornherein eine erhebliche Betroffenheit der Bestände in den geschützten Habitaten ausscheiden konnte und deshalb auf eine schriftliche Niederlegung der Erwägungen verzichtet habe. Diese Einschätzung war auf die Erkenntnis gegründet, dass der Rapfen im Bereich des Rheins und der Rheinauen - anders als etwa in der Donau - sehr stabile, sich ausweitende Bestände aufweise und selbst dann nicht beeinträchtigt werde, wenn er - wie von der Klägerin befürchtet - im Zusammenhang mit Ökologischen Flutungen oder Hochwasserrückhaltungen den Bereich der Bach- und Flussläufe verlassen und dann bei Rückgang des Wassers in trockenfallenden Bereichen gefangen werden würde.
350 
(4.3.3.5.) Mittelspecht
351 
Ebenfalls nicht überzeugen kann die Argumentation des Fachgutachters der Klägerin zur fehlerhaften Behandlung der Mittelspechte (dendrocopus medius). Diese beruht auf der im Ausgangspunkt richtigen Kritik, dass das Vorkommen der Mittelspechte im Vorhabengebiet weder quantifizier- noch lokalisierbar sei. Zu folgen ist auch der hieraus methodisch konsequent abgeleiteten Annahme eines Worst-Case, nach dem der als Lebensraum für den Mittelspecht grundsätzlich geeignete Teilraum 2 als vollständig besiedelt betrachtet werden muss. Fehl geht jedoch die weitere Annahme, dass in dem betroffenen Bereich aufgrund der Baumaßnahmen und der Flutungen 0,04 ha der als Nahrungsreservoir dienenden Alteichenbestände bzw. insgesamt 15 bis 30 % der Baumbestände beseitigt würden, sodass in Anlehnung an die Orientierungswerte in der Fachkonvention zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Lambrecht / Trautner, 2007) von einer erheblichen Beeinträchtigung der Bestände auszugehen sei. Diese Schlussfolgerung ignoriert hinsichtlich der tatsächlichen Annahmen die forstliche Bestandsfeinkartierung und Risikoanalyse (Anlage 12.10.1 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 30, Teil A, S. 27 f Teil B.5.3.1. S. 22 ff und 33 ff.), die für den Teilraum 2 zum einen einen nur sehr geringen Anteil an Altbeständen der Eichen von insgesamt 0,3 ha ausweisen und zum anderen deutlich machen, dass die prognostizierten Schäden überwiegend die Bestände der Berg- und Spitzahorne betreffen, die für das Nahrungsangebot und die Nistmöglichkeiten des Mittelspechts ohne Bedeutung sind. Zudem wird aus der forstlichen Risikoanalyse deutlich, dass die flutungsbedingten Schäden nur bei einem geringen Teil von 5 bis 10 % der Ahornbestände zu einem Baumverlust führen und im Übrigen Schäden an den Stämmen und Rinden erwartet werden, die - nach Aussage des Fachgutachters des Vorhabenträgers - in Absprache mit der Forstverwaltung im Rahmen eines verträglichen sukzessiven Waldumbaus beseitigt werden. Dabei geht der Fachgutachter des Vorhabenträgers in Auseinandersetzung mit diesen Prognosen nachvollziehbar nicht nur von einer allenfalls geringfügigen und kurzfristigen Beeinträchtigung der Bestände des Mittelspechts aus, sondern sieht den Verlust der überwiegend jungen Bestände des Ahorn im Teilgebiet 2 als positiven Entwicklungsfaktor für die Ausbildung größerer Eichen- und Pappelbestände an, die wiederum die Nahrungssituation für die Mittelspechte verbessern. Der vom Fachgutachter der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verlust der Ahornbestände vorgebrachte Nachteil einer den Beutedruck durch Raubvögel vergrößernden Auslichtung des Waldes wird zum einen durch die nur sukzessive Auslichtung im Rahmen einer naturverträglichen Forstwirtschaft relativiert und zum anderen nach der insoweit überzeugenden Einschätzung des Fachgutachters des Vorhabenträgers durch die anderweitige Verbesserung der Nahrungssituation soweit ausgeglichen, dass eine tatsächliche Beeinträchtigung der Stabilität des Mittelspechtbestands nicht ernsthaft angenommen werden kann.
352 
(4.3.3.6) Neuntöter
353 
Soweit die Klägerin hinsichtlich der Feststellung einer fehlenden Betroffenheit des Neuntöters (lanius collurio) in der Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 35) einwendet, dass die vorwiegend im Gschleder siedelnden Neuntöter den Teilraum 7 des Rückhaltebeckens Elzmündung als wichtiges Nahrungshabitat nützten und die Verträglichkeitsuntersuchung insofern unbeachtet lasse, dass gerade hier durch Überflutungen und Überstau erhebliche Verluste an Nahrungstieren auf der Bodenoberfläche eintreten könnten, ist eine Überschreitung des dem Beklagten bei seiner Beurteilung eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraums zur Entwicklung der Lebensbedingungen der geschützten Neuntöter-Bestände nicht gegeben. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers ist diesem Hinweis mit dem - im Grundsatz auch vom Fachgutachter der Klägerin geteilten - Argument entgegen getreten, dass sich durch die gelegentlichen Vernässungen nicht nur insgesamt das Nahrungsangebot vergrößere, sondern dass der flutungsbedingte Verlust an Nahrungstieren am Boden durch Flutungen unmittelbar nach dem Rückgang des Wassers durch das entsprechende Angebot an toten Tieren ausgeglichen werde und sich eine im Teilgebiet 7 vorübergehend gegebene Beuteknappheit im Hinblick auf die Kürze dieser Zeit und die Ausweichmöglichkeit in andere Jagdgebiete in keiner Weise auf die Bestände auswirke. Soweit der Fachgutachter der Klägerin auf eine fehlende Behandlung der Neuntöter in dem potentiell geeigneten Siedlungsgebiet entlang der Hochwasserdämme und eine dort allein aufgrund der durchgeführten Baumaßnahmen mögliche erhebliche Beeinträchtigung verweist, hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers glaubhaft dargelegt, dass aufgrund zahlreicher Ortsbegehungen ausgeschlossen werden kann, dass in diesem Bereich tatsächlich Neuntöter gesiedelt haben.
354 
(4.3.3.7) Eisvogel
355 
Im Ergebnis unerheblich ist auch der weitere Einwand des Fachgutachters der Klägerin, dass man bei der Untersuchung der möglichen Beeinträchtigungen des Eisvogels (alcedo atthis) nicht konkret dokumentiert habe, wo sich die Bruthöhlen dieses Vogels genau befänden, sodass man die in der Verträglichkeitsprüfung als Vorkommen in den Vogelschutzgebieten bezeichneten ca. 9 Brutpaare - im Rahmen der Worst-Case-Betrachtung - alle in ein Brutgebiet verweisen müsse, welches bei Betrieb des Hochwasserrückhaltebeckens von einem kritischen Anstieg des Wasserstandes von mehr als 0,5 m betroffen sei. Denn insoweit hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers unter Bezugnahme auch auf die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (a.a.O., S. 27) darauf hingewiesen, dass Eisvögel gegen Brutverluste bei Überflutung unempfindlich sind, da sie solche Verluste durch eine erneut mögliche Brut ausgleichen und sich andere den Gefährdungen angepasste Brutplätze suchen. Damit ist unter rechtlicher Bezugnahme auf die jeweils berücksichtigungsfähige Standort- und Populationsdynamik hinreichend sicher, dass eine Beeinträchtigung der Eisvogel-Bestände durch die Flutungen im Vorhabenbereich nicht eintritt. Der in Reaktion auf diesen - fachlich auch vom Gutachter der Klägerin geteilten - Ansatz einer Prognose ergangene Hinweis der Klägerin, man müsse aber im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung mangels gegenteiliger Feststellungen davon ausgehen, dass geeignete Ausweichbruthöhlen oberhalb der jeweiligen Flutungshöhen nicht vorhanden seien, ist angesichts der Größe der maßgeblichen Vogelschutzgebiete und der dort vorhandenen Flussuferstrukturen als „Annahme ins Blaue hinein“ zu werten, die den wissenschaftlich-methodischen Stellenwert der Technik einer Abschätzung ungewisser Sachverhalte oder Entwicklungen über die Unterstellung eines „Worst-Case“ überzieht.
356 
(4.3.3.8) Großer Feuerfalter
357 
Soweit die Klägerin über ihren Fachgutachter Einwendungen gegen die Beurteilung der Bestände des Großen Feuerfalters (lycaena dispar) als nicht erheblich betroffen erhebt, greifen diese ebenfalls nicht durch. Die Beurteilung des Beklagten beruht hinsichtlich der Bestände in dem Habitat „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ auf der Prognose, dass die im Teilraum 7 des Retentionsraums vorhandenen Bestände am Hochgestaderand nördlich von Kappel zwar durch die sommerlichen Überflutungen der tiefergelegenen Wiesen sowie durch eine anhaltende Vernässung durch Ökologische Flutungen beeinträchtigt werden, weil dann die wenig mobilen Raupen sterben können, dass aber gleichzeitig der Lebensbereich der Schmetterlinge durch die Entwicklung höher gelegener Wiesenbereiche in Bereiche verlagert werden kann, die von einer Flutung oder Vernässung nicht betroffen sind. Hier greifen die Fachgutachter des Vorhabenträgers die auch von der Klägerin nicht in Frage gestellte Erkenntnis auf, dass sich die Vorkommen der Großen Feuerfalter aufgrund ihrer Vorlieben für bestimmte Ampfer-Arten, die bevorzugt auf jungen Brachen oder gestörten Feuchtwiesen vorkommen, stets der Herausforderung einer sich verlagernden Vegetation ausgesetzt sind, sodass die Entwicklung neuer geeigneter Ampfer-Wiesen noch vor einer Gefährdung der bisherigen Futtergebiete als hinreichend sicher geeignete Maßnahme angesehen werden kann. In rechtlicher Hinsicht ist diese Maßnahme - trotz der mit ihr verbundenen Wirkung einer Verlagerung des Lebensraums - dem Bereich der „Vermeidung einer erheblichen Beeinträchtigung“ zuzurechnen. Zwar gehört zum insoweit maßgeblichen „günstigen Erhaltungszustand“ einer Art auch deren "natürliches Verbreitungsgebiet“, das aufgrund des Vorhabens weder sofort noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen darf (2. Anstrich in Satz 2 von Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Die Flutung und Vernässung der bisherigen Wiesen führt jedoch aufgrund der vorangehenden und parallelen Entwicklung anderer geeigneter Wiesenflächen nicht zu einem Flächenverlust, sondern nur zu einer dem dynamischen Konzept des Gebietsschutzes und der natürlichen Standortdynamik der Großen Feuerfalter entsprechenden Verlagerung des Lebensraums. Der günstige Erhaltungszustand der Großen Feuerfalter wird hierdurch nach wie vor sicher gewährleistet (zur Verlagerung eines Lebensraums als Vermeidungsmaßnahme vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 45; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, Rn. 573). Das in diesem Zusammenhang vom Fachgutachter der Klägerin vermisste Monitoring oder Risikomanagement ist dem Vorhabenträger über die Nebenbestimmung zum Planfeststellungsbeschluss (Ziff. VII C 7., S. 36 f) in rechtsverbindlicher Form aufgegeben.
358 
In Bezug auf die Vorkommen des Großen Feuerfalters im Bereich des FFH-Gebiets „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“, die vom Beklagten als durch das Vorhaben des Rückhalteraums Elzmündung nicht beeinträchtigt angesehen werden, hat die Klägerin keine substantiierten Bedenken geäußert.
359 
(4.3.3.9) Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling
360 
Schließlich ist der Klägerin auch nicht in ihrer Kritik an der Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die vom Aussterben bedrohten Arten des Hellen und Dunklen Wiesenknopf-Ameisen-Bläulings (maculinea teleius und maculinea nausithous) zu folgen. Diese Kritik ist auf die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verlagerung des Lebensraums im Teilraum 7 des Rückhalteraums nordwestlich des Ellbogenwaldes sowie am Elzkopf an den Hochgestaderand im Bereich der Elzwiesen sowie zusätzlich durch Wiederherstellung und Neuanlage einiger Einzelbiotope im Bereich der Niederung der alten Elz westlich und südwestlich von Kappel beschränkt. Die Bestandsaufnahme sowie die Beurteilung der Wirkungen der Vernässung und der Flutung durch das Vorhaben auf die vorhandenen Lebensbereiche der Schmetterlingspopulation im Vorhabengebiet sind ebenso unstreitig wie der Charakter der Umwandlung der Böschung des Hochwasserdamms VI im Teilraum 6 als Sicherungsmaßnahme zur Förderung des dortigen stabilen und vom Vorhaben nicht betroffenen Bestandes. Unstreitig ist aber auch der Ausgangspunkt der naturschutzfachlichen Überlegungen des Beklagten, dass beide Wiesenknopf-Ameisen-Bläulingsarten ein kohärentes Netz an geeigneten Biotopen benötigen, die sich durch das Vorkommen zur Blüte treibender Wiesenköpfe einerseits und einer spezifischen Ameisenart andererseits auszeichnen und ein weiterer Ausfall eines Teillebensraums im Bereich des Teilraums 7 zu einer erheblichen Beeinträchtigung der insgesamt stark bedrohten und nur noch in wenigen Bereichen in Europa vorkommenden Bestände führen würde. Entgegen der Einschätzung des Fachgutachters der Klägerin hat der Beklagte jedoch ausreichende Vermeidungsmaßnahmen vorgesehen, die der besonderen Gefährdungslage für diese Bestände hinreichend Rechnung tragen. So hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung sehr ausführlich dargelegt, dass die neu zu entwickelnden Flächen ohne weiteres die notwendigen Grundbedingungen für einen Lebensraum der Wiesenkopf-Ameisenbläulinge erfüllen. Hier ist entscheidend, dass die als Futter für die Raupen dieser Schmetterlinge dienenden Ameisenlarven in den Gebieten tatsächlich vorhanden sind und die für die Eiablage unentbehrliche Blüte des ebenfalls vorkommenden Wiesenkopfes durch eine einfache Regelung zur Mahd der betroffenen Wiesen (keine Mahd in der Zeit von Mitte Juni bis Anfang September) sichergestellt werden kann. Wesentlich ist schließlich auch, dass die betroffenen Schmetterlinge von sich aus bei Bedarf neue Standorte suchen und die zu entwickelnden neuen Standorte in einer entsprechenden Reichweite liegen. Ebenso wie beim großen Feuerfalter stellt sich die Entwicklung der neuen Teillebensräume als eine Maßnahme dar, die die Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Erhaltungszustands der Schmetterlingsart entfallen lässt und damit eine spezifische Abweichungsentscheidung entbehrlich macht. Denn die hiermit ermöglichte Verlagerung eines Teils des benötigten Lebensraums kann nach Aussagen des Fachgutachters des Vorhabenträgers bereits nach drei bis vier Jahren in vollem Umfang greifen. Da bereits während der Bauarbeiten mit der Entwicklung der neuen Wiesenflächen begonnen worden ist, stehen die Ausweichflächen im Zeitpunkt der ersten Flutungen und Vernässungen der bisherigen gefährdeten Lebensbereiche bereits in hinreichender Funktionsfähigkeit zur Verfügung (zur Verlagerung eines Lebensraums als Vermeidungsmaßnahme vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 45; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, Rn. 573). Damit entfällt die Kritik des Fachgutachters der Klägerin, der Beklagte habe die rechtzeitige Besiedlung durch Ameisen, Futterpflanze und Falter nicht hinreichend sichergestellt. Das vermisste Monitoring oder Risikomanagement ist dem Vorhabenträger über die Nebenbestimmung zum Planfeststellungsbeschluss (Ziff. VII C 7., S. 36 f) in rechtsverbindlicher Form aufgegeben. Dabei ist diese Pflicht zum Monitoring zwar nicht - wie vom Fachgutachter der Klägerin gefordert - konkret für die Population der Wiesenkopf-Ameisen-Bläulinge ausgestaltet worden. Allerdings haben sowohl der Fachgutachter des Vorhabenträgers als auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Sicherung der Bestände der stark gefährdeten Wiesenkopf-Ameisen-Bläulinge im gesamten FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ein vom Vorhaben des Rückhaltebeckens unabhängiges Projekt der Entwicklung dieses Habitats ist und die durch das Vorhaben bedingte Entwicklung neuer Biotopflächen im Rahmen dieses Ziels eng begleitet wird. Hiernach bestehen für die Kammer keine Zweifel daran, dass das notwendige Monitoring einschließlich der Reaktion auf unvorhergesehene Entwicklungen vom Vorhabenträger in einem hohen Maße verlässlich und fachkundig betrieben wird.
361 
(5) Abweichungsentscheidung
362 
Ist nach dem Vorstehenden eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ (7712-341) in Bezug auf den günstigen Erhaltungszustand der dortigen Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke nicht hinreichend sicher ausgeschlossen und in Bezug auf die dort unter Schutz gestellten Lebensräume von 1,4 ha Kalk-Magerrasenflächen im Bereich des Hochwasserdamms VI und von 0,3 sowie 0,1 ha Halbtrockenrasen im Teilraum 7 sogar tatsächlich gegeben (siehe oben 4.3.2.3.), durfte das Hochwasserrückhaltebecken an der Elzmündung nur auf der Grundlage einer in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG (2002), § 38 Abs. 3 bis 7 NatSchG BW zugelassen werden.
363 
(5.1) Entscheidung der Behörde
364 
Eine solche Abweichungsentscheidung hat der Beklagte in seinem Planfeststellungsbeschluss getroffen. Diese findet sich zwar nicht in dem verfügenden Teil I. des Planfeststellungsbeschlusses. Allerdings ist die dortige Aufführung der von der Planfeststellung mit umfassten weiteren Genehmigungen nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung der „insbesondere“ umfassten Genehmigungen ergibt (S. 21 des Planfeststellungsbeschlusses). Entsprechend findet sich die Abweichungsentscheidung in den Ausführungen zu den Belangen des Naturschutzes und der Verträglichkeit des Vorhabens nach Europäischem Gemeinschaftsrecht in der Begründung des Beschlusses (Teil IX; Ziff. 7.1. Seite 86 ff). Dort ist unter den Ziffern 7.1.4. und 7.1.5. unter Hinweis auf die Natura-2000-Verträglichkeitsstudien eine erhebliche Beeinträchtigung von vier Lebensraumtypen und 5 Tierarten statuiert und unter Hinweis auf ein überwiegendes Interesse am Hochwasserschutz sowie das Fehlen von zumutbaren Alternativen die Möglichkeit der Zulassung des Projekts unter dem Vorbehalt ausgesprochen, dass die „Beeinträchtigungen ausgeglichen werden“. Diese Voraussetzung wird dann unter Hinweis auf eine vollständige Vermeidung oder Kompensation durch die in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien vorgesehenen und im Landschaftspflegerischen Begleitplan detailliert ausgeführten Maßnahmen als gegeben angenommen. Auch wenn hier nicht detailliert zwischen den Maßnahmen zur Vermeidung einer erheblichen Beeinträchtigung einerseits und einer im Rahmen der Abweichungsentscheidung notwendigen Sicherung der Kohärenz andererseits unterschieden wird, ergibt sich doch aus dem Verweis auf die entsprechenden Maßnahmen in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie und dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dass dort eine Abweichungsentscheidung getroffen werden sollte, wo diese Maßnahmen die erhebliche Beeinträchtigung nicht mehr vermeiden können, sondern das Ziel verfolgen, die durch die Beeinträchtigung gestörte Kohärenz des Gebiets anderweitig zu sichern. Dies hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf den Verlust der Kalk-Magerrasenflächen im Bereich des Hochwasserdamms VI durch Bauarbeiten und die Neuanlage einer solchen Fläche an anderer Stelle des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ausdrücklich bestätigt.
365 
Die Abweichungsentscheidung ist jedoch rechtsfehlerhaft, da sie nicht auf die Beeinträchtigung auch der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke bezogen ist. Sie kann deshalb die nach § 38 Abs. 2 NatSchG BW begründete Unzulässigkeit des Rückhaltebeckens Elzmündung nicht entfallen lassen.
366 
(5.2) Maßstab
367 
Nach § 38 Abs. 3 NatSchG darf ein Projekt, das nach Absatz 2 zu erheblichen Beeinträchtigungen eines FFH- oder eines Vogelschutzgebiets führt, nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. Befinden sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten, können nach Abs. 4 Satz 1 als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblichen günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4 zugelassen oder durchgeführt werden, sind nach Absatz 5 Satz 1 die zur Sicherung des Zusammenhangs des „Europäischen Ökologischen Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen.
368 
(5.3.1) Kalk-Magerrasen
369 
Diese Vorgaben sind im Hinblick auf die erheblich beeinträchtigten und zum Teil auch als prioritäre Lebensräume besonders geschützten Kalk-Magerrasenflächen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ erfüllt.
370 
Dabei geht die Kammer zugunsten des Beklagten davon aus, dass es sich bei der - rechtlich fehlerhaften - Formulierung auf Seite 87 Absatz 2, in welcher das Erfordernis zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses zu dem Fehlen zumutbarer Alternativen in ein Alternativverhältnis („oder“) gestellt wurde, um ein bloßes Schreibversehen handelt und diese Voraussetzungen tatsächlich kumulativ geprüft wurden. Weiter ist davon auszugehen, dass der Beklagte bei seiner Abweichungsentscheidung auch - mit negativem Ergebnis - geprüft hat, inwieweit die mit der Realisierung des Rückhalteraums Elzmündung verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen des prioritären Orchideenbestands im Bereich des Hochwasserdamms VI auch über die Umsetzung möglicher (Teil-)Alternativen minimiert oder vermieden werden können. Solche Überlegungen sind zwingend notwendig, wenn die Abweichungsentscheidung trotz der erheblichen Betroffenheit prioritärer Biotope oder Arten nach § 38 Abs. 4 Satz 1 NatSchG BW ohne Beteiligung der Europäischen Kommission getroffen werden soll, und zwar auch dann, wenn - wie hier - mit dem „Hochwasserschutz“ ein grundsätzlich hinreichend gewichtiger zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses gegeben ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 121 f; zum Belang des Hochwasserschutzes vgl. EuGH, Urt. v. 28.01.1991 - Rs. C-57/89 -, Slg. 1991, I-883 sowie Europäische Kommission, NATURA 2000 Gebietsmanagement, 2000, Ziff. 5.5.2. S 50). Zwar hat der Beklagte in der Begründung der Abweichungsentscheidung allein darauf verwiesen, dass die verbleibenden erheblichen Beeinträchtigungen der geschützten Lebensräume und Arten durch die „Notwendigkeit des Integrierten Rheinprogramms und damit des Rückhalteraums Elzmündung zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes“ als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt sind. Allerdings hat er im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung stets umfassende Überlegungen zur Vermeidung und Minimierung vorhabenbedingter Beeinträchtigungen angestellt und dabei auch die Gestaltung des Projekts und seines Betriebs mit einbezogen, sodass davon ausgegangen werden muss, dass die in dem Planfeststellungsbeschluss enthaltene Begründung zum Überwiegen der öffentlichen Belange hinter den tatsächlich angestellten Überlegungen zurückbleibt und gerade auch in Bezug auf die Beeinträchtigung der Orchideenbestände Alternativen in der Ausführung des Projekts ins Auge gefasst und untersucht worden sind.
371 
Vor allem aber sind in Bezug auf den erheblich beeinträchtigten prioritären Lebensraum der Kalk-Magerrasenflächen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ hinreichende Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 38 Abs. 5 Satz 1 NatSchG BW getroffen worden. Diese liegen darin, dass der durch Überflutungen mit nährstoffreichem Wasser, andauernden Vernässungen und Bauarbeiten nicht vermeidbare Funktionsverlust dieser Flächen entsprechend der Ausführung in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (dort S. 42) über die Neuentwicklung von Halbtrockenrasenflächen auf anderen Flächen des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenheim“ wieder ausgeglichen wird (zur Neuanlage eines Lebensraums als Kohärenzsicherungsmaßnahme vgl. Europäische Kommission, NATURA 2000 - Gebietsmanagement. Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, Ziff. 5.4.2., S. 50; BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 198). Da diese neue Fläche nach der Einschätzung des Fachgutachters des Vorhabenträgers im Bereich eines Biotopverbundes liegt und von seinen künftigen Standortverhältnissen für die Entwicklung eines Lebensraums des Typs Magerrasen günstig zu beurteilen ist, bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass sich die nach den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ in Bezug auf die beeinträchtigten Flächen geschützten Arten der Fauna und Flora trotz des vorübergehenden Flächenverlusts insgesamt wieder so regenerieren, dass von einem jeweils stabilen Bestand ausgegangen werden kann. Warum diese Annahme des Beklagten in Bezug auf die Fauna der betroffenen Gebiete - wie die Klägerin meint - „abenteuerlich“ sein soll, erschließt sich der Kammer angesichts der nachvollziehbar dargelegten hohen Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung der Flächen hin zu geschützten Rasenflächen und angesichts eines insgesamt engen Biotopverbunds mit benachbarten gleichartigen Lebensräumen nicht. Insofern ist zum einen maßgeblich, dass der bei einer Kohärenzsicherungsmaßnahme notwendige Ausgleich einer Funktionsbeeinträchtigung nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen muss und es in zeitlicher Hinsicht ausreicht, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 200). Zum anderen genügt es für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht, wobei - jedenfalls soweit naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen - der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt und das Gericht in seiner Prüfung insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 201 f.). Hinsichtlich des - trotz der Vermeidungsmaßnahmen - verbleibenden Verlusts von 0,2 ha prioritärem Lebensraum mit geschützten orchideenreichen Beständen auf der Dammkrone im Bereich des Hochwasserdamms VI geht die Kammer davon aus, dass die Neuanlage der Kalkmagerrasenflächen auch diesen Aspekt umfasst und die Orchideenbestände erhält.
372 
(5.3.2) Bauchige und Schmale Windelschnecke
373 
Die Abweichungsentscheidung ist jedoch aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der möglichen erheblichen Betroffenheit des Vorkommens der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke rechtswidrig. Denn die Behörde muss sich im Rahmen ihrer Abweichungsentscheidung des Umstands aller Beeinträchtigungen und ihres möglichen Ausmaßes ebenso bewusst sein, wie der Unmöglichkeit geeigneter Vermeidungs- und Schutzkonzeptionen. Andernfalls könnte nicht bescheinigt werden, dass die Planfeststellung alle notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen umfasst. Auch würde die im Rahmen der Abweichungsentscheidung notwendige Abwägung der für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange mit den Beeinträchtigungen, die für das Gebiet durch das vorgesehene Projekt entstünden, entwertet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn.114; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 114).
374 
(6) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
375 
Der über die Abweichungsentscheidung gegebene Rechtsfehler der Verträglichkeitsprüfung ist auch erheblich. Bei Fehlern der Abweichungsentscheidung nach § 38 Abs. 3 NatSchG BW ist die Regelung des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG entsprechend anwendbar, wonach diese nur dann erheblich sind, wenn sie offensichtlich und für das Abwägungsergebnis im Rahmen der Abweichungsentscheidung von Einfluss waren. Dies folgt daraus, dass die Abweichungsentscheidung mit der planerischen Abwägung in ähnlicher Weise verzahnt ist wie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und deshalb dem Rechtsgedanken des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG grundsätzlich ebenso offen steht wie diese. Gemeinschaftsrechtliche Hindernisse stehen dem, zumindest soweit es um die Ergebnisrelevanz geht, nicht entgegen; denn die Anwendung der Regelung dient der Verfahrensökonomie, ohne die Effektivität des Gebietsschutzes anzutasten (vgl. - zu der entsprechenden Regelung des 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG - BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 155). Hier sind die Voraussetzungen für die Erheblichkeit eines Abwägungsfehlers erfüllt.
376 
Die notwendige Offensichtlichkeit der fehlerhaften Nichtberücksichtigung einer möglichen Beeinträchtigung der Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke im Bereich des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ergibt sich bereits aus der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zur Abweichungsentscheidung, wenn dort auf Seite 87 zu Nr. 7.1.4 auf die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie in Verbindung mit der Ergänzungsstudie Bezug genommen wird, in der die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke ausdrücklich verneint worden ist.
377 
Vor allem aber besteht eine hinreichend konkrete Möglichkeit, dass die Abweichungsentscheidung des Beklagten nach § 38 Abs. 3 NatSchG anders ausgefallen wäre, wenn sich der Beklagte der Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzziele des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ in Bezug auf die dortigen Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke bewusst gewesen wäre. Hierbei ist nicht nur die Frage in den Blick zu nehmen, ob insoweit eine „objektive Befreiungslage“ gegeben ist, weil etwa das Gewicht der mit dem Bau und dem Betrieb des Rückhaltebeckens an der Elzmündung verbundenen öffentlichen Belange es auch rechtfertigen würde, den gesamten Bestand der genannten Mollusken im Vorhabengebiet zu vernichten (zur Unerheblichkeit eines Fehlers bei der artenschutzrechtlichen Befreiung nach § 62 BNatSchG (2002) vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, Rn. 539); vielmehr ist angesichts der Zielrichtung des Verhältnisses zwischen der notwendigen Prüfung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzziele eines FFH-Gebiets und der nachrangigen Möglichkeit einer Abweichungsentscheidung auch von Relevanz, inwieweit mögliche Beeinträchtigungen durch geeignete Kohärenzsicherungsmaßnahmen ausgeglichen werden könnten (zur Notwendigkeit einer möglichst sicheren Abschätzung der Folgen eines Vorhabens für die Schutzgüter eines FFH-Gebiets und der Prüfung entsprechender Kohärenzmaßnahmen vgl. insb. EuGH, Urt. v. 20.09.2007 - C-304/05 -, < Kommission / Italien >, Slg. 2007, I-7495 Rn. 81ff.; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 62 ff.). Insofern muss es im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG für die Annahme eines erheblichen Fehlers bei der Beurteilung einer möglicherweise erheblichen Beeinträchtigung eines Schutzgebiets in seinen maßgeblichen Gebietsbestandsteilen ausreichen, dass die konkrete Möglichkeit einer anderen Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens sowie einer hierauf bezogenen Schutzkonzeption gegeben ist (zur fehlenden Relevanz einer tatsächlich sich nur geringfügig auswirkenden Fehleinschätzung vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558, Rn. 93). Entsprechend reicht es hier aus, dass eine erhebliche Betroffenheit der Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke durch die Hochwasserrückhaltung nach den Darlegungen des Gutachters der Klägerin möglich ist und im Falle einer solchen Betroffenheit Schutzkonzepte wie die Reduzierung der Flutungshöhen, ein geeignetes Risikomanagement (hierzu BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 54f.; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge v. 29.01.2004 - C-127/02 < Herzmuschelfischerei > Slg. 2004, I-7405, Rn. 108) oder aber Kohärenzsicherungsmaßnahmen wie die Entwicklung geeigneter neuer Lebensräume für die betroffenen Mollusken denkbar sind.
378 
(7) Präklusion des Rügerechts
379 
Schließlich ist die Klägerin mit dem hier für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erheblichen Einwand der fehlenden Berücksichtigung der Auswirkungen des angefochtenen Vorhabens auf die mit der Ausweisung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ geschützten Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke auch nicht nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG ausgeschlossen. Dies gilt, obwohl die Klägerin im ihr gegenüber ordnungsgemäß durchgeführten Einwendungsverfahren die Gefahr einer Betroffenheit speziell der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke nicht vorgetragen hat.
380 
(7.1) Anwendbarkeit der Präklusionsregelung
381 
Die fehlende Präklusion der Klägerin folgt allerdings nicht bereits daraus, dass die Regelung des § 73 Abs.4 Satz 3 LVwVfG in Bezug auf die gerichtliche Geltendmachung umweltrechtlicher Belange durch ein Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit nach Art. 10a der UVP-Richtlinie von vornherein unangewendet bleiben müsste.
382 
So stellt die Regelung des Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Sicherstellung des Zugangs der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zu einem Gerichtsverfahren ausdrücklich in den allgemeinen Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften. Dem liegt die grundsätzlich gegebene Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten zugrunde, die nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ihre Grenze nur dort findet, wo das nationale Verfahrens- und Prozessrecht die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 14.12.1995 - Rs. C-430/93 -, Slg. 1995, I-4705 < Van Schindel >; Urt. v. 11.09.2003, - Rs. C-13/01- , Slg. 2003, I-8679, Rn. 49 < Safalero >; Urt. v. 07.070.2007 - Rs. C-222/05 -, Slg. 2007 I-4233 < van der Weerd >). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urt. v. 27.02.2003 - C-327/00 - Slg. 2003, I-1877, Rn. 56 < Santex SpA>).
383 
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, NuR 2010, 558 Rn. 107 f; Urt. v. 14.09.2010 - 7 B 15.10 -, juris; ausführlich auch OVG NRW, Urt. v. 09.12.2009 - 8 D 10/08.AK -, DVBl. 2010, 724, juris Rn. 75 ff m.w.N.) gegen den Einwendungsausschluss als solchen auch unter Berücksichtigung des Art. 10a UVP-Richtlinie 85/337/EWG keine Bedenken. Die Regelung zur Einwendungspräklusion diene der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Hierbei sei nach wie vor ein ausreichender Rechtsschutz verbürgt. Schließlich sei es auch unerheblich, wenn der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Urt. v. 15.10.2009 - C-263/08 - NuR 2009, 773 Rn. 39 < Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >) zu dem Anfechtungsrecht nach Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG ausführe, dass es den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie möglich sein müsse, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Denn insoweit habe sich der Gerichtshof nicht mit der Problematik der Präklusion im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren befasst.
384 
Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die ausdrücklich zum Verhältnis des Anfechtungsrechts nach Art. 10a UVP-Richtlinie 85/337/EWG zur materiellen Präklusion im deutschen Verfahrensrecht ergangen ist, aus Gründen der Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung an (kritisch zur Anwendbarkeit der materiellen Präklusion etwa Ziekow, NVwZ 2010, 793, 795; Bunge, ZUR 2010, 20, 23 unter Hinweis auch auf die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 - C-263/08 -, Rn. 71).
385 
(7.2) Ausreichende Geltendmachung des Belangs im Einwendungsverfahren
386 
Die Klägerin ist mit dem Belang der unzureichenden FFH-Verträglichkeitsprüfung in Bezug auf die Schmale und die Bauchige Windelschnecke nicht gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG von der Geltendmachung im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen; denn ihre Einwendungen im Planfeststellungsverfahren waren insoweit noch hinreichend konkret.
387 
Bei der Bestimmung der Anforderungen, die im Rahmen des § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG an die zur Erhaltung der Rügefähigkeit einzelner Belange im gerichtlichen Verfahren notwendige Geltendmachung bereits im Einwendungsverfahren zu stellen sind, ist zunächst von dem gemeinschaftsrechtlich eingeräumten Recht der Klägerin auszugehen, die Planfeststellungsentscheidung in Bezug auf die Beachtung des Umweltrechts umfassend anzufechten. Dieser aus Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG folgende Überprüfungsanspruch wird durch die Präklusion nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG eingeschränkt. In diesem Spannungsverhältnis zwischen Überprüfungsanspruch und Präklusion ist zu berücksichtigen, dass die Zielsetzungen des Unionsrechts bei der Anwendung nationalen Rechts grundsätzlich so weit wie möglich zu beachten sind und gerade bei der Anwendung der nationalen Präklusionsvorschriften sicherzustellen ist, dass die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einem Unionsbürger einräumt, nicht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (EuGH, Urt. v. 27.02.2003, C-327/00, Slg. 2003, I-1877, Rn. 63 < Santex SpA).
388 
Hieraus folgt für die Geltendmachung eines Belangs, dass er ähnlich wie bei einem von einem Vorhaben unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer (hierzu BVerwG, Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27/06 -, NVwZ 2008, 678 m.w.N.) zwar grundsätzlich in einer Weise konkretisiert werden muss, die die Planfeststellungsbehörde veranlasst, die Planung unter dem geltend gemachten Gesichtspunkt näher zu überprüfen. Die Behörde muss erkennen können, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Dabei müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren umso umfangreicher und detaillierter sein, je konkreter die ausgelegten Planunterlagen einen Gesichtspunkt behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274). Bei einer ausführlichen Behandlung des Naturschutzes in den ausgelegten Unterlagen genügt daher ein allgemeiner Hinweis auf die Zerstörung der Landschaft mit ihrer Fauna und Flora nicht mehr, um einem Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit die spätere Einwendung offen zu halten, die Planfeststellungsbehörde hätte bestimmte Tier- und Pflanzenarten in bestimmter Hinsicht einer näheren Betrachtung unterziehen müssen. Umgekehrt aber können - zumindest dann, wenn es sich bei dem Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit nicht um eine anerkannte Umweltvereinigung handelt, deren Beteiligung sich auch aus dem besonderen Sachverstand im Bereich ihrer satzungsmäßigen Aufgaben rechtfertigt (hierzu BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38/07 -, NuR 2008, 176, 179 f) - in dem auch in zeitlicher Hinsicht begrenzten Einwendungsverfahren keine Ausführungen gefordert werden, die einen vertieften wissenschaftlichen Sachverstand erfordern. Vielmehr muss es ausreichen, wenn das Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit den berührten Umweltbelang auf der Grundlage eines laienhaften Erkenntnis- und Erfahrungshorizonts darlegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2004 - 9 A 15/03 -, NVwZ 2004, 986, 987; zur Einholung von privaten Sachverständigengutachten im Rahmen der vom Einwendungsverfahren zu trennenden prozessualen Mitwirkungspflicht vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.03.1992 - 4 B 39.92 -, NVwZ 1993, 268; Beschl. v. 06.12.2009 - 4 KSt 1009/07 -, juris).
389 
Gemessen an diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin im Einwendungsverfahren, um ihr im gerichtlichen Verfahren die Rügemöglichkeit in Bezug auf eine unzureichende Untersuchung der möglichen Beeinträchtigungen des Vorkommens der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke zu erhalten.
390 
Zwar hat die Klägerin in ihrem innerhalb der Einwendungsfrist vorgelegten und ausführlich begründeten Einwendungsschriftsatz vom 08.12.2004 (Einwendungsordner 2, AS 1095 ff) nicht ausdrücklich darauf verwiesen, dass und warum die FFH-Verträglichkeitsprüfung in Bezug gerade auf die genannten Schneckenarten unzureichend sei. Sie hat jedoch allgemein dargelegt, dass die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie zum einen in ihrer Bestands- und Grundlagenerhebung unzureichend sei und zum anderen die dortige Abschätzung, ob eine FFH-Art von den geplanten Maßnahmen betroffen sei oder nicht, nicht nachvollzogen werden könne (Einwendungsordner 2 AS. 1137, 1141). Dies wurde dann beispielhaft an einzelnen geschützten Vogelarten und verschiedenen Säugetieren dargelegt. Hinsichtlich der Schnecken hatte die Klägerin allgemein gerügt, dass es an einer systematischen Erfassung der Bestände fehle und die Bestandsdaten von 1991 veraltet seien (Einwendungsordner 2, AS 1139). Hiermit hat die Klägerin in ausreichender Weise deutlich gemacht, dass sie die Behandlung der durch die FFH-Richtlinie geschützten Schneckenarten in der Natura-2000-Studie des Vorhabensträgers als nicht hinreichend ansieht und eine methodisch vertiefte und nachvollziehbare Betrachtung auch der in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung behandelten Bauchigen und Schmalen Windelschnecke für notwendig hält. Damit hat sie die Grundlinie ihres späteren Vorbringens zu den konkreten methodischen Mängeln der Beurteilung der möglichen Beeinträchtigungen dieser Mollusken durch das Vorhaben hinreichend dargelegt (zur Möglichkeit der Vertiefung eines Vortrags während des Verwaltungs- und Klageverfahrens vgl. BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28/01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rn. 16) und die Planfeststellungsbehörde in ausreichender Weise veranlasst, noch einmal vertieft in die Prüfung des Vorhabens auch in Bezug auf die beiden Schneckenarten einzutreten. Eine nähere Darlegung der Problematik, von welchen konkreten Überflutungshöhen im Bereich ihres Vorkommens im Vorhabengebiet auszugehen sei, konnte hingegen ebenso wenig erwartet werden wie der Hinweis auf die Notwendigkeit, dass die Schnecken dem Wasser entweichen können müssen. Denn die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie verweist hinsichtlich der zu erwartenden Beeinträchtigungen unbestimmt auf nur jeweils „flache Überflutungen“ und geht auch sonst von einer allgemeinen Unempfindlichkeit der Bauchigen und Schmalen Windelschnecke gegen „auetypische Überflutungen“ aus, sodass für insoweit substantiierte Gegeneinwendungen ein erhöhter wissenschaftlicher Kenntnisstand zur Lebensweise und Physiologie dieser Schneckenarten erforderlich gewesen wäre, der von der Klägerin nicht gefordert und von dieser auch trotz der Einschaltung eines Fachbüros im zeitlich beschränkten Einwendungsverfahren nicht abgerufen werden konnte.
391 
(8) Rechtsfolge der fehlerhaften Verträglichkeitsprüfung
392 
Die in Bezug auf die Betroffenheit der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke gegebenen und weder nach § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG unbeachtlichen noch nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG präkludierten Ermittlungs- und Bewertungsdefizite der FFH-Verträglichkeitsprüfung führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach der - auf die Mängel bei der Erstellung einer FFH-Verträglichkeitsstudie entsprechend anwendbaren - Regelung des § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG führt ein erheblicher Mangel nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn dieser nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 71).
393 
Eine solche Fehlerheilung im Rahmen eines - auch prozessbegleitend durchführbaren - ergänzenden Verfahrens ist hier deshalb möglich, weil es zum einen hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass die zuständige Behörde die beanstandeten Fehler der FFH-Verträglichkeitsprüfung korrigieren kann und die festgestellten Mängel auf der anderen Seite auch nicht so gravierend sind, dass sie die Planung des Rückhaltebeckens Elzmündung als Ganzes in Frage stellen und deshalb nach Einholung einer ordnungsgemäßen FFH-Verträglichkeitsprüfung die Ausarbeitung eines grundlegend neuen Plankonzepts erforderlich wäre (hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NVwZ 2010, 320; Beschl. v. 05.12.2008 - 9 B 28/08 -, NVwZ 2009, 320, Rn. 17; Urt. v. 17.01.2007 - 9 C 1/06 -, BVerwGE 128, 76 Rn. 10; Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276, 283 f.).
394 
cc) Artenschutz
395 
Das Artenschutzrecht erweist sich für das Vorhaben nicht als rechtliches Hindernis.
396 
(1) Maßstab
397 
Die maßgeblichen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ergeben sich aus § 42 BNatSchG (2007) in der Fassung, die er durch Art. 1 Nr. 7 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) erhalten hat. Denn diese Änderung ist nach Art. 3 des genannten Gesetzes mit Wirkung vom 18. Dezember 2007 und damit noch vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 20.12.2007 in Kraft getreten.
398 
Nach den sogenannten Zugriffsverboten des Absatzes 1 dieser Regelung ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderzeiten erheblich zu stören (Nr. 2), Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3) und wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 4).
399 
Erfolgt der Zugriff im Zuge eines nach § 19 BNatSchG (2007) zulässigen Eingriffs in Natur und Landschaft, so scheidet, soweit Tierarten nach Anhang IV Buchst. a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) oder europäische Vogelarten betroffen sind, aufgrund der sog. Legalausnahme gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 und 2 BNatSchG (2007) ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 aus, soweit die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Entsprechendes gilt für Standorte wildlebender Pflanzen nach Anhang IV Buchst. b); § 42 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG (2007). Für die zwar nach nationalem Recht geschützten, nicht jedoch in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführten oder dem Kreis der europäischen Vogelarten angehörenden Tier- und Pflanzenarten, ist die Anwendung des Zugriffsverbots nach Absatz 1 gänzlich ausgeschlossen (§ 42 Abs. 5 Satz 1 und 5 BNatSchG 2007; Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, 11. Naturschutzgesetz, BNatSchG a.F. (2007) (Stand April 2008), § 42 Rn. 28).
400 
Sind die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) erfüllt, kann die nach Landesrecht zuständige Behörde von diesen nach § 43 Abs. 8 Satz 1 und 2 BNatSchG (2007) im Einzelfall unter anderem im Interesse der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit sowie aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art Ausnahmen zulassen, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art nicht verschlechtert (behördliche Ausnahme). Weitergehenden Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist Rechnung zu tragen, sodass in Fällen der Betroffenheit der in der FFH-RL gelisteten Tier- und Pflanzenarten eine Ausnahme nur dann in Frage kommt, wenn die Population der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilt. Befindet sich die Population bereits in einem ungünstigen Erhaltungszustand, gilt nichts anderes, sodass die Ausnahme erteilt werden kann, wenn das Projekt zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Zustands verhindert und eine Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert (BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 142; Beschl. v. 17.04.2010 - 9 B 5/10 -, NuR 2010, 492 Rn. 7 ff; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.08.2009 - 5 S 2348/08 -, NuR 2010, 206 Rn. 50; vorsichtiger noch BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 61/08 -, NVwZ 2009, 910 Rn. 53 und 55: Beschränkung auf die Fälle in denen ein Vorhaben konkrete positive Auswirkungen auf die Populationen der betroffenen Arten haben wird; hierzu auch Storost, DVBl. 2010, 737, 744).
401 
(2) Fehlen der Bestandserhebung und der Prüfung der Zugriffstatbestände
402 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben begegnet die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung keinen durchgreifenden artenschutzrechtlichen Bedenken.
403 
Zwar lassen - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - sowohl der Planfeststellungsbeschluss als auch das der dortigen artenschutzrechtlichen Prüfung zugrunde liegende und am 15.03.2006 im Auftrag des Vorhabenträgers durch das Fachbüro „... Planungsgesellschaft mbH“ erstellte Fachgutachten (Ziff. 4 des Info-Ordners zum Planfeststellungsbeschluss) eine systematische Prüfung der einzelnen Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) in Bezug auf die im Vorhabengebiet vorkommenden geschützten Arten nach Anhang IV FFH-RL sowie die dort brütenden oder sonst lebenden geschützten europäischen Vogelarten vermissen. Insofern fehlt es auch an einer aktuellen Erhebung der vom Bau und Betrieb des Rückhaltebeckens konkret betroffenen geschützten Individuen und ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Denn die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, setzt grundsätzlich zunächst eine ausreichende individuenbezogene Bestandsaufnahme der im Bereich des planfestgestellten Vorhabens vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274, Rn. 54 ff. m.w.N.; Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 35 f.). Letztlich bleibt hiermit insbesondere ungeklärt, welche Individuen der geschützten Arten nach Anhang IV der FFH-RL sowie der europäischen Vogelarten im Falle des Baus und des Betriebs des Rückhaltebeckens Elzmündung getötet und welche konkreten Fortpflanzungs- und Ruhestätten durch diesen zerstört werden.
404 
Allerdings ist der Beklagte auf der Grundlage des am 15.03.2006 durch das Fachbüro „... Planungsgesellschaft mbH“ im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Fachgutachtens (Ziff. 4 des Info-Ordners zum Planfeststellungsbeschluss; dort Seite 1) im Grundansatz der naturschutzfachlichen Untersuchung zum Artenschutz von vornherein davon ausgegangen, dass der Bau und Betrieb des Rückhalteraums „aufgrund der Vielzahl der besonders geschützten Arten … ohne Beeinträchtigung zumindest einzelner dieser Arten nicht denkbar“ und es deshalb naturschutzfachlich notwendig sei, die möglichen Wirkungen des Vorhabens auf die im Vorhabengebiet vorkommenden besonders geschützten Arten, Vögel und Pflanzen unabhängig von möglichen Einzelzugriffen verallgemeinernd in Bezug auf die jeweilige Population zu untersuchen. Dieser von einer individualisierten Betrachtung abweichende Ansatz ist der - etwa gegenüber Straßenbauprojekten bestehenden - Besonderheit geschuldet, dass durch das Projekt nicht nur einmal statisch in den Lebensraum der betroffenen Arten eingegriffen wird, sondern dass sich die Zulassung des Rückhaltebeckens Elzmündung zumindest auch auf sich wiederholende Flutungen eines Gebiets bezieht, das als geeigneter Lebensraum streng geschützter Arten einer ständigen Siedlungsdynamik unterworfen ist. Denn in diesem Fall lassen sich die konkreten Auswirkungen des Vorhabens sowohl auf die dort lebenden Individuen als auch auf deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht für einen maßgeblichen Zeitpunkt umfassend und abschließend darstellen. Vielmehr sind diese von der immer wieder wechselnden Standortdynamik abhängig, die ihrerseits durch die betriebsbedingten Flutungen in einer Weise beeinflusst wird, die jedenfalls im Grundsatz auetypisch und damit nicht - wie etwa Flug- oder Straßenlärm - „naturfremd“ ist.
405 
Es kann dahin gestellt bleiben, inwieweit der Beklagte vor dem Hintergrund dieser Sondersituation überhaupt verpflichtet war, eine an einer möglichst individuenbezogenen Erhebung der streng geschützten Arten, deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie konkreter Standorte ausgerichtete Prüfung der Tatbestände der Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) vorzunehmen. Denn zum einen ist der Beklagte auf der Grundlage einer hinreichenden funktionsbezogenen Betrachtung zu der naturschutzfachlichen Einschätzung gekommen, dass die Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der im Vorhabengebiet vorkommenden geschützten Arten sowie die Standorte der geschützten Pflanzen nach Anhang IV FFH-RL durch den Bau und den Betrieb des Rückhaltebeckens jedenfalls in ihrer ökologischen Funktion erhalten bleiben, sodass insoweit aufgrund der Legalausnahme des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG (2007) ein Verstoß gegen das Zerstörungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (2007) ausscheidet. Zum anderen hat der Beklagte in dem verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses unter lit. f) (Seite 21 des Planfeststellungsbeschlusses) vorsorglich für die Fälle, in denen im Übrigen ein Verstoß gegen die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) in Betracht kommt, eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG (2007) erteilt und hiermit eine möglicherweise durch Ermittlungs- und Bewertungsdefizite auf der Ebene der Zugriffstatbestände gegebene Rechtswidrigkeit der artenschutzrechtlichen Prüfung geheilt. Jedenfalls aber ist ein solcher Fehler aufgrund der objektiv gegebenen Befreiungslage unerheblich.
406 
(3) Legalausnahme hinsichtlich der Fortpflanzungs- und Ruhestätten
407 
Soweit durch den Bau und den Betrieb des Rückhaltebeckens Elzmündung möglicherweise Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wildlebenden Tiere der nach Anhang IV Buchst. a) FFH-RL besonders geschützten Arten oder der europäischen Vogelarten sowie Standorte wildlebender Pflanzen nach Anhang IV Buchst. b) FFH-RL entnommen, beschädigt oder zerstört werden können, scheidet der hierin liegende Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 3 und 4 BNatSchG (2007) im Wesentlichen nach § 42 Abs. 5 Satz 1, 2 und 4 BNatSchG (2007) aus. Denn es ist für eine Vielzahl der betroffenen Arten, Vögel und Pflanzen davon auszugehen, dass im Falle möglicher Zugriffe auf deren Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie die Standorte geschützter Pflanzen deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin gewährleistet ist.
408 
(3.1) Ermittlung der maßgeblichen Grundlagen
409 
Die entsprechende naturschutzfachliche Prognose der Wirkungen des Baus und des Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung auf diese Stätten beruht zunächst auf einer hinreichenden fachwissenschaftlichen Erkenntnisgrundlage. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedurfte es hierfür keiner weitergehenden aktualisierten Ermittlung der konkret im Vorhabengebiet vorkommenden Fortpflanzungs- und Ruhestätten der besonders geschützten Arten und Vögel sowie der einzelnen Standorte der besonders geschützten Pflanzen. Denn die Anforderungen, die an die artenschutzrechtliche Prüfung im Einzelfall gestellt sind, hängen zum einen von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von der Art und Ausgestaltung des Vorhabens, zum anderen aber auch entscheidend von der maßgeblichen rechtlichen Fragestellung an die Prüfung ab. Auch findet das Maß der im Einzelfall notwendigen Ermittlung seine Grenze in dem an der praktischen Vernunft orientierten Verhältnis zwischen dem Ermittlungsaufwand und dem zu erwartenden naturschutzfachlichen Erkenntnisgewinn. Da auf Grund der Besonderheiten des Vorhabens mit den sich wiederholenden Flutungen und der Dynamik der von diesen Flutungen betroffenen Lebensräume zwar stets neue Zugriffe auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten der besonders geschützten Arten und Vögel sowie einzelne Standorte von besonders geschützten Pflanzen erfolgen, diese Zugriffe aber regelmäßig nicht allein auf aktuell vorhandene Stätten und Standorte bezogen sind, war es ausreichend, wenn sich der Beklagte für die artenschutzrechtliche Prüfung der Legalausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BNatSchG (2007) auf die bereits vorhandenen Erkenntnisse zu den besonders geschützten Arten und Vögeln im Vorhabengebiet und den dortigen Standorten besonders geschützter Pflanzen beschränkte, wie sie im Zusammenhang mit der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie zusammengestellt worden waren, und den weiteren Sachverhalt zu den tatsächlich oder jedenfalls möglicherweise vorhandenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie den Standorten geschützter Pflanzen im Rahmen der ihr zukommenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative über eine realistische Worst-Case-Betrachtung zu erfassen suchte. Gleiches gilt für die Ermittlung der Parameter, die im Falle einer Zerstörung oder Beschädigung dieser Stätten und Standorte für die Aufrechterhaltung ihrer ökologischen Funktionen in ihrem räumlichen Zusammenhang notwendig sind.
410 
(3.2) Aufrechterhaltung der ökologischen Funktion der Lebensstätte
411 
Ausgehend von der methodisch nicht zu beanstandenden Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts ist der Beklagte ohne erheblichen Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt, dass die vor allem mit den Flutungen verbundenen möglichen Zugriffe auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten einschließlich der europäischen Vogelarten und auf die Standorte besonders geschützter Pflanzen die ökologische Funktion dieser Lebensstätten oder Standorte im räumlichen Zusammenhang unberührt lassen.
412 
(3.2.1) Allgemeiner Ansatz
413 
Der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in seiner artenschutzrechtlichen Fachprüfung vom 15.03.2006 sowie ergänzend durch die Erläuterungen im Verfahren für die Arten und Vögel, deren Nester, Höhlen oder sonstige Fortpflanzungs- und Ruhestätten entweder durch die baubedingten Verluste an Altholzbeständen oder aber durch die Flutungen beschädigt, zerstört oder sonst beeinträchtigt werden können, in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass weder die Verluste an den Altholzbeständen noch die Flutungen solche Veränderungen mit sich bringen, dass im Falle eines tatsächlichen Verlustes oder einer tatsächlichen Beschädigung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte nicht zumindest in dem gleichen Revier ein Ersatz geschaffen und ein mit dem Verlust insbesondere der Fortpflanzungsstätte häufig verbundener Verlust an Eiern oder Jungtieren durch eine erneute Reproduktion wieder ausgeglichen werden kann. Diese Prognose beruht fachlich auf einem Analogieschluss aus Beobachtungen etwa der Entwicklung der Rheinauen im Bereich des Rückhaltebeckens Altenheim sowie auf den allgemeinen Erkenntnissen zur Anpassungsfähigkeit einzelner besonders geschützter Arten. Inhaltlich ist sie vor allem auf die dynamische Reaktion der betroffenen Arten auf - letztlich naturnahe - Beeinträchtigungen ihrer Lebensstätten begründet, die parallel zu den Zerstörungen oder Beeinträchtigungen durch einzelne Flutungen zu einer erheblichen Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen und der Nahrungsgrundlagen führen.
414 
Zwar hatte der Gutachter ebenso wie der Beklagte bei der naturschutzfachlichen Beurteilung der Möglichkeit, den Verlust einer Lebensstätte auszugleichen, zunächst einen populationsbezogenen Ansatz verfolgt, während nach dem Legalvorbehalt des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) in Entsprechung zu den Verbotstatbeständen zum Schutz der Lebensstätten des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d) der FFH-RL und der Nester und Eier nach Art. 5 Buchst. b) VRL auf den Funktionserhalt für das von dem Verlust oder die Beeinträchtigung konkret betroffene Exemplar abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 67; zum Funktionsbezug allgemein vgl. Europäische Kommission, Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-RL 92/43/EWG, endgültige Fassung Februar 2007, Ziff. II 3..4.d); de Witt / Geismann, Artenschutzrechtliche Verbote in der Fachplanung, Berlin 2010, S. 20 f). Allerdings bleibt dieser Fehler im Rahmen der Anwendung des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) ohne Folgen, weil sich die naturschutzfachlichen Prognosen in dem Fachgutachten zum Artenschutz vom 15.03.2006 nach den Darlegungen des Fachgutachters des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung stets auch auf die von den Verlusten einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte betroffenen Einzelexemplare beziehen lassen.
415 
Insofern ist von Bedeutung, dass die Legalausnahme des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG (2007) nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf das gemeinschaftsrechtliche Tötungsverbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a) FFH-RL und des Art. 5 Buchst. a) VRL dahin einschränkend ausgelegt werden muss, dass eine mit einer Beschädigung oder Zerstörung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte unvermeidbar verbundene Beeinträchtigung nur insoweit von dem Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (2007) suspendiert, als die dort in der 2. Alternative genannten Entwicklungsformen der besonders geschützten Arten, nicht jedoch lebende Jung- oder gar Elterntiere der Art betroffen sind (so auch de Witt / Geismann, Artenschutzrechtliche Verbote in der Fachplanung, Berlin 2010, S. 21 f Rn 31; kritisch auch Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, 11. Naturschutzgesetz, BNatSchG a.F. (2007) (Stand April 2008), § 42 Rn. 33).
416 
(3.2.2) Einwendungen im Einzelnen
417 
Soweit die Klägerin über ihren Fachgutachter gegen die artenschutzrechtliche Prüfung im Einzelnen Einwendungen erhebt, greifen diese nicht durch.
418 
Der Planfeststellungsbehörde steht bei der Frage, ob ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt ist oder aber die Voraussetzungen für eine Legalausnahme gegeben sind, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, so dass in diesem Rahmen getroffene, auf fachgutachterliche Stellungnahmen gestützte Annahmen einer gerichtlichen Überprüfung nur dahin unterliegen, ob sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 64; Beschl. v. 28.12.2009 - 9 B 26/09 -, NuR 2010, 191 Rn. 18).
419 
(3.2.2.1) Vögel
420 
Hiernach ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte auf der Grundlage des Fachgutachtens des Vorhabenträgers darauf beschränkt, die Beeinträchtigungen der Nist- und Ruhestätten der im Vorhabengebiet möglicherweise vorkommenden geschützten Vögel unabhängig von Einzelstandorten der Lebensstätten abstrakt anhand der allgemeinen Lebensweisen und der Wirkungen des Vorhabens zu untersuchen. Einer genaueren Kartierung der einzelnen Vogelarten, wie sie von der Klägerin gefordert wird, bedurfte es aufgrund der im weiteren Verlauf der Untersuchung getätigten Worst-Case-Annahmen und der im Zusammenhang mit dem Legalvorbehalt des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) rechtlich zulässigen funktionsbezogenen Betrachtung der Lebensstätten für möglicherweise betroffene Einzelexemplare nicht.
421 
Ohne Rechtsfehler ist auch die Beschränkung der näheren Untersuchungen auf die Vogelarten, die im Bereich der baubedingt wegfallenden Altholzbestände oder der Flutungen in Bodennähe brüten oder sich dort längere Zeit an einem Ort zum Zwecke der Ruhe und Zuflucht aufhalten. Denn für alle anderen Vogelarten kann eine Betroffenheit in ihren Fortpflanzungs- und Ruhestätten von vornherein ausgeschlossen werden; die Jagd- oder Nahrungsreviere sind von dem Schutz des Lebensraums nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (2007) nicht umfasst (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 222; Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 66). Entsprechend bedurften auch die Greifvögel in Bezug auf ihre Nester keiner näheren Betrachtung. Denn jedenfalls ist die Erhaltung der ökologischen Funktion der Lebensräume für die möglicherweise von Nestverlusten betroffenen Einzelexemplare gesichert. So hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers unter Hinweis auf die forstliche Bestandsfeinkartierung und Risikoanalyse (Anlage 12.10.1 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 30, Teil A, S. 27 f Teil B.5.3.1. S. 22 ff und 33 ff.) nachvollziehbar dargestellt, dass die Greifvögel allenfalls in einem sehr geringen Umfang von dem Verlust geeigneter Nistplätze betroffen sind, da sie ihre Horste regelmäßig nur in Altbäumen der Eichen und Pappeln, gelegentlich auch in Eschen nutzen, diese Baumbestände - anders als die Jungbestände an Ahorn und Esche - aber durch das Vorhaben kaum betroffen sind. Hinzu kommt, dass im Rahmen des forstwirtschaftlichen Waldausgleichs gerade die Erhaltung ausgewählter Altbäume vereinbart ist, sodass stets eine ausreichende Anzahl an geeigneten Hortplätzen sichergestellt ist.
422 
(3.2.2.2) Fledermäuse
423 
Aus ähnlichen Gründen ist auch die artenschutzrechtliche Beurteilung der Auswirkungen auf die Nist- und Ruheplätze der verschiedenen geschützten Fledermausarten im Vorhabengebiet nicht zu beanstanden. Immerhin wird auch vom Fachgutachter der Klägerin anerkannt, dass Fledermäuse regelmäßig einen Verbund an Höhlenbäumen nutzen und deshalb im Falle eines - wie hier - nur geringfügigen Verlustes an Einzelbäumen stets innerhalb des Lebensraums auf andere Fortpflanzungs- und Ruhestätten ausweichen können (hierzu auch BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 101).
424 
(3.2.2.3) Amphibien
425 
Hinsichtlich der Spring- und Laubfrösche (rama dalmatina und hyla arborea) hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert, dass Flutungen des Vorhabengebiets für diese zwar zu Laichverlusten führen können, dass die Flutungen aber wenn nicht gar über eine Zufuhr von Sauerstoff zu einer Verbesserung, so doch jedenfalls nicht zu einer Verschlechterung der Laichbedingungen in der Zukunft führen und deshalb das betroffene Gewässer in seiner Funktion als Laichgewässer für die jeweiligen Frösche erhalten bleibt. Diese Beurteilung wurde durch die Wiedergabe positiver Entwicklungen der Froschpopulationen im Überflutungsbereich des Polders Altenheim auch in fachwissenschaftlicher Hinsicht hinreichend abgesichert.
426 
Hinsichtlich der Kreuzkröte (bufo calamita) wurde ebenfalls nachvollziehbar dargestellt, dass sich die Bedingungen für ihre Reproduktion trotz möglicher Beeinträchtigungen von Laichstätten durch Flutungen nicht verschlechtern, sondern durch das Entstehen neuer Tümpel in jedem Fall verbessern.
427 
(3.2.2.4) Zwergtaucher
428 
Hinsichtlich des Zwergtauchers (tachybaptus ruficollis) wurde die Erhaltung der funktionellen Lebensstätte für die Fortpflanzung oder Ruhe einzelner Exemplare unter Hinweis vor allem auf die Fähigkeit der Tiere zur Zweit- oder gar Drittbrut und die plausible Einsicht begründet, dass die Flutungen die Neststandorte untergetauchter oder schwimmender Pflanzen im Grundsatz unangetastet lassen. Substantiierte Einwendungen gegen diese Beurteilung sind von der Klägerin nicht vorgebracht worden.
429 
(3.2.2.5) Haselmaus
430 
Weiter hält es sich auch noch im Rahmen der dem Beklagten eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative, wenn dieser für die Haselmäuse (muscardinus avellanarius) davon ausgeht, dass baubedingte Rodungen, aber auch betriebsbedingte Flutungen und Baumverluste zwar zu einer Zerstörung oder Beschädigung von Nist- und Ruhestätten führen können, dass aber die überlebenden Elterntiere - sofern sie nicht nach Beendigung der Beeinträchtigung den alten Platz wiederbesiedeln - regelmäßig im räumlichen Zusammenhang wieder geeignete Nist- und Ruhestätten finden.
431 
(3.2.2.6) Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling
432 
Schließlich ist aufgrund der naturschutzfachlichen Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auch nicht davon auszugehen, dass die Flutungen und Vernässungen des Lebensraums des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (maculinea nausithous) im Bereich des Teilraums VII des Rückhaltebeckens den Tatbestand des Zugriffsverbots auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten erfüllen. Zwar ist insoweit davon auszugehen, dass ein derzeit noch genutzter Teillebensraum durch die Vernässungen seine Eignung als Fortpflanzungsstätte verliert, allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Fachgutachters des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung auch die betroffenen Einzelpaare dieser Schmetterlingsart auf die entwickelten Ausgleichsflächen am Hochwasserdamm VI ausweichen können. Da solche Ausweichbewegungen auch zum natürlichen Reproduktionsverhalten dieser Art gehören, bleibt damit trotz des Teilverlustes einer geeigneten Fortpflanzungsstätte der funktionelle Lebensraum für die hiervon betroffenen Exemplare erhalten.
433 
(4) Behördliche Ausnahme von Zugriffsverboten
434 
Soweit die Legalausnahme des § 42 Abs. 5 Satz 1, 2 und 4 BNatSchG (2007) nicht eingreift, etwa weil das Vorhaben in seinen Wirkungen nicht - wie bei der Avifauna und anderen Tieren, die insbesondere den Flutungen ausweichen können - allein auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten bezogen ist, sondern auch zum Verlust von Einzeltieren führen kann oder aber weil sich die Erhaltung der funktionellen Lebensstätte für die betroffenen Einzelexemplare nicht oder nicht hinreichend sicher abschätzen lässt, sind die mit dem Vorhaben des Rückhalteraums Elzmündung potentiell verbundenen Verstöße gegen die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) aufgrund der durch die Planfeststellungsbehörde nach § 43 Abs. 8 Satz 1 und 2 BNatSchG (2007) erteilten Ausnahme (vgl. Buchst. f, Seite 21 sowie 88 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) zugelassen.
435 
Nach dieser Regelung kann die nach Landesrecht zuständige Behörde von den Verboten des § 42 im Einzelfall unter anderem im Interesse der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit sowie aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art Ausnahmen zulassen, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art nicht verschlechtert. Weitergehenden Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist Rechnung zu tragen.
436 
Die Planfeststellungsbehörde hat diese Voraussetzungen als zuständige Behörde zu Recht bejaht und von dem ihr eingeräumten Ermessen ordnungsgemäß Gebrauch gemacht.
437 
(4.1) Vorsorgliche Erteilung
438 
Zunächst steht der Rechtmäßigkeit der Ausnahmeerteilung nicht entgegen, dass diese ohne Bezugnahme auf einen konkreten Zugriff auf besonders genannte geschützte Arten oder Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie konkret bezeichnete Standorte besonders geschützter Pflanzen erteilt worden ist, sondern - wie der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung noch einmal klargestellt hat - vorsorglich für alle möglichen Zugriffe im Sinne des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007), die durch den Bau und den Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung verwirklicht werden können. Zwar ist die Erteilung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG nur „im Einzelfall“ möglich, dies hat jedoch nicht zur Folge, dass deshalb immer nur ein konkreter Verstoß gegen eines der Verbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) zugelassen werden könnte. Vielmehr reicht es aus, wenn das Erfordernis des „Einzelfalles“ auf eine konkrete Projektverwirklichung bezogen ist und damit alle Verstöße gegen die Zugriffsverbote erfasst, die mit dieser verbunden sind. Dann aber ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Zulassung - vorsorglich - auch die Zugriffe nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) umfasst, die sich im Zeitpunkt der Zulassung zwar noch nicht sicher konkretisieren lassen, die aber als möglich erscheinen (zur vorsorglichen Ausnahmeerteilung vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 18.06.2007 - 9 VR 13/06 -, NuR 2007, 754 Rn. 30; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 110).
439 
(4.2) Zwingende Gründe eines überwiegenden öffentlichen Interesses
440 
Es kann dahin stehen, ob das Vorhaben über den Hochwasserschutz der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG (2007) dient, denn jedenfalls kann es mit dieser Zielsetzung zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG (2007) für sich in Anspruch nehmen. Solche Gründe liegen nicht nur dann vor, wenn Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Vielmehr reicht ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 Rn. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, Rn. 153). Ein solches öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Rückhalteraums Elzmündung ist über die hiermit bezweckte Verbesserung des Hochwasserschutzes für die Gebiete nördlich von Iffezheim ohne weiteres anzuerkennen (zur Bedeutung des Hochwasserschutzes im Rahmen der naturschutzfachlichen Abwägung vgl. EuGH, Urt. v. 28.01.1991 - Rs. C-57/89 -, Slg. 1991, I-883 ). Ein solches öffentliches Interesse ist aber auch insoweit gegeben, als im Rahmen des Betriebs des Rückhaltebeckens Maßnahmen durchgeführt werden, die - wie die Ökologischen Flutungen - nicht unmittelbar dem Hochwasserschutz dienen. Denn insoweit soll der Hochwasserschutz zu einer zumindest mittel- bis langfristigen Adaption der Natur an die Hochwasserflutungen führen und diese damit letztlich umweltverträglicher machen. Dass an der hiermit bezweckten Reduzierung von Schäden für die von Hochwasserflutungen betroffene Tier- und Pflanzenwelt ein öffentliches Interesse bestehen kann, folgt dabei schon aus der Regelung des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG (2007), nach der die Zulassung von Ausnahmen von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) auch zum Schutze der heimischen Tier- und Pflanzenwelt erfolgen kann.
441 
Das hiernach gegebene öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Rückhalteraums Elzmündung überwiegt auch die mit seinem Bau und Betrieb verbundenen Beeinträchtigungen der besonders geschützten Arten und Pflanzen. Dabei ist mit den Beteiligten grundsätzlich davon auszugehen, dass insbesondere die Flutungen des Polders den Tatbestand des Tötungsverbots des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (2007) erfüllen, soweit diese dazu führen, dass im Vorhabengebiet lebende Individuen besonders geschützter Arten ertrinken oder tödlich verletzt werden. Dies gilt, obwohl die Herbeiführung des Todes dieser Individuen durch die Flutungen weder unmittelbar noch mittelbar bezweckt wird. Denn der Tatbestand des Tötungsverbots ist auch auf solche Tötungsrisiken der Verwirklichung des Vorhabens bezogen, die Exemplare der betroffenen Arten aufgrund ihrer Verhaltensweisen gerade im Bereich des Vorhabens in besonderer Weise treffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 58; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219 und Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, NuR 2009, 112 Rn. 91 jeweils zum Kollisionsrisiko bei der Straßenbenutzung). Dies ist hinsichtlich der Flutungen letztlich für alle Arten der Fall, die gewöhnlich im Überflutungsbereich des Polders leben und plötzlichen Flutungen nicht oder nur vereinzelt durch Flucht oder Ausweichen entkommen können. Dem entsprechend ist hinsichtlich der zu erwartenden Beeinträchtigungen für die betroffenen Anhang IV-Arten auch in Zukunft von wiederholten Tötungen zum Teil vielzähliger Individuen auszugehen. Dennoch wiegen diese Verluste nicht so schwer, dass ihnen deshalb größere Durchsetzungskraft zukäme als den Belangen des naturverträglichen Hochwasserschutzes. Insofern ist neben der zwischen den Beteiligten unstreitigen Bedeutung des Hochwasserschutzes auch von der naturschutzfachlich begründeten Prognose auszugehen, dass sich durch die wiederholten Flutungen des Rückhaltebeckens mittelfristig eine höhere Artenvielfalt herausbilden wird und die von den Einzelverlusten betroffenen Arten nach Anhang IV der FFH-RL im Wesentlichen auf verbesserte oder doch zumindest gleichwertige Lebensbedingungen zurückgreifen können.
442 
(4.3) Alternativen
443 
Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung i.S.d. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 169). Dabei gelten für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung im Ansatz vergleichbare Grundsätze wie für diejenige im Rahmen der gebietsschutzrechtlichen Beurteilung. Deshalb braucht sich ein Vorhabenträger nicht auf eine Alternativlösung verweisen zu lassen, wenn sich die artenschutzrechtlichen Bestimmungen am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 567; Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 240).
444 
Eine solche Situation wäre bei einem Ausweichen auf die von der Klägerin benannte Alternative der sog. „Hartheimer Lösung“ ohne weiteres gegeben, und zwar auch dann, wenn mit der Klägerin die Fortentwicklung dieser Lösung während des Verfahrens berücksichtigt würde. Nach dieser Alternative soll nördlich von Fessenheim bei Rhein-km 210,6 (alt) bzw. 211,6 (neu) eine Ableitung von Hochwasser in das seitliche Vorland - bis an die Autobahn - erreicht werden. Das Wasser soll dann frei fließend flussabwärts wieder in den Rhein zurückgeführt werden. Durch das hierbei errechnete Retentionsvolumen von 21,5 Mio m³ bzw. von 25,5 Mio m³ (neu) soll zum einen die ansonsten vorgesehene Auskiesung eines Gebiets südlich des Kulturwehrs von Breisach überflüssig, zusätzlich eine Entlastung des Bereichs bei Burkheim und möglicherweise auch ein Verzicht auf den Retentionsraum an der Elzmündung ermöglicht werden. Allerdings würde auch hier durch die großflächige Flutung einer für die Tier- und Pflanzenwelt unbestritten hochwertigen Fläche die artenschutzrechtliche Folge der Tötung von Individuen der besonders geschützten Arten und der Zerstörung und Beschädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten ausgelöst, die mit den entsprechenden Folgen der Flutung der dann - zumindest nach dem vorgeschlagenen Konzept - verzichtbaren Flächen im Bereich von Burkheim sowie der Elzmündung zumindest vergleichbar sind.
445 
Der weitere Alternativvorschlag der Klägerin zur „freifließenden Elz“ mit der Verlegung der Elz zwischen Kappel am Rhein und Wittenweier außerhalb des Bereichs des Retentionsraumes, brächte zwar mit der Verringerung der dann überfluteten Retentionsflächen im Grundsatz auch eine potentielle Verringerung der artenschutzrechtlichen Zugriffshandlungen nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (2007) mit sich, allerdings führt diese Variante unabhängig davon, dass die hierfür notwendigen Dammbauten ebenfalls die Tatbestände der Zugriffsverbote erfüllen und auch im Hinblick auf den Habitatschutz problematisch sein dürften, zu einer Verringerung des Retentionsvolumens, ohne dass diesem „Weniger“ an Hochwasserschutz ein hinreichend gewichtiges „Mehr“ an Artenschutz gegenüber gestellt wäre. Letztlich steht damit der erzielbare Gewinn für die von der Verwirklichung des Retentionsraums betroffenen besonders geschützten Arten in keinem vernünftigen Verhältnis zu den mit dem Projekt verfolgten gewichtigen öffentlichen Interessen.
446 
Schließlich stellt sich auch eine mögliche Variante des Verzichts auf Ökologische Flutungen unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes nicht als vorzugswürdig dar. Zwar würde mit diesem Verzicht kurzfristig eine Schonung der in dem Vorhabengebiet lebenden besonders geschützten Arten und Pflanzen erreicht, doch hätte der Verzicht gleichzeitig zur Folge, dass die nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten mittel- und langfristig eintretende Umgestaltung des Gebiets in ein aueähnliches Feuchtgebiet nicht erreicht werden könnte und die dann vorgenommenen Hochwasserrückhaltungen unverhältnismäßig größere Schäden an Natur und Umwelt mit sich brächten. Auch entfiele der mit der Schaffung von aueähnlichen Verhältnissen mittel- und langfristig verbundene positive Effekt für die Artenvielfalt insgesamt und für einen Großteil der von den Flutungen im Einzelfall betroffenen besonders geschützten Arten.
447 
(4.4) Bewahrung des günstigen Erhaltungszustands
448 
Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (2007) in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie, dass die „Populationen der betroffenen Art nach Anhang IV in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“, ist ebenfalls erfüllt.
449 
(4.4.1) Naturschutzfachliche Beurteilung
450 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Dies ist nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. Obwohl maßgeblich die Population in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu betrachten ist, können zunächst die Auswirkungen auf die örtliche Population in den Blick genommen werden. Bleibt der Erhaltungszustand der betroffenen lokalen Population günstig, so steht damit zugleich fest, dass keine negativen Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Art in ihrem überörtlichen Verbreitungsgebiet zu besorgen sind. Lässt sich dem Vorhaben die Unbedenklichkeit für die lokale Population nicht attestieren, ist ergänzend eine weiträumigere Betrachtung geboten. Dann ist zu fragen, ob die Beeinträchtigung des lokalen Vorkommens sich auf die Stabilität der Art im überörtlichen Rahmen negativ auswirkt, was maßgeblich vom Erhaltungszustand der Art in ihrem regionalen oder sogar noch größeren Verbreitungsgebiet abhängt (vgl. insb. EU-Kommission, Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-RL 92/43/EWG, endg. Fassung Februar 2007, S. 60 f.). Entsprechend kann der Verlust eines einzelnen Siedlungsraums unschädlich sein, wenn die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet über das vom Plan nachteilig betroffene Gebiet hinausreicht und als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Zu berücksichtigen sind hierbei dann auch Ausgleichsmaßnahmen, wenn durch diese das für die Erhaltung der Population notwendige Maß an Kontinuität gewahrt wird.
451 
Die Planfeststellungsbehörde hat in dem Planfeststellungsbeschluss (S. 89) unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg - Abteilung Umwelt - vom 18.10.2007 (Behördenakte Band ...IV, AS 9217 ff) ausgeführt, dass sich der Erhaltungszustand der Population der betroffenen Arten nicht verschlechtert. Damit hat sie sich die naturschutzfachliche Beurteilung der Fachbehörde zu eigen gemacht, die in einem zur Regelung der §§ 42, 43 und 62 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193) - BNatSchG (2002) - ergangenen Schreiben vom 28.03.2006 (Behördenakte Band XV, AS 6715) dargelegt hatte, dass das im Auftrag des Vorhabenträgers erstellte artenschutzrechtliche Fachgutachten des Fachbüros „... Planungsgesellschaft mbH“ vom 15.03.2006 (Ziff. 4 des Info-Ordners zum Planfeststellungsbeschluss) methodisch korrekt und inhaltlich plausibel zu dem - geteilten - Ergebnis kommt, dass durch den Bau und Betrieb des Rückhaltebeckens der Fortbestand keiner geschützten Population in Frage gestellt wird, sondern viele naturschutzfachlich wertgebende Arten von der Entwicklung sogar profitieren werden.
452 
Diese Bewertung ist unter Berücksichtigung der Ausführungen zu dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 15.03.2006 auch für die Kammer plausibel und wird auch durch die fachlichen Einwendungen der Klägerin nicht in einer Weise erschüttert, die eine Überschreitung des der Behörde eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraums erkennen ließe (zum naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum auch bei der artenschutzrechtlichen Abweichungsprüfung vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9/07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr 33 Rn. 45).
453 
(4.4.2) Einwendungen
454 
Der von der Klägerin sinngemäß erhobene Einwand, der Beklagte habe sich eine fachlich fundierte Beurteilung des Erhaltungszustands unmöglich gemacht, indem er über den Rückgriff allein auf die veralteten oder unvollständigen Bestandserhebungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung auf Feststellungen zur Größe und Ausdehnung örtlicher und überörtlicher Populationen sowie zur Populationsdynamik verzichtet habe, greift nicht durch. Denn es reichte - ebenso wie im Zusammenhang mit der Prüfung der Legalausnahme des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) vom Verbot des Zugriffs auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie die Standorte geschützter Pflanzen (hierzu oben 2.2.) - aus, dass eine Beeinträchtigung der örtlichen Population bereits auf der Grundlage einer sachgerechten allgemeinen Analyse der Wirkungen des Vorhabens auf deren Lebensraum verneint werden konnte. Eine - wie von der Klägerin gefordert - größere Prüftiefe wäre nur dort erforderlich, wo auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu Analogieschlüssen und Worst-Case-Betrachtungen die Intensität und Tragweite der Beeinträchtigungen für die örtliche oder hieraus abgeleitet die im gesamten Lebensraum vorkommenden Populationen einer besonders geschützten Art nicht mehr angemessen erfasst werden könnten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9/07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr 33 Rn. 31).
455 
Eine solche Situation hat die Klägerin mit ihren Einwendungen aber auch im Besonderen nicht dargelegt.
456 
Die insoweit vom Fachgutachter der Klägerin vermissten Angaben zum sogenannten günstigen Erhaltungszustand der Haselmauspopulationen (muscardinus avellanarius) gehen im Ansatz von der rechtlichen Annahme aus, dass eine Ausnahmeerteilung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG (2007) grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn sich die Population insgesamt in einem solchen Erhaltungszustand befindet oder aber wenn „außergewöhnliche Umstände“ gegeben sind. Dies trifft jedoch nicht zu. Denn eine Ausnahme kann auch dann erteilt werden, wenn sich eine betroffene Population bereits vor dem Eingriff nicht in einem günstigen Erhaltungszustand befindet. Dann reicht es aus, dass sich dieser Erhaltungszustand nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird (BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 142; Beschl. v. 17.04.2010 - 9 B 5/10 -, NuR 2010, 492 Rn. 7 ff; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.08.2009 - 5 S 2348/08 -, NuR 2010, 206 Rn. 50). Dass Letzteres in Bezug auf die Haselmauspopulationen - unabhängig von deren tatsächlichen Erhaltungszustand - durch den Bau und den Betrieb des Rückhaltebeckens der Fall ist, hat der Gutachter des Vorhabenträgers in seinem Gutachten und in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die nur temporal wirkenden Flutungen, die Verbesserung der allgemeinen Lebensumstände in den vernässten Bereichen und die hohe Reproduktionsrate der Haselmäuse bei Verlusten von Jungtieren in jeder Hinsicht nachvollziehbar dargelegt.
457 
Den weiter vermissten näheren Angaben zur Population der Rapfen (aspius aspius) und zur möglichen Wirkung des Vorhabens auf diese ist der Fachgutachter des Vorhabenträgers mit dem ebenfalls überzeugenden Hinweis auf die sich im Rhein und den Rheinseitengewässern stark ausbreitende Rapfenpopulation entgegengetreten. Denn mit diesem Hinweis ist hinreichend deutlich, dass auch bei Einzelverlusten einer Rapfenpopulation im örtlichen Bereich die Gesamtpopulation im maßgeblichen Lebensraum nicht gefährdet ist.
458 
Soweit die Klägerin eine Untersuchung der Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf die Population der Wildkatze (felis silvestris) vermisst, ist dem entgegen zu halten, dass diese im Bereich des Vorhabens erstmals im Jahr 2009 festgestellt worden ist, sodass diese Art im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellungsentscheidung ohne weiteres als nicht relevant ausgeblendet werden konnte.
459 
Schließlich hat der Beklagte für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (maculinea nausithous) eine Verschlechterung der Populationen aufgrund einer hinreichend genauen Untersuchung zu diesem Vorkommen zu Recht ausgeschlossen. Dabei hat er einerseits in Rechnung gestellt, dass die von der Flutung und Vernässung durch das Vorhaben im Teilbereich VII in Anspruch genommene Habitatfläche entfällt; er konnte aber ohne Rechtsfehler andererseits davon ausgehen, dass durch die Entwicklung geeigneter Ausgleichsflächen im Bereich des Hochwasserdamms VI und eine den Bedürfnissen der Art angepasste Mahd (Mahd wechselnder Wiesensäume erst in der zweiten Septemberhälfte) Entwicklungsbedingungen für diesen Bläuling geschaffen werden, die den eintretenden Habitatsverlust nicht nur kompensieren, sondern gemeinsam mit den Vernetzungen durch weitere Biotope eine Verbesserung des Lebensraums für die Gesamtpopulation mit sich bringen. Warum diese Maßnahmen nicht geeignet sein sollten, die Stabilität der Maculinea-Population zu gewährleisten, ist von der Klägerin nicht dargelegt worden. Eine bloß gegenteilige Prognose reicht für sich nicht aus, um eine relevante Überschreitung des dem Beklagten eingeräumten naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums zu begründen.
460 
(4.5) Ermessensentscheidung
461 
Der Beklagte hat die Ausnahmegenehmigung ermessensfehlerfrei erteilt.
462 
Zwar hat der Beklagte die Ausnahmegenehmigung vorsorglich erteilt, ohne deutlich zu machen, in welchem Umfang er konkret von tatsächlichen Verstößen gegen die Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) ausgeht. Dies macht die Ermessensentscheidung jedoch nicht fehlerhaft. Denn die zuständige Behörde war sich ihrer Gestaltungsmacht bewusst und hat die Ausnahme gerade im Hinblick auf die unbestimmte Vielzahl möglicher artenschutzrechtlich verbotener Zugriffshandlungen im Zusammenhang mit dem Bau und dem Betrieb des Polders an der Elzmündung genehmigt. Dass sie dabei auf eine Konkretisierung einzelner betroffener streng geschützter Individuen verzichten konnte, ergibt sich aus der Besonderheit, dass sich nach der naturschutzfachlich angemessenen Folgenabschätzung durch die zunächst für Einzelindividuen problematischen Flutungen und Vernässungen des Vorhabensgebiets mittel- bis langfristig die allgemeinen Lebensbedingungen auch für die streng geschützten Arten überwiegend verbessern.
463 
(5) Großer Eichenbock - Unerheblichkeit eines möglichen Untersuchungsdefizits
464 
Sofern im Hinblick auf die - weder in der in der artenschutzrechtlichen noch in der habitatsschutzspezifischen Fachprüfung untersuchte - besonders geschützte Art des Großen Eichenbocks (cerambyx cerdo) ein auf die Beeinträchtigung und Bestandserhaltung bezogenes Untersuchungs- und Beurteilungsdefizit gerügt wird, wäre ein hiermit verbundener Fehler bei der Erteilung einer Befreiung nach § 75 Abs. 1 a LVwVfG unerheblich. Denn insoweit liegt - was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 147; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, Rn. 562, 565; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 539) ausreicht - eine objektive Ausnahmelage vor, und es ist aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die zuständige Behörde bei Kenntnis der relevanten Umstände die artenschutzrechtliche Ausnahme auch insoweit erteilt hätte.
465 
So hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass der Große Eichenbock im Vorhabengebiet trotz entsprechender - wenn auch nicht aktueller - Untersuchungen nicht habe nachgewiesen werden können, dass diese Laufkäferart aber durch die Flutungen nur in einem geringen Maße betroffen sein könne, da sie sich überwiegend an den Eichenstämmen aufhalte und der Verlust der Eichenbestände im Zusammenhang mit den Flutungen nach der forstlichen Bestandesfeinkartierung und Risikoanalyse (Anlage 12.10.1 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 30, Teil A, S. 27 f Teil B.5.3.1. S. 22 ff und 33 ff.) letztlich von geringer Bedeutung sei. Hinzu komme, dass diese Käferart regelmäßig von dem Entstehen von Hartholzauen profitiere. Diesen Ausführungen hat der Fachgutachter der Klägerin nichts entgegen gesetzt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass diese naturschutzfachlich hinreichend abgesichert sind.
466 
(6) Arten mit nur nationalem Schutz
467 
Sofern die Klägerin im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Prüfung eine Untersuchung der besonders geschützten Tierarten vermisst, die nicht im Anhang IV Buchst. a der Habitatrichtlinie aufgeführt sind und auch nicht zu den europäischen Vogelarten gehören, übersieht sie, dass die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) nach Absatz 5 Satz 5 dieser Norm bei Handlungen zur Durchführung eines nach § 19 BNatSchG (2007) zulässigen Eingriffs in Natur und Landschaft nicht zur Anwendung kommen.
468 
dd) Naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsregelung
469 
Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen die naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichregelung der §§ 20, 21 NatSchG BW und §§ 18, 19 BNatSchG (2007).
470 
Nach dieser Regelung ist der Verursacher eines Eingriffs zunächst verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen (§ 21 Abs. 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 1 BNatSchG (2007) und und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatzmaßnahmen) (§ 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007).
471 
(1) Vermeidungsgebot
472 
Mit dem planfestgestellten Vorhaben sind keine vermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft verbunden.
473 
(1.1) Ökologische Flutungen als Vermeidungsmaßnahme
474 
Die Kammer geht mit dem beklagten Land davon aus, dass die Ökologischen Flutungen rechtlich als Vermeidungsmaßnahmen anzusehen sind. Denn nach dem Wortlaut und dem Zweck der Regelung ist allein maßgeblich, dass durch aktive Maßnahmen ansonsten mit dem geplanten Vorhaben verbundene Folgen für die Natur vermieden oder jedenfalls verringert werden. Dieser Zweck wird mit dem Konzept der Ökologischen Flutungen erreicht, wie sich aus einem Vergleich der Eingriffswirkungen der - als solche nicht dem Vermeidungsgebot unterliegenden (BVerwG, Urt. v. 07.03.1997 - 4 C 10/96 -, BVerwGE 104, 144, 146 f) - Hochwasserrückhaltungen ohne die Ökologischen Flutungen mit denen bei Durchführung dieser Maßnahmen ergibt.
475 
Aus den - insoweit unstreitigen - Wirkungsprognosen zur Hochwasserrückhaltung ohne Durchführung Ökologischer Flutungen in der Umweltverträglichkeitsstudie (... Planungsgesellschaft mbH, Bericht zur Umweltverträglichkeitsstudie „Rückhalteraum Elzmündung, Kap. 6 S. 135 ff.; Anlage 8.1. zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 19) ergibt sich, dass die - in ihrem Zeitpunkt, ihrer Dauer und ihrem Maß nur statistisch, nicht aber konkret bestimmbaren - Hochwasserrückhaltungen im Polder an der Elzmündung jeweils zu erheblichen Schädigungen der im Rückhaltebecken vorhandenen Fauna und Flora führen. Hieran ändert auch die aus Sicherheitsgründen nicht disponible Probeflutung vor Inbetriebnahme des Rückhaltebeckens nichts, durch welche ebenfalls erhebliche Schädigungen der bestehenden Fauna und Flora im Rückhaltebecken verursacht werden. Denn es ist in der Folge der Probeflutung sowie der Hochwasserrückhaltungen davon auszugehen, dass sich die beeinträchtigte Natur im Rückhaltebecken immer wieder in einer Weise regeneriert, die sie für spätere Flutungen erneut anfällig macht.
476 
Nach dem Konzept der Ökologischen Flutungen soll die nach der Probeflutung und anderen Retentionsrückhaltungen jeweils einsetzende Regeneration der Natur durch eine wiederholte Vernässung und Überspülung erheblicher Bereiche dahin beeinflusst werden, dass sich hier eine Vegetation und Tierwelt herausbildet, die an solche Bedingungen adaptiert ist. Auf diesem Weg soll die im Rückhalteraum vorhandene Fauna und Flora sukzessive so umgewandelt werden, dass der entstehende Naturhaushalt im Rückhalteraum längerfristig durch Retentionsflutungen nicht mehr erheblich beeinträchtigt werden kann. Damit werden die Eingriffswirkungen der sich in die Zukunft auf unbestimmte Zeit immer wiederholenden Retentionsflutungen gegenüber dem Zustand ohne eine solche Beeinflussung der Regeneration durch die Ökologischen Flutungen reduziert und zwar umso stärker, je erfolgreicher die Umwandlung des Naturhaushalts in diesem Bereich gelingt.
477 
Der Einordnung der Ökologischen Flutungen als Vermeidungsmaßnahme steht nicht entgegen, dass diese nicht an den vorhabenbedingten Eingriff der Hochwasserflutung anknüpfen, sondern die Natur als das Schutzgut der Regelung verändern und an den Eingriff anpassen sollen. Denn die Hochwasserrückhaltungen beschränken sich als Eingriffshandlungen des planfestgestellten Vorhabens nicht auf eine einmalige oder dauerhafte Beeinträchtigung der Natur, sondern bringen aufgrund ihrer relativen Seltenheit in der Zukunft immer wieder erhebliche Beeinträchtigungen der Natur mit sich, die letztlich nur über eine Umwandlung der Natur sukzessive verringert oder gänzlich vermieden werden können. Allerdings dürfen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, die mit der Vermeidungsmaßnahme verbunden sind, nicht ihrerseits außer Betracht bleiben, sondern sind in ihrer möglichen eigenständigen Eingriffswirkung zu erfassen. Anderenfalls bestünde die - vom Bevollmächtigten der Klägerin insoweit zu Recht herausgestellte - Gefahr, dass die Wirkungen eines Gesamtvorhabens auf die Natur nicht vollständig erfasst werden. Im Hinblick auf die Eignung als Vermeidungsmaßnahme darf die in einer solchen Maßnahme möglicherweise liegende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts daher nicht so gewichtig sein, dass im Zusammenwirken von Vorhaben und Vermeidungsmaßnahme eine Vermeidung der erheblichen Beeinträchtigung der Natur und Landschaft im „Gesamtsaldo“ doch nicht erreicht werden kann. Eine solche Situation ist bei den Ökologischen Flutungen jedoch nicht gegeben.
478 
Dabei geht die Kammer hinsichtlich der Wirkung der Ökologischen Flutungen auf die Natur im Rückhalteraum davon aus, dass diese - ungeachtet der Komplexität dynamischer Anpassungsprozesse in der Natur und möglicher Hochwasserrückhaltungen - in der Anfangszeit erhebliche Beeinträchtigungen des Naturhaushalts mit sich bringen. Denn sie treffen in ihrem Wirkbereich zunächst auf eine Natur, die - trotz einer ersten Beeinträchtigung durch den vorgelagerten Probestau - auf Vernässungen und Flutungen der Grundflächen im Polder sowie auf die damit einhergehende Anhebung des Grundwasserspiegel empfindlich reagiert und in ihrem relevanten Ist-Zustand über eine Vernichtung oder Schädigung nicht angepasster Pflanzen und Tiere sowie durch eine nachhaltige Veränderung der Bodenverhältnisse betroffen ist. Dabei treten die Schädigungen bei empfindlichen Lebenwesen und Pflanzen mit kurzer Lebensdauer zum Teil schnell und nachhaltig ein. Zum Teil bewirken die Flutungen Schädigungen auch nur über einen langen Zeitraum. Da es in den Zeiträumen zwischen den Ökologischen Flutungen zu einer Regeneration der Natur kommt, die auch die noch vorhandenen Lebenswelten und Populationen umfasst, die nicht an die Vernässungen und Flutungen angepasst sind, treten auch im weiteren Verlauf der Durchführung Ökologischer Flutungen immer wieder Schädigungen der zuvor bestehenden Natur auf. Auch hierin liegen Eingriffe in den gegebenen Naturhaushalt. Gleichzeitig führt die Vernässung und Flutung aber auch zur Entwicklung einer Fauna und Flora, die an die neuen Verhältnisse angepasst ist und bei weiteren Flutungen deshalb nicht nachteilig betroffen wird. Zudem werden nicht alle Bereiche des Polders überhaupt bzw. gleichermaßen vernässt oder geflutet, sodass Tiere und Pflanzen, die an die Vernässung und Flutung nicht angepasst sind, nach und nach in die Bereiche des Polders verdrängt werden, die von den Flutungen nicht, nicht so stark oder nur selten erreicht werden. Mit dem Maß dieser Verdrängung oder auch Vernichtung der nicht angepassten Fauna und Flora nimmt dann auch das jeweilige Maß der Beeinträchtigung der jeweils vorhandenen Natur durch die Ökologischen Flutungen ab, bis diese schließlich allenfalls nur noch solche Störungen hervorrufen, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des dann geschaffenen Naturhaushalts unberührt lassen. Damit verlieren die Ökologischen Flutungen über die Zeit nicht nur ihren Charakter als Eingriffe in die Natur, sondern werden zu einem prägenden Element des dann geschaffenen Naturhaushalts.
479 
Da gleichzeitig mit der Adaption der Natur an die Vernässung und Flutung die Schädigungswirkung der Hochwasserrückhaltungen abnimmt, entwickelt sich somit trotz der anfänglichen erheblichen Eingriffswirkung der Ökologischen Flutungen langfristig ein gegenüber den ohne die Umwandlung stets zerstörerisch wirkenden Hochwasserflutungen positiver Saldo für den Naturhaushalt.
480 
(1.2) Ökologische Flutung als vermeidbare Beeinträchtigung
481 
(1.2.1) Ökologische Flutung als naturschutzrechtlicher Eingriff
482 
Aus der Wirkung der Ökologischen Flutungen auf die Natur im Rückhalteraum ergibt sich gleichzeitig, dass diese - wenn auch im Zeitverlauf abnehmend - jeweils Beeinträchtigungen der Natur im Sinne der § 20 Abs. 1 Satz 1 NatSchG BW; § 18 Abs. 1 BNatSchG (2007) darstellen, die ihrerseits dem Vermeidungs- und Ausgleichsgebot der § 21 Abs. 1 und 2 NatSchG BW, § 19 Abs. 1 und 2 BNatSchG (2007) unterfallen.
483 
Dem steht nicht entgegen, dass die Ökologischen Flutungen im Hinblick auf die Hochwasserrückhaltungen gleichzeitig als eine Vermeidungsmaßnahme nach § 21 Abs. 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 1 BNatSchG (2007) anzusehen sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man - wie hier - auch solche Maßnahmen als Vermeidungsmaßnahmen ansieht, die nicht nur auf eine Veränderung des Eingriffsakts und seiner Wirkungen auf die Natur zielen, sondern auf eine Anpassung der Natur an den Eingriffsakt gerichtet sind. Dann nämlich tragen sie die nach § 20 Abs. 1 NatSchG BW; § 18 Abs. 1 BNatSchG allein maßgebliche Eignung, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich zu beeinträchtigen, in sich, so dass ihnen die Eingriffsqualität nicht schon begrifflich abgesprochen werden kann (vgl. zur parallelen Problematik der Ausgleichsmaßnahme BVerwG, Beschl. v. 28.01.2008 - 7 B 45.08 -, NVwZ 2009, 521 Rn. 19).
484 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Ökologischen Flutungen darauf zielen, im Rückhalteraum langfristig überflutungstolerante Verhältnisse zu schaffen und damit langfristig die Eingriffswirkungen der Hochwasserrückhaltung sowie der Ökologischen Flutungen entfallen zu lassen. Denn die Frage der Eingriffswirkung einer Maßnahme ist stets auf die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bezogen, die ihrerseits maßgeblich durch die gegebenen tatsächlichen Verhältnisse geprägt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2004 - 4 A 1/04 -, NVwZ 2005, 196 Rn. 21 sowie - zu einer Abweichung von diesem Grundsatz bei anderweitigen rechtlichen Vorgaben für die Entwicklung der Natur Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 507). Sofern der Beklagte seine gegenteilige Rechtsauffassung auf den Gerichtsbescheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. September 1998 (4 A 35.97 - NVwZ 1999, 532, 534) stützt, kann die Kammer dem nicht folgen. Vielmehr wird auch in dieser Entscheidung - bezogen auf Kompensationsmaßnahmen - angenommen, dass Maßnahmen, die zur Erreichung eines naturschutznäheren Endziels zunächst den bestehenden naturhaften Zustand einer Fläche beeinträchtigen, als Eingriff zu werten sind, der dann allerdings keiner weiteren Kompensation durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bedarf, wenn sich die Maßnahme in der naturschutzfachlichen Gesamtbilanz als günstig darstellt (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 28.01.2009 - 7 B 45.08 -, NVwZ 2009, 521 Rn. 19).
485 
(1.2.2) Vermeidbarkeit der Beeinträchtigung
486 
Die hiernach auch in den Ökologischen Flutungen gegebenen Beeinträchtigungen der Natur sind nicht im Sinne der § 21 Abs. 1 NatSchG BW; 19 Abs. 1 BNatSchG (2007) vermeidbar.
487 
Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass die Ökologischen Flutungen - wie der Bevollmächtigte der Klägerin ausführt - als integraler Bestandteil des genehmigten Vorhabens in ihrer Zulässigkeit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorgelagert wären. Denn der Planfeststellungsbeschluss zielt allein auf die Zulassung des Baus und Betriebs des Rückhaltebeckens zum Zwecke der Hochwasserrückhaltung, während die Ökologischen Flutungen gerade als naturschutzrechtliche Begleitmaßnahme konzipiert sind.
488 
Allerdings ergibt sich die Unvermeidbarkeit der Beeinträchtigung der Natur durch die Ökologischen Flutungen daraus, dass bei einem Verzicht gerade auf die partiellen Eingriffswirkungen der Ökologischen Flutungen das Ziel einer langfristig gegebenen Minimierung der Beeinträchtigung der Natur durch die Hochwasserrückhaltungen nicht erreicht werden würde.
489 
(2) Kompensation der Beeinträchtigung
490 
Führen sowohl die Hochwasserrückhaltung als auch die Durchführung der Ökologischen Flutung zu einer unvermeidbaren, in ihrer Intensität aber sukzessive abnehmenden Beeinträchtigung des jeweils gegebenen Naturhaushalts im Rückhaltebecken, werden diese Beeinträchtigungen über die Umwandlung der Natur im Polder in einen aueähnlichen Zustand vollständig kompensiert. Insofern stellen die Ökologischen Flutungen Maßnahmen der Landschaftspflege in der Form einer Ersatzmaßnahme dar (§ 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007).
491 
(2.1) Rechtliche Eignung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme
492 
Der Einordnung der mit den Ökologischen Flutungen bezweckten Umwandlung der Natur im Rückhaltebecken in eine aueähnliche Landschaft als Ersatzmaßnahme steht nicht entgegen, dass über diese Flutungen gleichzeitig in die bestehende Natur eingegriffen wird. Dies ergibt sich aus der begrifflichen Unabhängigkeit der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von ihrer Einordnung als Eingriff in Natur und Landschaft. Für diese Maßnahmen ist es grundsätzlich anerkannt, dass sie den in ihnen liegenden Eingriff in die Natur dadurch ausgleichen können, dass mit ihnen längerfristig ein anderer naturnaher Zustand herbeigeführt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.01.2009 - 7 B 45.08 -, NVwZ 2009, 521 Rn. 19 sowie GB v. 10.09.1998 - 4 A 35.97 - NVwZ 1999, 532, 534). Da die Ökologischen Flutungen gerade zum Zwecke der Umwandlung der natürlichen Verhältnisse in einen anderen naturnahen Zustand erfolgen, stellen sie auch keine Maßnahme der - unzulässigen - Selbstkompensation dar.
493 
Für die Einordnung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme ist unerheblich, dass der Beklagte selbst eine solche rechtliche Einordnung nicht vorgenommen, sondern unter Hinweis auf deren Charakter als Vermeidungsmaßnahme ebenso verneint hat wie ihre rechtliche Zuordnung zum Eingriffsbegriff (vgl. etwa Planfeststellungsbeschluss S. 173 f.). Denn dieser Fehler in der rechtlichen Beurteilung der Maßnahme wirkt sich auf das Ergebnis der vorgenommen Prüfung der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2003 - 9 A 33/02 -, NVwZ 2003, 1120, Rn. 54). Insbesondere hat die Planfeststellungsbehörde bei der insoweit entscheidenden naturschutzfachlichen Betrachtung (Planfeststellungsbeschluss S. 61 ff.) nicht nur die insgesamt gegebenen Beeinträchtigungen der Natur auch im Hinblick auf die Folgen der Ökologischen Flutungen für die verschiedenen Schutzgüter ermittelt und bewertet, sondern auch die - für die Beurteilung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme - maßgebliche Wirkungsprognose angestellt. Sofern in der Rechtsprechung eine Umdeutung von Ausgleichsmaßnahmen in Ersatzmaßnahmen und umgekehrt im Hinblick auf die Stufenfolge der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung als unzulässig angesehen worden war (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18/99 -, BVerwGE 112, 140 Rn. 58 f), lag dem die hier nicht mehr einschlägige Regelung des § 8 Abs. 3 BNatSchG (1996) zugrunde, die die Ersatzmaßnahmen als Teil der der Eingriffsvermeidung und dem Eingriffsausgleich nachgeschalteten Abwägungsentscheidung angesehen hatte. Diese Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf die Rechtslage nach § 19 BNatSchG (2007) übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2003 - 9 A 33/02 -, NVwZ 2003, 1120, Rn. 54; a.A. BayVGH, Urt. v. 27.06.2008 - 8 B 06.2340, ZfW 2010, 161 Rn. 92).
494 
(2.2) Vorrang von Ausgleichsmaßnahmen
495 
Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin musste der Beklagte nicht vorrangig zur Ersatzmaßnahme der Umgestaltung der Natur in dem Polderbecken Ausgleichmaßnahmen festsetzen, die an anderer Stelle einen Zustand herbeiführen, der der durch die Hochwasserflutungen beeinträchtigten Natur im Rückhalteraum gleichartig ist.
496 
Zwar sind Ausgleichsmaßnahmen nach der Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG; § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007) gegenüber der Festsetzung von Ersatzmaßnahmen „vorrangig“, doch ist hier nach Auffassung der Kammer von einer Situation auszugehen, in der die Schaffung eines gleichartigen Zustands durch Ausgleichsmaßnahmen gegenüber der Umwandlung der Natur im Rückhalteraum in einen (nur) gleichwertigen Zustand zurücktreten muss. Insofern steht der „Vorrang“ der Ausgleichsmaßnahme nicht nur unter dem Vorbehalt der tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeit oder einer Verhältnismäßigkeit in wirtschaftlicher Hinsicht (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, 11. Naturschutzgesetz, BNatSchG a.F. (2007) (Stand April 2008), § 19 Rn. 20), sondern muss auch an der eigentlichen Zielsetzung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelung gemessen werden, die eingriffsbedingten Beeinträchtigung des Naturhaushalts möglichst vollständig zu kompensieren. Insoweit aber besteht hier die besondere Situation, dass die Retentionsflutungen - ohne eine Umwandlung in einen andersartigen, flutungsadaptierten Zustand - stets aufs neue zu Beeinträchtigungen der Natur im Polderbecken führen würden, während über die Ersatzmaßnahme der Umgestaltung dieses naturhaften Zustands langfristig eine Eingriffswirkung dieser Flutungen entfällt.
497 
Unabhängig hiervon gilt aber auch, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege vom 29.07.2009 (BGBl. I, 2542) - BNatSchG (2010) - in der § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007) entsprechenden rahmenrechtlichen Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 4 BNatSchG (2010) die Voraussetzung der „Vorrangigkeit“ der Ausgleichsmaßnahme gegenüber der Ersatzmaßnahme entfallen ist, sodass diese beiden Maßnahmen nunmehr als gleichrangige Alternativen auf eine Stufe gestellt sind (hierzu Hendler/Brockhoff, NVwZ 2010, 733 735). Diese Modifizierung verdrängt gleichzeitig auch die anderslautende Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG BW, da es sich bei der bundesrechtlichen Regelung des § 15 Abs. 2 bis 4 BNatSchG (2010) um eine abschließende Bestimmung zu den naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen handelt, die als allgemeiner Grundsatz des Naturschutzrechts gegenüber dem Landesrecht abweichungsfest ist (vgl. Engel/Ketterer, VBlBW 2010, 293, 296; Louis, NuR 2010, 77, 81).
498 
Diese Rechtsänderung ist hier für die Beurteilung erheblich. Von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, gilt nämlich insoweit eine Ausnahme, als Rechtsänderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führen. Denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 256; OVG Nieders., Beschl. v. 05.01.2010 - 7 KS 212/06 -, NuR 2010, 194, 195).
499 
(2.3) Eignung der Ökologischen Flutung als Ersatzmaßnahme
500 
Kann die durch die Ökologischen Flutungen herbeizuführende Schaffung einer flutungsresistenten Fauna und Flora im Rückhaltebecken rechtlich als Kompensation der in den Hochwasserrückhaltungen sowie in den Ökologischen Flutungen liegenden Beeinträchtigungen der Natur angesehen werden, so kann ein solcher Zustand auch tatsächlich in der notwendigen naturschutzfachlichen Wertigkeit geschaffen werden. Die von der Klägerin insoweit unter Hinweis auf die fachlichen Stellungnahmen ihrer Gutachter erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
501 
(2.3.1) Zielsetzung der Ökologischen Flutung
502 
Die mit den Ökologischen Flutungen bezweckte Schaffung eines „aueähnlichen Zustands“ in den Poldern reicht aus, um die eingriffsbedingten Beeinträchtigungen der dort vorhandenen Natur und Landschaft vollständig auszugleichen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass - wie der Gutachter der Klägerin es fordert - eine „echte Aue der Furkationszone des Rheins“ geschaffen wird, wie sie an der Elzmündung vor dem Ausbau des Rheines bestanden hat.
503 
Dabei entsteht auch nicht deshalb ein Ausgleichsdefizit, weil die Ökologischen Flutungen nicht dazuführen, dass der gesamte Bereich, der im Falle einer Hochwasserrückhaltung überflutet wird, an ein derartiges Ereignis adaptiert wird. Zwar ist davon auszugehen, dass auch nach einer Umgestaltung der Natur im Rückhaltebecken Bereiche vorhanden sind, in denen Pflanzen und Lebewesen durch die Hochwasserrückhaltungen stark geschädigt werden. Anders als von dem Bevollmächtigten der Klägerin dargelegt, liegt in dieser Schädigung jedoch kein relevanter Eingriff in die Natur mehr, der durch Maßnahmen ausgeglichen werden müsste, die über die geplante Schaffung einer aueähnlichen Natur hinausgehen. Denn die Vertreterin des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung für den Beklagten dargelegt, dass die im Rückhalteraum zu schaffenden aueähnlichen Verhältnisse als Ökosystem grundsätzlich auch die - durch die Ökologischen Flutungen nicht erfassten - Trockenbereiche umfassen, dass aber seltene Flutungen oder Vernässungen in der Folge einer Hochwasserrückhaltung hier im Sinne einer Störungsökologie auf den Naturhaushalt als solchen nicht nachteilig wirken. So seien die Schäden der Fauna und Flora in diesen Bereichen aufgrund der regelmäßig niedrigeren Wasserstände und kürzeren Flutungsdauer keine nachhaltigen, sodass sich die Natur gerade hier wieder innerhalb kürzerer Zeit erholen und in den ursprünglichen Zustand zurückentwickeln werde. Darüber hinaus hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers erläutert, dass in der zu schaffenden aueähnlichen Natur aufgrund des Nebeneinanders verschieden vernässter, aber auch trockener Bereiche eine höhere Artenvielfalt zu erwarten sei, als in dem homogeneren Bereich, wie er zur Zeit im Rückhaltebecken vorgefunden werde. Hieraus resultiere eine grundsätzlich höhere Wertigkeit des angestrebten Zustands, der nach der Umgestaltung der Natur in dem Rückhaltebecken vereinzelte weitere Beeinträchtigungen ohne weiteres kompensiere.
504 
Diese Beurteilung der vollständigen Kompensationswirkung der Umwandlung des Retentionsraums in eine (bloß) auetypische Natur auch gegenüber Störungen durch zukünftige Retentionsflutungen lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Denn der Planfeststellungsbehörde steht - in Ermangelung besonderer bundes- oder landesrechtlicher Vorgaben - bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens und ebenso bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere was deren Quantifizierung betrifft, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 - BVerwGE 121, 72 Rn. 118). Hierzu aber hat die Klägerin substantiiert nichts vorgebracht.
505 
(2.3.2) Tatsächliche Eignung der Ökologischen Flutungen
506 
Sofern die Klägerin unter Hinweis auf die verschiedenen Stellungnahmen ihrer Fachgutachter vorträgt, dass die angestrebte Herstellung einer aueähnlichen Natur mit den Ökologischen Flutungen tatsächlich nicht erreicht werden könne, begründen diese Einwendungen im Hinblick auf die Bestimmung der naturschutzrechtlich ausreichenden Kompensationmaßnahmen keinen rechtlich erheblichen Fehler .
507 
Die Beurteilung der Eignung einer Maßnahme zur Herstellung eines bestimmten natürlichen Zustands ist aufgrund der Komplexität natürlicher Entwicklungen und der Unsicherheiten im Tatsächlichen stets mit Unwägbarkeiten verbunden, sodass dieser Entscheidung der Charakter einer Prognose zukommt. Dem entspricht es, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über Kompensationsmaßnahmen im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung auch hinsichtlich der Beurteilung ihrer Eignung über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative verfügt, die vom Gericht nur darauf hin überprüft werden kann, ob die Annahme eines Wirkungszusammenhangs im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar ist, auf ausreichenden und richtigen Tatsachengrundlagen beruht und im Ergebnis nachvollziehbar und einleuchtend begründet ist (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 - BVerwGE 121, 72 Rn. 118).
508 
Diese Voraussetzungen einer ausreichenden Wirksamkeitsprognose sind hier auch unter Berücksichtigung der fachlichen Einwendungen der Gutachter der Klägerin erfüllt.
509 
(2.3.3) Fließgeschwindigkeiten
510 
Soweit die Klägerin die mangelnde Eignung der ökologischen Flutungen maßgeblich damit begründet, dass das Poldergebiet weder bei den Ökologischen Flutungen noch bei den Hochwasserrückhaltungen großflächig mit rasch fließendem Wasser durchströmt werde, geht sie von der Zielsetzung aus, eine möglichst naturnahe Aue der Furkationszone zu schaffen, die tatsächlich durch eine Überströmung mit schnell fließendem Wasser geprägt ist. Tatsächlich aber wird mit dem Planfeststellungsbeschluss die Schaffung einer solchen Aue nicht angestrebt. Vielmehr wurde die Zielsetzung - gerade weil man sich der beschränkenden Wirkung etwa der Querriegel auf die Fließgeschwindigkeiten bewusst war - dahin reduziert, dass aueähnliche Verhältnisse geschaffen werden, wie sie im Bereich des Rheinpolders bei Altenheim gegeben sind und in der Tendenz den Bedingungen regelmäßig überfluteter Auewäldern der freifließenden Rheinstrecke zwischen Raststatt und Mannheim entsprechen.
511 
Kommt es damit für die naturschutzfachliche Eignung der Ökologischen Flutungen darauf an, ob die Annahme zutrifft, dass im Rückhaltebecken an der Elzmündung Abflussverhältnisse entstehen, wie sie den aueähnlichen Bereichen nördlich von Iffezheim sowie dem Polder Altenheim entsprechen, verlieren die Einwendungen der Klägerin ihre Relevanz. Denn sie konnte nicht darlegen, dass die Qualifizierung der Abflussverhältnisse im Rückhaltebecken an der Elzmündung mit der Graduierung von schnell fließendem Wasser in den Flussniederungen bis hin zu stagnierendem Wasser in erhöhten Lagen, Randsenken und Strömungsschatten nicht erreicht wird oder gar den naturnahen Auen nördlich von Iffezheim nicht entspricht. Auch hat das Land - wiederum in den Grenzen seines Beurteilungsspielraums - plausibel dargelegt, dass und warum die Erfahrungen und Untersuchungen zu der Wirkweise Ökologischer Flutungen im Polder Altenheim auf die Verhältnisse im Rückhalteraum an der Elzmündung übertragbar sind.
512 
Soweit zu den einzelnen Berechnungen der Strömungsgeschwindigkeiten im Rückhalteraum dargelegt wird, dass die Einstufung der Rauhigkeitsklassen der Vegetation nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, ist eine Überschreitung des diesbezüglichen Bewertungs- und Prognosespielraums nicht gegeben. Denn abgesehen davon, dass der Beklagte die Relevanz der Eingruppierung für die Fließgeschwindigkeit gerade in den problematischen niedrig überfluteten Bereichen nachvollziehbar verneint hat, ist eine Fehleinschätzung der Rauhigkeitsklassen auch anhand der in der mündlichen Verhandlung gezeigten Lichtbilder nicht deutlich geworden.
513 
(2.3.4) Erosions- und Sedimentationsprozesse
514 
Sofern der Gutachter der Klägerin für den Rückhalteraum an der Elzmündung insbesondere in den flach und langsam überfluteten Bereichen einseitig flächige Sedimentablagerungen befürchtet, die - anders als der kleinflächige Wechsel von Sedimentation und Erosion - für eine Aue untypisch seien, setzt er seine Bewertung an die Stelle der Prognose und Bewertung des Beklagten, die unter Rückgriff auf die Erfahrungen im Polder bei Altenheim insoweit keine aueschädlichen Effekte und Folgen sieht, sondern davon ausgeht, dass Sedimenteinträge regelmäßig durch die Bodenfauna aufgearbeitet und Schlammablagerungen auch wieder abgeschwemmt würden. Hierbei ist eine rechtlich relevante Überschreitung des Beurteilungs- und Prognosespielraums des Beklagten nicht ersichtlich.
515 
(2.3.5) Notwendigkeit der Niedrigwasserstände
516 
Das von der Klägerin neben den Fließgeschwindigkeiten als besonders problematisch empfundene Fehlen ausgeprägter Niedrigwasserstände im Polderbereich begründet ebenfalls keinen rechtlich relevanten Fehler bei der Konzeption und Wirkungsprognose der Ökologischen Flutungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass diese Forderung ebenfalls maßgeblich durch die Notwendigkeit begründet wird, naturnahe Auen der Furkationszone zu entwickeln; mit den Ökologischen Flutungen jedoch nicht gefordert und erreicht werden soll. So ist im Planfeststellungsbeschluss (S. 248) ausdrücklich ausgeführt: „Die Verwirklichung einer ausgeprägten Niedrigwasserphase als Annäherung an natürliche Auenverhältnisse ist nicht realisierbar und kann deshalb auch nicht Ziel der Planung sein. Eine vollständige Wiederherstellung der Auenstandorte bleibt unter den bestehenden Bedingungen ausgeschlossen“.
517 
Dabei ist es auch unerheblich, dass der Gutachter der Klägerin für den Fall des Fehlens längeranhaltender Niedrigwasserstände ein Fortschreiten der Ausbreitung sogenannter „Bastardauen“ prognostiziert. Denn der Beklagte hat hierzu dargelegt, dass ein solcher Zustand dem Bestreben, eine möglichst auetypische Natur zu schaffen, durchaus entspricht. So komme den Bereichen der Bastardauen zwar nicht wegen ihres Baumbestandes, jedoch im Hinblick auf die dort entstehenden Stillgewässer eine hohe Wertigkeit zu.
518 
Sofern im Hinblick auf die für die Entwicklungsprognose maßgebliche Beurteilung der aktuellen und gegenwärtigen Bodenvernässung vorgetragen wird, dass die angewandte Methodik der sog. Wasserstufenkartierung von derjenigen abweiche, wie sie in den 1980er Jahren für diesen Bereich eigens entwickelt worden sei, hat die Vertreterin des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers bei seiner Begutachtung dort Anpassungen an die Methodik von Heinrichfreise und Hügin vorgenommen habe, wo dies aufgrund der eingetretenen Änderungen der Verhältnisse notwendig gewesen sei. Eine Überschreitung der Spielräume bei der Wahl der Methodik zur Bestandserhebung ist deshalb mit der Kritik der Klägerin nicht verbunden.
519 
(2.3.6) Überschreitung der Flutungshöhe von 2,5 m
520 
Schließlich lässt auch der Einwand der Klägerin, der Planfeststellungsbeschluss gehe mit der Zulassung der Flutungshöhen bei Hochwasserrückhaltungen über das naturschutzfachlich in Auen zulässige Maß von 2,5 m über dem niedrigsten Standortniveau hinaus, weil die Flutungshöhen auf 2,5 m über dem mittleren Geländeniveau berechnet würden, die Vertretbarkeit der naturschutzfachlichen Wirkungsprognose der Ökologischen Flutungen oder der Hochwasserrückhaltungen nicht entfallen. Denn das beklagte Land verweist insoweit auf fachliche Erfahrungen, nach denen - baumartabhängig - auch Flutungshöhen von 2,70 m als sinnvolle Begrenzung angesehen worden seien. Auch hat es in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass nur sehr kleine Bereiche von einer Überschreitung der Flutungshöhe betroffen seien, so dass eine Relevanz weder auf der Seite der Bestimmung der Beeinträchtigungen noch auf der Seite der Wirkweise der ökologischen Flutungen als geeignete Ersatzmaßnahme gegeben sei.
521 
(3) Bilanzierung des Eingriffs- und Ausgleichs im Übrigen
522 
Soweit die Klägerin im Übrigen Einwendungen gegen die Bewertung der Eingriffswirkungen des Vorhabens und der Kompensationswirkung von Ausgleichsmaßnahmen erheben, greifen diese nicht durch.
523 
Der Planfeststellungsbehörde steht - wie bereits dargestellt - bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens sowie der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere was deren Quantifizierung betrifft, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Insbesondere können die jeweilige konkrete Beeinträchtigung und die prognostisch ermittelte Kompensation nur wertend miteinander verglichen werden. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 -, BVerwGE 121, 72 Rn. 118 m.w.N.).
524 
(3.1) Methodik der Eingriffs- und Ausgleichsbilanz
525 
Soweit die Klägerin die Bewertung der Eingriffe deshalb als methodisch falsch einschätzt, weil zum einen in der Umweltverträglichkeitsstudie eine nicht nachvollziehbare und relativierende fünfstufige Bewertung vorgenommen, und zum anderen dem eigentlich maßgeblichen Landschaftspflegerischen Begleitplan eine - nochmals vereinfachte - dreistufige Bewertung zugrunde gelegt worden sei, ist dieser Einwand rechtlich ohne Relevanz.
526 
Denn die Eingriffs- und Kompensationsbilanz im Planfeststellungsbeschluss muss zwar hinreichend nachvollziehbar offen gelegt werden, hierfür gibt es jedoch keine standardisierten Vorgaben. Vielmehr genügt eine - im Zweifel auch verbal-argumentative - Darstellung, die rational nachvollziehbar ist und eine gerichtliche Kontrolle auf die Einhaltung der Grenzen jener Einschätzungsprärogative erlaubt. Diesen Anforderungen wird die vom Beklagten auf der Grundlage der Umweltverträglichkeitsstudie im landschaftspflegerischen Begleitplan erstellte Eingriffs- und Kompensationsbilanz gerecht.
527 
Die im Landschaftspflegerischen Begleitplan vorgenommene Differenzierung der Eingriffswirkungen in drei Stufen ist ohne weiteres nachvollziehbar und aufgrund der verbalen Unterfütterung auch hinreichend aussagekräftig. Eine Übernahme der Kategorisierungen der Umweltverträglichkeitsstudie mit ihren fünf Bewertungsstufen der Flächen und Arten von „sehr geringwertig“ bis „sehr hochwertig“ war nicht erforderlich.
528 
Sofern sich die Bewertung der einzelnen Flächen und Lebensräume in der Umweltverträglichkeitsstudie letztlich auch auf die entsprechende Bewertung der Eingriffswirkungen im Landschaftspflegerischen Begleitplan ausgewirkt hat, ist diese - entgegen der Einschätzung des Fachgutachters der Klägerin - hinreichend nachvollziehbar. Denn die hierbei verwendeten Kriterien der Naturnähe der Vegetationsausprägung, der Vollständigkeit des Artenspektrums, der Häufigkeit des Vorkommens seltener Arten, der Seltenheit des Vegetationstyps und der Wiederherstellbarkeit des Vegetationstyps sind sachgerecht und in ihrer Anwendung auch ohne Widerspruch. Der Angabe schutzgutbezogener Schwellenwerte oder anderer Einzelgesichtspunkte, wie sie der Fachgutachter der Klägerin für erforderlich hält, bedurfte es nicht. Der Hinweis auf die - aus der im Verhältnis zur Ausweisung als Natura-2000-Gebiet geringen Bewertung der Teilflächen abgeleitete - Relativierung der Wertigkeiten der einzelnen Biotope und Lebensraumstypen durch eine zu starke Betrachtung (nur) der insgesamt ebenfalls sehr hochwertigen Umgebung, ist vom Beklagten hinreichend ausgeräumt worden, indem er dargelegt hat, dass die hohe Wertigkeit des Gesamtgebiets vor allem auf einzelne, flächenmäßig kleine Teilbiotope wie etwa die Pfeifengraswiesen zurückgehe und verschiedene Schutzgüter wie etwa Wasser und Boden, aber auch der Wald aufgrund der fehlenden Wasserstandsschwankungen bzw. der relativen Artenarmut deutlich hinter den Zielvorgaben für diese zurückblieben, was eine höhere Wertigkeit nicht rechtfertige.
529 
(3.2) Bestandserhebungen
530 
Sofern die Bestimmung der möglichen Eingriffswirkungen eines Vorhabens im Rahmen des naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichskonzepts eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Vorhabenbereich vorhandenen Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume erfordert, wird dem der Planfeststellungsbeschluss gerecht. Die insoweit von der Klägerin gegen die Bestandserhebungen erhobenen methodischen Einwendungen greifen nicht durch. Die der naturschutzfachlichen Prüfung der Eingriffswirkung des Vorhabens zugrunde gelegten Bestandserhebungen waren weder veraltet noch im Hinblick auf die untersuchten Indikatorenarten unzureichend.
531 
Trotz der hohen Bedeutung, die gerade der Ermittlung der von einem Vorhaben möglicherweise betroffenen Bestände für die Frage des naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichskonzepts hat, ist der Planungsträger nicht verpflichtet, etwa ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Vielmehr hängt die Ermittlungstiefe maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Aus fachlicher Sicht kann sich eine bis ins letzte Detail gehende Untersuchung erübrigen. Sind bestimmte Tier- und Pflanzenarten ein Indikator für die Biotopqualität und die Lebensraumanforderungen auch anderer Arten oder lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische und floristische Ausstattung zu, so kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Das Recht nötigt nicht zu einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzliche Erkenntnis verspricht (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 -, BVerwGE 121, 72 Rn. 90 f.; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 87, 115 f.).
532 
Diesen Anforderungen genügt der Planfeststellungsbeschluss. So wurden zur Erstellung des Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP) und der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) umfangreiche Gutachten zu den Biotopen im nördlichen Taubergießen (Anlage 12.1 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Ordner 28), zu dem Vorkommen von Schmetterlingen, Heuschrecken, Orchideen (E. und K. Rennwald, 1996; Rennwald 2001), zu den Wasserpflanzen und der Fauna (König 1995) und zu ausgewählten Landschnecken, Laufkäfern, Amphibien, Reptilien, Säugern, Gewässerkleintieren und Fischen (IUS, Weisser und Ness GmbH, 1995; Anlagen 12.2 und 12.3. zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Ordner 28) erarbeitet. Ergänzend kamen Gutachten zu ausgesuchten Vogelarten (INULA 1996), Amphibien (Laufer, 2001), Fischen (Troschel, 2001) und Libellen (INULA, 2001) sowie zu den forstwirtschaftlichen Beständen (Biegelmaier, 1999/2001) hinzu (Anlagen 12.4 bis 12.10 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Ordner 29 und 30). Diese Gutachten sind nach Darlegung des Fachgutachters des Vorhabenträgers sowie der Vertreter der Naturschutzbehörden in der mündlichen Verhandlung trotz ihres Alters hinreichend aussagekräftig, da man sich einerseits mit sehr guten Indikatorenarten wie etwa den Laufkäfern und den Schnecken sehr intensiv befasst habe, deren Vorkommen sichere Rückschlüsse auf die Lebensraumbedingungen und damit auch auf potentiell vorkommende andere Tierarten zulasse und andererseits nicht die Zerstörung der Natur, sondern eine im Ganzen sukzessive Umwandlung des Naturraums zur Prüfung gestanden habe, die die Anpassungs- und Ausweichfähigkeit verschiedener Tierarten in besonderer Weise zum Tragen bringe. Hinzu komme die Besonderheit, dass aktuellere Bestandserhebungen in der Folge des Orkanereignisses Lothar keine weitergehenden Erkenntnisse hätte bringen können und dass man die im Vorhabengebiet vorhandenen Biotope nicht mehr als unbedingt notwendig durch Bestanduntersuchungen habe stören wollen.
533 
Von einer grundsätzlich unzureichenden Bestandserhebung im Vorhabenbereich kann nach Auffassung der Kammer danach keine Rede sein. Der nicht unerhebliche Ermittlungsaufwand und die dabei erreichte Ermittlungstiefe waren den möglichen Folgen des Vorhabens für die Natur im Rückhalteraum angemessen.
534 
Den weiter erhobenen Vorwurf einer im Hinblick auf die Kartierungszeiträume unzureichenden Nachkartierung etwa in Bezug auf die Wasserralle und Libellen wie die Helm-Azurjungfer hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers nachvollziehbar mit dem Hinweis ausgeräumt, dass diese Arten bis Juli in ihren Revieren blieben. Dies werde durch die vergleichsweise hohen Fundzahlen bestätigt.
535 
(3.3) Einzelrügen
536 
Sofern die Klägerin mit Detailrügen im Einzelnen geltend macht, dass der Kompensationsbedarf infolge des planbedingten Eingriffs zu niedrig und das Ausgleichspotenzial zu hoch angesetzt worden seien, setzt sie letztlich ihre eigene abweichende naturschutzfachliche Sicht an die Stelle der Sicht des Beklagten, ohne dass insoweit eine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative feststellbar wäre.
537 
Dies gilt etwa für den Einwand der Klägerin, der Landschaftspflegerische Begleitplan ignoriere die möglichen Auswirkungen der Hochwasserrückhaltung auf die Waldbestände noch vor ihrer möglichen Adaption. Denn hier hat der Beklagte ausgeführt, dass man die mögliche Schädigung der Bestände durch einen Probestau oder eine zeitnahe Hochwasserrückhaltung im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung durchgeführt habe, hier aber zum Ergebnis gekommen sei, dass die hierbei möglichen Schädigungen zwar einzelne Bäume betreffen könnten, die dann forstwirtschaftlich abzugelten seien, dass aber ein hierdurch entstehendes Vegetationsmuster von geschlossenen und halbgeschlossenen Waldflächen mit auenartigen Beständen für die Fauna und Flora einen deutlich hochwertigeren Zustand darstelle, als dies gegenwärtig der Fall sei. Dies ist im Rahmen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden. Den in diesem Zusammenhang weiter erhobenen Einwand der Klägerin, der hier angenommene Übergang von einem Vegetationstyp zu einem anderen hochwertigeren sei nicht nachvollziehbar, hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers über seine Erläuterung, dass ein solcher auf die Entwicklung der Jungbestände der Ahorn-Eschen-Mischwälder in Eschenmischwälder bezogen sei, auch zur Überzeugung des Fachgutachters der Klägerin ausgeräumt.
538 
Der gegen die Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung weiter erhobene Einwand, man habe die möglichen Schädigungen der in der Strauchschicht lebenden Tiere wie insbesondere der Vögel und Schmetterlinge nicht richtig erfasst, stellt in der Sache die mit den allgemein zu erwartenden Verhältnissen in einer aueähnlichen Umgebung begründete Prognose des Beklagten zur Regenerationsfähigkeit der betroffenen Tierarten in Frage. Insoweit ist es jedoch zumindest nachvollziehbar, wenn der Beklagte darauf verweist, dass verschiedene Gelegeverluste bei Bodenbrütern nicht den Charakter einer relevanten Beeinträchtigung hätten und durch ein verbessertes Nahrungsangebot und eine geringeren Bewegungsfreiheit von Beutegreifern mehr als ausgeglichen würden.
539 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin zur Bewertung der möglichen Auswirkung des Vorhabens auf die Greif- und Brutvögel sowie auf die Fledermäuse vorbringt, man habe die Gefahr eines großflächigen Absterbens alter Baumbestände und den damit möglichen Verlust von geeigneten Nistplätzen ignoriert, ist auch dem der Fachgutachter des Vorhabenträgers in ausreichender Weise entgegen getreten. Denn er hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Verlust von Waldflächen hauptsächlich auf die Anlage des Kolksees und nicht auf betriebsbedingte Bestandsschädigungen zurückgehe. Der hierin liegende Eingriff werde ausgeglichen. Verluste im Altholzbestand oder bei sonstigen Bäumen mit geeigneten Nistplätzen seien nicht in der Masse zu erwarten, dass von einer Beeinträchtigung für die Vögel auszugehen sei.
540 
Auch bei der weiteren Kritik hinsichtlich der Geeignetheit der als Ausgleichsmaßnahme für den Verlust eines hochwertigen Lebensraums für Libellen vorgesehenen Neuanlage eines 300 m langen Rheinseitengrabens setzt die Klägerin ihre eigene fachliche Einschätzung an die Stelle der Prognose der Planfeststellungsbehörde, ohne dass letztere deshalb als unvertretbar oder methodisch falsch erscheinen müsste.
541 
Schließlich greift auch der Einwand des Fachgutachters der Klägerin gegen die im Zusammenhang mit der Wirkungsprognose hinsichtlich des Bodens und der Vegetation maßgebliche Wasserstufenkartierung im Vorhabenbereich nicht durch. So hat der Beklagte dem methodisch begründeten Einwand, man habe die für das betroffene Gebiet in den 1980er Jahren entwickelte Wasserstufenkartierung von Hügin und Henrichfreise nicht richtig angewendet, entgegen gehalten, dass man bei den Kartierungen aus der bestehenden Vegetation insbesondere in den Senken auf die Grundwasserstände geschlossen und sich bei diesem - methodisch allgemein anerkannten Vorgehen - dort von den Erkenntnissen aus der Wasserstufenkartierung nach Hügin und Heinrichfreise gelöst habe, wo dies aufgrund der zwischenzeitlichen Veränderungen im Vorhabengebiet und der Fragestellung der Untersuchung angezeigt gewesen sei. Soweit schließlich im Tatsächlichen die Annahme eines mit 0,3 m zu dünnen Hauptwurzelraums im Boden sowie eine fehlerhafte Berücksichtigung des kapillaren Aufstiegs von Wasser im Aueboden kritisiert wird, hat der Beklagte darauf verwiesen, dass die Kategorie des „Hauptwurzelraums mit einer Tiefe von 0,3 m“ die Möglichkeit tieferer Wurzelräume nicht ignoriere, sondern allein eingeführt worden sei, um die Bereiche bilanzieren zu können, in denen ein Wasserstandsanstieg bis dicht unter die Bodenoberfläche wirksam werden könne und damit die Vegetation schädige. Der hierbei zugrunde gelegte kapillare Aufstieg von Wasser um 10 bis 30 cm entspreche dem aktuellen Stand der forstlichen Kartierung.
542 
Diese Begründungen zum kritisierten Vorgehen der Fachgutachter des Vorhabenträgers, das jeweils mit der zuständigen Naturschutzbehörde abgestimmt war, sind für die Kammer gut nachvollziehbar, so dass eine Überschreitung des Prognose- und Ermittlungsspielraums des Beklagten auch insoweit nicht gegeben ist.
543 
d) Wasserrecht
544 
Der Planfeststellungsbeschluss zum Bau und Betrieb des Rückhaltebeckens Elzmündung verstößt nicht gegen zwingende Planleitsätze des Wasserrechts.
545 
aa) Entgegenstehendes Allgemeinwohl als Planleitsatz
546 
Ein Verstoß gegen den zwingenden Planleitsatz des § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG ist nicht gegeben. Denn diese Regelung, nach der ein Planfeststellungsbeschluss zum Gewässerausbau zu versagen ist, soweit hiervon etwa eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen zu erwarten ist, findet nur in den Konstellationen Anwendung, in denen die Planfeststellung nicht ihrerseits dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dient die Planfeststellung - wie hier - dem Hochwasserschutz und damit dem Wohl der Allgemeinheit, müssen die überwiegenden Gründe des Allgemeinwohls, die nicht ihrerseits unmittelbar auf zwingenden Rechtsvorschriften des Wasserrechts sowie außerhalb des Wasserrechts beruhen, im Wege der Abwägung festgestellt werden (Zeitler in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, § 31 Rdnr. 158; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 18.01.2005 - 8 Cs 04.1724 -, juris und v. 18 26.02.2007 - 8 ZB 06.879 -, NVwZ 2007, 1101). Dies gilt auch hinsichtlich der - von der Klägerin vorgetragenen - Erhöhung der Hochwassergefahr; denn diese wird nicht in Bezug auf die Flussunteranlieger, sondern als Folge des Rückstaus des Schutterentlastungskanals und damit als Gefahr geltend gemacht, die die Klägerin individuell trifft (zur Erheblichkeit solcher Gefahren allein als Abwägungsbelang vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.02.2009 - 1 A 10722/08.OVG -, UPR 2009, 316 Rn. 173).
547 
bb) Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung
548 
Es kann offen bleiben, ob der Planfeststellungsbeschluss gegen das zwingende wasserrechtliche Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung verstößt. Auch kommt es nicht darauf an, ob die Gewässerbenutzungshandlungen im Sinne von § 3 Abs. 1 WHG, wie hier etwa das Ableiten und Aufstauen von Rheinwasser, entsprechend § 14 Abs. 1 WHG in einer eigenständigen Erlaubnis geregelt oder nach § 3 Abs. 3 WHG und ungeachtet der Formulierung auf den Seiten 22 ff. des Planfeststellungsbeschlusses Teil desselben sind. Denn die Klägerin könnte selbst dann, wenn die Hochwasserrückhaltung und die damit verbundene Versickerung von rheinbürtigem Wasser in das Grundwasser zu einem Verstoß gegen das - auch in der Planfeststellung zwingende - Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung führen würde, keine Verletzung eines subjektiven Rechts geltend machen.
549 
Dies gilt selbst dann, wenn der Verstoß darin liegen würde, dass eine Gefährdung der öffentlichen Trinkwasserversorgung der Klägerin nicht hinreichend sicher ausgeschlossen wäre. Denn das aus dem Rechtsgedanken des § 34 WHG abgeleitete Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung (hierzu BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 91 m.w.N.) dient allein dem Interesse der Allgemeinheit an der Reinhaltung des Grundwassers (Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 11 § 26 Rn. 10 m.w.N.). Dritte haben weder ein Recht darauf, auf Grundwasser einer bestimmten Qualität oder Menge zugreifen zu können, noch ist deren Interesse an einem solchen Zugriff im Zusammenhang mit dem Schutz des Grundwassers in individualisierter Form geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). Dies gilt für den Grundstückseigentümer, der zum Zwecke der Eigenwasserversorgung auf das Grundwasser zugreifen möchte (vgl. § 12 Halbs. 1 WG BW sowie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276, juris Rn. 62 m.w.N.) ebenso wie für eine Gemeinde, die - wie hier - über die Bereitstellung einer öffentlichen Wasserversorgung eine öffentliche Aufgabe im örtlichen Wirkungskreis eigenverantwortlich erbringt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.1974 - IX 799/72 -, ZfW 1974, 386, 391; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 11 § 26 Rn. 21; a.A. für die Planfeststellung nach dem KrW-/AbfG BVerwG, Beschl. v. 13.05.1983 - 7 B 35/83 -, NVwZ 1984, 374).
550 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die öffentliche Aufgabe der Trinkwasserversorgung durch eine Gemeinde unter dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG steht und auch im Planfeststellungsverfahren zur Abwehr rechtswidriger Beeinträchtigungen berechtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, Rn. 478 m.w.N.). Denn der Schutz der kommunalen Einrichtung der öffentlichen Trinkwasserversorgung gegen Beeinträchtigungen stellt einen Belang dar, der innerhalb der planerischen Abwägung angemessen berücksichtigt werden kann und muss.
551 
5. Abwägungsentscheidung
552 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch hinsichtlich der Abwägung nicht an einem Fehler, der zu seiner Aufhebung führt.
553 
a) Rechtlicher Maßstab
554 
Die innerhalb der gesetzlichen Grenzen verbleibende planerische Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde wird durch das Gebot der gerechten Abwägung der von einer Planung berührten Belange beschränkt. Dieses aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Abwägungsgebot erfordert zunächst, dass die Planfeststellungsbehörde erstens eine sachgerechte Abwägung überhaupt durchführt und sie zweitens alle nach Lage des Falls relevanten Gesichtspunkte ermittelt und in die Abwägung mit einbezieht. Dabei umfasst der Kreis der in die Abwägung einzustellenden Belange nicht nur Rechtspositionen, sondern auch Belange und Interessen, die nicht den Charakter subjektiver Rechte haben. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, ob der Betroffene mit einer Änderung der Lage rechnen musste und deshalb vernünftigerweise nicht auf deren Aufrechterhaltung vertrauen durfte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.02.1992 - 4 NB 11/91 -, DVBl. 1992, 1099, 1101). Einzubeziehen ist ferner die Feststellung, ob und inwieweit nachteilige Wirkungen auf das Wohl der Allgemeinheit oder Rechte Dritter durch Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 VwVfG vermieden werden können (Wickel in: Fehling/Kastner, Hk-VerwR 2. Aufl. 2009, § 74 VwVfG Rn. 123 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der einzubeziehenden Belange ist grundsätzlich derjenige der Planfeststellung, allerdings sind auch Prognosen bezüglich der zukünftigen Entwicklung – soweit sie sich treffen lassen – zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 28.01.1999 - 4 A 18/98 -, NVwZ-RR 1999, 629, 630).
555 
Nach der Ermittlung der in die Abwägung einzustellenden Belange hat die Planfeststellungsbehörde diese Belange zu gewichten und zu bewerten. Dabei sind zunächst die tatsächlichen Umstände festzustellen, die für die Gewichtung relevant sind. Sodann ist auf deren Grundlage eine normative Bewertung der Belange vorzunehmen. Maßstäbe hierfür ergeben sich aus den jeweiligen Fachplanungsgesetzen sowie aus anderen einschlägigen Gesetzen, insbesondere auch aus dem Grundgesetz. Bei der Gewichtung der einzelnen Belange wird der Planfeststellungsbehörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, dessen Grenzen erst dann überschritten sind, wenn die vorgenommene Bewertung außer Verhältnis zu dem objektiven Gewicht steht (BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, 64).
556 
Auf der letzten Stufe des Abwägungsgebotes sind die relevanten Belange mit dem ihnen zukommenden objektiven Gewicht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Dabei muss der gefundene Ausgleich zwischen den einzelnen Belangen im Verhältnis zu dem ihnen jeweils zukommenden objektiven Gewicht stehen. Dieses Erfordernis ist nicht bereits dann verletzt, wenn das Abwägungsergebnis auch anders hätte ausfallen können. Vielmehr liegt ein Rechtsfehler der Disproportionalität erst vor, wenn das Vorhaben mit Opfern erlangt werden muss, die außer Verhältnis zu dem mit ihm erstrebten Planungserfolg stehen (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18/99 -, BVerwGE 112, 140, 160).
557 
Dem von einer Planung Betroffenen räumt das Abwägungsgebot ein subjektives öffentliches Recht (nur) auf eine gerechte Abwägung seiner eigenen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen ein (BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, 64; Urt. v. 27.11.1996 - 11 A 100/95 - NVwZ 1997, 994, 995). Dies gilt auch für die von einem Vorhaben betroffene Gemeinde (hierzu Vallendar, UPR 2003, 41 ff.).
558 
b) Alternativenprüfung
559 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Abwägungsentscheidung des Landratsamts Ortenaukreis nicht deshalb fehlerhaft, weil es bei der Ermittlung und Gewichtung der abwägungserheblichen Belange die Möglichkeit von Alternativen außer Acht gelassen hätte, die die Klägerin weniger belasten würden als die letztlich planfestgestellte Standortplanung.
560 
aa) Maßstab
561 
Nach den in der Rechtsprechung zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen müssen ernsthaft in Betracht kommende Standortalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214, 236 f.). Dabei ist auch der Verzicht auf das Vorhaben oder die Reduzierung seiner Dimensionierung in Betracht zu ziehen. Die Alternativenprüfung ist allerdings nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen. Ein Abwägungsfehler liegt also nicht schon dann vor, wenn für und gegen den einen wie den anderen Standort einleuchtende Gründe ins Feld geführt werden können. Vielmehr ist die Abwägung zur Standortwahl erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative entweder als die eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planungsbehörde etwa infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, Rn. 98 und 402).
562 
Nach diesem Maßstab ist die Prüfung der Alternativen zur konkreten Standortplanung durch die Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden.
563 
bb) Hartheimer Lösung
564 
Die Alternativenprüfung stellt sich insbesondere nicht deshalb als rechtsfehlerhaft dar, weil das Landratsamt Ortenaukreis die von der Klägerin favorisierte sog. Hartheimer Lösung als Alternative zum Rückhalteraum an der Elzmündung verworfen hat (Planfeststellungsbeschluss S. 162 ff).
565 
Diese Standortalternative war ursprünglich in das Raumordnungsverfahren zum Rückhalteraum Weil-Breisach bei Rhein-km 211,6 eingebracht worden und sollte nach den Angaben der Gemeinde Hartheim die dortige Variante einer großflächigen Auskiesung entbehrlich machen. Nach dieser Alternativlösung sollten Hochwasserspitzen des Rheins bei Rhein-km 210 oder 211 breitflächig über ein angrenzendes Waldgebiet abgeleitet und so zu den bei Weil-Breisach bislang veranschlagten 8,5 Mio m³ weitere 8 Mio m³ Retentionsvolumen zu geringeren Kosten geschaffen werden, welches dann auch den Rückhalteraum an der Elzmündung entbehrlich machen sollte. Gegenüber der ursprünglich im Raumordnungsverfahren bei Breisach untersuchten Variante war die Hartheimer Lösung im Planfeststellungsverfahren zum Rheinpolder an der Elzmündung dahin modifiziert worden, dass das Rheinwasser nicht mehr nur an einer Stelle in den rechtsseitigen Rheinwald, sondern an mehreren Stellen sowohl in den rechtsseitigen als auch in den linksseitigen Rheinwald abgeleitet werden sollte. Die Gebietslänge des überfluteten Gebiets sollte von 13,4 km auf 22 km gestreckt werden; auf die bislang vorgesehenen Querriegel und die Erhöhung des sog. Leinpfades sollte verzichtet werden, um die bessere Durchströmung des Gebiets und damit eine verbesserte Umweltverträglichkeit zu gewährleisten.
566 
Diese modifizierte Hartheimer Lösung wurde im Planfeststellungsbeschluss unter Hinweis darauf ausgeschieden, dass im Raumordnungsverfahren eine umfassende Prüfung der ersten Variante der Hartheimer Lösung stattgefunden und gegenüber der dort nunmehr festgelegten Variante der breitflächigen Auskiesung („optimierte Tieferlegung“) in keinem relevanten Bereich als gleichwertig oder besser beurteilt werden konnte. Die Modifizierung der Variante ändere hieran nichts; insbesondere verbleibe es bei der - gegenüber der Tieferlegung des Bereichs bei Rhein-km 211 - unangemessenen Vernachlässigung der Erfordernisse der Umweltverträglichkeit. Entsprechend habe das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald mit Beschluss vom 24.08.2006 die Variante der optimierten Tieferlegung durch Auskiesung planfestgestellt und die modifizierte Hartheimer Lösung ebenfalls unter Hinweis auf die fehlende Umweltverträglichkeit als Alternative ausgeschieden.
567 
Diese ablehnenden Erwägungen des Landratsamts Ortenaukreis halten sich - auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin - noch im Rahmen des ihm als Planfeststellungsbehörde eingeräumten Abwägungsspielraums. Das Landratsamt konnte trotz der von Seiten der Klägerin auch gutachterlich untermauerten Darlegung einer verbesserten Umweltverträglichkeit der modifizierten Hartheimer Lösung (vgl. hierzu ..., Gesellschaft für Landschaftsökologie, Gewässerbiologie und Umweltplanung mbH, Vergleich alternativer Hochwasserkonzepte für den Rheinwald südlich von Breisach, Juni 2008, von der Klägerin vorgelegt als Anlage 17) davon ausgehen, dass dieses Konzept gegenüber dem planfestgestellten Vorhaben eine geringere Umweltverträglichkeit mit sich bringt und sich deshalb nicht als vorzugswürdig aufdrängt. Insoweit hat der Beklagte näher dargelegt, dass durch die Flutung des Rheinwaldes südlich von Breisach sowohl nach der näher untersuchten ursprünglichen Hartheimer Lösung als auch nach deren Modifizierung besonders wertvolle Trockenbiotope erheblich beeinträchtigt würden, und zwar in einem Ausmaß, das mit der Beeinträchtigung der Trockenstandorte, die im Rahmen des Baus und Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung betroffen seien, nicht vergleichbar sei.
568 
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass diese Beurteilung der modifizierten Hartheimer Variante keine konkrete Gegenüberstellung der im Rahmen der modifizierten Hartheimer Lösung betroffenen Standorte mit den naturschutzrechtlich relevanten Auswirkungen der Auskiesung des dortigen Rheinseitenstreifens und des Rückhaltebeckens Elzmündung enthält und die Alternativenprüfung deshalb keine vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange darstellt. Allerdings war die Planfeststellungsbehörde zu einer solchen detaillierten und umfassenden Ermittlung und Beurteilung der im einzelnen betroffenen Belange des Naturschutzes im Rahmen der Alternativenprüfung nicht verpflichtet. Denn die für eine Alternativenprüfung erforderliche Ermittlungstiefe richtet sich stets nach den Anforderungen für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens; Alternativen, die der Planfeststellungsbehörde aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Detailiertere Untersuchungen und Vergleiche sind erst da gefordert, wo sich die Vorzugswürdigkeit eines Vorhabens nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials ergibt, sondern ernsthaft in Betracht kommt (BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 131).
569 
Eine solche Situation war hier deshalb nicht gegeben, weil der Erhaltung der wertvollen Trockenstandorte im Rheinwald südlich von Breisach eine sich auch in der Ausweisung als FFH-Gebiet niederschlagende hohe Wertigkeit eingeräumt werden sollte und auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin dargelegten Verbesserung der Umweltverträglichkeit etwa aufgrund angepasster Fließgeschwindigkeiten und verringerter Wasserstände nicht erkennbar war, wie die Beeinträchtigung der reinen Trockenstandorte vermieden oder ausgeglichen werden kann. Hinzu kommt, dass die Planungsvariante der Hartheimer Lösung gerade unter Berücksichtigung der Modifizierungen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses hinsichtlich der erreichbaren Retentionsmengen und der technischen Machbarkeit fachlich wenig abgesichert war, was angesichts der ausführlichen Variantenprüfung im Vorfeld zulasten der Klägerin geht. Zudem hatte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald mit Beschluss vom 24.08.2006 die Variante der optimierten Tieferlegung durch Auskiesung planfestgestellt und damit die Schaffung eines Retentionsraums durch eine Flutung des Rheinwaldes südlich von Breisach als Planungsvariante ausgeschieden. Auch wenn diese Planungsentscheidung aufgrund der fehlenden Bestandskraft dieses Planfeststellungsbeschlusses noch nicht rechtsverbindlich ist, so konnte das Landratsamt Ortenaukreis bei seiner Alternativenprüfung zumindest von einer auf absehbare Zeit bestehenden tatsächlichen Sperre zur Verwirklichung des modifizierten Hartheimer Modells ausgehen.
570 
cc) Freifließende Elz
571 
Soweit die Planfeststellungsbehörde am Standort der Elzmündung die Variante der freifließenden Elz verworfen hat, ist dies ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft geschehen. Denn diese Variante musste sich dem Landratsamt Ortenaukreis bei seiner Entscheidung nicht als vorzugswürdig aufdrängen. Vielmehr konnte die Behörde bei der Beurteilung dieser Alternative ohne Überschreitung ihres Abwägungsspielraums zu dem Ergebnis kommen, dass sie die maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange insgesamt nicht in ein besseres Verhältnis bringen würde als das planfestgestellte Vorhaben (zu diesem Maßstab vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238, 249 f., Urt. v. 20.05.1999 - 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555, 556).
572 
So hat die Planfeststellungsbehörde den Alternativvorschlag der Klägerin zur „freifließenden Elz“ mit der Verlegung der Elz zwischen Kappel am Rhein und Wittenweier außerhalb des Bereichs des Retentionsraumes mit der Begründung (Planfeststellungsbeschluss S. 165) verworfen, dass hierdurch ein zusätzlicher Flächenbedarf für einen Streifen entlang des Polders von 15 m bis 20 m und damit ein Zugriff auf 8 ha Wald- und Wiesenflächen des Naturschutzgebiets Taubergießen erforderlich wäre, in dem sich zum Teil wertvolle Biotope befinden. Auch gingen ca. 300.000 bis 400.000 m³ Retentionsvolumen verloren.
573 
Gegen diese Bewertung der Nachteile dieser Variante hat auch die Klägerin keine substantiierten Einwendungen vorgebracht. Insbesondere stellt sich diese Abwägungsentscheidung nicht deshalb als fehlerhaft dar, weil die Planfeststellungsbehörde - wie die Klägerin meint - hinsichtlich des zu schaffenden Retentionsvolumens von verbindlichen oder zumindest willkürlich überzogenen Vorgaben des Integrierten Rheinprogramms ausgegangen wäre. Denn abgesehen davon, dass kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, dass die - wie dargestellt (oben II. A. 1) b) - rechtlich unverbindliche Zielvorgabe des Integrierten Rheinprogramms zur Schaffung eines Gesamtretentionsvolumens von 167,3 Mio m³ nicht unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Hochwasserschutzes gerechtfertigt wäre, lässt sich gerade auch der Überlegung zu einer Reduzierung des Retentionsvolumens entnehmen, dass das Landratsamt Ortenaukreis nicht davon ausgegangen ist, dass ihm über das Integrierte Rheinprogramm eine bindende Vorgabe zur Schaffung eines bestimmten Rückhaltevolumens im Bereich der Elzmündung gemacht worden ist. Soweit die Klägerin weiter auf ihre Einschätzung eines mit dieser Variante verbundenen erhöhten Sicherheitsgewinns für die Bevölkerung (von Kappel-Grafenhausen) verweist, reicht dies angesichts der aufgezählten Nachteile und der anderweitig sichergestellten Sicherheit der Bevölkerung vor Schäden durch den Polderbetrieb nicht aus, um die Variante als eindeutig vorzugswürdig anzusehen.
574 
dd) Zweiter Damm
575 
Aus den gleichen Gründen begründet es auch keinen Rechtsfehler in der Abwägung, dass die Planfeststellungsbehörde die weitere Alternative eines zweiten Damms westlich vom Hochwasserdamm VII gegenüber der planfestgestellten Variante verworfen hat. Denn hier stehen dem von der Klägerin geltend gemachten Sicherheitszuwachs (für die Bevölkerung insbesondere von Nonnenweier) die vom Landratsamt Ortenaukreis angeführte geringere Umweltverträglichkeit und der Verlust weiteren Retentionsvolumens entgegen, die die Variante des zweiten Damms nicht als eindeutig vorzugswürdig erkennen lassen.
576 
Dabei kann der Planfeststellungsbehörde auch nicht vorgeworfen werden, dass die Einordnung des mit dieser Variante möglichen Sicherheitszuwachses als nur „untergeordnet“ fehlerhaft sei. Zwar hat der Beklagte die Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Grundwasser in den Bereichen östlich des Polders tatsächlich - wie von der Klägerin dargelegt - auf der Grundlage eines fehlerhaften Grundwassermodells abgeschätzt, er hat jedoch mit der Errichtung leistungsfähiger Pumpengalerien für die insoweit betroffenen Teilorte Nonnenweier und Wittenweier Maßnahmen vorgesehen, die die von dem Beklagten fehlerfrei als notwendig festgelegte Sicherheit insbesondere vor Gebäudeschäden auch dann gewährleistet, wenn angesichts der verbleibenden Prognoseunsicherheiten zur Beeinflussung des Grundwassers durch den Rückhalteraum von einem „Worst-Case“ ausgegangen wird. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 5. d) dd) (2) verwiesen.
577 
Soweit die Klägerin bei der Abwägung der Varianten die Berücksichtigung der Gefahr eines Rückstaus der Elz und des Schutterentlastungskanals vermisst, hat das Landratsamt überzeugend darauf verwiesen, dass ein solcher auch nach der festgestellten Variante nicht zu befürchten sei. Denn die Einleitung von aufstauendem Wasser im Polderbetrieb sei auch bei extrem erhöhten Zuflussmengen aus der Elz, dem Schutterentlastungskanal, dem Taubergießen, dem Ettenbach und dem Kapuzinergraben ohne weiteres gewährleistet. Im Zweifel könnten Abflüsse, die die im Rhein unterhalb des Hauptwehrs von Gerstheim mögliche Abflussmenge von 4.800 m³/s überschreiten, über eine Ableitung in den Kraftwerkkanal aufgefangen werden. Sofern künftig von einer Erhöhung der Abflussmenge im Schutterentlastungskanal von derzeit maximal 60 m³/s auf 80 m³/s ausgegangen werden müsse, führe dies ebenfalls zu keinem Rückstau, weil die Erhöhung dieser Abflussmenge mit der Verbreiterung des Abflussquerschnitts einhergehe. Eine Erhöhung des Abflusses im Ettenbach sei unerheblich, da dieser dann über die Ufer treten werde; zudem sei der Gesamtabfluss aus dem Bereich der Elz, des Taubergießen und des Kapuzinergrabens mit 40 m³/s so großzügig bemessen worden, dass eine leichte Erhöhung der Abflussmenge im Ettenbach durch diesen Sicherheitszuschlag umfänglich aufgefangen wäre. Unabhängig hiervon ist für die Kammer schließlich in keiner Weise substantiiert dargelegt, inwieweit sich die von der Klägerin befürchtete Gefahr eines Rückstaus der Zuflüsse bei Verwirklichung der von ihr dargelegten Varianten gegenüber der festgestellten Variante verringern würde.
578 
c) Öffentliche Wasserversorgung
579 
Der Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin hingegen insoweit in ihrem subjektiven Recht auf eine gerechte Abwägung ihrer Belange, als die Auswirkungen des Aufstaus von Rheinwasser im Rückhaltebecken auf das Wasserschutzgebiet Ottenheim und damit auch auf ihre öffentliche Einrichtung der örtlichen Wasserversorgung nicht hinreichend sicher abgeklärt wurden. Dieser Rechtsverstoß ist auch erheblich. Er führt jedoch nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, da er nach § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG der Fehlerheilung in einem ergänzenden Verfahren zugänglich ist.
580 
aa) Trinkwasserschutz als Belang der Klägerin
581 
Mit dem Betrieb der beiden Wasserwerke in Ottenheim und Nonnenweier erfüllt die Klägerin eine Aufgabe, die unter dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG steht und diese zur Abwehr rechtswidriger Beeinträchtigungen der öffentlichen Trinkwasserversorgung berechtigt (vgl.BVerwG, 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116 Rn. 480 m.w.N.). Da die öffentliche Wasserversorgung einwandfreies, gesundes Trinkwasser erfordert, kann die Gemeinde im Rahmen eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens oder auch bei privatnützigen wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren im Einzugsbereich ihrer Brunnen jede rechtswidrige Beeinträchtigungen des Grundwassers durch Dritte abwehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 C 3.98 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 18 S. 3 f). Dem entspricht im vorliegenden Planfeststellungsverfahren zum Hochwasserschutz ein Anspruch darauf, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung des der Trinkwasserversorgung dienenden Grundwassers hinreichend sicher aufgeklärt und je nach Ergebnis entsprechend dem hohen Gewicht des Trinkwasserschutzes in die Abwägung eingestellt wird. Wo dies möglich ist, müssen Beeinträchtigungen des Trinkwassers vermieden werden (BVerwG, Urt. v. 12.08.1999, a.a.O.).
582 
bb) Maßstab der Beurteilung der Gefahren für das Grundwasser
583 
Nach dem - auch in der Planfeststellung anwendbaren (vgl. Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 2). - Rechtsgedanken des § 34 WHG sind - über die beiden speziellen Aspekte der Regelung zur Einleitung von Stoffen in das Grundwasser und für die Lagerung und Ablagerung von Stoffen und die Beförderung von Flüssigkeiten und Gasen hinaus - Einwirkungshandlungen auf das Grundwasser nur dann zulässig, wenn eine schädliche Verunreinigung oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist (BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 91 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn ein entsprechender Schadenseintritt unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände und des Stands der Technik im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose unwahrscheinlich ist. Zwar wird insoweit keine Unmöglichkeit eines Schadenseintritts gefordert, jedoch sollen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Gefahren einer Grundwasserbeeinträchtigung so gering wie möglich gehalten werden und zwar umso geringer, je schwerwiegender ihre Art und Folgen sein können (Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 8, 17 § 26 Rn. 28 m.w.N.). Für den Schutz des besonders empfindlichen Trinkwassers bedeutet dies, dass grundsätzlich jede Art von Gefahr und Risiko in Betracht genommen und eine bestmögliche Gefahrenabwehr und Risikovorsorge betrieben werden muss. Auch entfernte Wahrscheinlichkeiten, dass es zu einer Beeinträchtigung von Grund- bzw. Trinkwasser kommen kann, sind zu ermitteln und nach Möglichkeit auszuschließen.
584 
Diesen Anforderungen an die Ermittlung der möglichen Beeinträchtigung des Trinkwassers im Einzugsbereich des Trinkwasserbrunnens Ottenheim wird der Planfeststellungsbeschluss nicht gerecht.
585 
cc) Lage der Wasserschutzgebiete und Beurteilung der Betroffenheit
586 
Das Wasserschutzgebiet Ottenheim liegt westlich des Rückhalteraums im Bereich zwischen den Ortschaften Nonnenweier und Ottenheim. Sein südlicher Teil weist die Kategorie IIIb auf, hieran schließt sich jeweils nördlich ein größerer Schutzbereich der Kategorie IIIa sowie ein kleinerer Bereich der Kategorie II an. Der Tiefbrunnen mit dem ihn umgebenden Schutzbereich der Kategorie I liegt im nördlichsten Ende des Schutzgebiets etwas unterhalb der beginnenden Bebauung von Ottenheim (zur Lage im einzelnen vgl. ..., Grundwassermodellberechnungen im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung, Teil C: Grundlagen und Ergebnisse der Bahnlinienberechnungen, Erläuterungsbericht, Anlage 7.3.1. zum Antrag vom 21.06.2004, S. 2).
587 
Hinsichtlich der Betroffenheit des Wasserschutzgebiets Ottenheim geht die Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss (S. 238 f, 240 f) davon aus, dass die Zone IIIb bereits im Ist-Zustand von in das Grundwasser einsickerndem Rheinwasser betroffen sei und die durch die Ökologischen Flutungen und die Hochwasserrückhaltungen gegebenen erhöhten Grundwasserabflüsse im Wesentlichen durch den zwischen dem Polder und dem Wasserschutzgebiet verlaufenden abgesenkten Mühlbach aufgenommen würden. Letztlich führe der Betrieb des Rückhalteraums nur zu einer unwesentlichen Erhöhung eindringenden Polderwassers. Aufgrund der gutachterlichen Berechnung der Bahnlinien der Grundwasserausbreitung sei zwar davon auszugehen, dass auch im Polderbetrieb Wasserteilchen die Zone IIIb des Wasserschutzgebiets erreichen können. Allerdings sei die Entfernung vom Tiefbrunnen der zentralen Wasserversorgung so groß, dass eine Gefährdung aufgrund der langen Fließzeiten sehr unwahrscheinlich sei. So sei aufgrund der quantifizierenden Berechnungen des Gutachters Dr. ... davon auszugehen, dass das Wasserschutzgebiet Ottenheim überhaupt nur dauerhaft von „Polderwasser“ erreicht werden könne, wenn es zu Ökologischen Flutungen mit 60m³/s über 7 Tage und danach zu einem Hochwassereinsatz mit Retentionsbetrieb komme. Diese extremen hydrologischen Bedingungen seien sehr selten. Da es zudem 1,5 Jahre dauere, bis das Wasser in der Wasserversorgung ankomme, sei aufgrund der steten Grundwasserneubildung von 157 mm/Jahr zusätzlich von einer erheblichen Abnahme der Konzentration auszugehen. Insgesamt sei die mögliche Beeinträchtigung zu vernachlässigen. Untersuchungen zum Stofftransportmodell seien nicht erforderlich.
588 
Neben dem Wasserschutzgebiet Ottenheim ist grundsätzlich auch das - dem zeitweise stillgelegten Triefbrunnen „Auf der Au“ nördlich von Nonnenweier zugeordnete Wasserschutzgebiet Nonnenweier betroffen (Planfeststellungsbeschluss S. 236, 338). Insoweit hat die Klägerin im Klageverfahren jedoch keine Einwendungen mehr erhoben, nachdem die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger - entsprechend der Empfehlung des Gutachters - in den Nebenbestimmungen unter Nr. 7.2. aufgegeben hatte, durch ein Nachlaufenlassen der Brunnengalerien auch nach Entleerung des Rückhalteraums sicherzustellen, dass kein „rheinbürtiges Wasser“ in die Brunnen von Nonnenweier und Wittenweier gelangt.
589 
dd) Methodische Mängel der Beurteilung
590 
Die Beurteilung der Auswirkungen des Polderbetriebs auf die Wasserschutzgebiete Ottenheim und Nonnenweier durch die Planfeststellungsbehörde beruht auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen (..., Grundwassermodellberechnungen im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung, Teil A: Grundlagen, Modellaufbau, stationäre Eichung und Verifizierung, instationäre Eichung; Teil B: Grundlagen und Ergebnisse der Berechnungen für den Ist- und Bemessungszustand; Teil C: Grundlagen und Ergebnisse der Bahnlinienberechnungen, Erläuterungsbericht; Anlagen 7.1., 7.2, 7.3.1. zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 16, 17 und 18). Diese Gutachten enthalten jedoch Unsicherheiten, die nach fachwissenschaftlichem Stand in zumutbarer Weise vermeidbar gewesen wären, und die sich zumindest auf die Beurteilung der möglichen Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Wasserschutzgebiet Ottenheim bemerkbar machen können.
591 
(1) Grundwassermodell als Prognosegrundlage
592 
Die Beurteilung von Auswirkungen des Betriebs des Rückhaltebeckens an der Elzmündung auf das Grundwasser in der Umgebung dieses Polders erfordert Modellberechnungen, die durch verschiedene geologische und hydrogeologische Bedingungen im Modellgebiet geprägt werden. Hierzu gehören insbesondere der kf-Wert für die Rauhigkeit des Untergrunds des Grundwasserraums, der Leakage-Faktor für die Durchlässigkeit des Gewässerbodens, von dem aus das Wasser in den Grundwasserbereich versickert oder aus diesem an die Oberfläche drückt sowie der Speicherkoeffizient des Grundwasserraums (mit seinen auffüllbaren Hohlräumen) und das Maß des Zuflusses und Abflusses in den Randbereichen des Untersuchungsraums (Randzuströme). Diese Faktoren sind jedoch aufgrund der relativen Unzugänglichkeit der Grundwasserschichten sowie der relativen "Langsamkeit" von Prozessen im Untergrund entweder gar nicht oder nur punktuell quantifizierbar.
593 
Aus diesem Grund erfolgt die Modellberechnung in einem ersten Schritt über eine sogenannte Kalibrierung oder auch Eichung des Modells. Hier werden die zunächst auf der Grundlage von Erfahrungswissen quantifizierten maßgeblichen Parameter solange verändert, bis die vom Modell berechneten Ergebnisse eines bestimmten Niederschlags- oder Versickerungsereignisses mit den im Untersuchungsgebiet tatsächlich gemessenen Grundwasserständen übereinstimmen. Dabei wird zwischen einer zeitunabhängigen, stationären und einer instationären, zeitabhängigen Kalibrierung unterschieden. Im Rahmen der Kalibrierung kann über die Variation der einzelnen Parameter abgeschätzt werden, welchen Einfluss diese auf das Modellergebnis haben (Sensitivitätsanalyse).
594 
Dies ist zwischen den Beteiligten in methodischer Hinsicht ebenso unstreitig wie die Notwendigkeit, das Modell nach der Kalibrierung nochmals anhand (mindestens) eines zweiten Ereignisses zu überprüfen (Validierung). Denn anderenfalls besteht - wie der von der Klägerin beauftragte Gutachter in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert hat - die Gefahr, dass sich die in der Realität nicht überprüften Faktoren in ihrer Fehlerhaftigkeit in der Modellberechnung so neutralisiert haben, dass diese unerkannt bleibt, in der Folge aber andere Berechnungen auf der Grundlage des Modells beeinflusst.
595 
(2) Fehlende Validierung der instationären Eichung
596 
Das Grundwassermodell des Fachgutachters des Vorhabenträgers ist nicht hinreichend validiert und entspricht deshalb aus fachwissenschaftlicher Sicht nicht den Anforderungen die an eine Prognose der Planfeststellungsbehörde speziell zu den Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundwasser erforderlich sind.
597 
Es kann dahin gestellt bleiben, ob das Grundwassermodell des Gutachters des Vorhabenträgers dadurch validiert wurde, dass es unmittelbar nach seiner Kalibrierung im Jahre 1999 anhand eines zweiten Niederschlagsereignisses aus dem Jahr 1991 stationär, d.h. bezogen auf einen einzelnen Zeitpunkt bestätigt wurde. Denn der Gutachter der Klägerin hat in überzeugender Weise dargelegt, dass es im Hinblick auf die Prognose der Entwicklung der Grundwasserstände bei längerandauernden Hochwasserrückhaltungen entscheidend auf die Validierung der instationären, d.h. die zeitliche Entwicklung der Grundwasserstände beurteilenden Eichung ankommt.
598 
Entgegen der Auffassung des Beklagten und seiner Fachgutachter ist eine solche Validierung des instationären Modells jedoch trotz einer Überprüfung des Modells anhand eines Niederschlagsereignisses im Februar 2003 deshalb nicht gegeben, weil bei der Überprüfung im Februar 2003 zwar möglicherweise für den südlichen Teilraum der Speicherkoeffizient bestätigt werden konnte, andererseits aber insbesondere der Leakage-Faktor nachjustiert werden musste. Damit stellt diese Berechnung keine hinreichende Validierung des Modell dar. Denn das Maß der Aussagesicherheit eines Grundwassermodells wird entscheidend dadurch bestimmt, wie exakt die gemessenen zu den berechneten Ergebnissen unter Berücksichtigung einer ausgeglichenen Grundwasserbilanz des Modells übereinstimmen. Ist eine Übereinstimmung nicht hinreichend genau gegeben und muss deshalb ein einzelner Faktor nachjustiert werden, kann nicht nur davon ausgegangen werden, dass das bisherige Modell die Wirklichkeit nicht hinreichend abgebildet hat, sondern es bleibt nach wie vor die Unsicherheit, ob auch die vorgenommene Anpassung nur „zufällig“ den Bedingungen des neuberechneten Ereignisses Rechnung trägt.
599 
(3) Erheblichkeit des Fehlers für die Prognose
600 
Die aus der fehlenden Validierung des Modells anhand eines instationären Ereignisses resultierende Aussageunsicherheit des Grundwassermodells ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - für die Prognose der möglichen Beeinträchtigungen des Trinkwasserschutzgebiets Ottenheim auch erheblich.
601 
So wird die methodisch begründete Aussageunsicherheit des Modells nicht dadurch relativiert, dass der in der Folge der Überprüfung des Modells im Februar 2003 angepasste Leakage-Faktor, der die Durchlässigkeit in den Gerinnen des Rückhalteraums beschreibt, ebenso wie der kf-Wert für die Kiesschichten des Grundwasserleiters nach den Ergebnissen einer Sensitivitätsprüfung letztlich kaum größere Auswirkungen auf die Grundwasserstände mit sich bringt. Denn bei der Eichung und Validierung eines Modells geht es um die Bestimmung der Parameter insbesondere in ihrem Verhältnis zueinander und nicht darum, inwieweit sich die Unsicherheit in Bezug auf einen einzelnen Wert bei einem im Übrigen hinreichend validen Modell im Gesamtergebnis auswirkt. Insoweit hat der Gutachter der Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass die Nachjustierung des Modells im Jahr 2003 nach wie vor rechnerische Restunsicherheiten hinsichtlich der Aussagesicherheit auch des veränderten Modells beinhaltet. Hinzu kommt, dass auch nach dem neuen veränderten Modell einige Messergebnisse innerhalb des Messstellennetzes nicht mit den rechnerisch prognostizierten Ergebnissen übereinstimmen, mögen sich diese Abweichungen auch plausibel mit ihrer Lage in Bereichen mit starkem Gefälle oder gar außerhalb des Modellgebiets erklären lassen. Denn auch hier verbleibt eine Restunsicherheit hinsichtlich der Aussagesicherheit der Grundwassermodellierungen, die der Beurteilung möglicher Beeinträchtigungen des Grundwassers in der planerischen Abwägung zugrunde gelegt worden sind. Auch besteht zumindest in Bezug auf die Oberflächengewässer des Kapuzinergrabens zwischen Kappel und Wittenweier und des Richtergrabens die konkrete Möglichkeit, dass eine Versickerung aus diesen Gewässern in das Grundwasser bei der Modellierung der möglichen Grundwasserentwicklungen fehlerhaft unberücksichtigt geblieben sind, nachdem die auf einem Augenschein beruhende Einschätzung des Gutachters des Vorhabenträgers, diese Gewässer verfügten über eine bindige, wasserundurchlässige Sohle, durch die Beobachtung der Gewässeranwohner zu einem Volllaufen der Bäche durch drückendes Grundwasser zumindest substantiiert in Frage gestellt worden ist. Schließlich hat der Gutachter der Klägerin auch dargelegt, dass die in der Modellrechnung mit 5 bis 25% veranschlagten Randzuströme nicht ohne weiteres plausibel seien.
602 
Da sich die Aussageunsicherheit des verwendeten Grundwassermodells unmittelbar auf die aus diesem Modell abgeleiteten Berechnungen der Bahnlinien auswirkt, erfasst sie auch die Beurteilung der möglichen Ausbreitung von Schadstoffen aus dem gefluteten Rheinwasser in das Wasserschutzgebiet Ottenheim. Anders als in Bezug auf das Wasserschutzgebiet Nonnenweier konnte die Planfeststellungsbehörde nicht davon ausgehen, dass eine veränderte Beurteilung der Zuströme aus dem Polder in das Trinkwassergebiet angesichts anderer Faktoren oder Sicherungsmaßnahmen letztlich ohne Auswirkung auf die Betroffenheit der Gebiete bzw. der Trinkwasserversorgung bleibt.
603 
Zwar ist die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Prognose zu den möglichen Beeinträchtigungen des Trinkwasserschutzgebiets Ottenheim davon ausgegangen, dass die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung auch bei einem Eindringen von Polderwasser in die Schutzzone der beiden Wasserschutzgebiete letztlich nochmals durch die erheblichen Verdünnungseffekte, die zeitliche Begrenzung des Eindringens durch gegenläufige Grundwasserströme in Rheinrichtung, die natürliche Schadstoffsperre der Erdschichten sowie durch die Möglichkeit relativiert wird, eine Flutung des Polders bei einem Rheinalarm wegen erhöhter Schadstoffbelastungen zu unterlassen. Dies lässt jedoch die Kausalität des Fehlers in der Modellrechnung für die in der planerischen Abwägung konkret angestellte Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundwasser im Schutzgebiet Ottenheim nicht entfallen. Denn diese Beurteilung war - anders als beim Wasserschutzgebiet Nonnenweier, wo die Funktion des Mühlbachs als Vorfluter und die Sicherung durch ein Nachlaufen der Pumpen ein Eindringen von Polderwasser in den Bereich des Trinkwasserbrunnens von Nonnenweier unstreitig verhindert - auch hinsichtlich dieser relativierenden Faktoren maßgeblich darauf gestützt, dass das Wasserschutzgebiet aufgrund der Bahnlinienberechnungen nur in einem unwesentlichen Ausmaß von „rheinbürtigem“ Wasser erreicht wird. Zudem betrifft der Aspekt der möglichen Vermeidung des Eindringens von Schadstoffen bei ausgelöstem Rheinalarm, unabhängig von den durch die Klägerin dargelegten Szenarien einer unerkannt gebliebenen Einleitung, nur die Schadstoffe, die etwa in der Folge eines Chemieunfalls den Rheinalarm auslösen, während die Abwägung zu den Auswirkungen des Vorhabens aufgrund des planerischen Gebots einer möglichst weitgehenden Vermeidung von Beeinträchtigungen des Grund- und Trinkwassers auch solche nachteiligen Veränderungen des Grundwassers in den Blick nehmen musste, die allein durch das Eindringen von „rheinbürtigem“ (und damit potentiell etwa nitritbelastetem) Polderwasser verbunden sind. Auch bezog sich die Argumentation mit der weiten Entfernung und der damit verbundenen langen Fließdauer ausdrücklich allein auf bakterielle Inhaltsstoffe, nicht jedoch auf die „Beeinträchtigung durch weitere Inhaltsstoffe“ (Planfeststellungsbeschluss S. 238 letzter Absatz; S. 239 ersten Absatz). Schließlich hat der Gutachter der Klägerin zusätzlich überzeugend darauf hingewiesen, dass die Quantifizierung der Wassermenge, die aus dem Polder in den Bereich des Brunnens bei Ottenheim eindringen könne, nicht nur auf einer zu weitgehenden Bezugnahme auch auf die unteren Grundwasserschichten des Trinkwasserbeckens beruht, sondern vor allem durch die Anzahl und Anordnung der sieben Messpunkte bestimmt ist, die zur Bestimmung der aus dem Polder in die Schutzzone einfließenden Grundwassermenge über das Wasserschutzgebiet Ottenheim gelegt worden sind.
604 
(4) Verlagerung der Prognosesicherung in die Ausführungsplanung
605 
Der Umstand, dass die der planerischen Abwägung zugrundegelegte Prognose zu den möglichen Beeinträchtigungen des Wasserschutzgebiets Ottenheim methodisch vermeidbare Unsicherheiten aufweist, die eine erheblich stärkere Beeinträchtigung möglich erscheinen lassen als in der Abwägung zugrunde gelegt, konnte - anders als dies in der Abwägungsentscheidung des Landratsamts Ortenaukreis geschehen ist - nicht unter Hinweis auf die Möglichkeit der Fortschreibung des Grundwassermodells im Zusammenhang etwa mit weiteren Bohrungen und Pumpversuchen sowie dem Probebetrieb des Polders als solchem hingenommen und einer gegebenenfalls erforderlichen Regelung durch weitere nachträgliche Auflagen überlassen bleiben.
606 
Dies folgt aus dem für hoheitliche Planungen geltenden Grundsatz der Problembewältigung in der planerischen Abwägung (hierzu BVerwG, Urt. v. 07.03.2007 - 9 C 2/06 -, BVerwGE 128, 177 Rn. 19). So ergibt sich insbesondere aus der Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, dass im Planfeststellungsbeschluss grundsätzlich alle Konflikte des Vorhabens mit dem Wohl der Allgemeinheit oder Rechten anderer in einen Ausgleich zu bringen sind, was freilich nur möglich ist, wenn und soweit die entsprechenden Wirkungen im Eintritt im Zeitpunkt der Entscheidung gewiss sind oder sich mit hinreichender Zuverlässigkeit prognostisch abschätzen lassen (BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221, 225 f.). Entsprechend schließt die Regelung des § 75 Abs. 2 LVwVfG Ansprüche auf Beseitigung oder Änderung des Vorhabens und seines Betriebs nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses aus (Satz 1) und lässt nachträgliche Anordnungen allein insoweit zu, als es um die nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens, d.h. um die nachteiligen Entwicklungen geht, die sich erst später zeigen und mit denen die Beteiligten bei der Planfeststellung verständigerweise nicht rechnen konnten (BVerwG, Urt. 23.04.1997 - 11 A 17.96 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 13 S. 7). Dabei wird der Grundsatz der Problembewältigung auch nicht durch die Regelung des § 74 Abs. 3 LVwVfG aufgelöst, nach welchem die Behörde die Entscheidung über einzelne Teile des Planes zunächst offen lassen und einer späteren Entscheidung vorbehalten kann. Denn dieser Entscheidungsvorbehalt, der sich auch auf nachträgliche Schutzmaßnahmen beziehen kann, setzt ebenfalls voraus, dass über die durch die Planfeststellung aufgeworfenen Fragen zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht abschließend entschieden werden kann und ermöglicht damit gerade keinen „Konflikttransfer“ hinsichtlich eines an sich lösbaren Konflikts in die Phase nach der Abwägung (BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, BVerwGE 112, 221 juris Rn. 30; BVerwG, Urt. v. 14.11.2001 - 11 A 31/00 BVerwGE 115, 237 juris Rn. 39).
607 
Auch wenn der Behörde bei der Beurteilung, ob und inwieweit ein Konflikt vorhersehbar bzw. lösbar ist, - wie allgemein bei prognostischen Einschätzungen - eine Einschätzungsprärogative zukommt (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14/00 -, BVerwGE 114, 364), so erfasst dieser Spielraum nicht auch die Problematik, ob eine auf einem methodischen Fehler der fachgutachterlichen Prognose begründete Unsicherheit hingenommen und weiteren Ermittlungen nach der Planfeststellung überlassen bleiben kann. Denn die Bewertung eines Konflikts als nicht bzw. nicht vollständig vorhersehbar, setzt gerade die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode zur Prognose voraus, die hier - wie dargelegt - nicht gegeben ist.
608 
Soweit die Rechtsprechung von dem Grundsatz der Problembewältigung in Bezug auf die Vornahme weiterer Detailuntersuchungen zu möglichen Auswirkungen des Vorhabens Ausnahmen zulässt, sind diese ausschließlich auf die möglichen Störungen und Probleme beschränkt, die sich bei der Bauausführung des Planvorhabens stellen. Hier reicht es aus, fachliche Detailuntersuchungen, die der Problemlösung dienen, und darauf aufbauende Schutzvorkehrungen der Ausführungsplanung zu überlassen, wenn gewährleistet ist, dass sich das Problem lösen lässt und die Ausführungsplanung der Planfeststellungsbehörde zur Billigung unterbreitet wird. Um solche Fragen allein im Zusammenhang mit der Bauausführung des Rückhaltebeckens geht es hier jedoch nicht.
609 
Durfte die Planfeststellungsbehörde die durch die unzureichende methodische Absicherung des Grundwassermodells gegebenen Unsicherheiten zur möglichen Beeinträchtigung des Wasserschutzgebiets Ottenheim somit schon aufgrund des Grundsatzes der Problembewältigung nicht offen lassen und einer näheren Abklärung durch Bestimmungen zum Grundwassermonitoring und zur Beweissicherung überlassen, kommt es nicht darauf an, ob die entsprechenden Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses etwa zur Fortschreibung des Grundwassermodells auf der Grundlage der Ergebnisse der Bohrungen und des Probebetriebs des Rückhaltebeckens oder zur Einrichtung von Vorfeldmessstellen für die zentrale Wasserversorgung Nonnenweier und Ottenheim als Maßnahmen der weiteren Absicherung der Prognose ausreichend sind oder - wie die Klägerin meint - weitere Maßnahmen ergriffen werden müssten.
610 
ee) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
611 
Der Rechtsfehler ist nach den Voraussetzungen des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG auch erheblich.
612 
Die notwendige Offensichtlichkeit der fehlerhaften Beurteilung der Gefahren für die öffentliche Trinkwasserversorgung ergibt sich aus der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zur Beeinträchtigung dieses Belangs und zur Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Klägerin zu dem verwendeten Grundwassermodell (Planfeststellungsbeschluss S. 236 ff.).
613 
Weiter besteht zur Überzeugung der Kammer auch eine hinreichend konkrete Möglichkeit, dass die Abwägungsentscheidung des Beklagten anders ausgefallen wäre, wenn sich die Behörde der verbliebenen Unsicherheit hinsichtlich der möglichen Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung hinreichend bewusst gewesen wäre. Denn es besteht - was insoweit ausreichen muss - die konkrete Möglichkeit, dass sich bei Vornahme einer hinreichend tragfähigen Analyse der Auswirkungen der Rückhaltung von Rheinwasser im Polder Elzmündung eine andere, verstärkte Gefahrenlage zeigt, die dann weitere Schutzmaßnahmen oder auch ein anderes Betriebskonzept erforderlich macht. Jedenfalls kann angesichts der Vielzahl der im verwendeten Grundwassermodell enthaltenen Unsicherheiten - wie dargestellt - nicht davon ausgegangen werden, dass weitere Berechnungen oder auch Untersuchungen der Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Grundwasser in jedem Fall zu einer allenfalls unwesentlichen Veränderung des Trinkwasservorkommens in dem Wasserschutzgebiet Ottenheim führen. Vielmehr hat der Gutachter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gerade in Bezug auf dieses Trinkwasserschutzgebiet nachvollziehbar dargelegt, dass es angesichts der Unsicherheiten des Grundwassermodells, der Anordnung der Messpunkte im Wasserschutzgebiet und der Berechnungsweise des prozentualen Anteils des Polderwassers am Gesamtgrundwasserabstrom nicht nur rechnerisch, sondern auch bei Zugrundelegen realistischer Szenarien zu deutlich höheren Zuströmen von Polderwasser und damit auch zu einer anderen anderen Gefahrenlage für das Schutzgebiet kommen kann, als von der Planfeststellungsbehörde unter Rückgriff auf das angegriffene Grundwassermodell bislang angenommen.
614 
ff) Fehlende Präklusion
615 
Die Klägerin ist mit dem für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erheblichen Einwand der fehlerhaften Beurteilung der Auswirkungen des Polderbetriebs auf ihre Trinkwasserversorgung nicht nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG ausgeschlossen. Denn sie hat die Problematik einer Beeinträchtigung ihrer Trinkwasserversorgung im Einwendungsverfahren hinreichend vorgetragen. Dies stellt auch der Beklagte nicht in Abrede.
616 
GG) Fehlerfolge
617 
Der in Bezug auf die Beurteilung der Beeinträchtigung der öffentlichen Wasserversorgung gegebene Abwägungsmangel führt jedoch nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Denn er kann durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (§ 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG).
618 
Ein solche Fehlerheilung im Rahmen eines - auch prozessbegleitend durchführbaren - ergänzenden Verfahrens ist hier deshalb möglich, weil es zum einen hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass die zuständige Behörde den beanstandeten Fehler durch eine erneute methodisch einwandfreie Beurteilung der möglichen Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Wasserschutzgebiet Ottenheim korrigieren kann; zum anderen sind die festgestellten Mängel auch nicht so gravierend, dass sie die Planung des Rückhaltebeckens Elzmündung als Ganzes in Frage stellen und deshalb nach Einholung eines fachwissenschaftlich hinreichenden Gutachtens die Ausarbeitung eines grundlegend neuen Plankonzepts erforderlich wäre (hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NVwZ 2010, 320).
619 
d) Schutz kommunaler Gebäude und Einrichtungen
620 
Der Anspruch der Klägerin auf eine gerechte planerische Abwägung ihrer Belange ist weiter dadurch verletzt, als die Planfeststellungsbehörde die Gefahr einer vorhabenbedingten Beschädigung kommunaler Gebäude und Einrichtungen insbesondere durch Vernässung in den Teilortschaften Ottenheim und Allmannsweier auf der Grundlage des auch insoweit methodisch unzureichenden Grundwassermodells verneint hat. Dieser erhebliche Rechtsverstoß führt jedoch - ebenso wie der Abwägungsfehler zur Beeinträchtigung der öffentlichen Trinkwasserversorgung in Ottenheim - nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, da er nach § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG der Fehlerheilung in einem ergänzenden Verfahren zugänglich ist.
621 
Hinsichtlich der Gefahr einer vorhabenbedingten Beschädigung kommunaler Gebäude und Einrichtungen in den Teilortschaften Wittenweier und Nonnenweier ist ein Fehler in der Abwägung nicht gegeben.
622 
aa) Abwägungsbelang und Betroffenheit
623 
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Vielzahl von Gebäuden und Einrichtungen (wie etwa der kommunalen Friedhöfe) in den jeweiligen Teilorten (zur Lage dieser Gebäude vgl. insb. die Anlagen 6 bis 8 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.09.2008). Der Schutz dieser kommunalen Gebäude und Einrichtungen vor vorhabenbedingten Beschädigungen stellt einen Belang dar, den die Klägerin in der planerischen Abwägung - trotz ihrer fehlenden Grundrechtsträgerschaft - auf der Grundlage des einfachgesetzlichen Eigentumsschutzes geltend machen kann. Dabei ist dieser Schutz verstärkt, wenn die betroffenen Gebäude der Erfüllung kommunaler Aufgaben der Daseinsvorsorge dienen (BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 C 3/98 -, DVBl. 2000, 791, 792).
624 
Die Planfeststellungsbehörde hat den Schutz der kommunalen Gebäude und Einrichtungen mit der - auf alle Gebäude in den bebauten Orteilen bezogenen - Begründung als gewährleistet angesehen, dass ihnen vorhabenbedingt weder eine Vernässung oder ein „Aufschwimmen“ durch drückendes Grundwasser noch eine Beschädigung durch ein Wegschwämmen von Sedimentmaterial aus dem Untergrund ihrer Fundamente drohe. Dies folge für die Teilorte Ottenheim und Allmannsweier bereits daraus, dass diese Bereiche von einem vorhabenbedingten Anstieg des Grundwassers allenfalls in einer Weise betroffen seien, die der natürlichen Grundwasserschwankung entspreche (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 293 ff, 300, 367 ff, 370 f; 414 ff.). Für die Teilorte Wittenweier und Nonnenweier werde der sowohl bei Ökologischen Flutungen als auch bei Hochwasserrückhaltungen zu erwartende Anstieg des Grundwasserspiegels über die entsprechend dimensionierten Schutzbrunnen zuverlässig verhindert. Die im Zusammenhang mit dem Betrieb der Pumpenanlage befürchteten Gefahr eines Wegschwämmens von Sedimenten aus dem Bereich der Gebäudefundamente werde durch die Einhaltung eines entsprechenden Sicherheitsabstands oder - wo dies nicht möglich sei - durch besondere Schutzmaßnahmen auch bei Betrieb der Pumpen vermieden. Soweit auch durch Schutzmaßnahmen Schäden nicht vermieden werden könnten, werde eine angemessene Entschädigung in Geld gewährt.
625 
bb) Abwägung der Gefahren für Gebäude in Allmannsweier und Ottenheim
626 
Die der Abwägung zugrunde gelegte Annahme eines - vorhabenbedingt - allenfalls der natürlichen Grundwasserschwankung entsprechenden unwesentlichen Anstiegs des Grundwassers in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim beruht auf den Grundwassermodellberechnungen, die der Vorhabenträger mit dem Antrag vom 21.06.2004 vorgelegt hat (..., Grundwassermodellberechnungen im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung vom Mai 2004, Anlage 7.1 bis 7.3, Antragsordner 16 bis 18). Dort ist im Teil B des Gutachtens unter Nr. 11 zusammenfassend für die einzelnen Ortslagen der Klägerin ausgeführt, dass der Hochwassereinsatz des Rückhalteraums Elzmündung keinen Einfluss auf die Grundwasserentwicklung im Bereich der Ortslagen Allmannsweier und Ottenheim habe und die in den Grundwasserstandsganglinien erkennbare zusätzliche Wirkung bei Ökologischen Flutungen bei 60m³/s auf die Grundwasserentwicklung von Allmannsweier und Ottenheim angesichts der Flurabstände grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung sei (Grundwassermodellberechnung Teil B: Grundlagen und Ergebnisse der Rechnenläufe für Istzustand und Bemessungszustand, Anlage 7.2.1. Anlageordner 17, S. 37).
627 
Da diese Berechnungen zu der Wirkung des Aufstaus von Rheinwasser im Polder auf das Grundwasser in dem Gemeindegebiet der Klägerin jedoch auf einem nicht hinreichend validierten Grundwassermodell beruhen (vgl. oben dd) (2)), sind die Aussagen zu den möglichen Entwicklungen der Grundwasserstände mit einer methodisch begründeten Unsicherheit belastet, die sich in Bezug auf die Beurteilung der Betroffenheit der Teilorte Allmannsweier und Ottenheim auch auf die planerische Abwägung auswirkt. Denn für diese Teilorte kann die mögliche Prognoseunsicherheit nicht durch ein Worst-Case-Szenario zu möglichen Grundwasseranstiegen ausgeglichen werden, ohne dass hierbei gleichzeitig eine stärkeren Betroffenheit der dortigen Bebauung durch ansteigendes Grundwasser gegeben wäre. Ein - unterstellt - zulasten der Klägerin wirkender Fehler in der Prognose wird nicht in jedem Fall durch andere Faktoren oder Sicherheitszuschläge in einer Weise kompensiert, dass die Annahme der Behörde, eine Beeinträchtigung der Bebauung in diesen Teilorten durch den vorhabenbedingten Grundwasseranstieg sei ausgeschlossen, sich dennoch jedenfalls im Ergebnis als richtig erweisen würde. Vielmehr wird bereits aus den vorliegenden - unsicheren - Berechnungen ersichtlich, dass die Grundwasserstände in Allmannsweier und Ottenheim bei bestimmten Ökologischen Flutungen ansteigen. Für den Bereich von Allmannsweier beträgt der mögliche Anstieg bis zu 30 cm. Vor allem aber liegen die Gebäude in diesen Teilorten mit ihren Kellern teilweise noch so nah an dem Grundwasser, dass - wie der Fachgutachter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Summierung des Effekts mit möglichen natürlichen Grundwasseransteigen sowie auf mögliche Kapillareffekte im Boden dargelegt hat - ein Kausalzusammenhang zwischen einer Kellervernässung und einem auch nur geringfügigen zusätzlichen Anstieg des natürlichen Grundwasserstands bereits nach den aktuellen Berechnungen kaum sicher ausgeschlossen werden kann. Dabei kommt für die Ortslage Allmannsweier noch zusätzlich hinzu, dass diese nicht in den durch Messungen der Grundwasserstände abgesteckten Untersuchungsraum einbezogen worden war, sondern die Grundwasseranstiege durch eine Extrapolation der Modellergebnisse für diesen Bereich bestimmt wurden. Zwar ist eine solche Extrapolation von Modellergebnissen auch nach Auffassung des Fachgutachters der Klägerin zulässig, wenn von homogenen hydrogeologischen Verhältnissen ausgegangen werden kann. Auch hat der Beklagte über die Stellungnahme des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau vom 23.12.2008 solche homogenen Verhältnisse insoweit dargelegt, als aufgrund von Profilschnitten durch das Modellgebiet und die nähere Umgebung von Allmannsweier davon ausgegangen werden kann, dass dieser Teilort auf der Basis eines gut durchlässigen Grundwasserleiters (mittleres Kieslager) auf einer leicht nach Nord bzw. Nordwest abfallenden Flanke des Hochgebiets westlich von Nonnenweier liegt. Allerdings verweist der Fachgutachter der Klägerin überzeugend darauf, dass hiermit der für die Beurteilung der Gefahr einer Kellervernässung maßgebliche Anstieg des Grundwasserniveaus gegenüber dem Flutungsbereich ebenso unsicher bleibt wie die Berücksichtigung von möglichen Senken im Grundwasserbereich.
628 
Da die Prognoseunsicherheit zur Entwicklung der Grundwasserstandslinien in Allmannsweier und Ottenheim auf einem methodischen Fehler beruht und damit bei einer fachgerechten Prognose objektiv vermeidbar war, konnte die bestehende Restunsicherheit, ob und in welchem Umfang in diesen Teilorten Gebäude durch vorhabenbedingt aufsteigendes Grundwasser vernässt oder aufgetrieben werden können, nicht der Klärung durch die Fortschreibung des Grundwassermodells im Zusammenhang mit weiteren Bohrungen, Pumpversuchen und dem Probebetrieb des Polders überlassen und einer gegebenenfalls erforderlichen Regelung durch weitere nachträgliche Auflagen überantwortet bleiben. Denn der Grundsatz der Problembewältigung in der planerischen Abwägung verpflichtet die Planfeststellungsbehörde, alle durch die Planfeststellung aufgeworfenen Folgen, die zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses objektiv unter Zuhilfenahme eines methodisch sachgerechten Instrumentariums geklärt werden können, in die Abwägung einzustellen (hierzu oben dd) (4) sowie BVerwG, Urt. v. 07.03.2007 - 9 C 2/06 -, BVerwGE 128, 177 Rn. 19). Auch diesem Grund reichte es auch nicht aus, dass die Planfeststellungsbehörde - unter Berücksichtigung einer prognostischen Restunsicherheit - für den Fall einer vorhabensbedingten Beschädigung eines Gebäudes nicht nur eine Schadensersatzpflicht des Vorhabenträgers, sondern auch eine Beweiserleichterung im Schadensfall verfügt hat, die sich auch auf Schadensfälle in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim erstreckt.
629 
cc) Folgen des Abwägungsmangels
630 
(1) Erheblichkeit
631 
Der in der fehlerhaften Beurteilung möglicher Grundwasseranstiege in Allmannsweier und Ottenheim liegende Fehler bei der Abwägung des Schutzes der dortigen Gebäude und Einrichtungen vor einer Vernässung oder einem Aufschwimmen ist nach den Voraussetzungen des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG auch erheblich. Er ist nicht nur offensichtlich, sondern vor allem auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Denn es besteht - wie dargelegt - die konkrete Möglichkeit, dass sich bei einer methodisch fehlerfreien Analyse der vorhabenbedingten Grundwasseranstiege in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim eine andere, verstärkte Gefahrenlage zeigt, als in dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegt, und dass dies weitere Schutzmaßnahmen oder auch ein anderes Betriebskonzept erforderlich macht.
632 
(2) Fehlende Präklusion
633 
Entgegen der Einschätzung des Beklagten ist die Klägerin mit ihrem Einwand der fehlerhaften Beurteilung der Auswirkungen des Polderbetriebs auf ihre Gebäude und Einrichtungen in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim nicht nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG ausgeschlossen. Denn die Klägerin hat mit dem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 08.12.2004 auf Seite 48 den Schutz des Eigentums an Gebäuden nicht nur „insgesamt für ihre Bürger“ vorgetragen, sondern „auch im Sinne weiterer öffentlicher Belange“. Da sie gleichzeitig in der Eingangspassage des Schreibens klargestellt hat, dass die Einwendungen „im Zweifel sowohl für die Gemende als betroffener Rechtsträger als auch für die Gemeinde als Träger öffentlicher Belange“ erfolgen und die unter Nr. III. (S. 45 ff. des Schriftsatzes) erhobenen Einwendungen zum „Gemeindeeigentum“ ausschließlich die „wirtschaftlichen Einbußen“ betreffen, wird hinreichend deutlich, dass die umfangreichen Darlegungen der Gefahren einer Gebäudebeschädigung durch ansteigendes Grundwasser auch auf die Gebäude der Gemeinde bezogen sein sollten. Dies gilt umso mehr, als in der dem Schriftsatz beigefügten Aufstellung „der im einzelnen betroffenen Grundstücke der Gemeinde“ (S. 35 des Schriftsatzes sowie Anlage 2 zu diesem) ausdrücklich auch die mit Gebäude bebauten Grundstücke bezeichnet sind, die im Eigentum der Klägerin stehen. Zusätzlich ist etwa auf Seite 63 des Schriftsatzes zu Nr. V von der Gefahr einer Beeinträchtigung „von Land oder Gebäuden der Gemeinde“ die Rede, deren Vermeidung gegenüber Entschädigungszahlungen vorrangig sei.
634 
(3) Fehlerfolge
635 
Der in Bezug auf die Beurteilung der Beeinträchtigung der Gebäude und Einrichtungen in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim gegebene Abwägungsmangel führt jedoch nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Denn er kann auch hier durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (§ 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; vgl. oben c) GG).
636 
Es erscheint hinreichend wahrscheinlich, dass die zuständige Behörde den beanstandeten Fehler durch eine erneute methodisch einwandfreie Beurteilung der möglichen Auswirkungen des Polderbetriebs auf die Grundwasserstände in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim korrigieren kann; auch dürften die dann möglichen Ergebnisse nicht so gravierend sein, dass sie die Planung des Rückhaltebeckens Elzmündung als Ganzes in Frage stellen und die Ausarbeitung eines grundlegend neuen Plankonzepts erforderlich machen könnten (hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NVwZ 2010, 320).
637 
cc) Abwägung der Gefahren für Gebäude in Wittenweier und Nonnenweier
638 
Die Abwägung der Gefahren für Gebäude in Wittenweier und Nonnenweier ist rechtsfehlerfrei erfolgt.
639 
(1) Fehlerhafte Berechnung der Grundwasseranstiege
640 
Der methodische Fehler des Grundwassermodells und die damit verbundene Möglichkeit, dass mit dem Betrieb des Rückhaltebeckens Elzmündung höhere Grundwasseranstiege verbunden sein können, als in der planerischen Abwägung zugrunde gelegt wurden, führt - anders als für die Ortslagen von Ottenheim und Allmannsweier - hinsichtlich der Abwägung der Gefahren einer vorhabenbedingten Beschädigung von kommunalen und privaten Gebäuden und Einrichtungen in den Teilortschaften Wittenweier und Nonnenweier nicht zu einem Fehler in der Abwägung. Hier wirkt sich die Möglichkeit höherer Grundwasseranstiege nicht auf das Ergebnis der Abwägung aus. Denn in diesen Teilorten sind Pumpengalerien vorgesehen, die ein vorhabenbedingtes Ansteigen des Grundwassers in diesen Bereichen unabhängig davon vermeiden, ob ohne diese Schutzmaßnahmen ein höherer Grundwasserstand eintreten würde als nach dem Grundwassermodell berechnet (zur Abwägung insoweit vgl. etwa Planfeststellungsbeschluss S. 294). Insofern hat der Vertreter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung nochmals darauf verwiesen, dass die Sicherheitszuschläge bei der Leistungsfähigkeit der Pumpen das mögliche Maß einer Prognoseunsicherheit bei der Berechnung der Grundwasseranstiege bei weitem ausgleichen können.
641 
Sofern die fehlerhafte Berechnung der vorhabenbedingt möglichen Grundwasseranstiege bei tatsächlich eintretenden Kellervernässungen relevant wird, weil zwischen dem betroffenen Grundstückseigentümer und dem Vorhabenträger unklar bleibt, ob diese aufgrund einer unzureichenden Pumpleistung zumindest auch auf einen vorhabenbedingten Grundwasseranstieg zurückzuführen sind oder ob diese unabhängig von einem solchen allein durch einen - auch ohne den Betrieb des Rückhaltebeckens eintretenden - natürlichen Grundwasseranstieg verursacht worden sind, hat dem die Planfeststellungsbehörde ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass sie unter VII Nr. 2 verschiedene Beweiserleichterungs- und Beweissicherungsmaßnahmen festgesetzt hat, die eine nachträgliche Klärung sowohl der haftungsbegründenden als auch der haftungsausfüllenden Kausalität ermöglichen. Auch ist für den Fall der unvorhergesehen unzureichenden Schutzwirkung der Brunnen vorgesehen, weitere Schutzmaßnahmen anzuordnen (VII Nr. 2.3.). Die in diesem Zusammenhang gerügten fehlerhaften Kellervermessungen sind hierbei unerheblich, weil die Betroffenheit der Keller durch eine Schiedsstelle und einen Gutachter beurteilt wird, dem die Daten zu dem Retentionsereignis und den gemessenen Wasserständen zur Verfügung gestellt werden müssen und der im Zweifel eine Überprüfung der gemessenen Kellerstände vornehmen kann (vgl. Planfeststellungsbeschluss, Nebenbestimmung Nr. VII 2.8, S. 30).
642 
(2) Betrieb der Schutzbrunnen
643 
Sofern die Klägerin an ihren Gebäuden und Einrichtungen in den Teilorten Nonnenweier und Wittenweier Schäden befürchtet, die durch den Betrieb gerade der Schutzbrunnen verursacht werden, hat die Planfeststellungsbehörde die entsprechende Gefahr eines Wegschwämmens von Sedimenten aus dem Bereich der Gebäudefundamente bei Betrieb der Pumpenanlage gewürdigt und unter Hinweis auf die Einhaltung eines entsprechenden Sicherheitsabstands (hierzu Planfeststellungsbeschluss VII Nr. 6.3) oder - wo dies nicht möglich ist - besondere Schutzmaßnahmen sowie eine gegebenenfalls zu gewährende Entschädigung in Geld (vgl. hierzu Planfeststellungsbeschluss VII Nr. 2.6 sowie § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwVfG) als im Ergebnis nicht mehr erheblich angesehen.
644 
Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die planerische Einschätzung zu einer grundsätzlich ausreichenden Sicherung der Gebäude vor einem Wegschwämmen der Sedimente unter den Fundamenten durch den Betrieb der Schutzbrunnen auf einer falschen Tatsachengrundlage oder einer Prognose beruht, die fachwissenschaftlichen Maßstäben nicht mehr gerecht wird (zu diesem Maßstab bei der Analyse von Gefährdungslagen vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 234 ff). Hinzu kommt, dass möglichen Restunsicherheiten bei Gebäuden, die innerhalb des Sicherheitsabstands zu den Brunnen liegen, durch Beweissicherungsmaßnahmen Rechnung getragen werden, die die Abwicklung möglicher Schadensersatzansprüche bei unvorhergesehener Beschädigung erleichtern.
645 
(3) Sicherung der Schutzbrunnen vor Stromausfall
646 
Die Abwägung des Schutzes der Gebäude und Einrichtungen der Klägerin in Nonnenweier und Wittenweier von einer Beschädigung durch vorhabenbedingt ansteigendes Grundwasser ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Schutzbrunnengalerien, die ein solchen Ansteigen des Grundwassers ausgleichen sollen, nicht hinreichend gegen einen Stromausfall gesichert wären.
647 
Insoweit sieht der Planfeststellungsbeschluss unter VII Nr. 6.8 vor, dass für sämtliche Anlagen der Brunnengalerien gemäß dem Schutzkonzept eine zweite Energiequelle vorzuhalten ist. Nach dem geplanten Schutzkonzept seien die Anlagen über ein Niederspannungsnetz mit Trafostationen, welche zweiseitig an das übergeordnete Mittelspannungsnetz angeschlossen seien, zu versorgen.
648 
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die von der Klägerin als unzureichend gerügte Maßnahme eines zweiseitigen Anschlusses der Schutzbrunnen an das Mittelspannungsnetz überhaupt eine Regelung des Planfeststellungsbeschlusses darstellt. Denn die verfügte Sicherung der Schutzbrunnengalerien vor einem Stromausfall genügt sowohl hinsichtlich der bloßen Verpflichtung zur Vorhaltung einer „zweiten Energiequelle“ als auch hinsichtlich der Präzisierung dieser Verpflichtung durch eine Regelung zum zweiseitigen Anschluss an das Mittelspannungsnetz dem Abwägungsgebot. Denn es ist grundsätzlich der planerischen Eigenverantwortung der Planfeststellungsbehörde übertragen zu bestimmen, welcher Sicherheitsstandard angemessen ist, um im Einzelfall Sicherheitsrisiken (möglichst) auszuschließen. Dabei ist die gerichtliche Kontrolle - wie bei der Überprüfung fachplanerischer Prognosen - darauf beschränkt zu überprüfen, ob die für eine Sicherheitsanalyse erforderliche Einschätzung denkbarer Ereignisse und hierauf bezogener Ereigniswahrscheinlichkeiten auf der Grundlage einer vollständigen Tatsachenermittlung und unter Beachtung vorhandener fachwissenschaftlicher Erkenntnisse methodengerecht erfolgt ist (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 234 ff). Dies ist hier der Fall und wird weder durch eine andere Risikoeinschätzung noch durch die Forderung der Klägerin nach einem - höheren - Sicherheitsstandard in Frage gestellt.
649 
e) Abwägung der kommunalen Belange im Übrigen
650 
Im Übrigen hat die Planfeststellungsbehörde die Belange, die die Klägerin geltend machen kann, ohne Rechtsfehler gegenüber den entgegengestehenden Belangen an der Verwirklichung des Polders an der Elzmündung abgewogen.
651 
aa) Eigenwasserversorgung
652 
Die gilt zunächst für den Belang der Eigenwasserversorgung, den die Klägerin in Bezug auf eine Vielzahl näher benannter (vgl. Anlage 6 bis 8 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.09.2008) Gebäude geltend macht, die in ihrem Eigentum stehen oder öffentlichen Aufgaben dienen und die über eine Eigenwasserversorgung verfügen.
653 
Denn die Planfeststellungsbehörde hat in ihrer Abwägungsentscheidung (Planfeststellungsbeschluss S. 276 ff) - ungeachtet der methodischen Mängel des Grundwassermodells - sowohl dem Schutz der Klägerin vor einer möglichen Beeinträchtigung des Zuflusses von Grundwasser einer bestimmten Menge und Qualität in ihre Eigenwasserversorgung als auch der Notwendigkeit einer dauerhaften Wasserversorgung ihrer Gebäude ausreichend Rechnung getragen (zur Eigenwasserversorgung in der Planfeststellung vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276 Rn. 62 ff.).
654 
(1) Zugriff auf Grundwasser mit Trinkwasserqualität
655 
Die Möglichkeit eines Grundstückseigentümers nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG, zur Gewährleistung einer eigenen, von der öffentlichen Versorgung unabhängigen Wasserversorgung seines Haushalts auf entsprechend geeignetes Grundwasser mit Trinkwasserqualität zuzugreifen, ist ungeachtet der dort bestimmten Erlaubnisfreiheit nicht als Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand ausgestaltet (Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 33 Rn. 2). Insofern stellt die Regelung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WHG eine bloße Nutzungshandlung des Grundstückseigentümers zwar von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach §§ 2 Abs. 1; 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG frei, sodass der Grundeigentümer bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen darf, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283); sie gewährt jedoch weder ein Recht auf eine solche erlaubnisfreie Benutzung noch begründet sie deren besondere Schutzwürdigkeit gegenüber anderen Gewässerbenutzungshandlungen (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359). Entsprechend bestimmt § 12 Halbs. 1 WG BW in Übereinstimmung mit dem Grundsatz einer vom Eigentum abgekoppelten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung für das Wasser, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
656 
Ist damit der Schutz des Bezugs von geeignetem Trinkwasser zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Eigenwasserversorgung nach §§ 15 Satz 1, 16 WG BW i.V.m. § 8 Abs. 4 und 3 WHG in der planerischen Abwägung auf die Abwehr nachteiliger Wirkungen auf die (gestattungsfreie) Grundwassernutzung reduziert (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 8 WHG Rn. 56), können von der Klägerin nur solche Beeinträchtigungen ihrer Eigenwasserversorgung geltend gemacht werden, die nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276 Rn. 70). Ein solches Maß einer Beeinträchtigung des bisherigen Zugriffs der Klägerin auf das Grundwasser ist - auch unter Berücksichtigung der methodischen Fehlerhaftigkeit des Grundwassermodells - jedoch nicht gegeben.
657 
Dies gilt für die Gebäude in den hauptsächlich betroffenen Teilorten Wittenweier und Nonnenweier schon deshalb, weil der Beklagte hier über die Errichtung und den Betrieb der Pumpengalerien sicherstellt, dass rheinbürtiges Wasser nicht in die Bereiche dieser Teilorte und damit auch nicht in die Einzugsbereiche der dort betriebenen Hauswasserpumpen eindringen kann. Insoweit ist insbesondere auf die Nebenbestimmung zu VII Nr. 7.2 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 33 f.) zu verweisen, nach der die Schutzbrunnen in Nonnenweier und Wittenweier auch nach Entleerung des Rückhalteraumes so nachlaufen müssen, dass kein „rheinbürtiges Wasser“ in die Brunnen von Nonnenweier und Wittenweier gelangt. Dabei ist - ebenso wie in Bezug auf den Schutz des öffentlichen Trinkwasserbrunnens nördlich von Nonnenweier - die Wirksamkeit dieser Schutzmaßnahme weder von der Klägerin noch von ihrem Fachgutachter in Frage gestellt worden.
658 
Dies gilt aber auch für die kommunalen Einrichtungen und Gebäude in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim. Zwar ist hier der Zufluss von rheinbürtigem Wasser nicht bereits aufgrund des Betriebs von Schutzbrunnengalerien ausgeschlossen. Da die entsprechende Grundwassermodellierung auch in Bezug auf die Ausbreitung des Polderwassers methodische Mängel enthält, ist ein Eindringen von rheinbürtigem Wasser in den Bereich der Bebauung auch nicht bereits aufgrund ihrer Lage und Entfernung vom Rückhaltebecken auszuschließen. Allerdings erreicht die deshalb gegebene Restunsicherheit der Betroffenheit der Grundwasserqualität in diesen Ortslagen in keinem Fall das Maß, dass ein Eindringen von „rheinbürtigem Polderwasser“ den bisherigen Zugriff auf Grundwasser mit Trinkwasserqualität mit der hier notwendigen überwiegenden Wahrscheinlichkeit beeinträchtigen könnte. Für die kommunalen Gebäude und Einrichtungen in Allmannsweier kommt hinzu, dass diese durchweg an die öffentliche Wasserversorgung des Wasserversorgungsverbands Ried angeschlossen sind und deshalb über keine Eigenwasserversorgung verfügen (hierzu Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.09.2008).
659 
(2) Schutz der Versorgung mit Trinkwasser
660 
Neben der möglichen Beeinträchtigung des Zugriffs auf das Grundwasser als solchen hat die Planfeststellungsbehörde den geltend gemachten Belang des Schutzes der Eigenwasserversorgung auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer steten Versorgung eines Gebäudes mit geeignetem Trinkwasser ohne Rechtsfehler abgewogen.
661 
Denn die Behörde hat den Vorhabenträger mit Blick auf eine nicht gänzlich auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Eigenwasserversorgung unter VII Nr. 7. der Nebenbestimmungen dazu verpflichtet, im Rahmen eines Probebetriebes die Auswirkungen der Flutungen des Rückhalteraumes auf die Wasserversorgung zu ermitteln und dabei im gesamten beeinflussten Bereich eine Beweissicherung der Grundwasserqualität vor dem Betrieb des Rückhalteraumes vorzunehmen und gegebenenfalls die Abwehrmaßnahmen durch den Bau zusätzlicher Brunnen zu verstärken (7.1). Hierbei müssen Eigenwasserversorgungen und Bauwerke außerhalb der großflächig wirkenden Schutzmaßnahmen separat betrachtet werden (7.4.). In den Fällen, in denen sich eine auf den Betrieb des Rückhalteraumes zurückzuführende wesentliche Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität abzeichnet, sind weitergehende Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung (z.B. eine temporäre Ersatzversorgung oder bei längerfristigen Beeinträchtigungen der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung) vom Vorhabensträger durchzuführen (7.3). Damit ist eine permanente Wasserversorgung auch der Gebäude sichergestellt, die ihr Wasser zur Zeit direkt dem Grundwasser entnehmen.
662 
(3) Betriebskosten bei Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung
663 
Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Planfeststellungsbeschluss nicht vorsehen, dass der Vorhabenträger bei einem notwendigen Anschluss eines Gebäudes mit Eigenwasserversorgung an das öffentliche Wassernetz - zusätzlich zu den Anschlusskosten - auch die Betriebskosten übernimmt, die in diesem Fall über die Kosten einer bestehenden Eigenwasserversorgung hinausgehen. Denn der Umstand, dass die Klägerin über die Eigenwasserversorgung die Kosten des Wasserbezugs erspart, während sie im Falle eines notwendigen Wasserbezugs über die öffentliche Trinkwasserversorgung Wassergebühren zahlen müsste, ist allein der Möglichkeit geschuldet, erlaubnisfrei auf das vorhandene Grundwasser zuzugreifen, ohne dass hiermit ein Recht auf eine besondere Wasserqualität verbunden wäre (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276 Rn. 73).
664 
(4) Belastung der öffentlichen Wasserversorgung
665 
Soweit die Klägerin als kommunale Gebietskörperschaft und Trägerin der öffentlichen Aufgabe einer zentralen örtlichen Wasserversorgung in der Sache als Belang in der Abwägung auch geltend macht, dass durch einen vorhabenbedingten Wechsel einer Vielzahl von privaten Grundstückseigentümern von der Eigenwasserversorgung in die öffentliche Wasserversorgung „erhebliche Mehraufwendungen und mengenmäßige Engpässe“ entstehen, hat dies die Planfeststellungsbehörde ebenfalls als in der Abwägung unbeachtliche Einwendung zurückgewiesen (Planfeststellungsbeschluss S. 276 f.). Denn zum einen erschöpft sich der Vortrag zu einem möglichen Engpass in der Wasserversorgung in einer bloßen unsubstantiierten Behauptung, der die Planfeststellungsbehörde angesichts der grundsätzlich nicht beeinträchtigten Eigenwasserversorgung in den insoweit maßgeblichen Teilorten Nonnenweier und Wittenweier nicht näher nachgehen musste. Zum anderen sind auch die behaupteten Mehraufwendungen nicht zu erwarten, da der Vorhabenträger die Anschlusskosten an die öffentliche Wasserversorgung übernehmen muss und die Kosten für den Wasserbezug nach Maßgabe der §§ 11 und 13 f KAG BW auf die Benutzer der Einrichtung der Wasserversorgung umgelegt werden können. Die darin liegende Belastung ihrer Einwohner kann die Klägerin nicht als ihre eigene geltend machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.2008 - 9 A 19/08 -, juris, Rn. 29; Beschl. v. 05.11.2002 - 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171 S. 135 m.w.N.).
666 
bb) Inanspruchnahme von Grundeigentum
667 
Ein Abwägungsfehler ist weiter auch nicht in Bezug auf die umfangreiche Inanspruchnahme des Grundeigentums der Klägerin zum Zwecke des Baus und des Betriebs des Rückhalteraums gegeben. Diesen Belang kann die Klägerin ungeachtet ihrer fehlenden Eigenschaft als Grundrechtsträgerin aufgrund des einfachgesetzlichen Eigentumsschutzes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82, 100 ff; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04, NVwZ 2006, 1055, Rn. 225) ebenso geltend machen wie eine Beeinträchtigung anderer eigentumsähnlicher Rechte durch das Vorhaben (BVerwG, Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51/89 -, BVerwGE 87, 332, 336 und 391 f; Urt. v. 26.02.1999 - 4 A 47/96 -, NVwZ 2000, 560; Dürr, in: Knack, VwVfG Kommentar, 9. Aufl. 2010, § 74 Rn 68).
668 
Da die Klägerin gegen die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums über die Tatsache der bloßen Eigentumsbetroffenheit hinaus keine Einwendungen erhoben hat, die sich substantiiert und spezifisch gegen den Zugriff auf einzelne Grundstücke richten, reichte es aus, dass die Planfeststellungsbehörde sich entsprechend pauschal mit den Eigentumsbelangen der Klägerin auseinandergesetzt hat. Entsprechend beschränkt sich die gerichtliche Abwägungskontrolle auf die Frage, ob der Beklagte das Anliegen der Klägerin, vom Zugriff auf ihr Eigentum verschont zu bleiben, ohne Gewichtungsfehler hinter die für das Vorhaben ins Feld geführten Belange zurückgesetzt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 227; Urt. v. 23.08.1996 - 4 A 30.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 122). Aus dieser Sicht enthält der Planfeststellungsbeschluss keine Mängel.
669 
Die Planfeststellungsbehörde hat den Umfang der Inanspruchnahme kommunalen Grundeigentums richtig bestimmt (Planfeststellungsbeschluss S. 288f.); sie hat der hierin liegenden Belastung der Klägerin jedoch ohne Überschreitung ihres planerischen Abwägungsspielraums ein gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Hochwasserrückhaltung geringeres Gewicht zuerkannt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dem in Anspruch genommenen gemeindlichen Eigentum überwiegend der Bezug zur Erfüllung kommunaler Aufgaben fehlt, sodass dieses zwar den Schutz des einfachen Rechts genießt, sein Gewicht in der Abwägung aber aufgrund der fehlenden verfassungsrechtlichen Aufwertung durch Art. 14 GG oder Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG eher gering ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 - 7 C 25.93 - BVerwGE 97, 143, 151 ff.). Letztlich reicht es deshalb aus, dass die Planfeststellung den Anforderungen an die Planrechtfertigung sowie an die Alternativenprüfung entspricht. Dies ist - wie dargelegt - der Fall.
670 
cc) Minderung der Grundstücksverkehrswerte
671 
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Planfeststellungsbeschluss das Problem der vorhabenbedingten Minderungen des Verkehrswertes insbesondere in Bezug auf Bauflächen im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots fehlerfrei berücksichtigt (Planfeststellungsbeschluss S. 289).
672 
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass aus der Tatsache, dass ein finanzieller Ausgleich nur unter den in § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG genannten Voraussetzungen zwingend geboten ist, nicht zugleich auch folgt, dass Verkehrswertminderungen, die über den Schutzbereich dieser Entschädigungsregelung hinaus durch ein Planvorhaben ausgelöst werden, rechtlich irrelevant sind. Die Beachtung des § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG entbindet nicht von der Pflicht, planbedingte Wertverluste gegebenenfalls als private Belange im Rahmen der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 19). Dem Planungsträger bleibt es jedoch unbenommen, solche Wertminderungen nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen hinter gegenläufige öffentliche Interessen zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 9 A 20/08 -, juris Rn. 148, 158).
673 
Diese Abwägung ist im Planfeststellungsbeschluss in der Sache dadurch zu Lasten der Klägerin vorgenommen worden, dass die Planfeststellungsbehörde zum einen auf die fehlende grundrechtliche Unterfütterung des Eigentums der Klägerin durch Art. 14 Abs. 1 GG verwiesen und zum anderen auf den fehlenden Schutz des Eigentums vor konjunkturellen Entwicklungen hingewiesen hat. Denn damit hat sie hinreichend deutlich gemacht, dass sie einen möglichen vorhabenbedingten Wertverlust angesichts der fehlenden verfassungsrechtlichen Garantie des privatnützigen Inhalts kommunalen Eigentums bis zu der Grenze als zumutbar ansieht, die zu einer Entschädigungspflicht führt. Auch hat die Planfeststellungsbehörde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Werte, die aufgrund einer nur möglichen Entwicklung zum Bauland bestehen, in der planerischen Abwägung keinen rechtlich relevanten Schutz beanspruchen können.
674 
dd) Pachtverträge
675 
Die von der Klägerin geltend gemachte Beeinträchtigung ihrer Möglichkeiten, die vom Vorhaben vernässten landwirtschaftlichen Flächen zu verpachten, wurde von der Planfeststellungsbehörde ebenfalls sachgerecht abgewogen, indem auf die Verpflichtung des Vorhabenträgers verwiesen wurde, Bewirtschaftungserschwernisse und Ertragseinbußen zu ersetzen und Flächen, die wirtschaftlich nicht mehr genutzt werden können, durch Kauf zu übernehmen. Dies entspricht den rechtlichen Vorgaben an die Abwägung der mittelbaren Beeinträchtigungen von Grundstücken durch ein Planfeststellungsvorhaben, nach denen solche Beeinträchtigungen auch ohne finanziellen Ausgleich eingetretener Wertminderungen bleiben können, solange das betroffene Grundstück noch in zumutbarer Weise wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden kann (BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 19).
676 
Die von der Klägerin befürchteten - vorhabenbedingten - Einbußen bei der Verpachtung ihrer Jagdflächen sowie ihrer Fischereirechte hat die Planfeststellungsbehörde (Planfeststellungsbeschluss S. 292) ohne Überschreitung des ihr insoweit zukommenden Beurteilungsspielraums als nicht erheblich bewertet. Auch insoweit hat die Klägerin keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben.
677 
ee) Kommunale Planungshoheit
678 
Soweit die Klägerin die Beeinträchtigung ihrer kommunalen Planungshoheit geltend machen kann, liegt ein Abwägungsfehler nicht vor.
679 
Es ist nicht erkennbar, dass die Abwägung zur kommunalen Planungshoheit an Fehlern in der Ermittlung, Bewertung und Gewichtung der gemeindlichen Planungsbelange leidet. Die Planfeststellungsbehörde setzt sich in den Gründen des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ausführlich mit den von der Klägerin gerügten Eingriffen in ihre Planungshoheit auseinander (Planfeststellungsbeschluss S. 273 ff) und kommt zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen am Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung gegenüber diesem Belang überwiegen.
680 
(1) Städtebauliche Gestaltungsmöglichkeiten
681 
Dabei ist die Planfeststellungsbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschränkung der Möglichkeit einer planerischen Gestaltung in der planerischen Abwägung grundsätzlich nur dann Berücksichtigung finden muss, wenn durch das Vorhaben wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren eigenen Planung entzogen würden. Dies wiederum setzt voraus, dass eine eigene Planung zumindest konkret in Betracht kommt; denn nur dann kann und muss die Planfeststellungsbehörde abwägend soweit wie möglich in der Weise Rücksicht nehmen, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise „verbaut“ werden (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 12/99 - NVwZ 2001, 1160; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388, 394 Rn. 26 ff; Urt. v. 27.03.1992 - 7 C 18.91 - BVerwGE 90, 96, 100).
682 
Die Klägerin hat insoweit jedoch keine konkrete bestehende oder zumindest ernsthaft angestrebte - durchsetzbare - städtebauliche Planung benannt, die aufgrund der Planfeststellung nicht oder nur noch eingeschränkt durchgeführt oder umgesetzt werden könnte. Es ist nicht erkennbar, dass die Annahme der Planfeststellungsbehörde unzutreffend wäre, das Vorhaben stehe den Planungen der Klägerin in Bezug auf die bauliche Entwicklung der Ortschaften Nonnenweier und Wittenweier nicht entgegen. Sofern der Bau und der Betrieb des Rückhaltebeckens möglicherweise Einschränkungen etwa hinsichtlich des Baus von Kellergeschossen mit sich bringt oder Sicherungsmaßnahmen wie eine Anhebung oder Auffüllung von Grundstücken erforderlich macht, hat die Planfeststellungsbehörde diese Belastungen ohne Überschreitung des ihr insoweit eingeräumten Bewertungsspielraums als zumutbar angesehen.
683 
Entgegen der Auffassung der Klägerin musste die Planfeststellungsbehörde nicht davon ausgehen, dass eventuell notwendige Sicherungsmaßnahmen oder Baubeschränkungen die Attraktivität der ausgewiesenen Bauplätze in einer Weise entfallen lassen, dass deshalb aufgrund einer mangelnden Nachfrage die städtebauliche Erforderlichkeit entfiele. Denn die Behauptung eines - vorhabenbedingten - Entfallens der Nachfrage nach Bauplätzen ist in keiner Weise substantiiert und angesichts der Vielzahl der von dem Beklagten im Verfahren benannten Beispiele für eine städtebauliche Entwicklung in der Nähe von Hochwasserrückhaltebecken auch nicht nachvollziehbar.
684 
(2) Sonstige Entwicklungsmöglichkeiten
685 
Eine fehlerhafte Abwägung im Blick auf die Selbstverwaltunghoheit der Klägerin ist auch nicht darin begründet, dass durch den Bau und Betrieb des Polders Flächen auf dem Gemeindegebiet in Anspruch genommen oder beeinträchtigt werden, die außerhalb der konkret für eine städtebauliche Entwicklung vorgesehenen Bereiche gelegen sind. Denn die Planfeststellungsbehörde ist im Rahmen ihrer Abwägung zu Recht davon ausgegangen, dass die Entwicklung der Klägerin hierdurch nicht nachhaltig beeinträchtigt wird (zu diesem Belang vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.08.2008 - 9 VR 12/08 -, NVwZ 2008, 1237 Rn. 3 m.w.N.).
686 
Die unmittelbar beanspruchten Flächen befinden sich nahezu vollständig innerhalb des Bereichs, der im Regionalplan Südlicher Oberrhein 1995 vom 14.04.1994 (Ziffer 3.2.5.) bereits als Vorrangbereich für Überschwemmungen und damit zur Sicherung des Hochwasserrückhaltebeckens ausgewiesen worden war. Bei den durch Vernässung beeinträchtigten Flächen nördlich und südlich von Nonnenweier und südlich von Wittenweier wird zwar eine Entwicklung insbesondere durch Bebauung erschwert, weil hier dann teure Sicherungsmaßnahmen erforderlich würden. Diese faktische Einschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten konnte die Planfeststellungsbehörde jedoch ohne weiteres als unerheblich ansehen, weil die Gebiete in ihrer allgemeinen und baulichen Entwicklungsfähigkeit bereits aufgrund ihrer Lage unmittelbar neben dem Überschwemmungsgebiet belastet waren. Insofern stellen die Nähe des Gemeindegebiets der Klägerin zum Rhein und die bereits durch die Tulladämme gegebene Prägung des Uferbereichs einen Teil der Situationsbezogenheit der Klägerin dar, die die mit der Planfeststellung verbundenen Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, ohne weiteres zumutbar machen (zur Situationsgebundenheit bei Eingriffen in die Planungshoheit vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, Rn. 174; Urt. v. 15.03.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181, 184; Urt. v. 14.12.2000 - 4 C 13.99 - BVerwGE 112, 274, 292). Hinzu kommt, dass der Klägerin auch nach der Raumplanung keine derart besondere Siedlungsfunktion zukommt, dass ein Bedarf für eine bauliche Entwicklung dieser landwirtschaftlich geprägten Gebiete erkennbar wäre. Schließlich bleiben der Klägerin die notwendigen Entwicklungsspielräume für eine weitere planerische Entwicklung ohne weiteres in den Bereichen um die Teilorte Ottenheim und Allmannsweier erhalten (hierzu BVerwG, Urt.v. 26.02.1999 - 4 A 47/96 -, NVwZ 2000, 560 Rn. 40).
687 
ee) Sonstige Belange der Klägerin
688 
(1) Ortsbild und Lärmbelastung der Bürger
689 
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, ihr Selbstgestaltungsrecht sei dadurch betroffen, dass die Pumpengalerien das Ortsbild beeinträchtigen und die nähere Umgebung verlärmen würden, folgt dem die Kammer nicht. Das Selbstgestaltungsrecht ist nur betroffen, wenn das in Rede stehende Vorhaben das örtliche Gepräge oder die örtlichen Strukturen grundlegend ändert (BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 A 47.96 -, NVwZ 2000, 560). Das kann der Fall sein, wenn ein Vorhaben der Fachplanung das Ortsbild entscheidend prägt und nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirkt (BVerwG, Urt. v. 26.2.1999, a.a.O., Rn. 39). Dies ist hier angesichts der Größe der Pumpenhäuser sowie der Vorbelastung durch die alten Tulladämme ersichtlich nicht der Fall.
690 
Etwa anderes gilt auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin zur Lärmbelastung beim Betrieb der Pumpen. Denn abgesehen davon, dass diese Lärmbelastung die Gebietsüblichkeit nicht übersteigen dürfte, steht diesem Vortrag - wie auch den sonstigen Einwendungen zur Beeinträchtigung der Lebensqualität der Anwohner - entgegen, dass einer Gemeinde nicht deshalb "wehrfähige" Rechte zukommen, weil der Allgemeinheit oder einzelnen Privatpersonen ein Schaden droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 A 47.96 -, NVwZ 2000, 560 Rn. 40; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388, 395).
691 
(2) Dammbruch
692 
Mit dem Hinweis auf die Gefahr eines Dammbruchs macht die Klägerin vorrangig einen Sicherheitsbelang der Allgemeinheit sowie Einzelner geltend, der nicht dadurch zu einer wehrfähigen Rechtsposition der Klägerin in der planerischen Abwägung wird, dass diese Gefahr auf ihrem Gebiet oder gegenüber ihren Einwohnern droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 A 47.96 -, NVwZ 2000, 560 Rn. 40; Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 12/99 -, NVwZ 2001, 1160, 1161). Notwendig ist vielmehr, dass der geltend gemachte Belang zumindest auch in einem direkten Zusammenhang mit den spezifisch kommunalen Aufgaben der Klägerin steht (BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 -, NuR 2008, 502, Rn. 12). Nicht ausreichend ist es, dass - etwa über sinkende Grundstückspreise oder eine sinkende Attraktivität - im weitesten Sinne die "Wirtschaftsstruktur" der Klägerin beeinträchtigt wird; denn diese ist dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde als solche nicht zugeordnet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 - 4 C 14.95 - DVBl 1997, 729).
693 
Nach diesen Grundsätzen kommt der Gefahr eines Dammbruchs nicht die Bedeutung eines Abwägungsbelangs der Klägerin zu. Denn es ist nicht ersichtlich, dass diese Gefahr zu einer nachhaltigen Störung einer konkreten kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe, wie etwa einer konkretisierten Bauleitplanung, führt.
694 
Darüber hinaus hat die Planfeststellungsbehörde die mit der Gefahr eines Dammbruchs verbundene vorhabenbedingte Belastung aber auch in der Sache ohne Überschreitung ihres planerischen Ermessens als nicht erheblich angesehen.
695 
Die Planfeststellungsbehörde hat hierzu (Planfeststellungsbeschluss S. 265 ff; S. 404ff) unter Berücksichtigung des Gutachtens der Bundesanstalt für Wasserbau zur Standsicherheit des Rheinseitendamms für Hochwasserretentionen und Ökologische Flutungen vom 23.12.2003 (Anlage 12.11 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 31) sowie von der Ingenieurgesellschaft Kärcher mbH (Institut für Geotechnik) (Geotechnische Gutachten zum Rheinhauptdamm VII, zum Südlichen Damm, zum Schutterentlastungskanal und den Straßendämmen L 100, L 103 zum Querriegeldamm Wittenweier sowie zum Rheinhauptdamm VI vom 23.07.1998, 02.07.1998, 29.05.2002 und vom 24.11.1998 und 26.06.2002; Anlagen 12.24 bis 12.27 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 36 und 37) festgestellt, dass die der Planung zugrunde gelegten bautechnischen Maßnahmen in Übereinstimmung mit den entsprechenden technischen Regelungen der DIN 4149 hinreichend standsicher sind. Dabei wurde - neben der Problematik der alten Bunkeranlagen - auch das Erdbebenrisiko berücksichtigt, welches ebenfalls nach den entsprechenden technischen Regelungen der DIN 19700 untersucht und bewertet wurde. Hierbei wurde eine Erdbebensicherheit in Bezug auf ein 1000jähriges Ereignis zugrunde gelegt. Zudem wurde über die Nebenbestimmung Ziffer VII A) Wasserwirtschaft und Bodenschutz Nr. 4.14 die Auflage verfügt, im Zuge der Ausführungsplanung eine Berechnung der Erbebensicherheit auch in Bezug auf eine Überschreitenswahrscheinlichkeit von 2.500 Jahren vorzulegen. Diese Sicherheitsanalyse ist nicht zu beanstanden.
696 
So hat die Planfeststellungsbehörde vorrangig eigenverantwortlich zu bestimmen, welcher Sicherheitsstandard angemessen ist, um im Einzelfall Sicherheitsrisiken (möglichst) auszuschließen. Die Sicherheitsanalyse erfordert eine Einschätzung denkbarer Ereignisse und hierauf bezogener Ereigniswahrscheinlichkeiten. Dabei ist gerichtliche Kontrolle - wie bei der Überprüfung fachplanerischer Prognosen - darauf beschränkt zu überprüfen, ob die Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodengerecht erstellt wurde (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 234 ff). Dies ist hier der Fall und wird auch von der Klägerin nicht mehr substantiiert in Frage gestellt.
697 
Soweit die Klägerin die fehlende Berücksichtigung eventueller Mängel der Anlagenteile oder der Bauausführung rügt, ist dies ein Problem der Bauüberwachung, welches die Rechtmäßigkeit der planerischen Abwägung nicht berührt. Denn diese Gefahr ist nicht derart naheliegend und unbeherrschbar, dass sie bereits bei der planerischen Zulassung des Vorhabens zu berücksichtigen wäre.
698 
Nicht zu beanstanden ist auch die Bewertung der Planfeststellungsbehörde (Planfeststellungsbeschluss S. 272), dass der Gefahr eines Dammbruchs auf Grund von kriminell motivierten Einwirkungen von außen durch die allgemeine Standfestigkeit der Dämme hinreichend Rechnung getragen ist. Es hält sich ohne weiteres im Rahmen der Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde, wenn diese die Gefahr einer Sabotage an den Dämmen als so unspezifisch ansieht, dass diese keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen oder gar einen Verzicht auf den Polder an dem konkreten Standort erfordert. Denn es ist nachvollziehbar, wenn die Behörde davon ausgeht, dass ein solcher Sabotageakt angesichts der allgemeinen Bauausführung der Dämme ein hohes Maß an technischem Aufwand erfordern würde und zudem in Bezug auf die Gefährdungslage keine Besonderheiten wie etwa eine hohe Symbolträchtigkeit der Anlage gegeben sind. Hinzu kommt, dass bei konkreten Anhaltspunkten für eine Gefährdung aufgrund von Sabotageakten Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden können, die sich zudem zeitlich allein auf die Perioden der Retentionsflutungen beschränken müssten.
699 
(3) Belastung durch Mücken, Krankheiten oder weitere Schädlinge
700 
Auch die von der Klägerin geltend gemachten Gefahren einer verstärkten Belastung ihrer Gebiete durch Mücken, Krankheiten oder weitere Schädlinge stellen keinen für sie in der planerischen Abwägung rügefähigen Belang dar. Insoweit wird auf die Ausführungen zu der Gefahr eines Dammbruchs verwiesen. Unabhängig hiervon hat die Planfeststellungsbehörde aber auch hier die Erheblichkeit dieser Gefahr ohne Rechtsfehler verneint.
701 
Hinsichtlich der Gefahr der Zunahme der Schnakenpopulation und einer hiermit verbundenen befürchteten Verbreitung etwa von Malariainfektionen, hat das Landratsamt Ortenaukreis im Planfeststellungsbeschluss unter VII H) die Verpflichtung des Vorhabenträgers zu „ausreichenden Schnakenbekämpfungsmaßnahmen im Bereich des Rückhaltebeckens“ verfügt. Dabei konnte es ohne Überschreitung seines Prognosespielraums davon ausgehen, dass derartige Bekämpfungsmaßnahmen auch möglich und erfolgversprechend sind.
702 
So hat der wissenschaftliche Direktor der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage e.V. (KABS), Dr. ..., in der mündlichen Verhandlung als sachverständige Auskunftsperson des Beklagten für diese noch einmal - auch unter Auseinandersetzung mit den verschiedenen Einwänden auch der Kläger der Parallelverfahren - dargelegt, dass die Schnakenbekämpfung in den Poldergebieten wie auch sonst mit einer Abtötungsrate von 98 bis 99% durchgeführt werden könne. Man müsse davon ausgehen, dass die in die Gewässer gelegten Eier grundsätzlich äußeren Einwirkungen wie etwa Kälte widerstehen würden und es deshalb sinnvoll, aber auch möglich sei, die geschlüpften Larven zu bekämpfen. Hierfür werde in den Bereichen, in welchen die Eier abgelegt werden könnten, eine Eiweißverbindung aufgebracht, die den Darm der Mückenlarven zerstöre. Die hierfür in Frage kommenden Feuchtgebiete könnten auf der Grundlage der Modelle zu den Wasserständen im Retentionsgebiet hinreichend sicher identifiziert werden, sodass die Mitarbeiter verlässlich wüssten, wo sie die Eiweiße verteilen müssten. Mögliche Resistenzen der Mückenlarven gegen den verwendeten Stoff seien angesichts der langjährigen Erfahrungen mit diesem nicht zu befürchten. Die Einschaltung der KABS erfolgte aufgrund einer Zusage des Vorhabenträgers im Erörterungstermin vom 11.10.2005, die dort vom Bevollmächtigten der Klägerin veranlasst worden war (Protokoll des Erörterungstermins S. 176).
703 
Die nachvollziehbare und durch die Erfahrung in den übrigen Feucht- und Auegebieten entlang des Rheins bestätigte fachwissenschaftliche Einschätzung durch Dr. ... hat die Klägerin weder in Bezug auf ihre tatsächlichen Grundlagen noch im Hinblick auf die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen substantiiert in Frage gestellt.
704 
Hinsichtlich der mit der Eignung des Rückhalteraums als Brutstätte und Lebensraum von Schnaken weiter verbundenen Befürchtung der wachsenden Gefahr einer Übertragung von Malaria oder von anderen Viren, wie etwa des Dengue-, Gelbfieber-, Chikungunya oder West-Nile-Virus, ist das Land auf der Grundlage einer entsprechenden fachgutachterlichen Äußerung des Amtes für Umwelt und Infektionshygiene beim Landratsamt Ortenaukreis, die sich ihrerseits auf fachwissenschaftliche Literatur stützt, ebenfalls ohne Überschreitung seines Prognosespielraums von einer nicht relevanten Gefahrerhöhung ausgegangen. Auch hierzu hat der wissenschaftliche Direktor der KABS e.V., Dr. ..., in der mündlichen Verhandlung weitere Erläuterungen abgegeben, die die Annahme des Landes bestätigen, dass die Entstehung der Gewässer und Feuchtgebiete im Rückhalteraum die Ansiedlung und Ausbreitung der Trägermücken der Anopheles-, Aedes- oder Culex-Gattung deshalb nicht erhöhe, weil diese hier keine geeigneten Bruträume finden würden. Sie seien als sog. Containerbrüter auf - im Rückhalteraum nicht oder nur unwesentlich entstehende - stille Dauergewässer vor allem in kleinen umschlossenen Räumen wie etwa in Brunnen, Wassertonnen oder Altreifen angewiesen.
705 
Auch hiergegen hat die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben, die die Nachvollziehbarkeit dieser Beurteilungen oder gar deren tatsächliche und wissenschaftliche Grundlagen in Frage gestellt hätten. Der bloße Hinweis darauf, dass die Gebiete des Taubergießen ebenso wie andere Bereiche der Rheinauen in der Vergangenheit Malariagebiet gewesen seien, reicht hierfür angesichts der im Rahmen des Betriebs des Rückhalteraums vorwiegend entstehenden Fließgewässer nicht aus.
706 
Schließlich ist es rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die teilweise weiter in den Raum gestellte Gefahr der Zunahme von Wanderratten oder anderen artverwandten Nagetieren verneint hat. Diese Einschätzung beruht auf der plausiblen Übertragung der Erfahrungen zur Populationsentwicklung der Wanderratten und anderer Nagetiere im Bereich der Rheinauen einerseits und menschlicher Siedlungen andererseits. Sie sind von der Klägerin auch nicht inhaltlich in Frage gestellt worden.
707 
(4) Kleinklima
708 
Auch hinsichtlich der möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf das örtliche Kleinklima ist eine hinreichende Bezogenheit auf konkrete kommunale Selbstverwaltungsaufgaben nicht ersichtlich, sodass dieser Belang von der Klägerin ebenfalls nicht als eigener geltend gemacht werden kann.
709 
Unabhängig hiervon ist aber auch die inhaltliche Abwägung rechtlich fehlerfrei.
710 
Die Planfeststellungsbehörde hat die kleinklimatischen Auswirkungen des Polderbetriebs unter Berücksichtigung eines entsprechenden Fachgutachtens (Prof. Dr. ..., Gutachten vom 14.09.2005 zu den kleinklimatologischen Veränderungen und den kleinklimatologischen Auswirkungen des Betriebs des Retentionsraums sowie zu deren Folgen für Fauna, Flora und Gesundheit der Menschen in der Umgebung) in der planerischen Abwägung dahingehend bewertet, dass der Betrieb des Hochwasserrückhaltebeckens zwar zu kleinklimatischen Effekten wie einer leichten Verringerung des bioklimatologischen Hitzestresses bzw. zu einer Wasserdampfanreicherung in der unmittelbaren Umgebung führen wird, dass diese Auswirkungen jedoch insgesamt zu vernachlässigen bzw. in Anbetracht der Vorhabenbedeutung hingenommen werden müssen (Planfeststellungsbeschluss S. 259 f, 264). Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
711 
Soweit die Klägerin ihrerseits unter Vorlage einer fachgutachterlichen Stellungnahme (Prof. Dr. ..., Stellungnahme zum Schutzgut Klima innerhalb der Umweltverträglichkeitsstudie zum Rückhalteraum Elzmündung vom 22.08.2008, Anlage 23 zum Kläger-Schriftsatz vom 30.09.2008) rügt, das Gutachten von Prof. Dr. ... sei sowohl hinsichtlich der Ermittlung seiner Grundlagen als auch in Bezug auf die getroffenen Schlussfolgerungen zum Maß des Entstehens von Kaltluft, der Bildung von Nebel und letztlich auch zu den negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohner der umliegenden Ortschaften unzureichend, greifen diese Einwände nicht durch.
712 
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die Überprüfungsbefugnis der Prognosen in der planerischen Abwägung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein darauf erstreckt, ob die Behörde dieser Prognose eine geeignete fachspezifische Methode zugrunde gelegt, den der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalt richtig ermittelt und das Ergebnis der Prognose einleuchtend begründet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 278, Rn. 156; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.01.2010 - 8 C 10350/09 -, DVBl. 2010, 397). Hieran gemessen ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken.
713 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die von dem Gutachter des Vorhabenträgers gewählte Methode nicht zu beanstanden. Zwar erhebt die Klägerin unter Berufung auf ihren Fachgutachter gegen die vom Gutachter des Vorhabenträgers angewandte Methode der Analogieschlüsse und der Übertragung angesammelten Expertenwissens dezidierte methodische Einwände; entsprechend hat der Gutachter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals dargelegt, dass eine Abschätzung kleinklimatologischer Auswirkungen eines Vorhabens wie des Rückhaltebeckens an der Elzmündung einer experimentellen klimatischen Beweissicherung zu der lokalen Klimacharakterisik vor Durchführung des Vorhabens und der rechnerischen Simulation der Veränderungen des lokalen Klimas nach Durchführung des Vorhabens bedürfe. Allerdings ist der Behörde auch hinsichtlich der Prognoseeignung einer gewählten Methode ein Einschätzungsspielraum eingeräumt, der nicht bereits dann überschritten ist, wenn der verwendeten Untersuchungsmethode eine andere fachwissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode entgegen gestellt werden kann, die möglicherweise bessere Prognosen ermöglicht. Vielmehr kann die Planfeststellungsbehörde dann auf eine einfachere, möglicherweise aber unsicherere Untersuchung zurückgreifen, wenn der mit der besseren Methode verbundene Mehraufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum möglichen zusätzlichen Erkenntnisgewinn steht. Allein eine fachwissenschaftlich überholte Untersuchungsmethode kann nicht mehr angewandt werden.
714 
Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Planfeststellungsbehörde auf ein Gutachten gestützt hat, das auf einer - durch Analogieschlüsse und Erfahrungen aus anderen Wassersammelbecken in der Rheinebene geleiteten - Untersuchungsmethode basiert. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass diese Methodik nicht nur wissenschaftlich untermauert, sondern auch in Anbetracht der örtlichen Situation des Rückhaltebeckens angemessen ist. So ist es für die Kammer nachvollziehbar, dass die Abschätzung möglicher Auswirkungen der Hochwasserrückhaltung und der Ökologischen Flutungen auf der Grundlage einer Beobachtung des gegenwärtigen Zustands deshalb sinnvoll ist, weil die Hochwasserschutzdämme bereits existieren und deshalb die Beschreibung eines Kaltluftsammelbeckens ohne nennenswerte Ausbreitung von Nebel auf die Umgebung auf einen Ist-Zustand bezogen ist, der sich - abgesehen von der Vergrößerung der Wassermenge im Gebiet - durch den Betrieb des Polders nicht wesentlich ändert. Diesen Ist-Zustand hat der Gutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung sowie anhand von Bildmaterial in seinen Stellungnahmen während des Verfahrens exemplarisch ebenso dargestellt, wie den Umstand, dass angesichts der Riegelwirkung der Dämme und des Bewuchses kaum mit lokalen Luftbewegungen zu rechnen sei, die einen eventuell entstehenden Kaltluftsee im Polderbecken über die Dämme in die Randbereiche der Wohnbebauung von Nonnenweier und Wittenweier oder in die Nähe der L 100 hinaustragen würden. Ebenso ist es nachvollziehbar, wenn der Gutachter des Vorhabenträgers auf die Übertragbarkeit von Erfahrungen etwa mit der Nebel- und Dampfdruckbildung im Bereich des Rheins und seiner Staustufen sowie an Baggerseen in der näheren Umgebung verweist. Hinzu kommt, dass der Polderbereich bis in die 1960er Jahre natürlich überflutet war, sodass auch insoweit auf Erfahrungswissen zurückgegriffen werden kann.
715 
Die gegen diese Methodik erhobenen Einwände greifen nicht durch. Dies ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die von dem Gutachter der Klägerin geforderte Methode einer rechnerischen Simulation der kleinklimatologischen Auswirkungen des Polderbetriebs - wie der Beklagte vorträgt - gar nicht möglich wäre. Denn der Gutachter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung nochmals klargestellt, dass die entsprechenden Simulationsmodelle seit dem Jahr 2003 verfügbar seien und - anders an die von dem Beklagten insoweit zu Recht als untauglich bezeichneten Regionalen Klimamodelle - Simulationsrechnungen für ein Gitternetz mit Abständen auch von wenigen Metern ermöglichen. Auch mag dem Modell des Gutachters der Klägerin zugestanden werden, dass dieses aufgrund seiner engmaschigen Berechnungen klimatologischer Entwicklungen genauere Aussagen über die komplexen Entwicklungen des Kleinklimas bei Rückhaltung von größeren Wassermengen machen kann, als dies aufgrund der deutlich vergröbernden und generalisierenden Prognose des Fachgutachters des Vorhabenträgers der Fall ist. Allerdings ergibt sich hieraus noch nicht, dass die Methode des Fachgutachters des Vorhabenträgers deshalb fachwissenschaftlich nicht mehr vertretbar wäre.
716 
Vielmehr oblag es der Einschätzungsprärogative des Beklagten zu beurteilen, ob er eine sachgerechte Abwägung der kleinklimatologischen Auswirkungen des Polderbetriebs trotz der möglichen Ungenauigkeit und Restunsicherheit der Aussagen des Fachgutachters des Vorhabenträgers vornehmen kann. Dies wiederum hängt einerseits von einer Gewichtung des möglichen Ausmaßes der verbleibenden Prognoseunsicherheit in Bezug auf die betroffenen Belange und andererseits von einer Bewertung ab, mit welchem Aufwand welcher zusätzliche Erkenntnisgewinn zu erreichen wäre. Insoweit ist eine Fehleinschätzung des Beklagten nicht gegeben.
717 
So hat der Fachgutachter der Klägerin zwar auf Prognoseunsicherheiten des Gutachtens des Vorhabenträgers verwiesen, die angesichts der fehlenden engmaschigen Detailberechnung der komplexen Wirkzusammenhänge zwischen Temperaturentwicklung, Luftfeuchte, Wind und Luftdruck auch für die Kammer nachvollziehbar gegeben sind. Allerdings konnte der Gutachter der Klägerin auch auf wiederholte Nachfragen in keiner Weise bezeichnen, inwieweit sich diese Unsicherheiten in Bezug auf die vorgenommene Bewertung der abwägungsrelevanten Aspekte des körperlichen Wohlbefindens der Anwohner und der Erholungssuchenden, die Verkehrssicherheit oder auch die Vegetationsbedingungen im Bereich des Rückhaltebeckens auswirken können, und sei es in einem Worst-Case-Szenario, in welchem sich sämtliche Prognoseunsicherheiten des Fachgutachtens des Vorhabenträgers addieren. Dies wäre aber notwendig gewesen, um das Unterlassen einer Modellsimulation mit ihren Mehrkosten von mehreren 10.000,- Euro als einen Fehler bei der Auswahl der Prognosemethoden anzusehen. Immerhin ist auch der Beklagte mit dem Fachgutachter des Vorhabenträgers davon ausgegangen, dass der Aufstau von Wasser im Polderbecken bei entsprechender Sonneneinstrahlung zu einer Verringerung der Lufttemperatur im Becken und zu einer Erhöhung des die Luftfeuchte beschreibenden Dampfdrucks führt, wobei dieser Effekt in den angrenzenden Wohngebieten abgeschwächt und angesichts der Abhängigkeit von den jeweils aufgestauten Wassermengen regelmäßig nur selten in erheblicher Weise bemerkbar sei.
718 
(5) Globaler Klimawandel
719 
Hinsichtlich der Rüge der Klägerin, die Planfeststellungsbehörde habe den absehbaren globalen Klimawandel mit der Gefahr erhöhter Regenniederschläge insbesondere im Winter nicht hinreichend abgewogen, liegt auch hierin ein Belang, den die Klägerin als Kommune in der planerischen Abwägung nicht geltend machen kann.
720 
Unabhängig hiervon ist aber auch dieser Einwand in der Sache nicht begründet. Denn der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Gefahr einer zukünftig stärkeren Vernässung des Bodens und ansteigender Grundwasserspiegel auf den Betrieb des Rückhaltebeckens und die von diesem ausgehenden Beeinträchtigungen etwa des Grundwassers keine Auswirkungen habe. Dies folgt nicht nur daraus, dass der jeweilige Polderbetrieb bei erhöhten Zuflüssen aus der Elz, dem Taubergießen und dem Schutterentlastungskanal über die Regulierung des Zuflusses vom Rhein steuerbar ist und nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung der Planfeststellungsbehörde über die Auslassbauwerke stets so viel Wasser in den Rhein abfließen kann, wie über die anderen Zuflüsse in diesen hineinfließt. Vielmehr hat der Vertreter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung zusätzlich darauf verwiesen, dass die Schutzbrunnen, die das aus den Poldern in das Grundwasser eindringende Rheinwasser von den Häusern der gefährdeten Teilorte Nonnenweier und Wittenweier fernhalten, auf solche Pumpleistungen ausgelegt seien, dass der Grundwasserstand unter diesen Gebäuden auch bei erhöhten allgemeinen Grundwasserständen auf einem - für die dortigen Keller - unschädlichen Niveau gehalten werden könne.
721 
(6) Naherholungsfunktion des Elzpfads und der Rheinauen
722 
Soweit die Klägerin weiter vorbringt, der Planfeststellungsbeschluss berücksichtige nicht hinreichend, dass der Betrieb des Rückhaltebeckens zu einer Beeinträchtigung ihrer Naherholungseinrichtungen des Elzpfades und der Rheinauen führe, weil diese Bereiche während der Retentionsflutungen sowie bei größeren Ökologischen Flutungen aus Sicherheitsgründen gesperrt seien und im Anschluss an die Flutungen aufgrund der dann gegebenen Verschlammung vorübergehend nicht genutzt werden könnten, ist dieser Einwand gleichfalls nicht geeignet, eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit oder eines aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitenden Selbstgestaltungsrechts der Gemeinde zu begründen.
723 
Dabei geht die Kammer zwar zugunsten der Klägerin davon aus, dass die beeinträchtigten Pfade und Wanderwege von der Gemeinde als Einrichtung der Naherholung betrieben werden und somit grundsätzlich am Schutz des Art. 28 Abs. 2 GG teilhaben und deshalb in der planerischen Abwägung als kommunaler Belang Berücksichtigung finden müssen. Die Planfeststellungsbehörde hat diesen Belang indessen gesehen und unter Hinweis auf die verhältnismäßig seltenen Beschränkungen, die zudem den - planungsbedingt erhöhten - Elzpfad ausnehmen, sowie unter Berücksichtigung der Räumung der Wege nach Verschlammung durch den Vorhabenträger als gegenüber dem Interesse an der Hochwasserrückhaltung nicht erheblich bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 283f.). Gegen diese Abwägung sind Bedenken weder ersichtlich noch in relevanter Weise vorgetragen.
724 
(7) Denkmalschutz für das Wittenweierer Faschinat
725 
Der von der Klägerin gerügte Verzicht auf eine Freispülung des Stauraums vor dem Wittenweierer Faschinat lässt - unabhängig von der fehlenden Rügefähigkeit des dadurch betroffenen Belangs einer deshalb verringerten Sicherheit des Polderbetriebs - keinen Fehler bei der entsprechenden Abwägung der Planfeststellungsbehörde erkennen. Insbesondere hat die Planfeststellungsbehörde dieser Entscheidung keine rechtlich fehlerhafte Überbewertung des Denkmalschutzwertes dieses Faschinats zugrunde gelegt. Vielmehr hat die Behörde den in seiner Wertigkeit unsicheren Denkmalschutz dieses Faschinats auf ein Mindestmaß reduziert und mit dem möglichen Sicherheitszuwachs bei einer solchen Freispülung in ein Verhältnis gestellt. Hierbei ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landratsamt die mögliche Verbesserung der Sicherheit für den Hochwasserschutz als so geringfügig angesehen hat, dass ein Eingriff in das Faschinat selbst dann nicht gerechtfertigt gewesen wäre, wenn dieses tatsächlich nur auf dem niedrigsten Niveau als Denkmal geschützt wäre.
726 
(8) Verschluss von Durchlassbauwerken durch Treibholz
727 
Hinsichtlich der - ebenfalls für die Klägerin nicht rügefähigen - Abwägung der Gefahr des Verschlusses an den Durchlassbauwerken durch abtreibendes Holz aus dem Bannwaldgebiet setzt die Klägerin ihre Gefahreneinschätzung an die Stelle der Analyse der Planfeststellungsbehörde, ohne dass sie deutlich machen würde, warum dieser Gefahr nicht hinreichend wirksam mit der Überwachung der Dammbauwerke sowie dem Einbau entsprechender Reservedurchlassbauwerke begegnet werden kann, die bei Verschluss eines Durchlassbauwerkes durch Treibholz zur Verfügung stehen.
728 
(9) Ablagerung von Schadstoffen in den Flutungsbereichen
729 
Gleiches gilt für die Rüge der Klägerin, die Gefahr der Ablagerung von Schadstoffen in den Flutungsbereichen sei fehlerhaft abgewogen worden. Denn diese Gefahren sind ausführlich untersucht und in der Abwägung in ihrer Relevanz berücksichtigt worden, die ein Überschreiten des Einschätzungsspielraums der Planfeststellungsbehörde zur Gefahrenbewertung nicht erkennen lässt.
730 
(10) Wildverlust durch unzureichende Wildrückzugsgebiete
731 
Die Rüge der unzureichenden Wildrückzugsgebiete und der damit fehlerhaft prognostizierten Wildverluste in Folge einer Hochwasserrückhaltung oder einer Ökologischen Flutung greift ebenfalls nicht durch. Entgegen der Auffassung der Klägerin geht die Planfeststellungsbehörde von einer Vielzahl von Wildrückzugsbereichen aus und bewertet sie im Rahmen auch ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative als ausreichend. Hiergegen ist aus der Sicht der Kammer rechtlich nichts zu erinnern.
732 
f) Abwägung der Naturschutzbelange
733 
Schließlich greifen auch die Rügen der Klägerin zur Abwägung der Belange des Naturschutzes nicht durch.
734 
Zwar kann die Klägerin nach der hier zugrunde gelegten Rechtsauffassung (vgl. oben 4) c) aa) (3)) eine fehlerhafte Abwägung dieser Belange auf der Grundlage der Regelung des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG ausnahmsweise als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit auch im gerichtlichen Verfahren rügen. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter des Naturschutzes umfassend und ohne Überschreitung des ihr insoweit zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums ermittelt, in die Abwägung eingestellt, gewichtet und gegenüber den öffentlichen Interessen an dem Bau und Betrieb des Rückhalteraums in der festgestellten Form abgewogen.
735 
Soweit die Klägerin gegen diese Abwägung vorbringt, sie beruhe auf methodisch mangelhaften und veralteten Bestandserhebungen, einem unangemessen relativierenden Bewertungssystem der betroffenen Lebensräume, fehlerhaften Wirkungsprognosen und Konfliktanalysen sowie auf einer unzureichenden Bestimmung von Ausgleichsmaßnahmen im Landschaftspflegerischen Begleitplan, kann auf die Ausführungen zur Bilanzierung der Eingriffswirkung des Vorhabens und der Kompensationswirkung der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen verwiesen werden, die ohne Überschreitung hierbei gegebenen naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde vorgenommen worden ist (vgl. oben A. 4) c) dd) (3.3).
B)
736 
Der (erste) Hilfsantrag der Klägerin, über den nach der Abweisung der Klage im Hauptantrag zu entscheiden ist, ist begründet.
737 
Der Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20.12.2007 für den Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung ist rechtswidrig, wobei die gegebenen Rechtsfehler von der Klägerin gerügt werden können oder diese in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 VwGO).
738 
Der Beklagte hat - was die Klägerin gem. Art. 10a der UVP-Richtlinie geltend machen kann - die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Bestände der Bauchigen und der Schmalen Windelschnecke ohne hinreichende Untersuchungen verneint. Zudem hat sie bei ihrer Entscheidung ein methodisch fehlerhaftes Grundwassermodell zugrunde gelegt und deshalb die möglichen Gefahren der Flutungen für das Trinkwasserschutzgebiet Ottenheim und die Gebäude und Einrichtungen der Klägerin in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim nicht hinreichend sicher abgeschätzt. Auch auf diesen Fehler kann sich die Klägerin als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung berufen.
739 
Beide Mängel rechtfertigen allerdings nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern nur die Feststellung, dass der Plan rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf (§ 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG). Die Fehler begründen noch keine zwingenden Planungshindernisse; sie beziehen sich auch nicht auf das Grundkonzept der Planung; vielmehr ist es möglich und auch wahrscheinlich, dass sie in einem ergänzenden Verfahren durch eine ordnungsgemäße FFH-Prüfung und eine ordnungsgemäße Risikoabschätzung zu den Auswirkungen der Flutungen auf das Grundwasser in dem Wasserschutzgebiet und den Teilorten Ottenheim und Allmannsweier sowie ggfs. notwendige Sicherungsmaßnahmen behoben werden können.
C)
740 
Ist nach dem Vorstehenden dem ersten Hilfsantrag der Klägerin stattzugeben, bedarf es keiner Entscheidung über die weiter hilfsweise gestellten Anträge. Aus diesem Grund kann offen gelassen werden, ob die Anträge mit den beiden ersten Unteranträgen in der gestellten Form zulässig sind.
III.
741 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kammer sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
742 
Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Sie war nicht zu beschränken. Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Klägerin als Gemeinde grundsätzlich die Verletzung umweltrechtlicher Normen wie der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung rügen kann. Ebenso stellt es eine im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Anwendung klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage dar, wie die Ökologischen Flutungen in das naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsschema der §§ 18 f BNatSchG (2002) und §§ 20 f NatSchG BW einzuordnen sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (2002) mit Wirkung zum 01.03.2010 durch die des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2542) ersetzt worden sind. Denn die Frage der Einordnung der Ökologischen Flutungen als Vermeidungsmaßnahme oder als eigenständiger, grundsätzlich kompensationspflichtiger Eingriff in Natur und Landschaft stellt sich auch nach den §§ 13 f BNatSchG (2009), die hier im Falle einer der Behörde günstigeren Regelung auch im laufenden Verfahren Anwendung finden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 256; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274, Rn. 87; OVG Nds., Beschl. v. 05.01.2010 - 7 KS 212/06 -, NuR 2010, 194).
743 
Beschluss
744 
Der Streitwert wird nach §§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3, 52 Abs. 1 GKG und in Anlehnung an Nr. 34.3 i.V.m. Nr. 2.3 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525, 1529) auf 100.000,- EUR festgesetzt.
745 
Die Erhöhung des für die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss empfohlenen Streitwerts von 60.000,- Euro auf den festgesetzten Betrag ergibt sich aus der zusätzlichen Betroffenheit der Gemeinde mit Blick auf die Enteignungen ihrer Grundstücke (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, juris Rn. 549). Die Kammer sieht keine Notwendigkeit, den Streitwert für Klagen von Kommunen gegen einen Planfeststellungsbeschluss deshalb zu senken, weil sich die Gemeinde - wie hier - auch auf die Regelung des Art. 10a der Richtlinie 337/85/EWG (UVP-RL) beruft, die in ihrem 6. Absatz bestimmt, dass die im Anwendungsbereich der Richtlinie geführten Verfahren „nicht übermäßig teuer durchgeführt“ werden dürfen (anders für Umweltschutzverbände OVG NRW, Beschl. v. 05.11.2009 - 8 B 1342/09.AK -, NVwZ-RR 2010, 291, 292: 15.000,- Euro statt - wie regelmäßig üblich - 30.000,- Euro). Dies rechtfertigt sich daraus, dass die Klägerin nicht nur Belange des Umweltschutzes, sondern vor allem eigene Rechte geltend gemacht hat.
746 
Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 25 Abs.3 GKG verwiesen.

Gründe

 
89 
Die Klage ist zulässig, aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Sie hat jedoch mit ihrem ersten Hilfsantrag Erfolg, da der Planfeststellungsbeschluss an Fehlern leidet, die zwar nicht von solcher Art und Schwere sind, dass sie die Planung als Ganzes von vornherein infrage stellen, die jedoch eine Fehlerbehebung im Rahmen eines durchzuführenden ergänzenden Verfahrens notwendig machen. Aufgrund des Erfolgs dieses Hilfsantrags war über die weiter hilfsweise gestellten Anträge auf Verpflichtung zur Planergänzung nicht zu entscheiden.
90 
Gliederung
91 
I. Zulässigkeit
92 
1) Zuständigkeit
2) Vorverfahren
3) Klagefrist
4) Klagebefugnis
5) Rechtsschutzbedürfnis
93 
II. Begründetheit
94 
A. Hauptantrag auf Aufhebung
95 
1) Rechtsgrundlage des § 31 Abs. 2 WHG
96 
a) Tatbestand
b) Integriertes Rheinprogramm
c) Ausgleichsregelung für Eigentumsbeschränkungen
97 
2) Verfahren
98 
a) Zuständigkeit
b) Befangenheit
c) Auslegung der Antragsunterlagen
d) Absehen von Raumordnungsverfahren
99 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
bb) Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets als Ziel der Regionalplanung
cc) Partielle Festsetzung eines Regionalen Grünzugs
100 
3) Planrechtfertigung
101 
4) Zwingende Vorgaben des materiellen Rechts
102 
a) Ziele der Raumordnung
b) Deutsch-französische Regierungsvereinbarung vom 6.12.1982
103 
aa) Transformation in nationales Recht
bb) Vereinbarkeit des Polders mit der Vereinbarung
cc) Rügebefugnis der Klägerin
104 
c) Umweltrechtliche Vorgaben
105 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
106 
(1) Enteignungsrechtliche Vorwirkung
(2) Umweltrechtsbehelfsgesetz
(3) Art. 10a RL 85/337/EWG
(3.1) Grundlage und Wortlaut
(3.2) Beschränkbarkeit des Zugangs zum gerichtlichen Verfahren
(3.3) Recht auf objektive Rechtskontrolle in der Begründetheitsprüfung
(3.4) Beschränkung der Kontrolle auf das Umweltrecht
(3.5) Unmittelbare Wirksamkeit der Norm
(3.6) Ablauf der Umsetzungsfrist
(3.7) Klägerin als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit
(3.8) Absehen von Vorabentscheidungsersuchen
107 
bb) Habitatsschutz
108 
(1) Gemeldete und ausgewiesene Schutzgebiete
(2) Rechtliche Voraussetzungen der Verträglichkeitsprüfung
(3) Bestandserfassung und -bewertung
(3.1) Maßstab
(3.2) Absehen von aktuellen Bestandserhebungen
(3.3) Erfassung der geschützten Lebensräume und Arten
(3.4) Erfassung der charakteristischen Arten
(4) Ermittlung der Erheblichkeit eines Eingriffs
(4.1) Maßstab
(4.2) Schmale und Bauchige Windelschnecke
(4.3) Einwendungen im Übrigen
(4.3.1) Methodische Einwendungen
(4.3.2) Konkrete Bewertung der Lebensraumtypen
(4.3.2.1) Lebensraumtyp 91E0 Auwälder
(4.3.2.2) Lebensraumtyp 6510 Magere Flachlandmähwiesen
(4.3.2.3) Lebensraumtyp 6210 Kalk-Magerrasen
(4.3.3) Konkrete Bewertung der Arten
(4.3.3.1) Kleine Flussmuschel
(4.3.3.2) Wespenbussard
(4.3.3.3) Fledermäuse
(4.3.3.4) Rapfen
(4.3.3.5) Mittelspecht
(4.3.3.6) Neuntöter
(4.3.3.7) Eisvogel
(4.3.3.8) Großer Feuerfalter
(4.3.3.9) Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling
(5) Abweichungsentscheidung
(5.1) Entscheidung der Behörde
(5.2) Maßstab
(5.3.1) Kalk-Magerrasen
(5.3.2) Bauchige und Schmale Windelschnecke
(6) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
(7) Präklusion des Rügerechts
(7.1) Anwendbarkeit der Präklusionsregelung
(7.2) Ausreichende Geltendmachung des Belangs im Einwendungsverfahren
(8) Rechtsfolge der fehlerhaften Verträglichkeitsprüfung
109 
cc) Artenschutz
110 
(1) Maßstab
(2) Fehlen der Bestandserhebung und der Prüfung der Zugriffstatbestände
(3) Legalausnahme hinsichtlich der Fortpflanzungs- und Ruhestätten
(3.1) Ermittlung der maßgeblichen Grundlagen
(3.2) Aufrechterhaltung der ökologischen Funktion der Lebensstätte
(3.2.1) Allgemeiner Ansatz
(3.2.2) Einwendungen im Einzelnen
(4) Behördliche Ausnahme von Zugriffsverboten
(4.1) Vorsorgliche Erteilung
(4.2) Zwingende Gründe eines überwiegenden öffentlichen Interesses
(4.3) Alternativen
(4.4) Bewahrung des günstigen Erhaltungszustands
(4.4.1) Naturschutzfachliche Beurteilung
(4.4.2) Einwendungen
(4.5) Ermessensentscheidung
(5) Großer Eichenbock - Untersuchungsdefizit
(6) Arten mit nur nationalem Schutz
111 
dd) Naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsregelung
112 
(1) Vermeidungsgebot
(1.1) Ökologische Flutungen als Vermeidungsmaßnahme
(1.2) Ökologische Flutung als vermeidbare Beeinträchtigung
(1.2.1) Ökologische Flutung als naturschutzrechtlicher Eingriff
(1.2.2) Vermeidbarkeit der Beeinträchtigung
(2) Kompensation der Beeinträchtigung
(2.1) Rechtliche Eignung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme
(2.2) Vorrang von Ausgleichsmaßnahmen
(2.3) Eignung der Ökologischen Flutung als Ersatzmaßnahme
(2.3.1) Zielsetzung der Ökologischen Flutung
(2.3.2) Tatsächliche Eignung der Ökologischen Flutungen
(2.3.3) Fließgeschwindigkeiten
(2.3.4) Erosions- und Sedimentationsprozesse
(2.3.5) Notwendigkeit der Niedrigwasserstände
(2.3.6) Überschreitung der Flutungshöhe von 2,5 m
(3) Bilanzierung des Eingriffs- und Ausgleichs im Übrigen
(3.1) Methodik der Eingriffs- und Ausgleichsbilanz
(3.2) Bestandserhebungen
(3.3) Einzelrügen
113 
d) Wasserrecht
114 
aa) Entgegenstehendes Allgemeinwohl als Planleitsatz
bb) Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung
115 
5. Abwägungsentscheidung
116 
a) Rechtlicher Maßstab
b) Alternativenprüfung
117 
aa) Maßstab
bb) Hartheimer Lösung
cc) Freifließende Elz
118 
c) Örtliche Wasserversorgung
119 
aa) Trinkwasserschutz als Belang der Klägerin
bb) Maßstab der Beurteilung der Gefahren für das Grundwasser
cc) Lage der Wasserschutzgebiete und Beurteilung der Betroffenheit
dd) Methodische Mängel der Beurteilung
120 
(1) Grundwassermodell als Prognosegrundlage
(2) Fehlende Validierung der instationären Eichung
(3) Erheblichkeit des Fehlers für die Prognose
(4) Verlagerung der Prognoseunsicherheit in die Ausführungsplanung?
121 
ee) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
122 
d) Schutz kommunaler Gebäude und Einrichtungen
123 
aa) Abwägungsbelang und Betroffenheit
bb) Abwägung für Gefahren der Gebäude in Allmannsweier und Ottenheim
cc) Folgen des Abwägungsmangels
124 
(1) Erheblichkeit
(2) Fehlende Präklusion
(3) Fehlerfolge
125 
dd) Abwägung der Gefahren für Gebäude in Wittenweier und Nonnenweier
126 
(1) Fehlerhafte Berechnung der Grundwasseranstiege
(2) Betrieb der Schutzbrunnen
(3) Sicherung der Schutzbrunnen vor Stromausfall
127 
e) Abwägung der kommunalen Belange im Übrigen
128 
aa) Eigenwasserversorgung
129 
(1) Zugriff auf Grundwasser mit Trinkwasserqualität
(2) Schutz der Versorgung mit Trinkwasser
(3) Betriebskosten bei Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung
(4) Belastung der öffentlichen Wasserversorgung
130 
bb) Inanspruchnahme von Grundeigentum
cc) Minderung der Grundstücksverkehrswerte
dd) Pachtverträge
ee) Kommunale Planungshoheit
131 
(1) Städtebauliche Gestaltungsmöglichkeiten
(2) Sonstige Entwicklungsmöglichkeiten
132 
ff) Sonstige Belange der Klägerin
133 
(1) Ortsbild und Lärmbelastung der Bürger
(2) Dammbruch
(3) Belastung durch Mücken, Krankheiten oder weitere Schädlinge
(4) Kleinklima
(5) Globaler Klimawandel
(6) Naherholungsfunktion des Elzpfads und der Rheinauen
(7) Denkmalschutz für das Wittenweierer Faschinat
(8) Verschluss von Durchlassbauwerken durch Treibholz
(9) Ablagerung von Schadstoffen in den Flutungsbereichen
(10) Wildverlust durch unzureichende Wildrückzugsgebiete
134 
f) Abwägung der Naturschutzbelange
135 
B. Hilfsantrag auf Rechtswidrigkeitsfeststellung
136 
C. Zweiter Hilfsantrag
137 
III. Nebenentscheidungen
138 
Kosten
139 
Zulassung der Berufung
I.
140 
Die Klage ist zulässig.
141 
1) Zuständigkeit
142 
Das Verwaltungsgericht ist nach § 45 VwGO für die Entscheidung über die Klage zuständig. Die Zuweisung von wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren an den Verwaltungsgerichtshof in § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 VwGO beschränkt sich auf Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder Ausbau von Bundeswasserstraßen betreffen. Damit wird nur auf solche Planfeststellungsverfahren Bezug genommen, die auf der Grundlage von § 14 Abs. 1 WaStrG ergehen und überwiegend der Verkehrsfunktion der Bundeswasserstraße dienen (Hamb.OVG Beschl. v. 21.09.2000 - 5 E 24/00.P -, NordÖR 2001, 26; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 19.06.1998 - 8 S 602/98 - VGHBW-Ls 1998, Beilage 9, B 1). Maßnahmen, die der Erfüllung allgemeiner wasserwirtschaftlicher Aufgaben wie der Verbesserung des Hochwasserschutzes dienen, und deshalb - wie der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss - auf der Grundlage des § 31 WHG und des § 63 WG BW ergehen, werden hingegen von der Verweisungsnorm nicht erfasst. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 14e Abs. 1 WaStrG i.V.m. der Anlage 2 zum WaStrG), liegt ebenfalls nicht vor, nachdem die Planfeststellung nicht dem WaStrG unterfällt, und zudem der Rhein in der erwähnten Anlage nicht genannt ist.
143 
2) Vorverfahren
144 
Die Erhebung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss bedurfte nach § 64 Abs. 1 Satz 1 WG BW, §§ 74 Abs.1 Satz 2, 70 LVwVfG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO keiner vorherigen Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.
145 
3) Klagefrist
146 
Die Klage wurde innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die erforderliche Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 64 Abs. 1 Satz 1 WG BW, §§ 74 Abs. 4 Satz 1 und 2, Abs. 5 Satz 3 LVwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Der damit für die Klagefrist maßgebliche Zeitpunkt lag deshalb auf dem ersten Tag nach der zweiwöchigen Auslegung der Ausfertigung des Plans in den betroffenen Gemeinden und der vorherigen öffentlichen Bekanntmachung des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, der Rechtsbehelfsbelehrung und des Hinweises auf die Auslegung im amtlichen Veröffentlichungsblatt und den örtlichen Tageszeitungen. Da die Auslegung am 14.1.2008 begonnen worden war, war dies der 29.1.2008, sodass die Klagefrist nach § 57 Abs. 2 VwGO, § 222 ZPO, § 188 Abs. 2 BGB am 29.2.2008 endete.
147 
Diese Frist wurde von der Klägerin eingehalten, deren Klage am 1.2.2008 eingegangen ist.
148 
4) Klagebefugnis
149 
Entgegen der - allerdings immer wieder relativierten - Ansicht des Beklagten, kann die Klägerin im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, in ihren Rechten verletzt zu sein. Nach dem vorgetragenen Sachverhalt besteht ohne weiteres die Möglichkeit, dass die Klägerin durch den Planfeststellungsbeschluss in ihren subjektiven öffentlichen Rechten verletzt ist (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.1986 - 7 C 29/85 - BVerwGE 75, 285, 290; BVerwG, Urt. v. 10.12.2008 - 9 A 19/08 -, juris).
150 
Eine solche mögliche Rechtsverletzung folgt bereits aus der Betroffenheit der Klägerin als Eigentümerin von Grundstücken, die durch das Vorhaben beeinträchtigt bzw. in Anspruch genommen werden. Zwar kann sich die Klägerin mangels Grundrechtsträgerschaft insoweit anders als private Eigentümer nicht auf den Eigentumsschutz nach Art. 14 GG berufen (BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82, 100 ff; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, 1057 f.). Dennoch ist das Eigentum der Gemeinde in die planerische Abwägung einzustellen, sodass der Klägerin ein subjektiv öffentliches Recht auf hinreichende Berücksichtigung ihrer Eigentümerstellung eingeräumt ist (BVerwG, Urt. v. 26.02.1999 - 4 A 47/96 -, NVwZ 2000, 560), dessen Verletzung hier jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Darüber hinaus kann die Klägerin eine Betroffenheit in subjektiv-öffentlichen Rechten auch insofern geltend machen, als sie sich darauf beruft, dass der planfestgestellte Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung aufgrund der Vernässung von Flächen faktisch wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren Planung entziehe (zu diesem Belang vgl. BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26/94 -, BVerwGE 100, 388; BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 -, NuR 2008, 502). Vor allem aber kann die Klägerin geltend machen, durch das planfestgestellte Vorhaben in ihrer öffentlichen Trinkwasserversorgung als einer kommunalen Einrichtung der Daseinsvorsorge betroffen zu sein (zur Berücksichtigung dieses Belangs vgl. BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 C 3/98 -, DVBl. 2000, 791, 792). Immerhin besteht nach dem Vortrag der Klägerin die Möglichkeit, dass die Beurteilung der Auswirkungen, die der Betrieb des Rückhaltebeckens auf das Wasserschutzgebiet der Klägerin im Bereich der Ortschaft Ottenheim mit sich bringen kann, fehlerhaft ist, sodass die Abwägung in Bezug auf den Schutz der entsprechenden kommunalen Einrichtung an einer möglichen Fehlgewichtung leidet, die sich - da sie deren tatsächliche Grundlagen betrifft - nicht mehr ohne weiteres im Rahmen des planerischen Gestaltungsspielraums des Beklagten hält.
151 
5) Rechtsschutzbedürfnis
152 
Schließlich besteht für die Klage auch das notwendige Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass das Landratsamt Ortenaukreis den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss vom 20.12.2007 unter dem 26.05.2010 abgeändert hat, ohne dass die Klägerin diese - sie betreffende - Änderung bislang unter Beachtung des § 91 Abs. 1 VwGO in das hier anhängige Klageverfahren einbezogen hätte. Denn unabhängig von der Frage, ob eine solche Einbeziehung des Änderungsbeschlusses in das anhängige Verfahren noch möglich wäre (zur Klagefrist vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 31/07 -, NVwZ 2010, 63) ist mit der Planänderung eine Erledigung der bisherigen Planfeststellung nur insoweit eingetreten, als dort die Inanspruchnahme verschiedener Grundstücke der Klägerin zur Sanierung der Hochwasserdämme VI und VII von einer bislang nur vorübergehenden in eine dauerhafte abgeändert worden ist (zur erledigenden Ersetzung einer Planfeststellung bei Erlass eines Änderungsbeschlusses vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.12.1991 - 4 C 25/90 -, Buchholz 316 § 76 VwVfG Nr. 4). Dies lässt die Belastung der Klägerin durch den ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss nicht entfallen, sodass sie weiterhin ein Interesse an der gerichtlichen Aufhebung oder - hilfsweise - der Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit dieser Entscheidung geltend machen kann.
II.
A.
153 
Die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20.12.2007, gegen den die Klägerin rechtzeitig und umfassend Einwendungen erhoben hat, ist nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss beruht auf einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage, leidet an keinem durchgreifenden Verfahrensfehler und rechtfertigt sich aus den Zielsetzungen des Wasserhaushaltsgesetzes. Zudem ist weder ein Verstoß gegen zwingendes Recht noch ein Fehler in der Abwägung gegeben, der die Klägerin in ihren Rechten verletzt oder von dieser aufgrund spezieller Regelungen unabhängig von einer eigenen Rechtsverletzung gerügt werden kann und der so erheblich ist, dass er die vollständige oder teilweise Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nach sich zöge und nicht mehr vorrangig durch eine Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden könnte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO; § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; zur Anwendung des § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG auch auf Verstöße gegen zwingendes Recht vgl. BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18/99 -, BVerwGE 112, 144 Rn. 64 und Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NuR 2010, 117 jeweils zu § 17 Abs. 6 c FStrG; Wickel in: Fehling/Kastner, Hk-VerwR, 2. Aufl. 2010, § 75 Rn. 52).
154 
1) Rechtsgrundlage
155 
Der Planfeststellungsbeschluss findet seine Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Wasserhaushaltsgesetzes - WHG - (i.dF. d. Bek. v. 19.08.2002, BGBl. I S. 3245; zul. geänd. d. Art. 2 d. G. v. 10.05.2007, BGBl. I S. 666) i.V.m. § 64 des Wassergesetzes für Baden-Württemberg - WG - (i.d.F. d. Bek. v. 20.01.2005, GBl. S. 219, 404) und den §§ 72 ff. des Verwaltungsverfahrensgesetzes für Baden-Württemberg - LVwVfG - (i.d.F. v. 12.04.2005, GBl. S. 350). Maßgeblich ist die Rechtslage, wie sie im Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde über die Planfeststellung bestand (BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62/08 -, NUR 2009, 414; Urt. v. 13.12.2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83, 109 m.w.N.).
156 
Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG bedürfen die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer (Gewässerausbau) sowie Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, der Planfeststellung durch die zuständige Behörde. Diese Planfeststellung richtet sich, da sie ein Vorhaben betrifft, das dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll, gemäß § 64 WG BW nach den allgemeinen Regelungen zur Planfeststellung in den §§ 72 ff LVwVfG.
157 
a) Tatbestand
158 
Der Bau eines Hochwasserrückhaltebeckens fällt ohne weiteres unter den Begriff des Dammbaus, der den Hochwasserabfluss beeinflusst (vgl. HessVGH, Urt. v. 16.05.1990 -7 UE 2263/86 -, ZfW 1991, 128; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 31 Rn. 34). Dabei begründet das Erfordernis einer Planfeststellung für eine solche Maßnahme nicht nur eine bloße Verfahrensanforderung, sondern enthält gleichzeitig auch die Ermächtigung für die mit einer solchen Planfeststellung nach § 75 Abs. 1 LVwVfG verbundene Regelung der öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisse und der nachbarlichen Duldungs- und Abwehransprüche.
159 
b) Integriertes Rheinprogramm
160 
Anders als nach Auffassung der Klägerin steht der Anwendung des § 31 Abs. 2 Satz 1 und 2 WHG i.V.m. § 64 WG BW, §§ 72 ff. LVwVfG als Ermächtigungsgrundlage für die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung dessen Einbindung in das Integrierte Rheinprogramm zum Hochwasserschutz nicht entgegen.
161 
Zwar entsprechen der Bau und Betrieb des planfestgestellten Rückhaltebeckens im Bereich der Elzmündung den Planungen, wie sie in dem Rahmenprogramm I zum Integrierten Rheinprogramm niedergelegt sind. Auch sieht das Integrierte Rheinprogramm für den Bereich von Weil am Rhein bis zur Rheinschanzinsel bei Phillipsburg den Betrieb von insgesamt 13 Rückhaltebecken mit einem Gesamtrückhaltevolumen von 167,3 Mio. m³ vor (vgl. Ministerium für Umwelt Baden-Württemberg (Hrsg.): Rahmenkonzept des Landes Baden-Württemberg zur Umsetzung des Integrierten Rheinprogramms. Integriertes Rheinprogramm, Band 7, 1996). Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Verwirklichung eines einzelnen Teilrückhalteraums wie etwa des Rückhalteraums im Bereich der Elzmündung nur dann erfolgen könnte, wenn die übergeordnete Planung des Hochwasserschutzes für die Rheingebiete unterhalb von Iffezheim im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms ihrerseits durch ein formelles Gesetz beschlossen worden wäre. Denn die Entscheidung über diese übergeordnete Fachplanung betrifft keine für das Gemeinwesen so wesentliche Angelegenheit, dass sie - nach dem Grundsatz des Parlamentsvorbehalts - aus verfassungsrechtlichen Gründen nur durch den Gesetzgeber und nicht mehr durch die Fachplanungsbehörde hätte getroffen werden können.
162 
Wann eine Entscheidung aufgrund ihrer wesentlichen Bedeutung für das Gemeinwesen einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur im Blick auf den jeweiligen Sachbereich und die Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen (vgl. BVerfG, Urt. v. 14.07.1998 - 1 BvR 1640/97 -, BVerfGE 98, 218, 251). Neben der Wesentlichkeit einer Regelung für die Verwirklichung der Grundrechte (hierzu BVerfG, Beschl. v. 21.12.1977 - 1 BvL 1/75, 1 BvR 147/75 -, BVerfGE 47, 46, 79 m.w.N.; BVerfG, Beschl. v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130, 140), kommen dabei die in Art. 20 Abs. 2 GG als Grundsatz normierte organisatorische und funktionelle Unterscheidung und Trennung der Gewalten (BVerfG, Urt. v. 18.12.1984 - 2 BvE 13/83 -, BVerfGE 68, 1, 86 f.) sowie Kriterien wie die Betroffenheit des Adressatenkreises, die Langfristigkeit insbesondere der finanziellen oder sonstigen Auswirkungen für das Staatsgefüge und das Maß der Konkretisierung offenen Verfassungsrechts zum Tragen (vgl. hierzu Reimer, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. I, § 9, S. 570 f; Erbguth, VerwArch 86 (1995), 327, 340 ff).
163 
Nach diesem Maßstab kommt der Beschlussfassung über das Integrierte Rheinprogramm nicht die Bedeutung zu, die notwendig wäre, um diese aus verfassungsrechtlichen Gründen allein in die Entscheidungskompetenz des Parlaments zu legen.
164 
Das Integrierte Rahmenprogramm bringt als übergeordnete Fachplanung zum Hochwasserschutz am Oberrhein rechtlich keine Belastung des Einzelnen mit sich, die nicht von der Ermächtigung des § 31 WHG zur Planfeststellung der in diesem Programm enthaltenen einzelnen Teilrückhalteräume gedeckt wäre. Weder bildet das Bestehen des Integrierten Rheinprogramms als solches eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Planfeststellung des Polders an der Elzmündung noch bindet es diese Planfeststellung über seine fachplanerischen Vorgaben. Denn das Integrierte Rheinprogramm ist in seinen Festlegungen nicht auf unmittelbare Rechtswirkungen nach außen gerichtet, sondern erlangt aufgrund seines Charakters als einer vorbereitenden Grundentscheidung mit allein verwaltungsinterner Bedeutung rechtliche Verbindlichkeit erst dadurch, dass es in den Festsetzungen des Planfeststellungsbeschlusses seinen Niederschlag findet. Im Ergebnis kommt dem Integrierten Rheinprogramm neben der Fixierung eines beabsichtigten zukünftigen Vorgehens bei der Verwirklichung des Hochwasserschutzes am Oberrhein allenfalls noch der Charakter einer fachlich fundierten Beurteilung der im Rahmen einzelner Projekte notwendigen Rahmenbedingungen zu. Da beiden Vorgaben rechtlich keine Bindungswirkung beigemessen werden kann, stellte sich weder das völlige Fehlen eines solchen Konzepts noch ein konkretes Abweichen von diesem als Grund für die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses dar. Umgekehrt ließe sich die Planung Dritten gegenüber nicht allein damit rechtfertigen, dass sie den ministeriellen Vorgaben entspricht. Vielmehr kann und muss die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde zur Verwirklichung eines Hochwasserrückhalteraums stets aus sich heraus den rechtlichen Anforderungen auch an die Konsistenz eines insgesamt gegebenen Hochwasserschutzes genügen, was vor allem unter dem Gesichtspunkt der Planrechtfertigung und der Abwägung der Alternativen zum Tragen kommt (zur Erforderlich- und Verhältnismäßigkeit einer isoliert nur zu einer geringfügigen Reduzierung eines Hochwasserscheitels führenden Hochwasserschutzmaßnahme vgl. OVG Rh-Pf., Urt. v. 29.07.1999 - 1 C 12916/98 -, NuR 2000, 46, 47).
165 
Weiter lässt sich auch weder aus der allgemeinen Struktur des Fachplanungsrechts noch sonst aus der Kompetenzverteilung zwischen Legislative und Exekutive ein allgemeiner Grundsatz ableiten, dass eine übergeordnete Fachplanung nur durch den Gesetzgeber getroffen werden könnte. Insofern lassen sich die von der Klägerin in Bezug genommenen Regelungen zur gesetzlichen Feststellung des Bedarfs an einer Bundesfernstraße nach § 1 Fernstraßenausbaugesetz (i.d.F. d. Bek. v. 20.1.2005, BGBl. I S. 201) oder an einem Schienenweg nach § 1 Bundesschienenwegeausbaugesetz (i.d.F. d. Art. 6 Abs. 135 Nr. 1 Buchst. a G v. 27.12.1993, BGBl. I S. 2378) nicht verallgemeinern. Vielmehr verbleibt es auch bei übergeordneten Fachplanungen bei dem allgemeinen Grundsatz, dass Planungsentscheidungen wegen ihres finalen Charakters sowohl der Exekutive als auch der Legislative zugeordnet werden können (vgl. hierzu näher BVerfG, Beschl. v. 17.07.1996 - 2 BvF 2/93 -, BVerfGE 95, 1, 15; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, HStR, Bd. III, § 62, Rn. 65). Entsprechend hat der Gesetzgeber in § 31d Abs. 1 Satz 1 WHG (a.F.; ebenso nunmehr aber § 75 WHG i.d.F. v. 31.07.2009, BGBl. I S 2585) die fachplanerische Entscheidung zum Hochwasserschutz an einer Flussgebietseinheit auf die Verwaltung übertragen, die sich hierzu - vorbehaltlich der im Einzelfall durch gemeinschaftsrechtliche Vorgaben begründeten Notwendigkeit einer Regelung mit Außenrechtscharakter - eines rein verwaltungsintern wirkenden Hochwasserschutzplans (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 31d Rn. 7) bzw.- nach neuem Recht - eines Risikomanagementplans (hierzu Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2010, § 75 Rn. 5 i.V.m. § 82 Rn. 10 ff) bedienen kann.
166 
Die Notwendigkeit einer gesetzgeberischen Entscheidung über das Integrierte Rheinprogramm ergibt sich auch nicht aus den sonstigen, über die einzelne Planfeststellung hinausgehenden faktischen Auswirkungen, die mit der Verwirklichung dieses Programmes verbunden sein können. Solche Auswirkungen, die nur in der Gesamtheit der Vorhaben und nicht im Einzelfall eines solchen eine Rolle spielen und deshalb auch nicht Teil der Abwägung des einzelnen Planvorhabens sein können, sind für die Kammer nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen. Der in einem parallelen Verfahren von den dortigen Klägern erhobene Hinweis auf eine bei einer Verwirklichung des Integrierten Rheinprogramms gegenüber der Verwirklichung der Einzelpolder signifikant erhöhte Gefahr der Ansiedlung und Verbreitung gefährlicher Schädlinge und Krankheitserreger stellt eine bloße Behauptung dar, die in keiner Weise substantiiert ist.
167 
Schließlich kann die Notwendigkeit einer gesetzgeberischen Planungsentscheidung zum Integrierten Rheinprogramm auch nicht aus den von der Klägerin zitierten Urteilen des Verfassungsgerichts des Landes Brandenburg vom 01.06.1995 - 6/95 -, DVBl. 1996, 37 zur Verfassungswidrigkeit der Verordnung über die Verbindlichkeit des Braunkohleplans „Tagebau Jänschwalde“ sowie des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom 29.04.1997 - 9/95 -, DVBl. 1997, 824 zur Genehmigung des Braunkohleplans „Garzweiler II“ abgeleitet werden. Zwar hat es das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg in seiner Entscheidung als „im Lichte der Wesentlichkeitstheorie mindestens fraglich“ angesehen, ob die Inanspruchnahme einer Gebietsoberfläche zum Abbau von Braunkohle dann noch auf der Grundlage einer Rechtsverordnung erfolgen kann, wenn dies zum Verlust der Existenz einer Gemeinde führt und als Frage der Fortführung des Braunkohletagebaus in diesem Gebiet eine erhebliche umweltpolitische Bedeutung hat. Auch hat der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen die allein verwaltungsintern wirkende landesplanerische Ordnung des Braunkohletagebaus deshalb dem Vorbehalt des Gesetzes unterworfen, weil hiermit eine Entscheidung zur Energieversorgung mit einem einheimischen, allerdings klimapolitisch umstrittenen Energieträger sowie über tiefe Eingriffe in die Lebensverhältnisse der Menschen im Abbaugebiet getroffen würde, die zur Umsiedlung mit dem Verlust ihrer Wohnungen, Arbeitsplätze und Betriebe gezwungen würden. Mit einer solchen Situation ist jedoch weder die Einzelentscheidung über die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung noch das Integrierte Rheinprogramm als einer übergeordneten Fachplanung zum Hochwasserschutz am Oberrhein vergleichbar. Denn unabhängig von der Frage, ob die Erstreckung der „Wesentlichkeitstheorie“ auch durch die Betroffenheit von Gemeinden in ihrem Selbstverwaltungsrecht und ihrer Existenz geprägt sein kann (kritisch insoweit Degenhardt, DVBl. 1996, 773; zustimmend jedoch Erbguth, VerwArch 86 (1995), 327, 341 und 345), steht weder bei der Verwirklichung des Rückhalteraums Elzmündung noch sonst im Zusammenhang mit der Umsetzung des Integrierten Rheinprogramms die Umsiedlung oder eine anderweitig wirkende faktische Existenzvernichtung ganzer Gemeinden im Raum. Auch ist mit den entsprechenden Rechtgrundlagen des Wasserhaushaltsgesetzes und des Wassergesetzes für Baden-Württemberg eine grundsätzliche Entscheidung zur Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen gerade in der Form von Hochwasserrückhaltebecken getroffen worden.
168 
c) Ausgleichsregelung für Eigentumsbeschränkungen
169 
An einer hinreichenden Rechtsgrundlage für die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung fehlt es entgegen der Auffassung der Klägerin schließlich auch nicht deshalb, weil die für die Entscheidung in Bezug genommenen Normen insbesondere des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine verfassungsrechtlich wirksamen Regelungen zur Entschädigung der mit der Planfeststellung verbundenen Belastungen des Eigentums Dritter außerhalb der Enteignung enthielten. Denn unabhängig davon, dass sich die Klägerin als Kommune nicht auf die Verletzung grundrechtlich geschützten Eigentums berufen kann und das Fehlen einer solchen Ausgleichsregelung auch nicht bereits unter dem Aspekt der notwendigen Ermächtigungsgrundlage für eine Planfeststellung, sondern ausschließlich im Zusammenhang mit der Frage der Verhältnismäßigkeit einer in das Eigentum eingreifenden Maßnahme zu Tragen kommen dürfte, ist eine solche Regelung der Ausgleichspflicht mit der Bestimmung des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwVfG in hinreichendem Maße gegeben.
170 
Die Vorschrift des § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwVfG bestimmt, dass die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger Vorkehrungen oder die Einrichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen hat, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Diese Regelung zielt zumindest auch darauf, die Belastungen, die mit der Planfeststellung eines Vorhabens und der damit nach § 75 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG verbundenen Duldungspflicht Dritter für deren Eigentum verbunden sind, soweit zu vermeiden, dass diese entweder bereits nicht mehr als Grundrechtseingriff angesehen werden können oder jedenfalls als verhältnismäßige Belastung nicht zu einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts führen (instruktiv hierzu BVerfG, Beschl. v. 20.02.2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, 780, 783; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 17 - 19/84 -, BVerwGE 77, 295).
171 
Dabei erfüllt die Regelung die in diesem Zusammenhang erhobene Forderung des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 02.03.1999 - 1 BvL 7/91 -, BVerfGE 100, 226 ff), dass eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentums außerhalb der Enteignung zunächst real vermieden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten werden muss und ein finanzieller Ausgleich erst dann vorgesehen werden kann, wenn dies nicht möglich ist. Hinreichend geregelt ist auch die Verpflichtung der Verwaltung, bereits bei der Aktualisierung der Eigentumsbeschränkung, d.h. bei der Planfeststellung des Vorhabens, auch über den gegebenenfalls erforderlichen Ausgleich zumindest dem Grunde nach zu entscheiden (ebenso Würtenberger, VBlBW 2007, 364, 368).
172 
Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Gesetzgeber aber auch die Voraussetzungen und den Umfang des Ausgleichs sonst unverhältnismäßiger Belastungen einer wasserrechtlichen Planfeststellung in hinreichender Weise geregelt. Zwar beschränkt sich die Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG darauf, allgemein für alle Planvorhaben, die in den Anwendungsbereich der Regelung fallen, festzuschreiben, dass „nachteilige Wirkungen auf Rechte anderer“ - bei Untunlichkeit von Schutzvorkehrungen - „angemessen“ ausgeglichen werden müssen, ohne selbst näher zu bestimmen, wann eine solche nachteilige Wirkung gegeben ist. Insofern wird die Frage, wann eine relevante Beeinträchtigung der Rechte Dritter gegeben ist, die dann zuvörderst eine Vermeidungspflicht und erst im zweiten Schritt eine Ausgleichspflicht nach sich zieht, von der Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG ausgespart (BVerwG, Urt. v. 09.02.1995 - 4 C 26/93 - BVerwGE 97, 367; Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 17 - 19/84 -, BVerwGE 77, 295; Würtenberger, VBlBW 2007, 364, 370). Dies ist jedoch aus der Sicht der Kammer verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
173 
Die hier bestehende und von der Klägerin unter Hinweis auf die gegenüber den salvatorischen Klauseln zur Inhalts- und Schrankenbestimmung kritische Literatur (Würtenberger, a.a.O., S. 370 m.w.N.) beanstandete Unbestimmtheit der Regelung zum Eintritt der Ausgleichspflicht ist den besonderen Strukturen des Planfeststellungsrechts und der Vielfalt möglicher Auswirkungen gerade wasserrechtlicher Maßnahmen auf Rechte Dritter geschuldet und durch diese gerechtfertigt. Anders als bei der konditionalen Bestimmung von Belastungen des Eigentums unmittelbar durch Gesetz zeichnet sich das Planfeststellungsverfahren dadurch aus, dass der Gesetzgeber der Planfeststellungsbehörde gesetzlich eine Gestaltungsbefugnis und damit die Kompetenz eingeräumt hat, den allgemein bei der Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums erforderlichen Ausgleich zwischen der verfassungsrechtlich garantierten Eigentumsstellung und dem Gebot einer sozialgerechten Eigentumsordnung im Rahmen der planerischen Abwägung selbst vorzunehmen (hierzu BVerfG, Beschl. v. 20.02.2008 - 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, 780, 782 f m.w.N.). Somit ist es zunächst der Abwägung durch die Planfeststellungsbehörde überlassen zu bestimmen, welche Auswirkungen des Vorhabens auf Dritte allgemein hinzunehmen sind bzw. ab wann diese Belastungen die Grenze zur Erheblichkeit im Sinne des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG mit der Folge überschreiten, dass sie vom Vorhabenträger durch entsprechende Vorkehrungen zu vermeiden sind. Hierbei kann der administrative Abwägungsspielraum zum einen durch gesetzliche oder untergesetzliche Bestimmungen zur Schwelle der Zumutbarkeit von Belastungen durch Vorhaben anderer beschränkt sein, wie dies unter dem Eindruck der besonderen staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG für das Leben und die körperliche Unversehrtheit insbesondere im Bereich der Immissionen (hierzu etwa §§ 23, 43, 48 BImSchG i.V.m. der 16. und 18. BImSchV sowie der TA-Lärm) geschehen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 193 Rn. 249 ff). Ist dies nicht der Fall, müssen und können die mit einer gerechten Abwägung nicht mehr überwindbaren Zumutbarkeitsgrenzen durch die Zulassungsbehörden und im Streitfall durch die Gerichte geprüft und festgelegt werden, wobei sich die Grenzen nach Maßgabe des Einzelfalls insbesondere aus dem Charakter der Belastung und der Struktur des betroffenen Rechts des Dritten bestimmen.
174 
Soweit über den Vorwurf der mangelnden Bestimmtheit hinaus Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG insoweit vorgetragen werden, als mit dieser „salvatorischen Regelung“ zum finanziellen Ausgleich ansonsten unverhältnismäßiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums oder anderer Grundrechtseingriffe die Budgetverantwortung des Parlaments übergangen würde (Würtenberger, a.a.O., S. 370), wird übersehen, dass die Regelung zur Gewährung einer Entschädigung in § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG - anders als eine Enteignungsentschädigung - keinen Anspruch auf Ausgleich der Vermögensnachteile gewährt, die mit der Belastung des Eigentums in Folge einer Planfeststellung verbunden sind (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 257, Rn. 396; Urt. v. 27.06.2007 - 4 A 2004/05 -, BVerwGE 129, 83, 86 Rn. 12). Vielmehr hat der Anspruch Surrogatcharakter. Sein Anwendungsbereich reicht nicht weiter als die Primärregelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, der für den Anspruch Betroffener auf Schutzvorkehrungen die - wie dargestellt - im Einzelnen durch Abwägung zu ermittelnde „nachteilige Wirkung“ des Vorhabens auf die Rechte des Dritten voraussetzt. Nachteilige Folgen, die im Wege der Abwägung überwindbar sind, weil sie die Grenze der Unzumutbarkeit nicht erreichen, bedürfen deshalb nach der gesetzgeberischen Konzeption, keines finanziellen Ausgleichs, auch wenn sie zu einer Wertminderung des Eigentums führen (BVerwG, Beschl. v. 05.03.1999 - 4 A 7.98 -, NVwZ-RR 1999, 556, 557). Hinzu kommt, dass die Entschädigungspflicht den Vorhabenträger trifft und damit Teil der Kosten des planfestgestellten Vorhabens ist, die, sofern es sich um Vorhaben handelt, die aus dem öffentlichen Haushalt finanziert werden, jeweils gesondert bei der Bewilligung der notwendigen Mittel für dieses der Höhe nach konkretisiert und berücksichtigt werden, womit der Budgetverantwortung des Haushaltsgesetzgebers hinreichend Rechnung getragen ist.
175 
2. Verfahren
176 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem Verfahrensfehler, der zu dessen Aufhebung nötigt.
177 
a) Zuständigkeit
178 
Das Landratsamt Ortenaukreis war - entgegen allerdings der Auffassung der Kläger in den Parallelverfahren 2 K 206/08, 290/08, 323/08 und 369/08 - für die Planfeststellung zuständig.
179 
Die Zuständigkeit des Landratsamts als untere Wasserbehörde ergibt sich aus § 96 Abs. 1 WG BW. Diese Zuständigkeit wird nicht zugunsten der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Freiburg als höherer Wasserbehörde (§ 95 Abs. 3 Nr. 2 WG) verdrängt, die sich nach § 96 Abs. 2 Nr. 1 a) und b) WG BW daraus ergäbe, dass mit der Planfeststellung auch über das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten und Ableiten von mehr als 5 Mio. Kubikmeter Grundwasser im Jahr oder das Entnehmen und Ableiten von mehr als 40.000 Kubikmeter Wasser aus oberirdischen Gewässern je Tag und damit über eine Gewässerbenutzung entschieden worden wäre. Denn mit der Begründung der Zuständigkeit des Landratsamts für die Entscheidung über den Gewässerausbau nach § 31 WHG ist über die - gegenüber der Regelung des § 96 Abs. 2 WG BW speziellere (vgl. auch Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl. Stand: Februar 2010, § 96 Rn. 1) - Regelung des § 64 Abs. 1 Satz 1 WG BW i.V.m. § 75 Abs. 1 LVwVfG eine formelle Konzentrationswirkung des Planfeststellungsverfahrens angeordnet. Diese hat dann zur Folge, dass die Planfeststellungsbehörde auch für den Erlass der Entscheidungen zuständig wird, die - wie die Regelungen zur Gewässerbenutzung - im Hinblick auf das Vorhaben notwendig sind.
180 
b) Befangenheit
181 
Da die Zuständigkeit des Landratsamts rechtmäßig bejaht worden war, scheidet von vornherein auch der - allein auf eine bewusst fehlerhafte Begründung derselben - gestützte Vorwurf der Befangenheit des mit dem Planfeststellungsbeschluss befassten Landrats, der Ersten Landesbeamtin und des Leiters des Amts für Umweltschutz beim Landratsamt Ortenaukreis aus, den die Kläger in den genannten Parallelverfahren erhoben haben.
182 
c) Auslegung der Antragsunterlagen
183 
Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet allerdings insofern an einem Verfahrensfehler, als bei der Auslegung der Planunterlagen die mögliche Betroffenheit der Schwanauer Ortsteile Allmannsweier und Ottenheim durch den Grundwasseranstieg bei Hochwasserrückhaltung und Ökologischen Flutungen vernachlässigt worden ist, wie sie sich aus den farblichen Darstellungen der - später während des Verfahrens eingeholten - Modellberechnungen vom 07.03.2006 (Info-Ordner Landratsamt Dezember 2007, Anlage 7.2.6.6.) und vom 04.09.2006 (Info-Ordner Landratsamt Dezember 2007, Anlage A-2 Bl. 0) über den zeitlichen Verlauf der Grundwasserstände bei Hochwasserrückhaltung und bei Ökologischen Flutungen ergeben.
184 
Auszulegen ist nach § 73 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 LVwVfG der Plan, bestehend aus Zeichnungen und Erläuterungen, die das Vorhaben, seinen Anlass und die von dem Vorhaben betroffenen Grundstücke und Anlagen erkennen lassen. Der Planbetroffene soll mit der Auslegung in die Lage versetzt werden, die eigene Betroffenheit zu erkennen und zu prüfen, ob er zur Wahrung seiner Interessen Einwendungen erheben will (BVerwG, Urt. v. 10.11.2004 - 9 A 67/03 -, NVwZ 2006, 591, Urt. v. 08.06.1995 - 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339, 344 f.; Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214, 224). Ihre so umschriebene Anstoßfunktion hat die Planauslegung bezogen auf den Aspekt der Betroffenheit der Ortschaften Allmannsweier und Ottenheim ohne die von der Klägerin vermissten Unterlagen nicht erfüllt. Insofern kann auch eine unverständliche Kennzeichnung in Plänen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.8.2006 - 9 VR 5/06 - NVwZ 2006, 1170, 1171) oder aber eine die Betroffenheit fälschlich relativierende Beschreibung tatsächlicher Umstände der Anstoßfunktion entgegenstehen.
185 
So ist in dem - ausgelegten - Erläuterungsbericht zu den Planunterlagen auf Seite 56 Kap. 7.1 als Ergebnis der Grundwasserstandsuntersuchungen bei Hochwassereinsatz und Ökologischen Flutungen mit 60 m³/s ausgeführt worden:
186 
„Im Bereich der Ortslagen Ottenheim und Allmannsweier ist ebenfalls keine Beeinflussung der Grundwasserstandsentwicklung bei Hochwassereinsatz des Rückhalteraums Elzmündung erkennbar. Die in den Grundwasserganglinien erkennbare zusätzliche Wirkung von ökologischen Flutungen mit 60 m³/s auf die Grundwasserentwicklung von Allmannsweier und Ottenheim ist angesichts der Flurabstände grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung.“
187 
Hierdurch wurden die - dem Vorhabenträger bekannten - möglichen Auswirkungen der Ökologischen Flutungen und der Hochwasserrückhaltung in einer Weise relativiert, die bei einem interessierten Betroffenen den Eindruck vermittelt, dass sich die mit der Hochwasserrückhaltung und den Ökologischen Flutungen verbundene Erhöhung des Grundwasserspiegels in den Ortschaften Allmannsweier und Ottenheim aufgrund deren Entfernung und der damit verbundenen höheren Lage nicht auswirken. Er war deshalb bei einer vernünftigen Abwägung der zur Wahrung seiner Belange einzuleitenden Schritte nicht hinreichend veranlasst, - quasi entgegen der fachkundigen Prognose des Vorhabenträgers - eine dennoch möglicherweise gegebene Betroffenheit durch ansteigendes Grundwasser „ins Blaue hinein“ zu behaupten oder aber seinerseits zunächst fachkundig abklären zu lassen (zu einer solchen Pflicht vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 16.11.2006 - 4 KSt 1003/06 - NJW 2007, 453, 454; Beschl. v. 13.03.1992 - 4 B 39.92 -, NVwZ 1993, 268).
188 
Dieser Würdigung steht weder entgegen, dass die Relativierung der Betroffenheit im Erläuterungsbericht enthalten und damit als Einschätzung des Vorhabenträgers erkennbar war, noch wird sie dadurch in Frage gestellt, dass die graphische Darstellung in Anlage 7.26.1 (Blatt 32 und 35) die möglichen Grundwasseranstiege in den Ortschaften von Allmannsweier und Ottenheim in der Form einer Verlaufskurve darstellt. Denn zum einen muss ein verständiger Angehöriger der betroffenen Öffentlichkeit nicht allein deshalb an der Richtigkeit der Darstellung möglicher Auswirkungen eines Vorhabens zweifeln, weil diese - wie regelmäßig - vom Vorhabenträger selbst stammt. Maßgeblich ist vielmehr, in welcher Form diese Darstellung erfolgt. Zum anderen wird ein solcher verständiger Angehöriger der betroffenen Öffentlichkeit im Schwerpunkt immer die textlichen Erläuterungen studieren und nur dann zu weiteren Analysen Veranlassung haben, wenn diese Darstellung entweder auf solche Vertiefungen der Problematik oder darauf hinweist, dass die abgegebene Einschätzung auf einer wertenden Betrachtung ebenfalls ausgelegter Planunterlagen fußt. Schließlich wird die hier gefundene Würdigung der entsprechenden Ausführungen in den Antragsunterlagen als unklare und deshalb die Anstoßfunktion der Auslegung von Planunterlagen verfehlende Darstellung der Betroffenheit von Allmannsweier und Ottenheim auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sich im Einwendungsverfahren tatsächlich viele Personen auch aus diesen Ortsteilen beteiligt und dabei dezidiert auf eine befürchtete Belastung durch ansteigendes Grundwasser hingewiesen haben.
189 
Der hiermit gegebene Verfahrensfehler führt gleichwohl nicht zur Aufhebung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses. Denn auch wenn zugunsten der Klägerin unterstellt wird, dass die fehlerhaft unklare Darstellung der Betroffenheit ihrer Ortsteile Allmannsweier und Ottenheim durch einen zusätzlichen Grundwasseranstieg nicht nur die Interessen der dortigen Hauseigentümer, sondern auch ihre rechtlich geschützten Interessen betraf, hat die Klägerin im Einwendungsverfahren zur Betroffenheit von Allmannsweier und Ottenheim vorgetragen und damit die ihr eingeräumten Verfahrensrechte wahrgenommen. Da so letztlich aus der Sicht der Klägerin der Zweck der Verfahrensbestimmung erreicht worden ist, ist es ihr verwehrt, den Verstoß gegen das Verfahrensrecht als Verletzung ihres subjektiven Rechts zu rügen (BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001/06 -, BVerwGE 127, 95 Rn. 20, 22; Beschl. v. 26.08.1998 - 11 VR 4.98 - Buchholz 442.09 § 20 AEG Nr. 22; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.06.1994 - 10 S 2510/93 -, NVwZ 1995, 292, 293 f; Steinberg/Berg/Wickel, Fachplanungsrecht, 3. Aufl. 2000, § 6 Rn. 29 f, S. 374 f).
190 
Darüber hinaus war der Verfahrensfehler nicht entscheidungserheblich. Insofern kann der Verfahrensfehler des Beklagten unabhängig von der Frage, ob er nach § 45 LVwVfG über die Behandlung der Grundwasseranstiege in Allmannsweier und Ottenheim anlässlich des zweiten Erörterungstermins zum Grundwassermodell am 27.09.2006 geheilt worden oder auch nach § 46 LVwVfG unbeachtlich ist, nur dann zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses führen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planfeststellungsbehörde ohne den in Rede stehenden Verfahrensfehler eine andere Entscheidung getroffen hätte. Eine bloß abstrakte Möglichkeit reicht dafür nicht aus (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64/07 -, BVerwGE 134, 308, Rn. 31; Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238, 252). Dies folgt auch aus § 44a VwGO, nach dem ein Verfahrensfehler in der Regel nicht selbständig, sondern nur im Rahmen von Rechtsbehelfen gegen die Sachentscheidung selbst geltend gemacht werden kann (Wickel, in: Fehling/Kastner, Hk-VerwR, 2. Aufl. 2010, § 74 Rn. 258 m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Nach dem damaligen Stand des Planfeststellungsverfahrens, insbesondere den seinerzeit bereits vorliegenden Einwendungen und den Stellungnahmen öffentlicher Träger, ist nicht erkennbar, dass die Entscheidung des Beklagten sowohl in Bezug auf das Vorhaben als solches als auch im Hinblick auf mögliche Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Hausgrundstücke in Allmannsweier und Ottenheim oder des dortigen Wasserschutzgebiets anders ausgefallen wäre, wenn die Darstellung der Betroffenheit der Gebiete durch den Grundwasseranstieg hinreichend deutlich ausgefallen und damit möglicherweise noch weitere Einwendungen zu diesem Punkt veranlasst worden wären.
191 
d) Absehen von Raumordnungsverfahren
192 
Ein erheblicher Verfahrensfehler liegt weiter nicht darin, dass auf der Grundlage der Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 6.8.1996 von der Durchführung eines Raumordnungsverfahrens für das Rückhaltebecken abgesehen wurde.
193 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
194 
Dies folgt schon daraus, dass die Klägerin trotz ihrer Beteiligung am Plangenehmigungsverfahren und ihrer Stellung als Trägerin öffentlicher Planungshoheit keine Trägerin der Landesplanung oder der Raumordnung ist und somit auch keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch darauf hat, dass im Zuge dieses Genehmigungsverfahrens ein Raumordnungsverfahren durchgeführt wird (BVerwG, Urt. v. 09.11.2006 - 4 A 2001/06 -, BVerwGE 127, 95 Rn. 29; Beschl. v. 21.02.1973 - 4 CB 69.72 - DVBl 1973, 448, 450).
195 
Eine Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Klägerin ist hiermit nicht verbunden. Das Fehlen einer notwendigen Raumordnungsentscheidung führt nämlich allein dazu, dass eine entsprechende Bindungs- und Steuerungswirkung der raumplanerischen Entscheidung nicht eintritt; hiermit ist die Planfeststellungsbehörde nicht nur in der Lage, sondern gleichzeitig auch verpflichtet, die Grundsätze und Erfordernisse der Raumordnung im Rahmen ihrer planerischen Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.02.1973 - 4 CB 69.72 - DVBl 1973, 448, 450 sowie - zum Fehlen eines landesweiten Raumordnungsplans im Bereich der Flächennutzungsplanung - Urt. v. 29.4.2010 - 4 CN 3.08 - juris).
196 
bb) Festsetzung eines Überschwemmungsgebiets als Ziel der Regionalplanung
197 
Der Verzicht des Beklagten auf die Durchführung eines Raumordnungsverfahrens ist im Übrigen auch materiell-rechtlich rechtmäßig. Dies gilt sowohl für die Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg im Jahre 1996 als auch für die - nach Auffassung der Kammer maßgebliche - Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Planfeststellung des Rückhaltebeckens im Dezember 2007.
198 
Sowohl nach der im August 1996 anwendbaren Vorschrift des § 6a Abs. 3 Nr. 1 ROG i.d.F. v. 28.04.1993 als auch nach der zum Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Dezember 2007 anwendbaren Regelung des § 15 Abs. 2 ROG i.d.F. v. 9.12.2006 i.v.m. § 18 Abs. 4 Nr. 1 LPlG BW i.d.F. vom 10.7.2003 (GBl. 2003, 385) kann von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden, wenn die Planung oder Maßnahme den Zielen der Raumordnung entspricht. Das ist hier der Fall.
199 
Der Regionalplan Südlicher Oberrhein 1995 vom 14.04.1994 weist den Bereich des Rückhaltebeckens an der Elzmündung als Vorrangbereich für Überschwemmungen aus und normiert hierzu unter Ziffer 3.2.5 das raumordnerische Ziel der Freihaltung dieser Bereiche von Nutzungen, die die Überflutung durch Hochwasser, die Hochwasserrückhaltung und den Hochwasserabfluss beeinträchtigen. Dass mit dieser Ausweisung nicht nur das Ziel der Erhaltung bereits bestehender natürlicher Überschwemmungsflächen, sondern gerade die Sicherung der Verwirklichung von Hochwasserrückhalteräumen gemeint ist, ergibt sich nicht nur aus dem verwendeten Begriff der „Hochwasserrückhaltung“, sondern auch aus der Begründung zu dieser Zielsetzung, in welcher darauf verwiesen wird, dass „… die Vorrangbereiche für Überschwemmungen (am Rhein) der Verwirklichung des Integrierten Rheinprogramms (dienen).“
200 
Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt der Regionalplan Südlicher Oberrhein die Ziele für die als Vorrangbereich für Überschwemmungen festgelegten Gebiete nicht unter die Einschränkung, dass Maßnahmen der Hochwasserrückhaltung im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms nur mit der gleichzeitigen Regeneration der in Anspruch genommenen Flächen zu vollwertigen Flussauen einhergehen dürfen, was mit der Konzeption des Rückhalteraums an der Elzmündung aufgrund der fehlenden Niedrigwasserstände und der geplanten Querriegel mit Durchlassbauwerken mit den dadurch gegebenen niedrigen Fließgeschwindigkeiten nicht der Fall sei.
201 
Zwar führt der Regionalplan in der Begründung zu den Zielen der Ausweisung von Überschwemmungsgebieten am Rhein nach dem Hinweis auf die Maßnahmen des Integrierten Rheinprogramms aus, dass das Integrierte Rheinprogramm
202 
„…die Wiederherstellung einer Hochwassersicherheit entsprechend dem Zustand vor dem Staustufenbau mit der Schaffung von Voraussetzungen für die Regeneration echter, durch häufige Überflutungen charakterisierter Auebiotope (kombiniert). Die Hochwasserschutzmaßnahmen in der Rheinaue sind also in einer Weise durchzuführen, dass die dortigen teilweise hochklassifizierten regional bedeutsamen Biotope nicht nur erhalten, sondern auf einen vollen Auecharakter hin entwickelt werden (s.a. Plansatz 3.0.5.5).
203 
Demnach sind Bedingungen zu schaffen, die die Wiedereinbürgerung hochwassertoleranter Pflanzen- und Tierarten ermöglichen. Dazu ist es erforderlich, auf stauende Einrichtungen möglichst zu verzichten. Insgesamt ist die Reaktivierung der Rheinaue in ihrer Funktion als Flussaue die grundlegende Voraussetzung für einen umweltverträglichen Hochwasserschutz am Rhein.“
204 
Dieses Begründungselement kann jedoch nicht als eine in der Form einer Zielsetzung der Raumordnung formulierte Beschränkung der Möglichkeiten der Hochwasserrückhaltung im Bereich der Überschwemmungsgebiete verstanden werden. Dies lässt sich unmittelbar aus dem hier ausdrücklich in Bezug genommenen als Grundsatz der Regionalplanung formulierten Plansatz Ziffer 3.0.5.5. ableiten. Denn dieser bindet die Wiederherstellung des vor den Ausbaumaßnahmen bestehenden Hochwasserschutzes am Rhein „so weit wie möglich“ an naturnahe und sich auf natürlichem Wege selbst steuernde Instrumente der Hochwasserrückhaltung. Damit ist hinreichend klargestellt, dass sich die jeweiligen Renaturisierungsmaßnahmen in der Reichweite ihrer möglichen Umsetzung auch an den wasserwirtschaftlichen Möglichkeiten und Notwendigkeiten zu orientieren haben. Eine Abweichung von dieser Zielsetzung, die die Durchführung eines eigenständigen Raumordnungsverfahrens notwendig machen würde, kann deshalb allein in dem Umstand, dass in dem angefochtenen Planfeststellungsbeschluss aus wasserwirtschaftlichen Gründen eine - der Entwicklung der Flächen im Rückhalteraum hin zu einer naturnahen Aue auch nach Auffassung des Beklagten förderliche - Absenkung des Grundwassers ebenso wenig vorgesehen ist wie ein Verzicht auf die Bildung verschiedener Retentionsteilräume, nicht gesehen werden. Dies entspricht sowohl der Einschätzung des Regionalverbands Südlicher Oberrhein, der als Plangeber und Träger der Regionalplanung an dem Planfeststellungsverfahren beteiligt war (vgl. Planfeststellungsbeschluss Nr. 7.4., S. 97 f) als auch der Besonderheit der Regionalplanung als übergeordneter, überörtlicher und zusammenfassender Raumplanung, die typischerweise darauf angelegt ist, unter raumordnerischen Gesichtspunkten Rahmenbedingungen zu schaffen, nicht jedoch eine ortsspezifische Fachplanung vorwegzunehmen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, 134, Rn. 64).
205 
cc) Partielle Festsetzung eines Regionalen Grünzugs
206 
Schließlich steht dem Verzicht auf ein Raumordnungsverfahren auch nicht entgegen, dass die Festsetzung der Überschwemmungsgebiete in der Raumnutzungskarte des Regionalplans Südlicher Oberrhein den für das Vorhaben des Polders Elzmündung benötigten Bereich nicht voll umfasst, sondern für die südlichen Flächen des Retentionsraums einen Regionalen Grünzug ausweist, dessen Erhaltung in dem Planleitsatz 3.1.1. ebenfalls als Ziel der Regionalplanung ausgewiesen ist. Denn auch wenn davon auszugehen ist, dass die Festlegung des Regionalen Grünzugs in diesem Bereich aufgrund seiner Deckung mit den Grenzen des Naturschutzgebiets „Taubergießen“ ebenso wie die - diesen Bereich aussparende - Festlegung des Vorranggebiets für Überschwemmungsflächen parzellenscharf erfolgt ist und deshalb in räumlicher Hinsicht keine näheren Konkretisierungen nachfolgender Planungen mehr zulässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 20.08.1992 - 4 NB 20.91 - BVerwGE 90, 329, 334; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, 138, Rn. 73), so ist die notwendige Entsprechung mit den Zielen der Raumordnung hier dennoch gegeben. Denn der Regionalverband Südlicher Oberrhein hat im Planfeststellungsverfahren klargestellt, dass die Ausweisung des Gebiets als regionaler Grünzug in diesem Bereich ausschließlich der raumplanerischen Absicherung des Naturschutzgebiets Taubergießen dient; die Verordnung für dieses Schutzgebiet sieht die Nutzung als Rückhalteraum für Hochwasser im Rahmen des Integrierten Rheinprogramms jedoch ausdrücklich vor (vgl. § 3 Satz 2 der Verordnung des Regierungspräsidiums Freiburg über das Naturschutzgebiet „Taubergießen“ vom 08.04.1997, GBl. S. 166).
207 
3) Planrechtfertigung
208 
Die Planfeststellung des Vorhabens für den Hochwasserrückhalteraum im Bereich der Elzmündung findet ihre Rechtfertigung in den Zielsetzungen des Wasserhaushaltsgesetzes. Dieses Vorhaben ist gemessen an dem in §§ 1a Abs. 2, 31 Abs. 2, 31a Abs. 1 und § 31b Abs. 2 Nr. 4 WHG (2002) niedergelegten Ziel des Hochwasserschutzes ohne weiteres vernünftigerweise geboten (zu dieser Anforderung vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 177; Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14/00 -, BVerwGE 114, 364, 372 f).
209 
Dies wird auch von der Klägerin nicht in Frage gestellt. Sofern sie Einwendungen gegen den Standort, die Dimensionierung oder das Gesamtkonzept des Integrierten Rheinprogramms erhebt, stellen diese Gesichtspunkte keine - der vollen Kontrolle durch das Verwaltungsgericht unterliegende (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14/00 -, BVerwGE 114, 364, 372) - Frage der Planrechtfertigung dar, sondern sind Teil der nur eingeschränkt überprüfbaren Abwägungsentscheidung (BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13/85 -, BVerwGE 75, 214, 238).
210 
4) Zwingende Vorgaben des materiellen Rechts
211 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch in materiell-rechtlicher Hinsicht an keinem Fehler, der die vollständige oder teilweise Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses nach sich zieht.
212 
a) Ziele der Raumordnung
213 
Die Planfeststellung des Vorhabens widerspricht nicht den in dem Regionalplan Südlicher Oberrhein 1995 festgelegten Zielen der Raumordnung, die nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 ROG (i.d.F. v. 18.08.1997) bei Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen, ungeachtet fachgesetzlicher Raumordnungsklauseln unmittelbar verbindlich sind (hierzu BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, 137 ff, Rn. 71 ff; OVG NRW, Urt. v. 03.12.2009 - 20 A 628/05 -, ZfB 2010, 5). Auf die Ausführungen oben unter II A 2 d) bb) bis cc) wird Bezug genommen.
214 
b) Deutsch-französische Regierungsvereinbarung vom 6.12.1982
215 
Ein Verstoß gegen zwingende Normen des materiellen Rechts ist auch nicht deshalb gegeben, weil der Planfeststellungsbeschluss einen Hochwasserrückhalteraum betrifft, der als solcher in der deutsch-französischen Regierungsvereinbarung vom 06.12.1982 zur Änderung und Ergänzung der Zusatzvereinbarung vom 16.07.1975 zum Vertrag vom 04.07.1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg (Bek. v. 23.3.1984; BGBl. 1984 II S. 268) nicht genannt ist.
216 
aa) Transformation in nationales Recht
217 
Ein Verstoß gegen die Regelungen in dieser Zusatzvereinbarung scheidet bereits deshalb aus, weil es sich hierbei um eine völkerrechtliche Vereinbarung handelt, die gegenüber der Beklagten nur dann Bindungswirkung entfaltete, wenn sie in innerstaatliches Recht transformiert worden wäre. Eine solche Transformation liegt jedoch in Bezug auf die Verpflichtung zu oder die Beschränkung auf bestimmte Hochwasserschutzmaßnahmen nicht vor. Dies gilt auch dann, wenn man in der bloßen Bekanntmachung des Inkrafttretens der Zusatzvereinbarung und ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt eine Transformation durch den für die Umsetzung eines Verwaltungsabkommens zuständigen Bundesminister für Verkehr nach § 59 Abs. 2 Satz 2 GG sehen oder mit dem Beklagten eine Zustimmung des Deutschen Bundestages zu diesem Regierungsabkommen unterstellen würde. Denn durch solche Umsetzungsakte wären die in der Regierungsvereinbarung getroffenen Regelungen nur insoweit wirksamer Bestandteil des Bundesrechts geworden, als dem Bund die Gesetzgebungs- oder Verwaltungskompetenz für die materiellen Regelungen zusteht. Dies ist jedoch für den Bereich der Schaffung oder die Beschränkung von konkreten Hochwasserrückhalteräumen nicht der Fall (vgl. zur Umsetzung völkerrechtlicher Verträge: von Mangoldt/Klein/Starck, Grundgesetz Bd. II, 5. Aufl. 2005, Art. 59 Rn. 42; Nettesheim in Maunz-Dürig, Grundgesetz Bd. IV, Stand: Mai 2009, Art. 32 Rn. 71). Für die Umsetzung des Völkervertragsrechts in innerstaatliches Recht gelten ausschließlich die Regelungen in Art. 70 ff. GG bzw. - soweit es (wie hier in Bezug auf die konkrete Ausgestaltung des Hochwasserschutzes und die Gewässerbewirtschaftung) um Regelungen zur Ausführung von Gesetzen geht - in den Artikeln 83 ff GG. Soweit die Gesetzgebungszuständigkeit bei den Ländern liegt, ist dem Bund der gesetzgeberische Zugriff auf die betreffende Materie auch im Rahmen der Transformation von zulässigerweise abgeschlossenen völkerrechtlichen Vereinbarungen von Verfassungs wegen verwehrt (BVerfG, Urt. v. 26.03.1957 - 2 BvG 1/55 - BVerfGE 6, 309, juris Rn. 196 und 223; Uhle in Maunz-Dürig, a.a.O., Art. 70 Rn. 151); gleiches gilt für die Regelungen zur Ausführung der völkervertraglichen Verpflichtungen.
218 
Sollte es auf der Länderebene in den hier wesentlichen Teilen zur Umsetzung des Hochwasserschutzes am Oberrhein zu einer Transformation dadurch gekommen sein, dass entsprechende Umsetzungen auf der Ebene des ministeriellen Vollzugs vorgenommen worden sind, wäre damit eine Bindungswirkung für die Abwägung im Planfeststellungsverfahren ebenfalls nicht eingetreten. Denn völkerrechtlichen Vereinbarungen kommt im Falle ihrer Transformation immer nur der Rang in der Normenhierarchie zu, die der Umsetzungsakt selbst hat, sodass eine - unterstellt - ministerielle Umsetzung ohne Außenrechtscharakter der Regelung allein die Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften zugemessen hätte.
219 
bb) Vereinbarkeit des Polders mit der Vereinbarung
220 
Ein Verstoß gegen die Änderungsvereinbarung vom 06.12.1982 zur Zusatzvereinbarung zum deutsch-französischen Vertrag über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg scheidet aber vor allem auch deshalb aus, weil die Verwirklichung eines Hochwasserrückhalteraums im Bereich der Elzmündung mit den Regelungen dieser Änderungsvereinbarung zur Hochwasserrückhaltung nicht im Widerspruch steht.
221 
Nach dem Wortlaut des Art. 7 Abs. 1 und 2 der Vereinbarung sollen die „auf der Grundlage des Schlussberichts der Hochwasser-Studienkommission … erforderlichen Maßnahmen, um unterhalb der Staustufe Iffezheim den vor dem Ausbau des Oberrheins vorhandenen Hochwasserschutz wiederherzustellen, … aus dem Sonderbetrieb der Rheinkraftwerke zwischen Kembs und Straßburg, den Kulturwehren bei Rhein-km 220,5, Breisach und Kehl/Straßburg mit den Poldern Altenheim, dem Polder Erstein und Moder, dem Polder Söllingen und weiteren Poldern unterhalb der deutsch-französischen Grenze mit etwa 30 Mio. m³ Retentionsvolumen (bestehen)“. Sollte sich bei der Planung die Notwendigkeit ergeben, „Polder durch andere zu ersetzen oder weitere Retentionsräume herzustellen“, um das Ziel des Hochwasserschutzes für den Bereich unterhalb der Staustufe Iffezheim zu erreichen, ist in Abs. 3 vorgesehen, dass sich „die Vertragsparteien zu gegebener Zeit über den Bau eines oder mehrerer der folgenden Retentionsräume einigen: Polder Greifstett, Greffern; Wehr bei Rhein-km 211,5.“
222 
Mit diesen Regelungen ist jedoch grundsätzlich keine Beschränkung zur Verwirklichung anderer, nicht genannter Hochwasserschutzmaßnahmen verbunden. Denn die in der Änderungsvereinbarung vorgesehenen Hochwasserschutzmaßnahmen stellen die Maßnahmen dar, die nach Art. 9 Abs. 1 des Vertrags vom 04.07.1969 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg (BGBl. II, 726 ff) möglichst bald auf der Grundlage der Arbeitsergebnisse der Hochwasser-Studienkommission bestimmt werden sollten. Damit bleiben diese Maßnahmen immer dem übergeordneten Vertragsziel unterworfen, das von der Hochwasserstudienkommission vorgeschlagene Ziel der effektiven Abführung der Hochwasserspitzen eines bis zu 200-jährlichen Hochwasserereignisses zu erreichen. Dies entspricht auch der Auslegung des Vertrags durch die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Vertrags vom 04.07.1969 gebildete Ständige Kommission, die nach Art. 14 Abs. 2 Nr. 1 dieses Vertrags die Anwendung des Vertrags zu verfolgen hat und deren Praxis für das Verständnis der Vertragsregelungen deshalb ein besonderes Gewicht zukommt (vgl. Art. 31 Abs. 3 lit. b der Wiener Vertragsrechtskonvention vom 23.05.1969, BGBl. 1985 II, 927, der hier als Teil des Völkergewohnheitsrechts bereits vor dem Inkrafttreten der Konvention anwendbar war). Denn diese Kommission hat ausweislich der vorgelegten Niederschrift über ihre 42. Sitzung am 29. und 30. September 1994 in Saint Malo beschlossen, dass das Rahmenkonzept des Integrierten Rheinprogramms (mit der Verwirklichung des Polders Elzmündung) erforderlich ist, „um das in Artikel 7 Abs. 1 des Vertrages von 1982 festgelegte Ziel zu erreichen“ und „die Änderung des Wortlauts von Art. 7 Abs. 3 des Vertrags von 1969 (gemeint ist offensichtlich: 1982) durch Aufzählung der verschiedenen Maßnahmen, insbesondere der notwendigen ergänzenden Maßnahmen nicht erforderlich (ist)“.
223 
cc) Rügebefugnis der Klägerin
224 
Schließlich steht einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses wegen eines behaupteten Verstoßes gegen die Vorgaben in der Änderungsvereinbarung vom 06.12.1982 zur Zusatzvereinbarung zum deutsch-französischen Vertrag über den Ausbau des Rheins zwischen Kehl/Straßburg und Neuburgweier/Lauterburg auch entgegen, dass deren Bestimmungen nicht zumindest auch dem Schutz der Interessen der Klägerin bestimmt sind.
225 
c) Umweltrechtliche Vorgaben
226 
Der Planfeststellungsbeschluss verstößt weiter nicht in einer Weise gegen zwingende Normen des materiellen Umweltrechts, dass er deshalb auf die Anfechtungsklage der Klägerin hin aufgehoben werden müsste. Zwar kann die Klägerin - entgegen der Rechtslage nach nationalem Recht - die Verletzung von zwingenden Normen des Umweltrechts rügen, dennoch ist ein für den Erfolg der Anfechtungsklage notwendiger qualifizierter Rechtsverstoß nicht gegeben. Dies gilt für die Beachtung der Regelungen zum Schutz der FFH- und der europäischen Vogelschutzgebiete und zum Artenschutz, aber auch für die naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsregelung der §§ 18 f Bundesnaturschutzgesetz (v. 25.03.2002 in der Fassung d. Art. 1 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes v. 12.12.2007 BGBl. I S. 2873) - BNatSchG (2007) - und der §§ 20 f NatSchG BW.
227 
aa) Rügebefugnis der Klägerin
228 
Die Klägerin kann sich in diesem Verfahren grundsätzlich auf die Verletzung von Normen des Umweltrechts berufen.
229 
(1) Enteignungsrechtliche Vorwirkung
230 
Zwar bindet die Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO den Erfolg einer Anfechtungsklage nicht nur an die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern zusätzlich auch an die Verletzung der Klägerin in ihren subjektiven Rechten. Da die Vorschriften des Natur- und Umweltschutzes nicht auf Belange bezogen sind, deren Wahrung der Klägerin als eigene Rechte zugewiesen sind, kann sie nach dieser Regelung den Planfeststellungsbeschluss nicht erfolgreich mit der Begründung angreifen, diese öffentlichen Belange seien nicht beachtet oder nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt worden (BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 -, NuR 2008, 502). Dies gilt, obwohl die Klägerin von dem Planfeststellungsbeschluss mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen ist. Denn der einem Privaten in diesen Fällen unter dem Vorbehalt der Kausalität zwischen der Inanspruchnahme des Grundstückes und der möglichen Rechtswidrigkeit eingeräumte Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses insbesondere auch auf Überprüfung in Bezug auf öffentliche, nicht seinem Schutz dienende Belange, beruht darauf, dass Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG eine Enteignung nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässt und damit eine dem objektiven Recht nicht entsprechende Enteignung ausschließt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.2009 - 1 BvR 2187/07 -, NVwZ 2009, 1283, 1284; Urt. v. 27.10.19999 - 1 BvR 385/90 -, BVerfGE 101, 106, 122f; BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, BVerwGE 134, 308). Dieser Schutz kommt der Klägerin als einer Körperschaft des öffentlichen Rechts jedoch nicht zu, da sie nicht Grundrechtsträgerin ist und sich damit nicht auf Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG berufen kann (BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82, 100 ff; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, 1057 f.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin einen einfachrechtlichen Eigentumsschutz genießt. Zwar kann auch eine einfachgesetzliche Festlegung entsprechender Enteignungsvoraussetzungen dazu führen, dass sich eine Gemeinde zum Schutz gegen die Entziehung ihres Eigentums auf das Fehlen der Gründe des Allgemeinwohls und damit auf die Nichtbeachtung von objektiven Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen der Planfeststellung berufen kann (vgl. etwa zu § 35 BBergG BVerwG, Urt. v. 20.11.2008 - 7 C 10/08 , BVerwGE 132, 261 Rn. 23 ff; m.w.N.; für § 28 Abs. 2 LuftVG offengelassen in BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 ff; Rn. 495). Eine solche auch das Eigentum der öffentlichen Hand privilegierende Bestimmung ist in § 65 Abs. 1 WG BW jedoch nicht enthalten. Sofern diese Regelung die Enteignung zum Zwecke der Verwirklichung planfeststellungsbedürftiger Vorhaben nur zulässt, wenn diese „dem Wohle der Allgemeinheit dienen“, wird hiermit nach Auffassung der Kammer allein auf die Regelung des Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG Bezug genommen und keine über den dort bestimmten grundrechtlichen Schutz des Eigentums hinausgehende einfachgesetzliche Bindung der Enteignung an die Beachtung aller objektiver Rechtmäßigkeitsanforderungen bestimmt, von der dann auch Eigentümer profitieren, deren Eigentum nicht am Grundrechtsschutz teilhat. Schließlich folgt auch aus Art. 28 Abs. 2 GG kein Recht auf umfassende Überprüfung eines Planfeststellungsbeschlusses unter allen rechtlichen Gesichtspunkten (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 12/99 -, NVwZ 2001, 1160, 1161; wiederum offen gelassen in BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 ff, Rn. 495).
231 
(2) Umweltrechtsbehelfsgesetz
232 
Weiter kann die Klägerin ein Rügerecht in Bezug auf Vorschriften des Naturschutz- und Umweltrechts auch nicht aus dem Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG - Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz vom 07.12.2006 (BGBl. I S. 2816; zul. geänd. d. Art. 15 d. G v. 31.07.2009, BGBl. I S. 2585) - UmwRG - ableiten. Zwar ist dieses Gesetz gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit a UmwRG auf ein Vorhaben wie die Planfeststellung des Hochwasserrückhalteraums Elzmündung grundsätzlich anwendbar, da dieses Vorhaben nach §§ 3 Abs. 1, 3c Abs. 1, 3d UVPG i.V.m. Anlage 1 Nr. 13.6.2; § 1 Abs. 1 LUVPG i.v.m. Anlage 1.6. nach einer entsprechenden Vorprüfung der Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterlag. Allerdings wird die Klägerin - mit Ausnahme der Norm des § 4 Abs. 3 und 1 - durch die Regelungen des UmwRG nicht zur Rüge der Verletzung von umweltrechtlichen Vorschriften berechtigt. Vielmehr ist der Anwendungsbereich des Gesetzes auf die Einlegung von Rechtsbehelfen durch anerkannte inländische und ausländische (Umwelt-)Vereinigungen (§ 2 UmwRG) und die Rügefähigkeit der Verletzung von Verfahrensvorschriften in Bezug auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 4 UmwRG) beschränkt.
233 
(3) Art. 10a RL 85/337/EWG
234 
Ein Rügerecht der Klägerin in Bezug auf die Verletzung materiellen Umweltrechts ergibt sich jedoch unmittelbar aus der Regelung des Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.06.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten - UVP-RL - (ABl. L 175 v. 05.07.1985, S. 40).
235 
(3.1) Grundlage und Wortlaut
236 
Die Regelung des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG geht auf Art. 9 Abs. 2 des UN-Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Konvention) zurück und wurde über Art. 3 Nr. 7 der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und Rates vom 26.05.2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156 v. 25.06.2003 S.17) in die UVP-Richtlinie eingefügt. Die Vorschrift ist wie folgt formuliert:
237 
"Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die
238 
a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ
239 
b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,
240 
Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten …
241 
Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten zu gewähren."
242 
(3.2) Beschränkbarkeit des Zugangs zum gerichtlichen Verfahren
243 
Aus dieser Formulierung ergibt sich, dass die Mitgliedstaaten bei ihrer Ausgestaltung des Rechtsschutzes gegen die der Richtlinie unterfallenden UVP-pflichtigen Vorhaben zwar den Zugang zum gerichtlichen Verfahren von dem Erfordernis eines ausreichenden Interesses oder der Geltendmachung der (möglichen) Verletzung eigener Rechte abhängig machen können, sodass die prozessuale Zulässigkeitsvoraussetzung für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen in § 42 Abs. 2 VwGO und für Normenkontrollverfahren in § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO von den Anforderungen dieser Richtlinie ohne weiteres gedeckt sind.
244 
(3.3) Recht auf objektive Rechtskontrolle in der Begründetheitsprüfung
245 
Allerdings ist eine - im Zugang zu den Gerichten so beschränkbare - Klage eines Mitglieds der betroffenen Öffentlichkeit dann, wenn sie zulässig erhoben ist, anders als nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in der Begründetheitsprüfung nicht mehr auf das Vorliegen der geltend gemachten Rechtsverletzung und damit auf Verstöße gegen subjektiv-öffentliche Rechte (Einzelner) begründende Vorschriften beschränkt, sondern auf eine objektive Rechtskontrolle durch die Gerichte gerichtet (vgl. OVG Schl.-Holst., Urt. v. 12.03.2009 - 1 KN 12/08 -, NuR 2009, 498; Berkemann, NordÖR 2009, 336; Bunge, ZUR 2010, 20; Gatz, DVBl. 2009, 737, 747 f., Halama, in: Berkemann/Halama, a.a.O., Rn. 330, S. 768; Ekardt, NVwZ 2006, 55; ders., NuR 2006, 221, 224; Nebelsieck/Schrotz, ZUR 2006, 122, 127 FN 81; Schwanenflug, NVwZ 2007, 1351, 1355; dies/Strohmayr, NVwZ 2006, 395, 399; vorsichtig auch OVG NRW, Beschl. v. 05.03.2009 - 8 D 58/08.AK -, NVwZ 2009, 987, 990 f.).
246 
Diese Auslegung ergibt sich zunächst aus dem Wortlaut des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG, der es den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit ermöglichen soll, „die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit" der von der Richtlinie erfassten Entscheidungen anzufechten. Denn hiermit ist die durch die Mitgliedstaaten zu gewährleistende Möglichkeit der Anfechtung der UVP-pflichtigen „Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen“ allgemein auf die „materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit“ bezogen, ohne nochmals - wie im Zusammenhang mit der Regelung des Zugangs zum gerichtlichen Verfahren - die Notwendigkeit der Verletzung eigener Rechte zu fordern.
247 
Dabei wird diese Auslegung auch durch den Zweck der Gewährung des Zugangs der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren gestützt. Dieser besteht nach dem 18. Erwägungsgrund zur Aarhus-Konvention darin, „dass die Öffentlichkeit, einschließlich Organisationen, Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen haben soll, damit ihre berechtigten Interessen geschützt werden und das Recht durchgesetzt wird”. Gerade aus diesem Nebeneinander zwischen den „berechtigten Interessen“ und dem „Recht“ muss abgeleitet werden, dass die Durchsetzung des „Rechts“ als im Sinne der Durchsetzung des „objektiven Rechts” zu verstehen ist. Dem entspricht auch die generelle Stoßrichtung der Aarhus-Konvention, die mit ihren drei Säulen der Informationsrechte, der Beteiligungsrechte und des Rechts auf Gerichtszugang für einzelne und Nichtregierungsorganisationen eine Mobilisierung der Bürger als Einzelne und als betroffene Öffentlichkeit zur Durchsetzung des Umweltrechts erreichen will (Koch, NVwZ 2007, 369, 379; Ekardt, a.a.O., S. 55 und 224). Für die Richtlinie 2003/35/EG, die mit der Ergänzung der UVP-RL 85/337/EWG durch den neuen Art. 10a die Aarhus-Konvention vollständig umsetzen will, gilt nichts anderes. Denn auch diese Richtlinie zielt wesentlich auf eine Mobilisierung der betroffenen Öffentlichkeit als ein Instrument der dezentralen Vollzugskontrolle des Umweltrechts (zur Zwecksetzung vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 in der Rechtssache C- 263/07 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening > Rn. 59). Die Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, zu denen neben den unter dem Gesichtspunkt der Sachwalterschaft für die Umwelt anerkannten Umweltschutzorganisationen vor allem diejenigen natürlichen und juristischen Personen gehören, die durch die Genehmigung selbst betroffen werden, sollen im Verwaltungsverfahren zur Förderung des Sachverstands und der Akzeptanz die Möglichkeit einer weitgehenden Beteiligung erhalten; im Gerichtsverfahren hingegen soll es darum gehen, über die Einschaltung der betroffenen Öffentlichkeit eine wirksame Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu sichern, wobei auch hier gerade der gegebenenfalls kritische Sachverstand der Beteiligten zu den Umweltfragen zum Tragen kommen soll (vgl. EuGH, Urt. v. 15.10.2009 Rs. C-263/08 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >, NVwZ 2009, 773, Rn. 38, 45; Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 in der Rechtssache C- 263/07 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >, Rn. 62 ff, 80).
248 
Dieser Zweck der Mobilisierung der betroffenen Öffentlichkeit zur besseren Durchsetzung des Umweltrechts steht gleichzeitig der gegenteiligen Auffassung entgegen, die aus der Bezugnahme in Art. 10a Satz 1 UVP-RL 85/337/EWG sowohl auf das Erfordernis eines ausreichenden Interesses als auch - alternativ - auf die nach nationalem Recht verwaltungsprozessual erforderliche Geltendmachung einer Rechtsverletzung schließt, dass es der nationalen Rechtsordnung mit ihrem § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO überlassen worden sei, den Umfang der materiell-rechtlichen und der verfahrensrechtlichen Überprüfung einer Entscheidung über UVP-pflichtige Vorhaben zu bestimmen (so etwa Dolde, NVwZ 2006, 857, 861; von Danwitz, NVwZ 2004, 272, 276; Schrödter, NVwZ 2009, 157, 158; Ogorek, NVwZ 2010, 401, 404; mit Blick auf die Gemeinschaftsrechtskonformität der deutschen Rechtslage vorsichtig optimistisch auch Steinbeiß-Winkelmann, NJW 2010, 1233, 1236; offen hingegen Hess.VGH, Urt. v. 16.9.2009 - 6 C 1005/08.T -, ZUR 2010, 46). Denn die dem § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechende restriktive Interpretation der mit Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG neu eingefügten Klagerechte führt - mit Ausnahme der in § 4 UmwRG sichergestellten Überprüfbarkeit des Erfordernisses einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder einer entsprechenden Vorprüfung - in keiner Weise zu der bezweckten verbesserten Möglichkeit einer Überprüfung des materiellen Umweltrechts, da dieses dem Einzelnen grundsätzlich kein einklagbares subjektives Recht gewährt (Ewer, NVwZ 2007, 267). Hinzu kommt, dass die Voraussetzung der Geltendmachung eines ausreichenden Interesses oder der Geltendmachung einer Beeinträchtigung eines Rechts in Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG in dem ursprünglichen Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG vom 18.01.2001, KOM (2000) 839 noch nicht enthalten war, sondern erst aufgrund der Stellungnahme des Europäischen Parlaments vom 23.10.2001 (ABl. v. 09.05.2002, C 112E/125, Nr. 31) und des Gemeinsamen Standpunkts des Rates vom 25.04.2002 (ABl. v. 16.07.2002 C 170E/22, Nr. 21) in den Richtlinientext eingefügt wurde, nachdem der Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme vom 30.05.2001 (ABl. v. 07.08.2001, C 221/65, Nr. 2.7 und 2.7.1.) auf die Notwendigkeit einer Harmonisierung der in den Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelten „Modalitäten und Bedingungen für den Zugang zu den Gerichten in Umweltangelegenheiten zur Anfechtung von behördlichen Entscheidungen“ hingewiesen hatte. Da hierbei die - auf eine differenzierte Beschränkung des Rechtsschutzes auch im Rahmen der Begründetheitsprüfung zielende - Anregung des Wirtschafts- und Sozialausschusses, zur Beschränkung der Anfechtbarkeit der materiellrechtlichen Rechtmäßigkeit des Verfahrens und zur Erstreckung der Möglichkeit der Anfechtung der inhaltlichen Rechtmäßigkeit der Entscheidung (allein) auf denjenigen, „der bestimmte, gesetzlich anerkannte Rechte zu schützen hat“, gerade nicht aufgegriffen wurden, kann auch aus der Gesetzgebungsgeschichte nicht abgeleitet werden, dass mit der möglichen Beschränkung des Zugangs zu den Gerichten auch das System der Beschränkung der Begründetheitsprüfung auf die Verletzung subjektiver Rechte eines Klägers übernommen oder anerkannt werden sollte. Gegen eine solche Anerkennung spricht ferner auch, dass in diesen Fällen die Beschränkung des gerichtlichen Rechtsschutzes allein auf subjektive Rechte weit über das alternativ neben diesem (deutschen) System stehende Konzept des (französischen) Interessenklagemodells hinausgehen würde, welches die Notwendigkeit eines „ausreichenden Interesses“ allein als Zugangsvoraussetzung zur dann am objektiven Recht orientierten gerichtlichen Prüfung erfordert (zum französischen Modell vgl. etwa Woehrling, NVwZ 1999, 502, 503; allg. Peiser, Contentieux administratif, 8. éd. 1993, 2ème partie, titre II, chapitre 1, sec. 2, § 2, S. 139 ff). Letztlich würde damit ein Nebeneinander des auch in der Begründetheitsprüfung auf die Geltendmachung subjektiver Rechte beschränkten Rechtsschutzes und des allein auf den Zugang zum Gericht bezogenen Interessenklagemodells dem Zweck der Regelungen zum gerichtlichen Rechtsschutz zuwiderlaufen, neben der effektiven Umsetzung des Systems der Umweltverträglichkeitsprüfung den gleichmäßigen Vollzug des Umweltrechts und damit auch die gemeinschaftsweite Erfüllung der Aarhus-Konvention sicherzustellen (zu diesem Zweck vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 in der Rechtssache C- 263/07 < Djurgarden-Lilla Värtans Miljöskyddsförening > Rn. 78, 80).
249 
Die in Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG enthaltene Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Normen des Umweltrechts im Rahmen einer zulässig erhobenen Klage gegen ein UVP-pflichtiges Vorhaben vollumfänglich zur gerichtlichen Kontrolle zu stellen, beschränkt die im Gemeinschaftsrecht grundsätzlich anerkannte Autonomie der Mitgliedsstaaten zur Ausgestaltung ihres Gerichtsverfahrens (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 14.12.1995 - Rs. C-430/93 -, Slg. 1995, I-4705 < Van Schindel >; Urt. v. 11.09.2003, - Rs. C-13/01- , Slg. 2003, I-8679, Rn. 49 < Safalero >; Urt. v. 07.070.2007 - Rs. C-222/05 -, Slg. 2007 I-4233 < van der Weerd >). Diese Beschränkung findet jedoch ihre Rechtfertigung in der Notwendigkeit der Umsetzung der völkerrechtlichen Verpflichtung der Europäischen Gemeinschaft aus der Aarhus-Konvention sowie in dem Bestreben des effektiven Vollzugs des Gemeinschaftsrechts. Dabei stellt die Zulassung einer unbeschränkten objektiven Rechtskontrolle das überkommene System des Individualrechtsschutzes mit seiner grundsätzlichen Beschränkung auf die Verletzung eines subjektiven Rechts nicht in einem unverhältnismäßig weiten Maße in Frage. Denn die Bundesrepublik Deutschland ist als Unterzeichner der Aarhus-Konvention zum einen völkerrechtlich zu einer entsprechenden Anpassung des Rechtsschutzsystems verpflichtet; zum anderen ist auch der Verwaltungsgerichtsordnung - wie die Regelung des § 47 VwGO zur Normenkontrollklage zeigt - das System der objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle nicht fremd.
250 
(3.4) Beschränkung der Kontrolle auf das Umweltrecht
251 
Gewährt die Regelung des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit in Bezug auf Vorhaben, die der UVP-Pflicht unterliegen, im Rahmen einer zulässigen Klage das Recht auf eine - vom Bestehen eines subjektiven Rechts unabhängige - gerichtliche Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit des Vorhabens, ist dieses Recht allerdings auf die Prüfung der Normen beschränkt, die dem Umweltrecht zugeordnet werden können. Dies stellt auch die Klägerin nicht in Abrede und ergibt sich daraus, dass die Richtlinie 2003/35/EG auf der Grundlage des Art. 175 Abs. 1 i.V.m. Art. 174 Abs. 1 EGV erlassen wurde; mit der Regelung des Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG sollen deshalb ausschließlich umweltpolitische Zielsetzungen verfolgt werden. Letzteres gilt auch für die Aarhus-Konvention, für die dies bereits in der Überschrift und in Art. 1 zum Ausdruck kommt (hierzu Alleweldt, DÖV 2006, 621, 626; Gellermann, NVwZ 2006, 7, 9; Louis, NuR 2004, 287, 290; Berkemann, in: Berkemann/Halama, Handbuch zum Recht der Bau- und Umweltrichtlinien der EG, 1. Aufl. 2008, Rn. 501 f, 504, S. 275 f).
252 
(3.5) Unmittelbare Wirksamkeit der Norm
253 
Fordert damit Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG zugunsten der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit im Falle einer zulässig erhobenen Klage gegen die Genehmigung eines UVP-pflichtigen Vorhaben eine - auf die Normen des Umweltrechts beschränkte - umfassende objektive Rechtskontrolle, so ist die dem entgegenstehende Beschränkung des Rechtsschutzes auf die Verletzung subjektiver Rechte des Klägers in § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO insoweit aufgrund des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts (EuGH, Urt. v. 15.07.1964, - Rs. 6/64 -, Slg. 1964, 1251, 1269f < Costa/ENEL >) unangewendet zu lassen. Die hierfür notwendige Voraussetzung der unmittelbaren Wirksamkeit der Norm des Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG liegt vor (zur unmittelbaren Wirksamkeit vgl. Dörr, in: Sodan/Ziekow, VwGO Kommentar, 3. Aufl. 2010, Abschnitt: Europäischer Verwaltungsrechtsschutz, Rn. 182 ff; Durner, ZUR 2005, 285, 288, jeweils m.w.N.).
254 
Die Anforderung einer auf das objektive Umweltrecht bezogenen umfassenden Begründetheitsprüfung durch ein zulässigerweise angerufenes Gericht in Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG ist unbedingt, klar und präzise und ihrem Wesen nach auch geeignet, unmittelbare Rechtswirkungen zu entfalten (a.A. Hess. VGH, Urt. v. 16.9.2009 - 6 C 1005/08.T -, ZUR 2010, 46; OVG NRW, Urt. v. 27.10.2005 – 11 A 1751/04 –, juris, Rn. 117, 119; VG Karlsruhe, Beschl. v. 15.01.2007 – 8 K 1935/06 –, NuR 2007, 428, 429; Berkemann, NordÖR 2009, 336, 343 f.). Zwar kann der Gesetzgeber nach dem Wortlaut des Art. 10 a UVP-RL 85/337/EWG zwischen einem Überprüfungsverfahren vor Gericht oder einer anderen unabhängigen und unparteiischen Stelle wählen. Letzteres setzte jedoch auch nach der Richtlinie voraus, dass der Gesetzgeber zunächst eine solche gerichtsähnliche Stelle schafft, was in der Bundesrepublik Deutschland nicht der Fall ist. Damit hält sich die Modifizierung des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht nur im System des nationalen Rechtsschutzes, sondern entspricht auch dem im Grundsatz bestehenden und nur durch einen zusätzlichen Organisationsakt des nationalen Gesetzgebers abänderbaren Rechtsanwendungsbefehl der Richtlinie. Ebenso wenig steht einer unmittelbaren Anwendung entgegen, dass der nationale Gesetzgeber selbst die Natur- und Umweltschutzregelungen des nationalen Rechts als subjektiv-öffentliche Rechte ausgestalten und auf diese Weise den Anforderungen der UVP-Richtlinie 85/337/EWG entsprechen könnte. Denn auch eine solche Möglichkeit schließt nicht aus, dass der Einzelne vor den nationalen Gerichten die Rechte geltend machen kann, deren Inhalt sich bereits aufgrund der Richtlinie mit hinreichender Genauigkeit bestimmen lässt (vgl. EuGH, Urt. v. 12.02.2009 - Rs. C-138/07 -, Slg. 2009 I-731 < Cobelfret NV >; OVG Schl.-Holst., Urt. v. 12.03.2009 - 1 KN 12/08 -, NuR 2009, 498, Rn. 62; OVG NRW, Beschl. v. 05.03.2009 - 8 D 58/08.AK -, NVwZ 2009, 987, 991).
255 
(3.6) Ablauf der Umsetzungsfrist
256 
Über die grundsätzlich gegebene unmittelbare Anwendbarkeit des Art. 10a UVP-RL 85/337/EWG hinaus ist auch der zusätzlich erforderliche Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG in nationales Recht gegeben, über deren Art. 3 Nr. 7 die Rechtsvorschrift des Art. 10a in die UVP-RL 85/337/EWG eingefügt worden war. Denn nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/35/EG mussten „die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Rechtsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie bis zum 25. Juni 2005 nachzukommen.“
257 
Entgegen der Auffassung des Beklagten erfasst die Verpflichtung zur Schaffung des Zugangs der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zu einem gerichtlichen Verfahren, in dem die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen über UVP-pflichtige Vorhaben - bezogen auf das Umweltrecht - umfassend geprüft wird, nicht nur die Verfahren, die nach dem 25.06.2005 eingeleitet wurden, sondern auch die Entscheidungen, deren Verwaltungsverfahren - wie hier - vor diesem Stichtag eingeleitet wurden, deren Anfechtung vor Gericht jedoch erst danach.
258 
Die gegenteilige Ansicht, die auch der gesetzlichen Regelung des § 5 Abs. 1 UmwRG zu der parallelen Problematik der Klagemöglichkeit von Umweltvereinigungen nach dem Umweltrechtsbehelfsgesetz zugrunde liegt und die in der Rechtsprechung (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 21.01.2008 - 4 B 35.07 -, ZfBR 2008, 278; OVG Rh.-Pf., Urt. v. 12.02.2009 - 1 A 10722/08- UPR 2009, 316; OVG Berlin, Beschl. v. 23.06.2008 - 11 S 35.07 -, NVwZ-RR 2008, 770; OVG Saarl., Beschl. v. 22.11.2007 - 2 B 181/07 -ZfB 2008, 270; OVG NRW, Urt. v. 27.10.2005 - 11 A 1751/04 -, NuR 2006, 320) bislang vorherrschend war, basiert maßgeblich auf der grundsätzlichen Verbindung der Vorgaben der Richtlinie 2003/35/EG für die Beteiligung der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit im Verwaltungsverfahren mit den Anforderungen an deren Zugang zu einem gerichtlichen Überprüfungsverfahren. Da die gerichtliche Überprüfung die Fortsetzung der Geltendmachung der Beteiligungsrechte im Verwaltungsverfahren darstelle, bleibe es bei dem - gemeinschaftrechtlich anerkannten - Grundsatz, dass eine Genehmigung von Projekten, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der genannten Richtlinie eingeleitet wurde, nicht wegen des Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften aufgehoben werden könne. Hinzu komme der auch vom EuGH in seinem Urteil vom 07.01.2004 (C-201/02 -, Slg 2004, I-723 < Wells >) hervorgehobene Grundsatz der Verfahrensautonomie, deren Grenzen nicht überschritten seien, wenn das nationale Recht es nicht ermögliche, dass bloße Verfahrensfehler, die keine materiellen Rechte der Betroffenen verletzten, zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen (BVerwG, Beschl. v. 21.01.2008 - 4 B 35.07 -, ZfBR 2008, 278).
259 
Dieser Auffassung steht jedoch die Systematik des Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG entgegen, die - wie der EuGH in seinem Urteil vom 15.10.2009 - Rs. C-263/08 -, < Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >, Rn. 38 dargelegt hat - darin besteht, dass „ … (sich) die Beteiligung am umweltbezogenen Entscheidungsverfahren unter den Voraussetzungen der Art. 2 Abs. 2 und 6 Abs. 4 der Richtlinie 85/337 von einer gerichtlichen Anfechtung (unterscheide) und … auch eine andere Zielsetzung als diese (habe), da sich eine solche Anfechtung gegebenenfalls gegen die am Ende dieses Verfahrens ergehende Entscheidung richten kann.“ Diese auch innere Trennung der gerichtlichen Überprüfungsmöglichkeit von der Beteiligung im Verwaltungsverfahren lässt den Grund für eine einheitliche, allein am Beginn des Verwaltungsverfahrens ansetzende Stichtagsregelung entfallen und fordert eine Umsetzung der Richtlinienbestimmungen, nach der die Regelungen für das Gerichtsverfahren unabhängig von dem Tag der Einleitung des Verwaltungsverfahrens und immer dann anwendbar sind, wenn die Klage nach dem 25.06.2005 erhoben worden ist. Dem entspricht es, dass das Bundesverwaltungsgericht nunmehr mit Beschluss vom 19.1.2010 - 7 B 26/09 - juris der Frage der Vereinbarkeit der Stichtagsregelung des § 5 UmwRG mit Art. 6 Abs. 1 Richtlinie 2003/35/EG grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat.
260 
(3.7) Klägerin als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit
261 
Die Klägerin ist schließlich auch als „Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit” im Sinne des Art. 10a UVP-RL anzusehen.
262 
Nach Art. 1 Abs. 2 UVP-RL 85/337/EWG umfasst der Begriff der Öffentlichkeit „eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen”. Dabei können auch juristische Personen des öffentlichen Rechts als berechtigter Teil der Öffentlichkeit angesehen werden, wenn sie sich ungeachtet ihres rechtlichen Status nach der Zielsetzung der Richtlinie in einer mit dem „Jedermann" vergleichbaren Lage gegenüber der staatlichen Stelle befinden, die über ein UVP-pflichtiges Verfahren zu entscheiden hat. Dies ist bei den Gemeinden in einem Planfeststellungsverfahren zu einem Vorhaben, durch welches - wie hier - ihre Planungshoheit und der ihr sonst zugewiesene Aufgabenkreis berührt werden - der Fall. Die Gemeinde ist zwar eine Behörde, die im Planfeststellungsverfahren anzuhören ist, soweit ihr Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird (§ 73 Abs. 2 LVwVfG). Die Gemeinden sind auch sonst ein Teil des Staates, in dessen Aufbau sie integriert sind. Sie sind jedoch innerhalb des Staates mit eigenen Rechten ausgestattet und werden im Planfeststellungsverfahren einfachrechtlich wie die Öffentlichkeit allgemein behandelt, wenn sie Einwendungen gegen ein Vorhaben erheben wollen, die sich auf die eigenen Rechte beziehen, d.h. ihrer Selbstverwaltungsgarantie entspringen. Insbesondere gilt hier dann der Einwendungsausschluss gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG (BVerwG, Urt. v. 12.02.1997 - 11 A 62.95 - BVerwGE 104, 79, 81; Urt. v. 09.02.2005 - 9 A 62.03 - Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10). Notfalls kann eine Gemeinde ihre eigenen Rechte auch gegenüber dem Staat im Klagewege geltend machen.
263 
Zusätzlich spricht für die Einbeziehung der Klägerin in die Gruppe der „Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit“, dass das Bundesverwaltungsgericht eine solche Einbeziehung von Kommunen in den wortgleichen Begriff in der Umweltinformationsrichtlinie 90/313/EG ausdrücklich anerkannt hat (BVerwG, Urt. v. 21.02.2008 - 4 C 13/07 -, BVerwGE 130, 223 Rn. 23 und 30; für die Einbeziehung der Gemeinden in die „betroffene Öffentlichkeit“ auch Schwanenflug, NVwZ 2007, 1351, 1355; v.Schwanenflug/Strohmayr, NVwZ 2006, 395, 398; Stapelfeldt/Siemko, KommJur 2008, 321, 328; Ogorek, NVwZ 2010, 401, 403ff).
264 
Für eine Beschränkung des damit gegebenen Rügerechts bei Gemeinden auf die Einwendungen, die mit dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden nach Art. 28 Abs. 2 GG verbunden sind (hierfür etwa Stapelfeldt/Siemko, KommJur 2008, 321, 330f, Ogorek, NVwZ 2010, 401, 403ff), sieht die Kammer angesichts der vorbehaltslosen Einbeziehung der Gemeinden in den Begriff der betroffenen Öffentlichkeit keine Möglichkeit. Zwar ist es richtig, dass Art. 4 Abs.2 EUV das kommunale Selbstverwaltungsrecht als Ausprägung der „verfassungsmäßigen Strukturen der Mitgliedstaaten” anerkennt und damit die nationale Ausgestaltung der Stellung der Kommunen achtet, nach der diesen ein - im Falle der zwingenden umweltrechtlichen Vollkontrolle gegebenes - „Wächteramt in Fragen des Umweltschutzes“ gerade nicht zugebilligt wird. Dies kann nach Auffassung der Kammer jedoch nur dazu führen, dass sich eine national-gesetzliche Beschränkung der Stellung der Gemeinde gegenüber den Anforderungen der UVP-Richtlinie an die Möglichkeit des Rechtsschutzes der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit vor diesem Hintergrund höherrangigen Gemeinschaftsrechts wohl rechtfertigen ließe; eine entsprechende Beschränkung zulasten der Klägerin allein durch richterliche Rechtsanwendung ist demgegenüber aber nicht gerechtfertigt.
265 
(3.8) Absehen von Vorabentscheidungsersuchen
266 
Die Kammer sieht davon ab, der Anregung der Klägerin zu folgen und die Frage der Beschränkbarkeit der gerichtlichen Überprüfung der materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Rechtmäßigkeit von Genehmigungen im Anwendungsbereich der UVP-Richtlinie dem Gerichtshof der Europäischen Union gem. Art. 234 EGV zur Entscheidung vorzulegen. Die Kammer entscheidet im vorliegenden Verfahren nicht in letzter Instanz und ist deshalb zu einer Vorlage an dieses Gericht nicht verpflichtet. Da die Frage der Reichweite der Überprüfbarkeit des Umweltrechts im Verfahren nur dann entscheidungserheblich ist, wenn solche Verstöße auch in der Sache vorliegen und sich auch insoweit grundsätzliche und schwierige Rechtsfragen stellen, hält es die Kammer auch im Interesse einer Beschleunigung des gerichtlichen Verfahrens für sachgerecht, anstelle der Vorlage von Einzelfragen beim Gerichtshof der Europäischen Union das Verfahren in der Sache zu entscheiden und so die Möglichkeit einer Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses auch in der Berufungsinstanz zu eröffnen.
267 
bb) Habitatsschutz
268 
Ist nach dem Vorstehenden in dem Verfahren der Klägerin grundsätzlich die Übereinstimmung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses mit dem gesamten einschlägigen Umweltrecht zur gerichtlichen Prüfung gestellt, ergibt diese in Bezug auf die naturschutzrechtlichen Vorgaben zum Habitatsschutz nur insoweit einen Rechtsfehler, als eine mit dem planfestgestellten Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung möglicherweise verbundene erhebliche Beeinträchtigung des durch die Ausweisung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) bezweckten Schutzes der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke unbeachtet geblieben ist. Dieser Rechtsverstoß rechtfertigt jedoch nicht die vom Kläger mit seinem Hauptantrag begehrte Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, weil insoweit Heilungsmöglichkeiten in einem ergänzenden Verfahren verbleiben.
269 
(1) Gemeldete und ausgewiesene Schutzgebiete
270 
Der planfestgestellte Rückhalteraum Elzmündung liegt mit seinem südlichen Teilbereich im Geltungsbereich des gleichzeitig als Naturschutzgebiet ausgewiesenen FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) und mit seinem nördlich angrenzenden Teilraum im Bereich des gemeldeten FFH-Gebiets „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“ (Nr. 7512-341). Gleichzeitig wird das Gebiet im Norden von dem Europäischen Vogelschutzgebiet „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ (Nr. DE 7412-401) und im Süden von dem Europäischen Vogelschutzgebiet „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ (Nr. DE 7712-401) umfasst. (Zur räumlichen Festlegung dieser Schutzgebiete vgl. auch die Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Festlegung von Europäischen Vogelschutzgebieten vom 5.2.2010, GBl. S. 37, 168 ff).
271 
(2) Rechtliche Voraussetzungen der Verträglichkeitsprüfung
272 
Damit ist die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 NatSchG BW auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen dieser Gebiete zu überprüfen. Kommt die Verträglichkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen der genannten FFH-Gebiete oder der Europäischen Vogelschutzgebiete in ihren für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist das Vorhaben nach § 38 Abs. 2 NatSchG BW unzulässig, wenn nicht entsprechend der Regelungen des § 38 Abs. 3 bis 7 NatSchG BW eine ausnahmsweise Zulassung ausgesprochen wird. Hierfür muss das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig sein und eine zumutbare Alternativlösung zur Zweckerreichung fehlen (Jarass, NuR 2007, 371, 373 ff, 376 ff; Halama, NVwZ 2001, 506 ff; zu den Anforderungen an die Alternativenprüfung BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28/01 -, BVerwGE 116, 254 Rn. 22 ff.). Befinden sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet besonders schutzwürdige (prioritäre) Arten oder Habitate, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblichen günstigen Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt geltend gemacht werden, § 38 Abs. 4 Satz 1 NatSchG BW.
273 
Die landesrechtlichen Regelungen des § 34 NatSchG BW entsprechen inhaltlich der Regelung des § 34 BNatSchG (2007), die nach § 11 Satz 1 dieses Gesetzes rahmenrechtlicher Natur ist. Damit ist das Land der in § 32 Satz 2 BNatSchG (2007) enthaltenen Verpflichtung nachgekommen, die sich aus der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. v. 22.07.1992 L 206/7) - Habitatrichtlinie - FFH-RL - sowie aus der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl. v. 25.04.1979 L 103/7) - Vogelschutz-Richtlinie - VRL - ergeben und in § 34 BNatSchG (2007) näher konkretisiert worden sind.
274 
Sowohl die Verträglichkeitsprüfung als auch der an die Ausnahme anknüpfende Schutzmechanismus sind strikt bindendes Recht. Soweit die Prüfung zu dem Ergebnis der Unzulässigkeit des Vorhabens kommt, unterliegt dies nicht der planerischen Abwägung. Dies gilt auch für die Abwägung im Rahmen der Prüfung, ob „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ vorliegen (Halama, NVwZ 2001, 506, 510).
275 
Da das Prüfverfahren nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL in seiner zweistufigen Ausgestaltung die Zulassungsentscheidung erst dann erlaubt, wenn die Ergebnisse der FFH-Verträglichkeitsprüfung vorliegen und die zuständige Behörde die Ergebnisse bei ihrer Entscheidung über das Vorhaben hinreichend berücksichtigen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 70 unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 14.04.2005 - C-441/03 - Slg. 2005, I-3043, Rn. 24 und Urt. v. 23.03.2006 - C-209/04 - Slg. 2006, I-2755, Rn. 58), muss die Genehmigungsbehörde im Zeitpunkt der Zulassung des Vorhabens auf eine ihrerseits rechtmäßige Verträglichkeitsprüfung zurückgegriffen haben. Dabei umfasst die hierfür notwendige Kenntnisnahme auch den Aspekt, dass die in der Verträglichkeitsprüfung anzustellende Risikoanalyse in fachwissenschaftlicher Hinsicht den besten wissenschaftlichen Standard erreicht und deshalb aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel an einer festgestellten Verträglichkeit des Vorhabens mit den Erhaltungszielen des Schutzgebiete besteht (vgl. EuGH, Urt. v. 26.10.2006 - C-239/04 - NuR 2007, 30, Rn. 24 m.w.N.). Soweit dieses Bewusstsein der Genehmigungsbehörde - wie regelmäßig - auf der Kenntnis der schriftlichen Fassung der fachwissenschaftlichen Verträglichkeitsstudie beruht, sind Lücken oder sonstige Mängel dieser Studie spätestens durch die Dokumentation entsprechender Ergänzungen und Korrekturen in der Zulassungsentscheidung zu beseitigen (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott zu Rs. C-127/02, Sg. 2004, I-7405 Nr. 109); erfolgen notwendige Ergänzungen und Korrekturen zu einem späteren Zeitpunkt, können sie - weil sie bei der eigentlichen Vorhabengenehmigung nicht zum Tragen gekommen sind - im Prozess nicht berücksichtigt werden, sondern sind über ein ergänzendes Verfahren nach § 75 Abs. 1a LVwVfG zur Grundlage einer neuen Zulassungsentscheidung zu machen (vgl. auch Europäische Kommission, NATURA 2000 - Gebietsmanagement. Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, 2000, Ziff. 4.5.1.). Etwas anderes gilt jedoch für den Vortrag zu bloßen Fehlern bei der Darstellung oder Dokumentation sachlich richtig ermittelter und bewerteter Risiken oder Beeinträchtigungen, wenn diese Fehler weder für das Ergebnis der behördlichen Verträglichkeitsprüfung noch für die eigentliche Zulassungsentscheidung von Einfluss gewesen sind, weil die zuständige Behörde - etwa aufgrund ihrer Einbindung in die Untersuchung - bei ihrer Zulassungsentscheidung die notwendige Kenntnis von der Methodik und dem Untersuchungsumfang der fachwissenschaftlichen FFH-Verträglichkeitsstudie auf anderem Wege erlangt hatte. Dann kann die Planfeststellungsbehörde im gerichtlichen Verfahren ihre Entscheidung und deren Grundlagen durch ergänzenden, substantiierenden Vortrag erläutern und in diesem Rahmen auch auf Einwände der Klägerin argumentativ erwidern (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 71).
276 
Ob ein Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung des jeweiligen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, erfordert eine Einzelfallbeurteilung, die wesentlich von naturschutzfachlichen Feststellungen und Bewertungen abhängt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43; Urt. vom 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 68). Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung in einem ersten Schritt eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Auf dieser Basis sind sodann die Einwirkungen zu ermitteln und naturschutzfachlich zu bewerten.
277 
(3) Bestandserfassung und -bewertung
278 
Auf der Grundlage der von der Klägerin erhobenen Rügen kann nicht festgestellt werden, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Bestandserfassung und -bewertung ein erheblicher Fehler unterlaufen ist, der die Verträglichkeitsprüfung und damit auch die Zulassungsentscheidung der Behörde rechtswidrig werden lässt.
279 
(3.1) Maßstab
280 
Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung ist die Verträglichkeit des Projekts mit den Erhaltungszielen des Gebiets (§ 38 Abs. 1 Satz 1 NatSchG BW). Dem hat der Prüfungsrahmen Rechnung zu tragen. Erfasst und bewertet werden müssen nur die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile. § 14 Abs. 1 Nr. 11 NatSchG BW definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der Lebensraumtypen und Arten nach den Anhängen I und II der FFH-RL sowie der in Anhang I der VRL und der in Art. 4 VRL genannten Vogelarten sowie ihrer Lebensräume, für die das Gebiet bestimmt ist. Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht nach § 36 Abs. 4 NatSchG BW unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standarddatenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche Ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 75; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 72; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 30). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standarddatenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 77).
281 
Die Erfassungs- und Bewertungsmethode der Verträglichkeitsprüfung ist nicht normativ festgelegt. Allerdings muss die Zulassungsbehörde den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" (vgl. BVerwG, Urteile vom 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 75 und Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 73) auch hinsichtlich der Methodik der Erfassung und Bewertung der geschützten Gebietsbestandteile einhalten. Untersuchungsmethoden, die in der Fachwissenschaft als überholt gelten, sind unzulässig. Umgekehrt bestehen aber keine Einwände gegen eine fachwissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode, wenn mit einer anderen, ebenfalls anerkannten Methode nicht voll übereinstimmende Ergebnisse erzielt würden. Insoweit ist die gerichtliche Kontrolle zurückzunehmen und der Behörde eine fachliche Einschätzungsprärogative zuzuerkennen (so ausdrücklich BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 74).
282 
Entsprechendes trifft für die Bestandsbewertung zu. Zwar bietet die Habitat-Richtlinie Ansätze zur Gewinnung von Bewertungskriterien. Nicht nur die Gebietsauswahl, sondern auch die Verträglichkeitsprüfung hat sich an der in der 5. Begründungserwägung der Richtlinie zum Ausdruck kommenden Zielsetzung zu orientieren, „einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse zu wahren oder wiederherzustellen“. Was unter einem günstigen Erhaltungszustand zu verstehen ist, ergibt sich für natürliche Lebensräume aus Art. 1 Buchst. e) und für Arten aus Art. 1 Buchst. i) FFH-RL. Bedeutsam für die Bewertung sind danach diejenigen Faktoren, von denen eine nachhaltige Bestandssicherung des Lebensraumtyps oder der Art abhängt. Zusätzliche Anhaltspunkte liefert Anhang III Phase 1 der FFH-Richtlinie. Darin werden als Kriterien zur Gebietsauswahl für Lebensraumtypen des Anhangs I u.a. der Repräsentativitätsgrad des in dem jeweiligen Gebiet vorkommenden Lebensraumtyps, die relative Flächengröße sowie Erhaltungsgrad und Wiederherstellungsmöglichkeit von Struktur und Funktionen des Lebensraumtyps und, für Arten des Anhangs II, u.a. Populationsgröße und -dichte sowie Erhaltungsgrad und Wiederherstellungsmöglichkeit der für die betreffende Art wichtigen Habitatelemente genannt. Diese Kriterien sind auch für die Bewertung der maßgeblichen Gebietsbestandteile im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung anzuwenden. Angesichts der Vielzahl der Kriterien, ihrer relativen Offenheit und ihres Angewiesenseins auf die Ausfüllung durch außerrechtliche Bewertungen gilt auch für die Bestandsbewertung, dass in sie Einschätzungen einfließen, die einer gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglich sind (so ausdrücklich BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 75).
283 
(3.2.) Absehen von aktuellen Bestandserhebungen
284 
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es entgegen den methodischen Einwänden des Fachgutachters der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden, dass in der FFH-Verträglichkeitsprüfung insbesondere in Bezug auf die Schnecken, Laufkäfer, Reptilien, Säuger, Wildbienen und Vögel auf eine Ersthebung des aktuellen Ist-Zustands verzichtet und für die entsprechenden Bestandserhebungen und -bewertungen allein auf die entsprechenden Einzelgutachten aus den Jahren zwischen 1991 und 1996 zurückgegriffen wurde. Diese Entscheidung zur Bestimmung des Untersuchungsumfangs hält sich noch im Rahmen der naturschutzfachen Einschätzungsprärogative des Beklagten.
285 
Zwar ist es nach dem für die Methode der Bestandsaufnahme maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" in der Regel gefordert, den Untersuchungsraum zu begehen und die spezifisch geschützte Flora und Fauna aktuell zu erfassen. Allerdings richten sich der Umfang und der Methoden der Erfassung immer nach den Gegebenheiten des Untersuchungsraums und seiner potentiellen Betroffenheit durch das Vorhaben sowie daraus, inwieweit zu dem Gebiet bereits hinreichend aktuelle und aussagekräftige Ergebnisse aus früheren Untersuchungen vorliegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 62 ff.; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 54 f.; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 50). Aus diesem Grund kann in den besonderen Einzelfällen auf die Durchführung einer aktuellen Bestandserhebung gänzlich verzichtet werden, in denen von einer solchen im Hinblick auf die Zielsetzung der naturschutzrechtlichen Prüfung keine gegenüber den Ergebnissen aus früheren Untersuchungen weiterführenden Erkenntnisse zu erwarten sind.
286 
Eine solche Situation war nach den Darlegungen der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung der Kammer in Bezug auf die von der Klägerin beanstandete Erfassung der im Vorhabengebiet lebenden Schnecken, Laufkäfer, Reptilien, Säuger, Wildbienen und Vögel gegeben.
287 
Der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt, dass es sich bei den herangezogenen älteren Erhebungen um Beschreibungen von Beständen gehandelt habe, die auch nach Einschätzung der früheren Bezirksstelle für Umweltschutz als der zuständigen Fachbehörde, der von dieser konsultierten ehrenamtlichen Naturschutzbeauftragten sowie der damaligen Gutachter in Bezug auf die tatsächlichen und potentiellen Lebensräume im Vorhabengebiet eine nur sehr geringe Dynamik aufweisen. Hierbei kommt insbesondere der Einschätzung der ursprünglich tätigen Gutachter zur möglichen Entwicklung der von ihnen speziell untersuchten Arten deshalb ein besonderes Gewicht zu, weil diese nach Aussage des Beklagten in vielfältiger Weise seit langer Zeit nicht nur im Vorhabengebiet, sondern auch in vergleichbaren Auewäldern tätig sind.
288 
Zu dieser grundsätzlichen Stabilität der erhobenen Bestände kommt vor allem hinzu, dass die Fauna und Flora im Untersuchungsraum - wie der Fachgutachter des Vorhabenträgers ebenfalls in der mündlichen Verhandlung überzeugend dargelegt hatte - im Zeitpunkt der Erstellung der FFH-Verträglichkeitsstudie aufgrund der erheblichen Zerstörungen der dichten Waldbestände des Untersuchungsraums durch den Orkan „Lothar“ im Dezember 1999 in untypischer Weise stark beeinträchtigt war, gleichzeitig aber auch bereits abzusehen war, dass sich die Natur im Untersuchungsbereich wieder in den vor „Lothar“ vorhandenen Zustand entwickeln und sich mit den Lebensräumen auch der Bestand der betroffenen Tierarten wieder erholen werde.
289 
Da die Verträglichkeitsprüfung in der Regelung des § 38 Abs. 1 NatSchG BW, 34 Abs. 1 BNatSchG (2007) sowie in Art. 6 Abs. 3 und 4 der Habitatsrichtlinie 42/93/EWG an den „günstigen Erhaltungszustand“ der geschützten Lebensräume und Arten anknüpft, der sowohl in Reaktion auf die Einwirkungen durch das Vorhaben als auch sonst kurz- bis mittelfristigen dynamischen Veränderungen unterworfen sein kann (zur Standortdynamik vgl. BVerwG, Urt. v. Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 45), musste es in dieser besonderen Situation einer vorübergehenden Störung der Erhaltungszustände der zu schützenden Arten und Lebensräume durch nichtvorhabenbedingte Einflüsse auf den Zustand ankommen, der sich ohne die Verwirklichung des Vorhabens wieder entwickeln würde. Dann aber konnte der Fachgutachter des Vorhabenträgers zumindest dort, wo sich auch nach Einschätzung der früheren Bezirksstelle für Umweltschutz als der zuständigen Fachbehörde und den von dieser konsultierten Stellen des ehrenamtlichen Naturschutzes die Regenerierung der Lebensräume und Bestände in einen zuvor stabilen Zustand konkret abzeichnete, auf eine Beschreibung eines reduzierten Ist-Zustands verzichten und die Prognose der maßgeblichen Entwicklung methodisch einwandfrei allein an den Erhebungen zu den Beständen aus der Zeit vor den starken Zerstörungen durch den Orkan „Lothar“ orientieren.
290 
Die vom Fachgutachter der Klägerin in diesem Zusammenhang besonders hervorgehobene Problematik, dass der Rückgriff allein auf ältere Bestandserhebungen in Bezug auf den Mittelspecht und die Tagfalter durch die Unsicherheit geprägt sei, dass sich die zwischenzeitliche Alterung der Waldbestände oder eine Änderung in der Landnutzung auf das jeweilige Vorkommen ausgewirkt haben könne, begründet keinen stichhaltigen Einwand gegen die für das tatsächliche Vorgehen maßgeblichen Gründe, sondern bestätigt letztlich sogar dessen Sachgerechtigkeit. So zeigt gerade der Zusammenhang zwischen dem aktuellen Waldbestand und dem Besiedlungsgebiet der Mittelspechte, dass der sturmbedingt untypisch reduzierte Waldbestand bei einer aktuellen Erhebung des Bestands der Mittelspechte (dentrocopus medius) im Vorhabengebiet ein ebenfalls untypisches Bild ergeben hätte, das dem Schutz des Gebiets in Bezug auf die im Vorhabengebiet als Bestand geschützten Mittelspechte nicht oder jedenfalls nicht besser gerecht geworden wäre als der Rückgriff auf die umfassende Bestandserhebung aus der Zeit vor „Lothar“. Dies gilt umso mehr, als der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, dass man sich bei der Verträglichkeitsuntersuchung der - auch durch eine aktuelle Bestandserhebung nicht zu verringernden - Unsicherheit zur Beurteilung des Vorkommens der Arten und ihrer Entwicklung im Ansatz stets bewusst gewesen sei und den notwendigen Ausgleich dieser Unsicherheiten durch entsprechende Worst-Case-Betrachtungen versucht habe (zur Bewältigung von unvermeidbaren Kenntnislücken und Prognoserisiken vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 64).
291 
Der weitere Verweis des Fachgutachters der Klägerin auf den Zusammenhang zwischen der aktuellen Landnutzung und dem Vorkommen geschützter Tagfalter wie dem Großen Feuerfalter (lycaena dispar) zeigt ebenfalls die dem Vorgehen des Beklagten zugrunde liegende Problematik zwischen den sturmbedingten Zerstörungen im Vorhabengebiet und der sich abzeichnenden Erholung der Lebensräume dieser Falterarten. Hinzu kommt, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung darlegen konnte, dass im Zusammenhang mit der Gebietsmeldung als FFH-Schutzgebiet in Bezug auf die genannten Tagfalter aktuelle Untersuchungen zu den Beständen im Vorhabengebiet durchgeführt worden seien, die zu der entsprechenden Bezeichnung der geschützten Lebensräume geführt hätten.
292 
Die Erwägungen des Beklagten und seiner Fachgutachter zur Beschränkung des Untersuchungsumfangs der vor Ort durchzuführenden aktuellen Bestandserhebungen konnten von der Kammer berücksichtigt werden. Denn der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung über seinen Fachgutachter und die anwesenden Vertreter der zuständigen Naturschutzbehörden bestätigt, dass diese Erwägungen vor oder während der Erstellung der fachwissenschaftlichen FFH-Verträglichkeitstudie gemeinsam angestellt worden und über die Einbindung der Naturschutzbehörden in das Planfeststellungsverfahren der Zulassungsbehörde auch vor der Entscheidung über den Planfeststellungsbeschluss bekannt gemacht worden sind.
293 
(3.3) Erfassung der geschützten Lebensräume und Arten
294 
Anders als vom Fachgutachter der Klägerin kritisiert, bezeichnen und behandeln die beiden Fachgutachten zur FFH-Verträglichkeit auch alle in den Anhängen I und II der FFH-RL genannten Lebensräume und Arten, die nach dem Schutzzweck der FFH-Gebiete „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) und „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“ (Nr. 7512-341) in ihrem günstigen Erhaltungszustand erhalten oder wiederhergestellt werden sollen.
295 
Insbesondere hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers bei der Untersuchung der einzelnen Lebensraumtypen und Arten die Standardbögen zur Gebietsmeldung ausgewertet. Zwar sind die entsprechenden Bögen zur Gebietsmeldung nicht in den Akten enthalten; doch hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers - unter Bestätigung durch die Vertreter der höheren Naturschutzbehörde - in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass man sich bei Beginn der Verträglichkeitsuntersuchung mangels erfolgter Gebietsmeldung zunächst nur an den Entwürfen der Standardbögen zur Gebietsmeldung habe orientieren können, dass man aber dann nach der erfolgten Gebietsmeldung einen Abgleich zwischen der tatsächlichen Meldung und dem bisherigen Untersuchungsumfang vorgenommen und dann in dem zweiten Gutachten die Lebensraumtypen oder geschützten Arten ergänzend untersucht habe, die in den Entwürfen zur Gebietsmeldung noch nicht aufgeführt gewesen seien.
296 
Unschädlich ist auch, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers sich bei seiner Untersuchung - in Abstimmung mit der für die Meldung der FFH-Gebiete verantwortlichen Naturschutzbehörde - auf die in den Anhängen der FFH-RL (und der Vogelschutz-RL) genannten Lebensraumtypen und Tierarten beschränkt hat, die durch Baumaßnahmen oder im Rahmen des Betriebs des Rückhaltebeckens von einer Überflutung oder Vernässung betroffen sein können. Denn diese Beschränkung, die etwa die (als fehlend gerügte) Untersuchung der im Standardbogen zur Gebietsmeldung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ aufgeführten, im eigentlichen Vorhabengebiet aber trotz aktueller Bestandserhebungen nicht nachgewiesenen Großen Moosjungfer (leucorrhinia pectoralis) betrifft, ist durch die einzig möglichen Beeinträchtigungen der Natur durch das Vorhaben gerechtfertigt (zur Entbehrlichkeit der Verträglichkeitsprüfung bei erkennbar ausgeschlossenen Beeinträchtigungen vgl. auch BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 60; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558, Rn. 99).
297 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin die Verträglichkeitsuntersuchung in Bezug auf die Vogelarten Mittelspecht (dentrocopus medius), Neuntöter (lanius collurio) und Eisvogel alcedo atthis) vermisst, hat er diesen Vorwurf im Hinblick auf die ausdrückliche Behandlung dieser Vogelarten im Rahmen der ihrer Meldung zu den Vogelschutzgebieten „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ und „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ (vgl. nunmehr auch die Verordnung des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum zur Festlegung von europäischen Vogelschutzgebieten v. 05.02.2010, GBl. 2010 S. 37ff, 168ff) entsprechenden Untersuchung im Rahmen der Natura-2000-Verträglichkeitsstudien fallen gelassen und auf den Einwand der fehlerhaften Erörterung ihrer Beeinträchtigung durch das Vorhaben umgestellt (hierzu unter 4.3.).
298 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin allgemein rügt, dass man bei der Betrachtung und Untersuchung der geschützten Lebensräume die biotop- oder bestandsspezifischen Besonderheiten im Vorhabengebiet, wie etwa die Zuordnung des Lebensraumtyps 91E0, Auwälder, zu einem der relevanten Subtypen, außer Acht gelassen habe, greift dies ebenfalls nicht durch. Denn der Beklagte ist diesem Vorwurf mit dem überzeugenden Hinweis entgegen getreten, dass sich die notwendigen spezifischen Darstellungen der Lebensraumtypen und Artenbestände aus der Umweltverträglichkeitsstudie mit den entsprechenden Bestandsaufnahmen und Bewertungen ergeben würden, so dass man sich ihrer bei der FFH-Verträglichkeitsstudie in ausreichendem Maße bewusst gewesen sei und man nur aus Gründen der vereinfachenden Darstellung darauf verzichtet habe, diese nochmals in die FFH-Verträglichkeitsstudie zu übertragen.
299 
Die weitere Rüge des Fachgutachters der Klägerin, dass man zu Unrecht auf nähere Bestandserhebungen zu den Vorkommen der Gemeinen Flussmuschel (unio crassus), der Rapfen (aspius aspius), der geschützten Fledermausarten Große Hufeisennase (rhinolophus ferrumequinem), Mopsfledermaus (barbastella barbastellus), Wimperfledermaus (myotis emarginatus) und Großes Mausohr (myotis myotis) und der Armleuchteralgen verzichtet habe, begründet ebenfalls keinen relevanten Fehler der wissenschaftlichen Abschätzung der Verträglichkeit des Vorhabens in Bezug auf diese in den FFH-Gebieten „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ sowie „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ geschützten Arten. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat hierzu dargelegt, dass man deshalb auf nähere Bestandserhebungen verzichtet habe, weil zu diesen Arten eine Beeinträchtigung durch das Vorhaben von vornherein ausgeschlossen werden konnte. Letztlich liegt dem FFH-Verträglichkeitsgutachten damit die wissenschaftlich zulässige Annahme eines in Bezug auf die Bestandssituation im Vorhabengebiet gegebenen Worst-Case zugrunde, der dennoch offensichtlich keine erheblichen Beeinträchtigungen befürchten lasse. Diese - einen Verzicht auf weitere Bestandserhebungen grundsätzlich rechtfertigende - Annahme eines Worst-Case ist vorbehaltlich der folgerichtigen Behandlung auch bei der Abschätzung der möglichen Beeinträchtigungen durch das Vorhaben rechtlich nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der näheren Beschreibung der Bestände der Armleuchteralgen hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers zusätzlich darauf hingewiesen, dass die Bestände witterungsbedingt sehr starken Schwankungen unterworfen seien, sodass eine Erhebung stets nur eine unsichere Beschreibung des Ist-Zustands erbringen könne.
300 
Soweit die fehlende Erfassung weiterer geschützter Fledermausarten beanstandet wird, die etwa in den Donauauen nachgewiesen worden seien und deshalb potentiell auch im Vorhabengebiet verbreitet sein könnten, steht der Verpflichtung zu entsprechenden gezielten Erhebungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsstudie bereits entgegen, dass diese - im Übrigen auch nicht näher benannten - weiteren Fledermausarten weder in der Gebietsmeldung zum FFH-Gebiet „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ noch in der Meldung des FFH-Gebeits „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ als vorkommende Tierart nach Anhang II der FFH-Richtlinie aufgeführt und deshalb von den Erhaltungszielen der Schutzgebiete nicht umfasst sind.
301 
Schließlich greift auch der fachliche Vorwurf nicht durch, man habe die Vorhaben der geschützten Schmalen und Bauchigen Windelschnecken in ihren potentiellen Lebensräumen nicht systematisch erkundet. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung sehr deutlich und glaubhaft dargelegt, dass die Kartierung der Bestände der beiden Molluskenarten nicht auf einem Zufallsfund beruhe, sondern das Ergebnis einer intensiven Erhebung in allen potentiellen Lebensräumen darstelle. In diesem Zusammenhang hat er auch überzeugend zu dem Hinweis des Fachgutachters der Klägerin Stellung genommen, dass die Schneckenarten aufgrund ihrer nur sehr geringen Größe leicht übersehen werden könnten.
302 
(3.4) Erfassung der charakteristischen Arten
303 
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin hat die Kammer auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Erfassung und Bewertung der Bestände der charakteristischen Arten der im Vorhabengebiet geschützten Lebensraumtypen fehlerhaft erfolgt ist.
304 
Charakteristische Arten eines Lebensraumtyps sind unter dem Blickwinkel der Erhaltungsziele und damit für die Verträglichkeitsprüfung bedeutsam. Nach Art. 1 Buchst. e) Anstrich 3 FFH-RL ist der Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums definiert als die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und sich auf das Überleben seiner charakteristischen Arten im Schutzgebiet auswirken können. Deshalb können die charakteristischen Arten auch den Umfang der gebotenen Bestandserfassung und -bewertung beeinflussen. Als charakteristische Arten kommen nicht nur die im Standarddatenbogen als solche angesprochenen Arten in Betracht. Die FFH-Richtlinie stellt mit dem entsprechenden Begriff vielmehr auf den fachwissenschaftlichen Meinungsstand darüber ab, welche Arten für einen Lebensraumtyp prägend sind. Deswegen hat die Bestandserfassung und -bewertung grundsätzlich die nach dem Stand der Fachwissenschaft charakteristischen Arten eines Lebensraumtyps einzubeziehen, selbst wenn diese im Standarddatenbogen nicht gesondert als Erhaltungsziele benannt sind (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 79). Bei der Auswahl der für einen Lebensraumtyp charakteristischen Arten verfügt die Behörde allerdings über einen fachlichen Beurteilungsspielraum. Dieser Beurteilungsspielraum ist nur dann überschritten, wenn solche Arten nicht einbezogen wurden, über deren Berücksichtigungsfähigkeit ein weitgehender fachwissenschaftlicher Konsens besteht (so BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 80).
305 
Entgegen der Auffassung der Klägerin erfolgte die Auswahl der charakteristischen Arten in den maßgeblichen Lebensraumtypen methodisch hinreichend sachgerecht. Die für die im Standarddatenbogen aufgeführten Lebensraumtypen charakteristischen Arten wurden von der höheren Naturschutzbehörde im Zusammenwirken mit dem von dem Vorhabenträger beauftragten Fachgutachter unter dem Gesichtspunkt der jeweils besonderen Schutzwürdigkeit der konkreten Lebensräume und der dort nachgewiesenen Arten festgelegt. Zu diesem Zweck hatte man zunächst im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung auf der Grundlage der Gutachten zur Bestandsaufnahme und Bewertung der Biotope im nördlichen Taubergießen (Thomas/Rennwald, 1999; Anlage 12.1 zum Antrag vom 21.06.2004; Antragsordner 28) sowie der Faunistischen Detailuntersuchungen (IUS Institut für Umweltstudien Weisser und Ness GmbH 1995; Anlage 12.3 zum Antrag vom 21.06.2004, Antragsordner 28) und der Einzelgutachten etwa zu den besonders schützenswerten Schmetterlings- und Heuschreckenarten (E. und K. Rennwald, 2001, Anlagen 12.4. und 12.5 zum Antrag vom 21.06.2004, Antragsordner 29) spezifische Entwicklungsziele der jeweiligen Lebensraumtypen definiert, auf deren Grundlage dann die dort zu schützenden charakteristischen Arten bestimmt wurden. Dieses - vor allem dem Fehlen von Managementplänen zur Schutzwürdigkeit und Entwicklung der FFH-Gebiete geschuldete - Vorgehen ist im Hinblick auf die Methodik und Systematik rechtlich nicht zu beanstanden, zumal sich gerade hier der naturschutzfachliche Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum auswirkt, der bei der Unterschutzstellung und Entwicklung geschützter Lebensräume gegeben ist.
306 
Allerdings ist dem Fachgutachter der Klägerin zuzugeben, dass sich weder die Methodik noch die Bestimmung der charakteristischen Arten der einzelnen geschützten Lebensräume aus der Natura-2000-Prüfung ergeben. Gleiches gilt auch für die übrigen vorgelegten Einzeluntersuchungen und naturschutzfachlichen Gutachten. Der beauftragte Fachgutachter und die Vertreter der höheren Naturschutzbehörde haben jedoch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass man auf die dargelegte Weise verfahren sei und die dergestalt als schützenswert bestimmten charakteristischen Arten in den verschiedenen Lebensräumen auf ihre mögliche Betroffenheit durch das Vorhaben hin untersucht habe. Auf der Grundlage dieser Darlegungen des Fachgutachters des Vorhabenträgers hat die Kammer die Überzeugung gewonnen, dass die notwendigen Untersuchungen tatsächlich vollumfänglich und fachgemäß durchgeführt worden sind und die fehlende Dokumentation ihrer Methodik und Ergebnisse allein auf einem bewussten Verzicht auf die Darstellung dieser Untersuchungen in der Natura-2000-Studie gründet. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat glaubhaft weiter ausgeführt, dass ein Teil der charakteristischen Arten bereits über den Katalog der nach Anhang II der FFH-Richtlinie geschützten Arten bezeichnet und untersucht worden sei und es sich im Übrigen bei den möglicherweise betroffenen Lebensräumen um Gebiete gehandelt habe, die gerade zumindest auch aufgrund ihrer Lage in den bereits bestehenden Feuchtgebieten schützenswert seien, sodass eine weitere Vernässung oder Überflutung im Rahmen des Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung grundsätzlich zu einer Verbesserung der Lebensräume für die dort charakteristischen Arten führe und selbst dort, wo bislang trockene Lebensräume erstmals vernässt würden, allenfalls eine unter dem Gesichtspunkt der Schutzwürdigkeit des Gebietes unschädliche Verschiebung innerhalb des gegebenen Artenspektrums die Folge sei. Da diese Erwägungen der Planfeststellungsbehörde aufgrund der steten Einbindung der höheren Naturschutzbehörde in das Planfeststellungsverfahren auch bekannt waren, konnten sie bei der Beurteilung der Methodik und Sachgerechtigkeit der Bestimmung der für einen geschützten Lebensraum charakteristischen Arten als bloße Erläuterungen der von der Planfeststellungsbehörde bei der Verträglichkeitsprüfung tatsächlich tragenden Überlegung angesehen und bei der rechtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung berücksichtigt werden.
307 
Sofern der Fachgutachter die betrachteten charakteristischen Arten in ihrer Anzahl als zu gering kritisiert, liegt dem die - in der mündlichen Verhandlung widerlegte - Annahme zugrunde, dass sich das Maß und der Umfang der entsprechenden Untersuchungen allein aus den schriftlichen Darlegungen in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien ergebe. Tatsächlich aber hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers - wie dargelegt - eine Vielzahl spezifischer charakteristischer Arten auf eine mögliche Beeinträchtigung ihrer Lebensraumbedingungen hin untersucht und eine solche dann bereits auf der Grundlage einer einfachen Folgenabschätzung verneint. Der Gutachter der Klägerin hat demgegenüber nicht dargelegt, inwiefern die Planfeststellungsbehörde auf der Grundlage der von ihr geschilderten Überlegungen trotz ihres fachlichen Beurteilungsspielraums bei der Auswahl der zu untersuchenden charakteristischen Arten hinter den zwingenden Anforderungen des wissenschaftlichen Standards zurückgeblieben ist. Der alleinige Hinweis auf das bereits im Zeitpunkt der Verträglichkeitsprüfung zur Verfügung stehende Handbuch der Bundesanstalt für Naturschutz (Ssymank u.a., Das europäische Schutzgebietssystem NATURA -2000 - BfN-Handbuch zur Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie, 1998) reicht hierfür angesichts der Bezogenheit der charakteristischen Arten auf die spezifischen Erhaltungs- und Entwicklungsziele der geschützten Lebensräume nicht aus. Aus dem letztgenannten Grund greift auch der Einwand des Fachgutachters der Klägerin nicht durch, man habe es versäumt, die in den trockenen Gebietsteilen der geschützten Lebensräume vorkommenden Arten einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Denn auch wenn es zutrifft, dass sich auch in diesen Bereichen erhaltenswerte Arten finden lassen, hat der Beklagte hinreichend deutlich gemacht, dass die Erhaltungsziele der geschützten Lebensräume im wesentlichen auf die Vegetation und Artenvielfalt zielen, die durch eine Vernässung gefördert werden, und es hinsichtlich solcher Arten, die auf eine Vernässung empfindlich reagieren können, nicht zu einer Verdrängung und Vernichtung ihrer Lebensräume kommt, sondern nur zu einer Verschiebung ihres Anteils im gesamten Artenspektrums des jeweiligen Lebensraums.
308 
(4) Ermittlung der Erheblichkeit eines Eingriffs
309 
Die im Anschluss an die Bestandserfassung und -bewertung erfolgte Erfassung und Bewertung der vorhabensbedingten Auswirkungen auf die Lebensraumtypen und Arten, die in den Natura-2000-Gebieten geschützt sind, stellt sich als rechtswidrig dar, soweit eine Beeinträchtigung der im Bereich des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ nachgewiesenen und unter Schutz gestellten Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke (vertigo angustior und vertigo moulinsiana) durch die Hochwasserrückhaltung im Rückhaltebecken Elzmündung ohne weitere vertiefte Bearbeitung ausgeschlossen wurde. Im Übrigen begegnen die Erfassung und Bewertung der Eingriffe in die geschützten FFH-Lebensraumtypen oder Artenbestände durch das Rückhaltebecken Elzmündung keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
310 
(4.1) Maßstab
311 
Ob ein Projekt das betreffende Schutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele bedeutsamen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der ordnungsgemäß erfassten und bewerteten Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium für die Prüfung der Verträglichkeit ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten im Sinne der Legaldefinition des Art. 1 Buchst. e) und i) FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 43, und v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 94). Dabei verlangt das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip (Art. 174 Abs. 2 Satz 2 EGV), das in Art. 6 Abs. 3 FFH-RL seinen Niederschlag gefunden hat, zwar nicht, dass die Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten ist, allerdings darf nach Abschluss der Verträglichkeitsprüfung auch kein vernünftiger Zweifel mehr verbleiben, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 60, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94). Hierfür muss die Verträglichkeitsprüfung die "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 62, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94). Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge, die sich auch bei Ausschöpfung dieser Erkenntnismittel derzeit nicht ausräumen lassen, können über Prognosewahrscheinlichkeiten und Schätzungen erfasst werden, die dann kenntlich gemacht und begründet werden müssen (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 64, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94). Zugunsten des Projekts dürfen bei der Verträglichkeitsprüfung die vom Vorhabenträger geplanten oder im Rahmen der Planfeststellung behördlich angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden, sofern sie sicherstellen, dass erhebliche Beeinträchtigungen verhindert werden (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007, a.a.O., Rn. 53, und v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 94).
312 
(4.2) Schmale und Bauchige Windelschnecke
313 
Nach diesen Maßstäben bestehen - auch unter Berücksichtigung der Stellungnahmen des beklagten Landes und seiner Fachgutachter im vorbereitenden Verfahren und in der mündlichen Verhandlung - vernünftige Zweifel an der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten naturschutzfachlichen Einschätzung aus der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie der ... Planungsgesellschaft vom 21.06.2004 (Anlage zu den Antragsunterlagen Nr. 9.1.; Antragsordner 23, S. 25 f), dass die bei den seltenen Retentionsflutungen gegebenen „flachen Überflutungen“ der Lebensräume der Bauchigen und der Schmalen Windelschnecke (vertigo angustior und vertigo moulinsiana) am Taubergießen „keine Gefährdung ihrer Bestände“ darstellten. Da es sich bei der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke je um Arten handelt, die im Anhang II der FFH-Richtlinie als geschützte Weichtiere von gemeinschaftlichem Interesse aufgeführt sind und deren günstiger Erhaltungszustand nach der Gebietsmeldung aus dem Jahr 2005 einen maßgeblichen Bestandteil der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) bildet, ist davon auszugehen, dass dieses Schutzgebiet durch die mit dem Betrieb des Rückhalteraums verbundenen Retentionsflutungen erheblich beeinträchtigt werden kann und das Vorhaben deshalb ohne die Erteilung einer Ausnahme nach § 38 Abs. 3 Satz 1 NatSchG unzulässig ist.
314 
Die naturschutzfachliche Einschätzung der Planfeststellungsbehörde, eine Gefährdung der Bestände der Bauchigen und der Schmalen Windelschnecke sei durch die Errichtung und den Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung nicht gegeben, gründet auf der Annahme, dass der nördliche Bereich der Taubergießenmündung, in welchem die beiden Schneckenarten nachgewiesen sind (vgl. Darstellung der Verbreitung der FFH-Typen und FFH-Tierarten im Untersuchungsgebiet, Anlage 9.2. der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie; Ordner 44 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Symbol Vm + a), nur bei Hochwasserrückhaltungen und auch dann nur mit Wasserständen von 3 bis 5 cm überflutet würde; die Ökologischen Flutungen würden sogar nur zu einer Vernässung des Bereichs führen. Dabei seien die beiden Schneckenarten als typische Auenarten und Bewohner von Röhrichten, Großseggenrieden und feuchten Pfeifengraswiesen gegen die Vernässung ihrer Lebensräume unempfindlich. Die Bauchige Windelschnecke sei auch sonst naturgemäßen winterlichen Überflutungen und sommerlichen Wasserstandschwankungen ausgesetzt.
315 
Diese Beurteilung leidet an methodisch-argumentativen Mängeln, sodass sie für sich - ohne weitere Untersuchungen - die Annahme einer fehlenden Beeinträchtigung der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke durch die Retentionsflutungen nicht mit der hier notwendigen Sicherheit begründen kann. So geht die Beurteilung verallgemeinernd davon aus, dass sowohl die Schmale als auch die Bauchige Windelschnecke als typische Bewohner nass-feuchter Auen an Überflutungssituationen angepasst sind und auch mittellange oder langandauernde Überflutungen gut vertragen können. Dies wird neben einem Hinweis auf eine Untersuchung von Groh zu den Vorkommen dieser Schneckenarten im Bereich des Polders Söllingen/Greffern aus dem Jahre 2009 vor allem aus der Annahme abgeleitet, dass die Bestände der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke im Polder Altenheim nach den Untersuchungen von Spang/Fischer/Natzschka zu den Auswirkungen der Retentionsflutungen, 1999, trotz des Probestaus im Jahr 1989, der Hochwasserrückhaltung im Jahr 1999 und einer größeren Zahl an höheren Flutungen nach wie vor vorhanden seien. Dieser Rückschluss von den Erfahrungen im Bereich der Polder Altenheim und Söllingen/Greffern auf die Auswirkungen des Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung auf die genannten - in Baden-Württemberg stark gefährdeten - Schneckenarten wäre jedoch nur tragfähig, wenn die möglichen Anpassungs- und Überlebensstrategien der beiden Schneckenarten bei einer Überflutung ihres Lebensbereichs in den Blick genommen und dargelegt worden wäre, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen aus den bislang untersuchten Lebensräumen mit denen des Vorkommens im Rückhalteraum Elzmündung vergleichbar sind. Dies ist aus der Sicht der Kammer nicht in ausreichendem Maße geschehen.
316 
Ausgangspunkt ist der überzeugende und als solcher auch unwidersprochen gebliebene Hinweis des Fachgutachters der Klägerin insbesondere in seiner - in der mündlichen Verhandlung nochmals erläuterten - Stellungnahme zu den Mängeln der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung vom März 2010 (Anlage 44 zum Klageschriftsatz vom 26.05.2010, GAS. 429 ff, 445 f), dass weder die Schmale noch die Bauchige Windelschnecke bereits aufgrund ihrer Physiologie eine allgemeine Hochwassertoleranz aufweisen. Auch geht der Gutachter der Klägerin davon aus, dass für die Schmale Windelschnecke als einer Schneckenart mit Lungenatmung, die sich überwiegend an der Bodenoberfläche aufhält und normalerweise nicht an Pflanzen emporklettert, die Gefahr des Ertrinkens oder aber - bei einem Aufschwimmen der Gehäuse an die Wasseroberfläche - die Gefahr eines Verdriftens in ungeeignete Lebensräume besteht. Dem hat der Gutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich zugestimmt. Ebenso ist es für die Kammer plausibel, wenn der Gutachter der Klägerin der Bauchigen Windelschnecke zwar eine höhere Überflutungstoleranz zugesteht, die sich zum einen aus deren Fähigkeit ergebe, dem Überflutungswasser durch Emporklettern an Pflanzenhalmen auszuweichen, und zum anderen der Beobachtung geschuldet sei, dass diese Schneckenart bei entsprechenden Fließgeschwindigkeiten für eine begrenzte Zeitdauer auch unter Wasser verbleiben könne. Gleichermaßen folgerichtig ist es dann aber auch, wenn er die Überlebensfähigkeit der Bauchigen Windelschnecke sowohl von der Überflutungshöhe und -dauer als auch von der Fließgeschwindigkeit des flutenden Wassers abhängig macht.
317 
Von diesem Ausgangspunkt aus hätten die als unproblematisch beobachteten Beeinträchtigungen der Schneckenbestände in den Poldern Altenheim und Söllingen/Greiffern in Bezug auf diese Parameter der Überflutungshöhe, ihrer Dauer und der Fließgeschwindigkeit des Wassers mit den entsprechenden Prognosen für den Bereich des Vorkommens der beiden Schneckenarten im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung verglichen werden müssen. Dies ist jedoch nicht mit der für den sicheren Ausschluss einer Beeinträchtigung der Vorkommen im Bereich des Polders an der Elzmündung notwendigen Ermittlungstiefe geschehen. Vielmehr hat der Fachgutachter der Klägerin in seiner zitierten Stellungnahme vom März 2010 ebenso wie der weitere für die ... GmbH tätige Fachgutachter der Klägerin in dessen Stellungnahme vom September 2009 (Anlage 25 zum Klägerschriftsatz vom 29.09.2009 S. 65 ff) sehr anschaulich dargelegt, dass die Untersuchungen am Polder Altenheim in Bezug auf diese genannten Schneckenarten im Wesentlichen auf die Bereiche beschränkt gewesen seien, die im Rahmen von Ökologischen Flutungen vernässt würden. Die Auswirkungen einer Überflutung des Vorkommens der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke, die aufgrund der Lage der Vorkommen nur bei Hochwasserrückhaltungen der Stufe 3 vorkomme, seien hingegen nicht dokumentiert. Insofern ist vom Beklagten und den Fachgutachtern des Vorhabenträgers auch der Hinweis unwidersprochen geblieben, dass die Untersuchungen zum Vorkommen der Mollusken bereits abgeschlossen gewesen seien, als man im Jahre 1996 die ersten Hochwasserrückhaltungen vorgenommen habe. Sofern man im Jahr 1989 einen ersten Probestau durchgeführt habe, fehlt es nach den Ausführungen des Fachgutachters der Klägerin an einer Untersuchung der Bestände vor dem Probestau, sodass sich die Darstellung zum Vorkommen der Schneckenarten im Bereich des Polders Altenheim tatsächlich als reine Beschreibung eines gegebenen Bestandes darstellen dürfte, die eine belastbare Aussage dazu, in welchem Maß etwa der erste Probestau im Jahre 1989 zu einer Beeinträchtigung des Bestands geführt und wie sich die Bestände insgesamt entwickelt haben, nicht zulässt.
318 
Aufgrund der fehlenden Dokumentation des Maßes der Vernässung und der Überflutung der Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke sowie ihrer Entwicklung während des Betriebs des Polders Altenheim ist auch der allgemeine Schluss der Fachgutachter des Vorhabenträgers nicht ohne weiteres tragfähig, dass sich die Bestände der genannten Schneckenarten aufgrund der mit dem Betrieb eines Rückhalteraums verbundenen weiteren Vernässung potentieller Lebensräume trotz möglicher Bestandsverluste im Falle einer Überflutung insgesamt positiv entwickeln.
319 
Hinzu kommt, dass die Beurteilung der fehlenden Beeinträchtigung des Vorkommens der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke im Rückhalteraum Elzmündung auf der Annahme des Beklagten beruht, dass die entsprechenden Bereiche bei Hochwasserrückhaltungen Überflutungshöhen zwischen 0,03 und 0,05 m aufweisen. Diese Annahme lässt sich zwar auf der Grundlage eines Vergleichs der in der zweidimensionalen Strömungsberechnung enthaltenen Darstellung der Gelände- und Gewässersohlenhöhen (Anlage 6.1.2.4.; Ordner 14 der Antragsunterlagen vom 21.06.2004) und der dort ebenfalls enthaltenen Darstellung der Wasserspiegellagen bei Hochwasserrückhaltungen mit Wassereinleitungsmengen von 90 m³/s plausibilisieren. Denn für diesen, im Teilraum 7 des Rückhaltebeckens liegenden Lebensraum sind zum einen Geländehöhen von 158+00 bis 159+00 über NN und zum anderen Wasserspiegellagen von 158+10 über NN angegeben. Allerdings weist der Fachgutachter der Klägerin zu Recht darauf hin, dass nach Anlage 8.8.1.1 der Umweltverträglichkeitsstudie (Ordner 21 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004) für den gleichen Bereich Überflutungshöhen von 0,3 bis 0,9 m ausgewiesen sind, was für eine zumindest mögliche grundlegende Fehleinschätzung der Auswirkungen der Hochwasserrückhaltung auf die untersuchten Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecken spricht. Jedenfalls hat der Beklagte trotz der substantiierten Einwendungen zu keinem Zeitpunkt dargelegt, dass und warum die seinen Annahmen widersprechenden Angaben in der Umweltverträglichkeitsstudie fehlerhaft sind. Hinzu kommt, dass die Darstellung der Geländehöhen im Rahmen der Strömungsberechnung deutlich weniger ausdifferenziert ist, als dies im Rahmen der Darstellung der Überflutungshöhen in der Umweltverträglichkeitsprüfung der Fall ist. Dabei sind die Überflutungshöhen hier schon deshalb für die Überlebensfähigkeit der Schneckenarten relevant, weil höhere Wasserstände das Maß der möglichen Verdriftung aufschwimmender Tiere, die Dauer der Überflutung und die Möglichkeit eines Entweichens durch Emporklettern an Gräsern oder Halmen erheblich beeinflussen können.
320 
(4.3) Einwendungen im Übrigen
321 
Im Übrigen hat die Kammer keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken gegen die Bewertung der Planfeststellungsbehörde, die vorhabenbedingten Auswirkungen auf die in den Natura-2000-Gebieten geschützten Lebensraumtypen und Arten seien nicht erheblich.
322 
(4.3.1) Methodische Einwendungen
323 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin bei der Bewertung der Erheblichkeit grundsätzliche methodische Mängel darin sieht, dass die von den Wirkungen des Hochwasserrückhaltebeckens betroffenen Flächen der Lebensraumtypen oder die Anzahl der betroffenen Individuen nicht zur Gesamtfläche oder dem Gesamtbestand im betroffenen FFH-Gebiet ins Verhältnis gesetzt worden sei, ist der Fachgutachter des Vorhabenträgers dem ebenso überzeugend entgegen getreten wie dem weiteren Vorwurf, man habe bei der Bestimmung der Erheblichkeitsschwellen die in den einschlägigen Fachkonventionsvorschlägen (Lambrecht/Trautner, Fachinformationssystem und Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP - Endbericht zum Teil Fachkonventionen, Schlussstand Juni 2007) als maßgeblich bezeichneten Kriterien insbesondere des „quantitativ-relativen Flächenverlusts (1% Kriterium)“ unbeachtet gelassen. Zwar ist dem Fachgutachter der Klägerin zuzugeben, dass in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien keine Angaben zur betroffenen Population und deren Lebensräumen einerseits und dem Verhältnis zur Gesamtpopulation und deren Lebensraum andererseits enthalten sind, so dass dort, wo für einige Tierarten oder Lebensraumtypen lokale Beeinträchtigungen angenommen werden, die Bewertung der fehlenden Erheblichkeit nicht unmittelbar nachvollziehbar ist. Allerdings hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers hierzu dargelegt, dass man zu den betroffenen Arten jeweils eine Abschätzung getroffen habe, inwieweit mögliche lokale Verluste im Verhältnis zur Gesamtpopulation von Bedeutung seien, dass man hier aber auf eine grobe Schätzung beschränkt gewesen sei, weil es insoweit noch an genauen Erhebungen der Bestände in den gesamten Habitats-Gebieten gefehlt habe bzw. fehle. Die Unsicherheit im Tatsächlichen habe man allerdings dadurch eliminiert, dass man neben der Einbeziehung der Naturschutzbehörden vor allem auf das Erfahrungswissen der jeweils spezialisierten Fachgutachter zurückgegriffen habe, die das gesamte Habitatsgebiet aus eigener Anschauung kennen würden. Zudem habe man bei den im gesamten Habitatsgebiet verbreiteten Arten berücksichtigen können, dass es sich bei dem von dem Vorhaben betroffenen Bereichen der geschützten Habitate nur um einen sehr kleinen Teilbereich von insgesamt 4,3 km³ handele, während etwa das FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ca. 50 km² und das FFH-Gebiet „Rheinniederungen von Wittenweier bis Kehl“ ca. 38 km² umfasse.
324 
Diese Darlegungen sind in methodischer Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden, weil sie einerseits sachlich durch die Unvollständigkeit der Datenlage in den gesamten Habitatsgebieten begründet sind und andererseits einen nachvollziehbaren und in Bezug auf die Erhaltungsziele des Gebiets hinreichend konservativen Ansatz verfolgen. Hierbei ist rechtlich von Bedeutung, dass der durch das Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße bestimmte günstige Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart langfristig vor Qualitätseinbußen geschützt werden soll und deshalb sogar der Verlust eines lokalen Vorkommens oder Reviers zugelassen werden kann, wenn aufgrund einer konkreten Standortdynamik der betroffenen Art davon auszugehen ist, dass hiermit nur eine kurzzeitige Beeinträchtigung des Erhaltungszustands verbunden ist, die aufgrund anderer positiver Faktoren wieder ausgeglichen wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 45, und v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, Rn. 571 ff.). Dies gilt auch für den Aspekt möglicher Verluste an Lebensraumflächen. Zwar darf nach der Regelung des Art. Art. 1 Buchst. i) Satz 2 Spiegelstrich 2 FFH-RL auch das "natürliche Verbreitungsgebiet dieser Art weder (sofort) noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen“, doch ist nicht jeder Flächenverlust eines Lebensraums einer Art in einem FFH-Gebiet notwendig mit einer Abnahme des Verbreitungsgebiets gleichzusetzen. Denn auch insoweit verfolgt der Gebietsschutz ein dynamisches Konzept, sodass ein Flächenverlust unschädlich ist, wenn es die Standortdynamik der betroffenen Art unter den gegebenen Umständen zulässt, dass diese Flächenverluste selbst ausgeglichen werden (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 45; zum Verlust einzelner Brut-, Nahrungs- oder Rückzugsgebiete bei Vögeln: BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 -, BVerwGE 120, 276, 292, und v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 178 f.). Dabei steht der notwendigen Sicherheit der entsprechenden Wirkungsprognosen zu den Populations- und Flächenverlusten methodisch auch nicht entgegen, dass die fehlende Darstellung der Flächenverluste die Anwendung der entsprechenden Orientierungswerte ausschließt, die in den vom Fachgutachter der Klägerin angeführten Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Lambrecht / Trautner, 2007) für die Ermittlung der Erheblichkeit quantitativ-relativer Flächenverluste aufgestellt sind. Dies folgt allerdings nicht daraus, dass diese Fachkonvention erst im Jahr 2007 veröffentlicht und deren Beachtung den Naturschutzbehörden erst mit Schreiben des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 31.1.2008, und somit nach dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der streitgegenständlichen Planfeststellungsentscheidung, vorgegeben worden ist. Denn der - in die Erstellung der Fachkonvention als mitwirkender Sachverständiger eingebundene (vgl. Lambrecht / Trautner, a.a.O., S. 16) - Fachgutachter der Klägerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Fachkonvention grundsätzlich den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu den Reaktions- und Belastungsschwellen ökologischer Systeme und der darin vorkommenden Arten widerspiegelt. Auch hat er dargelegt, dass das Kriterium des quantitativ-relativen Flächenverlusts bereits in dem der Fachkonvention zugrunde liegenden Forschungsbericht (Lambrecht et al., 2004) enthalten und als Kriterium in der nachfolgenden Diskussion unproblematisch gewesen sei, sodass dessen Beachtung im Grundsatz bereits durch den fachwissenschaftlich anerkannten Standard gefordert war. Dem hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers allerdings entgegen gehalten, dass man im Ansatz stets auch die Problematik des quantitativ-relativen Flächenverlusts beachtet und gewertet, sich jedoch bei der Bewertung dieser Verluste nicht an einem bloß quantitativen Wert des Flächenverlustes, sondern an einer Gesamtschau der absehbaren Wirkungsmechanismen innerhalb der betroffenen Lebensräume orientiert habe. Damit trägt der Fachgutachter des Vorhabenträgers nicht nur der insgesamt noch fehlenden genauen Quantifizierung der Lebensräume in den betroffenen Habitatgebieten, sondern insbesondere auch dem besonderen Umstand Rechnung, dass die als Beeinträchtigung wirkenden Vernässungen und Überflutungen einzelner Lebensräume nicht - wie etwa ein Straßenbauvorhaben - zu endgültigen Flächenverlusten oder dauerhaften und „naturfernen“ Beeinträchtigungen führen, sondern innerhalb eines natürlichen Spektrums bleiben, auf welches das ökologische System mit relativ gut absehbaren Folgen und letztlich damit auch positiven Auswirkungen für die zunächst im Lebensraum beeinträchtigten Arten reagiert. Dies hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers anschaulich an den Auswirkungen der Vernässung und Flutung für die allgemeine Artenvielfalt und die Verbesserung der Nahrungssituation etwa für zunächst durch Lebensraumveränderungen nachteilig betroffene Vögel dargelegt. Hinzu kommt, dass sich auch die „Fachkonvention zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-VP“ ausdrücklich nur die Bedeutung einer fachlichen Konkretisierung des Erheblichkeitsbegriffs ohne formalrechtliche Verbindlichkeit beimisst und damit letztlich nur eine Hilfestellung bei der stets erforderlichen Einzelfallbeurteilung bieten kann und soll (Lambrecht / Trautner, 2007, S. 17; zur Funktion der Fachkonvention und dem dortigen Kriterium des Flächenverlusts als Entscheidungshilfe vgl. auch BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 125).
325 
(4.3.2) Konkrete Bewertung der Lebensraumtypen
326 
Soweit der Fachgutachter der Klägerin konkrete Einwendungen gegen die Beurteilung der möglichen Beeinträchtigungen der geschützten Lebensraumtypen als nicht erheblich erhebt, greifen diese nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und der dortigen Erläuterungen des Beklagten nicht durch.
327 
(4.3.2.1) Lebensraumtyp 91E0 Auwälder
328 
Den mit dem - im Ansatzpunkt berechtigten - Hinweis auf die fehlende Dokumentation des Erhaltungsziels verknüpften Kritikpunkt der fehlenden Nachvollziehbarkeit der als nicht erheblich eingestuften Beeinträchtigung des Lebensraumtyps 91E0, Auewälder, hat der Fachgutachter der Klägerin ausdrücklich fallen gelassen, nachdem der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung dargelegt hatte, dass sich das Erhaltungsziel der Unterschutzstellung auf den Subtyp der Ufergehölze beziehe und dementsprechend eine Beeinträchtigung durch die zusätzlichen Flutungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Hochwasserrückhaltebeckens ausgeschlossen werden könne. Der in diesem Zusammenhang von der Klägerin ebenfalls erhobene Einwand, die zusätzlichen Flutungen seien entgegen der Einschätzung des Beklagten nicht geeignet, auch - bislang kaum gegebene - Hartholzauen entstehen zu lassen, weil es hierfür an den notwendigen Niedrigwasserständen fehle und die - auetypische - Gemeine Esche auf stehendes oder langsam fließendes Wasser empfindlich reagiere, ist angesichts der allein aus der Ufervegetation folgenden Einstufung des Lebensraums als Auewald unter dem Gesichtspunkt der FFH-Verträglichkeitsprüfung unerheblich. Denn die Ausbildung der Auewälder zum Subtyp der „Hartholzaue“ gehört nach dem Vortrag des Beklagten nicht zu den Erhaltungszielen der Schutzgebiete. Es kann daher offen bleiben, ob der Hinweis des Fachgutachters des Vorhabenträgers zutrifft, die Ökologischen Flutungen sowie die vorgesehenen Niedrigwasserstände würden die notwendige Hochwasserdynamik von Überflutungs-, Niedrig- und Druckwasser herstellen und seien somit ungeachtet der Problematik für die empfindlicheren Eschen prinzipiell geeignet, die betroffenen Lebensräume in die Richtung einer Hartholzaue zu entwickeln.
329 
(4.3.2.2) Lebensraumtyp 6510 Magere Flachlandmähwiesen
330 
Der weitere ebenfalls zunächst berechtigte Einwand des Fachgutachters der Klägerin zur mangelnden Nachvollziehbarkeit der Aussage, der Lebensraumtyp 6510 (Magere Flachlandmähwiesen) werde durch die gelegentlichen Flutungen nicht erheblich beeinträchtigt, ist aufgrund der Erläuterungen zum tatsächlichen Vorgehen der Fachgutachter des Vorhabenträgers während des Verfahrens ausgeräumt worden. Zwar ist richtig, dass sich aus der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie zu diesem Lebensraumtyp weder das spezifische Erhaltungsziel noch der für den günstigen Erhaltungszustand eines Lebensraums stets auch maßgebliche Erhaltungszustand der für ihn charakteristischen Arten nach Art. 1 Buchst. i FFH-RL ablesen lassen. Allerdings hat der Fachgutachter in der mündlichen Verhandlung hinreichend dargelegt, dass die Mageren Flachlandmähwiesen in ihrer Ausbildung als feuchter Subtyp geschützt seien und nur bei seltenen Retentionen überflutet und im Übrigen bei den häufigeren Ökologischen Flutungen nur durch ansteigendes Grundwasser vernässt würden. Dies kann aufgrund der glaubhaften rechtzeitigen Einbindung auch der Genehmigungsbehörde in diese Überlegungen als bloße Erläuterung im Verfahren berücksichtigt werden. Es ist auf dieser Grundlage nachvollziehbar, wenn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hieraus ableitet, dass die charakteristischen auetypischen feuchtigkeitsliebenden Arten in ihrem Bestand und ihrer möglichen Vielzahl gefördert würden und damit dem Erhaltungsziel für das Gebiet positiv Rechnung getragen werde. Sofern der Fachgutachter der Klägerin darauf hinweist, dass auf der Mageren Flachlandmähwiese in ihrer aktuellen Ausprägung auch charakteristische Arten lebten, die an Trockenbereiche gewöhnt seien, sind diese Arten aufgrund der Zielsetzung für das Schutzgebiet nur von geringerer Bedeutung; vor allem aber hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers auch zu diesen Arten in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass sie durch die absehbare Entwicklung nicht in ihren eigentlichen Beständen gefährdet seien, sondern nur in der Anzahl und ihrem Verhältnis zur Gesamtpopulation zugunsten einer größeren Artenvielzahl zurückgedrängt würden. Dies ist für die Kammer angesichts des Hinweises des Fachgutachters auf die für Wiesen allgemein typischen zeitweisen Vernässungen durch stehendes Wasser sowie das - rechtlich relevante - Element der hierdurch belegten möglichen Regeneration der in einem natürlichen Lebensraum vorkommenden charakteristischen Arten überzeugend. Sofern der Fachgutachter der Klägerin schließlich auf die fehlende Berücksichtigung einer möglichen Überdüngung des Mageren Flachlandmähwiesen durch das geflutete Rheinwasser hinweist, ist dem der Beklagte mit dem Verweis auf die seltenen Flutungen einerseits und die insgesamt niedrige Nitratstickstoffkonzentration des Rheinwassers entgegen getreten. In dieser Situation hätte es - trotz der grundsätzlich problematischen Empfindlichkeit des Lebensraums gegenüber einer eutrophierenden Wirkung durch Stickstoffeinträge, die auch der Beklagte etwa bei der Beurteilung des Lebensraumtyps Kalk-Magerrasen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ (Natrua 2000 Verträglichkeitsstudie S. 40 ff; Anlage 9.1. zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004, Ordner 23) anerkennt - an der Klägerin gelegen, die Problematik eines dennoch drohenden schädlichen Nitratstickstoffeintrags in die Wiesen näher darzulegen. Insofern unterscheidet sich die Problematik von der Frage des schädlichen Stickstoffeintrags in der Folge eines Straßenbauprojekts, wie sie insbesondere in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf die Notwendigkeit der Verträglichkeitsprüfung anhand sog. Critical Loads aufgeworfen ist (hierzu BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 108 f., v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 107 ff, 127 und v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 - NuR 2010, 558 Rn. 87; vgl. auch Balla/Müller-Pfannenstiel/Lüttmann/Uhl, NuR 2010, 616, 617 ff). Denn anders als bei einer intensiven Straßennutzung durch den Kraftfahrzeugverkehr werden die hier betroffenen Gebiete - wenn überhaupt - nur selten und dann auch nur kurzzeitig mit möglicherweise nitritstickstoffhaltigem Rheinwasser vernässt oder überflutet, wobei der dann mögliche Eintrag der entsprechenden Schwebteile von der Fließgeschwindigkeit und der von der Gesamtwassermenge abhängigen Belastung im Einzelfall abhängt.
331 
(4.3.2.3.) Lebensraumtyp 6210 Kalk-Magerrasen mit orchideenreichen Beständen
332 
Der Einwand der Klägerin, der Beklagte habe zu Unrecht eine erhebliche Beeinträchtigung der in den beiden Fauna-Flora-Habitat-Gebieten „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ und „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ unter Schutz gestellten prioritären Lebensräume des Kalk-Magerrasens mit orchideenreichen Beständen (Lebensraumtyp 6210) verneint, greift nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung letztlich ebenfalls nicht durch.
333 
Sowohl der Fachgutachter des Vorhabenträgers als auch - ihm folgend - die Planfeststellungsbehörde in ihrem Planfeststellungsbeschluss (dort Kap. 7.1.6., S. 87 f) sind davon ausgegangen, dass die Kalk-Magerrasen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ (7712-341) in einigen näher bezeichneten Teilflächen teilweise aufgrund der flächenmäßigen Überflutungen mit nährstoffreichem Wasser sowie über die Vernässung eines Halbtrockenrasenkomplexes durch die Ökologischen Flutungen in ihren Erhaltungszielen beeinträchtigt werden können. Teilweise könne dies auch durch die Bauarbeiten geschehen; das im landschaftspflegerischen Begleitplan festgeschriebene Schutz- und Ausgleichskonzept verhindere die Erheblichkeit der Beeinträchtigung nur zum Teil. So wird in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (dort S. 42) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Baumaßnahmen am Hochwasserdamm VI zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Biotoptyps Kalkmagerrasen auf 1,4 ha führen, wobei auf einer Fläche von 0,2 ha besonders hochwertige orchideenreiche Bestände betroffen seien. Ferner werden die - aufgrund der niedrigen Fließgeschwindigkeiten - drohende Eutrophierung der 0,3 ha Halbtrockenrasen, die bei Hochwasserrückhaltungen im Teilraum 7 mit weniger als 0,1 m³/s überflutet würden, sowie die mögliche Entwicklung von 0,1 ha Halbtrockenrasen zu einem feuchteren Wiesentyp als erhebliche Beeinträchtigungen durch den Betrieb des Rückhaltebeckens gewertet. Für diese Beeinträchtigungen ist jeweils ein Ausgleich in der Form einer Neuentwicklung in der Form von Halbtrockenrasen auf anderen Flächen des FFH-Gebiets vorgesehen, die rechtlich nicht - wie es der etwas missverständliche Wortlaut der Begründung im Planfeststellungsbeschluss auf Seite 88 nahelegen könnte - als Verhinderung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung, sondern als Kohärenzsicherungsmaßnahme im Rahmen der Abweichungsentscheidung (zu dieser näher unten 5.2.) anzusehen ist und von der Behörde - wie sie in der mündlichen Verhandlung über ihren Vertreter erläutert hat - auch so angesehen wurde.
334 
Im Übrigen sind erhebliche Beeinträchtigungen der Kalk-Magerrasen im Bereich der FFH-Gebiete „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ und „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“ zu Recht verneint worden. So wurde in den entsprechenden Natura-2000-Verträglichkeitsstudien eingehend dargelegt, dass die baulichen Eingriffe am Hochwasserdamm VI und VII soweit wie möglich unter Schonung der geschützten Lebensräume durchgeführt werden müssen und etwa ein Teil der Sanierung des Hochwasserdamms VI auf einer Strecke von 750 m auf den Bereich des Dammfußes beschränkt wird. Soweit unumgängliche Eingriffe nicht zu endgültigen Flächenverlusten im konkreten Lebensraum führten, werde der samen- und wurzelhaltige Oberboden der Halbtrockenrasen abgetragen und auf die dann neu anzulegende Dammböschung wieder möglichst kurzfristig aufgetragen. Hierdurch werde mittelfristig sogar mit einer Verbesserung des Halbtrockenrasens zu rechnen sein.
335 
Diese über die Aufnahme in den Landschaftspflegerischen Begleitplan (Kap. 3.2.4.) rechtlich verbindlich festgelegten Kompensationsmaßnahmen bewirken, dass die in einem ersten Schritt gegebene Beeinträchtigung des Lebensraums rechtlich nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung wird. Zwar ist nach den Darlegungen in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien davon auszugehen, dass die Verwirklichung des Vorhabens mit den hier relevanten Eingriffen in den Boden zunächst zu einer realen Verschlechterung der in den betroffenen Lebensräumen gegebenen Lebensbedingungen für geschützte und charakteristische Arten führt. Der eintretende Flächenverlust hat jedoch - anders als dies bei den bau- und flutungsbedingten endgültigen Verlusten im Bereich des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ der Fall ist - nicht zur Folge, dass die geschützten Gebietsbestandteile insgesamt deshalb in ihrer Funktion beeinträchtigt wären, den günstigen Erhaltungszustand der dort bezeichneten natürlichen Lebensräume sowie der Arten von gemeinschaftlicher Bedeutung zu wahren. Denn die - im Übrigen nur im begrenzten Maße und lokal wirkenden - Beeinträchtigungen werden durch die Renaturierungsmaßnahmen in den betroffenen Flächen hinreichend schnell und umfassend wieder ausgeglichen.
336 
Insofern folgt die Kammer im rechtlichen Ansatz der - von der Klägerin kritisierten - Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 43, v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 94 und v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 - NuR 2010, 558 Rn. 57); danach können für die Frage, ob ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleibt, die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden. Maßgeblich ist hierbei, dass die Kompensationsmaßnahme - hier die Wiederherstellung beeinträchtigter Mager- und Halbtrockenrasenflächen - nicht eine bereits eingetretene relevante Funktionseinbuße des Lebensraums ausgleicht, sondern bewirkt, dass es zu solchen erheblichen Beeinträchtigungen gar nicht erst kommt.
337 
Der Renaturierung der Teilflächen der betroffenen Kalk-Magerrasen kommt der Charakter einer Maßnahme zu, die bereits den Eintritt einer Funktionsbeeinträchtigung des geschützten Gebietsbestandteils verhindert und damit die Erheblichkeit der zunächst gegebenen Beeinträchtigung ausschließt. Denn der zunächst durch Bauarbeiten zerstörte Lebensraum erhält zeitnah wieder die Lebensraumbedingungen einschließlich der Bodenschicht als des eigentlichen Lebensraumträgers, die vor dem Eingriff bestanden haben; außerdem ist jeweils nur ein für die Funktionsfähigkeit und Stabilität des gesamten Lebensraumtyps unerheblicher Teil der Fläche betroffen. Es ist für die Kammer daher unmittelbar nachvollziehbar, wenn der Beklagte ohne jeden vernünftigen Zweifel davon ausgeht, dass sich der Lebensraum insgesamt kurzfristig - etwa innerhalb einer Vegetationsperiode - wieder weitgehend von dem baulichen Eingriff erholen wird und auch die in diesen Bereichen lebenden charakteristischen Tierarten, zu denen etwa Heuschrecken gehören, nur vorübergehend, nicht aber dauerhaft in ihrem Bestand beeinträchtigt werden. Schließlich ist auch nicht erkennbar, dass - bezogen auf diese baulichen Beeinträchtigungen - Lebensraumflächen betroffen sind, die sowohl absolut als auch relativ die Orientierungswerte in den Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung“ (Lambrecht / Trautner, a.a.O., S. 33 und 36) überschreiten.
338 
Soweit hiernach hinsichtlich der Entwicklung der neu anzulegenden Flächen zu geeigneten Lebensräumen und der damit verbundenen Kompensation vorübergehender Habitatsverluste (auch vom Beklagten konzedierte) Prognoseunsicherheiten verbleiben, haben diese - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht zur Folge, dass im Sinne einer „Worst-Case-Betrachtung“ von einer fehlenden Eignung der Ausgleichskonzepte und damit letztlich doch von einer erheblichen Beeinträchtigung der Lebensraumtypen ausgegangen werden müsste. Vielmehr konnte der Beklagte diesen Prognoseunsicherheiten mit der verbindlichen Festschreibung eines entsprechenden Monitorings im Planfeststellungsbeschluss Rechnung tragen. Denn verbleibende wissenschaftliche Unsicherheiten sind dann kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn sich die Genehmigungsbehörde dieser Unsicherheit bewusst ist, diese über ein wirksames Risikomanagement beherrschbar bleibt und eine gegebenenfalls negative Entwicklung mit angemessenen weiteren Mitteln und Maßnahmen verhindert werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05, BVerwGE 128, 1 Rn. 67; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 - NuR 2010, 558, Rn. 67). Insbesondere die letztgenannte Möglichkeit ist hier ohne Zweifel gegeben. Denn der Vorhabenträger könnte bei Ausbleiben einer entsprechenden Entwicklung der anzulegenden Kompensationsflächen zu Magerrasen oder Halbtrockenrasen ohne weiteres zu weiteren Maßnahmen verpflichtet werden, die eine solche Entwicklung sowie die Ansiedlung entsprechender charakteristischer Arten unterstützen.
339 
(4.3.3.) Konkrete Bewertung der Arten
340 
Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des betroffenen Gebiets gewordenen Arten nach Anhang II der Habitatrichtlinie und - bezogen auf die in dem Vorhabengebiet vorkommenden geschützten Vogelarten - nach Anhang I der Vogelschutzrichtlinie verneint hat, greifen die hiergegen von der Klägerin konkret erhobenen Einwendungen - abgesehen von der bereits dargelegten Problematik der Behandlung der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke - im Ergebnis ebenfalls nicht durch.
341 
Zunächst ist es auch unter Berücksichtigung der Einwendungen des Fachgutachters der Klägerin nicht zu beanstanden, dass in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien nach einer Vorprüfung in dem FFH-Gebiet „Rheinniederung von Wittenweier bis Kehl“ (Nr. 7512-341) nur noch drei der im Vorhabengebiet gemeldeten Tierarten nach Anhang II der Habitat-Richtlinie (Groppe, Kammmolch, Wimpernfledermaus) einer vertieften Bearbeitung unterzogen und für alle anderen geschützten Tierarten erhebliche Beeinträchtigungen von vornherein ausgeschlossen wurden. Gleiches gilt für die Beschränkung der vertieften Bearbeitung der Auswirkungen des Vorhabens im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz, Ettenbach“ (Nr. 7712-341) auf die neun Tierarten Helm-Azurjungfer, Heller Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling, Großer Feuerfalter, Dunkler Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling, Kammmolch, Große Hufeisennase, Wimperfledermaus, Bechsteinfledermaus und Großes Mausohr sowie für die Beschränkung der Verträglichkeitsprüfung für die Europäischen Vogelschutzgebiete „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ und „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ (Nr. DE 7412-401 und Nr. DE 7712-401) auf einige ausgewählte Vogelarten. Denn nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 und Art. 7 FFH-RL erfordern Projekte eine (intensive) Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Habitats oder eines Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen können. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 60; Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558, Rn. 99). Eine solche Fallgestaltung ist hier in Bezug auf die nicht näher untersuchten Arten und Vögel gegeben.
342 
(4.3.3.1) Kleine Flussmuschel
343 
Soweit der Fachgutachter der Klägerin die Beurteilung der Bestände der Kleinen Flussmuschel (unio crassus) als nicht erheblich beeinträchtigt rügt, ist ihm darin zu folgen, dass in der Konsequenz der unterbliebenen konkreten Bestandserfassung davon ausgegangen werden muss, dass alle potentiellen Lebensräume durch diese Muschel besiedelt sind. Hiervon ist auch der Fachgutachter des Vorhabenträgers ausgegangen, wenn er in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (a.a.O., S. 24) sowie in der Ergänzung zu dieser Studie vom 15.09.2005 (Info Ordner zum Planfeststellungsbeschluss, Abschnitt 3, S. 12) zu den Vorkommen im FFH-Gebiet ausführt, dass zusätzlich zu dem bekannten Verbreitungsgebiet in einem Gewässer des Altrheinzugs im Teilraum B2 grundsätzlich alle Altrheinarme sowie die schnellfließenden Abschnitte der Elz, des Taubergießen und der Breitsandkehle als potentielle Lebensräume angesehen werden müssten. Allerdings hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers unter Berücksichtigung einer möglichen Empfindlichkeit der Muschelvorkommen gegen Veränderungen einerseits und der prognostizierbaren Wirkungen des Vorhabens in den potentiellen Lebensräumen andererseits eine Beeinträchtigung ausgeschlossen. Dies gründet auf der auch von der Klägerin nicht in Frage gestellten Erkenntnis, dass das Vorhaben im Bereich des Taubergießen allenfalls zu unschädlich geringfügigen Veränderungen der Fließgeschwindigkeit des Wassers führt und im Bereich der Altrheinarme, der Elz sowie der Breitsandkehle zwar kurzzeitig höhere Fließgeschwindigkeiten auftreten, diese aber im Bereich der maßgeblichen kiesigen Gewässersedimente und der sandig-schlammigen Gewässersubstrate im Gewässerrandbereich allenfalls zu kleinflächigen und damit unschädlichen Umlagerungen führen. Vor diesem Hintergrund ist der Einwand des Fachgutachters der Klägerin, die Beurteilung der Beeinträchtigungen der Flutungen auf die Bestände der Kleinen Flussmuschel berücksichtige die Problematik höherer Fließgeschwindigkeiten nicht hinreichend, nicht ausreichend substantiiert, um die insoweit notwendigen vernünftigen Zweifel an der Sachrichtigkeit der naturschutzfachlichen Erwägungen des Beklagten zu begründen. Hinzu kommt, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers zu den Abschätzungen der Auswirkungen der Flutungen nachvollziehbar dargelegt hat, dass die Flutungen mit den höheren Fließgeschwindigkeiten insbesondere, aber nicht nur im Bereich der Altrheinarme zu einer Entschlammung der Gewässersohlen und damit letztlich sogar zu einer Verbesserung der Lebensräume der Kleinen Flussmuschel führen, sodass mögliche Bestandsreduzierungen durch höhere Fließgeschwindigkeiten unmittelbar über die dann verbesserten Lebensbedingungen ausgeglichen werden. Die vom Fachgutachter der Klägerin ferner als möglich angeführten Auswirkungen durch Baumaßnahmen sind in keiner Weise substantiiert; denn die Baumaßnahmen konzentrieren sich überwiegend auf die eigentlichen Hochwasserdämme, und betreffen daher ersichtlich keine potentiellen Lebensräume der Kleinen Flussmuschel.
344 
(4.3.3.2.) Wespenbussard
345 
Aus den gleichen Gründen greift auch die weitere Rüge der Klägerin zur unvollständigen und damit fehlerhaften Beurteilung vorhabenbedingter Beeinträchtigungen der Bestände des - über die Ausweisung der Vogelschutzgebiete „Rheinniederung Nonnenweier - Kehl“ und „Rheinniederung Sasbach - Wittenweier“ geschützten Wespenbussards (pernis apivorus) nicht durch. Entgegen der Auffassung des Fachgutachters der Klägerin wurde für diese Vogelart in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (Anlage 9.1. zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 23, Abschnitt 4.3., S. 29) sowohl die von Althölzern abhängige Brutsituation als auch die Frage der Nahrungsgrundlage behandelt. Allerdings fehlt es - worauf der Fachgutachter der Klägerin letztlich hinweisen wollte - an der Begründung, dass und warum die Flutungen der Altholzbestände im Vorhabengebiet keine Auswirkungen auf die Brutsituation haben. Auch ist dem Fachgutachter der Klägerin zuzugeben, dass konkrete und aktuelle Bestandserhebungen in Bezug auf diese Vogelart nicht durchgeführt worden sind. Hieraus folgt jedoch nicht, dass im Rahmen einer Worst-Case-Betrachtung nunmehr - in Anlehnung an die Orientierungswerte für Flächenverluste in den Fachkonventionen zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Lambrecht/Trautner, 2007) - von einem so erheblichen Verlust an Lebensraumflächen ausgegangen werden müsste, dass fachwissenschaftlich letztlich eine „erhebliche Beeinträchtigung“ unterstellt werden müsste. Hierzu hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die regelmäßigen oder seltenen Überflutungen der Altholzbestände allenfalls mittelfristig zu einem Wegfall eines geeigneten Brutbaums führen können, aufgrund einer stets ausreichenden Anzahl anderer geeigneter Brutplätze im Lebensraum der Vögel jedoch keine Beeinträchtigung des Bestands zu erwarten sei. Damit nimmt der Beklagte zu Recht auf das - dem Gebietsschutz nach der Habitat-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie zugrunde liegende - dynamische Schutzkonzept Bezug, das den Ausgleich von einzelnen Lebensraumfaktoren durch natürliche Entwicklungen ohne weiteres zulässt, soweit der Bestand der betroffenen Art insgesamt stabil bleibt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 45). Dabei ist die Prognose des Fachgutachters des Vorhabenträgers umso einsichtiger, als die Flutungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung regelmäßig nicht unmittelbar, sondern nur über mehrere Vegetationsperioden hinweg zu Veränderungen in den Baumbeständen führen und damit einen Zustand schaffen, der eine Reaktion der vorhandenen Arten wesentlich erleichtert. Hinzu kommt, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers darauf hinweist, dass sich die auespezifische Nahrungssituation des Wespenbussards durch die Flutungen und die Vernässung insgesamt verbessert und sich somit positiv auf die Bestandssicherung auswirkt. Der diesbezügliche Einwand des Fachgutachters der Klägerin, dass sich die Nahrungssituation in Bezug auf die - nicht auespezifischen - Wespen durchaus verschlechtern könne, überzeugt angesichts der nur geringen Fläche des Jagdgebiets des Wespenbussards, die durch die Flutungen betroffen ist, in keiner Weise. Die betroffenen Offenlandflächen mit 0,5 km² sind gegenüber einem Nahrungsrevier von 15 bis 35 km² ohne weiteres zu vernachlässigen.
346 
(4.3.3.3.) Fledermäuse
347 
Hinsichtlich der verschiedenen im Vorhabengebiet vorkommenden und als Arten nach Anhang II der Habitat-Richtlinie geschützten Fledermausarten Große Hufeisennase (rhinolophus ferrumequinem), Mopsfledermaus (barbastella barbastellus), Wimperfledermaus (myotis emarginatus) und Großes Mausohr (myotis myotis) wurde in der Ergänzung zur Natura-2000-Verträglichkeitsstudie vom 15.09.2005 (Info Ordner zum Planfeststellungsbeschluss, Abschnitt 3, S. 21, 26 ff) aufgrund des Verzichts zu näheren Bestandserhebungen ebenfalls eine allgemeine, die potentiellen Siedlungsräume betrachtende Analyse der Wirkungen des Vorhabens auf deren Bestände angefertigt. Die hierbei aufgeführten Überlegungen zur Unempfindlichkeit gegen Hochwasser und Vernässungen des Bodens sowie zur mittelfristigen Verbesserung des Nahrungsangebots teilt auch der Fachgutachter der Klägerin. Soweit dieser zusätzlich die Berücksichtigung auch der betriebsbedingten Auswirkungen des Hochwasserrückhaltebeckens auf den Baumbestand und damit auf mögliche Nistplätze der Fledermausarten vermisst, ist dem der Fachgutachter des Vorhabensträgers mit dem überzeugenden Hinweis auf die Überlegungen in der Verträglichkeitsuntersuchung entgegen getreten, dass für die Bechsteinfledermaus (Myotis bechsteini) und das Große Mausohr (myotis myotis) eine langfristige Sicherung notwendiger Altbaumbestände im Zusammenhang mit dem Waldausgleich vorgesehen ist, welcher die Erheblichkeit der Beeinträchtigung durch eine eventuell mittel- bis langfristig eintretende Verjüngung der Baumbestände im Vorhabengebiet vermeidet. Diese Überlegungen ließen sich auch auf die übrigen Fledermausarten übertragen, sofern diese überhaupt auf den Baumbestand im Vorhabengebiet angewiesen sind. Dem hat der Fachgutachter der Klägerin nichts von erheblichem Gewicht entgegen gehalten. Dabei kommt hinzu, dass auch hier die prognostizierten positiven Auswirkungen insbesondere in Bezug auf die Nahrungssituation dazu führen, dass die Bestände in den Habitaten insgesamt positiv beeinflusst werden und deshalb selbst ein - als Worst-Case unterstelltes - sukzessives Absterben bislang geeigneter Altholzbestände in den Teilräumen 1, 2 und 7 keine Beeinträchtigungen der Stabilität der Bestände in diesen Habitaten mit sich bringen wird.
348 
(4.3.3.4.) Rapfen
349 
Die von der Klägerin gerügte fehlende Behandlung der in den betroffenen Habitaten geschützten Rapfen (aspius aspius) begründet keinen Rechtsfehler. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat insoweit in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass man hier aufgrund einer groben Abschätzung von vornherein eine erhebliche Betroffenheit der Bestände in den geschützten Habitaten ausscheiden konnte und deshalb auf eine schriftliche Niederlegung der Erwägungen verzichtet habe. Diese Einschätzung war auf die Erkenntnis gegründet, dass der Rapfen im Bereich des Rheins und der Rheinauen - anders als etwa in der Donau - sehr stabile, sich ausweitende Bestände aufweise und selbst dann nicht beeinträchtigt werde, wenn er - wie von der Klägerin befürchtet - im Zusammenhang mit Ökologischen Flutungen oder Hochwasserrückhaltungen den Bereich der Bach- und Flussläufe verlassen und dann bei Rückgang des Wassers in trockenfallenden Bereichen gefangen werden würde.
350 
(4.3.3.5.) Mittelspecht
351 
Ebenfalls nicht überzeugen kann die Argumentation des Fachgutachters der Klägerin zur fehlerhaften Behandlung der Mittelspechte (dendrocopus medius). Diese beruht auf der im Ausgangspunkt richtigen Kritik, dass das Vorkommen der Mittelspechte im Vorhabengebiet weder quantifizier- noch lokalisierbar sei. Zu folgen ist auch der hieraus methodisch konsequent abgeleiteten Annahme eines Worst-Case, nach dem der als Lebensraum für den Mittelspecht grundsätzlich geeignete Teilraum 2 als vollständig besiedelt betrachtet werden muss. Fehl geht jedoch die weitere Annahme, dass in dem betroffenen Bereich aufgrund der Baumaßnahmen und der Flutungen 0,04 ha der als Nahrungsreservoir dienenden Alteichenbestände bzw. insgesamt 15 bis 30 % der Baumbestände beseitigt würden, sodass in Anlehnung an die Orientierungswerte in der Fachkonvention zur Bestimmung der Erheblichkeit im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung (Lambrecht / Trautner, 2007) von einer erheblichen Beeinträchtigung der Bestände auszugehen sei. Diese Schlussfolgerung ignoriert hinsichtlich der tatsächlichen Annahmen die forstliche Bestandsfeinkartierung und Risikoanalyse (Anlage 12.10.1 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 30, Teil A, S. 27 f Teil B.5.3.1. S. 22 ff und 33 ff.), die für den Teilraum 2 zum einen einen nur sehr geringen Anteil an Altbeständen der Eichen von insgesamt 0,3 ha ausweisen und zum anderen deutlich machen, dass die prognostizierten Schäden überwiegend die Bestände der Berg- und Spitzahorne betreffen, die für das Nahrungsangebot und die Nistmöglichkeiten des Mittelspechts ohne Bedeutung sind. Zudem wird aus der forstlichen Risikoanalyse deutlich, dass die flutungsbedingten Schäden nur bei einem geringen Teil von 5 bis 10 % der Ahornbestände zu einem Baumverlust führen und im Übrigen Schäden an den Stämmen und Rinden erwartet werden, die - nach Aussage des Fachgutachters des Vorhabenträgers - in Absprache mit der Forstverwaltung im Rahmen eines verträglichen sukzessiven Waldumbaus beseitigt werden. Dabei geht der Fachgutachter des Vorhabenträgers in Auseinandersetzung mit diesen Prognosen nachvollziehbar nicht nur von einer allenfalls geringfügigen und kurzfristigen Beeinträchtigung der Bestände des Mittelspechts aus, sondern sieht den Verlust der überwiegend jungen Bestände des Ahorn im Teilgebiet 2 als positiven Entwicklungsfaktor für die Ausbildung größerer Eichen- und Pappelbestände an, die wiederum die Nahrungssituation für die Mittelspechte verbessern. Der vom Fachgutachter der Klägerin im Zusammenhang mit dem Verlust der Ahornbestände vorgebrachte Nachteil einer den Beutedruck durch Raubvögel vergrößernden Auslichtung des Waldes wird zum einen durch die nur sukzessive Auslichtung im Rahmen einer naturverträglichen Forstwirtschaft relativiert und zum anderen nach der insoweit überzeugenden Einschätzung des Fachgutachters des Vorhabenträgers durch die anderweitige Verbesserung der Nahrungssituation soweit ausgeglichen, dass eine tatsächliche Beeinträchtigung der Stabilität des Mittelspechtbestands nicht ernsthaft angenommen werden kann.
352 
(4.3.3.6) Neuntöter
353 
Soweit die Klägerin hinsichtlich der Feststellung einer fehlenden Betroffenheit des Neuntöters (lanius collurio) in der Natura-2000-Verträglichkeitsprüfung (a.a.O., S. 35) einwendet, dass die vorwiegend im Gschleder siedelnden Neuntöter den Teilraum 7 des Rückhaltebeckens Elzmündung als wichtiges Nahrungshabitat nützten und die Verträglichkeitsuntersuchung insofern unbeachtet lasse, dass gerade hier durch Überflutungen und Überstau erhebliche Verluste an Nahrungstieren auf der Bodenoberfläche eintreten könnten, ist eine Überschreitung des dem Beklagten bei seiner Beurteilung eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraums zur Entwicklung der Lebensbedingungen der geschützten Neuntöter-Bestände nicht gegeben. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers ist diesem Hinweis mit dem - im Grundsatz auch vom Fachgutachter der Klägerin geteilten - Argument entgegen getreten, dass sich durch die gelegentlichen Vernässungen nicht nur insgesamt das Nahrungsangebot vergrößere, sondern dass der flutungsbedingte Verlust an Nahrungstieren am Boden durch Flutungen unmittelbar nach dem Rückgang des Wassers durch das entsprechende Angebot an toten Tieren ausgeglichen werde und sich eine im Teilgebiet 7 vorübergehend gegebene Beuteknappheit im Hinblick auf die Kürze dieser Zeit und die Ausweichmöglichkeit in andere Jagdgebiete in keiner Weise auf die Bestände auswirke. Soweit der Fachgutachter der Klägerin auf eine fehlende Behandlung der Neuntöter in dem potentiell geeigneten Siedlungsgebiet entlang der Hochwasserdämme und eine dort allein aufgrund der durchgeführten Baumaßnahmen mögliche erhebliche Beeinträchtigung verweist, hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers glaubhaft dargelegt, dass aufgrund zahlreicher Ortsbegehungen ausgeschlossen werden kann, dass in diesem Bereich tatsächlich Neuntöter gesiedelt haben.
354 
(4.3.3.7) Eisvogel
355 
Im Ergebnis unerheblich ist auch der weitere Einwand des Fachgutachters der Klägerin, dass man bei der Untersuchung der möglichen Beeinträchtigungen des Eisvogels (alcedo atthis) nicht konkret dokumentiert habe, wo sich die Bruthöhlen dieses Vogels genau befänden, sodass man die in der Verträglichkeitsprüfung als Vorkommen in den Vogelschutzgebieten bezeichneten ca. 9 Brutpaare - im Rahmen der Worst-Case-Betrachtung - alle in ein Brutgebiet verweisen müsse, welches bei Betrieb des Hochwasserrückhaltebeckens von einem kritischen Anstieg des Wasserstandes von mehr als 0,5 m betroffen sei. Denn insoweit hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers unter Bezugnahme auch auf die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (a.a.O., S. 27) darauf hingewiesen, dass Eisvögel gegen Brutverluste bei Überflutung unempfindlich sind, da sie solche Verluste durch eine erneut mögliche Brut ausgleichen und sich andere den Gefährdungen angepasste Brutplätze suchen. Damit ist unter rechtlicher Bezugnahme auf die jeweils berücksichtigungsfähige Standort- und Populationsdynamik hinreichend sicher, dass eine Beeinträchtigung der Eisvogel-Bestände durch die Flutungen im Vorhabenbereich nicht eintritt. Der in Reaktion auf diesen - fachlich auch vom Gutachter der Klägerin geteilten - Ansatz einer Prognose ergangene Hinweis der Klägerin, man müsse aber im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung mangels gegenteiliger Feststellungen davon ausgehen, dass geeignete Ausweichbruthöhlen oberhalb der jeweiligen Flutungshöhen nicht vorhanden seien, ist angesichts der Größe der maßgeblichen Vogelschutzgebiete und der dort vorhandenen Flussuferstrukturen als „Annahme ins Blaue hinein“ zu werten, die den wissenschaftlich-methodischen Stellenwert der Technik einer Abschätzung ungewisser Sachverhalte oder Entwicklungen über die Unterstellung eines „Worst-Case“ überzieht.
356 
(4.3.3.8) Großer Feuerfalter
357 
Soweit die Klägerin über ihren Fachgutachter Einwendungen gegen die Beurteilung der Bestände des Großen Feuerfalters (lycaena dispar) als nicht erheblich betroffen erhebt, greifen diese ebenfalls nicht durch. Die Beurteilung des Beklagten beruht hinsichtlich der Bestände in dem Habitat „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ auf der Prognose, dass die im Teilraum 7 des Retentionsraums vorhandenen Bestände am Hochgestaderand nördlich von Kappel zwar durch die sommerlichen Überflutungen der tiefergelegenen Wiesen sowie durch eine anhaltende Vernässung durch Ökologische Flutungen beeinträchtigt werden, weil dann die wenig mobilen Raupen sterben können, dass aber gleichzeitig der Lebensbereich der Schmetterlinge durch die Entwicklung höher gelegener Wiesenbereiche in Bereiche verlagert werden kann, die von einer Flutung oder Vernässung nicht betroffen sind. Hier greifen die Fachgutachter des Vorhabenträgers die auch von der Klägerin nicht in Frage gestellte Erkenntnis auf, dass sich die Vorkommen der Großen Feuerfalter aufgrund ihrer Vorlieben für bestimmte Ampfer-Arten, die bevorzugt auf jungen Brachen oder gestörten Feuchtwiesen vorkommen, stets der Herausforderung einer sich verlagernden Vegetation ausgesetzt sind, sodass die Entwicklung neuer geeigneter Ampfer-Wiesen noch vor einer Gefährdung der bisherigen Futtergebiete als hinreichend sicher geeignete Maßnahme angesehen werden kann. In rechtlicher Hinsicht ist diese Maßnahme - trotz der mit ihr verbundenen Wirkung einer Verlagerung des Lebensraums - dem Bereich der „Vermeidung einer erheblichen Beeinträchtigung“ zuzurechnen. Zwar gehört zum insoweit maßgeblichen „günstigen Erhaltungszustand“ einer Art auch deren "natürliches Verbreitungsgebiet“, das aufgrund des Vorhabens weder sofort noch in absehbarer Zeit vermutlich abnehmen darf (2. Anstrich in Satz 2 von Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Die Flutung und Vernässung der bisherigen Wiesen führt jedoch aufgrund der vorangehenden und parallelen Entwicklung anderer geeigneter Wiesenflächen nicht zu einem Flächenverlust, sondern nur zu einer dem dynamischen Konzept des Gebietsschutzes und der natürlichen Standortdynamik der Großen Feuerfalter entsprechenden Verlagerung des Lebensraums. Der günstige Erhaltungszustand der Großen Feuerfalter wird hierdurch nach wie vor sicher gewährleistet (zur Verlagerung eines Lebensraums als Vermeidungsmaßnahme vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 45; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, Rn. 573). Das in diesem Zusammenhang vom Fachgutachter der Klägerin vermisste Monitoring oder Risikomanagement ist dem Vorhabenträger über die Nebenbestimmung zum Planfeststellungsbeschluss (Ziff. VII C 7., S. 36 f) in rechtsverbindlicher Form aufgegeben.
358 
In Bezug auf die Vorkommen des Großen Feuerfalters im Bereich des FFH-Gebiets „Rheinniederung zwischen Wittenweier und Kehl“, die vom Beklagten als durch das Vorhaben des Rückhalteraums Elzmündung nicht beeinträchtigt angesehen werden, hat die Klägerin keine substantiierten Bedenken geäußert.
359 
(4.3.3.9) Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling
360 
Schließlich ist der Klägerin auch nicht in ihrer Kritik an der Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf die vom Aussterben bedrohten Arten des Hellen und Dunklen Wiesenknopf-Ameisen-Bläulings (maculinea teleius und maculinea nausithous) zu folgen. Diese Kritik ist auf die Wirksamkeit der Maßnahmen zur Verlagerung des Lebensraums im Teilraum 7 des Rückhalteraums nordwestlich des Ellbogenwaldes sowie am Elzkopf an den Hochgestaderand im Bereich der Elzwiesen sowie zusätzlich durch Wiederherstellung und Neuanlage einiger Einzelbiotope im Bereich der Niederung der alten Elz westlich und südwestlich von Kappel beschränkt. Die Bestandsaufnahme sowie die Beurteilung der Wirkungen der Vernässung und der Flutung durch das Vorhaben auf die vorhandenen Lebensbereiche der Schmetterlingspopulation im Vorhabengebiet sind ebenso unstreitig wie der Charakter der Umwandlung der Böschung des Hochwasserdamms VI im Teilraum 6 als Sicherungsmaßnahme zur Förderung des dortigen stabilen und vom Vorhaben nicht betroffenen Bestandes. Unstreitig ist aber auch der Ausgangspunkt der naturschutzfachlichen Überlegungen des Beklagten, dass beide Wiesenknopf-Ameisen-Bläulingsarten ein kohärentes Netz an geeigneten Biotopen benötigen, die sich durch das Vorkommen zur Blüte treibender Wiesenköpfe einerseits und einer spezifischen Ameisenart andererseits auszeichnen und ein weiterer Ausfall eines Teillebensraums im Bereich des Teilraums 7 zu einer erheblichen Beeinträchtigung der insgesamt stark bedrohten und nur noch in wenigen Bereichen in Europa vorkommenden Bestände führen würde. Entgegen der Einschätzung des Fachgutachters der Klägerin hat der Beklagte jedoch ausreichende Vermeidungsmaßnahmen vorgesehen, die der besonderen Gefährdungslage für diese Bestände hinreichend Rechnung tragen. So hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung sehr ausführlich dargelegt, dass die neu zu entwickelnden Flächen ohne weiteres die notwendigen Grundbedingungen für einen Lebensraum der Wiesenkopf-Ameisenbläulinge erfüllen. Hier ist entscheidend, dass die als Futter für die Raupen dieser Schmetterlinge dienenden Ameisenlarven in den Gebieten tatsächlich vorhanden sind und die für die Eiablage unentbehrliche Blüte des ebenfalls vorkommenden Wiesenkopfes durch eine einfache Regelung zur Mahd der betroffenen Wiesen (keine Mahd in der Zeit von Mitte Juni bis Anfang September) sichergestellt werden kann. Wesentlich ist schließlich auch, dass die betroffenen Schmetterlinge von sich aus bei Bedarf neue Standorte suchen und die zu entwickelnden neuen Standorte in einer entsprechenden Reichweite liegen. Ebenso wie beim großen Feuerfalter stellt sich die Entwicklung der neuen Teillebensräume als eine Maßnahme dar, die die Erheblichkeit der Beeinträchtigung des Erhaltungszustands der Schmetterlingsart entfallen lässt und damit eine spezifische Abweichungsentscheidung entbehrlich macht. Denn die hiermit ermöglichte Verlagerung eines Teils des benötigten Lebensraums kann nach Aussagen des Fachgutachters des Vorhabenträgers bereits nach drei bis vier Jahren in vollem Umfang greifen. Da bereits während der Bauarbeiten mit der Entwicklung der neuen Wiesenflächen begonnen worden ist, stehen die Ausweichflächen im Zeitpunkt der ersten Flutungen und Vernässungen der bisherigen gefährdeten Lebensbereiche bereits in hinreichender Funktionsfähigkeit zur Verfügung (zur Verlagerung eines Lebensraums als Vermeidungsmaßnahme vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 45; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116, Rn. 573). Damit entfällt die Kritik des Fachgutachters der Klägerin, der Beklagte habe die rechtzeitige Besiedlung durch Ameisen, Futterpflanze und Falter nicht hinreichend sichergestellt. Das vermisste Monitoring oder Risikomanagement ist dem Vorhabenträger über die Nebenbestimmung zum Planfeststellungsbeschluss (Ziff. VII C 7., S. 36 f) in rechtsverbindlicher Form aufgegeben. Dabei ist diese Pflicht zum Monitoring zwar nicht - wie vom Fachgutachter der Klägerin gefordert - konkret für die Population der Wiesenkopf-Ameisen-Bläulinge ausgestaltet worden. Allerdings haben sowohl der Fachgutachter des Vorhabenträgers als auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass die Sicherung der Bestände der stark gefährdeten Wiesenkopf-Ameisen-Bläulinge im gesamten FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ein vom Vorhaben des Rückhaltebeckens unabhängiges Projekt der Entwicklung dieses Habitats ist und die durch das Vorhaben bedingte Entwicklung neuer Biotopflächen im Rahmen dieses Ziels eng begleitet wird. Hiernach bestehen für die Kammer keine Zweifel daran, dass das notwendige Monitoring einschließlich der Reaktion auf unvorhergesehene Entwicklungen vom Vorhabenträger in einem hohen Maße verlässlich und fachkundig betrieben wird.
361 
(5) Abweichungsentscheidung
362 
Ist nach dem Vorstehenden eine erhebliche Beeinträchtigung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ (7712-341) in Bezug auf den günstigen Erhaltungszustand der dortigen Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke nicht hinreichend sicher ausgeschlossen und in Bezug auf die dort unter Schutz gestellten Lebensräume von 1,4 ha Kalk-Magerrasenflächen im Bereich des Hochwasserdamms VI und von 0,3 sowie 0,1 ha Halbtrockenrasen im Teilraum 7 sogar tatsächlich gegeben (siehe oben 4.3.2.3.), durfte das Hochwasserrückhaltebecken an der Elzmündung nur auf der Grundlage einer in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG (2002), § 38 Abs. 3 bis 7 NatSchG BW zugelassen werden.
363 
(5.1) Entscheidung der Behörde
364 
Eine solche Abweichungsentscheidung hat der Beklagte in seinem Planfeststellungsbeschluss getroffen. Diese findet sich zwar nicht in dem verfügenden Teil I. des Planfeststellungsbeschlusses. Allerdings ist die dortige Aufführung der von der Planfeststellung mit umfassten weiteren Genehmigungen nicht abschließend, wie sich aus der Formulierung der „insbesondere“ umfassten Genehmigungen ergibt (S. 21 des Planfeststellungsbeschlusses). Entsprechend findet sich die Abweichungsentscheidung in den Ausführungen zu den Belangen des Naturschutzes und der Verträglichkeit des Vorhabens nach Europäischem Gemeinschaftsrecht in der Begründung des Beschlusses (Teil IX; Ziff. 7.1. Seite 86 ff). Dort ist unter den Ziffern 7.1.4. und 7.1.5. unter Hinweis auf die Natura-2000-Verträglichkeitsstudien eine erhebliche Beeinträchtigung von vier Lebensraumtypen und 5 Tierarten statuiert und unter Hinweis auf ein überwiegendes Interesse am Hochwasserschutz sowie das Fehlen von zumutbaren Alternativen die Möglichkeit der Zulassung des Projekts unter dem Vorbehalt ausgesprochen, dass die „Beeinträchtigungen ausgeglichen werden“. Diese Voraussetzung wird dann unter Hinweis auf eine vollständige Vermeidung oder Kompensation durch die in den Natura-2000-Verträglichkeitsstudien vorgesehenen und im Landschaftspflegerischen Begleitplan detailliert ausgeführten Maßnahmen als gegeben angenommen. Auch wenn hier nicht detailliert zwischen den Maßnahmen zur Vermeidung einer erheblichen Beeinträchtigung einerseits und einer im Rahmen der Abweichungsentscheidung notwendigen Sicherung der Kohärenz andererseits unterschieden wird, ergibt sich doch aus dem Verweis auf die entsprechenden Maßnahmen in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie und dem Landschaftspflegerischen Begleitplan, dass dort eine Abweichungsentscheidung getroffen werden sollte, wo diese Maßnahmen die erhebliche Beeinträchtigung nicht mehr vermeiden können, sondern das Ziel verfolgen, die durch die Beeinträchtigung gestörte Kohärenz des Gebiets anderweitig zu sichern. Dies hat der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung in Bezug auf den Verlust der Kalk-Magerrasenflächen im Bereich des Hochwasserdamms VI durch Bauarbeiten und die Neuanlage einer solchen Fläche an anderer Stelle des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ausdrücklich bestätigt.
365 
Die Abweichungsentscheidung ist jedoch rechtsfehlerhaft, da sie nicht auf die Beeinträchtigung auch der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke bezogen ist. Sie kann deshalb die nach § 38 Abs. 2 NatSchG BW begründete Unzulässigkeit des Rückhaltebeckens Elzmündung nicht entfallen lassen.
366 
(5.2) Maßstab
367 
Nach § 38 Abs. 3 NatSchG darf ein Projekt, das nach Absatz 2 zu erheblichen Beeinträchtigungen eines FFH- oder eines Vogelschutzgebiets führt, nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist und zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind. Befinden sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten, können nach Abs. 4 Satz 1 als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder den maßgeblichen günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4 zugelassen oder durchgeführt werden, sind nach Absatz 5 Satz 1 die zur Sicherung des Zusammenhangs des „Europäischen Ökologischen Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen.
368 
(5.3.1) Kalk-Magerrasen
369 
Diese Vorgaben sind im Hinblick auf die erheblich beeinträchtigten und zum Teil auch als prioritäre Lebensräume besonders geschützten Kalk-Magerrasenflächen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ erfüllt.
370 
Dabei geht die Kammer zugunsten des Beklagten davon aus, dass es sich bei der - rechtlich fehlerhaften - Formulierung auf Seite 87 Absatz 2, in welcher das Erfordernis zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses zu dem Fehlen zumutbarer Alternativen in ein Alternativverhältnis („oder“) gestellt wurde, um ein bloßes Schreibversehen handelt und diese Voraussetzungen tatsächlich kumulativ geprüft wurden. Weiter ist davon auszugehen, dass der Beklagte bei seiner Abweichungsentscheidung auch - mit negativem Ergebnis - geprüft hat, inwieweit die mit der Realisierung des Rückhalteraums Elzmündung verbundenen erheblichen Beeinträchtigungen des prioritären Orchideenbestands im Bereich des Hochwasserdamms VI auch über die Umsetzung möglicher (Teil-)Alternativen minimiert oder vermieden werden können. Solche Überlegungen sind zwingend notwendig, wenn die Abweichungsentscheidung trotz der erheblichen Betroffenheit prioritärer Biotope oder Arten nach § 38 Abs. 4 Satz 1 NatSchG BW ohne Beteiligung der Europäischen Kommission getroffen werden soll, und zwar auch dann, wenn - wie hier - mit dem „Hochwasserschutz“ ein grundsätzlich hinreichend gewichtiger zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses gegeben ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 121 f; zum Belang des Hochwasserschutzes vgl. EuGH, Urt. v. 28.01.1991 - Rs. C-57/89 -, Slg. 1991, I-883 sowie Europäische Kommission, NATURA 2000 Gebietsmanagement, 2000, Ziff. 5.5.2. S 50). Zwar hat der Beklagte in der Begründung der Abweichungsentscheidung allein darauf verwiesen, dass die verbleibenden erheblichen Beeinträchtigungen der geschützten Lebensräume und Arten durch die „Notwendigkeit des Integrierten Rheinprogramms und damit des Rückhalteraums Elzmündung zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes“ als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gerechtfertigt sind. Allerdings hat er im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung stets umfassende Überlegungen zur Vermeidung und Minimierung vorhabenbedingter Beeinträchtigungen angestellt und dabei auch die Gestaltung des Projekts und seines Betriebs mit einbezogen, sodass davon ausgegangen werden muss, dass die in dem Planfeststellungsbeschluss enthaltene Begründung zum Überwiegen der öffentlichen Belange hinter den tatsächlich angestellten Überlegungen zurückbleibt und gerade auch in Bezug auf die Beeinträchtigung der Orchideenbestände Alternativen in der Ausführung des Projekts ins Auge gefasst und untersucht worden sind.
371 
Vor allem aber sind in Bezug auf den erheblich beeinträchtigten prioritären Lebensraum der Kalk-Magerrasenflächen im FFH-Gebiet „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ hinreichende Kohärenzsicherungsmaßnahmen nach § 38 Abs. 5 Satz 1 NatSchG BW getroffen worden. Diese liegen darin, dass der durch Überflutungen mit nährstoffreichem Wasser, andauernden Vernässungen und Bauarbeiten nicht vermeidbare Funktionsverlust dieser Flächen entsprechend der Ausführung in der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (dort S. 42) über die Neuentwicklung von Halbtrockenrasenflächen auf anderen Flächen des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenheim“ wieder ausgeglichen wird (zur Neuanlage eines Lebensraums als Kohärenzsicherungsmaßnahme vgl. Europäische Kommission, NATURA 2000 - Gebietsmanagement. Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, Ziff. 5.4.2., S. 50; BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 198). Da diese neue Fläche nach der Einschätzung des Fachgutachters des Vorhabenträgers im Bereich eines Biotopverbundes liegt und von seinen künftigen Standortverhältnissen für die Entwicklung eines Lebensraums des Typs Magerrasen günstig zu beurteilen ist, bestehen keine vernünftigen Zweifel, dass sich die nach den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ in Bezug auf die beeinträchtigten Flächen geschützten Arten der Fauna und Flora trotz des vorübergehenden Flächenverlusts insgesamt wieder so regenerieren, dass von einem jeweils stabilen Bestand ausgegangen werden kann. Warum diese Annahme des Beklagten in Bezug auf die Fauna der betroffenen Gebiete - wie die Klägerin meint - „abenteuerlich“ sein soll, erschließt sich der Kammer angesichts der nachvollziehbar dargelegten hohen Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung der Flächen hin zu geschützten Rasenflächen und angesichts eines insgesamt engen Biotopverbunds mit benachbarten gleichartigen Lebensräumen nicht. Insofern ist zum einen maßgeblich, dass der bei einer Kohärenzsicherungsmaßnahme notwendige Ausgleich einer Funktionsbeeinträchtigung nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen muss und es in zeitlicher Hinsicht ausreicht, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen werden, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 200). Zum anderen genügt es für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht, wobei - jedenfalls soweit naturschutzfachlich allgemein anerkannte standardisierte Maßstäbe und rechenhaft handhabbare Verfahren fehlen - der Planfeststellungsbehörde insoweit eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zuerkannt und das Gericht in seiner Prüfung insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., Rn. 201 f.). Hinsichtlich des - trotz der Vermeidungsmaßnahmen - verbleibenden Verlusts von 0,2 ha prioritärem Lebensraum mit geschützten orchideenreichen Beständen auf der Dammkrone im Bereich des Hochwasserdamms VI geht die Kammer davon aus, dass die Neuanlage der Kalkmagerrasenflächen auch diesen Aspekt umfasst und die Orchideenbestände erhält.
372 
(5.3.2) Bauchige und Schmale Windelschnecke
373 
Die Abweichungsentscheidung ist jedoch aufgrund der fehlenden Berücksichtigung der möglichen erheblichen Betroffenheit des Vorkommens der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke rechtswidrig. Denn die Behörde muss sich im Rahmen ihrer Abweichungsentscheidung des Umstands aller Beeinträchtigungen und ihres möglichen Ausmaßes ebenso bewusst sein, wie der Unmöglichkeit geeigneter Vermeidungs- und Schutzkonzeptionen. Andernfalls könnte nicht bescheinigt werden, dass die Planfeststellung alle notwendigen Kohärenzsicherungsmaßnahmen umfasst. Auch würde die im Rahmen der Abweichungsentscheidung notwendige Abwägung der für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange mit den Beeinträchtigungen, die für das Gebiet durch das vorgesehene Projekt entstünden, entwertet (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn.114; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 114).
374 
(6) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
375 
Der über die Abweichungsentscheidung gegebene Rechtsfehler der Verträglichkeitsprüfung ist auch erheblich. Bei Fehlern der Abweichungsentscheidung nach § 38 Abs. 3 NatSchG BW ist die Regelung des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG entsprechend anwendbar, wonach diese nur dann erheblich sind, wenn sie offensichtlich und für das Abwägungsergebnis im Rahmen der Abweichungsentscheidung von Einfluss waren. Dies folgt daraus, dass die Abweichungsentscheidung mit der planerischen Abwägung in ähnlicher Weise verzahnt ist wie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und deshalb dem Rechtsgedanken des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG grundsätzlich ebenso offen steht wie diese. Gemeinschaftsrechtliche Hindernisse stehen dem, zumindest soweit es um die Ergebnisrelevanz geht, nicht entgegen; denn die Anwendung der Regelung dient der Verfahrensökonomie, ohne die Effektivität des Gebietsschutzes anzutasten (vgl. - zu der entsprechenden Regelung des 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG - BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 155). Hier sind die Voraussetzungen für die Erheblichkeit eines Abwägungsfehlers erfüllt.
376 
Die notwendige Offensichtlichkeit der fehlerhaften Nichtberücksichtigung einer möglichen Beeinträchtigung der Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke im Bereich des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ ergibt sich bereits aus der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zur Abweichungsentscheidung, wenn dort auf Seite 87 zu Nr. 7.1.4 auf die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie in Verbindung mit der Ergänzungsstudie Bezug genommen wird, in der die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke ausdrücklich verneint worden ist.
377 
Vor allem aber besteht eine hinreichend konkrete Möglichkeit, dass die Abweichungsentscheidung des Beklagten nach § 38 Abs. 3 NatSchG anders ausgefallen wäre, wenn sich der Beklagte der Möglichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzziele des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ in Bezug auf die dortigen Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke bewusst gewesen wäre. Hierbei ist nicht nur die Frage in den Blick zu nehmen, ob insoweit eine „objektive Befreiungslage“ gegeben ist, weil etwa das Gewicht der mit dem Bau und dem Betrieb des Rückhaltebeckens an der Elzmündung verbundenen öffentlichen Belange es auch rechtfertigen würde, den gesamten Bestand der genannten Mollusken im Vorhabengebiet zu vernichten (zur Unerheblichkeit eines Fehlers bei der artenschutzrechtlichen Befreiung nach § 62 BNatSchG (2002) vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, Rn. 539); vielmehr ist angesichts der Zielrichtung des Verhältnisses zwischen der notwendigen Prüfung der Erheblichkeit einer Beeinträchtigung der Schutzziele eines FFH-Gebiets und der nachrangigen Möglichkeit einer Abweichungsentscheidung auch von Relevanz, inwieweit mögliche Beeinträchtigungen durch geeignete Kohärenzsicherungsmaßnahmen ausgeglichen werden könnten (zur Notwendigkeit einer möglichst sicheren Abschätzung der Folgen eines Vorhabens für die Schutzgüter eines FFH-Gebiets und der Prüfung entsprechender Kohärenzmaßnahmen vgl. insb. EuGH, Urt. v. 20.09.2007 - C-304/05 -, < Kommission / Italien >, Slg. 2007, I-7495 Rn. 81ff.; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1 Rn. 62 ff.). Insofern muss es im Rahmen der entsprechenden Anwendung des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG für die Annahme eines erheblichen Fehlers bei der Beurteilung einer möglicherweise erheblichen Beeinträchtigung eines Schutzgebiets in seinen maßgeblichen Gebietsbestandsteilen ausreichen, dass die konkrete Möglichkeit einer anderen Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens sowie einer hierauf bezogenen Schutzkonzeption gegeben ist (zur fehlenden Relevanz einer tatsächlich sich nur geringfügig auswirkenden Fehleinschätzung vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558, Rn. 93). Entsprechend reicht es hier aus, dass eine erhebliche Betroffenheit der Vorkommen der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke durch die Hochwasserrückhaltung nach den Darlegungen des Gutachters der Klägerin möglich ist und im Falle einer solchen Betroffenheit Schutzkonzepte wie die Reduzierung der Flutungshöhen, ein geeignetes Risikomanagement (hierzu BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 54f.; Generalanwältin Kokott, Schlussanträge v. 29.01.2004 - C-127/02 < Herzmuschelfischerei > Slg. 2004, I-7405, Rn. 108) oder aber Kohärenzsicherungsmaßnahmen wie die Entwicklung geeigneter neuer Lebensräume für die betroffenen Mollusken denkbar sind.
378 
(7) Präklusion des Rügerechts
379 
Schließlich ist die Klägerin mit dem hier für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erheblichen Einwand der fehlenden Berücksichtigung der Auswirkungen des angefochtenen Vorhabens auf die mit der Ausweisung des FFH-Gebiets „Taubergießen, Elz und Ettenbach“ geschützten Bestände der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke auch nicht nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG ausgeschlossen. Dies gilt, obwohl die Klägerin im ihr gegenüber ordnungsgemäß durchgeführten Einwendungsverfahren die Gefahr einer Betroffenheit speziell der Schmalen und Bauchigen Windelschnecke nicht vorgetragen hat.
380 
(7.1) Anwendbarkeit der Präklusionsregelung
381 
Die fehlende Präklusion der Klägerin folgt allerdings nicht bereits daraus, dass die Regelung des § 73 Abs.4 Satz 3 LVwVfG in Bezug auf die gerichtliche Geltendmachung umweltrechtlicher Belange durch ein Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit nach Art. 10a der UVP-Richtlinie von vornherein unangewendet bleiben müsste.
382 
So stellt die Regelung des Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Sicherstellung des Zugangs der Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit zu einem Gerichtsverfahren ausdrücklich in den allgemeinen Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften. Dem liegt die grundsätzlich gegebene Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten zugrunde, die nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ihre Grenze nur dort findet, wo das nationale Verfahrens- und Prozessrecht die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (vgl. etwa EuGH, Urt. v. 14.12.1995 - Rs. C-430/93 -, Slg. 1995, I-4705 < Van Schindel >; Urt. v. 11.09.2003, - Rs. C-13/01- , Slg. 2003, I-8679, Rn. 49 < Safalero >; Urt. v. 07.070.2007 - Rs. C-222/05 -, Slg. 2007 I-4233 < van der Weerd >). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urt. v. 27.02.2003 - C-327/00 - Slg. 2003, I-1877, Rn. 56 < Santex SpA>).
383 
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs hat das Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5.08 -, NuR 2010, 558 Rn. 107 f; Urt. v. 14.09.2010 - 7 B 15.10 -, juris; ausführlich auch OVG NRW, Urt. v. 09.12.2009 - 8 D 10/08.AK -, DVBl. 2010, 724, juris Rn. 75 ff m.w.N.) gegen den Einwendungsausschluss als solchen auch unter Berücksichtigung des Art. 10a UVP-Richtlinie 85/337/EWG keine Bedenken. Die Regelung zur Einwendungspräklusion diene der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Hierbei sei nach wie vor ein ausreichender Rechtsschutz verbürgt. Schließlich sei es auch unerheblich, wenn der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Urt. v. 15.10.2009 - C-263/08 - NuR 2009, 773 Rn. 39 < Djurgården-Lilla Värtans Miljöskyddsförening >) zu dem Anfechtungsrecht nach Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG ausführe, dass es den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie möglich sein müsse, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Denn insoweit habe sich der Gerichtshof nicht mit der Problematik der Präklusion im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren befasst.
384 
Die Kammer schließt sich dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die ausdrücklich zum Verhältnis des Anfechtungsrechts nach Art. 10a UVP-Richtlinie 85/337/EWG zur materiellen Präklusion im deutschen Verfahrensrecht ergangen ist, aus Gründen der Wahrung einer einheitlichen Rechtsprechung an (kritisch zur Anwendbarkeit der materiellen Präklusion etwa Ziekow, NVwZ 2010, 793, 795; Bunge, ZUR 2010, 20, 23 unter Hinweis auch auf die Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston v. 02.07.2009 - C-263/08 -, Rn. 71).
385 
(7.2) Ausreichende Geltendmachung des Belangs im Einwendungsverfahren
386 
Die Klägerin ist mit dem Belang der unzureichenden FFH-Verträglichkeitsprüfung in Bezug auf die Schmale und die Bauchige Windelschnecke nicht gemäß § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG von der Geltendmachung im gerichtlichen Verfahren ausgeschlossen; denn ihre Einwendungen im Planfeststellungsverfahren waren insoweit noch hinreichend konkret.
387 
Bei der Bestimmung der Anforderungen, die im Rahmen des § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG an die zur Erhaltung der Rügefähigkeit einzelner Belange im gerichtlichen Verfahren notwendige Geltendmachung bereits im Einwendungsverfahren zu stellen sind, ist zunächst von dem gemeinschaftsrechtlich eingeräumten Recht der Klägerin auszugehen, die Planfeststellungsentscheidung in Bezug auf die Beachtung des Umweltrechts umfassend anzufechten. Dieser aus Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG folgende Überprüfungsanspruch wird durch die Präklusion nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG eingeschränkt. In diesem Spannungsverhältnis zwischen Überprüfungsanspruch und Präklusion ist zu berücksichtigen, dass die Zielsetzungen des Unionsrechts bei der Anwendung nationalen Rechts grundsätzlich so weit wie möglich zu beachten sind und gerade bei der Anwendung der nationalen Präklusionsvorschriften sicherzustellen ist, dass die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einem Unionsbürger einräumt, nicht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird (EuGH, Urt. v. 27.02.2003, C-327/00, Slg. 2003, I-1877, Rn. 63 < Santex SpA).
388 
Hieraus folgt für die Geltendmachung eines Belangs, dass er ähnlich wie bei einem von einem Vorhaben unmittelbar betroffenen Grundstückseigentümer (hierzu BVerwG, Urt. v. 30.01.2008 - 9 A 27/06 -, NVwZ 2008, 678 m.w.N.) zwar grundsätzlich in einer Weise konkretisiert werden muss, die die Planfeststellungsbehörde veranlasst, die Planung unter dem geltend gemachten Gesichtspunkt näher zu überprüfen. Die Behörde muss erkennen können, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Dabei müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren umso umfangreicher und detaillierter sein, je konkreter die ausgelegten Planunterlagen einen Gesichtspunkt behandeln (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274). Bei einer ausführlichen Behandlung des Naturschutzes in den ausgelegten Unterlagen genügt daher ein allgemeiner Hinweis auf die Zerstörung der Landschaft mit ihrer Fauna und Flora nicht mehr, um einem Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit die spätere Einwendung offen zu halten, die Planfeststellungsbehörde hätte bestimmte Tier- und Pflanzenarten in bestimmter Hinsicht einer näheren Betrachtung unterziehen müssen. Umgekehrt aber können - zumindest dann, wenn es sich bei dem Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit nicht um eine anerkannte Umweltvereinigung handelt, deren Beteiligung sich auch aus dem besonderen Sachverstand im Bereich ihrer satzungsmäßigen Aufgaben rechtfertigt (hierzu BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38/07 -, NuR 2008, 176, 179 f) - in dem auch in zeitlicher Hinsicht begrenzten Einwendungsverfahren keine Ausführungen gefordert werden, die einen vertieften wissenschaftlichen Sachverstand erfordern. Vielmehr muss es ausreichen, wenn das Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit den berührten Umweltbelang auf der Grundlage eines laienhaften Erkenntnis- und Erfahrungshorizonts darlegt (vgl. BVerwG, Urt. v. 03.03.2004 - 9 A 15/03 -, NVwZ 2004, 986, 987; zur Einholung von privaten Sachverständigengutachten im Rahmen der vom Einwendungsverfahren zu trennenden prozessualen Mitwirkungspflicht vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.03.1992 - 4 B 39.92 -, NVwZ 1993, 268; Beschl. v. 06.12.2009 - 4 KSt 1009/07 -, juris).
389 
Gemessen an diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Klägerin im Einwendungsverfahren, um ihr im gerichtlichen Verfahren die Rügemöglichkeit in Bezug auf eine unzureichende Untersuchung der möglichen Beeinträchtigungen des Vorkommens der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke zu erhalten.
390 
Zwar hat die Klägerin in ihrem innerhalb der Einwendungsfrist vorgelegten und ausführlich begründeten Einwendungsschriftsatz vom 08.12.2004 (Einwendungsordner 2, AS 1095 ff) nicht ausdrücklich darauf verwiesen, dass und warum die FFH-Verträglichkeitsprüfung in Bezug gerade auf die genannten Schneckenarten unzureichend sei. Sie hat jedoch allgemein dargelegt, dass die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie zum einen in ihrer Bestands- und Grundlagenerhebung unzureichend sei und zum anderen die dortige Abschätzung, ob eine FFH-Art von den geplanten Maßnahmen betroffen sei oder nicht, nicht nachvollzogen werden könne (Einwendungsordner 2 AS. 1137, 1141). Dies wurde dann beispielhaft an einzelnen geschützten Vogelarten und verschiedenen Säugetieren dargelegt. Hinsichtlich der Schnecken hatte die Klägerin allgemein gerügt, dass es an einer systematischen Erfassung der Bestände fehle und die Bestandsdaten von 1991 veraltet seien (Einwendungsordner 2, AS 1139). Hiermit hat die Klägerin in ausreichender Weise deutlich gemacht, dass sie die Behandlung der durch die FFH-Richtlinie geschützten Schneckenarten in der Natura-2000-Studie des Vorhabensträgers als nicht hinreichend ansieht und eine methodisch vertiefte und nachvollziehbare Betrachtung auch der in der FFH-Verträglichkeitsuntersuchung behandelten Bauchigen und Schmalen Windelschnecke für notwendig hält. Damit hat sie die Grundlinie ihres späteren Vorbringens zu den konkreten methodischen Mängeln der Beurteilung der möglichen Beeinträchtigungen dieser Mollusken durch das Vorhaben hinreichend dargelegt (zur Möglichkeit der Vertiefung eines Vortrags während des Verwaltungs- und Klageverfahrens vgl. BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28/01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rn. 16) und die Planfeststellungsbehörde in ausreichender Weise veranlasst, noch einmal vertieft in die Prüfung des Vorhabens auch in Bezug auf die beiden Schneckenarten einzutreten. Eine nähere Darlegung der Problematik, von welchen konkreten Überflutungshöhen im Bereich ihres Vorkommens im Vorhabengebiet auszugehen sei, konnte hingegen ebenso wenig erwartet werden wie der Hinweis auf die Notwendigkeit, dass die Schnecken dem Wasser entweichen können müssen. Denn die Natura-2000-Verträglichkeitsstudie verweist hinsichtlich der zu erwartenden Beeinträchtigungen unbestimmt auf nur jeweils „flache Überflutungen“ und geht auch sonst von einer allgemeinen Unempfindlichkeit der Bauchigen und Schmalen Windelschnecke gegen „auetypische Überflutungen“ aus, sodass für insoweit substantiierte Gegeneinwendungen ein erhöhter wissenschaftlicher Kenntnisstand zur Lebensweise und Physiologie dieser Schneckenarten erforderlich gewesen wäre, der von der Klägerin nicht gefordert und von dieser auch trotz der Einschaltung eines Fachbüros im zeitlich beschränkten Einwendungsverfahren nicht abgerufen werden konnte.
391 
(8) Rechtsfolge der fehlerhaften Verträglichkeitsprüfung
392 
Die in Bezug auf die Betroffenheit der Schmalen und der Bauchigen Windelschnecke gegebenen und weder nach § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG unbeachtlichen noch nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG präkludierten Ermittlungs- und Bewertungsdefizite der FFH-Verträglichkeitsprüfung führen nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Denn nach der - auf die Mängel bei der Erstellung einer FFH-Verträglichkeitsstudie entsprechend anwendbaren - Regelung des § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG führt ein erheblicher Mangel nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, wenn dieser nicht durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20/05 -, BVerwGE 128, 1, Rn. 71).
393 
Eine solche Fehlerheilung im Rahmen eines - auch prozessbegleitend durchführbaren - ergänzenden Verfahrens ist hier deshalb möglich, weil es zum einen hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass die zuständige Behörde die beanstandeten Fehler der FFH-Verträglichkeitsprüfung korrigieren kann und die festgestellten Mängel auf der anderen Seite auch nicht so gravierend sind, dass sie die Planung des Rückhaltebeckens Elzmündung als Ganzes in Frage stellen und deshalb nach Einholung einer ordnungsgemäßen FFH-Verträglichkeitsprüfung die Ausarbeitung eines grundlegend neuen Plankonzepts erforderlich wäre (hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NVwZ 2010, 320; Beschl. v. 05.12.2008 - 9 B 28/08 -, NVwZ 2009, 320, Rn. 17; Urt. v. 17.01.2007 - 9 C 1/06 -, BVerwGE 128, 76 Rn. 10; Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276, 283 f.).
394 
cc) Artenschutz
395 
Das Artenschutzrecht erweist sich für das Vorhaben nicht als rechtliches Hindernis.
396 
(1) Maßstab
397 
Die maßgeblichen artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände ergeben sich aus § 42 BNatSchG (2007) in der Fassung, die er durch Art. 1 Nr. 7 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) erhalten hat. Denn diese Änderung ist nach Art. 3 des genannten Gesetzes mit Wirkung vom 18. Dezember 2007 und damit noch vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 20.12.2007 in Kraft getreten.
398 
Nach den sogenannten Zugriffsverboten des Absatzes 1 dieser Regelung ist es verboten, wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 1), wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderzeiten erheblich zu stören (Nr. 2), Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 3) und wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Nr. 4).
399 
Erfolgt der Zugriff im Zuge eines nach § 19 BNatSchG (2007) zulässigen Eingriffs in Natur und Landschaft, so scheidet, soweit Tierarten nach Anhang IV Buchst. a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) oder europäische Vogelarten betroffen sind, aufgrund der sog. Legalausnahme gemäß § 42 Abs. 5 Satz 1 und 2 BNatSchG (2007) ein Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen auch gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 1 aus, soweit die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Entsprechendes gilt für Standorte wildlebender Pflanzen nach Anhang IV Buchst. b); § 42 Abs. 5 Satz 4 BNatSchG (2007). Für die zwar nach nationalem Recht geschützten, nicht jedoch in Anhang IV der FFH-Richtlinie aufgeführten oder dem Kreis der europäischen Vogelarten angehörenden Tier- und Pflanzenarten, ist die Anwendung des Zugriffsverbots nach Absatz 1 gänzlich ausgeschlossen (§ 42 Abs. 5 Satz 1 und 5 BNatSchG 2007; Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, 11. Naturschutzgesetz, BNatSchG a.F. (2007) (Stand April 2008), § 42 Rn. 28).
400 
Sind die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) erfüllt, kann die nach Landesrecht zuständige Behörde von diesen nach § 43 Abs. 8 Satz 1 und 2 BNatSchG (2007) im Einzelfall unter anderem im Interesse der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit sowie aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art Ausnahmen zulassen, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art nicht verschlechtert (behördliche Ausnahme). Weitergehenden Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist Rechnung zu tragen, sodass in Fällen der Betroffenheit der in der FFH-RL gelisteten Tier- und Pflanzenarten eine Ausnahme nur dann in Frage kommt, wenn die Population der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilt. Befindet sich die Population bereits in einem ungünstigen Erhaltungszustand, gilt nichts anderes, sodass die Ausnahme erteilt werden kann, wenn das Projekt zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Zustands verhindert und eine Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert (BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 142; Beschl. v. 17.04.2010 - 9 B 5/10 -, NuR 2010, 492 Rn. 7 ff; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.08.2009 - 5 S 2348/08 -, NuR 2010, 206 Rn. 50; vorsichtiger noch BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 61/08 -, NVwZ 2009, 910 Rn. 53 und 55: Beschränkung auf die Fälle in denen ein Vorhaben konkrete positive Auswirkungen auf die Populationen der betroffenen Arten haben wird; hierzu auch Storost, DVBl. 2010, 737, 744).
401 
(2) Fehlen der Bestandserhebung und der Prüfung der Zugriffstatbestände
402 
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben begegnet die Planfeststellung des Rückhalteraums Elzmündung keinen durchgreifenden artenschutzrechtlichen Bedenken.
403 
Zwar lassen - worauf die Klägerin zu Recht hinweist - sowohl der Planfeststellungsbeschluss als auch das der dortigen artenschutzrechtlichen Prüfung zugrunde liegende und am 15.03.2006 im Auftrag des Vorhabenträgers durch das Fachbüro „... Planungsgesellschaft mbH“ erstellte Fachgutachten (Ziff. 4 des Info-Ordners zum Planfeststellungsbeschluss) eine systematische Prüfung der einzelnen Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) in Bezug auf die im Vorhabengebiet vorkommenden geschützten Arten nach Anhang IV FFH-RL sowie die dort brütenden oder sonst lebenden geschützten europäischen Vogelarten vermissen. Insofern fehlt es auch an einer aktuellen Erhebung der vom Bau und Betrieb des Rückhaltebeckens konkret betroffenen geschützten Individuen und ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Denn die Prüfung, ob ein Vorhaben gegen artenschutzrechtliche Verbote verstößt, setzt grundsätzlich zunächst eine ausreichende individuenbezogene Bestandsaufnahme der im Bereich des planfestgestellten Vorhabens vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume voraus (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274, Rn. 54 ff. m.w.N.; Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 35 f.). Letztlich bleibt hiermit insbesondere ungeklärt, welche Individuen der geschützten Arten nach Anhang IV der FFH-RL sowie der europäischen Vogelarten im Falle des Baus und des Betriebs des Rückhaltebeckens Elzmündung getötet und welche konkreten Fortpflanzungs- und Ruhestätten durch diesen zerstört werden.
404 
Allerdings ist der Beklagte auf der Grundlage des am 15.03.2006 durch das Fachbüro „... Planungsgesellschaft mbH“ im Auftrag des Vorhabenträgers erstellten Fachgutachtens (Ziff. 4 des Info-Ordners zum Planfeststellungsbeschluss; dort Seite 1) im Grundansatz der naturschutzfachlichen Untersuchung zum Artenschutz von vornherein davon ausgegangen, dass der Bau und Betrieb des Rückhalteraums „aufgrund der Vielzahl der besonders geschützten Arten … ohne Beeinträchtigung zumindest einzelner dieser Arten nicht denkbar“ und es deshalb naturschutzfachlich notwendig sei, die möglichen Wirkungen des Vorhabens auf die im Vorhabengebiet vorkommenden besonders geschützten Arten, Vögel und Pflanzen unabhängig von möglichen Einzelzugriffen verallgemeinernd in Bezug auf die jeweilige Population zu untersuchen. Dieser von einer individualisierten Betrachtung abweichende Ansatz ist der - etwa gegenüber Straßenbauprojekten bestehenden - Besonderheit geschuldet, dass durch das Projekt nicht nur einmal statisch in den Lebensraum der betroffenen Arten eingegriffen wird, sondern dass sich die Zulassung des Rückhaltebeckens Elzmündung zumindest auch auf sich wiederholende Flutungen eines Gebiets bezieht, das als geeigneter Lebensraum streng geschützter Arten einer ständigen Siedlungsdynamik unterworfen ist. Denn in diesem Fall lassen sich die konkreten Auswirkungen des Vorhabens sowohl auf die dort lebenden Individuen als auch auf deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht für einen maßgeblichen Zeitpunkt umfassend und abschließend darstellen. Vielmehr sind diese von der immer wieder wechselnden Standortdynamik abhängig, die ihrerseits durch die betriebsbedingten Flutungen in einer Weise beeinflusst wird, die jedenfalls im Grundsatz auetypisch und damit nicht - wie etwa Flug- oder Straßenlärm - „naturfremd“ ist.
405 
Es kann dahin gestellt bleiben, inwieweit der Beklagte vor dem Hintergrund dieser Sondersituation überhaupt verpflichtet war, eine an einer möglichst individuenbezogenen Erhebung der streng geschützten Arten, deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie konkreter Standorte ausgerichtete Prüfung der Tatbestände der Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) vorzunehmen. Denn zum einen ist der Beklagte auf der Grundlage einer hinreichenden funktionsbezogenen Betrachtung zu der naturschutzfachlichen Einschätzung gekommen, dass die Nist-, Brut-, Wohn- oder Zufluchtsstätten der im Vorhabengebiet vorkommenden geschützten Arten sowie die Standorte der geschützten Pflanzen nach Anhang IV FFH-RL durch den Bau und den Betrieb des Rückhaltebeckens jedenfalls in ihrer ökologischen Funktion erhalten bleiben, sodass insoweit aufgrund der Legalausnahme des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG (2007) ein Verstoß gegen das Zerstörungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (2007) ausscheidet. Zum anderen hat der Beklagte in dem verfügenden Teil des Planfeststellungsbeschlusses unter lit. f) (Seite 21 des Planfeststellungsbeschlusses) vorsorglich für die Fälle, in denen im Übrigen ein Verstoß gegen die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) in Betracht kommt, eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG (2007) erteilt und hiermit eine möglicherweise durch Ermittlungs- und Bewertungsdefizite auf der Ebene der Zugriffstatbestände gegebene Rechtswidrigkeit der artenschutzrechtlichen Prüfung geheilt. Jedenfalls aber ist ein solcher Fehler aufgrund der objektiv gegebenen Befreiungslage unerheblich.
406 
(3) Legalausnahme hinsichtlich der Fortpflanzungs- und Ruhestätten
407 
Soweit durch den Bau und den Betrieb des Rückhaltebeckens Elzmündung möglicherweise Fortpflanzungs- und Ruhestätten der wildlebenden Tiere der nach Anhang IV Buchst. a) FFH-RL besonders geschützten Arten oder der europäischen Vogelarten sowie Standorte wildlebender Pflanzen nach Anhang IV Buchst. b) FFH-RL entnommen, beschädigt oder zerstört werden können, scheidet der hierin liegende Verstoß gegen das Verbot des Abs. 1 Nr. 3 und 4 BNatSchG (2007) im Wesentlichen nach § 42 Abs. 5 Satz 1, 2 und 4 BNatSchG (2007) aus. Denn es ist für eine Vielzahl der betroffenen Arten, Vögel und Pflanzen davon auszugehen, dass im Falle möglicher Zugriffe auf deren Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie die Standorte geschützter Pflanzen deren ökologische Funktion im räumlichen Zusammenhang weiterhin gewährleistet ist.
408 
(3.1) Ermittlung der maßgeblichen Grundlagen
409 
Die entsprechende naturschutzfachliche Prognose der Wirkungen des Baus und des Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung auf diese Stätten beruht zunächst auf einer hinreichenden fachwissenschaftlichen Erkenntnisgrundlage. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedurfte es hierfür keiner weitergehenden aktualisierten Ermittlung der konkret im Vorhabengebiet vorkommenden Fortpflanzungs- und Ruhestätten der besonders geschützten Arten und Vögel sowie der einzelnen Standorte der besonders geschützten Pflanzen. Denn die Anforderungen, die an die artenschutzrechtliche Prüfung im Einzelfall gestellt sind, hängen zum einen von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall sowie von der Art und Ausgestaltung des Vorhabens, zum anderen aber auch entscheidend von der maßgeblichen rechtlichen Fragestellung an die Prüfung ab. Auch findet das Maß der im Einzelfall notwendigen Ermittlung seine Grenze in dem an der praktischen Vernunft orientierten Verhältnis zwischen dem Ermittlungsaufwand und dem zu erwartenden naturschutzfachlichen Erkenntnisgewinn. Da auf Grund der Besonderheiten des Vorhabens mit den sich wiederholenden Flutungen und der Dynamik der von diesen Flutungen betroffenen Lebensräume zwar stets neue Zugriffe auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten der besonders geschützten Arten und Vögel sowie einzelne Standorte von besonders geschützten Pflanzen erfolgen, diese Zugriffe aber regelmäßig nicht allein auf aktuell vorhandene Stätten und Standorte bezogen sind, war es ausreichend, wenn sich der Beklagte für die artenschutzrechtliche Prüfung der Legalausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BNatSchG (2007) auf die bereits vorhandenen Erkenntnisse zu den besonders geschützten Arten und Vögeln im Vorhabengebiet und den dortigen Standorten besonders geschützter Pflanzen beschränkte, wie sie im Zusammenhang mit der Natura-2000-Verträglichkeitsstudie zusammengestellt worden waren, und den weiteren Sachverhalt zu den tatsächlich oder jedenfalls möglicherweise vorhandenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie den Standorten geschützter Pflanzen im Rahmen der ihr zukommenden naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative über eine realistische Worst-Case-Betrachtung zu erfassen suchte. Gleiches gilt für die Ermittlung der Parameter, die im Falle einer Zerstörung oder Beschädigung dieser Stätten und Standorte für die Aufrechterhaltung ihrer ökologischen Funktionen in ihrem räumlichen Zusammenhang notwendig sind.
410 
(3.2) Aufrechterhaltung der ökologischen Funktion der Lebensstätte
411 
Ausgehend von der methodisch nicht zu beanstandenden Ermittlung des maßgeblichen Sachverhalts ist der Beklagte ohne erheblichen Rechtsfehler zu der Beurteilung gelangt, dass die vor allem mit den Flutungen verbundenen möglichen Zugriffe auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten einschließlich der europäischen Vogelarten und auf die Standorte besonders geschützter Pflanzen die ökologische Funktion dieser Lebensstätten oder Standorte im räumlichen Zusammenhang unberührt lassen.
412 
(3.2.1) Allgemeiner Ansatz
413 
Der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in seiner artenschutzrechtlichen Fachprüfung vom 15.03.2006 sowie ergänzend durch die Erläuterungen im Verfahren für die Arten und Vögel, deren Nester, Höhlen oder sonstige Fortpflanzungs- und Ruhestätten entweder durch die baubedingten Verluste an Altholzbeständen oder aber durch die Flutungen beschädigt, zerstört oder sonst beeinträchtigt werden können, in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass weder die Verluste an den Altholzbeständen noch die Flutungen solche Veränderungen mit sich bringen, dass im Falle eines tatsächlichen Verlustes oder einer tatsächlichen Beschädigung der Fortpflanzungs- und Ruhestätte nicht zumindest in dem gleichen Revier ein Ersatz geschaffen und ein mit dem Verlust insbesondere der Fortpflanzungsstätte häufig verbundener Verlust an Eiern oder Jungtieren durch eine erneute Reproduktion wieder ausgeglichen werden kann. Diese Prognose beruht fachlich auf einem Analogieschluss aus Beobachtungen etwa der Entwicklung der Rheinauen im Bereich des Rückhaltebeckens Altenheim sowie auf den allgemeinen Erkenntnissen zur Anpassungsfähigkeit einzelner besonders geschützter Arten. Inhaltlich ist sie vor allem auf die dynamische Reaktion der betroffenen Arten auf - letztlich naturnahe - Beeinträchtigungen ihrer Lebensstätten begründet, die parallel zu den Zerstörungen oder Beeinträchtigungen durch einzelne Flutungen zu einer erheblichen Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen und der Nahrungsgrundlagen führen.
414 
Zwar hatte der Gutachter ebenso wie der Beklagte bei der naturschutzfachlichen Beurteilung der Möglichkeit, den Verlust einer Lebensstätte auszugleichen, zunächst einen populationsbezogenen Ansatz verfolgt, während nach dem Legalvorbehalt des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) in Entsprechung zu den Verbotstatbeständen zum Schutz der Lebensstätten des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d) der FFH-RL und der Nester und Eier nach Art. 5 Buchst. b) VRL auf den Funktionserhalt für das von dem Verlust oder die Beeinträchtigung konkret betroffene Exemplar abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 67; zum Funktionsbezug allgemein vgl. Europäische Kommission, Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-RL 92/43/EWG, endgültige Fassung Februar 2007, Ziff. II 3..4.d); de Witt / Geismann, Artenschutzrechtliche Verbote in der Fachplanung, Berlin 2010, S. 20 f). Allerdings bleibt dieser Fehler im Rahmen der Anwendung des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) ohne Folgen, weil sich die naturschutzfachlichen Prognosen in dem Fachgutachten zum Artenschutz vom 15.03.2006 nach den Darlegungen des Fachgutachters des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung stets auch auf die von den Verlusten einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte betroffenen Einzelexemplare beziehen lassen.
415 
Insofern ist von Bedeutung, dass die Legalausnahme des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG (2007) nach Auffassung der Kammer im Hinblick auf das gemeinschaftsrechtliche Tötungsverbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a) FFH-RL und des Art. 5 Buchst. a) VRL dahin einschränkend ausgelegt werden muss, dass eine mit einer Beschädigung oder Zerstörung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte unvermeidbar verbundene Beeinträchtigung nur insoweit von dem Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (2007) suspendiert, als die dort in der 2. Alternative genannten Entwicklungsformen der besonders geschützten Arten, nicht jedoch lebende Jung- oder gar Elterntiere der Art betroffen sind (so auch de Witt / Geismann, Artenschutzrechtliche Verbote in der Fachplanung, Berlin 2010, S. 21 f Rn 31; kritisch auch Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, 11. Naturschutzgesetz, BNatSchG a.F. (2007) (Stand April 2008), § 42 Rn. 33).
416 
(3.2.2) Einwendungen im Einzelnen
417 
Soweit die Klägerin über ihren Fachgutachter gegen die artenschutzrechtliche Prüfung im Einzelnen Einwendungen erhebt, greifen diese nicht durch.
418 
Der Planfeststellungsbehörde steht bei der Frage, ob ein artenschutzrechtlicher Verbotstatbestand erfüllt ist oder aber die Voraussetzungen für eine Legalausnahme gegeben sind, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu, so dass in diesem Rahmen getroffene, auf fachgutachterliche Stellungnahmen gestützte Annahmen einer gerichtlichen Überprüfung nur dahin unterliegen, ob sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 64; Beschl. v. 28.12.2009 - 9 B 26/09 -, NuR 2010, 191 Rn. 18).
419 
(3.2.2.1) Vögel
420 
Hiernach ist es nicht zu beanstanden, wenn sich der Beklagte auf der Grundlage des Fachgutachtens des Vorhabenträgers darauf beschränkt, die Beeinträchtigungen der Nist- und Ruhestätten der im Vorhabengebiet möglicherweise vorkommenden geschützten Vögel unabhängig von Einzelstandorten der Lebensstätten abstrakt anhand der allgemeinen Lebensweisen und der Wirkungen des Vorhabens zu untersuchen. Einer genaueren Kartierung der einzelnen Vogelarten, wie sie von der Klägerin gefordert wird, bedurfte es aufgrund der im weiteren Verlauf der Untersuchung getätigten Worst-Case-Annahmen und der im Zusammenhang mit dem Legalvorbehalt des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) rechtlich zulässigen funktionsbezogenen Betrachtung der Lebensstätten für möglicherweise betroffene Einzelexemplare nicht.
421 
Ohne Rechtsfehler ist auch die Beschränkung der näheren Untersuchungen auf die Vogelarten, die im Bereich der baubedingt wegfallenden Altholzbestände oder der Flutungen in Bodennähe brüten oder sich dort längere Zeit an einem Ort zum Zwecke der Ruhe und Zuflucht aufhalten. Denn für alle anderen Vogelarten kann eine Betroffenheit in ihren Fortpflanzungs- und Ruhestätten von vornherein ausgeschlossen werden; die Jagd- oder Nahrungsreviere sind von dem Schutz des Lebensraums nach § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG (2007) nicht umfasst (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 222; Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39.07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 66). Entsprechend bedurften auch die Greifvögel in Bezug auf ihre Nester keiner näheren Betrachtung. Denn jedenfalls ist die Erhaltung der ökologischen Funktion der Lebensräume für die möglicherweise von Nestverlusten betroffenen Einzelexemplare gesichert. So hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers unter Hinweis auf die forstliche Bestandsfeinkartierung und Risikoanalyse (Anlage 12.10.1 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 30, Teil A, S. 27 f Teil B.5.3.1. S. 22 ff und 33 ff.) nachvollziehbar dargestellt, dass die Greifvögel allenfalls in einem sehr geringen Umfang von dem Verlust geeigneter Nistplätze betroffen sind, da sie ihre Horste regelmäßig nur in Altbäumen der Eichen und Pappeln, gelegentlich auch in Eschen nutzen, diese Baumbestände - anders als die Jungbestände an Ahorn und Esche - aber durch das Vorhaben kaum betroffen sind. Hinzu kommt, dass im Rahmen des forstwirtschaftlichen Waldausgleichs gerade die Erhaltung ausgewählter Altbäume vereinbart ist, sodass stets eine ausreichende Anzahl an geeigneten Hortplätzen sichergestellt ist.
422 
(3.2.2.2) Fledermäuse
423 
Aus ähnlichen Gründen ist auch die artenschutzrechtliche Beurteilung der Auswirkungen auf die Nist- und Ruheplätze der verschiedenen geschützten Fledermausarten im Vorhabengebiet nicht zu beanstanden. Immerhin wird auch vom Fachgutachter der Klägerin anerkannt, dass Fledermäuse regelmäßig einen Verbund an Höhlenbäumen nutzen und deshalb im Falle eines - wie hier - nur geringfügigen Verlustes an Einzelbäumen stets innerhalb des Lebensraums auf andere Fortpflanzungs- und Ruhestätten ausweichen können (hierzu auch BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 101).
424 
(3.2.2.3) Amphibien
425 
Hinsichtlich der Spring- und Laubfrösche (rama dalmatina und hyla arborea) hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung überzeugend erläutert, dass Flutungen des Vorhabengebiets für diese zwar zu Laichverlusten führen können, dass die Flutungen aber wenn nicht gar über eine Zufuhr von Sauerstoff zu einer Verbesserung, so doch jedenfalls nicht zu einer Verschlechterung der Laichbedingungen in der Zukunft führen und deshalb das betroffene Gewässer in seiner Funktion als Laichgewässer für die jeweiligen Frösche erhalten bleibt. Diese Beurteilung wurde durch die Wiedergabe positiver Entwicklungen der Froschpopulationen im Überflutungsbereich des Polders Altenheim auch in fachwissenschaftlicher Hinsicht hinreichend abgesichert.
426 
Hinsichtlich der Kreuzkröte (bufo calamita) wurde ebenfalls nachvollziehbar dargestellt, dass sich die Bedingungen für ihre Reproduktion trotz möglicher Beeinträchtigungen von Laichstätten durch Flutungen nicht verschlechtern, sondern durch das Entstehen neuer Tümpel in jedem Fall verbessern.
427 
(3.2.2.4) Zwergtaucher
428 
Hinsichtlich des Zwergtauchers (tachybaptus ruficollis) wurde die Erhaltung der funktionellen Lebensstätte für die Fortpflanzung oder Ruhe einzelner Exemplare unter Hinweis vor allem auf die Fähigkeit der Tiere zur Zweit- oder gar Drittbrut und die plausible Einsicht begründet, dass die Flutungen die Neststandorte untergetauchter oder schwimmender Pflanzen im Grundsatz unangetastet lassen. Substantiierte Einwendungen gegen diese Beurteilung sind von der Klägerin nicht vorgebracht worden.
429 
(3.2.2.5) Haselmaus
430 
Weiter hält es sich auch noch im Rahmen der dem Beklagten eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative, wenn dieser für die Haselmäuse (muscardinus avellanarius) davon ausgeht, dass baubedingte Rodungen, aber auch betriebsbedingte Flutungen und Baumverluste zwar zu einer Zerstörung oder Beschädigung von Nist- und Ruhestätten führen können, dass aber die überlebenden Elterntiere - sofern sie nicht nach Beendigung der Beeinträchtigung den alten Platz wiederbesiedeln - regelmäßig im räumlichen Zusammenhang wieder geeignete Nist- und Ruhestätten finden.
431 
(3.2.2.6) Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling
432 
Schließlich ist aufgrund der naturschutzfachlichen Beurteilung der Wirkungen des Vorhabens auch nicht davon auszugehen, dass die Flutungen und Vernässungen des Lebensraums des Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulings (maculinea nausithous) im Bereich des Teilraums VII des Rückhaltebeckens den Tatbestand des Zugriffsverbots auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten erfüllen. Zwar ist insoweit davon auszugehen, dass ein derzeit noch genutzter Teillebensraum durch die Vernässungen seine Eignung als Fortpflanzungsstätte verliert, allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Fachgutachters des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung auch die betroffenen Einzelpaare dieser Schmetterlingsart auf die entwickelten Ausgleichsflächen am Hochwasserdamm VI ausweichen können. Da solche Ausweichbewegungen auch zum natürlichen Reproduktionsverhalten dieser Art gehören, bleibt damit trotz des Teilverlustes einer geeigneten Fortpflanzungsstätte der funktionelle Lebensraum für die hiervon betroffenen Exemplare erhalten.
433 
(4) Behördliche Ausnahme von Zugriffsverboten
434 
Soweit die Legalausnahme des § 42 Abs. 5 Satz 1, 2 und 4 BNatSchG (2007) nicht eingreift, etwa weil das Vorhaben in seinen Wirkungen nicht - wie bei der Avifauna und anderen Tieren, die insbesondere den Flutungen ausweichen können - allein auf Fortpflanzungs- und Ruhestätten bezogen ist, sondern auch zum Verlust von Einzeltieren führen kann oder aber weil sich die Erhaltung der funktionellen Lebensstätte für die betroffenen Einzelexemplare nicht oder nicht hinreichend sicher abschätzen lässt, sind die mit dem Vorhaben des Rückhalteraums Elzmündung potentiell verbundenen Verstöße gegen die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) aufgrund der durch die Planfeststellungsbehörde nach § 43 Abs. 8 Satz 1 und 2 BNatSchG (2007) erteilten Ausnahme (vgl. Buchst. f, Seite 21 sowie 88 ff. des Planfeststellungsbeschlusses) zugelassen.
435 
Nach dieser Regelung kann die nach Landesrecht zuständige Behörde von den Verboten des § 42 im Einzelfall unter anderem im Interesse der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit sowie aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art Ausnahmen zulassen, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Art nicht verschlechtert. Weitergehenden Anforderungen des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL ist Rechnung zu tragen.
436 
Die Planfeststellungsbehörde hat diese Voraussetzungen als zuständige Behörde zu Recht bejaht und von dem ihr eingeräumten Ermessen ordnungsgemäß Gebrauch gemacht.
437 
(4.1) Vorsorgliche Erteilung
438 
Zunächst steht der Rechtmäßigkeit der Ausnahmeerteilung nicht entgegen, dass diese ohne Bezugnahme auf einen konkreten Zugriff auf besonders genannte geschützte Arten oder Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie konkret bezeichnete Standorte besonders geschützter Pflanzen erteilt worden ist, sondern - wie der Vertreter des beklagten Landes in der mündlichen Verhandlung noch einmal klargestellt hat - vorsorglich für alle möglichen Zugriffe im Sinne des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007), die durch den Bau und den Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung verwirklicht werden können. Zwar ist die Erteilung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG nur „im Einzelfall“ möglich, dies hat jedoch nicht zur Folge, dass deshalb immer nur ein konkreter Verstoß gegen eines der Verbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) zugelassen werden könnte. Vielmehr reicht es aus, wenn das Erfordernis des „Einzelfalles“ auf eine konkrete Projektverwirklichung bezogen ist und damit alle Verstöße gegen die Zugriffsverbote erfasst, die mit dieser verbunden sind. Dann aber ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Zulassung - vorsorglich - auch die Zugriffe nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) umfasst, die sich im Zeitpunkt der Zulassung zwar noch nicht sicher konkretisieren lassen, die aber als möglich erscheinen (zur vorsorglichen Ausnahmeerteilung vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 18.06.2007 - 9 VR 13/06 -, NuR 2007, 754 Rn. 30; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274 Rn. 110).
439 
(4.2) Zwingende Gründe eines überwiegenden öffentlichen Interesses
440 
Es kann dahin stehen, ob das Vorhaben über den Hochwasserschutz der öffentlichen Sicherheit im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG (2007) dient, denn jedenfalls kann es mit dieser Zielsetzung zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne von § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG (2007) für sich in Anspruch nehmen. Solche Gründe liegen nicht nur dann vor, wenn Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Vielmehr reicht ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302 Rn. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, Rn. 153). Ein solches öffentliches Interesse an der Verwirklichung des Rückhalteraums Elzmündung ist über die hiermit bezweckte Verbesserung des Hochwasserschutzes für die Gebiete nördlich von Iffezheim ohne weiteres anzuerkennen (zur Bedeutung des Hochwasserschutzes im Rahmen der naturschutzfachlichen Abwägung vgl. EuGH, Urt. v. 28.01.1991 - Rs. C-57/89 -, Slg. 1991, I-883 ). Ein solches öffentliches Interesse ist aber auch insoweit gegeben, als im Rahmen des Betriebs des Rückhaltebeckens Maßnahmen durchgeführt werden, die - wie die Ökologischen Flutungen - nicht unmittelbar dem Hochwasserschutz dienen. Denn insoweit soll der Hochwasserschutz zu einer zumindest mittel- bis langfristigen Adaption der Natur an die Hochwasserflutungen führen und diese damit letztlich umweltverträglicher machen. Dass an der hiermit bezweckten Reduzierung von Schäden für die von Hochwasserflutungen betroffene Tier- und Pflanzenwelt ein öffentliches Interesse bestehen kann, folgt dabei schon aus der Regelung des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG (2007), nach der die Zulassung von Ausnahmen von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) auch zum Schutze der heimischen Tier- und Pflanzenwelt erfolgen kann.
441 
Das hiernach gegebene öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Rückhalteraums Elzmündung überwiegt auch die mit seinem Bau und Betrieb verbundenen Beeinträchtigungen der besonders geschützten Arten und Pflanzen. Dabei ist mit den Beteiligten grundsätzlich davon auszugehen, dass insbesondere die Flutungen des Polders den Tatbestand des Tötungsverbots des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (2007) erfüllen, soweit diese dazu führen, dass im Vorhabengebiet lebende Individuen besonders geschützter Arten ertrinken oder tödlich verletzt werden. Dies gilt, obwohl die Herbeiführung des Todes dieser Individuen durch die Flutungen weder unmittelbar noch mittelbar bezweckt wird. Denn der Tatbestand des Tötungsverbots ist auch auf solche Tötungsrisiken der Verwirklichung des Vorhabens bezogen, die Exemplare der betroffenen Arten aufgrund ihrer Verhaltensweisen gerade im Bereich des Vorhabens in besonderer Weise treffen (vgl. BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 58; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 219 und Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, NuR 2009, 112 Rn. 91 jeweils zum Kollisionsrisiko bei der Straßenbenutzung). Dies ist hinsichtlich der Flutungen letztlich für alle Arten der Fall, die gewöhnlich im Überflutungsbereich des Polders leben und plötzlichen Flutungen nicht oder nur vereinzelt durch Flucht oder Ausweichen entkommen können. Dem entsprechend ist hinsichtlich der zu erwartenden Beeinträchtigungen für die betroffenen Anhang IV-Arten auch in Zukunft von wiederholten Tötungen zum Teil vielzähliger Individuen auszugehen. Dennoch wiegen diese Verluste nicht so schwer, dass ihnen deshalb größere Durchsetzungskraft zukäme als den Belangen des naturverträglichen Hochwasserschutzes. Insofern ist neben der zwischen den Beteiligten unstreitigen Bedeutung des Hochwasserschutzes auch von der naturschutzfachlich begründeten Prognose auszugehen, dass sich durch die wiederholten Flutungen des Rückhaltebeckens mittelfristig eine höhere Artenvielfalt herausbilden wird und die von den Einzelverlusten betroffenen Arten nach Anhang IV der FFH-RL im Wesentlichen auf verbesserte oder doch zumindest gleichwertige Lebensbedingungen zurückgreifen können.
442 
(4.3) Alternativen
443 
Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung i.S.d. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 169). Dabei gelten für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung im Ansatz vergleichbare Grundsätze wie für diejenige im Rahmen der gebietsschutzrechtlichen Beurteilung. Deshalb braucht sich ein Vorhabenträger nicht auf eine Alternativlösung verweisen zu lassen, wenn sich die artenschutzrechtlichen Bestimmungen am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 567; Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 240).
444 
Eine solche Situation wäre bei einem Ausweichen auf die von der Klägerin benannte Alternative der sog. „Hartheimer Lösung“ ohne weiteres gegeben, und zwar auch dann, wenn mit der Klägerin die Fortentwicklung dieser Lösung während des Verfahrens berücksichtigt würde. Nach dieser Alternative soll nördlich von Fessenheim bei Rhein-km 210,6 (alt) bzw. 211,6 (neu) eine Ableitung von Hochwasser in das seitliche Vorland - bis an die Autobahn - erreicht werden. Das Wasser soll dann frei fließend flussabwärts wieder in den Rhein zurückgeführt werden. Durch das hierbei errechnete Retentionsvolumen von 21,5 Mio m³ bzw. von 25,5 Mio m³ (neu) soll zum einen die ansonsten vorgesehene Auskiesung eines Gebiets südlich des Kulturwehrs von Breisach überflüssig, zusätzlich eine Entlastung des Bereichs bei Burkheim und möglicherweise auch ein Verzicht auf den Retentionsraum an der Elzmündung ermöglicht werden. Allerdings würde auch hier durch die großflächige Flutung einer für die Tier- und Pflanzenwelt unbestritten hochwertigen Fläche die artenschutzrechtliche Folge der Tötung von Individuen der besonders geschützten Arten und der Zerstörung und Beschädigung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten ausgelöst, die mit den entsprechenden Folgen der Flutung der dann - zumindest nach dem vorgeschlagenen Konzept - verzichtbaren Flächen im Bereich von Burkheim sowie der Elzmündung zumindest vergleichbar sind.
445 
Der weitere Alternativvorschlag der Klägerin zur „freifließenden Elz“ mit der Verlegung der Elz zwischen Kappel am Rhein und Wittenweier außerhalb des Bereichs des Retentionsraumes, brächte zwar mit der Verringerung der dann überfluteten Retentionsflächen im Grundsatz auch eine potentielle Verringerung der artenschutzrechtlichen Zugriffshandlungen nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG (2007) mit sich, allerdings führt diese Variante unabhängig davon, dass die hierfür notwendigen Dammbauten ebenfalls die Tatbestände der Zugriffsverbote erfüllen und auch im Hinblick auf den Habitatschutz problematisch sein dürften, zu einer Verringerung des Retentionsvolumens, ohne dass diesem „Weniger“ an Hochwasserschutz ein hinreichend gewichtiges „Mehr“ an Artenschutz gegenüber gestellt wäre. Letztlich steht damit der erzielbare Gewinn für die von der Verwirklichung des Retentionsraums betroffenen besonders geschützten Arten in keinem vernünftigen Verhältnis zu den mit dem Projekt verfolgten gewichtigen öffentlichen Interessen.
446 
Schließlich stellt sich auch eine mögliche Variante des Verzichts auf Ökologische Flutungen unter dem Gesichtspunkt des Artenschutzes nicht als vorzugswürdig dar. Zwar würde mit diesem Verzicht kurzfristig eine Schonung der in dem Vorhabengebiet lebenden besonders geschützten Arten und Pflanzen erreicht, doch hätte der Verzicht gleichzeitig zur Folge, dass die nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten mittel- und langfristig eintretende Umgestaltung des Gebiets in ein aueähnliches Feuchtgebiet nicht erreicht werden könnte und die dann vorgenommenen Hochwasserrückhaltungen unverhältnismäßig größere Schäden an Natur und Umwelt mit sich brächten. Auch entfiele der mit der Schaffung von aueähnlichen Verhältnissen mittel- und langfristig verbundene positive Effekt für die Artenvielfalt insgesamt und für einen Großteil der von den Flutungen im Einzelfall betroffenen besonders geschützten Arten.
447 
(4.4) Bewahrung des günstigen Erhaltungszustands
448 
Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (2007) in Verbindung mit Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie, dass die „Populationen der betroffenen Art nach Anhang IV in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“, ist ebenfalls erfüllt.
449 
(4.4.1) Naturschutzfachliche Beurteilung
450 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Dies ist nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. Obwohl maßgeblich die Population in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu betrachten ist, können zunächst die Auswirkungen auf die örtliche Population in den Blick genommen werden. Bleibt der Erhaltungszustand der betroffenen lokalen Population günstig, so steht damit zugleich fest, dass keine negativen Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Art in ihrem überörtlichen Verbreitungsgebiet zu besorgen sind. Lässt sich dem Vorhaben die Unbedenklichkeit für die lokale Population nicht attestieren, ist ergänzend eine weiträumigere Betrachtung geboten. Dann ist zu fragen, ob die Beeinträchtigung des lokalen Vorkommens sich auf die Stabilität der Art im überörtlichen Rahmen negativ auswirkt, was maßgeblich vom Erhaltungszustand der Art in ihrem regionalen oder sogar noch größeren Verbreitungsgebiet abhängt (vgl. insb. EU-Kommission, Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-RL 92/43/EWG, endg. Fassung Februar 2007, S. 60 f.). Entsprechend kann der Verlust eines einzelnen Siedlungsraums unschädlich sein, wenn die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet über das vom Plan nachteilig betroffene Gebiet hinausreicht und als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Zu berücksichtigen sind hierbei dann auch Ausgleichsmaßnahmen, wenn durch diese das für die Erhaltung der Population notwendige Maß an Kontinuität gewahrt wird.
451 
Die Planfeststellungsbehörde hat in dem Planfeststellungsbeschluss (S. 89) unter Bezugnahme auf ein Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg - Abteilung Umwelt - vom 18.10.2007 (Behördenakte Band ...IV, AS 9217 ff) ausgeführt, dass sich der Erhaltungszustand der Population der betroffenen Arten nicht verschlechtert. Damit hat sie sich die naturschutzfachliche Beurteilung der Fachbehörde zu eigen gemacht, die in einem zur Regelung der §§ 42, 43 und 62 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 25. März 2002 (BGBl I S. 1193) - BNatSchG (2002) - ergangenen Schreiben vom 28.03.2006 (Behördenakte Band XV, AS 6715) dargelegt hatte, dass das im Auftrag des Vorhabenträgers erstellte artenschutzrechtliche Fachgutachten des Fachbüros „... Planungsgesellschaft mbH“ vom 15.03.2006 (Ziff. 4 des Info-Ordners zum Planfeststellungsbeschluss) methodisch korrekt und inhaltlich plausibel zu dem - geteilten - Ergebnis kommt, dass durch den Bau und Betrieb des Rückhaltebeckens der Fortbestand keiner geschützten Population in Frage gestellt wird, sondern viele naturschutzfachlich wertgebende Arten von der Entwicklung sogar profitieren werden.
452 
Diese Bewertung ist unter Berücksichtigung der Ausführungen zu dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag vom 15.03.2006 auch für die Kammer plausibel und wird auch durch die fachlichen Einwendungen der Klägerin nicht in einer Weise erschüttert, die eine Überschreitung des der Behörde eingeräumten naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraums erkennen ließe (zum naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum auch bei der artenschutzrechtlichen Abweichungsprüfung vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9/07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr 33 Rn. 45).
453 
(4.4.2) Einwendungen
454 
Der von der Klägerin sinngemäß erhobene Einwand, der Beklagte habe sich eine fachlich fundierte Beurteilung des Erhaltungszustands unmöglich gemacht, indem er über den Rückgriff allein auf die veralteten oder unvollständigen Bestandserhebungen im Rahmen der FFH-Verträglichkeitsprüfung auf Feststellungen zur Größe und Ausdehnung örtlicher und überörtlicher Populationen sowie zur Populationsdynamik verzichtet habe, greift nicht durch. Denn es reichte - ebenso wie im Zusammenhang mit der Prüfung der Legalausnahme des § 42 Abs. 5 BNatSchG (2007) vom Verbot des Zugriffs auf Fortpflanzungs- oder Ruhestätten sowie die Standorte geschützter Pflanzen (hierzu oben 2.2.) - aus, dass eine Beeinträchtigung der örtlichen Population bereits auf der Grundlage einer sachgerechten allgemeinen Analyse der Wirkungen des Vorhabens auf deren Lebensraum verneint werden konnte. Eine - wie von der Klägerin gefordert - größere Prüftiefe wäre nur dort erforderlich, wo auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit zu Analogieschlüssen und Worst-Case-Betrachtungen die Intensität und Tragweite der Beeinträchtigungen für die örtliche oder hieraus abgeleitet die im gesamten Lebensraum vorkommenden Populationen einer besonders geschützten Art nicht mehr angemessen erfasst werden könnten (vgl. BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9/07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr 33 Rn. 31).
455 
Eine solche Situation hat die Klägerin mit ihren Einwendungen aber auch im Besonderen nicht dargelegt.
456 
Die insoweit vom Fachgutachter der Klägerin vermissten Angaben zum sogenannten günstigen Erhaltungszustand der Haselmauspopulationen (muscardinus avellanarius) gehen im Ansatz von der rechtlichen Annahme aus, dass eine Ausnahmeerteilung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG (2007) grundsätzlich nur dann möglich ist, wenn sich die Population insgesamt in einem solchen Erhaltungszustand befindet oder aber wenn „außergewöhnliche Umstände“ gegeben sind. Dies trifft jedoch nicht zu. Denn eine Ausnahme kann auch dann erteilt werden, wenn sich eine betroffene Population bereits vor dem Eingriff nicht in einem günstigen Erhaltungszustand befindet. Dann reicht es aus, dass sich dieser Erhaltungszustand nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird (BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 142; Beschl. v. 17.04.2010 - 9 B 5/10 -, NuR 2010, 492 Rn. 7 ff; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.08.2009 - 5 S 2348/08 -, NuR 2010, 206 Rn. 50). Dass Letzteres in Bezug auf die Haselmauspopulationen - unabhängig von deren tatsächlichen Erhaltungszustand - durch den Bau und den Betrieb des Rückhaltebeckens der Fall ist, hat der Gutachter des Vorhabenträgers in seinem Gutachten und in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die nur temporal wirkenden Flutungen, die Verbesserung der allgemeinen Lebensumstände in den vernässten Bereichen und die hohe Reproduktionsrate der Haselmäuse bei Verlusten von Jungtieren in jeder Hinsicht nachvollziehbar dargelegt.
457 
Den weiter vermissten näheren Angaben zur Population der Rapfen (aspius aspius) und zur möglichen Wirkung des Vorhabens auf diese ist der Fachgutachter des Vorhabenträgers mit dem ebenfalls überzeugenden Hinweis auf die sich im Rhein und den Rheinseitengewässern stark ausbreitende Rapfenpopulation entgegengetreten. Denn mit diesem Hinweis ist hinreichend deutlich, dass auch bei Einzelverlusten einer Rapfenpopulation im örtlichen Bereich die Gesamtpopulation im maßgeblichen Lebensraum nicht gefährdet ist.
458 
Soweit die Klägerin eine Untersuchung der Beeinträchtigung durch das Vorhaben auf die Population der Wildkatze (felis silvestris) vermisst, ist dem entgegen zu halten, dass diese im Bereich des Vorhabens erstmals im Jahr 2009 festgestellt worden ist, sodass diese Art im maßgeblichen Zeitpunkt der Planfeststellungsentscheidung ohne weiteres als nicht relevant ausgeblendet werden konnte.
459 
Schließlich hat der Beklagte für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (maculinea nausithous) eine Verschlechterung der Populationen aufgrund einer hinreichend genauen Untersuchung zu diesem Vorkommen zu Recht ausgeschlossen. Dabei hat er einerseits in Rechnung gestellt, dass die von der Flutung und Vernässung durch das Vorhaben im Teilbereich VII in Anspruch genommene Habitatfläche entfällt; er konnte aber ohne Rechtsfehler andererseits davon ausgehen, dass durch die Entwicklung geeigneter Ausgleichsflächen im Bereich des Hochwasserdamms VI und eine den Bedürfnissen der Art angepasste Mahd (Mahd wechselnder Wiesensäume erst in der zweiten Septemberhälfte) Entwicklungsbedingungen für diesen Bläuling geschaffen werden, die den eintretenden Habitatsverlust nicht nur kompensieren, sondern gemeinsam mit den Vernetzungen durch weitere Biotope eine Verbesserung des Lebensraums für die Gesamtpopulation mit sich bringen. Warum diese Maßnahmen nicht geeignet sein sollten, die Stabilität der Maculinea-Population zu gewährleisten, ist von der Klägerin nicht dargelegt worden. Eine bloß gegenteilige Prognose reicht für sich nicht aus, um eine relevante Überschreitung des dem Beklagten eingeräumten naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraums zu begründen.
460 
(4.5) Ermessensentscheidung
461 
Der Beklagte hat die Ausnahmegenehmigung ermessensfehlerfrei erteilt.
462 
Zwar hat der Beklagte die Ausnahmegenehmigung vorsorglich erteilt, ohne deutlich zu machen, in welchem Umfang er konkret von tatsächlichen Verstößen gegen die Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) ausgeht. Dies macht die Ermessensentscheidung jedoch nicht fehlerhaft. Denn die zuständige Behörde war sich ihrer Gestaltungsmacht bewusst und hat die Ausnahme gerade im Hinblick auf die unbestimmte Vielzahl möglicher artenschutzrechtlich verbotener Zugriffshandlungen im Zusammenhang mit dem Bau und dem Betrieb des Polders an der Elzmündung genehmigt. Dass sie dabei auf eine Konkretisierung einzelner betroffener streng geschützter Individuen verzichten konnte, ergibt sich aus der Besonderheit, dass sich nach der naturschutzfachlich angemessenen Folgenabschätzung durch die zunächst für Einzelindividuen problematischen Flutungen und Vernässungen des Vorhabensgebiets mittel- bis langfristig die allgemeinen Lebensbedingungen auch für die streng geschützten Arten überwiegend verbessern.
463 
(5) Großer Eichenbock - Unerheblichkeit eines möglichen Untersuchungsdefizits
464 
Sofern im Hinblick auf die - weder in der in der artenschutzrechtlichen noch in der habitatsschutzspezifischen Fachprüfung untersuchte - besonders geschützte Art des Großen Eichenbocks (cerambyx cerdo) ein auf die Beeinträchtigung und Bestandserhaltung bezogenes Untersuchungs- und Beurteilungsdefizit gerügt wird, wäre ein hiermit verbundener Fehler bei der Erteilung einer Befreiung nach § 75 Abs. 1 a LVwVfG unerheblich. Denn insoweit liegt - was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.04.2010 - 9 A 5/08 -, NuR 2010, 558 Rn. 147; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, Rn. 562, 565; Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 539) ausreicht - eine objektive Ausnahmelage vor, und es ist aufgrund der Gesamtumstände davon auszugehen, dass die zuständige Behörde bei Kenntnis der relevanten Umstände die artenschutzrechtliche Ausnahme auch insoweit erteilt hätte.
465 
So hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass der Große Eichenbock im Vorhabengebiet trotz entsprechender - wenn auch nicht aktueller - Untersuchungen nicht habe nachgewiesen werden können, dass diese Laufkäferart aber durch die Flutungen nur in einem geringen Maße betroffen sein könne, da sie sich überwiegend an den Eichenstämmen aufhalte und der Verlust der Eichenbestände im Zusammenhang mit den Flutungen nach der forstlichen Bestandesfeinkartierung und Risikoanalyse (Anlage 12.10.1 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 30, Teil A, S. 27 f Teil B.5.3.1. S. 22 ff und 33 ff.) letztlich von geringer Bedeutung sei. Hinzu komme, dass diese Käferart regelmäßig von dem Entstehen von Hartholzauen profitiere. Diesen Ausführungen hat der Fachgutachter der Klägerin nichts entgegen gesetzt, sodass davon ausgegangen werden kann, dass diese naturschutzfachlich hinreichend abgesichert sind.
466 
(6) Arten mit nur nationalem Schutz
467 
Sofern die Klägerin im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Prüfung eine Untersuchung der besonders geschützten Tierarten vermisst, die nicht im Anhang IV Buchst. a der Habitatrichtlinie aufgeführt sind und auch nicht zu den europäischen Vogelarten gehören, übersieht sie, dass die Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG (2007) nach Absatz 5 Satz 5 dieser Norm bei Handlungen zur Durchführung eines nach § 19 BNatSchG (2007) zulässigen Eingriffs in Natur und Landschaft nicht zur Anwendung kommen.
468 
dd) Naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsregelung
469 
Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen die naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichregelung der §§ 20, 21 NatSchG BW und §§ 18, 19 BNatSchG (2007).
470 
Nach dieser Regelung ist der Verursacher eines Eingriffs zunächst verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen (§ 21 Abs. 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 1 BNatSchG (2007) und und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorrangig auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder in sonstiger Weise zu kompensieren (Ersatzmaßnahmen) (§ 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007).
471 
(1) Vermeidungsgebot
472 
Mit dem planfestgestellten Vorhaben sind keine vermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft verbunden.
473 
(1.1) Ökologische Flutungen als Vermeidungsmaßnahme
474 
Die Kammer geht mit dem beklagten Land davon aus, dass die Ökologischen Flutungen rechtlich als Vermeidungsmaßnahmen anzusehen sind. Denn nach dem Wortlaut und dem Zweck der Regelung ist allein maßgeblich, dass durch aktive Maßnahmen ansonsten mit dem geplanten Vorhaben verbundene Folgen für die Natur vermieden oder jedenfalls verringert werden. Dieser Zweck wird mit dem Konzept der Ökologischen Flutungen erreicht, wie sich aus einem Vergleich der Eingriffswirkungen der - als solche nicht dem Vermeidungsgebot unterliegenden (BVerwG, Urt. v. 07.03.1997 - 4 C 10/96 -, BVerwGE 104, 144, 146 f) - Hochwasserrückhaltungen ohne die Ökologischen Flutungen mit denen bei Durchführung dieser Maßnahmen ergibt.
475 
Aus den - insoweit unstreitigen - Wirkungsprognosen zur Hochwasserrückhaltung ohne Durchführung Ökologischer Flutungen in der Umweltverträglichkeitsstudie (... Planungsgesellschaft mbH, Bericht zur Umweltverträglichkeitsstudie „Rückhalteraum Elzmündung, Kap. 6 S. 135 ff.; Anlage 8.1. zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 19) ergibt sich, dass die - in ihrem Zeitpunkt, ihrer Dauer und ihrem Maß nur statistisch, nicht aber konkret bestimmbaren - Hochwasserrückhaltungen im Polder an der Elzmündung jeweils zu erheblichen Schädigungen der im Rückhaltebecken vorhandenen Fauna und Flora führen. Hieran ändert auch die aus Sicherheitsgründen nicht disponible Probeflutung vor Inbetriebnahme des Rückhaltebeckens nichts, durch welche ebenfalls erhebliche Schädigungen der bestehenden Fauna und Flora im Rückhaltebecken verursacht werden. Denn es ist in der Folge der Probeflutung sowie der Hochwasserrückhaltungen davon auszugehen, dass sich die beeinträchtigte Natur im Rückhaltebecken immer wieder in einer Weise regeneriert, die sie für spätere Flutungen erneut anfällig macht.
476 
Nach dem Konzept der Ökologischen Flutungen soll die nach der Probeflutung und anderen Retentionsrückhaltungen jeweils einsetzende Regeneration der Natur durch eine wiederholte Vernässung und Überspülung erheblicher Bereiche dahin beeinflusst werden, dass sich hier eine Vegetation und Tierwelt herausbildet, die an solche Bedingungen adaptiert ist. Auf diesem Weg soll die im Rückhalteraum vorhandene Fauna und Flora sukzessive so umgewandelt werden, dass der entstehende Naturhaushalt im Rückhalteraum längerfristig durch Retentionsflutungen nicht mehr erheblich beeinträchtigt werden kann. Damit werden die Eingriffswirkungen der sich in die Zukunft auf unbestimmte Zeit immer wiederholenden Retentionsflutungen gegenüber dem Zustand ohne eine solche Beeinflussung der Regeneration durch die Ökologischen Flutungen reduziert und zwar umso stärker, je erfolgreicher die Umwandlung des Naturhaushalts in diesem Bereich gelingt.
477 
Der Einordnung der Ökologischen Flutungen als Vermeidungsmaßnahme steht nicht entgegen, dass diese nicht an den vorhabenbedingten Eingriff der Hochwasserflutung anknüpfen, sondern die Natur als das Schutzgut der Regelung verändern und an den Eingriff anpassen sollen. Denn die Hochwasserrückhaltungen beschränken sich als Eingriffshandlungen des planfestgestellten Vorhabens nicht auf eine einmalige oder dauerhafte Beeinträchtigung der Natur, sondern bringen aufgrund ihrer relativen Seltenheit in der Zukunft immer wieder erhebliche Beeinträchtigungen der Natur mit sich, die letztlich nur über eine Umwandlung der Natur sukzessive verringert oder gänzlich vermieden werden können. Allerdings dürfen Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft, die mit der Vermeidungsmaßnahme verbunden sind, nicht ihrerseits außer Betracht bleiben, sondern sind in ihrer möglichen eigenständigen Eingriffswirkung zu erfassen. Anderenfalls bestünde die - vom Bevollmächtigten der Klägerin insoweit zu Recht herausgestellte - Gefahr, dass die Wirkungen eines Gesamtvorhabens auf die Natur nicht vollständig erfasst werden. Im Hinblick auf die Eignung als Vermeidungsmaßnahme darf die in einer solchen Maßnahme möglicherweise liegende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts daher nicht so gewichtig sein, dass im Zusammenwirken von Vorhaben und Vermeidungsmaßnahme eine Vermeidung der erheblichen Beeinträchtigung der Natur und Landschaft im „Gesamtsaldo“ doch nicht erreicht werden kann. Eine solche Situation ist bei den Ökologischen Flutungen jedoch nicht gegeben.
478 
Dabei geht die Kammer hinsichtlich der Wirkung der Ökologischen Flutungen auf die Natur im Rückhalteraum davon aus, dass diese - ungeachtet der Komplexität dynamischer Anpassungsprozesse in der Natur und möglicher Hochwasserrückhaltungen - in der Anfangszeit erhebliche Beeinträchtigungen des Naturhaushalts mit sich bringen. Denn sie treffen in ihrem Wirkbereich zunächst auf eine Natur, die - trotz einer ersten Beeinträchtigung durch den vorgelagerten Probestau - auf Vernässungen und Flutungen der Grundflächen im Polder sowie auf die damit einhergehende Anhebung des Grundwasserspiegel empfindlich reagiert und in ihrem relevanten Ist-Zustand über eine Vernichtung oder Schädigung nicht angepasster Pflanzen und Tiere sowie durch eine nachhaltige Veränderung der Bodenverhältnisse betroffen ist. Dabei treten die Schädigungen bei empfindlichen Lebenwesen und Pflanzen mit kurzer Lebensdauer zum Teil schnell und nachhaltig ein. Zum Teil bewirken die Flutungen Schädigungen auch nur über einen langen Zeitraum. Da es in den Zeiträumen zwischen den Ökologischen Flutungen zu einer Regeneration der Natur kommt, die auch die noch vorhandenen Lebenswelten und Populationen umfasst, die nicht an die Vernässungen und Flutungen angepasst sind, treten auch im weiteren Verlauf der Durchführung Ökologischer Flutungen immer wieder Schädigungen der zuvor bestehenden Natur auf. Auch hierin liegen Eingriffe in den gegebenen Naturhaushalt. Gleichzeitig führt die Vernässung und Flutung aber auch zur Entwicklung einer Fauna und Flora, die an die neuen Verhältnisse angepasst ist und bei weiteren Flutungen deshalb nicht nachteilig betroffen wird. Zudem werden nicht alle Bereiche des Polders überhaupt bzw. gleichermaßen vernässt oder geflutet, sodass Tiere und Pflanzen, die an die Vernässung und Flutung nicht angepasst sind, nach und nach in die Bereiche des Polders verdrängt werden, die von den Flutungen nicht, nicht so stark oder nur selten erreicht werden. Mit dem Maß dieser Verdrängung oder auch Vernichtung der nicht angepassten Fauna und Flora nimmt dann auch das jeweilige Maß der Beeinträchtigung der jeweils vorhandenen Natur durch die Ökologischen Flutungen ab, bis diese schließlich allenfalls nur noch solche Störungen hervorrufen, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des dann geschaffenen Naturhaushalts unberührt lassen. Damit verlieren die Ökologischen Flutungen über die Zeit nicht nur ihren Charakter als Eingriffe in die Natur, sondern werden zu einem prägenden Element des dann geschaffenen Naturhaushalts.
479 
Da gleichzeitig mit der Adaption der Natur an die Vernässung und Flutung die Schädigungswirkung der Hochwasserrückhaltungen abnimmt, entwickelt sich somit trotz der anfänglichen erheblichen Eingriffswirkung der Ökologischen Flutungen langfristig ein gegenüber den ohne die Umwandlung stets zerstörerisch wirkenden Hochwasserflutungen positiver Saldo für den Naturhaushalt.
480 
(1.2) Ökologische Flutung als vermeidbare Beeinträchtigung
481 
(1.2.1) Ökologische Flutung als naturschutzrechtlicher Eingriff
482 
Aus der Wirkung der Ökologischen Flutungen auf die Natur im Rückhalteraum ergibt sich gleichzeitig, dass diese - wenn auch im Zeitverlauf abnehmend - jeweils Beeinträchtigungen der Natur im Sinne der § 20 Abs. 1 Satz 1 NatSchG BW; § 18 Abs. 1 BNatSchG (2007) darstellen, die ihrerseits dem Vermeidungs- und Ausgleichsgebot der § 21 Abs. 1 und 2 NatSchG BW, § 19 Abs. 1 und 2 BNatSchG (2007) unterfallen.
483 
Dem steht nicht entgegen, dass die Ökologischen Flutungen im Hinblick auf die Hochwasserrückhaltungen gleichzeitig als eine Vermeidungsmaßnahme nach § 21 Abs. 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 1 BNatSchG (2007) anzusehen sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man - wie hier - auch solche Maßnahmen als Vermeidungsmaßnahmen ansieht, die nicht nur auf eine Veränderung des Eingriffsakts und seiner Wirkungen auf die Natur zielen, sondern auf eine Anpassung der Natur an den Eingriffsakt gerichtet sind. Dann nämlich tragen sie die nach § 20 Abs. 1 NatSchG BW; § 18 Abs. 1 BNatSchG allein maßgebliche Eignung, die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich zu beeinträchtigen, in sich, so dass ihnen die Eingriffsqualität nicht schon begrifflich abgesprochen werden kann (vgl. zur parallelen Problematik der Ausgleichsmaßnahme BVerwG, Beschl. v. 28.01.2008 - 7 B 45.08 -, NVwZ 2009, 521 Rn. 19).
484 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Ökologischen Flutungen darauf zielen, im Rückhalteraum langfristig überflutungstolerante Verhältnisse zu schaffen und damit langfristig die Eingriffswirkungen der Hochwasserrückhaltung sowie der Ökologischen Flutungen entfallen zu lassen. Denn die Frage der Eingriffswirkung einer Maßnahme ist stets auf die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts bezogen, die ihrerseits maßgeblich durch die gegebenen tatsächlichen Verhältnisse geprägt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.12.2004 - 4 A 1/04 -, NVwZ 2005, 196 Rn. 21 sowie - zu einer Abweichung von diesem Grundsatz bei anderweitigen rechtlichen Vorgaben für die Entwicklung der Natur Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 507). Sofern der Beklagte seine gegenteilige Rechtsauffassung auf den Gerichtsbescheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. September 1998 (4 A 35.97 - NVwZ 1999, 532, 534) stützt, kann die Kammer dem nicht folgen. Vielmehr wird auch in dieser Entscheidung - bezogen auf Kompensationsmaßnahmen - angenommen, dass Maßnahmen, die zur Erreichung eines naturschutznäheren Endziels zunächst den bestehenden naturhaften Zustand einer Fläche beeinträchtigen, als Eingriff zu werten sind, der dann allerdings keiner weiteren Kompensation durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen bedarf, wenn sich die Maßnahme in der naturschutzfachlichen Gesamtbilanz als günstig darstellt (vgl. hierzu auch BVerwG, Beschl. v. 28.01.2009 - 7 B 45.08 -, NVwZ 2009, 521 Rn. 19).
485 
(1.2.2) Vermeidbarkeit der Beeinträchtigung
486 
Die hiernach auch in den Ökologischen Flutungen gegebenen Beeinträchtigungen der Natur sind nicht im Sinne der § 21 Abs. 1 NatSchG BW; 19 Abs. 1 BNatSchG (2007) vermeidbar.
487 
Dies folgt zwar nicht bereits daraus, dass die Ökologischen Flutungen - wie der Bevollmächtigte der Klägerin ausführt - als integraler Bestandteil des genehmigten Vorhabens in ihrer Zulässigkeit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorgelagert wären. Denn der Planfeststellungsbeschluss zielt allein auf die Zulassung des Baus und Betriebs des Rückhaltebeckens zum Zwecke der Hochwasserrückhaltung, während die Ökologischen Flutungen gerade als naturschutzrechtliche Begleitmaßnahme konzipiert sind.
488 
Allerdings ergibt sich die Unvermeidbarkeit der Beeinträchtigung der Natur durch die Ökologischen Flutungen daraus, dass bei einem Verzicht gerade auf die partiellen Eingriffswirkungen der Ökologischen Flutungen das Ziel einer langfristig gegebenen Minimierung der Beeinträchtigung der Natur durch die Hochwasserrückhaltungen nicht erreicht werden würde.
489 
(2) Kompensation der Beeinträchtigung
490 
Führen sowohl die Hochwasserrückhaltung als auch die Durchführung der Ökologischen Flutung zu einer unvermeidbaren, in ihrer Intensität aber sukzessive abnehmenden Beeinträchtigung des jeweils gegebenen Naturhaushalts im Rückhaltebecken, werden diese Beeinträchtigungen über die Umwandlung der Natur im Polder in einen aueähnlichen Zustand vollständig kompensiert. Insofern stellen die Ökologischen Flutungen Maßnahmen der Landschaftspflege in der Form einer Ersatzmaßnahme dar (§ 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG BW; § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007).
491 
(2.1) Rechtliche Eignung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme
492 
Der Einordnung der mit den Ökologischen Flutungen bezweckten Umwandlung der Natur im Rückhaltebecken in eine aueähnliche Landschaft als Ersatzmaßnahme steht nicht entgegen, dass über diese Flutungen gleichzeitig in die bestehende Natur eingegriffen wird. Dies ergibt sich aus der begrifflichen Unabhängigkeit der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen von ihrer Einordnung als Eingriff in Natur und Landschaft. Für diese Maßnahmen ist es grundsätzlich anerkannt, dass sie den in ihnen liegenden Eingriff in die Natur dadurch ausgleichen können, dass mit ihnen längerfristig ein anderer naturnaher Zustand herbeigeführt wird (vgl. BVerwG, Beschl. v. 28.01.2009 - 7 B 45.08 -, NVwZ 2009, 521 Rn. 19 sowie GB v. 10.09.1998 - 4 A 35.97 - NVwZ 1999, 532, 534). Da die Ökologischen Flutungen gerade zum Zwecke der Umwandlung der natürlichen Verhältnisse in einen anderen naturnahen Zustand erfolgen, stellen sie auch keine Maßnahme der - unzulässigen - Selbstkompensation dar.
493 
Für die Einordnung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme ist unerheblich, dass der Beklagte selbst eine solche rechtliche Einordnung nicht vorgenommen, sondern unter Hinweis auf deren Charakter als Vermeidungsmaßnahme ebenso verneint hat wie ihre rechtliche Zuordnung zum Eingriffsbegriff (vgl. etwa Planfeststellungsbeschluss S. 173 f.). Denn dieser Fehler in der rechtlichen Beurteilung der Maßnahme wirkt sich auf das Ergebnis der vorgenommen Prüfung der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung nicht aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2003 - 9 A 33/02 -, NVwZ 2003, 1120, Rn. 54). Insbesondere hat die Planfeststellungsbehörde bei der insoweit entscheidenden naturschutzfachlichen Betrachtung (Planfeststellungsbeschluss S. 61 ff.) nicht nur die insgesamt gegebenen Beeinträchtigungen der Natur auch im Hinblick auf die Folgen der Ökologischen Flutungen für die verschiedenen Schutzgüter ermittelt und bewertet, sondern auch die - für die Beurteilung der Ökologischen Flutungen als Ersatzmaßnahme - maßgebliche Wirkungsprognose angestellt. Sofern in der Rechtsprechung eine Umdeutung von Ausgleichsmaßnahmen in Ersatzmaßnahmen und umgekehrt im Hinblick auf die Stufenfolge der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung als unzulässig angesehen worden war (vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18/99 -, BVerwGE 112, 140 Rn. 58 f), lag dem die hier nicht mehr einschlägige Regelung des § 8 Abs. 3 BNatSchG (1996) zugrunde, die die Ersatzmaßnahmen als Teil der der Eingriffsvermeidung und dem Eingriffsausgleich nachgeschalteten Abwägungsentscheidung angesehen hatte. Diese Erwägungen lassen sich jedoch nicht auf die Rechtslage nach § 19 BNatSchG (2007) übertragen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.03.2003 - 9 A 33/02 -, NVwZ 2003, 1120, Rn. 54; a.A. BayVGH, Urt. v. 27.06.2008 - 8 B 06.2340, ZfW 2010, 161 Rn. 92).
494 
(2.2) Vorrang von Ausgleichsmaßnahmen
495 
Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin musste der Beklagte nicht vorrangig zur Ersatzmaßnahme der Umgestaltung der Natur in dem Polderbecken Ausgleichmaßnahmen festsetzen, die an anderer Stelle einen Zustand herbeiführen, der der durch die Hochwasserflutungen beeinträchtigten Natur im Rückhalteraum gleichartig ist.
496 
Zwar sind Ausgleichsmaßnahmen nach der Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG; § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007) gegenüber der Festsetzung von Ersatzmaßnahmen „vorrangig“, doch ist hier nach Auffassung der Kammer von einer Situation auszugehen, in der die Schaffung eines gleichartigen Zustands durch Ausgleichsmaßnahmen gegenüber der Umwandlung der Natur im Rückhalteraum in einen (nur) gleichwertigen Zustand zurücktreten muss. Insofern steht der „Vorrang“ der Ausgleichsmaßnahme nicht nur unter dem Vorbehalt der tatsächlichen Umsetzungsmöglichkeit oder einer Verhältnismäßigkeit in wirtschaftlicher Hinsicht (vgl. Gellermann in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Kommentar, 11. Naturschutzgesetz, BNatSchG a.F. (2007) (Stand April 2008), § 19 Rn. 20), sondern muss auch an der eigentlichen Zielsetzung der naturschutzrechtlichen Ausgleichsregelung gemessen werden, die eingriffsbedingten Beeinträchtigung des Naturhaushalts möglichst vollständig zu kompensieren. Insoweit aber besteht hier die besondere Situation, dass die Retentionsflutungen - ohne eine Umwandlung in einen andersartigen, flutungsadaptierten Zustand - stets aufs neue zu Beeinträchtigungen der Natur im Polderbecken führen würden, während über die Ersatzmaßnahme der Umgestaltung dieses naturhaften Zustands langfristig eine Eingriffswirkung dieser Flutungen entfällt.
497 
Unabhängig hiervon gilt aber auch, dass mit dem Inkrafttreten des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege vom 29.07.2009 (BGBl. I, 2542) - BNatSchG (2010) - in der § 19 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG (2007) entsprechenden rahmenrechtlichen Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 4 BNatSchG (2010) die Voraussetzung der „Vorrangigkeit“ der Ausgleichsmaßnahme gegenüber der Ersatzmaßnahme entfallen ist, sodass diese beiden Maßnahmen nunmehr als gleichrangige Alternativen auf eine Stufe gestellt sind (hierzu Hendler/Brockhoff, NVwZ 2010, 733 735). Diese Modifizierung verdrängt gleichzeitig auch die anderslautende Regelung des § 21 Abs. 2 Satz 1 NatSchG BW, da es sich bei der bundesrechtlichen Regelung des § 15 Abs. 2 bis 4 BNatSchG (2010) um eine abschließende Bestimmung zu den naturschutzrechtlichen Kompensationsmaßnahmen handelt, die als allgemeiner Grundsatz des Naturschutzrechts gegenüber dem Landesrecht abweichungsfest ist (vgl. Engel/Ketterer, VBlBW 2010, 293, 296; Louis, NuR 2010, 77, 81).
498 
Diese Rechtsänderung ist hier für die Beurteilung erheblich. Von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, gilt nämlich insoweit eine Ausnahme, als Rechtsänderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führen. Denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299 Rn. 256; OVG Nieders., Beschl. v. 05.01.2010 - 7 KS 212/06 -, NuR 2010, 194, 195).
499 
(2.3) Eignung der Ökologischen Flutung als Ersatzmaßnahme
500 
Kann die durch die Ökologischen Flutungen herbeizuführende Schaffung einer flutungsresistenten Fauna und Flora im Rückhaltebecken rechtlich als Kompensation der in den Hochwasserrückhaltungen sowie in den Ökologischen Flutungen liegenden Beeinträchtigungen der Natur angesehen werden, so kann ein solcher Zustand auch tatsächlich in der notwendigen naturschutzfachlichen Wertigkeit geschaffen werden. Die von der Klägerin insoweit unter Hinweis auf die fachlichen Stellungnahmen ihrer Gutachter erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
501 
(2.3.1) Zielsetzung der Ökologischen Flutung
502 
Die mit den Ökologischen Flutungen bezweckte Schaffung eines „aueähnlichen Zustands“ in den Poldern reicht aus, um die eingriffsbedingten Beeinträchtigungen der dort vorhandenen Natur und Landschaft vollständig auszugleichen. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass - wie der Gutachter der Klägerin es fordert - eine „echte Aue der Furkationszone des Rheins“ geschaffen wird, wie sie an der Elzmündung vor dem Ausbau des Rheines bestanden hat.
503 
Dabei entsteht auch nicht deshalb ein Ausgleichsdefizit, weil die Ökologischen Flutungen nicht dazuführen, dass der gesamte Bereich, der im Falle einer Hochwasserrückhaltung überflutet wird, an ein derartiges Ereignis adaptiert wird. Zwar ist davon auszugehen, dass auch nach einer Umgestaltung der Natur im Rückhaltebecken Bereiche vorhanden sind, in denen Pflanzen und Lebewesen durch die Hochwasserrückhaltungen stark geschädigt werden. Anders als von dem Bevollmächtigten der Klägerin dargelegt, liegt in dieser Schädigung jedoch kein relevanter Eingriff in die Natur mehr, der durch Maßnahmen ausgeglichen werden müsste, die über die geplante Schaffung einer aueähnlichen Natur hinausgehen. Denn die Vertreterin des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung für den Beklagten dargelegt, dass die im Rückhalteraum zu schaffenden aueähnlichen Verhältnisse als Ökosystem grundsätzlich auch die - durch die Ökologischen Flutungen nicht erfassten - Trockenbereiche umfassen, dass aber seltene Flutungen oder Vernässungen in der Folge einer Hochwasserrückhaltung hier im Sinne einer Störungsökologie auf den Naturhaushalt als solchen nicht nachteilig wirken. So seien die Schäden der Fauna und Flora in diesen Bereichen aufgrund der regelmäßig niedrigeren Wasserstände und kürzeren Flutungsdauer keine nachhaltigen, sodass sich die Natur gerade hier wieder innerhalb kürzerer Zeit erholen und in den ursprünglichen Zustand zurückentwickeln werde. Darüber hinaus hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers erläutert, dass in der zu schaffenden aueähnlichen Natur aufgrund des Nebeneinanders verschieden vernässter, aber auch trockener Bereiche eine höhere Artenvielfalt zu erwarten sei, als in dem homogeneren Bereich, wie er zur Zeit im Rückhaltebecken vorgefunden werde. Hieraus resultiere eine grundsätzlich höhere Wertigkeit des angestrebten Zustands, der nach der Umgestaltung der Natur in dem Rückhaltebecken vereinzelte weitere Beeinträchtigungen ohne weiteres kompensiere.
504 
Diese Beurteilung der vollständigen Kompensationswirkung der Umwandlung des Retentionsraums in eine (bloß) auetypische Natur auch gegenüber Störungen durch zukünftige Retentionsflutungen lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Denn der Planfeststellungsbehörde steht - in Ermangelung besonderer bundes- oder landesrechtlicher Vorgaben - bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens und ebenso bei der Bewertung der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere was deren Quantifizierung betrifft, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 - BVerwGE 121, 72 Rn. 118). Hierzu aber hat die Klägerin substantiiert nichts vorgebracht.
505 
(2.3.2) Tatsächliche Eignung der Ökologischen Flutungen
506 
Sofern die Klägerin unter Hinweis auf die verschiedenen Stellungnahmen ihrer Fachgutachter vorträgt, dass die angestrebte Herstellung einer aueähnlichen Natur mit den Ökologischen Flutungen tatsächlich nicht erreicht werden könne, begründen diese Einwendungen im Hinblick auf die Bestimmung der naturschutzrechtlich ausreichenden Kompensationmaßnahmen keinen rechtlich erheblichen Fehler .
507 
Die Beurteilung der Eignung einer Maßnahme zur Herstellung eines bestimmten natürlichen Zustands ist aufgrund der Komplexität natürlicher Entwicklungen und der Unsicherheiten im Tatsächlichen stets mit Unwägbarkeiten verbunden, sodass dieser Entscheidung der Charakter einer Prognose zukommt. Dem entspricht es, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über Kompensationsmaßnahmen im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung auch hinsichtlich der Beurteilung ihrer Eignung über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative verfügt, die vom Gericht nur darauf hin überprüft werden kann, ob die Annahme eines Wirkungszusammenhangs im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar ist, auf ausreichenden und richtigen Tatsachengrundlagen beruht und im Ergebnis nachvollziehbar und einleuchtend begründet ist (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 - BVerwGE 121, 72 Rn. 118).
508 
Diese Voraussetzungen einer ausreichenden Wirksamkeitsprognose sind hier auch unter Berücksichtigung der fachlichen Einwendungen der Gutachter der Klägerin erfüllt.
509 
(2.3.3) Fließgeschwindigkeiten
510 
Soweit die Klägerin die mangelnde Eignung der ökologischen Flutungen maßgeblich damit begründet, dass das Poldergebiet weder bei den Ökologischen Flutungen noch bei den Hochwasserrückhaltungen großflächig mit rasch fließendem Wasser durchströmt werde, geht sie von der Zielsetzung aus, eine möglichst naturnahe Aue der Furkationszone zu schaffen, die tatsächlich durch eine Überströmung mit schnell fließendem Wasser geprägt ist. Tatsächlich aber wird mit dem Planfeststellungsbeschluss die Schaffung einer solchen Aue nicht angestrebt. Vielmehr wurde die Zielsetzung - gerade weil man sich der beschränkenden Wirkung etwa der Querriegel auf die Fließgeschwindigkeiten bewusst war - dahin reduziert, dass aueähnliche Verhältnisse geschaffen werden, wie sie im Bereich des Rheinpolders bei Altenheim gegeben sind und in der Tendenz den Bedingungen regelmäßig überfluteter Auewäldern der freifließenden Rheinstrecke zwischen Raststatt und Mannheim entsprechen.
511 
Kommt es damit für die naturschutzfachliche Eignung der Ökologischen Flutungen darauf an, ob die Annahme zutrifft, dass im Rückhaltebecken an der Elzmündung Abflussverhältnisse entstehen, wie sie den aueähnlichen Bereichen nördlich von Iffezheim sowie dem Polder Altenheim entsprechen, verlieren die Einwendungen der Klägerin ihre Relevanz. Denn sie konnte nicht darlegen, dass die Qualifizierung der Abflussverhältnisse im Rückhaltebecken an der Elzmündung mit der Graduierung von schnell fließendem Wasser in den Flussniederungen bis hin zu stagnierendem Wasser in erhöhten Lagen, Randsenken und Strömungsschatten nicht erreicht wird oder gar den naturnahen Auen nördlich von Iffezheim nicht entspricht. Auch hat das Land - wiederum in den Grenzen seines Beurteilungsspielraums - plausibel dargelegt, dass und warum die Erfahrungen und Untersuchungen zu der Wirkweise Ökologischer Flutungen im Polder Altenheim auf die Verhältnisse im Rückhalteraum an der Elzmündung übertragbar sind.
512 
Soweit zu den einzelnen Berechnungen der Strömungsgeschwindigkeiten im Rückhalteraum dargelegt wird, dass die Einstufung der Rauhigkeitsklassen der Vegetation nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, ist eine Überschreitung des diesbezüglichen Bewertungs- und Prognosespielraums nicht gegeben. Denn abgesehen davon, dass der Beklagte die Relevanz der Eingruppierung für die Fließgeschwindigkeit gerade in den problematischen niedrig überfluteten Bereichen nachvollziehbar verneint hat, ist eine Fehleinschätzung der Rauhigkeitsklassen auch anhand der in der mündlichen Verhandlung gezeigten Lichtbilder nicht deutlich geworden.
513 
(2.3.4) Erosions- und Sedimentationsprozesse
514 
Sofern der Gutachter der Klägerin für den Rückhalteraum an der Elzmündung insbesondere in den flach und langsam überfluteten Bereichen einseitig flächige Sedimentablagerungen befürchtet, die - anders als der kleinflächige Wechsel von Sedimentation und Erosion - für eine Aue untypisch seien, setzt er seine Bewertung an die Stelle der Prognose und Bewertung des Beklagten, die unter Rückgriff auf die Erfahrungen im Polder bei Altenheim insoweit keine aueschädlichen Effekte und Folgen sieht, sondern davon ausgeht, dass Sedimenteinträge regelmäßig durch die Bodenfauna aufgearbeitet und Schlammablagerungen auch wieder abgeschwemmt würden. Hierbei ist eine rechtlich relevante Überschreitung des Beurteilungs- und Prognosespielraums des Beklagten nicht ersichtlich.
515 
(2.3.5) Notwendigkeit der Niedrigwasserstände
516 
Das von der Klägerin neben den Fließgeschwindigkeiten als besonders problematisch empfundene Fehlen ausgeprägter Niedrigwasserstände im Polderbereich begründet ebenfalls keinen rechtlich relevanten Fehler bei der Konzeption und Wirkungsprognose der Ökologischen Flutungen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass diese Forderung ebenfalls maßgeblich durch die Notwendigkeit begründet wird, naturnahe Auen der Furkationszone zu entwickeln; mit den Ökologischen Flutungen jedoch nicht gefordert und erreicht werden soll. So ist im Planfeststellungsbeschluss (S. 248) ausdrücklich ausgeführt: „Die Verwirklichung einer ausgeprägten Niedrigwasserphase als Annäherung an natürliche Auenverhältnisse ist nicht realisierbar und kann deshalb auch nicht Ziel der Planung sein. Eine vollständige Wiederherstellung der Auenstandorte bleibt unter den bestehenden Bedingungen ausgeschlossen“.
517 
Dabei ist es auch unerheblich, dass der Gutachter der Klägerin für den Fall des Fehlens längeranhaltender Niedrigwasserstände ein Fortschreiten der Ausbreitung sogenannter „Bastardauen“ prognostiziert. Denn der Beklagte hat hierzu dargelegt, dass ein solcher Zustand dem Bestreben, eine möglichst auetypische Natur zu schaffen, durchaus entspricht. So komme den Bereichen der Bastardauen zwar nicht wegen ihres Baumbestandes, jedoch im Hinblick auf die dort entstehenden Stillgewässer eine hohe Wertigkeit zu.
518 
Sofern im Hinblick auf die für die Entwicklungsprognose maßgebliche Beurteilung der aktuellen und gegenwärtigen Bodenvernässung vorgetragen wird, dass die angewandte Methodik der sog. Wasserstufenkartierung von derjenigen abweiche, wie sie in den 1980er Jahren für diesen Bereich eigens entwickelt worden sei, hat die Vertreterin des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass der Fachgutachter des Vorhabenträgers bei seiner Begutachtung dort Anpassungen an die Methodik von Heinrichfreise und Hügin vorgenommen habe, wo dies aufgrund der eingetretenen Änderungen der Verhältnisse notwendig gewesen sei. Eine Überschreitung der Spielräume bei der Wahl der Methodik zur Bestandserhebung ist deshalb mit der Kritik der Klägerin nicht verbunden.
519 
(2.3.6) Überschreitung der Flutungshöhe von 2,5 m
520 
Schließlich lässt auch der Einwand der Klägerin, der Planfeststellungsbeschluss gehe mit der Zulassung der Flutungshöhen bei Hochwasserrückhaltungen über das naturschutzfachlich in Auen zulässige Maß von 2,5 m über dem niedrigsten Standortniveau hinaus, weil die Flutungshöhen auf 2,5 m über dem mittleren Geländeniveau berechnet würden, die Vertretbarkeit der naturschutzfachlichen Wirkungsprognose der Ökologischen Flutungen oder der Hochwasserrückhaltungen nicht entfallen. Denn das beklagte Land verweist insoweit auf fachliche Erfahrungen, nach denen - baumartabhängig - auch Flutungshöhen von 2,70 m als sinnvolle Begrenzung angesehen worden seien. Auch hat es in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass nur sehr kleine Bereiche von einer Überschreitung der Flutungshöhe betroffen seien, so dass eine Relevanz weder auf der Seite der Bestimmung der Beeinträchtigungen noch auf der Seite der Wirkweise der ökologischen Flutungen als geeignete Ersatzmaßnahme gegeben sei.
521 
(3) Bilanzierung des Eingriffs- und Ausgleichs im Übrigen
522 
Soweit die Klägerin im Übrigen Einwendungen gegen die Bewertung der Eingriffswirkungen des Vorhabens und der Kompensationswirkung von Ausgleichsmaßnahmen erheben, greifen diese nicht durch.
523 
Der Planfeststellungsbehörde steht - wie bereits dargestellt - bei der Bewertung der Eingriffswirkungen eines Vorhabens sowie der Kompensationswirkung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, insbesondere was deren Quantifizierung betrifft, eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative zu. Insbesondere können die jeweilige konkrete Beeinträchtigung und die prognostisch ermittelte Kompensation nur wertend miteinander verglichen werden. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgenommenen Quantifizierungen bei Eingriffswirkungen und Kompensationsmaßnahmen sind daher nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle zugänglich; sie sind vom Gericht hinzunehmen, sofern sie im Einzelfall naturschutzfachlich vertretbar sind und auch nicht auf einem Bewertungsverfahren beruhen, das sich als unzulängliches oder gar ungeeignetes Mittel erweist, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 -, BVerwGE 121, 72 Rn. 118 m.w.N.).
524 
(3.1) Methodik der Eingriffs- und Ausgleichsbilanz
525 
Soweit die Klägerin die Bewertung der Eingriffe deshalb als methodisch falsch einschätzt, weil zum einen in der Umweltverträglichkeitsstudie eine nicht nachvollziehbare und relativierende fünfstufige Bewertung vorgenommen, und zum anderen dem eigentlich maßgeblichen Landschaftspflegerischen Begleitplan eine - nochmals vereinfachte - dreistufige Bewertung zugrunde gelegt worden sei, ist dieser Einwand rechtlich ohne Relevanz.
526 
Denn die Eingriffs- und Kompensationsbilanz im Planfeststellungsbeschluss muss zwar hinreichend nachvollziehbar offen gelegt werden, hierfür gibt es jedoch keine standardisierten Vorgaben. Vielmehr genügt eine - im Zweifel auch verbal-argumentative - Darstellung, die rational nachvollziehbar ist und eine gerichtliche Kontrolle auf die Einhaltung der Grenzen jener Einschätzungsprärogative erlaubt. Diesen Anforderungen wird die vom Beklagten auf der Grundlage der Umweltverträglichkeitsstudie im landschaftspflegerischen Begleitplan erstellte Eingriffs- und Kompensationsbilanz gerecht.
527 
Die im Landschaftspflegerischen Begleitplan vorgenommene Differenzierung der Eingriffswirkungen in drei Stufen ist ohne weiteres nachvollziehbar und aufgrund der verbalen Unterfütterung auch hinreichend aussagekräftig. Eine Übernahme der Kategorisierungen der Umweltverträglichkeitsstudie mit ihren fünf Bewertungsstufen der Flächen und Arten von „sehr geringwertig“ bis „sehr hochwertig“ war nicht erforderlich.
528 
Sofern sich die Bewertung der einzelnen Flächen und Lebensräume in der Umweltverträglichkeitsstudie letztlich auch auf die entsprechende Bewertung der Eingriffswirkungen im Landschaftspflegerischen Begleitplan ausgewirkt hat, ist diese - entgegen der Einschätzung des Fachgutachters der Klägerin - hinreichend nachvollziehbar. Denn die hierbei verwendeten Kriterien der Naturnähe der Vegetationsausprägung, der Vollständigkeit des Artenspektrums, der Häufigkeit des Vorkommens seltener Arten, der Seltenheit des Vegetationstyps und der Wiederherstellbarkeit des Vegetationstyps sind sachgerecht und in ihrer Anwendung auch ohne Widerspruch. Der Angabe schutzgutbezogener Schwellenwerte oder anderer Einzelgesichtspunkte, wie sie der Fachgutachter der Klägerin für erforderlich hält, bedurfte es nicht. Der Hinweis auf die - aus der im Verhältnis zur Ausweisung als Natura-2000-Gebiet geringen Bewertung der Teilflächen abgeleitete - Relativierung der Wertigkeiten der einzelnen Biotope und Lebensraumstypen durch eine zu starke Betrachtung (nur) der insgesamt ebenfalls sehr hochwertigen Umgebung, ist vom Beklagten hinreichend ausgeräumt worden, indem er dargelegt hat, dass die hohe Wertigkeit des Gesamtgebiets vor allem auf einzelne, flächenmäßig kleine Teilbiotope wie etwa die Pfeifengraswiesen zurückgehe und verschiedene Schutzgüter wie etwa Wasser und Boden, aber auch der Wald aufgrund der fehlenden Wasserstandsschwankungen bzw. der relativen Artenarmut deutlich hinter den Zielvorgaben für diese zurückblieben, was eine höhere Wertigkeit nicht rechtfertige.
529 
(3.2) Bestandserhebungen
530 
Sofern die Bestimmung der möglichen Eingriffswirkungen eines Vorhabens im Rahmen des naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichskonzepts eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Vorhabenbereich vorhandenen Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume erfordert, wird dem der Planfeststellungsbeschluss gerecht. Die insoweit von der Klägerin gegen die Bestandserhebungen erhobenen methodischen Einwendungen greifen nicht durch. Die der naturschutzfachlichen Prüfung der Eingriffswirkung des Vorhabens zugrunde gelegten Bestandserhebungen waren weder veraltet noch im Hinblick auf die untersuchten Indikatorenarten unzureichend.
531 
Trotz der hohen Bedeutung, die gerade der Ermittlung der von einem Vorhaben möglicherweise betroffenen Bestände für die Frage des naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichskonzepts hat, ist der Planungsträger nicht verpflichtet, etwa ein lückenloses Arteninventar zu erstellen. Vielmehr hängt die Ermittlungstiefe maßgeblich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Aus fachlicher Sicht kann sich eine bis ins letzte Detail gehende Untersuchung erübrigen. Sind bestimmte Tier- und Pflanzenarten ein Indikator für die Biotopqualität und die Lebensraumanforderungen auch anderer Arten oder lassen bestimmte Vegetationsstrukturen sichere Rückschlüsse auf die faunistische und floristische Ausstattung zu, so kann es mit der gezielten Erhebung der insoweit maßgeblichen repräsentativen Daten sein Bewenden haben. Das Recht nötigt nicht zu einem Ermittlungsaufwand, der keine zusätzliche Erkenntnis verspricht (BVerwG, Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11/03 -, BVerwGE 121, 72 Rn. 90 f.; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 87, 115 f.).
532 
Diesen Anforderungen genügt der Planfeststellungsbeschluss. So wurden zur Erstellung des Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP) und der Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) umfangreiche Gutachten zu den Biotopen im nördlichen Taubergießen (Anlage 12.1 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Ordner 28), zu dem Vorkommen von Schmetterlingen, Heuschrecken, Orchideen (E. und K. Rennwald, 1996; Rennwald 2001), zu den Wasserpflanzen und der Fauna (König 1995) und zu ausgewählten Landschnecken, Laufkäfern, Amphibien, Reptilien, Säugern, Gewässerkleintieren und Fischen (IUS, Weisser und Ness GmbH, 1995; Anlagen 12.2 und 12.3. zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Ordner 28) erarbeitet. Ergänzend kamen Gutachten zu ausgesuchten Vogelarten (INULA 1996), Amphibien (Laufer, 2001), Fischen (Troschel, 2001) und Libellen (INULA, 2001) sowie zu den forstwirtschaftlichen Beständen (Biegelmaier, 1999/2001) hinzu (Anlagen 12.4 bis 12.10 zu den Antragsunterlagen vom 21.06.2004; Ordner 29 und 30). Diese Gutachten sind nach Darlegung des Fachgutachters des Vorhabenträgers sowie der Vertreter der Naturschutzbehörden in der mündlichen Verhandlung trotz ihres Alters hinreichend aussagekräftig, da man sich einerseits mit sehr guten Indikatorenarten wie etwa den Laufkäfern und den Schnecken sehr intensiv befasst habe, deren Vorkommen sichere Rückschlüsse auf die Lebensraumbedingungen und damit auch auf potentiell vorkommende andere Tierarten zulasse und andererseits nicht die Zerstörung der Natur, sondern eine im Ganzen sukzessive Umwandlung des Naturraums zur Prüfung gestanden habe, die die Anpassungs- und Ausweichfähigkeit verschiedener Tierarten in besonderer Weise zum Tragen bringe. Hinzu komme die Besonderheit, dass aktuellere Bestandserhebungen in der Folge des Orkanereignisses Lothar keine weitergehenden Erkenntnisse hätte bringen können und dass man die im Vorhabengebiet vorhandenen Biotope nicht mehr als unbedingt notwendig durch Bestanduntersuchungen habe stören wollen.
533 
Von einer grundsätzlich unzureichenden Bestandserhebung im Vorhabenbereich kann nach Auffassung der Kammer danach keine Rede sein. Der nicht unerhebliche Ermittlungsaufwand und die dabei erreichte Ermittlungstiefe waren den möglichen Folgen des Vorhabens für die Natur im Rückhalteraum angemessen.
534 
Den weiter erhobenen Vorwurf einer im Hinblick auf die Kartierungszeiträume unzureichenden Nachkartierung etwa in Bezug auf die Wasserralle und Libellen wie die Helm-Azurjungfer hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers nachvollziehbar mit dem Hinweis ausgeräumt, dass diese Arten bis Juli in ihren Revieren blieben. Dies werde durch die vergleichsweise hohen Fundzahlen bestätigt.
535 
(3.3) Einzelrügen
536 
Sofern die Klägerin mit Detailrügen im Einzelnen geltend macht, dass der Kompensationsbedarf infolge des planbedingten Eingriffs zu niedrig und das Ausgleichspotenzial zu hoch angesetzt worden seien, setzt sie letztlich ihre eigene abweichende naturschutzfachliche Sicht an die Stelle der Sicht des Beklagten, ohne dass insoweit eine Überschreitung der behördlichen Einschätzungsprärogative feststellbar wäre.
537 
Dies gilt etwa für den Einwand der Klägerin, der Landschaftspflegerische Begleitplan ignoriere die möglichen Auswirkungen der Hochwasserrückhaltung auf die Waldbestände noch vor ihrer möglichen Adaption. Denn hier hat der Beklagte ausgeführt, dass man die mögliche Schädigung der Bestände durch einen Probestau oder eine zeitnahe Hochwasserrückhaltung im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung durchgeführt habe, hier aber zum Ergebnis gekommen sei, dass die hierbei möglichen Schädigungen zwar einzelne Bäume betreffen könnten, die dann forstwirtschaftlich abzugelten seien, dass aber ein hierdurch entstehendes Vegetationsmuster von geschlossenen und halbgeschlossenen Waldflächen mit auenartigen Beständen für die Fauna und Flora einen deutlich hochwertigeren Zustand darstelle, als dies gegenwärtig der Fall sei. Dies ist im Rahmen der naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative nicht zu beanstanden. Den in diesem Zusammenhang weiter erhobenen Einwand der Klägerin, der hier angenommene Übergang von einem Vegetationstyp zu einem anderen hochwertigeren sei nicht nachvollziehbar, hat der Fachgutachter des Vorhabenträgers über seine Erläuterung, dass ein solcher auf die Entwicklung der Jungbestände der Ahorn-Eschen-Mischwälder in Eschenmischwälder bezogen sei, auch zur Überzeugung des Fachgutachters der Klägerin ausgeräumt.
538 
Der gegen die Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung weiter erhobene Einwand, man habe die möglichen Schädigungen der in der Strauchschicht lebenden Tiere wie insbesondere der Vögel und Schmetterlinge nicht richtig erfasst, stellt in der Sache die mit den allgemein zu erwartenden Verhältnissen in einer aueähnlichen Umgebung begründete Prognose des Beklagten zur Regenerationsfähigkeit der betroffenen Tierarten in Frage. Insoweit ist es jedoch zumindest nachvollziehbar, wenn der Beklagte darauf verweist, dass verschiedene Gelegeverluste bei Bodenbrütern nicht den Charakter einer relevanten Beeinträchtigung hätten und durch ein verbessertes Nahrungsangebot und eine geringeren Bewegungsfreiheit von Beutegreifern mehr als ausgeglichen würden.
539 
Sofern der Fachgutachter der Klägerin zur Bewertung der möglichen Auswirkung des Vorhabens auf die Greif- und Brutvögel sowie auf die Fledermäuse vorbringt, man habe die Gefahr eines großflächigen Absterbens alter Baumbestände und den damit möglichen Verlust von geeigneten Nistplätzen ignoriert, ist auch dem der Fachgutachter des Vorhabenträgers in ausreichender Weise entgegen getreten. Denn er hat nachvollziehbar dargelegt, dass der Verlust von Waldflächen hauptsächlich auf die Anlage des Kolksees und nicht auf betriebsbedingte Bestandsschädigungen zurückgehe. Der hierin liegende Eingriff werde ausgeglichen. Verluste im Altholzbestand oder bei sonstigen Bäumen mit geeigneten Nistplätzen seien nicht in der Masse zu erwarten, dass von einer Beeinträchtigung für die Vögel auszugehen sei.
540 
Auch bei der weiteren Kritik hinsichtlich der Geeignetheit der als Ausgleichsmaßnahme für den Verlust eines hochwertigen Lebensraums für Libellen vorgesehenen Neuanlage eines 300 m langen Rheinseitengrabens setzt die Klägerin ihre eigene fachliche Einschätzung an die Stelle der Prognose der Planfeststellungsbehörde, ohne dass letztere deshalb als unvertretbar oder methodisch falsch erscheinen müsste.
541 
Schließlich greift auch der Einwand des Fachgutachters der Klägerin gegen die im Zusammenhang mit der Wirkungsprognose hinsichtlich des Bodens und der Vegetation maßgebliche Wasserstufenkartierung im Vorhabenbereich nicht durch. So hat der Beklagte dem methodisch begründeten Einwand, man habe die für das betroffene Gebiet in den 1980er Jahren entwickelte Wasserstufenkartierung von Hügin und Henrichfreise nicht richtig angewendet, entgegen gehalten, dass man bei den Kartierungen aus der bestehenden Vegetation insbesondere in den Senken auf die Grundwasserstände geschlossen und sich bei diesem - methodisch allgemein anerkannten Vorgehen - dort von den Erkenntnissen aus der Wasserstufenkartierung nach Hügin und Heinrichfreise gelöst habe, wo dies aufgrund der zwischenzeitlichen Veränderungen im Vorhabengebiet und der Fragestellung der Untersuchung angezeigt gewesen sei. Soweit schließlich im Tatsächlichen die Annahme eines mit 0,3 m zu dünnen Hauptwurzelraums im Boden sowie eine fehlerhafte Berücksichtigung des kapillaren Aufstiegs von Wasser im Aueboden kritisiert wird, hat der Beklagte darauf verwiesen, dass die Kategorie des „Hauptwurzelraums mit einer Tiefe von 0,3 m“ die Möglichkeit tieferer Wurzelräume nicht ignoriere, sondern allein eingeführt worden sei, um die Bereiche bilanzieren zu können, in denen ein Wasserstandsanstieg bis dicht unter die Bodenoberfläche wirksam werden könne und damit die Vegetation schädige. Der hierbei zugrunde gelegte kapillare Aufstieg von Wasser um 10 bis 30 cm entspreche dem aktuellen Stand der forstlichen Kartierung.
542 
Diese Begründungen zum kritisierten Vorgehen der Fachgutachter des Vorhabenträgers, das jeweils mit der zuständigen Naturschutzbehörde abgestimmt war, sind für die Kammer gut nachvollziehbar, so dass eine Überschreitung des Prognose- und Ermittlungsspielraums des Beklagten auch insoweit nicht gegeben ist.
543 
d) Wasserrecht
544 
Der Planfeststellungsbeschluss zum Bau und Betrieb des Rückhaltebeckens Elzmündung verstößt nicht gegen zwingende Planleitsätze des Wasserrechts.
545 
aa) Entgegenstehendes Allgemeinwohl als Planleitsatz
546 
Ein Verstoß gegen den zwingenden Planleitsatz des § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG ist nicht gegeben. Denn diese Regelung, nach der ein Planfeststellungsbeschluss zum Gewässerausbau zu versagen ist, soweit hiervon etwa eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen zu erwarten ist, findet nur in den Konstellationen Anwendung, in denen die Planfeststellung nicht ihrerseits dem Wohl der Allgemeinheit dient. Dient die Planfeststellung - wie hier - dem Hochwasserschutz und damit dem Wohl der Allgemeinheit, müssen die überwiegenden Gründe des Allgemeinwohls, die nicht ihrerseits unmittelbar auf zwingenden Rechtsvorschriften des Wasserrechts sowie außerhalb des Wasserrechts beruhen, im Wege der Abwägung festgestellt werden (Zeitler in: Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, § 31 Rdnr. 158; vgl. auch BayVGH, Beschl. v. 18.01.2005 - 8 Cs 04.1724 -, juris und v. 18 26.02.2007 - 8 ZB 06.879 -, NVwZ 2007, 1101). Dies gilt auch hinsichtlich der - von der Klägerin vorgetragenen - Erhöhung der Hochwassergefahr; denn diese wird nicht in Bezug auf die Flussunteranlieger, sondern als Folge des Rückstaus des Schutterentlastungskanals und damit als Gefahr geltend gemacht, die die Klägerin individuell trifft (zur Erheblichkeit solcher Gefahren allein als Abwägungsbelang vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 12.02.2009 - 1 A 10722/08.OVG -, UPR 2009, 316 Rn. 173).
547 
bb) Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung
548 
Es kann offen bleiben, ob der Planfeststellungsbeschluss gegen das zwingende wasserrechtliche Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung verstößt. Auch kommt es nicht darauf an, ob die Gewässerbenutzungshandlungen im Sinne von § 3 Abs. 1 WHG, wie hier etwa das Ableiten und Aufstauen von Rheinwasser, entsprechend § 14 Abs. 1 WHG in einer eigenständigen Erlaubnis geregelt oder nach § 3 Abs. 3 WHG und ungeachtet der Formulierung auf den Seiten 22 ff. des Planfeststellungsbeschlusses Teil desselben sind. Denn die Klägerin könnte selbst dann, wenn die Hochwasserrückhaltung und die damit verbundene Versickerung von rheinbürtigem Wasser in das Grundwasser zu einem Verstoß gegen das - auch in der Planfeststellung zwingende - Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung führen würde, keine Verletzung eines subjektiven Rechts geltend machen.
549 
Dies gilt selbst dann, wenn der Verstoß darin liegen würde, dass eine Gefährdung der öffentlichen Trinkwasserversorgung der Klägerin nicht hinreichend sicher ausgeschlossen wäre. Denn das aus dem Rechtsgedanken des § 34 WHG abgeleitete Verbot der Grundwasserbeeinträchtigung (hierzu BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 91 m.w.N.) dient allein dem Interesse der Allgemeinheit an der Reinhaltung des Grundwassers (Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 11 § 26 Rn. 10 m.w.N.). Dritte haben weder ein Recht darauf, auf Grundwasser einer bestimmten Qualität oder Menge zugreifen zu können, noch ist deren Interesse an einem solchen Zugriff im Zusammenhang mit dem Schutz des Grundwassers in individualisierter Form geschützt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). Dies gilt für den Grundstückseigentümer, der zum Zwecke der Eigenwasserversorgung auf das Grundwasser zugreifen möchte (vgl. § 12 Halbs. 1 WG BW sowie VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276, juris Rn. 62 m.w.N.) ebenso wie für eine Gemeinde, die - wie hier - über die Bereitstellung einer öffentlichen Wasserversorgung eine öffentliche Aufgabe im örtlichen Wirkungskreis eigenverantwortlich erbringt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.05.1974 - IX 799/72 -, ZfW 1974, 386, 391; Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 11 § 26 Rn. 21; a.A. für die Planfeststellung nach dem KrW-/AbfG BVerwG, Beschl. v. 13.05.1983 - 7 B 35/83 -, NVwZ 1984, 374).
550 
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die öffentliche Aufgabe der Trinkwasserversorgung durch eine Gemeinde unter dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG steht und auch im Planfeststellungsverfahren zur Abwehr rechtswidriger Beeinträchtigungen berechtigt (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, Rn. 478 m.w.N.). Denn der Schutz der kommunalen Einrichtung der öffentlichen Trinkwasserversorgung gegen Beeinträchtigungen stellt einen Belang dar, der innerhalb der planerischen Abwägung angemessen berücksichtigt werden kann und muss.
551 
5. Abwägungsentscheidung
552 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch hinsichtlich der Abwägung nicht an einem Fehler, der zu seiner Aufhebung führt.
553 
a) Rechtlicher Maßstab
554 
Die innerhalb der gesetzlichen Grenzen verbleibende planerische Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde wird durch das Gebot der gerechten Abwägung der von einer Planung berührten Belange beschränkt. Dieses aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleitete Abwägungsgebot erfordert zunächst, dass die Planfeststellungsbehörde erstens eine sachgerechte Abwägung überhaupt durchführt und sie zweitens alle nach Lage des Falls relevanten Gesichtspunkte ermittelt und in die Abwägung mit einbezieht. Dabei umfasst der Kreis der in die Abwägung einzustellenden Belange nicht nur Rechtspositionen, sondern auch Belange und Interessen, die nicht den Charakter subjektiver Rechte haben. Insoweit kommt es entscheidend darauf an, ob der Betroffene mit einer Änderung der Lage rechnen musste und deshalb vernünftigerweise nicht auf deren Aufrechterhaltung vertrauen durfte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.02.1992 - 4 NB 11/91 -, DVBl. 1992, 1099, 1101). Einzubeziehen ist ferner die Feststellung, ob und inwieweit nachteilige Wirkungen auf das Wohl der Allgemeinheit oder Rechte Dritter durch Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 VwVfG vermieden werden können (Wickel in: Fehling/Kastner, Hk-VerwR 2. Aufl. 2009, § 74 VwVfG Rn. 123 m.w.N.). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bestimmung der einzubeziehenden Belange ist grundsätzlich derjenige der Planfeststellung, allerdings sind auch Prognosen bezüglich der zukünftigen Entwicklung – soweit sie sich treffen lassen – zu berücksichtigen (BVerwG, Urt. v. 28.01.1999 - 4 A 18/98 -, NVwZ-RR 1999, 629, 630).
555 
Nach der Ermittlung der in die Abwägung einzustellenden Belange hat die Planfeststellungsbehörde diese Belange zu gewichten und zu bewerten. Dabei sind zunächst die tatsächlichen Umstände festzustellen, die für die Gewichtung relevant sind. Sodann ist auf deren Grundlage eine normative Bewertung der Belange vorzunehmen. Maßstäbe hierfür ergeben sich aus den jeweiligen Fachplanungsgesetzen sowie aus anderen einschlägigen Gesetzen, insbesondere auch aus dem Grundgesetz. Bei der Gewichtung der einzelnen Belange wird der Planfeststellungsbehörde ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, dessen Grenzen erst dann überschritten sind, wenn die vorgenommene Bewertung außer Verhältnis zu dem objektiven Gewicht steht (BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, 64).
556 
Auf der letzten Stufe des Abwägungsgebotes sind die relevanten Belange mit dem ihnen zukommenden objektiven Gewicht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Dabei muss der gefundene Ausgleich zwischen den einzelnen Belangen im Verhältnis zu dem ihnen jeweils zukommenden objektiven Gewicht stehen. Dieses Erfordernis ist nicht bereits dann verletzt, wenn das Abwägungsergebnis auch anders hätte ausfallen können. Vielmehr liegt ein Rechtsfehler der Disproportionalität erst vor, wenn das Vorhaben mit Opfern erlangt werden muss, die außer Verhältnis zu dem mit ihm erstrebten Planungserfolg stehen (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18/99 -, BVerwGE 112, 140, 160).
557 
Dem von einer Planung Betroffenen räumt das Abwägungsgebot ein subjektives öffentliches Recht (nur) auf eine gerechte Abwägung seiner eigenen Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen ein (BVerwG, Urt. v. 14.02.1975 - IV C 21.74 -, BVerwGE 48, 56, 64; Urt. v. 27.11.1996 - 11 A 100/95 - NVwZ 1997, 994, 995). Dies gilt auch für die von einem Vorhaben betroffene Gemeinde (hierzu Vallendar, UPR 2003, 41 ff.).
558 
b) Alternativenprüfung
559 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Abwägungsentscheidung des Landratsamts Ortenaukreis nicht deshalb fehlerhaft, weil es bei der Ermittlung und Gewichtung der abwägungserheblichen Belange die Möglichkeit von Alternativen außer Acht gelassen hätte, die die Klägerin weniger belasten würden als die letztlich planfestgestellte Standortplanung.
560 
aa) Maßstab
561 
Nach den in der Rechtsprechung zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen müssen ernsthaft in Betracht kommende Standortalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden (vgl. BVerwG, Urt. v. 05.12.1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214, 236 f.). Dabei ist auch der Verzicht auf das Vorhaben oder die Reduzierung seiner Dimensionierung in Betracht zu ziehen. Die Alternativenprüfung ist allerdings nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen. Ein Abwägungsfehler liegt also nicht schon dann vor, wenn für und gegen den einen wie den anderen Standort einleuchtende Gründe ins Feld geführt werden können. Vielmehr ist die Abwägung zur Standortwahl erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative entweder als die eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planungsbehörde etwa infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist. (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116, Rn. 98 und 402).
562 
Nach diesem Maßstab ist die Prüfung der Alternativen zur konkreten Standortplanung durch die Planfeststellungsbehörde nicht zu beanstanden.
563 
bb) Hartheimer Lösung
564 
Die Alternativenprüfung stellt sich insbesondere nicht deshalb als rechtsfehlerhaft dar, weil das Landratsamt Ortenaukreis die von der Klägerin favorisierte sog. Hartheimer Lösung als Alternative zum Rückhalteraum an der Elzmündung verworfen hat (Planfeststellungsbeschluss S. 162 ff).
565 
Diese Standortalternative war ursprünglich in das Raumordnungsverfahren zum Rückhalteraum Weil-Breisach bei Rhein-km 211,6 eingebracht worden und sollte nach den Angaben der Gemeinde Hartheim die dortige Variante einer großflächigen Auskiesung entbehrlich machen. Nach dieser Alternativlösung sollten Hochwasserspitzen des Rheins bei Rhein-km 210 oder 211 breitflächig über ein angrenzendes Waldgebiet abgeleitet und so zu den bei Weil-Breisach bislang veranschlagten 8,5 Mio m³ weitere 8 Mio m³ Retentionsvolumen zu geringeren Kosten geschaffen werden, welches dann auch den Rückhalteraum an der Elzmündung entbehrlich machen sollte. Gegenüber der ursprünglich im Raumordnungsverfahren bei Breisach untersuchten Variante war die Hartheimer Lösung im Planfeststellungsverfahren zum Rheinpolder an der Elzmündung dahin modifiziert worden, dass das Rheinwasser nicht mehr nur an einer Stelle in den rechtsseitigen Rheinwald, sondern an mehreren Stellen sowohl in den rechtsseitigen als auch in den linksseitigen Rheinwald abgeleitet werden sollte. Die Gebietslänge des überfluteten Gebiets sollte von 13,4 km auf 22 km gestreckt werden; auf die bislang vorgesehenen Querriegel und die Erhöhung des sog. Leinpfades sollte verzichtet werden, um die bessere Durchströmung des Gebiets und damit eine verbesserte Umweltverträglichkeit zu gewährleisten.
566 
Diese modifizierte Hartheimer Lösung wurde im Planfeststellungsbeschluss unter Hinweis darauf ausgeschieden, dass im Raumordnungsverfahren eine umfassende Prüfung der ersten Variante der Hartheimer Lösung stattgefunden und gegenüber der dort nunmehr festgelegten Variante der breitflächigen Auskiesung („optimierte Tieferlegung“) in keinem relevanten Bereich als gleichwertig oder besser beurteilt werden konnte. Die Modifizierung der Variante ändere hieran nichts; insbesondere verbleibe es bei der - gegenüber der Tieferlegung des Bereichs bei Rhein-km 211 - unangemessenen Vernachlässigung der Erfordernisse der Umweltverträglichkeit. Entsprechend habe das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald mit Beschluss vom 24.08.2006 die Variante der optimierten Tieferlegung durch Auskiesung planfestgestellt und die modifizierte Hartheimer Lösung ebenfalls unter Hinweis auf die fehlende Umweltverträglichkeit als Alternative ausgeschieden.
567 
Diese ablehnenden Erwägungen des Landratsamts Ortenaukreis halten sich - auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Klägerin - noch im Rahmen des ihm als Planfeststellungsbehörde eingeräumten Abwägungsspielraums. Das Landratsamt konnte trotz der von Seiten der Klägerin auch gutachterlich untermauerten Darlegung einer verbesserten Umweltverträglichkeit der modifizierten Hartheimer Lösung (vgl. hierzu ..., Gesellschaft für Landschaftsökologie, Gewässerbiologie und Umweltplanung mbH, Vergleich alternativer Hochwasserkonzepte für den Rheinwald südlich von Breisach, Juni 2008, von der Klägerin vorgelegt als Anlage 17) davon ausgehen, dass dieses Konzept gegenüber dem planfestgestellten Vorhaben eine geringere Umweltverträglichkeit mit sich bringt und sich deshalb nicht als vorzugswürdig aufdrängt. Insoweit hat der Beklagte näher dargelegt, dass durch die Flutung des Rheinwaldes südlich von Breisach sowohl nach der näher untersuchten ursprünglichen Hartheimer Lösung als auch nach deren Modifizierung besonders wertvolle Trockenbiotope erheblich beeinträchtigt würden, und zwar in einem Ausmaß, das mit der Beeinträchtigung der Trockenstandorte, die im Rahmen des Baus und Betriebs des Rückhalteraums Elzmündung betroffen seien, nicht vergleichbar sei.
568 
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass diese Beurteilung der modifizierten Hartheimer Variante keine konkrete Gegenüberstellung der im Rahmen der modifizierten Hartheimer Lösung betroffenen Standorte mit den naturschutzrechtlich relevanten Auswirkungen der Auskiesung des dortigen Rheinseitenstreifens und des Rückhaltebeckens Elzmündung enthält und die Alternativenprüfung deshalb keine vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange darstellt. Allerdings war die Planfeststellungsbehörde zu einer solchen detaillierten und umfassenden Ermittlung und Beurteilung der im einzelnen betroffenen Belange des Naturschutzes im Rahmen der Alternativenprüfung nicht verpflichtet. Denn die für eine Alternativenprüfung erforderliche Ermittlungstiefe richtet sich stets nach den Anforderungen für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens; Alternativen, die der Planfeststellungsbehörde aufgrund einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheinen, darf sie schon in einem frühen Verfahrensstadium ausscheiden. Detailiertere Untersuchungen und Vergleiche sind erst da gefordert, wo sich die Vorzugswürdigkeit eines Vorhabens nicht bereits bei einer Grobanalyse des Abwägungsmaterials ergibt, sondern ernsthaft in Betracht kommt (BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 131).
569 
Eine solche Situation war hier deshalb nicht gegeben, weil der Erhaltung der wertvollen Trockenstandorte im Rheinwald südlich von Breisach eine sich auch in der Ausweisung als FFH-Gebiet niederschlagende hohe Wertigkeit eingeräumt werden sollte und auch unter Berücksichtigung der von der Klägerin dargelegten Verbesserung der Umweltverträglichkeit etwa aufgrund angepasster Fließgeschwindigkeiten und verringerter Wasserstände nicht erkennbar war, wie die Beeinträchtigung der reinen Trockenstandorte vermieden oder ausgeglichen werden kann. Hinzu kommt, dass die Planungsvariante der Hartheimer Lösung gerade unter Berücksichtigung der Modifizierungen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses hinsichtlich der erreichbaren Retentionsmengen und der technischen Machbarkeit fachlich wenig abgesichert war, was angesichts der ausführlichen Variantenprüfung im Vorfeld zulasten der Klägerin geht. Zudem hatte das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald mit Beschluss vom 24.08.2006 die Variante der optimierten Tieferlegung durch Auskiesung planfestgestellt und damit die Schaffung eines Retentionsraums durch eine Flutung des Rheinwaldes südlich von Breisach als Planungsvariante ausgeschieden. Auch wenn diese Planungsentscheidung aufgrund der fehlenden Bestandskraft dieses Planfeststellungsbeschlusses noch nicht rechtsverbindlich ist, so konnte das Landratsamt Ortenaukreis bei seiner Alternativenprüfung zumindest von einer auf absehbare Zeit bestehenden tatsächlichen Sperre zur Verwirklichung des modifizierten Hartheimer Modells ausgehen.
570 
cc) Freifließende Elz
571 
Soweit die Planfeststellungsbehörde am Standort der Elzmündung die Variante der freifließenden Elz verworfen hat, ist dies ebenfalls nicht rechtsfehlerhaft geschehen. Denn diese Variante musste sich dem Landratsamt Ortenaukreis bei seiner Entscheidung nicht als vorzugswürdig aufdrängen. Vielmehr konnte die Behörde bei der Beurteilung dieser Alternative ohne Überschreitung ihres Abwägungsspielraums zu dem Ergebnis kommen, dass sie die maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange insgesamt nicht in ein besseres Verhältnis bringen würde als das planfestgestellte Vorhaben (zu diesem Maßstab vgl. auch BVerwG, Urt. v. 25.01.1996 - 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238, 249 f., Urt. v. 20.05.1999 - 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555, 556).
572 
So hat die Planfeststellungsbehörde den Alternativvorschlag der Klägerin zur „freifließenden Elz“ mit der Verlegung der Elz zwischen Kappel am Rhein und Wittenweier außerhalb des Bereichs des Retentionsraumes mit der Begründung (Planfeststellungsbeschluss S. 165) verworfen, dass hierdurch ein zusätzlicher Flächenbedarf für einen Streifen entlang des Polders von 15 m bis 20 m und damit ein Zugriff auf 8 ha Wald- und Wiesenflächen des Naturschutzgebiets Taubergießen erforderlich wäre, in dem sich zum Teil wertvolle Biotope befinden. Auch gingen ca. 300.000 bis 400.000 m³ Retentionsvolumen verloren.
573 
Gegen diese Bewertung der Nachteile dieser Variante hat auch die Klägerin keine substantiierten Einwendungen vorgebracht. Insbesondere stellt sich diese Abwägungsentscheidung nicht deshalb als fehlerhaft dar, weil die Planfeststellungsbehörde - wie die Klägerin meint - hinsichtlich des zu schaffenden Retentionsvolumens von verbindlichen oder zumindest willkürlich überzogenen Vorgaben des Integrierten Rheinprogramms ausgegangen wäre. Denn abgesehen davon, dass kein Anhaltspunkt dafür gegeben ist, dass die - wie dargestellt (oben II. A. 1) b) - rechtlich unverbindliche Zielvorgabe des Integrierten Rheinprogramms zur Schaffung eines Gesamtretentionsvolumens von 167,3 Mio m³ nicht unter dem Gesichtspunkt eines effektiven Hochwasserschutzes gerechtfertigt wäre, lässt sich gerade auch der Überlegung zu einer Reduzierung des Retentionsvolumens entnehmen, dass das Landratsamt Ortenaukreis nicht davon ausgegangen ist, dass ihm über das Integrierte Rheinprogramm eine bindende Vorgabe zur Schaffung eines bestimmten Rückhaltevolumens im Bereich der Elzmündung gemacht worden ist. Soweit die Klägerin weiter auf ihre Einschätzung eines mit dieser Variante verbundenen erhöhten Sicherheitsgewinns für die Bevölkerung (von Kappel-Grafenhausen) verweist, reicht dies angesichts der aufgezählten Nachteile und der anderweitig sichergestellten Sicherheit der Bevölkerung vor Schäden durch den Polderbetrieb nicht aus, um die Variante als eindeutig vorzugswürdig anzusehen.
574 
dd) Zweiter Damm
575 
Aus den gleichen Gründen begründet es auch keinen Rechtsfehler in der Abwägung, dass die Planfeststellungsbehörde die weitere Alternative eines zweiten Damms westlich vom Hochwasserdamm VII gegenüber der planfestgestellten Variante verworfen hat. Denn hier stehen dem von der Klägerin geltend gemachten Sicherheitszuwachs (für die Bevölkerung insbesondere von Nonnenweier) die vom Landratsamt Ortenaukreis angeführte geringere Umweltverträglichkeit und der Verlust weiteren Retentionsvolumens entgegen, die die Variante des zweiten Damms nicht als eindeutig vorzugswürdig erkennen lassen.
576 
Dabei kann der Planfeststellungsbehörde auch nicht vorgeworfen werden, dass die Einordnung des mit dieser Variante möglichen Sicherheitszuwachses als nur „untergeordnet“ fehlerhaft sei. Zwar hat der Beklagte die Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Grundwasser in den Bereichen östlich des Polders tatsächlich - wie von der Klägerin dargelegt - auf der Grundlage eines fehlerhaften Grundwassermodells abgeschätzt, er hat jedoch mit der Errichtung leistungsfähiger Pumpengalerien für die insoweit betroffenen Teilorte Nonnenweier und Wittenweier Maßnahmen vorgesehen, die die von dem Beklagten fehlerfrei als notwendig festgelegte Sicherheit insbesondere vor Gebäudeschäden auch dann gewährleistet, wenn angesichts der verbleibenden Prognoseunsicherheiten zur Beeinflussung des Grundwassers durch den Rückhalteraum von einem „Worst-Case“ ausgegangen wird. Insoweit wird auf die Ausführungen zu 5. d) dd) (2) verwiesen.
577 
Soweit die Klägerin bei der Abwägung der Varianten die Berücksichtigung der Gefahr eines Rückstaus der Elz und des Schutterentlastungskanals vermisst, hat das Landratsamt überzeugend darauf verwiesen, dass ein solcher auch nach der festgestellten Variante nicht zu befürchten sei. Denn die Einleitung von aufstauendem Wasser im Polderbetrieb sei auch bei extrem erhöhten Zuflussmengen aus der Elz, dem Schutterentlastungskanal, dem Taubergießen, dem Ettenbach und dem Kapuzinergraben ohne weiteres gewährleistet. Im Zweifel könnten Abflüsse, die die im Rhein unterhalb des Hauptwehrs von Gerstheim mögliche Abflussmenge von 4.800 m³/s überschreiten, über eine Ableitung in den Kraftwerkkanal aufgefangen werden. Sofern künftig von einer Erhöhung der Abflussmenge im Schutterentlastungskanal von derzeit maximal 60 m³/s auf 80 m³/s ausgegangen werden müsse, führe dies ebenfalls zu keinem Rückstau, weil die Erhöhung dieser Abflussmenge mit der Verbreiterung des Abflussquerschnitts einhergehe. Eine Erhöhung des Abflusses im Ettenbach sei unerheblich, da dieser dann über die Ufer treten werde; zudem sei der Gesamtabfluss aus dem Bereich der Elz, des Taubergießen und des Kapuzinergrabens mit 40 m³/s so großzügig bemessen worden, dass eine leichte Erhöhung der Abflussmenge im Ettenbach durch diesen Sicherheitszuschlag umfänglich aufgefangen wäre. Unabhängig hiervon ist für die Kammer schließlich in keiner Weise substantiiert dargelegt, inwieweit sich die von der Klägerin befürchtete Gefahr eines Rückstaus der Zuflüsse bei Verwirklichung der von ihr dargelegten Varianten gegenüber der festgestellten Variante verringern würde.
578 
c) Öffentliche Wasserversorgung
579 
Der Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin hingegen insoweit in ihrem subjektiven Recht auf eine gerechte Abwägung ihrer Belange, als die Auswirkungen des Aufstaus von Rheinwasser im Rückhaltebecken auf das Wasserschutzgebiet Ottenheim und damit auch auf ihre öffentliche Einrichtung der örtlichen Wasserversorgung nicht hinreichend sicher abgeklärt wurden. Dieser Rechtsverstoß ist auch erheblich. Er führt jedoch nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, da er nach § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG der Fehlerheilung in einem ergänzenden Verfahren zugänglich ist.
580 
aa) Trinkwasserschutz als Belang der Klägerin
581 
Mit dem Betrieb der beiden Wasserwerke in Ottenheim und Nonnenweier erfüllt die Klägerin eine Aufgabe, die unter dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG steht und diese zur Abwehr rechtswidriger Beeinträchtigungen der öffentlichen Trinkwasserversorgung berechtigt (vgl.BVerwG, 16.03.2006 - 4 A 1075/04 -, BVerwGE 125, 116 Rn. 480 m.w.N.). Da die öffentliche Wasserversorgung einwandfreies, gesundes Trinkwasser erfordert, kann die Gemeinde im Rahmen eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens oder auch bei privatnützigen wasserrechtlichen Planfeststellungsverfahren im Einzugsbereich ihrer Brunnen jede rechtswidrige Beeinträchtigungen des Grundwassers durch Dritte abwehren (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 C 3.98 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 18 S. 3 f). Dem entspricht im vorliegenden Planfeststellungsverfahren zum Hochwasserschutz ein Anspruch darauf, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung des der Trinkwasserversorgung dienenden Grundwassers hinreichend sicher aufgeklärt und je nach Ergebnis entsprechend dem hohen Gewicht des Trinkwasserschutzes in die Abwägung eingestellt wird. Wo dies möglich ist, müssen Beeinträchtigungen des Trinkwassers vermieden werden (BVerwG, Urt. v. 12.08.1999, a.a.O.).
582 
bb) Maßstab der Beurteilung der Gefahren für das Grundwasser
583 
Nach dem - auch in der Planfeststellung anwendbaren (vgl. Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 2). - Rechtsgedanken des § 34 WHG sind - über die beiden speziellen Aspekte der Regelung zur Einleitung von Stoffen in das Grundwasser und für die Lagerung und Ablagerung von Stoffen und die Beförderung von Flüssigkeiten und Gasen hinaus - Einwirkungshandlungen auf das Grundwasser nur dann zulässig, wenn eine schädliche Verunreinigung oder eine sonstige nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften nicht zu besorgen ist (BVerwG, Urt. v. 18.03.2009 - 9 A 39/07 -, BVerwGE 133, 239 Rn. 91 m.w.N.). Dies ist dann der Fall, wenn ein entsprechender Schadenseintritt unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände und des Stands der Technik im Rahmen einer sachlich vertretbaren, auf konkreten Feststellungen beruhenden Prognose unwahrscheinlich ist. Zwar wird insoweit keine Unmöglichkeit eines Schadenseintritts gefordert, jedoch sollen unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die Gefahren einer Grundwasserbeeinträchtigung so gering wie möglich gehalten werden und zwar umso geringer, je schwerwiegender ihre Art und Folgen sein können (Czychowski/Reinhardt, Wasserhaushaltsgesetz, Kommentar, 9. Aufl. 2007, § 34 Rn. 8, 17 § 26 Rn. 28 m.w.N.). Für den Schutz des besonders empfindlichen Trinkwassers bedeutet dies, dass grundsätzlich jede Art von Gefahr und Risiko in Betracht genommen und eine bestmögliche Gefahrenabwehr und Risikovorsorge betrieben werden muss. Auch entfernte Wahrscheinlichkeiten, dass es zu einer Beeinträchtigung von Grund- bzw. Trinkwasser kommen kann, sind zu ermitteln und nach Möglichkeit auszuschließen.
584 
Diesen Anforderungen an die Ermittlung der möglichen Beeinträchtigung des Trinkwassers im Einzugsbereich des Trinkwasserbrunnens Ottenheim wird der Planfeststellungsbeschluss nicht gerecht.
585 
cc) Lage der Wasserschutzgebiete und Beurteilung der Betroffenheit
586 
Das Wasserschutzgebiet Ottenheim liegt westlich des Rückhalteraums im Bereich zwischen den Ortschaften Nonnenweier und Ottenheim. Sein südlicher Teil weist die Kategorie IIIb auf, hieran schließt sich jeweils nördlich ein größerer Schutzbereich der Kategorie IIIa sowie ein kleinerer Bereich der Kategorie II an. Der Tiefbrunnen mit dem ihn umgebenden Schutzbereich der Kategorie I liegt im nördlichsten Ende des Schutzgebiets etwas unterhalb der beginnenden Bebauung von Ottenheim (zur Lage im einzelnen vgl. ..., Grundwassermodellberechnungen im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung, Teil C: Grundlagen und Ergebnisse der Bahnlinienberechnungen, Erläuterungsbericht, Anlage 7.3.1. zum Antrag vom 21.06.2004, S. 2).
587 
Hinsichtlich der Betroffenheit des Wasserschutzgebiets Ottenheim geht die Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbeschluss (S. 238 f, 240 f) davon aus, dass die Zone IIIb bereits im Ist-Zustand von in das Grundwasser einsickerndem Rheinwasser betroffen sei und die durch die Ökologischen Flutungen und die Hochwasserrückhaltungen gegebenen erhöhten Grundwasserabflüsse im Wesentlichen durch den zwischen dem Polder und dem Wasserschutzgebiet verlaufenden abgesenkten Mühlbach aufgenommen würden. Letztlich führe der Betrieb des Rückhalteraums nur zu einer unwesentlichen Erhöhung eindringenden Polderwassers. Aufgrund der gutachterlichen Berechnung der Bahnlinien der Grundwasserausbreitung sei zwar davon auszugehen, dass auch im Polderbetrieb Wasserteilchen die Zone IIIb des Wasserschutzgebiets erreichen können. Allerdings sei die Entfernung vom Tiefbrunnen der zentralen Wasserversorgung so groß, dass eine Gefährdung aufgrund der langen Fließzeiten sehr unwahrscheinlich sei. So sei aufgrund der quantifizierenden Berechnungen des Gutachters Dr. ... davon auszugehen, dass das Wasserschutzgebiet Ottenheim überhaupt nur dauerhaft von „Polderwasser“ erreicht werden könne, wenn es zu Ökologischen Flutungen mit 60m³/s über 7 Tage und danach zu einem Hochwassereinsatz mit Retentionsbetrieb komme. Diese extremen hydrologischen Bedingungen seien sehr selten. Da es zudem 1,5 Jahre dauere, bis das Wasser in der Wasserversorgung ankomme, sei aufgrund der steten Grundwasserneubildung von 157 mm/Jahr zusätzlich von einer erheblichen Abnahme der Konzentration auszugehen. Insgesamt sei die mögliche Beeinträchtigung zu vernachlässigen. Untersuchungen zum Stofftransportmodell seien nicht erforderlich.
588 
Neben dem Wasserschutzgebiet Ottenheim ist grundsätzlich auch das - dem zeitweise stillgelegten Triefbrunnen „Auf der Au“ nördlich von Nonnenweier zugeordnete Wasserschutzgebiet Nonnenweier betroffen (Planfeststellungsbeschluss S. 236, 338). Insoweit hat die Klägerin im Klageverfahren jedoch keine Einwendungen mehr erhoben, nachdem die Planfeststellungsbehörde dem Vorhabenträger - entsprechend der Empfehlung des Gutachters - in den Nebenbestimmungen unter Nr. 7.2. aufgegeben hatte, durch ein Nachlaufenlassen der Brunnengalerien auch nach Entleerung des Rückhalteraums sicherzustellen, dass kein „rheinbürtiges Wasser“ in die Brunnen von Nonnenweier und Wittenweier gelangt.
589 
dd) Methodische Mängel der Beurteilung
590 
Die Beurteilung der Auswirkungen des Polderbetriebs auf die Wasserschutzgebiete Ottenheim und Nonnenweier durch die Planfeststellungsbehörde beruht auf fachwissenschaftlichen Untersuchungen (..., Grundwassermodellberechnungen im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung, Teil A: Grundlagen, Modellaufbau, stationäre Eichung und Verifizierung, instationäre Eichung; Teil B: Grundlagen und Ergebnisse der Berechnungen für den Ist- und Bemessungszustand; Teil C: Grundlagen und Ergebnisse der Bahnlinienberechnungen, Erläuterungsbericht; Anlagen 7.1., 7.2, 7.3.1. zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 16, 17 und 18). Diese Gutachten enthalten jedoch Unsicherheiten, die nach fachwissenschaftlichem Stand in zumutbarer Weise vermeidbar gewesen wären, und die sich zumindest auf die Beurteilung der möglichen Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Wasserschutzgebiet Ottenheim bemerkbar machen können.
591 
(1) Grundwassermodell als Prognosegrundlage
592 
Die Beurteilung von Auswirkungen des Betriebs des Rückhaltebeckens an der Elzmündung auf das Grundwasser in der Umgebung dieses Polders erfordert Modellberechnungen, die durch verschiedene geologische und hydrogeologische Bedingungen im Modellgebiet geprägt werden. Hierzu gehören insbesondere der kf-Wert für die Rauhigkeit des Untergrunds des Grundwasserraums, der Leakage-Faktor für die Durchlässigkeit des Gewässerbodens, von dem aus das Wasser in den Grundwasserbereich versickert oder aus diesem an die Oberfläche drückt sowie der Speicherkoeffizient des Grundwasserraums (mit seinen auffüllbaren Hohlräumen) und das Maß des Zuflusses und Abflusses in den Randbereichen des Untersuchungsraums (Randzuströme). Diese Faktoren sind jedoch aufgrund der relativen Unzugänglichkeit der Grundwasserschichten sowie der relativen "Langsamkeit" von Prozessen im Untergrund entweder gar nicht oder nur punktuell quantifizierbar.
593 
Aus diesem Grund erfolgt die Modellberechnung in einem ersten Schritt über eine sogenannte Kalibrierung oder auch Eichung des Modells. Hier werden die zunächst auf der Grundlage von Erfahrungswissen quantifizierten maßgeblichen Parameter solange verändert, bis die vom Modell berechneten Ergebnisse eines bestimmten Niederschlags- oder Versickerungsereignisses mit den im Untersuchungsgebiet tatsächlich gemessenen Grundwasserständen übereinstimmen. Dabei wird zwischen einer zeitunabhängigen, stationären und einer instationären, zeitabhängigen Kalibrierung unterschieden. Im Rahmen der Kalibrierung kann über die Variation der einzelnen Parameter abgeschätzt werden, welchen Einfluss diese auf das Modellergebnis haben (Sensitivitätsanalyse).
594 
Dies ist zwischen den Beteiligten in methodischer Hinsicht ebenso unstreitig wie die Notwendigkeit, das Modell nach der Kalibrierung nochmals anhand (mindestens) eines zweiten Ereignisses zu überprüfen (Validierung). Denn anderenfalls besteht - wie der von der Klägerin beauftragte Gutachter in der mündlichen Verhandlung nochmals erläutert hat - die Gefahr, dass sich die in der Realität nicht überprüften Faktoren in ihrer Fehlerhaftigkeit in der Modellberechnung so neutralisiert haben, dass diese unerkannt bleibt, in der Folge aber andere Berechnungen auf der Grundlage des Modells beeinflusst.
595 
(2) Fehlende Validierung der instationären Eichung
596 
Das Grundwassermodell des Fachgutachters des Vorhabenträgers ist nicht hinreichend validiert und entspricht deshalb aus fachwissenschaftlicher Sicht nicht den Anforderungen die an eine Prognose der Planfeststellungsbehörde speziell zu den Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundwasser erforderlich sind.
597 
Es kann dahin gestellt bleiben, ob das Grundwassermodell des Gutachters des Vorhabenträgers dadurch validiert wurde, dass es unmittelbar nach seiner Kalibrierung im Jahre 1999 anhand eines zweiten Niederschlagsereignisses aus dem Jahr 1991 stationär, d.h. bezogen auf einen einzelnen Zeitpunkt bestätigt wurde. Denn der Gutachter der Klägerin hat in überzeugender Weise dargelegt, dass es im Hinblick auf die Prognose der Entwicklung der Grundwasserstände bei längerandauernden Hochwasserrückhaltungen entscheidend auf die Validierung der instationären, d.h. die zeitliche Entwicklung der Grundwasserstände beurteilenden Eichung ankommt.
598 
Entgegen der Auffassung des Beklagten und seiner Fachgutachter ist eine solche Validierung des instationären Modells jedoch trotz einer Überprüfung des Modells anhand eines Niederschlagsereignisses im Februar 2003 deshalb nicht gegeben, weil bei der Überprüfung im Februar 2003 zwar möglicherweise für den südlichen Teilraum der Speicherkoeffizient bestätigt werden konnte, andererseits aber insbesondere der Leakage-Faktor nachjustiert werden musste. Damit stellt diese Berechnung keine hinreichende Validierung des Modell dar. Denn das Maß der Aussagesicherheit eines Grundwassermodells wird entscheidend dadurch bestimmt, wie exakt die gemessenen zu den berechneten Ergebnissen unter Berücksichtigung einer ausgeglichenen Grundwasserbilanz des Modells übereinstimmen. Ist eine Übereinstimmung nicht hinreichend genau gegeben und muss deshalb ein einzelner Faktor nachjustiert werden, kann nicht nur davon ausgegangen werden, dass das bisherige Modell die Wirklichkeit nicht hinreichend abgebildet hat, sondern es bleibt nach wie vor die Unsicherheit, ob auch die vorgenommene Anpassung nur „zufällig“ den Bedingungen des neuberechneten Ereignisses Rechnung trägt.
599 
(3) Erheblichkeit des Fehlers für die Prognose
600 
Die aus der fehlenden Validierung des Modells anhand eines instationären Ereignisses resultierende Aussageunsicherheit des Grundwassermodells ist - entgegen der Auffassung des Beklagten - für die Prognose der möglichen Beeinträchtigungen des Trinkwasserschutzgebiets Ottenheim auch erheblich.
601 
So wird die methodisch begründete Aussageunsicherheit des Modells nicht dadurch relativiert, dass der in der Folge der Überprüfung des Modells im Februar 2003 angepasste Leakage-Faktor, der die Durchlässigkeit in den Gerinnen des Rückhalteraums beschreibt, ebenso wie der kf-Wert für die Kiesschichten des Grundwasserleiters nach den Ergebnissen einer Sensitivitätsprüfung letztlich kaum größere Auswirkungen auf die Grundwasserstände mit sich bringt. Denn bei der Eichung und Validierung eines Modells geht es um die Bestimmung der Parameter insbesondere in ihrem Verhältnis zueinander und nicht darum, inwieweit sich die Unsicherheit in Bezug auf einen einzelnen Wert bei einem im Übrigen hinreichend validen Modell im Gesamtergebnis auswirkt. Insoweit hat der Gutachter der Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass die Nachjustierung des Modells im Jahr 2003 nach wie vor rechnerische Restunsicherheiten hinsichtlich der Aussagesicherheit auch des veränderten Modells beinhaltet. Hinzu kommt, dass auch nach dem neuen veränderten Modell einige Messergebnisse innerhalb des Messstellennetzes nicht mit den rechnerisch prognostizierten Ergebnissen übereinstimmen, mögen sich diese Abweichungen auch plausibel mit ihrer Lage in Bereichen mit starkem Gefälle oder gar außerhalb des Modellgebiets erklären lassen. Denn auch hier verbleibt eine Restunsicherheit hinsichtlich der Aussagesicherheit der Grundwassermodellierungen, die der Beurteilung möglicher Beeinträchtigungen des Grundwassers in der planerischen Abwägung zugrunde gelegt worden sind. Auch besteht zumindest in Bezug auf die Oberflächengewässer des Kapuzinergrabens zwischen Kappel und Wittenweier und des Richtergrabens die konkrete Möglichkeit, dass eine Versickerung aus diesen Gewässern in das Grundwasser bei der Modellierung der möglichen Grundwasserentwicklungen fehlerhaft unberücksichtigt geblieben sind, nachdem die auf einem Augenschein beruhende Einschätzung des Gutachters des Vorhabenträgers, diese Gewässer verfügten über eine bindige, wasserundurchlässige Sohle, durch die Beobachtung der Gewässeranwohner zu einem Volllaufen der Bäche durch drückendes Grundwasser zumindest substantiiert in Frage gestellt worden ist. Schließlich hat der Gutachter der Klägerin auch dargelegt, dass die in der Modellrechnung mit 5 bis 25% veranschlagten Randzuströme nicht ohne weiteres plausibel seien.
602 
Da sich die Aussageunsicherheit des verwendeten Grundwassermodells unmittelbar auf die aus diesem Modell abgeleiteten Berechnungen der Bahnlinien auswirkt, erfasst sie auch die Beurteilung der möglichen Ausbreitung von Schadstoffen aus dem gefluteten Rheinwasser in das Wasserschutzgebiet Ottenheim. Anders als in Bezug auf das Wasserschutzgebiet Nonnenweier konnte die Planfeststellungsbehörde nicht davon ausgehen, dass eine veränderte Beurteilung der Zuströme aus dem Polder in das Trinkwassergebiet angesichts anderer Faktoren oder Sicherungsmaßnahmen letztlich ohne Auswirkung auf die Betroffenheit der Gebiete bzw. der Trinkwasserversorgung bleibt.
603 
Zwar ist die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Prognose zu den möglichen Beeinträchtigungen des Trinkwasserschutzgebiets Ottenheim davon ausgegangen, dass die Gefahr einer erheblichen Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung auch bei einem Eindringen von Polderwasser in die Schutzzone der beiden Wasserschutzgebiete letztlich nochmals durch die erheblichen Verdünnungseffekte, die zeitliche Begrenzung des Eindringens durch gegenläufige Grundwasserströme in Rheinrichtung, die natürliche Schadstoffsperre der Erdschichten sowie durch die Möglichkeit relativiert wird, eine Flutung des Polders bei einem Rheinalarm wegen erhöhter Schadstoffbelastungen zu unterlassen. Dies lässt jedoch die Kausalität des Fehlers in der Modellrechnung für die in der planerischen Abwägung konkret angestellte Beurteilung der Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundwasser im Schutzgebiet Ottenheim nicht entfallen. Denn diese Beurteilung war - anders als beim Wasserschutzgebiet Nonnenweier, wo die Funktion des Mühlbachs als Vorfluter und die Sicherung durch ein Nachlaufen der Pumpen ein Eindringen von Polderwasser in den Bereich des Trinkwasserbrunnens von Nonnenweier unstreitig verhindert - auch hinsichtlich dieser relativierenden Faktoren maßgeblich darauf gestützt, dass das Wasserschutzgebiet aufgrund der Bahnlinienberechnungen nur in einem unwesentlichen Ausmaß von „rheinbürtigem“ Wasser erreicht wird. Zudem betrifft der Aspekt der möglichen Vermeidung des Eindringens von Schadstoffen bei ausgelöstem Rheinalarm, unabhängig von den durch die Klägerin dargelegten Szenarien einer unerkannt gebliebenen Einleitung, nur die Schadstoffe, die etwa in der Folge eines Chemieunfalls den Rheinalarm auslösen, während die Abwägung zu den Auswirkungen des Vorhabens aufgrund des planerischen Gebots einer möglichst weitgehenden Vermeidung von Beeinträchtigungen des Grund- und Trinkwassers auch solche nachteiligen Veränderungen des Grundwassers in den Blick nehmen musste, die allein durch das Eindringen von „rheinbürtigem“ (und damit potentiell etwa nitritbelastetem) Polderwasser verbunden sind. Auch bezog sich die Argumentation mit der weiten Entfernung und der damit verbundenen langen Fließdauer ausdrücklich allein auf bakterielle Inhaltsstoffe, nicht jedoch auf die „Beeinträchtigung durch weitere Inhaltsstoffe“ (Planfeststellungsbeschluss S. 238 letzter Absatz; S. 239 ersten Absatz). Schließlich hat der Gutachter der Klägerin zusätzlich überzeugend darauf hingewiesen, dass die Quantifizierung der Wassermenge, die aus dem Polder in den Bereich des Brunnens bei Ottenheim eindringen könne, nicht nur auf einer zu weitgehenden Bezugnahme auch auf die unteren Grundwasserschichten des Trinkwasserbeckens beruht, sondern vor allem durch die Anzahl und Anordnung der sieben Messpunkte bestimmt ist, die zur Bestimmung der aus dem Polder in die Schutzzone einfließenden Grundwassermenge über das Wasserschutzgebiet Ottenheim gelegt worden sind.
604 
(4) Verlagerung der Prognosesicherung in die Ausführungsplanung
605 
Der Umstand, dass die der planerischen Abwägung zugrundegelegte Prognose zu den möglichen Beeinträchtigungen des Wasserschutzgebiets Ottenheim methodisch vermeidbare Unsicherheiten aufweist, die eine erheblich stärkere Beeinträchtigung möglich erscheinen lassen als in der Abwägung zugrunde gelegt, konnte - anders als dies in der Abwägungsentscheidung des Landratsamts Ortenaukreis geschehen ist - nicht unter Hinweis auf die Möglichkeit der Fortschreibung des Grundwassermodells im Zusammenhang etwa mit weiteren Bohrungen und Pumpversuchen sowie dem Probebetrieb des Polders als solchem hingenommen und einer gegebenenfalls erforderlichen Regelung durch weitere nachträgliche Auflagen überlassen bleiben.
606 
Dies folgt aus dem für hoheitliche Planungen geltenden Grundsatz der Problembewältigung in der planerischen Abwägung (hierzu BVerwG, Urt. v. 07.03.2007 - 9 C 2/06 -, BVerwGE 128, 177 Rn. 19). So ergibt sich insbesondere aus der Regelung des § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG, dass im Planfeststellungsbeschluss grundsätzlich alle Konflikte des Vorhabens mit dem Wohl der Allgemeinheit oder Rechten anderer in einen Ausgleich zu bringen sind, was freilich nur möglich ist, wenn und soweit die entsprechenden Wirkungen im Eintritt im Zeitpunkt der Entscheidung gewiss sind oder sich mit hinreichender Zuverlässigkeit prognostisch abschätzen lassen (BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2.00 - BVerwGE 112, 221, 225 f.). Entsprechend schließt die Regelung des § 75 Abs. 2 LVwVfG Ansprüche auf Beseitigung oder Änderung des Vorhabens und seines Betriebs nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses aus (Satz 1) und lässt nachträgliche Anordnungen allein insoweit zu, als es um die nicht voraussehbaren Wirkungen des Vorhabens, d.h. um die nachteiligen Entwicklungen geht, die sich erst später zeigen und mit denen die Beteiligten bei der Planfeststellung verständigerweise nicht rechnen konnten (BVerwG, Urt. 23.04.1997 - 11 A 17.96 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 13 S. 7). Dabei wird der Grundsatz der Problembewältigung auch nicht durch die Regelung des § 74 Abs. 3 LVwVfG aufgelöst, nach welchem die Behörde die Entscheidung über einzelne Teile des Planes zunächst offen lassen und einer späteren Entscheidung vorbehalten kann. Denn dieser Entscheidungsvorbehalt, der sich auch auf nachträgliche Schutzmaßnahmen beziehen kann, setzt ebenfalls voraus, dass über die durch die Planfeststellung aufgeworfenen Fragen zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht abschließend entschieden werden kann und ermöglicht damit gerade keinen „Konflikttransfer“ hinsichtlich eines an sich lösbaren Konflikts in die Phase nach der Abwägung (BVerwG, Urt. v. 22.11.2000 - 11 C 2/00 -, BVerwGE 112, 221 juris Rn. 30; BVerwG, Urt. v. 14.11.2001 - 11 A 31/00 BVerwGE 115, 237 juris Rn. 39).
607 
Auch wenn der Behörde bei der Beurteilung, ob und inwieweit ein Konflikt vorhersehbar bzw. lösbar ist, - wie allgemein bei prognostischen Einschätzungen - eine Einschätzungsprärogative zukommt (BVerwG, Urt. v. 11.07.2001 - 11 C 14/00 -, BVerwGE 114, 364), so erfasst dieser Spielraum nicht auch die Problematik, ob eine auf einem methodischen Fehler der fachgutachterlichen Prognose begründete Unsicherheit hingenommen und weiteren Ermittlungen nach der Planfeststellung überlassen bleiben kann. Denn die Bewertung eines Konflikts als nicht bzw. nicht vollständig vorhersehbar, setzt gerade die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode zur Prognose voraus, die hier - wie dargelegt - nicht gegeben ist.
608 
Soweit die Rechtsprechung von dem Grundsatz der Problembewältigung in Bezug auf die Vornahme weiterer Detailuntersuchungen zu möglichen Auswirkungen des Vorhabens Ausnahmen zulässt, sind diese ausschließlich auf die möglichen Störungen und Probleme beschränkt, die sich bei der Bauausführung des Planvorhabens stellen. Hier reicht es aus, fachliche Detailuntersuchungen, die der Problemlösung dienen, und darauf aufbauende Schutzvorkehrungen der Ausführungsplanung zu überlassen, wenn gewährleistet ist, dass sich das Problem lösen lässt und die Ausführungsplanung der Planfeststellungsbehörde zur Billigung unterbreitet wird. Um solche Fragen allein im Zusammenhang mit der Bauausführung des Rückhaltebeckens geht es hier jedoch nicht.
609 
Durfte die Planfeststellungsbehörde die durch die unzureichende methodische Absicherung des Grundwassermodells gegebenen Unsicherheiten zur möglichen Beeinträchtigung des Wasserschutzgebiets Ottenheim somit schon aufgrund des Grundsatzes der Problembewältigung nicht offen lassen und einer näheren Abklärung durch Bestimmungen zum Grundwassermonitoring und zur Beweissicherung überlassen, kommt es nicht darauf an, ob die entsprechenden Bestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses etwa zur Fortschreibung des Grundwassermodells auf der Grundlage der Ergebnisse der Bohrungen und des Probebetriebs des Rückhaltebeckens oder zur Einrichtung von Vorfeldmessstellen für die zentrale Wasserversorgung Nonnenweier und Ottenheim als Maßnahmen der weiteren Absicherung der Prognose ausreichend sind oder - wie die Klägerin meint - weitere Maßnahmen ergriffen werden müssten.
610 
ee) Erheblichkeit des Rechtsfehlers
611 
Der Rechtsfehler ist nach den Voraussetzungen des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG auch erheblich.
612 
Die notwendige Offensichtlichkeit der fehlerhaften Beurteilung der Gefahren für die öffentliche Trinkwasserversorgung ergibt sich aus der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses zur Beeinträchtigung dieses Belangs und zur Auseinandersetzung mit den Einwendungen der Klägerin zu dem verwendeten Grundwassermodell (Planfeststellungsbeschluss S. 236 ff.).
613 
Weiter besteht zur Überzeugung der Kammer auch eine hinreichend konkrete Möglichkeit, dass die Abwägungsentscheidung des Beklagten anders ausgefallen wäre, wenn sich die Behörde der verbliebenen Unsicherheit hinsichtlich der möglichen Beeinträchtigung der Trinkwasserversorgung hinreichend bewusst gewesen wäre. Denn es besteht - was insoweit ausreichen muss - die konkrete Möglichkeit, dass sich bei Vornahme einer hinreichend tragfähigen Analyse der Auswirkungen der Rückhaltung von Rheinwasser im Polder Elzmündung eine andere, verstärkte Gefahrenlage zeigt, die dann weitere Schutzmaßnahmen oder auch ein anderes Betriebskonzept erforderlich macht. Jedenfalls kann angesichts der Vielzahl der im verwendeten Grundwassermodell enthaltenen Unsicherheiten - wie dargestellt - nicht davon ausgegangen werden, dass weitere Berechnungen oder auch Untersuchungen der Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Grundwasser in jedem Fall zu einer allenfalls unwesentlichen Veränderung des Trinkwasservorkommens in dem Wasserschutzgebiet Ottenheim führen. Vielmehr hat der Gutachter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gerade in Bezug auf dieses Trinkwasserschutzgebiet nachvollziehbar dargelegt, dass es angesichts der Unsicherheiten des Grundwassermodells, der Anordnung der Messpunkte im Wasserschutzgebiet und der Berechnungsweise des prozentualen Anteils des Polderwassers am Gesamtgrundwasserabstrom nicht nur rechnerisch, sondern auch bei Zugrundelegen realistischer Szenarien zu deutlich höheren Zuströmen von Polderwasser und damit auch zu einer anderen anderen Gefahrenlage für das Schutzgebiet kommen kann, als von der Planfeststellungsbehörde unter Rückgriff auf das angegriffene Grundwassermodell bislang angenommen.
614 
ff) Fehlende Präklusion
615 
Die Klägerin ist mit dem für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses erheblichen Einwand der fehlerhaften Beurteilung der Auswirkungen des Polderbetriebs auf ihre Trinkwasserversorgung nicht nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG ausgeschlossen. Denn sie hat die Problematik einer Beeinträchtigung ihrer Trinkwasserversorgung im Einwendungsverfahren hinreichend vorgetragen. Dies stellt auch der Beklagte nicht in Abrede.
616 
GG) Fehlerfolge
617 
Der in Bezug auf die Beurteilung der Beeinträchtigung der öffentlichen Wasserversorgung gegebene Abwägungsmangel führt jedoch nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Denn er kann durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (§ 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG).
618 
Ein solche Fehlerheilung im Rahmen eines - auch prozessbegleitend durchführbaren - ergänzenden Verfahrens ist hier deshalb möglich, weil es zum einen hinreichend wahrscheinlich erscheint, dass die zuständige Behörde den beanstandeten Fehler durch eine erneute methodisch einwandfreie Beurteilung der möglichen Auswirkungen des Polderbetriebs auf das Wasserschutzgebiet Ottenheim korrigieren kann; zum anderen sind die festgestellten Mängel auch nicht so gravierend, dass sie die Planung des Rückhaltebeckens Elzmündung als Ganzes in Frage stellen und deshalb nach Einholung eines fachwissenschaftlich hinreichenden Gutachtens die Ausarbeitung eines grundlegend neuen Plankonzepts erforderlich wäre (hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NVwZ 2010, 320).
619 
d) Schutz kommunaler Gebäude und Einrichtungen
620 
Der Anspruch der Klägerin auf eine gerechte planerische Abwägung ihrer Belange ist weiter dadurch verletzt, als die Planfeststellungsbehörde die Gefahr einer vorhabenbedingten Beschädigung kommunaler Gebäude und Einrichtungen insbesondere durch Vernässung in den Teilortschaften Ottenheim und Allmannsweier auf der Grundlage des auch insoweit methodisch unzureichenden Grundwassermodells verneint hat. Dieser erhebliche Rechtsverstoß führt jedoch - ebenso wie der Abwägungsfehler zur Beeinträchtigung der öffentlichen Trinkwasserversorgung in Ottenheim - nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, da er nach § 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG der Fehlerheilung in einem ergänzenden Verfahren zugänglich ist.
621 
Hinsichtlich der Gefahr einer vorhabenbedingten Beschädigung kommunaler Gebäude und Einrichtungen in den Teilortschaften Wittenweier und Nonnenweier ist ein Fehler in der Abwägung nicht gegeben.
622 
aa) Abwägungsbelang und Betroffenheit
623 
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Vielzahl von Gebäuden und Einrichtungen (wie etwa der kommunalen Friedhöfe) in den jeweiligen Teilorten (zur Lage dieser Gebäude vgl. insb. die Anlagen 6 bis 8 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.09.2008). Der Schutz dieser kommunalen Gebäude und Einrichtungen vor vorhabenbedingten Beschädigungen stellt einen Belang dar, den die Klägerin in der planerischen Abwägung - trotz ihrer fehlenden Grundrechtsträgerschaft - auf der Grundlage des einfachgesetzlichen Eigentumsschutzes geltend machen kann. Dabei ist dieser Schutz verstärkt, wenn die betroffenen Gebäude der Erfüllung kommunaler Aufgaben der Daseinsvorsorge dienen (BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 C 3/98 -, DVBl. 2000, 791, 792).
624 
Die Planfeststellungsbehörde hat den Schutz der kommunalen Gebäude und Einrichtungen mit der - auf alle Gebäude in den bebauten Orteilen bezogenen - Begründung als gewährleistet angesehen, dass ihnen vorhabenbedingt weder eine Vernässung oder ein „Aufschwimmen“ durch drückendes Grundwasser noch eine Beschädigung durch ein Wegschwämmen von Sedimentmaterial aus dem Untergrund ihrer Fundamente drohe. Dies folge für die Teilorte Ottenheim und Allmannsweier bereits daraus, dass diese Bereiche von einem vorhabenbedingten Anstieg des Grundwassers allenfalls in einer Weise betroffen seien, die der natürlichen Grundwasserschwankung entspreche (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 293 ff, 300, 367 ff, 370 f; 414 ff.). Für die Teilorte Wittenweier und Nonnenweier werde der sowohl bei Ökologischen Flutungen als auch bei Hochwasserrückhaltungen zu erwartende Anstieg des Grundwasserspiegels über die entsprechend dimensionierten Schutzbrunnen zuverlässig verhindert. Die im Zusammenhang mit dem Betrieb der Pumpenanlage befürchteten Gefahr eines Wegschwämmens von Sedimenten aus dem Bereich der Gebäudefundamente werde durch die Einhaltung eines entsprechenden Sicherheitsabstands oder - wo dies nicht möglich sei - durch besondere Schutzmaßnahmen auch bei Betrieb der Pumpen vermieden. Soweit auch durch Schutzmaßnahmen Schäden nicht vermieden werden könnten, werde eine angemessene Entschädigung in Geld gewährt.
625 
bb) Abwägung der Gefahren für Gebäude in Allmannsweier und Ottenheim
626 
Die der Abwägung zugrunde gelegte Annahme eines - vorhabenbedingt - allenfalls der natürlichen Grundwasserschwankung entsprechenden unwesentlichen Anstiegs des Grundwassers in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim beruht auf den Grundwassermodellberechnungen, die der Vorhabenträger mit dem Antrag vom 21.06.2004 vorgelegt hat (..., Grundwassermodellberechnungen im Bereich des Rückhalteraums Elzmündung vom Mai 2004, Anlage 7.1 bis 7.3, Antragsordner 16 bis 18). Dort ist im Teil B des Gutachtens unter Nr. 11 zusammenfassend für die einzelnen Ortslagen der Klägerin ausgeführt, dass der Hochwassereinsatz des Rückhalteraums Elzmündung keinen Einfluss auf die Grundwasserentwicklung im Bereich der Ortslagen Allmannsweier und Ottenheim habe und die in den Grundwasserstandsganglinien erkennbare zusätzliche Wirkung bei Ökologischen Flutungen bei 60m³/s auf die Grundwasserentwicklung von Allmannsweier und Ottenheim angesichts der Flurabstände grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung sei (Grundwassermodellberechnung Teil B: Grundlagen und Ergebnisse der Rechnenläufe für Istzustand und Bemessungszustand, Anlage 7.2.1. Anlageordner 17, S. 37).
627 
Da diese Berechnungen zu der Wirkung des Aufstaus von Rheinwasser im Polder auf das Grundwasser in dem Gemeindegebiet der Klägerin jedoch auf einem nicht hinreichend validierten Grundwassermodell beruhen (vgl. oben dd) (2)), sind die Aussagen zu den möglichen Entwicklungen der Grundwasserstände mit einer methodisch begründeten Unsicherheit belastet, die sich in Bezug auf die Beurteilung der Betroffenheit der Teilorte Allmannsweier und Ottenheim auch auf die planerische Abwägung auswirkt. Denn für diese Teilorte kann die mögliche Prognoseunsicherheit nicht durch ein Worst-Case-Szenario zu möglichen Grundwasseranstiegen ausgeglichen werden, ohne dass hierbei gleichzeitig eine stärkeren Betroffenheit der dortigen Bebauung durch ansteigendes Grundwasser gegeben wäre. Ein - unterstellt - zulasten der Klägerin wirkender Fehler in der Prognose wird nicht in jedem Fall durch andere Faktoren oder Sicherheitszuschläge in einer Weise kompensiert, dass die Annahme der Behörde, eine Beeinträchtigung der Bebauung in diesen Teilorten durch den vorhabenbedingten Grundwasseranstieg sei ausgeschlossen, sich dennoch jedenfalls im Ergebnis als richtig erweisen würde. Vielmehr wird bereits aus den vorliegenden - unsicheren - Berechnungen ersichtlich, dass die Grundwasserstände in Allmannsweier und Ottenheim bei bestimmten Ökologischen Flutungen ansteigen. Für den Bereich von Allmannsweier beträgt der mögliche Anstieg bis zu 30 cm. Vor allem aber liegen die Gebäude in diesen Teilorten mit ihren Kellern teilweise noch so nah an dem Grundwasser, dass - wie der Fachgutachter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die Summierung des Effekts mit möglichen natürlichen Grundwasseransteigen sowie auf mögliche Kapillareffekte im Boden dargelegt hat - ein Kausalzusammenhang zwischen einer Kellervernässung und einem auch nur geringfügigen zusätzlichen Anstieg des natürlichen Grundwasserstands bereits nach den aktuellen Berechnungen kaum sicher ausgeschlossen werden kann. Dabei kommt für die Ortslage Allmannsweier noch zusätzlich hinzu, dass diese nicht in den durch Messungen der Grundwasserstände abgesteckten Untersuchungsraum einbezogen worden war, sondern die Grundwasseranstiege durch eine Extrapolation der Modellergebnisse für diesen Bereich bestimmt wurden. Zwar ist eine solche Extrapolation von Modellergebnissen auch nach Auffassung des Fachgutachters der Klägerin zulässig, wenn von homogenen hydrogeologischen Verhältnissen ausgegangen werden kann. Auch hat der Beklagte über die Stellungnahme des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau vom 23.12.2008 solche homogenen Verhältnisse insoweit dargelegt, als aufgrund von Profilschnitten durch das Modellgebiet und die nähere Umgebung von Allmannsweier davon ausgegangen werden kann, dass dieser Teilort auf der Basis eines gut durchlässigen Grundwasserleiters (mittleres Kieslager) auf einer leicht nach Nord bzw. Nordwest abfallenden Flanke des Hochgebiets westlich von Nonnenweier liegt. Allerdings verweist der Fachgutachter der Klägerin überzeugend darauf, dass hiermit der für die Beurteilung der Gefahr einer Kellervernässung maßgebliche Anstieg des Grundwasserniveaus gegenüber dem Flutungsbereich ebenso unsicher bleibt wie die Berücksichtigung von möglichen Senken im Grundwasserbereich.
628 
Da die Prognoseunsicherheit zur Entwicklung der Grundwasserstandslinien in Allmannsweier und Ottenheim auf einem methodischen Fehler beruht und damit bei einer fachgerechten Prognose objektiv vermeidbar war, konnte die bestehende Restunsicherheit, ob und in welchem Umfang in diesen Teilorten Gebäude durch vorhabenbedingt aufsteigendes Grundwasser vernässt oder aufgetrieben werden können, nicht der Klärung durch die Fortschreibung des Grundwassermodells im Zusammenhang mit weiteren Bohrungen, Pumpversuchen und dem Probebetrieb des Polders überlassen und einer gegebenenfalls erforderlichen Regelung durch weitere nachträgliche Auflagen überantwortet bleiben. Denn der Grundsatz der Problembewältigung in der planerischen Abwägung verpflichtet die Planfeststellungsbehörde, alle durch die Planfeststellung aufgeworfenen Folgen, die zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses objektiv unter Zuhilfenahme eines methodisch sachgerechten Instrumentariums geklärt werden können, in die Abwägung einzustellen (hierzu oben dd) (4) sowie BVerwG, Urt. v. 07.03.2007 - 9 C 2/06 -, BVerwGE 128, 177 Rn. 19). Auch diesem Grund reichte es auch nicht aus, dass die Planfeststellungsbehörde - unter Berücksichtigung einer prognostischen Restunsicherheit - für den Fall einer vorhabensbedingten Beschädigung eines Gebäudes nicht nur eine Schadensersatzpflicht des Vorhabenträgers, sondern auch eine Beweiserleichterung im Schadensfall verfügt hat, die sich auch auf Schadensfälle in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim erstreckt.
629 
cc) Folgen des Abwägungsmangels
630 
(1) Erheblichkeit
631 
Der in der fehlerhaften Beurteilung möglicher Grundwasseranstiege in Allmannsweier und Ottenheim liegende Fehler bei der Abwägung des Schutzes der dortigen Gebäude und Einrichtungen vor einer Vernässung oder einem Aufschwimmen ist nach den Voraussetzungen des § 75 Abs. 1a Satz 1 LVwVfG auch erheblich. Er ist nicht nur offensichtlich, sondern vor allem auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Denn es besteht - wie dargelegt - die konkrete Möglichkeit, dass sich bei einer methodisch fehlerfreien Analyse der vorhabenbedingten Grundwasseranstiege in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim eine andere, verstärkte Gefahrenlage zeigt, als in dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegt, und dass dies weitere Schutzmaßnahmen oder auch ein anderes Betriebskonzept erforderlich macht.
632 
(2) Fehlende Präklusion
633 
Entgegen der Einschätzung des Beklagten ist die Klägerin mit ihrem Einwand der fehlerhaften Beurteilung der Auswirkungen des Polderbetriebs auf ihre Gebäude und Einrichtungen in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim nicht nach § 73 Abs. 4 Satz 3 LVwVfG ausgeschlossen. Denn die Klägerin hat mit dem Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 08.12.2004 auf Seite 48 den Schutz des Eigentums an Gebäuden nicht nur „insgesamt für ihre Bürger“ vorgetragen, sondern „auch im Sinne weiterer öffentlicher Belange“. Da sie gleichzeitig in der Eingangspassage des Schreibens klargestellt hat, dass die Einwendungen „im Zweifel sowohl für die Gemende als betroffener Rechtsträger als auch für die Gemeinde als Träger öffentlicher Belange“ erfolgen und die unter Nr. III. (S. 45 ff. des Schriftsatzes) erhobenen Einwendungen zum „Gemeindeeigentum“ ausschließlich die „wirtschaftlichen Einbußen“ betreffen, wird hinreichend deutlich, dass die umfangreichen Darlegungen der Gefahren einer Gebäudebeschädigung durch ansteigendes Grundwasser auch auf die Gebäude der Gemeinde bezogen sein sollten. Dies gilt umso mehr, als in der dem Schriftsatz beigefügten Aufstellung „der im einzelnen betroffenen Grundstücke der Gemeinde“ (S. 35 des Schriftsatzes sowie Anlage 2 zu diesem) ausdrücklich auch die mit Gebäude bebauten Grundstücke bezeichnet sind, die im Eigentum der Klägerin stehen. Zusätzlich ist etwa auf Seite 63 des Schriftsatzes zu Nr. V von der Gefahr einer Beeinträchtigung „von Land oder Gebäuden der Gemeinde“ die Rede, deren Vermeidung gegenüber Entschädigungszahlungen vorrangig sei.
634 
(3) Fehlerfolge
635 
Der in Bezug auf die Beurteilung der Beeinträchtigung der Gebäude und Einrichtungen in den Ortslagen von Allmannsweier und Ottenheim gegebene Abwägungsmangel führt jedoch nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses. Denn er kann auch hier durch Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann (§ 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG; vgl. oben c) GG).
636 
Es erscheint hinreichend wahrscheinlich, dass die zuständige Behörde den beanstandeten Fehler durch eine erneute methodisch einwandfreie Beurteilung der möglichen Auswirkungen des Polderbetriebs auf die Grundwasserstände in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim korrigieren kann; auch dürften die dann möglichen Ergebnisse nicht so gravierend sein, dass sie die Planung des Rückhaltebeckens Elzmündung als Ganzes in Frage stellen und die Ausarbeitung eines grundlegend neuen Plankonzepts erforderlich machen könnten (hierzu BVerwG, Beschl. v. 10.12.2009 - 9 A 9/08 -, NVwZ 2010, 320).
637 
cc) Abwägung der Gefahren für Gebäude in Wittenweier und Nonnenweier
638 
Die Abwägung der Gefahren für Gebäude in Wittenweier und Nonnenweier ist rechtsfehlerfrei erfolgt.
639 
(1) Fehlerhafte Berechnung der Grundwasseranstiege
640 
Der methodische Fehler des Grundwassermodells und die damit verbundene Möglichkeit, dass mit dem Betrieb des Rückhaltebeckens Elzmündung höhere Grundwasseranstiege verbunden sein können, als in der planerischen Abwägung zugrunde gelegt wurden, führt - anders als für die Ortslagen von Ottenheim und Allmannsweier - hinsichtlich der Abwägung der Gefahren einer vorhabenbedingten Beschädigung von kommunalen und privaten Gebäuden und Einrichtungen in den Teilortschaften Wittenweier und Nonnenweier nicht zu einem Fehler in der Abwägung. Hier wirkt sich die Möglichkeit höherer Grundwasseranstiege nicht auf das Ergebnis der Abwägung aus. Denn in diesen Teilorten sind Pumpengalerien vorgesehen, die ein vorhabenbedingtes Ansteigen des Grundwassers in diesen Bereichen unabhängig davon vermeiden, ob ohne diese Schutzmaßnahmen ein höherer Grundwasserstand eintreten würde als nach dem Grundwassermodell berechnet (zur Abwägung insoweit vgl. etwa Planfeststellungsbeschluss S. 294). Insofern hat der Vertreter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung nochmals darauf verwiesen, dass die Sicherheitszuschläge bei der Leistungsfähigkeit der Pumpen das mögliche Maß einer Prognoseunsicherheit bei der Berechnung der Grundwasseranstiege bei weitem ausgleichen können.
641 
Sofern die fehlerhafte Berechnung der vorhabenbedingt möglichen Grundwasseranstiege bei tatsächlich eintretenden Kellervernässungen relevant wird, weil zwischen dem betroffenen Grundstückseigentümer und dem Vorhabenträger unklar bleibt, ob diese aufgrund einer unzureichenden Pumpleistung zumindest auch auf einen vorhabenbedingten Grundwasseranstieg zurückzuführen sind oder ob diese unabhängig von einem solchen allein durch einen - auch ohne den Betrieb des Rückhaltebeckens eintretenden - natürlichen Grundwasseranstieg verursacht worden sind, hat dem die Planfeststellungsbehörde ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass sie unter VII Nr. 2 verschiedene Beweiserleichterungs- und Beweissicherungsmaßnahmen festgesetzt hat, die eine nachträgliche Klärung sowohl der haftungsbegründenden als auch der haftungsausfüllenden Kausalität ermöglichen. Auch ist für den Fall der unvorhergesehen unzureichenden Schutzwirkung der Brunnen vorgesehen, weitere Schutzmaßnahmen anzuordnen (VII Nr. 2.3.). Die in diesem Zusammenhang gerügten fehlerhaften Kellervermessungen sind hierbei unerheblich, weil die Betroffenheit der Keller durch eine Schiedsstelle und einen Gutachter beurteilt wird, dem die Daten zu dem Retentionsereignis und den gemessenen Wasserständen zur Verfügung gestellt werden müssen und der im Zweifel eine Überprüfung der gemessenen Kellerstände vornehmen kann (vgl. Planfeststellungsbeschluss, Nebenbestimmung Nr. VII 2.8, S. 30).
642 
(2) Betrieb der Schutzbrunnen
643 
Sofern die Klägerin an ihren Gebäuden und Einrichtungen in den Teilorten Nonnenweier und Wittenweier Schäden befürchtet, die durch den Betrieb gerade der Schutzbrunnen verursacht werden, hat die Planfeststellungsbehörde die entsprechende Gefahr eines Wegschwämmens von Sedimenten aus dem Bereich der Gebäudefundamente bei Betrieb der Pumpenanlage gewürdigt und unter Hinweis auf die Einhaltung eines entsprechenden Sicherheitsabstands (hierzu Planfeststellungsbeschluss VII Nr. 6.3) oder - wo dies nicht möglich ist - besondere Schutzmaßnahmen sowie eine gegebenenfalls zu gewährende Entschädigung in Geld (vgl. hierzu Planfeststellungsbeschluss VII Nr. 2.6 sowie § 74 Abs. 2 Satz 2 und 3 LVwVfG) als im Ergebnis nicht mehr erheblich angesehen.
644 
Dies lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die planerische Einschätzung zu einer grundsätzlich ausreichenden Sicherung der Gebäude vor einem Wegschwämmen der Sedimente unter den Fundamenten durch den Betrieb der Schutzbrunnen auf einer falschen Tatsachengrundlage oder einer Prognose beruht, die fachwissenschaftlichen Maßstäben nicht mehr gerecht wird (zu diesem Maßstab bei der Analyse von Gefährdungslagen vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 234 ff). Hinzu kommt, dass möglichen Restunsicherheiten bei Gebäuden, die innerhalb des Sicherheitsabstands zu den Brunnen liegen, durch Beweissicherungsmaßnahmen Rechnung getragen werden, die die Abwicklung möglicher Schadensersatzansprüche bei unvorhergesehener Beschädigung erleichtern.
645 
(3) Sicherung der Schutzbrunnen vor Stromausfall
646 
Die Abwägung des Schutzes der Gebäude und Einrichtungen der Klägerin in Nonnenweier und Wittenweier von einer Beschädigung durch vorhabenbedingt ansteigendes Grundwasser ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil die Schutzbrunnengalerien, die ein solchen Ansteigen des Grundwassers ausgleichen sollen, nicht hinreichend gegen einen Stromausfall gesichert wären.
647 
Insoweit sieht der Planfeststellungsbeschluss unter VII Nr. 6.8 vor, dass für sämtliche Anlagen der Brunnengalerien gemäß dem Schutzkonzept eine zweite Energiequelle vorzuhalten ist. Nach dem geplanten Schutzkonzept seien die Anlagen über ein Niederspannungsnetz mit Trafostationen, welche zweiseitig an das übergeordnete Mittelspannungsnetz angeschlossen seien, zu versorgen.
648 
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die von der Klägerin als unzureichend gerügte Maßnahme eines zweiseitigen Anschlusses der Schutzbrunnen an das Mittelspannungsnetz überhaupt eine Regelung des Planfeststellungsbeschlusses darstellt. Denn die verfügte Sicherung der Schutzbrunnengalerien vor einem Stromausfall genügt sowohl hinsichtlich der bloßen Verpflichtung zur Vorhaltung einer „zweiten Energiequelle“ als auch hinsichtlich der Präzisierung dieser Verpflichtung durch eine Regelung zum zweiseitigen Anschluss an das Mittelspannungsnetz dem Abwägungsgebot. Denn es ist grundsätzlich der planerischen Eigenverantwortung der Planfeststellungsbehörde übertragen zu bestimmen, welcher Sicherheitsstandard angemessen ist, um im Einzelfall Sicherheitsrisiken (möglichst) auszuschließen. Dabei ist die gerichtliche Kontrolle - wie bei der Überprüfung fachplanerischer Prognosen - darauf beschränkt zu überprüfen, ob die für eine Sicherheitsanalyse erforderliche Einschätzung denkbarer Ereignisse und hierauf bezogener Ereigniswahrscheinlichkeiten auf der Grundlage einer vollständigen Tatsachenermittlung und unter Beachtung vorhandener fachwissenschaftlicher Erkenntnisse methodengerecht erfolgt ist (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 234 ff). Dies ist hier der Fall und wird weder durch eine andere Risikoeinschätzung noch durch die Forderung der Klägerin nach einem - höheren - Sicherheitsstandard in Frage gestellt.
649 
e) Abwägung der kommunalen Belange im Übrigen
650 
Im Übrigen hat die Planfeststellungsbehörde die Belange, die die Klägerin geltend machen kann, ohne Rechtsfehler gegenüber den entgegengestehenden Belangen an der Verwirklichung des Polders an der Elzmündung abgewogen.
651 
aa) Eigenwasserversorgung
652 
Die gilt zunächst für den Belang der Eigenwasserversorgung, den die Klägerin in Bezug auf eine Vielzahl näher benannter (vgl. Anlage 6 bis 8 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.09.2008) Gebäude geltend macht, die in ihrem Eigentum stehen oder öffentlichen Aufgaben dienen und die über eine Eigenwasserversorgung verfügen.
653 
Denn die Planfeststellungsbehörde hat in ihrer Abwägungsentscheidung (Planfeststellungsbeschluss S. 276 ff) - ungeachtet der methodischen Mängel des Grundwassermodells - sowohl dem Schutz der Klägerin vor einer möglichen Beeinträchtigung des Zuflusses von Grundwasser einer bestimmten Menge und Qualität in ihre Eigenwasserversorgung als auch der Notwendigkeit einer dauerhaften Wasserversorgung ihrer Gebäude ausreichend Rechnung getragen (zur Eigenwasserversorgung in der Planfeststellung vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276 Rn. 62 ff.).
654 
(1) Zugriff auf Grundwasser mit Trinkwasserqualität
655 
Die Möglichkeit eines Grundstückseigentümers nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG, zur Gewährleistung einer eigenen, von der öffentlichen Versorgung unabhängigen Wasserversorgung seines Haushalts auf entsprechend geeignetes Grundwasser mit Trinkwasserqualität zuzugreifen, ist ungeachtet der dort bestimmten Erlaubnisfreiheit nicht als Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand ausgestaltet (Czychowski/Reinhardt, WHG, 9. Aufl. 2007, § 33 Rn. 2). Insofern stellt die Regelung des § 33 Abs. 1 Satz 1 WHG eine bloße Nutzungshandlung des Grundstückseigentümers zwar von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach §§ 2 Abs. 1; 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG frei, sodass der Grundeigentümer bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen darf, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283); sie gewährt jedoch weder ein Recht auf eine solche erlaubnisfreie Benutzung noch begründet sie deren besondere Schutzwürdigkeit gegenüber anderen Gewässerbenutzungshandlungen (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359). Entsprechend bestimmt § 12 Halbs. 1 WG BW in Übereinstimmung mit dem Grundsatz einer vom Eigentum abgekoppelten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung für das Wasser, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
656 
Ist damit der Schutz des Bezugs von geeignetem Trinkwasser zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Eigenwasserversorgung nach §§ 15 Satz 1, 16 WG BW i.V.m. § 8 Abs. 4 und 3 WHG in der planerischen Abwägung auf die Abwehr nachteiliger Wirkungen auf die (gestattungsfreie) Grundwassernutzung reduziert (Czychowski/Reinhardt, a.a.O., § 8 WHG Rn. 56), können von der Klägerin nur solche Beeinträchtigungen ihrer Eigenwasserversorgung geltend gemacht werden, die nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276 Rn. 70). Ein solches Maß einer Beeinträchtigung des bisherigen Zugriffs der Klägerin auf das Grundwasser ist - auch unter Berücksichtigung der methodischen Fehlerhaftigkeit des Grundwassermodells - jedoch nicht gegeben.
657 
Dies gilt für die Gebäude in den hauptsächlich betroffenen Teilorten Wittenweier und Nonnenweier schon deshalb, weil der Beklagte hier über die Errichtung und den Betrieb der Pumpengalerien sicherstellt, dass rheinbürtiges Wasser nicht in die Bereiche dieser Teilorte und damit auch nicht in die Einzugsbereiche der dort betriebenen Hauswasserpumpen eindringen kann. Insoweit ist insbesondere auf die Nebenbestimmung zu VII Nr. 7.2 des Planfeststellungsbeschlusses (S. 33 f.) zu verweisen, nach der die Schutzbrunnen in Nonnenweier und Wittenweier auch nach Entleerung des Rückhalteraumes so nachlaufen müssen, dass kein „rheinbürtiges Wasser“ in die Brunnen von Nonnenweier und Wittenweier gelangt. Dabei ist - ebenso wie in Bezug auf den Schutz des öffentlichen Trinkwasserbrunnens nördlich von Nonnenweier - die Wirksamkeit dieser Schutzmaßnahme weder von der Klägerin noch von ihrem Fachgutachter in Frage gestellt worden.
658 
Dies gilt aber auch für die kommunalen Einrichtungen und Gebäude in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim. Zwar ist hier der Zufluss von rheinbürtigem Wasser nicht bereits aufgrund des Betriebs von Schutzbrunnengalerien ausgeschlossen. Da die entsprechende Grundwassermodellierung auch in Bezug auf die Ausbreitung des Polderwassers methodische Mängel enthält, ist ein Eindringen von rheinbürtigem Wasser in den Bereich der Bebauung auch nicht bereits aufgrund ihrer Lage und Entfernung vom Rückhaltebecken auszuschließen. Allerdings erreicht die deshalb gegebene Restunsicherheit der Betroffenheit der Grundwasserqualität in diesen Ortslagen in keinem Fall das Maß, dass ein Eindringen von „rheinbürtigem Polderwasser“ den bisherigen Zugriff auf Grundwasser mit Trinkwasserqualität mit der hier notwendigen überwiegenden Wahrscheinlichkeit beeinträchtigen könnte. Für die kommunalen Gebäude und Einrichtungen in Allmannsweier kommt hinzu, dass diese durchweg an die öffentliche Wasserversorgung des Wasserversorgungsverbands Ried angeschlossen sind und deshalb über keine Eigenwasserversorgung verfügen (hierzu Anlage 3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 30.09.2008).
659 
(2) Schutz der Versorgung mit Trinkwasser
660 
Neben der möglichen Beeinträchtigung des Zugriffs auf das Grundwasser als solchen hat die Planfeststellungsbehörde den geltend gemachten Belang des Schutzes der Eigenwasserversorgung auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer steten Versorgung eines Gebäudes mit geeignetem Trinkwasser ohne Rechtsfehler abgewogen.
661 
Denn die Behörde hat den Vorhabenträger mit Blick auf eine nicht gänzlich auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Eigenwasserversorgung unter VII Nr. 7. der Nebenbestimmungen dazu verpflichtet, im Rahmen eines Probebetriebes die Auswirkungen der Flutungen des Rückhalteraumes auf die Wasserversorgung zu ermitteln und dabei im gesamten beeinflussten Bereich eine Beweissicherung der Grundwasserqualität vor dem Betrieb des Rückhalteraumes vorzunehmen und gegebenenfalls die Abwehrmaßnahmen durch den Bau zusätzlicher Brunnen zu verstärken (7.1). Hierbei müssen Eigenwasserversorgungen und Bauwerke außerhalb der großflächig wirkenden Schutzmaßnahmen separat betrachtet werden (7.4.). In den Fällen, in denen sich eine auf den Betrieb des Rückhalteraumes zurückzuführende wesentliche Beeinträchtigung der Trinkwasserqualität abzeichnet, sind weitergehende Maßnahmen zur Sicherung der Trinkwasserversorgung (z.B. eine temporäre Ersatzversorgung oder bei längerfristigen Beeinträchtigungen der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung) vom Vorhabensträger durchzuführen (7.3). Damit ist eine permanente Wasserversorgung auch der Gebäude sichergestellt, die ihr Wasser zur Zeit direkt dem Grundwasser entnehmen.
662 
(3) Betriebskosten bei Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung
663 
Entgegen der Auffassung der Klägerin musste der Planfeststellungsbeschluss nicht vorsehen, dass der Vorhabenträger bei einem notwendigen Anschluss eines Gebäudes mit Eigenwasserversorgung an das öffentliche Wassernetz - zusätzlich zu den Anschlusskosten - auch die Betriebskosten übernimmt, die in diesem Fall über die Kosten einer bestehenden Eigenwasserversorgung hinausgehen. Denn der Umstand, dass die Klägerin über die Eigenwasserversorgung die Kosten des Wasserbezugs erspart, während sie im Falle eines notwendigen Wasserbezugs über die öffentliche Trinkwasserversorgung Wassergebühren zahlen müsste, ist allein der Möglichkeit geschuldet, erlaubnisfrei auf das vorhandene Grundwasser zuzugreifen, ohne dass hiermit ein Recht auf eine besondere Wasserqualität verbunden wäre (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 08.12.2006 - 5 S 1793/05 -, UPR 2007, 276 Rn. 73).
664 
(4) Belastung der öffentlichen Wasserversorgung
665 
Soweit die Klägerin als kommunale Gebietskörperschaft und Trägerin der öffentlichen Aufgabe einer zentralen örtlichen Wasserversorgung in der Sache als Belang in der Abwägung auch geltend macht, dass durch einen vorhabenbedingten Wechsel einer Vielzahl von privaten Grundstückseigentümern von der Eigenwasserversorgung in die öffentliche Wasserversorgung „erhebliche Mehraufwendungen und mengenmäßige Engpässe“ entstehen, hat dies die Planfeststellungsbehörde ebenfalls als in der Abwägung unbeachtliche Einwendung zurückgewiesen (Planfeststellungsbeschluss S. 276 f.). Denn zum einen erschöpft sich der Vortrag zu einem möglichen Engpass in der Wasserversorgung in einer bloßen unsubstantiierten Behauptung, der die Planfeststellungsbehörde angesichts der grundsätzlich nicht beeinträchtigten Eigenwasserversorgung in den insoweit maßgeblichen Teilorten Nonnenweier und Wittenweier nicht näher nachgehen musste. Zum anderen sind auch die behaupteten Mehraufwendungen nicht zu erwarten, da der Vorhabenträger die Anschlusskosten an die öffentliche Wasserversorgung übernehmen muss und die Kosten für den Wasserbezug nach Maßgabe der §§ 11 und 13 f KAG BW auf die Benutzer der Einrichtung der Wasserversorgung umgelegt werden können. Die darin liegende Belastung ihrer Einwohner kann die Klägerin nicht als ihre eigene geltend machen (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.12.2008 - 9 A 19/08 -, juris, Rn. 29; Beschl. v. 05.11.2002 - 9 VR 14.02 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 171 S. 135 m.w.N.).
666 
bb) Inanspruchnahme von Grundeigentum
667 
Ein Abwägungsfehler ist weiter auch nicht in Bezug auf die umfangreiche Inanspruchnahme des Grundeigentums der Klägerin zum Zwecke des Baus und des Betriebs des Rückhalteraums gegeben. Diesen Belang kann die Klägerin ungeachtet ihrer fehlenden Eigenschaft als Grundrechtsträgerin aufgrund des einfachgesetzlichen Eigentumsschutzes (vgl. BVerfG, Beschl. v. 08.07.1982 - 2 BvR 1187/80 -, BVerfGE 61, 82, 100 ff; BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04, NVwZ 2006, 1055, Rn. 225) ebenso geltend machen wie eine Beeinträchtigung anderer eigentumsähnlicher Rechte durch das Vorhaben (BVerwG, Urt. v. 29.01.1991 - 4 C 51/89 -, BVerwGE 87, 332, 336 und 391 f; Urt. v. 26.02.1999 - 4 A 47/96 -, NVwZ 2000, 560; Dürr, in: Knack, VwVfG Kommentar, 9. Aufl. 2010, § 74 Rn 68).
668 
Da die Klägerin gegen die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums über die Tatsache der bloßen Eigentumsbetroffenheit hinaus keine Einwendungen erhoben hat, die sich substantiiert und spezifisch gegen den Zugriff auf einzelne Grundstücke richten, reichte es aus, dass die Planfeststellungsbehörde sich entsprechend pauschal mit den Eigentumsbelangen der Klägerin auseinandergesetzt hat. Entsprechend beschränkt sich die gerichtliche Abwägungskontrolle auf die Frage, ob der Beklagte das Anliegen der Klägerin, vom Zugriff auf ihr Eigentum verschont zu bleiben, ohne Gewichtungsfehler hinter die für das Vorhaben ins Feld geführten Belange zurückgesetzt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 227; Urt. v. 23.08.1996 - 4 A 30.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 122). Aus dieser Sicht enthält der Planfeststellungsbeschluss keine Mängel.
669 
Die Planfeststellungsbehörde hat den Umfang der Inanspruchnahme kommunalen Grundeigentums richtig bestimmt (Planfeststellungsbeschluss S. 288f.); sie hat der hierin liegenden Belastung der Klägerin jedoch ohne Überschreitung ihres planerischen Abwägungsspielraums ein gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Hochwasserrückhaltung geringeres Gewicht zuerkannt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass dem in Anspruch genommenen gemeindlichen Eigentum überwiegend der Bezug zur Erfüllung kommunaler Aufgaben fehlt, sodass dieses zwar den Schutz des einfachen Rechts genießt, sein Gewicht in der Abwägung aber aufgrund der fehlenden verfassungsrechtlichen Aufwertung durch Art. 14 GG oder Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG eher gering ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.1994 - 7 C 25.93 - BVerwGE 97, 143, 151 ff.). Letztlich reicht es deshalb aus, dass die Planfeststellung den Anforderungen an die Planrechtfertigung sowie an die Alternativenprüfung entspricht. Dies ist - wie dargelegt - der Fall.
670 
cc) Minderung der Grundstücksverkehrswerte
671 
Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Planfeststellungsbeschluss das Problem der vorhabenbedingten Minderungen des Verkehrswertes insbesondere in Bezug auf Bauflächen im Rahmen des allgemeinen Abwägungsgebots fehlerfrei berücksichtigt (Planfeststellungsbeschluss S. 289).
672 
Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass aus der Tatsache, dass ein finanzieller Ausgleich nur unter den in § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG genannten Voraussetzungen zwingend geboten ist, nicht zugleich auch folgt, dass Verkehrswertminderungen, die über den Schutzbereich dieser Entschädigungsregelung hinaus durch ein Planvorhaben ausgelöst werden, rechtlich irrelevant sind. Die Beachtung des § 74 Abs. 2 Satz 3 LVwVfG entbindet nicht von der Pflicht, planbedingte Wertverluste gegebenenfalls als private Belange im Rahmen der Abwägungsentscheidung zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 19). Dem Planungsträger bleibt es jedoch unbenommen, solche Wertminderungen nach den zum Abwägungsgebot entwickelten Grundsätzen hinter gegenläufige öffentliche Interessen zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.06.2010 - 9 A 20/08 -, juris Rn. 148, 158).
673 
Diese Abwägung ist im Planfeststellungsbeschluss in der Sache dadurch zu Lasten der Klägerin vorgenommen worden, dass die Planfeststellungsbehörde zum einen auf die fehlende grundrechtliche Unterfütterung des Eigentums der Klägerin durch Art. 14 Abs. 1 GG verwiesen und zum anderen auf den fehlenden Schutz des Eigentums vor konjunkturellen Entwicklungen hingewiesen hat. Denn damit hat sie hinreichend deutlich gemacht, dass sie einen möglichen vorhabenbedingten Wertverlust angesichts der fehlenden verfassungsrechtlichen Garantie des privatnützigen Inhalts kommunalen Eigentums bis zu der Grenze als zumutbar ansieht, die zu einer Entschädigungspflicht führt. Auch hat die Planfeststellungsbehörde zu Recht darauf hingewiesen, dass die Werte, die aufgrund einer nur möglichen Entwicklung zum Bauland bestehen, in der planerischen Abwägung keinen rechtlich relevanten Schutz beanspruchen können.
674 
dd) Pachtverträge
675 
Die von der Klägerin geltend gemachte Beeinträchtigung ihrer Möglichkeiten, die vom Vorhaben vernässten landwirtschaftlichen Flächen zu verpachten, wurde von der Planfeststellungsbehörde ebenfalls sachgerecht abgewogen, indem auf die Verpflichtung des Vorhabenträgers verwiesen wurde, Bewirtschaftungserschwernisse und Ertragseinbußen zu ersetzen und Flächen, die wirtschaftlich nicht mehr genutzt werden können, durch Kauf zu übernehmen. Dies entspricht den rechtlichen Vorgaben an die Abwägung der mittelbaren Beeinträchtigungen von Grundstücken durch ein Planfeststellungsvorhaben, nach denen solche Beeinträchtigungen auch ohne finanziellen Ausgleich eingetretener Wertminderungen bleiben können, solange das betroffene Grundstück noch in zumutbarer Weise wirtschaftlich sinnvoll genutzt werden kann (BVerwG, Urt. v. 24.05.1996 - 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 19).
676 
Die von der Klägerin befürchteten - vorhabenbedingten - Einbußen bei der Verpachtung ihrer Jagdflächen sowie ihrer Fischereirechte hat die Planfeststellungsbehörde (Planfeststellungsbeschluss S. 292) ohne Überschreitung des ihr insoweit zukommenden Beurteilungsspielraums als nicht erheblich bewertet. Auch insoweit hat die Klägerin keine substantiierten Einwendungen mehr erhoben.
677 
ee) Kommunale Planungshoheit
678 
Soweit die Klägerin die Beeinträchtigung ihrer kommunalen Planungshoheit geltend machen kann, liegt ein Abwägungsfehler nicht vor.
679 
Es ist nicht erkennbar, dass die Abwägung zur kommunalen Planungshoheit an Fehlern in der Ermittlung, Bewertung und Gewichtung der gemeindlichen Planungsbelange leidet. Die Planfeststellungsbehörde setzt sich in den Gründen des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses ausführlich mit den von der Klägerin gerügten Eingriffen in ihre Planungshoheit auseinander (Planfeststellungsbeschluss S. 273 ff) und kommt zu dem Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen am Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung gegenüber diesem Belang überwiegen.
680 
(1) Städtebauliche Gestaltungsmöglichkeiten
681 
Dabei ist die Planfeststellungsbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschränkung der Möglichkeit einer planerischen Gestaltung in der planerischen Abwägung grundsätzlich nur dann Berücksichtigung finden muss, wenn durch das Vorhaben wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren eigenen Planung entzogen würden. Dies wiederum setzt voraus, dass eine eigene Planung zumindest konkret in Betracht kommt; denn nur dann kann und muss die Planfeststellungsbehörde abwägend soweit wie möglich in der Weise Rücksicht nehmen, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise „verbaut“ werden (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 12/99 - NVwZ 2001, 1160; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388, 394 Rn. 26 ff; Urt. v. 27.03.1992 - 7 C 18.91 - BVerwGE 90, 96, 100).
682 
Die Klägerin hat insoweit jedoch keine konkrete bestehende oder zumindest ernsthaft angestrebte - durchsetzbare - städtebauliche Planung benannt, die aufgrund der Planfeststellung nicht oder nur noch eingeschränkt durchgeführt oder umgesetzt werden könnte. Es ist nicht erkennbar, dass die Annahme der Planfeststellungsbehörde unzutreffend wäre, das Vorhaben stehe den Planungen der Klägerin in Bezug auf die bauliche Entwicklung der Ortschaften Nonnenweier und Wittenweier nicht entgegen. Sofern der Bau und der Betrieb des Rückhaltebeckens möglicherweise Einschränkungen etwa hinsichtlich des Baus von Kellergeschossen mit sich bringt oder Sicherungsmaßnahmen wie eine Anhebung oder Auffüllung von Grundstücken erforderlich macht, hat die Planfeststellungsbehörde diese Belastungen ohne Überschreitung des ihr insoweit eingeräumten Bewertungsspielraums als zumutbar angesehen.
683 
Entgegen der Auffassung der Klägerin musste die Planfeststellungsbehörde nicht davon ausgehen, dass eventuell notwendige Sicherungsmaßnahmen oder Baubeschränkungen die Attraktivität der ausgewiesenen Bauplätze in einer Weise entfallen lassen, dass deshalb aufgrund einer mangelnden Nachfrage die städtebauliche Erforderlichkeit entfiele. Denn die Behauptung eines - vorhabenbedingten - Entfallens der Nachfrage nach Bauplätzen ist in keiner Weise substantiiert und angesichts der Vielzahl der von dem Beklagten im Verfahren benannten Beispiele für eine städtebauliche Entwicklung in der Nähe von Hochwasserrückhaltebecken auch nicht nachvollziehbar.
684 
(2) Sonstige Entwicklungsmöglichkeiten
685 
Eine fehlerhafte Abwägung im Blick auf die Selbstverwaltunghoheit der Klägerin ist auch nicht darin begründet, dass durch den Bau und Betrieb des Polders Flächen auf dem Gemeindegebiet in Anspruch genommen oder beeinträchtigt werden, die außerhalb der konkret für eine städtebauliche Entwicklung vorgesehenen Bereiche gelegen sind. Denn die Planfeststellungsbehörde ist im Rahmen ihrer Abwägung zu Recht davon ausgegangen, dass die Entwicklung der Klägerin hierdurch nicht nachhaltig beeinträchtigt wird (zu diesem Belang vgl. BVerwG, Beschl. v. 04.08.2008 - 9 VR 12/08 -, NVwZ 2008, 1237 Rn. 3 m.w.N.).
686 
Die unmittelbar beanspruchten Flächen befinden sich nahezu vollständig innerhalb des Bereichs, der im Regionalplan Südlicher Oberrhein 1995 vom 14.04.1994 (Ziffer 3.2.5.) bereits als Vorrangbereich für Überschwemmungen und damit zur Sicherung des Hochwasserrückhaltebeckens ausgewiesen worden war. Bei den durch Vernässung beeinträchtigten Flächen nördlich und südlich von Nonnenweier und südlich von Wittenweier wird zwar eine Entwicklung insbesondere durch Bebauung erschwert, weil hier dann teure Sicherungsmaßnahmen erforderlich würden. Diese faktische Einschränkung der Entwicklungsmöglichkeiten konnte die Planfeststellungsbehörde jedoch ohne weiteres als unerheblich ansehen, weil die Gebiete in ihrer allgemeinen und baulichen Entwicklungsfähigkeit bereits aufgrund ihrer Lage unmittelbar neben dem Überschwemmungsgebiet belastet waren. Insofern stellen die Nähe des Gemeindegebiets der Klägerin zum Rhein und die bereits durch die Tulladämme gegebene Prägung des Uferbereichs einen Teil der Situationsbezogenheit der Klägerin dar, die die mit der Planfeststellung verbundenen Eingriffe, die an dieses Merkmal anknüpfen, ohne weiteres zumutbar machen (zur Situationsgebundenheit bei Eingriffen in die Planungshoheit vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055, Rn. 174; Urt. v. 15.03.2003 - 4 CN 9.01 -, BVerwGE 118, 181, 184; Urt. v. 14.12.2000 - 4 C 13.99 - BVerwGE 112, 274, 292). Hinzu kommt, dass der Klägerin auch nach der Raumplanung keine derart besondere Siedlungsfunktion zukommt, dass ein Bedarf für eine bauliche Entwicklung dieser landwirtschaftlich geprägten Gebiete erkennbar wäre. Schließlich bleiben der Klägerin die notwendigen Entwicklungsspielräume für eine weitere planerische Entwicklung ohne weiteres in den Bereichen um die Teilorte Ottenheim und Allmannsweier erhalten (hierzu BVerwG, Urt.v. 26.02.1999 - 4 A 47/96 -, NVwZ 2000, 560 Rn. 40).
687 
ee) Sonstige Belange der Klägerin
688 
(1) Ortsbild und Lärmbelastung der Bürger
689 
Soweit die Klägerin der Auffassung ist, ihr Selbstgestaltungsrecht sei dadurch betroffen, dass die Pumpengalerien das Ortsbild beeinträchtigen und die nähere Umgebung verlärmen würden, folgt dem die Kammer nicht. Das Selbstgestaltungsrecht ist nur betroffen, wenn das in Rede stehende Vorhaben das örtliche Gepräge oder die örtlichen Strukturen grundlegend ändert (BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 A 47.96 -, NVwZ 2000, 560). Das kann der Fall sein, wenn ein Vorhaben der Fachplanung das Ortsbild entscheidend prägt und nachhaltig auf das Gemeindegebiet und die Entwicklung der Gemeinde einwirkt (BVerwG, Urt. v. 26.2.1999, a.a.O., Rn. 39). Dies ist hier angesichts der Größe der Pumpenhäuser sowie der Vorbelastung durch die alten Tulladämme ersichtlich nicht der Fall.
690 
Etwa anderes gilt auch nicht unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin zur Lärmbelastung beim Betrieb der Pumpen. Denn abgesehen davon, dass diese Lärmbelastung die Gebietsüblichkeit nicht übersteigen dürfte, steht diesem Vortrag - wie auch den sonstigen Einwendungen zur Beeinträchtigung der Lebensqualität der Anwohner - entgegen, dass einer Gemeinde nicht deshalb "wehrfähige" Rechte zukommen, weil der Allgemeinheit oder einzelnen Privatpersonen ein Schaden droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 A 47.96 -, NVwZ 2000, 560 Rn. 40; Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 26.94 - BVerwGE 100, 388, 395).
691 
(2) Dammbruch
692 
Mit dem Hinweis auf die Gefahr eines Dammbruchs macht die Klägerin vorrangig einen Sicherheitsbelang der Allgemeinheit sowie Einzelner geltend, der nicht dadurch zu einer wehrfähigen Rechtsposition der Klägerin in der planerischen Abwägung wird, dass diese Gefahr auf ihrem Gebiet oder gegenüber ihren Einwohnern droht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.2.1999 - 4 A 47.96 -, NVwZ 2000, 560 Rn. 40; Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 12/99 -, NVwZ 2001, 1160, 1161). Notwendig ist vielmehr, dass der geltend gemachte Belang zumindest auch in einem direkten Zusammenhang mit den spezifisch kommunalen Aufgaben der Klägerin steht (BVerwG, Beschl. v. 18.03.2008 - 9 VR 5/07 -, NuR 2008, 502, Rn. 12). Nicht ausreichend ist es, dass - etwa über sinkende Grundstückspreise oder eine sinkende Attraktivität - im weitesten Sinne die "Wirtschaftsstruktur" der Klägerin beeinträchtigt wird; denn diese ist dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde als solche nicht zugeordnet (BVerwG, Urt. v. 12.12.1996 - 4 C 14.95 - DVBl 1997, 729).
693 
Nach diesen Grundsätzen kommt der Gefahr eines Dammbruchs nicht die Bedeutung eines Abwägungsbelangs der Klägerin zu. Denn es ist nicht ersichtlich, dass diese Gefahr zu einer nachhaltigen Störung einer konkreten kommunalen Selbstverwaltungsaufgabe, wie etwa einer konkretisierten Bauleitplanung, führt.
694 
Darüber hinaus hat die Planfeststellungsbehörde die mit der Gefahr eines Dammbruchs verbundene vorhabenbedingte Belastung aber auch in der Sache ohne Überschreitung ihres planerischen Ermessens als nicht erheblich angesehen.
695 
Die Planfeststellungsbehörde hat hierzu (Planfeststellungsbeschluss S. 265 ff; S. 404ff) unter Berücksichtigung des Gutachtens der Bundesanstalt für Wasserbau zur Standsicherheit des Rheinseitendamms für Hochwasserretentionen und Ökologische Flutungen vom 23.12.2003 (Anlage 12.11 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 31) sowie von der Ingenieurgesellschaft Kärcher mbH (Institut für Geotechnik) (Geotechnische Gutachten zum Rheinhauptdamm VII, zum Südlichen Damm, zum Schutterentlastungskanal und den Straßendämmen L 100, L 103 zum Querriegeldamm Wittenweier sowie zum Rheinhauptdamm VI vom 23.07.1998, 02.07.1998, 29.05.2002 und vom 24.11.1998 und 26.06.2002; Anlagen 12.24 bis 12.27 zum Antrag vom 21.06.2004, Ordner 36 und 37) festgestellt, dass die der Planung zugrunde gelegten bautechnischen Maßnahmen in Übereinstimmung mit den entsprechenden technischen Regelungen der DIN 4149 hinreichend standsicher sind. Dabei wurde - neben der Problematik der alten Bunkeranlagen - auch das Erdbebenrisiko berücksichtigt, welches ebenfalls nach den entsprechenden technischen Regelungen der DIN 19700 untersucht und bewertet wurde. Hierbei wurde eine Erdbebensicherheit in Bezug auf ein 1000jähriges Ereignis zugrunde gelegt. Zudem wurde über die Nebenbestimmung Ziffer VII A) Wasserwirtschaft und Bodenschutz Nr. 4.14 die Auflage verfügt, im Zuge der Ausführungsplanung eine Berechnung der Erbebensicherheit auch in Bezug auf eine Überschreitenswahrscheinlichkeit von 2.500 Jahren vorzulegen. Diese Sicherheitsanalyse ist nicht zu beanstanden.
696 
So hat die Planfeststellungsbehörde vorrangig eigenverantwortlich zu bestimmen, welcher Sicherheitsstandard angemessen ist, um im Einzelfall Sicherheitsrisiken (möglichst) auszuschließen. Die Sicherheitsanalyse erfordert eine Einschätzung denkbarer Ereignisse und hierauf bezogener Ereigniswahrscheinlichkeiten. Dabei ist gerichtliche Kontrolle - wie bei der Überprüfung fachplanerischer Prognosen - darauf beschränkt zu überprüfen, ob die Prognose auf der Grundlage fachwissenschaftlicher Maßstäbe methodengerecht erstellt wurde (BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, NVwZ 2006, 1055 Rn. 234 ff). Dies ist hier der Fall und wird auch von der Klägerin nicht mehr substantiiert in Frage gestellt.
697 
Soweit die Klägerin die fehlende Berücksichtigung eventueller Mängel der Anlagenteile oder der Bauausführung rügt, ist dies ein Problem der Bauüberwachung, welches die Rechtmäßigkeit der planerischen Abwägung nicht berührt. Denn diese Gefahr ist nicht derart naheliegend und unbeherrschbar, dass sie bereits bei der planerischen Zulassung des Vorhabens zu berücksichtigen wäre.
698 
Nicht zu beanstanden ist auch die Bewertung der Planfeststellungsbehörde (Planfeststellungsbeschluss S. 272), dass der Gefahr eines Dammbruchs auf Grund von kriminell motivierten Einwirkungen von außen durch die allgemeine Standfestigkeit der Dämme hinreichend Rechnung getragen ist. Es hält sich ohne weiteres im Rahmen der Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde, wenn diese die Gefahr einer Sabotage an den Dämmen als so unspezifisch ansieht, dass diese keine zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen oder gar einen Verzicht auf den Polder an dem konkreten Standort erfordert. Denn es ist nachvollziehbar, wenn die Behörde davon ausgeht, dass ein solcher Sabotageakt angesichts der allgemeinen Bauausführung der Dämme ein hohes Maß an technischem Aufwand erfordern würde und zudem in Bezug auf die Gefährdungslage keine Besonderheiten wie etwa eine hohe Symbolträchtigkeit der Anlage gegeben sind. Hinzu kommt, dass bei konkreten Anhaltspunkten für eine Gefährdung aufgrund von Sabotageakten Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden können, die sich zudem zeitlich allein auf die Perioden der Retentionsflutungen beschränken müssten.
699 
(3) Belastung durch Mücken, Krankheiten oder weitere Schädlinge
700 
Auch die von der Klägerin geltend gemachten Gefahren einer verstärkten Belastung ihrer Gebiete durch Mücken, Krankheiten oder weitere Schädlinge stellen keinen für sie in der planerischen Abwägung rügefähigen Belang dar. Insoweit wird auf die Ausführungen zu der Gefahr eines Dammbruchs verwiesen. Unabhängig hiervon hat die Planfeststellungsbehörde aber auch hier die Erheblichkeit dieser Gefahr ohne Rechtsfehler verneint.
701 
Hinsichtlich der Gefahr der Zunahme der Schnakenpopulation und einer hiermit verbundenen befürchteten Verbreitung etwa von Malariainfektionen, hat das Landratsamt Ortenaukreis im Planfeststellungsbeschluss unter VII H) die Verpflichtung des Vorhabenträgers zu „ausreichenden Schnakenbekämpfungsmaßnahmen im Bereich des Rückhaltebeckens“ verfügt. Dabei konnte es ohne Überschreitung seines Prognosespielraums davon ausgehen, dass derartige Bekämpfungsmaßnahmen auch möglich und erfolgversprechend sind.
702 
So hat der wissenschaftliche Direktor der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage e.V. (KABS), Dr. ..., in der mündlichen Verhandlung als sachverständige Auskunftsperson des Beklagten für diese noch einmal - auch unter Auseinandersetzung mit den verschiedenen Einwänden auch der Kläger der Parallelverfahren - dargelegt, dass die Schnakenbekämpfung in den Poldergebieten wie auch sonst mit einer Abtötungsrate von 98 bis 99% durchgeführt werden könne. Man müsse davon ausgehen, dass die in die Gewässer gelegten Eier grundsätzlich äußeren Einwirkungen wie etwa Kälte widerstehen würden und es deshalb sinnvoll, aber auch möglich sei, die geschlüpften Larven zu bekämpfen. Hierfür werde in den Bereichen, in welchen die Eier abgelegt werden könnten, eine Eiweißverbindung aufgebracht, die den Darm der Mückenlarven zerstöre. Die hierfür in Frage kommenden Feuchtgebiete könnten auf der Grundlage der Modelle zu den Wasserständen im Retentionsgebiet hinreichend sicher identifiziert werden, sodass die Mitarbeiter verlässlich wüssten, wo sie die Eiweiße verteilen müssten. Mögliche Resistenzen der Mückenlarven gegen den verwendeten Stoff seien angesichts der langjährigen Erfahrungen mit diesem nicht zu befürchten. Die Einschaltung der KABS erfolgte aufgrund einer Zusage des Vorhabenträgers im Erörterungstermin vom 11.10.2005, die dort vom Bevollmächtigten der Klägerin veranlasst worden war (Protokoll des Erörterungstermins S. 176).
703 
Die nachvollziehbare und durch die Erfahrung in den übrigen Feucht- und Auegebieten entlang des Rheins bestätigte fachwissenschaftliche Einschätzung durch Dr. ... hat die Klägerin weder in Bezug auf ihre tatsächlichen Grundlagen noch im Hinblick auf die wissenschaftlichen Schlussfolgerungen substantiiert in Frage gestellt.
704 
Hinsichtlich der mit der Eignung des Rückhalteraums als Brutstätte und Lebensraum von Schnaken weiter verbundenen Befürchtung der wachsenden Gefahr einer Übertragung von Malaria oder von anderen Viren, wie etwa des Dengue-, Gelbfieber-, Chikungunya oder West-Nile-Virus, ist das Land auf der Grundlage einer entsprechenden fachgutachterlichen Äußerung des Amtes für Umwelt und Infektionshygiene beim Landratsamt Ortenaukreis, die sich ihrerseits auf fachwissenschaftliche Literatur stützt, ebenfalls ohne Überschreitung seines Prognosespielraums von einer nicht relevanten Gefahrerhöhung ausgegangen. Auch hierzu hat der wissenschaftliche Direktor der KABS e.V., Dr. ..., in der mündlichen Verhandlung weitere Erläuterungen abgegeben, die die Annahme des Landes bestätigen, dass die Entstehung der Gewässer und Feuchtgebiete im Rückhalteraum die Ansiedlung und Ausbreitung der Trägermücken der Anopheles-, Aedes- oder Culex-Gattung deshalb nicht erhöhe, weil diese hier keine geeigneten Bruträume finden würden. Sie seien als sog. Containerbrüter auf - im Rückhalteraum nicht oder nur unwesentlich entstehende - stille Dauergewässer vor allem in kleinen umschlossenen Räumen wie etwa in Brunnen, Wassertonnen oder Altreifen angewiesen.
705 
Auch hiergegen hat die Klägerin keine substantiierten Einwendungen erhoben, die die Nachvollziehbarkeit dieser Beurteilungen oder gar deren tatsächliche und wissenschaftliche Grundlagen in Frage gestellt hätten. Der bloße Hinweis darauf, dass die Gebiete des Taubergießen ebenso wie andere Bereiche der Rheinauen in der Vergangenheit Malariagebiet gewesen seien, reicht hierfür angesichts der im Rahmen des Betriebs des Rückhalteraums vorwiegend entstehenden Fließgewässer nicht aus.
706 
Schließlich ist es rechtlich auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die teilweise weiter in den Raum gestellte Gefahr der Zunahme von Wanderratten oder anderen artverwandten Nagetieren verneint hat. Diese Einschätzung beruht auf der plausiblen Übertragung der Erfahrungen zur Populationsentwicklung der Wanderratten und anderer Nagetiere im Bereich der Rheinauen einerseits und menschlicher Siedlungen andererseits. Sie sind von der Klägerin auch nicht inhaltlich in Frage gestellt worden.
707 
(4) Kleinklima
708 
Auch hinsichtlich der möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf das örtliche Kleinklima ist eine hinreichende Bezogenheit auf konkrete kommunale Selbstverwaltungsaufgaben nicht ersichtlich, sodass dieser Belang von der Klägerin ebenfalls nicht als eigener geltend gemacht werden kann.
709 
Unabhängig hiervon ist aber auch die inhaltliche Abwägung rechtlich fehlerfrei.
710 
Die Planfeststellungsbehörde hat die kleinklimatischen Auswirkungen des Polderbetriebs unter Berücksichtigung eines entsprechenden Fachgutachtens (Prof. Dr. ..., Gutachten vom 14.09.2005 zu den kleinklimatologischen Veränderungen und den kleinklimatologischen Auswirkungen des Betriebs des Retentionsraums sowie zu deren Folgen für Fauna, Flora und Gesundheit der Menschen in der Umgebung) in der planerischen Abwägung dahingehend bewertet, dass der Betrieb des Hochwasserrückhaltebeckens zwar zu kleinklimatischen Effekten wie einer leichten Verringerung des bioklimatologischen Hitzestresses bzw. zu einer Wasserdampfanreicherung in der unmittelbaren Umgebung führen wird, dass diese Auswirkungen jedoch insgesamt zu vernachlässigen bzw. in Anbetracht der Vorhabenbedeutung hingenommen werden müssen (Planfeststellungsbeschluss S. 259 f, 264). Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
711 
Soweit die Klägerin ihrerseits unter Vorlage einer fachgutachterlichen Stellungnahme (Prof. Dr. ..., Stellungnahme zum Schutzgut Klima innerhalb der Umweltverträglichkeitsstudie zum Rückhalteraum Elzmündung vom 22.08.2008, Anlage 23 zum Kläger-Schriftsatz vom 30.09.2008) rügt, das Gutachten von Prof. Dr. ... sei sowohl hinsichtlich der Ermittlung seiner Grundlagen als auch in Bezug auf die getroffenen Schlussfolgerungen zum Maß des Entstehens von Kaltluft, der Bildung von Nebel und letztlich auch zu den negativen Auswirkungen auf die Gesundheit der Bewohner der umliegenden Ortschaften unzureichend, greifen diese Einwände nicht durch.
712 
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass sich die Überprüfungsbefugnis der Prognosen in der planerischen Abwägung nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allein darauf erstreckt, ob die Behörde dieser Prognose eine geeignete fachspezifische Methode zugrunde gelegt, den der Prognose zugrunde liegenden Sachverhalt richtig ermittelt und das Ergebnis der Prognose einleuchtend begründet hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 278, Rn. 156; OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 20.01.2010 - 8 C 10350/09 -, DVBl. 2010, 397). Hieran gemessen ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken.
713 
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die von dem Gutachter des Vorhabenträgers gewählte Methode nicht zu beanstanden. Zwar erhebt die Klägerin unter Berufung auf ihren Fachgutachter gegen die vom Gutachter des Vorhabenträgers angewandte Methode der Analogieschlüsse und der Übertragung angesammelten Expertenwissens dezidierte methodische Einwände; entsprechend hat der Gutachter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals dargelegt, dass eine Abschätzung kleinklimatologischer Auswirkungen eines Vorhabens wie des Rückhaltebeckens an der Elzmündung einer experimentellen klimatischen Beweissicherung zu der lokalen Klimacharakterisik vor Durchführung des Vorhabens und der rechnerischen Simulation der Veränderungen des lokalen Klimas nach Durchführung des Vorhabens bedürfe. Allerdings ist der Behörde auch hinsichtlich der Prognoseeignung einer gewählten Methode ein Einschätzungsspielraum eingeräumt, der nicht bereits dann überschritten ist, wenn der verwendeten Untersuchungsmethode eine andere fachwissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode entgegen gestellt werden kann, die möglicherweise bessere Prognosen ermöglicht. Vielmehr kann die Planfeststellungsbehörde dann auf eine einfachere, möglicherweise aber unsicherere Untersuchung zurückgreifen, wenn der mit der besseren Methode verbundene Mehraufwand in keinem vernünftigen Verhältnis zum möglichen zusätzlichen Erkenntnisgewinn steht. Allein eine fachwissenschaftlich überholte Untersuchungsmethode kann nicht mehr angewandt werden.
714 
Nach diesen Grundsätzen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Planfeststellungsbehörde auf ein Gutachten gestützt hat, das auf einer - durch Analogieschlüsse und Erfahrungen aus anderen Wassersammelbecken in der Rheinebene geleiteten - Untersuchungsmethode basiert. Denn der Fachgutachter des Vorhabenträgers hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass diese Methodik nicht nur wissenschaftlich untermauert, sondern auch in Anbetracht der örtlichen Situation des Rückhaltebeckens angemessen ist. So ist es für die Kammer nachvollziehbar, dass die Abschätzung möglicher Auswirkungen der Hochwasserrückhaltung und der Ökologischen Flutungen auf der Grundlage einer Beobachtung des gegenwärtigen Zustands deshalb sinnvoll ist, weil die Hochwasserschutzdämme bereits existieren und deshalb die Beschreibung eines Kaltluftsammelbeckens ohne nennenswerte Ausbreitung von Nebel auf die Umgebung auf einen Ist-Zustand bezogen ist, der sich - abgesehen von der Vergrößerung der Wassermenge im Gebiet - durch den Betrieb des Polders nicht wesentlich ändert. Diesen Ist-Zustand hat der Gutachter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung sowie anhand von Bildmaterial in seinen Stellungnahmen während des Verfahrens exemplarisch ebenso dargestellt, wie den Umstand, dass angesichts der Riegelwirkung der Dämme und des Bewuchses kaum mit lokalen Luftbewegungen zu rechnen sei, die einen eventuell entstehenden Kaltluftsee im Polderbecken über die Dämme in die Randbereiche der Wohnbebauung von Nonnenweier und Wittenweier oder in die Nähe der L 100 hinaustragen würden. Ebenso ist es nachvollziehbar, wenn der Gutachter des Vorhabenträgers auf die Übertragbarkeit von Erfahrungen etwa mit der Nebel- und Dampfdruckbildung im Bereich des Rheins und seiner Staustufen sowie an Baggerseen in der näheren Umgebung verweist. Hinzu kommt, dass der Polderbereich bis in die 1960er Jahre natürlich überflutet war, sodass auch insoweit auf Erfahrungswissen zurückgegriffen werden kann.
715 
Die gegen diese Methodik erhobenen Einwände greifen nicht durch. Dies ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass die von dem Gutachter der Klägerin geforderte Methode einer rechnerischen Simulation der kleinklimatologischen Auswirkungen des Polderbetriebs - wie der Beklagte vorträgt - gar nicht möglich wäre. Denn der Gutachter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung nochmals klargestellt, dass die entsprechenden Simulationsmodelle seit dem Jahr 2003 verfügbar seien und - anders an die von dem Beklagten insoweit zu Recht als untauglich bezeichneten Regionalen Klimamodelle - Simulationsrechnungen für ein Gitternetz mit Abständen auch von wenigen Metern ermöglichen. Auch mag dem Modell des Gutachters der Klägerin zugestanden werden, dass dieses aufgrund seiner engmaschigen Berechnungen klimatologischer Entwicklungen genauere Aussagen über die komplexen Entwicklungen des Kleinklimas bei Rückhaltung von größeren Wassermengen machen kann, als dies aufgrund der deutlich vergröbernden und generalisierenden Prognose des Fachgutachters des Vorhabenträgers der Fall ist. Allerdings ergibt sich hieraus noch nicht, dass die Methode des Fachgutachters des Vorhabenträgers deshalb fachwissenschaftlich nicht mehr vertretbar wäre.
716 
Vielmehr oblag es der Einschätzungsprärogative des Beklagten zu beurteilen, ob er eine sachgerechte Abwägung der kleinklimatologischen Auswirkungen des Polderbetriebs trotz der möglichen Ungenauigkeit und Restunsicherheit der Aussagen des Fachgutachters des Vorhabenträgers vornehmen kann. Dies wiederum hängt einerseits von einer Gewichtung des möglichen Ausmaßes der verbleibenden Prognoseunsicherheit in Bezug auf die betroffenen Belange und andererseits von einer Bewertung ab, mit welchem Aufwand welcher zusätzliche Erkenntnisgewinn zu erreichen wäre. Insoweit ist eine Fehleinschätzung des Beklagten nicht gegeben.
717 
So hat der Fachgutachter der Klägerin zwar auf Prognoseunsicherheiten des Gutachtens des Vorhabenträgers verwiesen, die angesichts der fehlenden engmaschigen Detailberechnung der komplexen Wirkzusammenhänge zwischen Temperaturentwicklung, Luftfeuchte, Wind und Luftdruck auch für die Kammer nachvollziehbar gegeben sind. Allerdings konnte der Gutachter der Klägerin auch auf wiederholte Nachfragen in keiner Weise bezeichnen, inwieweit sich diese Unsicherheiten in Bezug auf die vorgenommene Bewertung der abwägungsrelevanten Aspekte des körperlichen Wohlbefindens der Anwohner und der Erholungssuchenden, die Verkehrssicherheit oder auch die Vegetationsbedingungen im Bereich des Rückhaltebeckens auswirken können, und sei es in einem Worst-Case-Szenario, in welchem sich sämtliche Prognoseunsicherheiten des Fachgutachtens des Vorhabenträgers addieren. Dies wäre aber notwendig gewesen, um das Unterlassen einer Modellsimulation mit ihren Mehrkosten von mehreren 10.000,- Euro als einen Fehler bei der Auswahl der Prognosemethoden anzusehen. Immerhin ist auch der Beklagte mit dem Fachgutachter des Vorhabenträgers davon ausgegangen, dass der Aufstau von Wasser im Polderbecken bei entsprechender Sonneneinstrahlung zu einer Verringerung der Lufttemperatur im Becken und zu einer Erhöhung des die Luftfeuchte beschreibenden Dampfdrucks führt, wobei dieser Effekt in den angrenzenden Wohngebieten abgeschwächt und angesichts der Abhängigkeit von den jeweils aufgestauten Wassermengen regelmäßig nur selten in erheblicher Weise bemerkbar sei.
718 
(5) Globaler Klimawandel
719 
Hinsichtlich der Rüge der Klägerin, die Planfeststellungsbehörde habe den absehbaren globalen Klimawandel mit der Gefahr erhöhter Regenniederschläge insbesondere im Winter nicht hinreichend abgewogen, liegt auch hierin ein Belang, den die Klägerin als Kommune in der planerischen Abwägung nicht geltend machen kann.
720 
Unabhängig hiervon ist aber auch dieser Einwand in der Sache nicht begründet. Denn der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass die Gefahr einer zukünftig stärkeren Vernässung des Bodens und ansteigender Grundwasserspiegel auf den Betrieb des Rückhaltebeckens und die von diesem ausgehenden Beeinträchtigungen etwa des Grundwassers keine Auswirkungen habe. Dies folgt nicht nur daraus, dass der jeweilige Polderbetrieb bei erhöhten Zuflüssen aus der Elz, dem Taubergießen und dem Schutterentlastungskanal über die Regulierung des Zuflusses vom Rhein steuerbar ist und nach der nicht zu beanstandenden Einschätzung der Planfeststellungsbehörde über die Auslassbauwerke stets so viel Wasser in den Rhein abfließen kann, wie über die anderen Zuflüsse in diesen hineinfließt. Vielmehr hat der Vertreter des Vorhabenträgers in der mündlichen Verhandlung zusätzlich darauf verwiesen, dass die Schutzbrunnen, die das aus den Poldern in das Grundwasser eindringende Rheinwasser von den Häusern der gefährdeten Teilorte Nonnenweier und Wittenweier fernhalten, auf solche Pumpleistungen ausgelegt seien, dass der Grundwasserstand unter diesen Gebäuden auch bei erhöhten allgemeinen Grundwasserständen auf einem - für die dortigen Keller - unschädlichen Niveau gehalten werden könne.
721 
(6) Naherholungsfunktion des Elzpfads und der Rheinauen
722 
Soweit die Klägerin weiter vorbringt, der Planfeststellungsbeschluss berücksichtige nicht hinreichend, dass der Betrieb des Rückhaltebeckens zu einer Beeinträchtigung ihrer Naherholungseinrichtungen des Elzpfades und der Rheinauen führe, weil diese Bereiche während der Retentionsflutungen sowie bei größeren Ökologischen Flutungen aus Sicherheitsgründen gesperrt seien und im Anschluss an die Flutungen aufgrund der dann gegebenen Verschlammung vorübergehend nicht genutzt werden könnten, ist dieser Einwand gleichfalls nicht geeignet, eine Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit oder eines aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG abzuleitenden Selbstgestaltungsrechts der Gemeinde zu begründen.
723 
Dabei geht die Kammer zwar zugunsten der Klägerin davon aus, dass die beeinträchtigten Pfade und Wanderwege von der Gemeinde als Einrichtung der Naherholung betrieben werden und somit grundsätzlich am Schutz des Art. 28 Abs. 2 GG teilhaben und deshalb in der planerischen Abwägung als kommunaler Belang Berücksichtigung finden müssen. Die Planfeststellungsbehörde hat diesen Belang indessen gesehen und unter Hinweis auf die verhältnismäßig seltenen Beschränkungen, die zudem den - planungsbedingt erhöhten - Elzpfad ausnehmen, sowie unter Berücksichtigung der Räumung der Wege nach Verschlammung durch den Vorhabenträger als gegenüber dem Interesse an der Hochwasserrückhaltung nicht erheblich bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 283f.). Gegen diese Abwägung sind Bedenken weder ersichtlich noch in relevanter Weise vorgetragen.
724 
(7) Denkmalschutz für das Wittenweierer Faschinat
725 
Der von der Klägerin gerügte Verzicht auf eine Freispülung des Stauraums vor dem Wittenweierer Faschinat lässt - unabhängig von der fehlenden Rügefähigkeit des dadurch betroffenen Belangs einer deshalb verringerten Sicherheit des Polderbetriebs - keinen Fehler bei der entsprechenden Abwägung der Planfeststellungsbehörde erkennen. Insbesondere hat die Planfeststellungsbehörde dieser Entscheidung keine rechtlich fehlerhafte Überbewertung des Denkmalschutzwertes dieses Faschinats zugrunde gelegt. Vielmehr hat die Behörde den in seiner Wertigkeit unsicheren Denkmalschutz dieses Faschinats auf ein Mindestmaß reduziert und mit dem möglichen Sicherheitszuwachs bei einer solchen Freispülung in ein Verhältnis gestellt. Hierbei ist es nicht zu beanstanden, wenn das Landratsamt die mögliche Verbesserung der Sicherheit für den Hochwasserschutz als so geringfügig angesehen hat, dass ein Eingriff in das Faschinat selbst dann nicht gerechtfertigt gewesen wäre, wenn dieses tatsächlich nur auf dem niedrigsten Niveau als Denkmal geschützt wäre.
726 
(8) Verschluss von Durchlassbauwerken durch Treibholz
727 
Hinsichtlich der - ebenfalls für die Klägerin nicht rügefähigen - Abwägung der Gefahr des Verschlusses an den Durchlassbauwerken durch abtreibendes Holz aus dem Bannwaldgebiet setzt die Klägerin ihre Gefahreneinschätzung an die Stelle der Analyse der Planfeststellungsbehörde, ohne dass sie deutlich machen würde, warum dieser Gefahr nicht hinreichend wirksam mit der Überwachung der Dammbauwerke sowie dem Einbau entsprechender Reservedurchlassbauwerke begegnet werden kann, die bei Verschluss eines Durchlassbauwerkes durch Treibholz zur Verfügung stehen.
728 
(9) Ablagerung von Schadstoffen in den Flutungsbereichen
729 
Gleiches gilt für die Rüge der Klägerin, die Gefahr der Ablagerung von Schadstoffen in den Flutungsbereichen sei fehlerhaft abgewogen worden. Denn diese Gefahren sind ausführlich untersucht und in der Abwägung in ihrer Relevanz berücksichtigt worden, die ein Überschreiten des Einschätzungsspielraums der Planfeststellungsbehörde zur Gefahrenbewertung nicht erkennen lässt.
730 
(10) Wildverlust durch unzureichende Wildrückzugsgebiete
731 
Die Rüge der unzureichenden Wildrückzugsgebiete und der damit fehlerhaft prognostizierten Wildverluste in Folge einer Hochwasserrückhaltung oder einer Ökologischen Flutung greift ebenfalls nicht durch. Entgegen der Auffassung der Klägerin geht die Planfeststellungsbehörde von einer Vielzahl von Wildrückzugsbereichen aus und bewertet sie im Rahmen auch ihrer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative als ausreichend. Hiergegen ist aus der Sicht der Kammer rechtlich nichts zu erinnern.
732 
f) Abwägung der Naturschutzbelange
733 
Schließlich greifen auch die Rügen der Klägerin zur Abwägung der Belange des Naturschutzes nicht durch.
734 
Zwar kann die Klägerin nach der hier zugrunde gelegten Rechtsauffassung (vgl. oben 4) c) aa) (3)) eine fehlerhafte Abwägung dieser Belange auf der Grundlage der Regelung des Art. 10a der UVP-RL 85/337/EWG ausnahmsweise als Mitglied der betroffenen Öffentlichkeit auch im gerichtlichen Verfahren rügen. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter des Naturschutzes umfassend und ohne Überschreitung des ihr insoweit zustehenden Beurteilungs- und Prognosespielraums ermittelt, in die Abwägung eingestellt, gewichtet und gegenüber den öffentlichen Interessen an dem Bau und Betrieb des Rückhalteraums in der festgestellten Form abgewogen.
735 
Soweit die Klägerin gegen diese Abwägung vorbringt, sie beruhe auf methodisch mangelhaften und veralteten Bestandserhebungen, einem unangemessen relativierenden Bewertungssystem der betroffenen Lebensräume, fehlerhaften Wirkungsprognosen und Konfliktanalysen sowie auf einer unzureichenden Bestimmung von Ausgleichsmaßnahmen im Landschaftspflegerischen Begleitplan, kann auf die Ausführungen zur Bilanzierung der Eingriffswirkung des Vorhabens und der Kompensationswirkung der vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen verwiesen werden, die ohne Überschreitung hierbei gegebenen naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative der Planfeststellungsbehörde vorgenommen worden ist (vgl. oben A. 4) c) dd) (3.3).
B)
736 
Der (erste) Hilfsantrag der Klägerin, über den nach der Abweisung der Klage im Hauptantrag zu entscheiden ist, ist begründet.
737 
Der Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts Ortenaukreis vom 20.12.2007 für den Bau und Betrieb des Rückhalteraums Elzmündung ist rechtswidrig, wobei die gegebenen Rechtsfehler von der Klägerin gerügt werden können oder diese in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 VwGO).
738 
Der Beklagte hat - was die Klägerin gem. Art. 10a der UVP-Richtlinie geltend machen kann - die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Bestände der Bauchigen und der Schmalen Windelschnecke ohne hinreichende Untersuchungen verneint. Zudem hat sie bei ihrer Entscheidung ein methodisch fehlerhaftes Grundwassermodell zugrunde gelegt und deshalb die möglichen Gefahren der Flutungen für das Trinkwasserschutzgebiet Ottenheim und die Gebäude und Einrichtungen der Klägerin in den Teilorten Allmannsweier und Ottenheim nicht hinreichend sicher abgeschätzt. Auch auf diesen Fehler kann sich die Klägerin als Trägerin der öffentlichen Wasserversorgung berufen.
739 
Beide Mängel rechtfertigen allerdings nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses, sondern nur die Feststellung, dass der Plan rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf (§ 75 Abs. 1a Satz 2 LVwVfG). Die Fehler begründen noch keine zwingenden Planungshindernisse; sie beziehen sich auch nicht auf das Grundkonzept der Planung; vielmehr ist es möglich und auch wahrscheinlich, dass sie in einem ergänzenden Verfahren durch eine ordnungsgemäße FFH-Prüfung und eine ordnungsgemäße Risikoabschätzung zu den Auswirkungen der Flutungen auf das Grundwasser in dem Wasserschutzgebiet und den Teilorten Ottenheim und Allmannsweier sowie ggfs. notwendige Sicherungsmaßnahmen behoben werden können.
C)
740 
Ist nach dem Vorstehenden dem ersten Hilfsantrag der Klägerin stattzugeben, bedarf es keiner Entscheidung über die weiter hilfsweise gestellten Anträge. Aus diesem Grund kann offen gelassen werden, ob die Anträge mit den beiden ersten Unteranträgen in der gestellten Form zulässig sind.
III.
741 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Kammer sieht gemäß § 167 Abs. 2 VwGO davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
742 
Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Sie war nicht zu beschränken. Es ist von grundsätzlicher Bedeutung, ob die Klägerin als Gemeinde grundsätzlich die Verletzung umweltrechtlicher Normen wie der naturschutzrechtlichen Eingriffs- und Ausgleichsregelung rügen kann. Ebenso stellt es eine im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Anwendung klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage dar, wie die Ökologischen Flutungen in das naturschutzrechtliche Eingriffs- und Ausgleichsschema der §§ 18 f BNatSchG (2002) und §§ 20 f NatSchG BW einzuordnen sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes (2002) mit Wirkung zum 01.03.2010 durch die des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2542) ersetzt worden sind. Denn die Frage der Einordnung der Ökologischen Flutungen als Vermeidungsmaßnahme oder als eigenständiger, grundsätzlich kompensationspflichtiger Eingriff in Natur und Landschaft stellt sich auch nach den §§ 13 f BNatSchG (2009), die hier im Falle einer der Behörde günstigeren Regelung auch im laufenden Verfahren Anwendung finden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 -, BVerwGE 130, 299, Rn. 256; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14/07 -, BVerwGE 131, 274, Rn. 87; OVG Nds., Beschl. v. 05.01.2010 - 7 KS 212/06 -, NuR 2010, 194).
743 
Beschluss
744 
Der Streitwert wird nach §§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3, 52 Abs. 1 GKG und in Anlehnung an Nr. 34.3 i.V.m. Nr. 2.3 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (DVBl. 2004, 1525, 1529) auf 100.000,- EUR festgesetzt.
745 
Die Erhöhung des für die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss empfohlenen Streitwerts von 60.000,- Euro auf den festgesetzten Betrag ergibt sich aus der zusätzlichen Betroffenheit der Gemeinde mit Blick auf die Enteignungen ihrer Grundstücke (vgl. BVerwG, Beschl. v. 16.03.2006 - 4 A 1001/04 -, juris Rn. 549). Die Kammer sieht keine Notwendigkeit, den Streitwert für Klagen von Kommunen gegen einen Planfeststellungsbeschluss deshalb zu senken, weil sich die Gemeinde - wie hier - auch auf die Regelung des Art. 10a der Richtlinie 337/85/EWG (UVP-RL) beruft, die in ihrem 6. Absatz bestimmt, dass die im Anwendungsbereich der Richtlinie geführten Verfahren „nicht übermäßig teuer durchgeführt“ werden dürfen (anders für Umweltschutzverbände OVG NRW, Beschl. v. 05.11.2009 - 8 B 1342/09.AK -, NVwZ-RR 2010, 291, 292: 15.000,- Euro statt - wie regelmäßig üblich - 30.000,- Euro). Dies rechtfertigt sich daraus, dass die Klägerin nicht nur Belange des Umweltschutzes, sondern vor allem eigene Rechte geltend gemacht hat.
746 
Wegen der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 25 Abs.3 GKG verwiesen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 31. Juli 2010 - 2 K 192/08

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 31. Juli 2010 - 2 K 192/08

Referenzen - Gesetze

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 31. Juli 2010 - 2 K 192/08 zitiert 79 §§.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 91


(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. (2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersp

Zivilprozessordnung - ZPO | § 222 Fristberechnung


(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege


Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG

Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts


Wasserhaushaltsgesetz - WHG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 45 Klage und Widerklage, Hilfsanspruch, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung


(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 188 Fristende


(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist. (2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Fa

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 4 Verfahrensfehler


(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn 1. eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 57


(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung. (2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 22

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 34 Verträglichkeit und Unzulässigkeit von Projekten; Ausnahmen


(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erh

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 74 Planfeststellungsbeschluss, Plangenehmigung


(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden. (2) Im Planfeststell

Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG | § 2 Rechtsbehelfe von Vereinigungen


(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 75 Rechtswirkungen der Planfeststellung


(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behör

Bundesfernstraßengesetz - FStrG | § 17 Erfordernis der Planfeststellung und vorläufige Anordnung


(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße 1. um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 44a


Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder ge

Bundesnaturschutzgesetz - BNatSchG 2009 | § 15 Verursacherpflichten, Unzulässigkeit von Eingriffen; Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen


(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 25 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 48 Verwaltungsvorschriften


(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften,

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 50


(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug1.über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern,2.über Klagen gegen die vom B

Raumordnungsgesetz - ROG 2008 | § 4 Bindungswirkung der Erfordernisse der Raumordnung


(1) Bei 1. raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,2. Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,3. Entscheidungen öffentlicher Stellen über die

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 48


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen1.die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Si

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 3 Begriffsbestimmungen


Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen: 1. Oberirdische Gewässer das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;2. Küstengewässer das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem

Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2009 | § 8 Erlaubnis, Bewilligung


(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist. (2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewäss

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 31. Juli 2010 - 2 K 192/08 zitiert oder wird zitiert von 10 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 31. Juli 2010 - 2 K 192/08 zitiert 8 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 09. Juni 2010 - 9 A 20/08

bei uns veröffentlicht am 09.06.2010

Tatbestand 1 Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. November 2007 und den Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009 für den

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 17. Apr. 2010 - 9 B 5/10

bei uns veröffentlicht am 17.04.2010

Gründe 1 Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 14. Apr. 2010 - 9 A 5/08

bei uns veröffentlicht am 14.04.2010

Tatbestand 1 Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautoba

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 07. Aug. 2009 - 5 S 2348/08

bei uns veröffentlicht am 07.08.2009

Tenor Die Klagen werden abgewiesen. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1 1/2, der Kläger zu 2 1/4, der Kläger zu 3 1/16 und der Kläger zu 4 3/16. Die Revision wird nicht zugelassen

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 12. Feb. 2009 - 1 A 10722/08

bei uns veröffentlicht am 12.02.2009

Tenor Die Berufungen der Berufungskläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 13. Dezember 2007 werden zurückgewiesen. Die Berufungskläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Das Urteil

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 22. Nov. 2007 - 2 B 181/07

bei uns veröffentlicht am 22.11.2007

Tenor Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Antragstellerin. Der Streitwert wird

Verwaltungsgericht Karlsruhe Beschluss, 15. Jan. 2007 - 8 K 1935/06

bei uns veröffentlicht am 15.01.2007

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Der Streitwert wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt. Gründe   I. 1 Der Antragsteller b

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. Dez. 2006 - 5 S 1793/05

bei uns veröffentlicht am 08.12.2006

Tenor Die Klagen werden abgewiesen. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1  Die Kl
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 31. Juli 2010 - 2 K 192/08.

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 18. Dez. 2015 - 8 B 400/15

bei uns veröffentlicht am 18.12.2015

Tenor Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 5. März 2015 geändert. Die aufschiebende Wirkung der bei dem Verwaltungsgericht Köln erhobenen Klage 13 K 4121/14 wird wiederhergestellt. Die Kosten des

Verwaltungsgericht Köln Beschluss, 05. März 2015 - 13 L 2301/14

bei uns veröffentlicht am 05.03.2015

Tenor Der Antrag wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 30.000,00 Euro fe

Referenzen

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
Oberirdische Gewässer
das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;
2.
Küstengewässer
das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften;
2a.
Meeresgewässer
die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes;
3.
Grundwasser
das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;
4.
Künstliche Gewässer
von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
5.
Erheblich veränderte Gewässer
durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderte oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
6.
Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
7.
Gewässereigenschaften
die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen;
8.
Gewässerzustand
die auf Wasserkörper bezogenen Gewässereigenschaften als ökologischer, chemischer oder mengenmäßiger Zustand eines Gewässers; bei als künstlich oder erheblich verändert eingestuften Gewässern tritt an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial;
9.
Wasserbeschaffenheit
die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers;
10.
Schädliche Gewässerveränderungen
Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben;
11.
Stand der Technik
der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt; bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage 1 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen;
12.
EMAS-Standort
diejenige Einheit einer Organisation, die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung in das EMAS-Register eingetragen ist;
13.
Einzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt;
14.
Teileinzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einem bestimmten Punkt in ein oberirdisches Gewässer gelangt;
15.
Flussgebietseinheit
ein als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten, dem ihnen zugeordneten Grundwasser und den ihnen zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 besteht;
16.
Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a)
Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b)
Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;
17.
Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen

1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes,
1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes,
2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes),
3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt,
3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer,
3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt,
4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden,
6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich,
7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen,
8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen,
9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen,
10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes,
11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9,
12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt,
12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz,
14.
Zulassungen von
a)
Rahmenbetriebsplänen,
b)
Hauptbetriebsplänen,
c)
Sonderbetriebsplänen und
d)
Abschlussbetriebsplänen
sowie Grundabtretungsbeschlüsse, jeweils im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, und
15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
Satz 1 gilt auch für Streitigkeiten über Genehmigungen, die anstelle einer Planfeststellung erteilt werden, sowie für Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, auch soweit sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Die Länder können durch Gesetz vorschreiben, daß über Streitigkeiten, die Besitzeinweisungen in den Fällen des Satzes 1 betreffen, das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug entscheidet.

(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.

(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug

1.
über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern,
2.
über Klagen gegen die vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen,
3.
über Streitigkeiten gegen Abschiebungsanordnungen nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes und ihre Vollziehung sowie den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots auf dieser Grundlage,
4.
über Klagen, denen Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zugrunde liegen,
5.
über Klagen gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach § 12 Absatz 3a des Abgeordnetengesetzes, nach den Vorschriften des Elften Abschnitts des Abgeordnetengesetzes, nach § 6b des Bundesministergesetzes und nach § 7 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre in Verbindung mit § 6b des Bundesministergesetzes,
6.
über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Energieleitungsausbaugesetz, dem Bundesbedarfsplangesetz, dem § 43e Absatz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes, dem § 76 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes oder dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz bezeichnet sind, über sämtliche Streitigkeiten, die Vorhaben zur Errichtung und zur Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff und Derivaten betreffen, sowie über die ihm nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz zugewiesenen Verfahren,
7.
über die ihm nach dem Energiesicherungsgesetz zugewiesenen Verfahren.

(2) In Verfahren nach Absatz 1 Nummer 6 ist § 48 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Hält das Bundesverwaltungsgericht nach Absatz 1 Nr. 1 eine Streitigkeit für verfassungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Errichtung von insgesamt 14 Windenergieanlagen (WEA) im Nordschwarzwald; vier WEA wurden bereits errichtet.
Im Mai 2005 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nach vorheriger Durchführung eines sog. Screeningverfahrens nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), in dem die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Notwendigkeit eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) für das Vorhaben festgestellt wurde, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung des „Windparks Altensteig“, bestehend aus (ursprünglich) 10 WEA - nach teilweiser Antragsrücknahme nunmehr noch 9 WEA - auf dem Gebiet der Gemeinde Simmersfeld, Gemarkung Fünfbronn im Landkreis Calw und 5 WEA auf dem Gebiet der Gemeinde Seewald, Gemarkung Besenfeld im Landkreis Freudenstadt. Die WEA mit einer Leistung von jeweils 2.000 kW und einer Gesamthöhe von 140 (4 Anlagen) bis 170 m (10 Anlagen) - bei einer Nabenhöhe von 100 bis 125 m und einem Rotordurchmesser von 80 bis 90 m - sollen auf der leicht ansteigenden Hochfläche östlich und westlich der B 294 errichtet werden, in einem Waldgebiet, das früher teilweise als Munitionsdepot genutzt wurde. Der Abstand zur nächsten Bebauung auf Gemarkung Fünfbronn beträgt ca. 2,1 km, zu jener auf Gemarkung Besenfeld ca. 1,2 km. Der Antragsteller ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Simmersfeld-Fünfbronn, das in einem Abstand von ca. 2,1 km zur nächsten WEA und etwa 3,2 km zu der am weitesten entfernten WEA liegt. Die Umgebungsbebauung entspricht der eines allgemeinen Wohngebiets.
Das Vorhaben liegt im Bereich des rd. 374.000 ha umfassenden Naturparks „Schwarzwald Mitte/Nord“ (vgl. Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über den Naturpark „Schwarzwald Mitte/Nord“ vom 16. Dezember 2003, in Kraft seit 14. Februar 2004 ) und im Bereich des „Regionalplans 2015 Nordschwarzwald“ des Regionalverbands Nordschwarzwald. Dieser enthält in der derzeit gültigen Fassung keine Festlegungen zur Steuerung der Standorte von Windkraftanlagen. Eine Planung zur Festlegung eines einzigen Vorranggebiets für die Region Nordschwarzwald für regionalbedeutsame Windkraftanlagen ist für den Bereich des streitgegenständlichen Windparks eingeleitet worden; ein verbindlicher Entwurf für den vorgesehenen Teilregionalplan „Regenerative Energien Region Nordschwarzwald“ liegt jedoch noch nicht vor.
Die fünf Standorte auf dem Gebiet der Gemeinde Seewald liegen im Bereich eines Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Freudenstadt, der dort in der seit März 2003 gültigen Fassung eine Fläche für Versorgungsanlagen vorsieht. Sechs von neun Standorten auf dem Gemeindegebiet Simmersfeld liegen innerhalb des Flächennutzungsplans „Hochnagoldtal 2010 - Windkraftanlagen“ der Verwaltungsgemeinschaft Altensteig aus dem Jahr 2004. Die restlichen drei WEA werden von der am 3. Januar 2006 genehmigten Änderung des Flächennutzungsplans „Hochnagoldtal Windkraftanlagen“ der Verwaltungsgemeinschaft Altensteig erfasst und liegen nunmehr ebenfalls innerhalb der Fläche für Windkraftanlagen (Konzentrationszone).
Das Regierungspräsidium Karlsruhe bestimmte bereits im vorbereitenden Verfahren das Landratsamt Calw als örtlich zuständige Genehmigungsbehörde. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurden u. a. eine Schallimmissions- und eine Schattenwurfprognose erstellt. Das Vorhaben wurde visualisiert; außerdem wurden mehrere Stellungnahmen und Gutachten zum Fledermaus- und Vogelschutz sowie eine gutachtliche Stellungnahme zum Wasserschutz eingeholt. Das Vorhaben wurde öffentlich bekannt gemacht, die Antragsunterlagen lagen zur Einsicht aus. Während der Einwendungsfrist wurden u. a. von der Bürgerinitiative „Windparkgegner S.“ und vom Antragsteller Einwendungen erhoben. Der Antragsteller wandte ein, dass die Massierung von WEA dieser Dimension die Natur optisch eklatant vernichte und das Wohlbefinden der betroffenen Bevölkerung erheblich beeinträchtige, dass die heimischen Vogel- und Wildpopulationen, insbesondere Fledermäuse, Auerhuhn und roter Milan, bedroht seien, dass eine Dauerbelästigung durch Lärm- und Schallwellen drohe, dass eine latente Brandgefahr und Verseuchung des Bodens durch Öl drohe, dass die Öffentlichkeit mangelhaft informiert worden sei, dass nicht mittels eines Probeturms die tatsächlich zu erwartenden Umweltbelastungen festgestellt worden seien, dass der Erholungs- und Ausflugsverkehr stark beeinträchtigt werde und dass der Anlagenbetrieb am Standort unrentabel und umweltschädlich sei.
Das Landratsamt führte eine Behördenanhörung durch und erörterte die Einwendungen am 17. November 2005 öffentlich. Die Gemeinden Simmersfeld und Seewald erteilten ihr Einvernehmen gem. § 36 BauGB. Ein bei der Gemeinde Simmersfeld hiergegen im Dezember 2005 gestellter Antrag auf Bürgerbegehren und Bürgerentscheid wurde nicht zugelassen. Einer von der Bürgerinitiative „Windparkgegner S.“ eingereichten Petition half der Landtag in seiner Sitzung vom 22. Februar 2006 nicht ab.
Mit Bescheid des Landratsamts Calw vom 24. Februar 2006 wurde die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erteilt. Es wurden naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen im Wert von 343.522 EUR festgesetzt und zahlreiche Nebenbestimmungen zum Baurecht, Brandschutz, Immissionsschutz, Wasserrecht, Straßenrecht, Luftfahrtrecht und Naturschutz - u. a. Überwachungspflichten zum Fledermausschutz - verfügt. Die im Verfahren erhobenen Einwendungen wurden im Einzelnen zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 2. März 2006 zugestellt.
Der Antragsteller legte fristgemäß Widerspruch ein und beantragte beim Landratsamt Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Das Landratsamt lehnte dies unter ergänzender Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit mit Schreiben vom 30. Mai 2006 ab und legte den Widerspruch dem Regierungspräsidium vor.
Mit seinem beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes macht der Antragsteller geltend, dass das Vorhaben mitten „im Landschaftsschutzgebiet Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord“ liege und zulasten der Allgemeinheit vollkommen unwirtschaftlich sei. Der Antragsgegner habe keine eigenen Abwägungen vorgenommen, sondern Textbausteine des Investors verwendet. Dieser baue wissentlich auf eigenes Risiko. Aufgrund von Änderungen des Europarechts und angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) könnten Dritte sich nicht mehr nur auf die Verletzung ihrer subjektiven Rechte berufen; vielmehr seien alle formellen und materiellen Rechtsverstöße zu prüfen. Das ergebe sich aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der geänderten UVP-Richtlinie und der zugrunde liegenden Aarhus-Konvention. Daran ändere auch die mittlerweile beschlossene Umsetzung der Richtlinie durch das Umweltrechtsbehelfsgesetz nichts, das lediglich zusätzlich eine Verbandsklage einführe. Ein Verfahren mit öffentlicher Anhörung sei zwingend erforderlich. Das Vorbringen sei auch nicht präkludiert. Die erteilte Genehmigung führe zur Tötung von streng geschützten Fledermäusen und Vögeln, was die Strafbarkeit der Betreiber und der Genehmigungsbehörde begründe und zwingend eine Ablehnung des Vorhabens erfordere. Insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Fledermäusen fehle es an den erforderlichen Erhebungen und Abwägungen; eine Befreiung nach Bundesnaturschutzgesetz sei weder erteilt noch sei eine Erteilung möglich. Den Unfallgefahren durch Eisschlag, Rotorblattbrüchen und Bränden werde nicht ausreichend Rechnung getragen, etwa durch ausreichende Abstände von Straßen. Der gebotene Lärmschutz zwischen WEA und Wohnbebauung sei nicht gewährleistet. Die vorliegende Schallprognose gehe von einem zu geringen Schallleistungspegel aus; ein uneingeschränkter Nachtbetrieb sei nicht zulässig. Insbesondere seien Kurgebiete im Einwirkungsbereich der Windräder mit ihren erhöhten Anforderungen an den Lärmschutz nicht berücksichtigt worden. Die beabsichtigte Regionalplanung sei rechtswidrig. In Schutzgebieten seien Windanlagen unzulässig und verunstaltend. Der Windpark sei im Blickfeld zahlreicher Aussichtspunkte des Nordschwarzwaldes, was den Ruin für den dortigen Tourismus bedeute. Die Änderung des Flächennutzungsplanes im Januar 2006 widerspreche der Schutzverordnung; es fehle jede Abwägung. Auch Waldumwandlungen im Schutzgebiet seien unzulässig. Die Lage von 5 WEA im Wasserschutzgebiet sei unzulässig. Die Kosten für Ausgleichmaßnahmen seien zu niedrig festgesetzt worden. Es fehle an Gründen für den Sofortvollzug. Schutzwürdige Interessen der Öffentlichkeit oder der Beigeladenen fehlten.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück: Der Widerspruch sei im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers zur „erdrückenden Wirkung“ der WEA und der befürchteten Lärmbelastung noch zulässig, in der Sache aber unbegründet, denn schädliche Umwelteinwirkungen seien insbesondere nach der vorliegenden, technisch einwandfreien Schallprognose nicht zu befürchten. Eine optisch erdrückende Wirkung der WEA liege angesichts der erheblichen Entfernung von der Wohnbebauung nicht vor. Über die hiergegen beim Verwaltungsgericht Karlsruhe fristgemäß erhobene Klage des Antragstellers (Az. 8 K 2808/06) wurde noch nicht entschieden.
11 
Der Antragsteller beantragt, sachdienlich gefasst,
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die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 24. Februar 2006 wiederherzustellen.
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Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
15 
Er trägt vor, der Antrag sei weder zulässig noch begründet. Dem Antragsteller fehle die erforderliche Antragsbefugnis, da nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten in Betracht komme. Eine Antragsbefugnis lasse sich auch nicht der Rechtsprechung des EuGH oder gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen entnehmen. Die Richtlinie 2003/35/EG entfalte trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist mangels hinreichender Bestimmtheit keine unmittelbare Wirkung. Der deutsche Gesetzgeber plane nach dem vorliegenden Entwurf eines Umweltrechtsbehelfsgesetzes, lediglich bestimmten Vereinen Rechtsbehelfe einzuräumen. Die angeführten tier-, wasser- und sonstigen natur- und landschaftsschutzrechtlichen Belange sowie die angestellten Wirtschaftlichkeitsüberlegungen könnten als Belange des Allgemeinwohls keine Verletzung in eigenen Rechten und damit keine Antragsbefugnis begründen. Die Aspekte des Lärmschutzes, des Schattenwurfs und der Anlagensicherheit seien zwar drittschützend, jedoch sei aufgrund der großen Distanz der Anlage zur Wohnbebauung eine Betroffenheit des Antragstellers ausgeschlossen. Zudem gewährleisteten die in der Genehmigung enthaltenen Auflagen und Bedingungen, dass weder Anwohner noch sonstige Personen in ihren Rechten verletzt würden. Selbst wenn man eine Antragsbefugnis unterstelle, sei der Antrag unbegründet, denn das öffentliche Vollzugsinteresse und das private Vollzugsinteresse der Beigeladenen überwögen das private Suspensivinteresse des Antragstellers. Die auf der Grundlage zahlreicher Stellungnahmen und Gutachten erteilte Genehmigung sei rechtmäßig; die Nebenbestimmungen gewährleisteten, dass die Beigeladene ihre Verpflichtungen erfülle. Ein Kurgebiet existiere vorliegend nicht. Die pauschalen Ausführungen des Antragstellers erschütterten die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung nicht.
16 
Die Beigeladene beantragt,
17 
den Antrag abzulehnen.
18 
Zur Begründung macht sie geltend, der Antrag sei mangels Antragsbefugnis bereits unzulässig und im Übrigen auch unbegründet. Die Ausführungen entsprechen im Wesentlichen der Argumentation des Antragsgegners und vertiefen diese.
19 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Calw und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Hierauf und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
II.
20 
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO wiederherzustellen, ist mangels Antragsbefugnis unzulässig, soweit Belange der Allgemeinheit geltend gemacht werden (1.). Soweit der Antragsteller Einwendungen nicht bereits im behördlichen Verfahren geltend gemacht hat, ist er gem. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG mit seinem Vorbringen ausgeschlossen (2.). Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, er sei unzumutbaren Lärmbelastungen und Gefahren infolge unzureichenden Brandschutzes ausgesetzt und das Vorhaben habe eine „erdrückende Wirkung“, ist der Antrag zwar zulässig (3.), in der Sache jedoch unbegründet (4.).
21 
1. Der Antrag ist entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, soweit der Antragsteller geltend machen kann, durch die angegriffene Genehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die als verletzt gerügte Bestimmung muss zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen und nicht nur dem öffentlichen Interesse zu dienen bestimmt sein. Das ist im Hinblick auf die geltend gemachten öffentlichen Belange des Natur-, Arten- und Landschaftsschutzes - namentlich: Vogel- und Fledermausschutz, Wasserschutz, Schutz des Landschaftsbildes, Angemessenheit der festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen, Schutz des Naturparks „Schwarzwald Mitte/Nord“ -, aber auch im Hinblick auf die Erwägungen zur Wirtschaftlichkeit der WEA und etwaigen Auswirkungen auf den Tourismus nicht der Fall. Für die Frage einer möglichen Verletzung von Rechten des Antragstellers ist insoweit auch unmaßgeblich, dass ein Flächennutzungsplan erst im laufenden Verfahren geändert wurde, da keine drittschützenden Festsetzungen in Frage stehen. Entgegen der Einschätzung des Antragstellers dürfte im Übrigen die ausdrücklich entwicklungsoffene Verordnung über den Naturpark „Schwarzwald Mitte/Nord“ (vgl. etwa § 2 Abs. 6, § 3 und § 4 Abs. 1 der Naturparkverordnung) einer Änderung von Flächennutzungsplänen und einer etwaigen Regionalplanung grundsätzlich nicht entgegenstehen.
22 
Nach § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zielen Klage- und Antragsverfahren im Bereich der Anfechtungsklage auf die Geltendmachung von Individualrechtsschutz. Verfahrensvorschriften vermitteln in diesem Zusammenhang grundsätzlich keine selbständig durchsetzbare Rechtsposition, auch wenn das Verfahrensrecht auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Urteile vom 25. Januar 1996, NVwZ 1996, 788; vom 21. März 1996, NVwZ 1996, 1016; vom 10. April 1997, NVwZ 1998, 508; vom 19. März 2003, NVwZ 2003, 1120 und vom 18. November 2004, NVwZ 2005, 442; s. a. Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Juris). Der Antragsteller hat danach keinen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung, ob die Umweltverträglichkeitsprüfung mit der erforderlichen Prüfungstiefe durchgeführt wurde. Er kann nur eine Verletzung eigener Rechtspositionen geltend machen.
23 
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob aufgrund europarechtlicher Vorgaben im Einzelfall ggf. gerügt werden kann, dass ein vorgeschriebenes UVP-Verfahren nicht stattgefunden hat (vgl. Urteil des EuGH vom 7. Januar 2004 , NVwZ 2004, 593; s. zur Klagbarkeit einer unterlassenen Öffentlichkeitsbeteiligung auch den Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 25. Januar 2005, NVwZ 2005, 1208; s. zur möglichen Klagbarkeit von Verfahrensrechten im Falle einer unterlassenen UVP nunmehr auch § 4 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und die zugrundeliegenden Erwägungen in BT-Drs. 16/2495, S. 13 f.; BT-Drs. 16/2931, 3 f., 8), denn vorliegend kann eine solche Verletzung von möglicherweise drittschützenden Verfahrensbestimmungen gerade nicht gerügt werden. Ein förmliches immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG einschließlich der im UVP-Verfahren vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung hat stattgefunden; dabei wurden auch die Einwendungen des Antragstellers öffentlich erörtert.
24 
Weitergehende Klage- oder Antragsbefugnisse des Einzelnen im Hinblick auf die geltend gemachten natur- und landschaftsschutzrechtlichen Belange ergeben sich auch nicht aus der vom Antragsteller angeführten Rechtsprechung des EuGH. Dieser lässt sich nicht entnehmen, dass jeder mögliche Fehler bei Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zur Zulässigkeit einer Individualklage und zum möglichen Erfolg der Anfechtungsklage führen muss (vgl. EuGH, Urteile vom 10. Januar 2006, NVwZ 2006, 319; vom 4. Mai 2006, NVwZ 2006, 806; vom 13. Juni 2006, NJW 2006, 3337 und vom 4. Juli 2006, NJW 2006, 2465).
25 
Auch Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 (UVP-Richtlinie) in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (ABl. EU Nr. L 156, S. 17 <20>) räumt keinen umfassenden Rechtsschutz ein. Danach stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die (a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ (b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren. Der Richtlinientext in Art. 10a der UVP-RL ist insoweit nahezu wortgleich mit Art. 9 Abs. 2 der von der EG ratifizierten sog. Aarhus-Konvention (Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25. Juni 1998, ABl. EU 2005 Nr. L 124 S. 4) und dient der Umsetzung der dortigen Vereinbarungen.
26 
Danach haben die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten: Sie können den Individualrechtsschutz davon abhängig machen, dass ein ausreichendes Interesse des Rechtsschutzsuchenden besteht, oder aber davon, dass eine Rechtsverletzung geltend gemacht wird. Die Mitgliedstaaten können zwischen dem (französischen) Modell der Interessentenklage und dem (in Deutschland) herkömmlichen Modell des Individualrechtsschutzes wählen (vgl. hierzu auch Lecheler, NVwZ 2005, 1156 <1157>; Schmidt-Preuß, NVwZ 2005, 489 <495>; v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 <276>). Die Antrags- bzw. Klagebefugnis des Einzelnen kann weiterhin davon abhängig gemacht werden, dass eine Rechtsverletzung vorliegt. Was eine Rechtsverletzung ist, bestimmt der jeweilige Mitgliedstaat.
27 
Schon mangels hinreichender Bestimmtheit kommt damit eine unmittelbare Anwendung von Art. 10 a der RL 2003/35/EG zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids, als die Frist zur Umsetzung der Richtlinie (25. Juni 2005) abgelaufen war, ohne dass eine Umsetzung in deutsches Recht erfolgt wäre, nicht in Betracht (so auch m.w.N. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 27. Oktober 2005 - 11 A 1751/04 -, Juris und vom 2. März 2006 - 11 A 1752/04 -, Juris ).
28 
Aber auch die mit Ablauf der Umsetzungsfrist gebotene richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der betreffenden Richtlinie (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006, NJW 2006, 2465) führt nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung im Hinblick auf die geltend gemachten öffentlichen Belange nicht zu einer Antrags- oder Klagebefugnis des Antragstellers oder einem möglichen Erfolg in der Sache. Die Zulassung einer allgemeinen Popularklage wird gemeinschaftsrechtlich gerade nicht gefordert und auch die teilweise Zulässigkeit des Antrags (dazu 3.) dürfte keine umfassende Prüfungspflicht des Gerichts dahingehend begründen, ob die angefochtene Verfügung (auch) objektiv rechtmäßig ist. Der Prüfungsumfang des Gerichts ist für den hier einschlägigen Bereich der Anfechtungsklage vielmehr entsprechend dem nach § 42 Abs. 2 VwGO zulässig gewährten Zugang zum Gericht begrenzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Weder Art. 10a der UVP-Richtlinie noch Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention dürften es ausschließen, dass der Erfolg des gerichtlichen Verfahrens weiterhin von der Feststellung solcher Fehler abhängig gemacht werden darf, die zu einer Rechtsverletzung des Klägers bzw. Antragstellers führen (vgl. hierzu auch Ziekow, NVwZ 2005, 263 <266>; a.A. Ekardt/Pöhlmann, NVwZ 2005, 532 <534>).
29 
Weder die UVP-Richtlinie noch die Aarhus-Konvention dürften zur Aufgabe der Schutznormtheorie im Bereich des Individualrechtsschutzes in Umweltangelegenheiten zwingen, vielmehr hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Den hat er mittlerweile in einer Weise ausgefüllt, die die Einschätzung des Gerichts unterstreicht, wenngleich die Neuregelung für den konkreten Fall nicht unmittelbar gilt: Der Bundestag hat am 9. November 2006 zur Umsetzung der RL 2003/35/EG das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz beschlossen; es ist nach Verkündung im Bundesgesetzblatt am 15. Dezember 2006 in Kraft getreten (BGBl. I, S. 2816). Das Gesetz gilt für Verfahren, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet wurden oder hätten eingeleitet werden müssen. Danach können nunmehr bestimmte Vereinigungen Rechtsbehelfe einlegen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen (§ 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz). Außerdem wird dem Einzelnen ein Individualklagerecht bei Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung eingeräumt (§ 4 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz). Im Übrigen knüpft das Gesetz an das bestehende Rechtsbehelfssystem nach der VwGO an. Der Rechtsschutz natürlicher Personen gegen Zulassungsentscheidungen nach der UVP-Richtlinie richtet sich weiterhin nach den Vorgaben der VwGO und hängt von der Geltendmachung und dem Vorliegen einer Verletzung eigener Rechte des Klägers bzw. Antragstellers im Sinne von § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ab (vgl. hierzu ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/2495, S. 8).
30 
2. Im Hinblick auf die erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Gefahren durch Eisbruch und Rotorblattbruch, für die ein subjektives Recht des Antragstellers möglicherweise nicht ausgeschlossen werden kann, ist der Antragsteller mit seinem Vorbringen nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG ausgeschlossen. Danach sind mit Ablauf der Einwendungsfrist (§ 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG) alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen.
31 
Abgesehen davon, dass die notwendige Antragsbefugnis für öffentliche Belange fehlt (vgl. 1.), ist der Antragsteller insoweit auch mit seinem Vorbringen zur Unvereinbarkeit des Vorhabens mit der Naturparkverordnung, zum Wasserschutz, zu den Ausgleichmaßnahmen, dem gebotenen Abstand zur Straße und zur Frage der Waldumwandlung - die im Übrigen auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids ist - ausgeschlossen.
32 
3. Soweit sich der Antragsteller auf Lärmbelastungen, Brandgefahren und eine „erdrückende Wirkung“ der WEA beruft, ist der Antrag zulässig; insbesondere ist der Antragsteller entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und dem (baurechtlichen) Gebot der Rücksichtnahme in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung antragsbefugt. Das Grundstück des Antragstellers gehört zum näheren Umkreis der durch die Wirkungen der WEA betroffenen Grundstücke und kann daher durch Lärmimmissionen, unzureichende Vorkehrungen gegen Brandgefahren und sonstige ggf. unzumutbare Einwirkungen beeinträchtigt werden.
33 
4. Der Antrag hat - soweit er zulässig ist - in der Sache jedoch keinen Erfolg.
34 
a. Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Genehmigung in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die im konkreten Fall ein Vollziehungsinteresse begründen und die Erwägungen, die dazu geführt haben, von der Anordnungsmöglichkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO Gebrauch zu machen, wurden im Einzelnen dargelegt (vgl. S. 31 ff. der angefochtenen Genehmigung und die ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz des Landratsamts vom 30. Mai 2006, mit dem der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt wurde). Danach liegt die Erschließung alternativer Energien im öffentlichen Interesse, nicht zuletzt angesichts des im Koalitionsvertrag formulierten Atomausstiegs und der europarechtlichen Vorgaben im Bereich erneuerbarer Energien. Die Beigeladene hat ein erhebliches wirtschaftliches Interesse, von der Genehmigung möglichst rasch Gebrauch machen zu können, konkret dargetan und baut auf eigenes Risiko. Demgegenüber wiegen die Interessen privater Dritter weniger schwer.
35 
b. Die nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollziehungsinteresse sowie dem Vollziehungsinteresse der Beigeladenen auf der einen und dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers auf der anderen Seite fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
36 
Die Klage des Antragstellers hat nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach keine Aussicht auf Erfolg, denn die angefochtene Genehmigung dürfte ihn nicht in eigenen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus führt die sofortige Vollziehung auch nicht zu irreparablen Folgen, da sich die Beigeladene verpflichtet hat, die Anlage auf eigene Kosten abzuändern oder zu beseitigen und ggf. Schadensersatz zu leisten, sollte die Genehmigung im gerichtlichen Verfahren aufgehoben werden (vgl. hierzu S. 33 f. der Genehmigung). Dem Risiko einer Insolvenz des Betreibers wurde durch die Auflage einer vor Baubeginn zu hinterlegenden Rückbaubürgschaft Rechnung getragen (vgl. Ziffer III.1.1.4 der Genehmigung). Vor diesem Hintergrund überwiegen die vom Antragsgegner und der Beigeladenen angeführten Vollziehungsinteressen das private Interesse des Antragstellers daran, von einer sofortigen Vollziehung der erteilten Genehmigung verschont zu bleiben.
37 
Das Vorhaben der Beigeladenen bedarf einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG i.V.m. Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV). Nach entsprechender Abstimmung wurde ein förmliches Genehmigungsverfahren gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG durchgeführt, denn eine Vorprüfung nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG hatte ergeben, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
38 
Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung dann zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und der nach § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
39 
Die den Antragsteller als Nachbarn schützende Pflicht zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG wird im Hinblick auf die befürchtete Geräuschbelastung nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht verletzt.
40 
Nach der vorliegenden Schallprognose der Firma ... GmbH vom 5. Mai 2005 werden auch bei Hinzurechnung eines Zuschlags für Prognoseunsicherheit die Grenzwerte für allgemeine Wohngebiete während der Nacht (40 dB(A)) eingehalten. Die Prognose wurde auf der Grundlage der TA-Lärm und der einschlägigen DIN-Bestimmungen erstellt und geht von den ursprünglich geplanten 15 WEA aus, wobei die nicht mehr verfahrensgegenständliche WEA die dem Antragstellergrundstück nächstgelegene gewesen wäre. Das Vorhaben wird als unkritisch angesehen. Für den im Wohngebiet des Antragstellers in Fünfbronn zugrunde gelegten Immissionsort ergab sich ein Immissionsrichtwert von 33,9 dB(A) und unter Berücksichtigung einer Prognoseunsicherheit ein solcher von 36,7 dB (A), der ebenfalls deutlich unter dem in allgemeinen Wohngebieten liegenden - drittschützenden - Wert von 40 dB (A) liegt. Vor diesem Hintergrund wurden in Ziffer III. 3 der angegriffenen Genehmigung konkrete Vorgaben zum Immissionsschutz gemacht. Nach III.3.1 darf der von den WEA verursachte Beurteilungspegel der Geräuschimmission an den maßgeblichen Immissionsorten die im Einzelnen bezeichneten Immissionsrichtwerte (zwischen 34 und 37 dB(A)) nicht überschreiten. Nach Errichtung der WEA ist eine Schallemissionsmessung nach bestimmten technischen Vorgaben durchzuführen; die Schallprognose ist bei nach oben abweichenden Ergebnissen zu aktualisieren. Die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist innerhalb von 15 Monaten nach Inbetriebnahme der Windkraftanlage nachzuweisen.
41 
Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erwarten, dass die tatsächliche Belastung des über 2 km von der nächstgelegenen WEA entfernt liegenden Grundstücks des Antragstellers den in der TA-Lärm festgelegten Grenzwert von 40 dB(A) und damit das zumutbare Maß der Umwelteinwirkungen durch Lärm überschreiten wird. Die Prognose liegt auf „der sicheren Seite“ und geht von den für die Beigeladene ungünstigsten Bedingungen aus, d. h. die zu erwartenden Belastungen sind geringer als die Prognose. Dass das Gutachten von falschen Voraussetzungen ausgegangen wäre oder eine fehlerhafte Berechnung vorgenommen hat, ist nicht ersichtlich. Insbesondere werden die für die konkreten Anlagetypen vorhandenen schalltechnischen Vermessungen berücksichtigt. Dem vagen Einwand des Antragstellers, die Prognose lege einen zu geringen Schalleistungspegel zugrunde, ist der Widerspruchsbescheid substanziell entgegengetreten (Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006, S. 7 ff.), ohne dass sich der Antragsteller hierzu erklärt hätte. Die danach vorliegenden neueren Erkenntnisse zu den genehmigten Anlagen lassen eine noch geringere Belastung erwarten, als in der Prognose angenommen wurde. Die WEA werden zudem infraschallentkoppelt fundamentiert, so dass sich Infraschall nicht über den Boden ausbreiten kann.
42 
Es ist nicht zu beanstanden, dass sich der Antragsgegner für die Konkretisierung der Immissionsgrenzwerte an der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl. 1998, S. 503) orientiert hat. Danach beträgt der Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete nachts 40 dB(A). Die Einordnung des Gebiets als faktisches allgemeines Wohngebiet wird vom Antragsteller nicht nachvollziehbar bestritten. In der betroffenen Umgebung des Windparks gibt es, nach allem was erkennbar ist, kein (faktisches) Kurgebiet im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 Baunutzungsverordnung. Mit der insoweit maßgeblichen baurechtlichen Beurteilung, die im unbeplanten Bereich von der tatsächlichen Umgebungsbebauung abhängig ist, ist die Anerkennung eines Ortes als Kurort nach dem Kurortegesetz nicht gleichzusetzen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller wohl auch nicht im angeblichen Kurgebiet „Simmerath“ (gemeint ist wohl der Luftkurort Simmersfeld, ein Ortsteil von Simmersfeld) lebt, sondern im Ortsteil Fünfbronn. Auch deshalb kann er sich nicht auf die Einhaltung entsprechender Grenzwerte berufen.
43 
Soweit sich der Antragsteller im Zusammenhang mit etwaigen Brandgefahren auf den potentiell drittschützenden Aspekt der Anlagensicherheit beruft, ist eine Verletzung in eigenen Rechten ebenfalls nicht zu befürchten. Zum einen ist eine unmittelbare Gefährdung des in erheblicher Entfernung von den streitgegenständlichen Anlagen lebenden Antragstellers nicht zu erkennen, zum anderen stellen umfangreiche Auflagen in der Genehmigung den Brandschutz sicher. Danach sind die WEA u. a. mit automatischen Löschanlagen auszurüsten; auch ist die Löschwasserversorgung vor Ort sicherzustellen (Ziffer III. 2 der Genehmigung i.V.m. den Erläuterungen auf S. 23 f. der Genehmigung).
44 
Was die Anlagensicherheit im Hinblick auf die geltend gemachten Gefahren durch Eis- oder Rotorbruch anbelangt, wurde bereits auf die eingetretene Präklusion hingewiesen (oben 2.). Erfolgsaussichten sind insoweit aber auch in der Sache zu verneinen, denn eine Verletzung in eigenen Rechten ist angesichts der entsprechenden Nebenbestimmungen zur erteilten Genehmigung und den umfassenden Verkehrssicherungspflichten der Beigeladenen nicht zu befürchten. So befindet sich im Hinblick auf den befürchteten Eiswurf ein Überwachungssystem in den Anlagen selbst, die bei beginnendem Eisansatz automatisch abgeschaltet werden und nur nach visueller Prüfung vor Ort manuell wieder angeschaltet werden dürfen. Zudem weisen Warnschilder auf die Eiswurfgefahr hin. Ein Eisabwurf auf den Skifernwanderweg bzw. die Langlaufloipe ist nach den Vorgaben der Genehmigung ausgeschlossen (vgl. hierzu die Nebenbestimmungen Ziffern III.3.5 und 3.6). Anhaltspunkte, die eine Gefährdung des Antragstellers durch einen Rotorblattbruch konkret befürchten lassen könnten, bestehen nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht.
45 
Auch das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme, wie es in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zum Ausdruck kommt und soweit es nachbarschützend ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 <“Schweinemäster-Fall“>, BVerwGE 52, 122), ist aller Voraussicht nach nicht verletzt.
46 
Zwar kann eine gewisse optisch störende Wirkung, die von der Drehbewegung des Rotors in Verbindung mit der erheblichen Höhe der Anlagen und ihrer Baumasse ausgeht, nach Lage der Dinge nicht ausgeschlossen werden. Gleichwohl dürfte die Wirkung der WEA nach den hier gegebenen Umständen, insbesondere auf Grund der nicht unerheblichen Entfernung zur Wohnbebauung, nicht rücksichtslos im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sein. Denn nach den gegebenen Umständen kann von einer bedrängenden oder erdrückenden Wirkung im Hinblick auf das über 2 km von der nächstgelegenen WEA entfernte Grundstück des Antragstellers nicht ausgegangen werden. Allein der Umstand, dass die WEA von der benachbarten Wohnbebauung aus wahrnehmbar sind und dies als negativ empfunden wird, genügt für die Annahme eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot nicht.
47 
Auch schädliche Umwelteinwirkungen durch Schattenwurf und Lichtreflexe sind nach den - vom „worst case“ ausgehenden - Berechnungen der Schattenwurfprognose vom 5. Mai 2005 ... und den Vorgaben zur Materialbeschaffenheit und Farbgebung (Ziffern III.3.4 und III.7.2.1 der Genehmigung) nicht zu erwarten.
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit auch ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es der Billigkeit, dem Antragsteller auch ihre Kosten aufzuerlegen.
49 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Die Kammer orientiert sich an den Ziffern 1.5 und 19.2 i.V.m. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.


Tenor

Die Berufungen der Berufungskläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 13. Dezember 2007 werden zurückgewiesen.

Die Berufungskläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufungskläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Berufungskläger (eine betroffene Gemeinde, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie eine Privatperson) wenden sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten, der die Errichtung der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen zum Gegenstand hat.

2

Die Gemeinden Waldsee, Altrip und Neuhofen liegen in der Oberrheinebene südlich der Städte Mannheim und Ludwigshafen im Rhein-Pfalz-Kreis. Das Gebiet ist Bestandteil des Rhein-Neckar-Raumes und oberhalb der Einmündung des Neckars in den Rhein gelegen. Außerhalb der geschlossenen Bebauung der vorgenannten Gemeinden befinden sich mehrere Einzelgehöfte (u.A. der am H. Weg gelegene Aussiedlerhof der Berufungsklägerin zu 2), großflächige Camping- und Freizeitanlagen und zahlreiche Wasserflächen (u. a. der Neuhofener Altrhein und der Baggersee Schlicht). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die bei den Planunterlagen befindliche Übersichtskarte (Mappe 1, Anlage 2) verwiesen.

3

In den Gemarkungen der vorgenannten drei Gemeinden soll zwischen Rhein-Kilometer 411,3 und 412,5 - in einem früheren Überschwemmungsgebiet des Rheins - die 327 ha große Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen errichtet werden. Die Planungsmaßnahme betrifft die Errichtung eines Rückhalteraumes, der teils für regelmäßige Überflutungen in Abhängigkeit von den Rheinwasserständen (sog. ungesteuerter Teil) und teils zur Rückhaltung von Rheinhochwasser bei extremen Hochwasserereignissen (sog. gesteuerter Teil) vorgesehen ist. Der ungesteuerte Retentionsraum reicht im Osten bis an den Rhein heran. Der gesteuerte Retentionsraum, der durch Öffnung eines Einlassbauwerkes geflutet werden soll, schließt sich hieran westlich an. Dazwischen ist ein Trenndeich mit einem kombinierten Ein- und Auslassbauwerk geplant. Das Rückhaltevolumen der ungesteuerten Hochwasserrückhaltung beträgt etwa 1,2 Mio. m³, dasjenige der gesteuerten Hochwasserrückhaltung umfasst ca. 7,8 Mio. m³. Der bisher bestehende Rheinhauptdeich soll entwidmet und auf einer Länge von rund 1,24 km abgetragen werden. An dessen Stelle soll ein neuer 8,54 km langer, noch zu errichtender Rheinhauptdeich treten, der eine Deichhöhe zwischen 3,20 m und 6,70 m aufweist. Der Trenndeich ist zwischen 3,75 m und 4,75 m hoch und rund 520 m lang. Auf der Deichkrone des Trenndeichs soll die Kreisstraße 13 (K 13), die die Gemeinden Altrip und Waldsee verbindet, sowie ein Fuß-/Radweg neu angelegt werden.

4

Neben den Deichbauten sind u.A. noch folgende Maßnahmen vorgesehen:

5

- die Sanierung des Schöpfwerks „Neuhofener Altrhein“, das bei Einsatz der gesteuerten Rückhaltung den Wasserstand im Neuhofener Altrhein nach Absenkung auf einem Niveau von rd. 89,40 müNN halten und dadurch einen zusätzlichen Anstieg der Grundwasserstände im Bereich des Freizeitgeländes „Blaue Adria“ und am östlichen Rand von Neuhofen verhindern soll; ferner sollen über das Schöpfwerk auch die über den Graben E 7 aus der Schlicht dem Neuhofener Altrhein zugeführten Wassermengen in den unmittelbar mit dem Rhein in Verbindung stehenden Kiefweiher gefördert werden;

6

- der Bau des Schöpfwerks „Auf der Au“, das bei Überflutung der ungesteuerten und bei Einsatz der gesteuerten Rückhaltung den Wasserstand im Schulgutweiher auf einem Niveau von 91,50 müNN halten und so einen im Vergleich zur Situation ohne Hochwasserrückhaltung deutlichen Anstieg der Grundwasserstände im nördlichen Bereich der Freizeitanlage „Auf der Au“ verhindern soll;

7

- die Herstellung des 7,9 ha großen und bis zu 12 m tiefen „Altripsees“ sowie der Bau des Schöpfwerks „Altrip“ am südöstlichen Ufer des Altripsees zur Verhinderung des ohne Hochwasserrückhaltung zusätzlichen Anstiegs der Grundwasserstände im Bereich der Ortslage Altrip;

8

- der Bau der 3,6 ha großen „Geländemulde Waldsee“ zur Verhinderung des im Vergleich zur Situation ohne Hochwasserrückhaltung zusätzlichen Anstiegs der Grundwasserstände im Bereich der Ortslage Waldsee sowie die Errichtung des Pumpwerks an der „Geländemulde Waldsee“ zur Haltung des binnenseitigen Grundwasserspiegels;

9

- der Bau eines gesteuerten Auslaufbauwerks am Baggersee Schlicht und die Herstellung eines Verbindungsgrabens E7 vom Baggersee Schlicht zum Neuhofener Altrhein;

10

- der Bau eines Sieles zur Restwasserentleerung der gesteuerten Rückhaltung am Entwässerungsgraben E5 und naturnahe Umgestaltung des Grabens;

11

- die Herstellung von Geländemodellierungen zur Verbesserung der Flutungs- und Entleerungsvorgänge sowie Maßnahmen zum Schutz von Objekten im Außenbereich gegen Grundwasser und eine Dränage für den Campingplatz „Auf der Au“ mit Ableitung zum Schulgutweiher.

12

Im beplanten Bereich sind die Flächen größtenteils (mit einem Anteil von jeweils ca. 49 % an der Gesamtfläche) landwirtschaftliche Nutzflächen oder Wald- und Forstflächen. Rund 2 % der Gesamtfläche unterliegen einer freizeitlichen Nutzung. Nördlich an das geplante Poldergebiet grenzt das 358 ha große Europäische Vogelschutzgebiet „Neuhofener Altrhein mit Prinz Karl-Wörth“ (Nr. 6516-401) und im Südosten das 1181 ha große Europäische Vogelschutzgebiet „Otterstadter Altrhein und Angelhofer Altrhein inklusive Binsfeld“ (Nr. 6616-401) an. Der Bereich der ungesteuerten Hochwasserrückhaltung liegt im 1425 ha großen, seit Mai 2004 gemeldeten FFH-Gebiet „Rheinniederung Speyer-Ludwigshafen“ (Nr. 6616-304). Westlich daran schließt sich das Naturschutzgebiet „Horreninsel“ an. Nördlich an die geplante gesteuerte Hochwasserrückhaltung grenzen die Naturschutzgebiete „Neuhofener Altrhein“ und „Neuhofener Altrhein, nördliche Erweiterung“; südlich liegt das Naturschutzgebiet „Im Wörth“. Ein weiteres Naturschutzgebiet mit Namen „Prinz Karl-Wörth“ befindet sich nördlich des besiedelten Bereichs von Altrip. Schließlich liegt das als Polderfläche vorgesehene Gebiet im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung „Pfälzische Rheinauen“. Jenseits des Rheins befindet sich auf baden-württembergischer Seite das FFH-Gebiet „Rheinniederung von Philippsburg bis Mannheim“ (Nr. 6716-341) sowie das Europäische Vogelschutzgebiet „Rheinniederung Altlußheim-Mannheim“ (Nr. 6617-401); deren geringste Entfernung zum Retentionsraum beträgt 250 m.

13

Die geplante Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen ist ausweislich der Planunterlagen Teil einer Gesamtkonzeption zur Verbesserung des Hochwasser-schutzes am Rhein. Der Ausbau des Oberrheins zwischen Basel und Iffezheim hatte durch Staustufen zu einem Verlust von 130 km² Überschwemmungsflächen geführt. Der Hochwasserschutz für die unausgebaute Rheinstrecke reduzierte sich dadurch von einem Schutz gegen ein 200-jährliches Ereignis auf den Schutz gegen ein 80-jährliches Ereignis. Durch Hochwasserrückhaltungen soll der ehemals vorhandene Schutz wieder erreicht werden. Die vom Land Rheinland-Pfalz zum Hochwasserschutz übernommene Bauverpflichtung für Polder im „Verwaltungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen zur Regelung von Fragen des Hochwasserschutzes am Oberrhein“ vom 24. Mai / 28. Juli 1977 und im Änderungsabkommen vom 3. November 1988 / 31. Januar und 16. Mai 1989 mit einem Gesamtvolumen von 44 Mio. m³ zur Rückhaltung von Rheinhochwassern ist Teil einer Hochwasserschutzkonzeption der Anliegerstaaten am Oberrhein zur Wiederherstellung der Hochwassersicherheit.

14

Nach der Planung soll der ungesteuerte Teil des Polders in Zukunft wieder regelmäßig vom Rhein überschwemmt und an die natürliche Dynamik des Rheins angeschlossen werden. Mit der Flutung des gesteuerten Polders sollen Überflutungen in den unterliegenden Siedlungs-, Gewerbe- und Infrastrukturflächen der Rheinniederung abgewehrt werden. Nach Schaffung und Einsatz aller vertraglich vereinbarten Hochwasserrückhaltungen am Oberrhein ist der Einsatz des gesteuerten Teils der geplanten Hochwasserrückhaltung während der winterlichen Vegetationspause zweimal im Jahrhundert und der Einsatz in der Vegetationsperiode nur einmal im Jahrhundert zu erwarten (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 1 "Zusammenfassende Erläuterungen“, Seite 21). Die gesteuerte Rückhaltung wird bei Rheinhochwassern eingesetzt, wenn ein Rheinabfluss am Pegel Worms von mehr als 5.300 m³/s erwartet wird. Die Flutung des gesteuerten Rückhalteraums erfolgt über das Ein-/Auslassbauwerk in zwei Stufen. Zu Beginn werden die beiden inneren Klappen abgesenkt und der Polder bis zu einem Wasserstand von 93,5 müNN gefüllt, was einem Speicherinhalt von knapp 1,5 Mio. m³ entspricht. Nach ca. 4 Stunden wird mit der Absenkung der zwei äußeren Klappen begonnen. Der Bemessungswasserstand für die gesteuerte Rückhaltung liegt bei 96,4 müNN.

15

Um den Verpflichtungen des Landes Rheinland-Pfalz für den Hochwasserschutz am Rhein Rechnung zu tragen, wurde in einem raumordnerischen Entscheid vom 20. November 1980 u.A. der Polderstandort Hördt (Hochwald Hördt) als mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung vereinbar ausgewiesen.

16

Der damals geplante Polderstandort Hochwald Hördt mit ca. 23 Mio. m³ Rückhaltevolumen stand unter dem Vorbehalt einer ergänzenden Umweltverträglichkeitsprüfung, da er nach dem Landesentwicklungsprogramm Wasserschongebiet ist und in einem Naturschutzgebiet liegt. Eine daraufhin im Jahre 1986 von der Planungsgruppe Ökologie und Umwelt, Hannover, erstellte „Ökologische Risikoanalyse und landschaftspflegerische Begleitplanung“ brachte kein positives Ergebnis, weshalb geeignete Ersatzstandorte gesucht und geprüft wurden. Aufgrund der Empfehlungen der Gutachterstudie „Ersatzstandort Polder Hördt“ aus dem Jahre 1990 und einer Untersuchung des damaligen Staatlichen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft Neustadt/Wstr. traf der Ministerrat im April 1992 eine Auswahl von Standorten, die in einem raumplanerischen Verfahren auf ihre Übereinstimmung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung überprüft werden sollten. Bei diesen Standorten handelte es sich um Flächen in den Gemarkungen von Wörth/Neupotz, Mechtersheim und Waldsee/Altrip/Neuhofen.

17

Anlässlich eines Raumordnungsverfahrens über die Errichtung von Hochwasserrückhalteräumen in der pfälzischen Rheinniederung südlich von Ludwigshafen am Rhein erklärte die damalige Bezirksregierung Rheinhessen – Pfalz, deren Rechtsnachfolgerin die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd − SGD Süd − ist, mit raumordnerischem Entscheid vom 30. Juni 1995 drei Hochwasserrückhaltungen in der pfälzischen Rheinniederung als mit den Zielen von Raumordnung und Landesplanung vereinbar, und zwar Wörth/Neupotz, Mechtersheim sowie Waldsee/Altrip/Neuhofen. Der Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen ist darin mit einem gesteuerten Rückhaltevolumen von ca. 8 Mio m³ vorgesehen.

18

Mit Schreiben vom 27. November 2000 bestätigte die SGD Süd - obere Landesplanungsbehörde - die weitere Gültigkeit des raumordnerischen Entscheids vom 30. Juni 1995; die Notwendigkeit der Durchführung eines erneuten Raumordnungsverfahrens für die Retentionsräume Mechtersheim und Waldsee/Altrip/Neuhofen wurde ausdrücklich verneint.

19

Nach den neuesten Plänen des Beklagten soll der Standort Hördter Rheinaue in das Hochwasserschutzkonzept des Landes Rheinland-Pfalz einbezogen werden (s. Landtags-Drucksache 15/1180) und nach der vorgesehenen sog. „Moderatoren-Variante“ künftig als zusätzlicher Reserveraum für Extremhochwässer zur Verfügung stehen; das hierfür erforderliche Raumordnungsverfahren wurde im November 2007 eingeleitet.

20

Das Gemeindegebiet der Berufungsklägerin zu 1) - der Gemeinde Altrip - grenzt im Osten unmittelbar an den Rhein. Die Gemeinde hat knapp 8000 Einwohner und betreibt mehrere öffentliche Einrichtungen (u.A. Rathaus, Altenheim, Regino-Zentrum, Maxschule, Bürgerhaus, Grundschule, Abwasserbeseitigungsanlagen). Im westlichen Teil ihres Gemarkungsbereichs liegt das über 500 Wochenendhäuser sowie mehrere hundert, zum Dauercamping genutzte Wohnwagen aufweisende Naherholungsgebiet „Blaue Adria“, das eine beträchtliche Wasserfläche umfasst, die sich auf fünf stehende Gewässer verteilt.

21

Bei Rheinhochwasser ist die Gemeinde Altrip häufig von Druckwasserproblemen betroffen. Insbesondere in den südöstlichen Teilen der Bebauung steht bei hohen Grundwasserständen Wasser in zahlreichen Kellern.

22

Das Niveau der Straßen in der Ortslage von Altrip liegt zwischen 92,9 müNN und 95,2 müNN. Der alte Ortskern liegt auf etwa 94 müNN. Die Gemeinde unterhält in der Ortslage ihr Wasserwerk mit zwei Tiefbrunnen, die seit dem 30. April 2007 nur noch der Notwasserversorgung dienen, da sie seitdem von den Technischen Werken Ludwigshafen (TWL) durch eine 4,7 km lange Verbundleitung von Ludwigshafen mit Trinkwasser versorgt wird. In der … Straße befindet sich auf der Höhe des Gemeindekindergartens die Grundwassermessstelle 1412, weitere Messstellen sind außerhalb der geschlossenen Bebauung vorhanden. Der Grundwasserpegel an der Messstelle 1412 liegt regelmäßig nicht über 90,0 müNN; in den Jahren 1986 - 1988 stieg er zeitweise auf mehr als 91,0 müNN an und nach einem Starkregenereignis im Sommer 1999 auf etwa 91,0 müNN. An der Messstelle 1243 I, die in der geplanten gesteuerten Rückhaltung liegt, pendelt der Grundwasserstand regelmäßig zwischen 89,7 müNN und 90,5 müNN. Die Wasserspiegelhöhe im Neuhofener Altrhein beträgt in der Regel 89,4 müNN; beim Hochwasser im Jahre 1988 stieg er auf gemessene 90,6 müNN und beim Starkregenereignis 1999 auf 90,9 müNN an. Der Neuhofener Altrhein bildet zudem die Vorflut für die Gräben E 1 bis E 5. An seinem nördlichen Ende befindet sich ein seit 1973 stillgelegtes Schöpfwerk, das bei einem Hochwasserereignis im Jahre 1999 noch einmal in Betrieb genommen wurde. Bei steigenden Wasserständen im Neuhofener Altrhein erfolgt ein Rückstau in die Gräben.

23

Im Jahr 2001 gab die Berufungsklägerin zu 1) eine Studie zur Machbarkeit einer Grundwasserhaltung zur Begrenzung des Grundwasseranstiegs bei Rheinhochwasser in Auftrag. Die Firma … GmbH, … - im Folgenden TGU - schlug in ihrer Machbarkeitsstudie vom August 2001 ein Stufenkonzept zur Verbesserung der Grundwassersituation in Altrip vor: Die Instandsetzung und Inbetriebnahme des Schöpfwerks am Neuhofener Altrhein, den zusätzlichen Ausbau und die Erweiterung eines Grabensystems, die Anordnung einer Dichtwand im Rheinhauptdeich sowie die Anordnung und der Betrieb von Hochwasserschutzbrunnen. Das vorgeschlagene Konzept wurde aber bisher nicht verwirklicht.

24

Für den Bereich südlich der an der Kreisstraße 13 gelegenen Rennbahn, der bis auf 650 m an die Hochwasserrückhaltung heranreicht, hat die Gemeinde Altrip im Oktober 2003 den Bebauungsplan „Gewerbegebiet II“ als Satzung beschlossen. Den Aufstellungsbeschluss hatte sie im Juni 2000 gefasst. In Nr. C 20 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist der Hinweis enthalten, dass sich das Plangebiet in der durch Deiche, Schöpfwerke und Hochwassermauern gegen Rheinhochwasser geschützten Rheinniederung befinde und es bei Versagen der Hochwasserschutzeinrichtungen zu Überflutungen kommen könne. Ein Schadensersatzanspruch sowie ein Anspruch auf Verstärkung oder Erhöhung der Hochwasserschutzanlagen bestünden nicht. In Nr. C 21 wird empfohlen, die Keller − falls vorgesehen − wasserdicht auszubilden bzw. auf eine Unterkellerung zu verzichten. Im September 2007 hat der Gemeinderat der Klägerin zu 1) ferner für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südlichen Ortsrand östlich der K 8 einen Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „… Straße“ gefasst.

25

Von der planfestgestellten Hochwasserrückhaltung sind 124 ha und damit ca. 12 % des Gemeindegebietes der Berufungsklägerin zu 1) betroffen. In ihrem Eigentum stehen u.A. das nördlich des geplanten Polders gelegene Grundstück Flur-Nr. … (R.) sowie die beiden unmittelbar an den vorgesehenen Altripsee angrenzenden Grundstücke Flur-Nrn. … (Wandererparkplatz) und … (Verkehrsbegleitfläche mit Ruhebänken), die vom planfestgestellten Vorhaben vorübergehend in Anspruch genommen werden sollen. Darüber hinaus ist die Gemeinde Eigentümerin der nördlich der Hochwasserrückhaltung liegenden Grundstücke Flur-Nrn. … (als Reitplatz verpachtet), … (Fahrweg), … und … (jeweils verpachtetes Ackerland) sowie der verpachteten Grundstücke Flur-Nr. … mit einer Größe von 129.321 m² und Flur-Nr. … mit einer Fläche von 75.560 m².

26

Bei der Berufungsklägerin zu 2) handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche die landwirtschaftliche Bewirtschaftung von Grundstücken in der Gemarkung Waldsee betreibt und dort auf ihren landwirtschaftlichen Flächen Obst und Gemüse anbaut. Das Wohngebäude der beiden Gesellschafter befindet sich in Waldsee, Am H. Weg …, etwa 400 m südlich der vorgesehenen gesteuerten Hochwasserrückhaltung. Die Gesellschafter sind u.A. Eigentümer von innerhalb des geplanten Polders gelegenen Acker- und Waldflächen. Dort haben sie zudem eine Vielzahl von Grundstücken gepachtet. Außerdem sind von dem planfestgestellten Vorhaben zahlreiche Eigentums- und Pachtflächen betroffen, die jeweils im nördlichen Grundstücksbereich als Fläche für die Herstellung des Deichs in Anspruch genommen werden sollen (hinsichtlich der betroffenen Eigentums- und Pachtflächen siehe im Einzelnen Blatt 428-436 der Gerichtsakte sowie die von der Klägerseite vorgelegten Flurkarten - Anlagen K 67 u. K 68).

27

Der Berufungskläger zu 3) ist Eigentümer des im Innenbereich von Altrip gelegenen Grundstücks Am … ( Flur-Nr. …), das mit einem von ihm bewohnten Wohnhaus bebaut ist. Die Entfernung zur vorgesehenen ungesteuerten Rückhaltung beträgt ca. 700 m. Daneben ist der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer zahlreicher Grundstücke im Naherholungsgebiet „Blaue Adria“ in Altrip, die als Campingplatzgelände genutzt werden.

28

Mit Schreiben vom 31. Januar 2002 beantragte das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die SGD Süd - Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz, - Neubaugruppe Hochwasserschutz Oberrhein -, bei der SGD Süd als obere Wasserbehörde die Feststellung des Plans für den Bau der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen .

29

Hierzu teilte die obere Landesplanungsbehörde des Beklagten mit Schriftsatz vom 14. März 2002 mit, obwohl das Planfeststellungsverfahren nicht mehr innerhalb der gesetzlich vorgesehenen 5-Jahres-Frist eingeleitet worden sei, seien derzeit keine Vorhaben und Planungen bekannt, die die Fortdauer des raumplanerischen Entscheids vom 30. Juni 1995 in Frage stellten. Die Notwendigkeit für die Durchführung eines erneuten Raumordnungsverfahrens sei nicht gegeben.

30

Im Laufe des Planfeststellungsverfahrens legte die von der SGD Süd mit grundwasserhydraulischen Untersuchungen beauftragte TGU Koblenz im Juli 2002 eine gutachterliche Stellungnahme zu dem Vorhaben vor. Letztere kam in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich bei Einsatz der ungesteuerten Hochwasserrückhaltung die Auswirkungen auf das Grundwasser mit den Schöpfwerken „Altrip“ und „Auf der Au“ vollständig kompensieren ließen. Dies gelte größtenteils auch unter den durchgeführten „Worst-Case“-Szenarien. Bei Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung kompensierten die vorgesehenen Anpassungsmaßnahmen die Grundwasserstandsänderungen im Hinblick auf die Ortslagen Waldsee, Altrip und Neuhofen. Bereichsweise verbessere sich die Situation in den Ortslagen. Am Aussiedlerhof „Am …“ sei bei Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung und einer höheren Durchlässigkeit der Deckschichten in der gesteuerten Hochwasserrückhaltung mit maximalen Grundwasserständen im Bereich der Kellersohle zu rechnen. Die Regelung der Wasserstände im Neuhofener Altrhein, im Wolfgangsee/Schlicht, in der Geländemulde Waldsee, im Altripsee und Schulgutweiher erforderten Pumpmaßnahmen. Unter Beachtung der Sensitivitätsanalyse betrage die erforderliche Förderrate des Schöpfwerks am Neuhofener Altrhein 2.400 l/s, die des neu zu bauenden Schöpfwerks am Altripsee 1.100 l/s und des Schöpfwerks „Auf der Au“ 820 l/s. Für die innerhalb des Untersuchungsgebiets gelegenen Trinkwassergewinnungen der Gemeinde Altrip und des Zweckverbandes für Wasserversorgung „Pfälzische Mittelrheingruppe“ seien keine Auswirkungen zu erwarten.

31

Im Januar 2002 reichte die SGD Süd, Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz, Neubaugruppe Hochwasserschutz Oberrhein, Speyer, eine Umweltverträglichkeitsstudie zu dem geplanten Vorhaben ein (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 1 B). Ferner wurde ein landespflegerischer Planungsbeitrag (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 3.2) sowie eine Natura-2000-Verträglichkeitsstudie bezogen auf den nördlich an die Hochwasserrückhaltung angrenzenden Teil des gemeldeten EU-Vogelschutzgebiets „Neuhofener Altrhein mit Prinz Karl Wörth“ vorgelegt (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 3.5).

32

Die öffentliche Bekanntmachung über die Offenlegung der „maßgebenden Unterlagen (Plan)“ erfolgte im Amtsblatt der Verbandsgemeinde Waldsee am 30. August 2002, im Amtsblatt der Gemeinde Altrip am 29. August 2002 und im Amtsblatt der Gemeinde Neuhofen ebenfalls am 29. August 2002. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis spätestens 16. Oktober 2002 bei der SGD Süd oder den jeweiligen Gemeindeverwaltungen erhoben werden könnten und nach Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten. Die Auslegung des Plans mit den Zeichnungen und Erläuterungen erfolgte bei der Verbandsgemeindeverwaltung Waldsee und in den Gemeindeverwaltungen Altrip und Neuhofen jeweils in der Zeit vom 2. September 2002 bis 2. Oktober 2002.

33

Die Berufungsklägerin zu 1) erhob mit Schreiben vom 16. Oktober 2002 Einwendungen gegen das geplante Vorhaben. Hierzu machte sie u.A. geltend, das vorgesehene Rückhaltevolumen sei nicht erforderlich, da ohne den Polderstandort Waldsee/Altrip/Neuhofen noch 47 Mio. m³ Rückhaltevolumen zur Verfügung stünden, also mehr als staatsvertraglich vereinbart. Durch das Vorhaben sei landwirtschaftlicher Vertragsanbau nicht mehr möglich. Für die Einfassung der gesteuerten Rückhaltung gingen 16 % bisheriger landwirtschaftlicher Fläche verloren. Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erfolgt. Bei den Planungen fehlten Untersuchungen von Alternativstandorten (Ufer-Taschenpolder). Die hohe Durchlässigkeit der Sand- und Kiesböden erhöhe das Grund- und Druckwasser. Dadurch und durch das Heranrücken des Rheins und die damit erhebliche Verkürzung der Reaktionszeit bei einem Deichbruch ergebe sich ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für Altrip. Die Maßnahme führe auch zu Wertminderungen für Grundstücke und Gebäude in der Gemarkung Altrip einschließlich der gemeindlichen Liegenschaften. Stark- und Dauerregen, der mit zeitlicher Verzögerung den Grundwasserstand zusätzlich belaste, sei in den Modellrechnungen der TGU nicht berücksichtigt. Die nachteiligen Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet und die Naturschutzgebiete in der Gemarkung Altrip seien unzureichend berücksichtigt worden. Im Überflutungsfall sei ein Schaden an Leib und Leben der Bürger zu befürchten. Die Trinkwassergewinnung durch das Altriper Wasserwerk werde durch die Erhöhung des Grundwasserspiegels gefährdet. Das Risiko bei einem Deichbruch sei unzumutbar hoch. Bei einer Polderflutung sei kein gesicherten Fluchtweg gegeben, da der Fluchtweg nach Rheingönheim (der einzige bei Polderflutung) auf dem alten Deich verlaufe und dieser in der Vergangenheit aufgrund des Rückstaus des Rehbachs gesperrt gewesen sei. Der geplante Polderdeich zerschneide das vorhandene Wegesystem fast vollständig, so dass ein ordnungsgemäßes Überqueren des Deiches in Richtung Neuhofener Altrhein nicht mehr möglich sei. Durch die geplante Hochwasserrückhaltung werde das Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde verletzt; das Vorhaben präge das Ortsbild und das Landschaftsbild entscheidend und wirke nachteilig auf das Gemeindegebiet und die Gemeinde selbst ein. Ferner seien negative Auswirkungen auf die geplante Erweiterung des Gewerbegebietes und der sich dort künftig ansiedelnden Betriebe zu befürchten, insbesondere durch die Grundwassersituation. Die hydrologischen Untersuchungen hätten sich nicht mit der Problematik auseinandergesetzt, wie durch zusätzlichen Wasseranfall die unterirdischen Grundwasserströme verschoben würden. Es sei zu befürchten, dass gemeindliches Eigentum (Rathaus, Regino-Zentrum, Max-Schule, Bürgerhaus, Grundschule und Abwasserpumpwerke) durch Nassfallen von Kellern erheblichen Schaden erleiden werde. Die Auswirkungen der geplanten Hochwasserrückhaltung auf die gemeindliche Kanalisation und die Straßen, insbesondere deren Beschädigungen bei Flutung der Hochwasserrückhaltung, seien nicht berücksichtigt worden.

34

Die Berufungsklägerin zu 2) wies in ihrem Einwendungsschreiben vom 8. Oktober 2002 auf ihren landwirtschaftlichen Betrieb und darauf hin, dass ein Teil der bewirtschafteten Fläche durch den Bau des Dammes unnutzbar werde (ca. 4 ha). Ein weiterer Teil werde beim Fluten der gesteuerten Hochwasserrückhaltung in kürzester Zeit durch Druckwasser auf ungewisse Zeit unbrauchbar. Beim Fluten würden ca. 60 % ihrer Fläche unbrauchbar. Sie befürchte die Vernässung ihrer insgesamt 400 m² großen fünf Halbkellerwohnungen, die sie zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage vermietet habe und ihr als zusätzliche Altersversorgung dienen sollten. Die betroffenen Häuser lägen nicht einmal 400 m von der Hochwasserrückhaltung entfernt.

35

Der Berufungskläger zu 3) erhob mit Schreiben vom 18. September 2002 und mit anwaltlichem Einwendungsschriftsatz vom 16. Oktober 2002 u.A. folgende Einwendungen: Durch die geplante Maßnahme sei ein Anstieg des Druckwassers zu befürchten. Der ungesteuerte Polder liege nur ca. 750 m bis 800 m von seinem Haus entfernt; durch den Polderbau werde die Vernässung noch mehr ansteigen. Bei einer Polderflutung würde sein Keller mindestens 0,50 m unter Wasser stehen. Es bestehe auch das Risiko eines Deichbruches. In diesem Fall stünden die Fluchtwege nicht mehr zur Verfügung. Der raumplanerische Entscheid vom 30. Juni 1995 könne nicht als raumplanerische Grundlage für das Planfeststellungsverfahren angesehen werden, da er auf der Vorgabe basiere, dass für den Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen nur eine gesteuerte Rückhaltung vorgesehen sei, nicht jedoch auch eine ungesteuerte. Im Übrigen sei ein erneuter raumplanerischer Entscheid erforderlich, weil die darin festgesetzte Fünf-Jahres-Frist nicht eingehalten worden sei. Gegen die geplante Hochwasserrückhaltung sei weiter der Einwand fehlender Erforderlichkeit zu erheben. Bei den Planungen fehlten Untersuchungen von Alternativstandorten. Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei lediglich auf beplanten Flächen beschränkt; eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung, die die Auswirkungen auch großräumig untersuche, sei nicht erfolgt. Die nachteiligen Auswirkungen auf überregional bedeutsame Naturschutzgebiete seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Seine Wohnumwelt werde zerstört, die ihm u.A. als Erholungsraum diene. Die grundwasserhydraulischen Untersuchungen seien zu beanstanden und müssten neu vorgenommen werden. In ihnen sei nicht berücksichtigt worden, dass in besonders vorbelasteten Gemeinden wie Altrip schon ein relativ geringer Anstieg der Grundwasserstände in den bebauten Ortslagen schädliche Folgen auslösen könne, so dass trotz der vorgelegten Untersuchungen eine Gefährdung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Dies gelte umso mehr, als rechnerisch erstellte Prognosen keine Nachweise, sondern bloße Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen seien. Insoweit sehe er sein in der Gemeinde Altrip befindliches Grundeigentum bedroht. Er mache eine Verletzung seines Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG, seines Rechts auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, seines Rechts auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG und seines Rechts auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geltend.

36

Im März 2003 legte das von Prof. Dr. K. geleitete Institut für Hydromechanik und Wasserwirtschaft der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) die von der SGD Süd in Auftrag gegebene Prüfung des von der TGU erstellten Grundwassermodells vor. Darin kamen Prof. Dr. K., Dipl. Umwelt-Naturwissenschaftler B. und Dipl. Ing. Z. zu dem Schluss, dass die Grundwasserhöhen in der Umgebung des Polders in ausreichender Genauigkeit prognostiziert worden seien. Bei der Bestimmung des maximalen Wasserandrangs in die Drainagen und Seen sei die Modellgenauigkeit deutlich geringer als bei den Piezometerhöhen (= Grundwasserstand). Die Zuflussraten könnten mit den Modellen nicht genau bestimmt werden. Letztlich werde erst das Monitoring nach Bau des Polders Sicherheit über die Raten bringen. Die Aufhöhung von Grundwasserständen und der Wasserandrang zu den Schöpfwerken müsse konservativ abgeschätzt werden. Bei Aussagen zur Hochwassergefährdung von einzelnen Gebäuden werde das Modell eindeutig überbeansprucht. Man könne aus der Übereinstimmung des Grundwasserstands in einer Modellzelle mit der Höhe der Sauberkeitsschicht eines Gebäudes nicht folgern, dass für das Gebäude keine Gefahr bestehe. Es sei zu bedenken, dass der Grundwasserspiegel eine Prognoseunsicherheit von sicher nicht weniger als 0,5 m aufweise und dass der errechnete Wasserstand einen Mittelwert darstelle. Eine Sicherheit von 0,5 m sei mindestens erforderlich. Alle Bereiche um den Polder, die nicht an Ausgleichsmaßnahmen angeschlossen seien, würden gegenüber dem Bezugszustand auch bei Funktionieren der geplanten Ausgleichsmaßnahmen eine Aufhöhung der Grundwasserstände erfahren.

37

Die Prüfgutachter gaben die Empfehlung, die Kalibrierung des instationären Modells zu verbessern und die Sensitivitätsanalyse zu korrigieren. Das Schöpfwerk Schleuse liege in seiner Dimensionierung nicht zweifelsfrei auf der sicheren Seite. Es solle alles getan werden, um den Grundwasserandrang zum Neuhofener Altrhein zu vermindern.

38

Am 4. Dezember 2003 gab Dr. Ing. S. von der TGU zu dem Prüfbericht der ETH Zürich vom 17. März 2003 gegenüber der SGD Süd eine Stellungnahme ab. Dr. Ing. S. führte aus, auf der Grundlage der Empfehlungen der ETH Zürich sei eine Neukalibrierung des Modells auf der Grundlage des Basisfalls vorgenommen worden. Dabei sei der Ausgangswasserstand des Neuhofener Altrheins auf 90,5 müNN erhöht worden, was dem Maximalwert des Hochwassers 1988 entspreche. Ohne Einrechnung der wasserwirtschaftlichen Anpassungsmaßnahmen steige der Wasserstand im Neuhofener Altrhein bei Einsatz der ungesteuerten und gesteuerten Rückhaltung extrem an. Wasserstände über 90,5 müNN im Neuhofener Altrhein führten aber voraussichtlich zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit des Auslaufs an der Schlicht durch Rückstau. Um diese Problematik zu vermeiden, könne man entweder die Leistungsfähigkeit des Schöpfwerks am Neuhofener Altrhein erhöhen, um die Absenkung des Altrheins zu beschleunigen oder dieses Schöpfwerk früher zum Einsatz bringen bzw. es dauerhaft betreiben.

39

Hierzu nahmen Prof. Dr. K., Dipl. Umwelt-Naturwissenschaftler B. und Dipl. Ing. Z. von der ETH Zürich mit Schreiben vom 16. Februar 2004 Stellung. Die Prüfgutachter sind darin der Auffassung, dass die Modelleichung „Basisfall“ nicht eindeutig sei. Was den Leakage-Faktor der ungesteuerten und gesteuerten Hochwasserrückhaltung angehe, sei unklar, ob der jetzt verwendete Wert wirklich eine Obergrenze darstelle, da keinerlei Messungen vorlägen. Die Wasserstände des Bezugszustandes an der Schlicht bzw. am Schulgutweiher würden zeitweise überschritten. Gehe man vom Bemessungshochwasser und einem maximalen Wasserstand des Neuhofener Altrheins von 90,9 müNN vor Beginn der Wasserstandsregulierung aus, müsse die Pumpleistung verdoppelt werden, um den Wasserspiegel innerhalb von 24 Stunden auf den für die Funktion von Graben E 7 erforderlichen Wasserstand von 90,5 müNN abzusenken.

40

Die SGD Süd holte im Laufe des Verwaltungsverfahrens u.A. auch ein Gutachten zu der Frage der Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs der Berufungsklägerin zu 2) ein. In seinem Gutachten vom 30. März 2005 kam der von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz als Sachverständiger für Betriebsbewertung, Entschädigungsfragen und Grundstücksbewertung vereidigte Prof. Dr. M. zu dem Schluss, der Betrieb der Berufungsklägerin zu 2) werde infolge des Flächenentzugs in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet.

41

Nachdem ein Erörterungstermin bereits im Mai 2003 durchgeführt worden war, wurde der Plan für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen durch Beschluss der SGD Süd vom 20. Juni 2006 festgestellt.

42

Der Planfeststellungsbeschluss enthält zahlreiche Auflagen und ordnet zudem Beweissicherungsmaßnahmen an.

43

Im Abschnitt III finden sich u.A. folgende Nebenbestimmungen:

44

Nr. 3:

45

Alle baulichen Anlagen (§ 2 LBauO) sind entsprechend den anerkannten Regeln der Technik zu errichten. Beim Bau und Betrieb der Anlagen sind die einschlägigen Deutschen Industrienormen (DIN), insbesondere DIN 1184, 19700, 19712 und die sonstigen Technischen Vorschriften, insbesondere die DVWK- Merkblätter 202, 210 und 249 zu beachten.

46

Nr. 5:

47

Für die im Entwurf vorgesehenen baulichen Anlagen (siehe § 2 LBauO) ist der statische Nachweis bezüglich der Standsicherheit und des Auftriebs zu führen. Die dafür erforderlichen Berechnungen und Zeichnungen müssen vor der Bauausführung durch einen staatlich zugelassenen Prüfingenieur für Baustatik geprüft werden. Mit der Abnahme der Stahlbewehrung der statisch geprüften Bauteile ist der Prüfingenieur oder ein geeigneter Fachingenieur zu beauftragen.

48

Nr. 6:

49

Für den Deich ist ebenfalls der statische bzw. erdstatische Nachweis bezüglich der Standsicherheit und des Auftriebs zu führen. Die dafür erforderlichen Berechnungen und Zeichnungen müssen vor der Bauausführung durch einen qualifizierten Ingenieur für Erdbau/Bodenmechanik geprüft werden, wobei der prüfende Ingenieur nicht mit dem aufstellenden Ingenieur identisch sein darf. Mit der Überwachung ist ein qualifiziertes Büro für Grundbau/Bodenmechanik zu beauftragen.

50

Nr. 11:

51

Nach jeder Flutung ist unverzüglich

52

- die Funktionsfähigkeit des Ein-/Auslaufbauwerks zu kontrollieren

- die Funktion des Siels zu kontrollieren

- der gesteuerte Retentionsraum von Treibgut und Unrat zu räumen

- das Wege- und Entwässerungsnetz erforderlichenfalls wiederherzustellen.

53

Nr. 12:

54

Nach jeder Flutung ist durch ein Gutachten eines von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Umfang der Schäden an den landwirtschaftlichen Flächen und Kulturen sowie evtl. entstehende Folgeschäden, z.B. aus Vertragsanbau zu ermitteln und zu entschädigen.

55

Nr. 13:

56

Beim Bau und Betrieb der Anlagen zur Wasserstandsregulierungen ist zu beachten:

57

Nr. 13.1:

58

Die zu installierenden Leistungen werden wie folgt festgesetzt:

59

Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“: 4,8 m³/s

Schöpfwerk “Altrip”: 2,0 m³/s

Schöpfwerk “Auf der Au”: 2,4 m³/s

Pumpwerk „Geländemulde Waldsee“ 45 l/s

bei einem Wasserstand im Rhein entsprechend BHW.

60

Nr. 13.2:

61

Die zu haltenden Wasserspiegel werden wie folgt festgesetzt:

62

bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums

Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“: 89,40 müNN

Schöpfwerk „Altrip“: 88,30 müNN

Schöpfwerk „Auf der Au“: 91,50 müNN

Pumpwerk „Geländemulde Waldsee“: 91,40 müNN

Baggersee „Schlicht“: 91,35 müNN

63

bei Überflutung des ungesteuerten Retentionsraums:

Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“: kein Betrieb

Pumpwerk „Geländemulde Waldsee“: kein Betrieb

Schöpfwerk „Altrip“: 89,50 müNN

Schöpfwerk „Auf der Au“: 91,50 müNN

Baggersee „Schlicht“: Auslauf geschlossen

64

Nr. 13.3:

65

Es ist zu überprüfen, ob das vorhandene Schöpfwerk am Neuhofener Altrhein in seiner Leistung auf 4,8 m³/s verstärkt werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, ist ein neues Schöpfwerk am Neuhofener Altrhein zu errichten. Die hydraulische Leistungsfähigkeit des Zulaufs zum Schöpfwerk ist zu gewährleisten.

66

Nr. 13.4:

67

Die Schöpfwerke sind mindestens 24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung in Betrieb zu nehmen, falls die vorgenannten zu haltenden Wasserspiegel überschritten sind. Das Schöpfwerk Neuhofener Altrhein ist dabei mit seiner gesamten Leistung zu betreiben, um den Wasserspiegel im Altrhein so schnell wie möglich abzusenken und dadurch die Entwässerung der Schlicht zu verbessern.

68

Nr. 13.5:

69

Das Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“ und das Pumpwerk der “Geländemulde Waldsee“ dürfen nur bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums betrieben werden; der Auslauf des „Baggersees Schlicht“ darf nur bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums geöffnet werden. Die Schöpfwerke „Altrip“ und „Auf der Au“ sind bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums und bei Überflutung des ungesteuerten Retentionsraumes einzusetzen.

70

Nr. 20:

71

In der Umgebung der im Außenbereich gelegenen Höfe R., R., R., Aussiedlerhof am H. und des Pumpwerks Neuhofen des Beregnungsverbandes wird es trotz der vorgesehenen Anpassungsmaßnahmen zu einem Anstieg der Grundwasserstände kommen. Für die v.g. Objekte sind deshalb lokale Maßnahmen zur Haltung des Grundwasserspiegels mindestens 50 cm unter der jeweiligen Bauwerkssohle oder andere gleichwertige Maßnahmen vorzusehen.

72

Die Pläne dieser Maßnahmen nebst Wirkungsnachweisen sind der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Zustimmung vorzulegen. Die Anpassungsmaßnahmen sind spätestens mit der Hochwasserrückhaltung fertig zu stellen.

73

Nr. 22:

74

Nach Fertigstellung und wasserbehördlicher Abnahme der Hochwasserrückhaltung gem. § 95 LWG ist bei geeigneter Hochwasserführung des Rheins eine Probeflutung vorzunehmen, um die aufgrund der Modellberechnungen des Grundwassergutachtens errichteten und bemessenen Anpassungsmaßnahmen auf ihre Eignung zu überprüfen. Mit der Dokumentation der Probeflutung und der daraus resultierenden Veränderungen des Grundwasserspiegels, der Ermittlung der abgeleiteten Wassermengen, mit der Auswertung der Ergebnisse, deren Abgleich mit dem Grundwassermodell und einem Testat der Eignung oder Nicht-Eignung der Anpassungsmaßnahmen ist eine geeignete Universität/Hochschule zu beauftragen, welche bislang nicht bei der Planung oder Prüfung der Maßnahme beteiligt war. Das Konzept der Universität/Hochschule für die Probeflutung ist der Planfeststellungsbehörde vor der wasserbehördlichen Abnahme gem. § 95 LWG zur Zustimmung vorzulegen.

75

Sollte die Probeflutung zeigen, dass die Anpassungsmaßnahmen nicht ausreichen, so bleiben Auflagen hinsichtlich einer Verstärkung oder Erweiterung der planfestgestellten Anpassungsmaßnahmen oder zusätzlicher Maßnahmen, z.B. zur Verbesserung der Entwässerung der Schlicht ausdrücklich vorbehalten.

76

Nr. 23:

77

Die Beweissicherung hat vorläufig entsprechend dem Vorschlag im Grundwassergutachten (Anlage 9.1, S.58 Nr. 9.1.7 inklusive Monitoring sowie Anlage 9.6.1) zu erfolgen. Sollte die Probeflutung zeigen, dass der Bedarf an der Erfassung zusätzlicher oder anderer Daten/Messstellen besteht, so bleiben diesbezügliche Auflagen vorbehalten.

78

Mit der Beweissicherung ist unverzüglich zu beginnen, um noch möglichst viele Daten über die Verhältnisse vor Beginn der Baumaßnahme zu sammeln.

79

Die Daten sind auszuwerten und aufzubewahren. Sollte die Auswertung zeigen, dass die Anpassungsmaßnahmen nicht ausreichen, um Nachteile für die umliegende Bebauung zu verhindern, so bleiben Auflagen hinsichtlich ergänzender Anpassungsmaßnahmen ausdrücklich vorbehalten.

80

Nr. 24:

81

Auf Basis der im Rahmen der Prüfung des Grundwassergutachtens durchgeführten erweiterten Sensitivitätsuntersuchung ist eine Karte zu erstellen, welche die Flächen ausweist, die als Folge der Flutung des gesteuerten Retentionsraumes vernässen oder bei denen der Grundwasserspiegel höher als 1,5 m unter Geländeoberkante ansteigt. Diese Flächen sind zusätzlich in einer Flurkarte 1:5.000 mit Flurstücksnummern kenntlich zu machen. Dabei sind nur in Teilbereichen betroffene Grundstücke als vollständig betroffen anzusehen und darzustellen. Diese Karten sind der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn vorzulegen.

82

Es ist davon auszugehen, dass die in dieser Karte ausgewiesenen Flächen als Folge einer Flutung so vernässen, dass es bei landwirtschaftlicher Nutzung zu Ernteausfällen kommen kann. Die Bewirtschafter dieser Flächen sind deshalb im Flutungsfall für alle landwirtschaftlichen Ertragsverluste zu entschädigen; auf die Nebenbestimmung III.12 wird entsprechend verwiesen.

83

Nr. 29:

84

Die Planung und Bauausführung der K 13 ist rechtzeitig vor Baubeginn mit dem Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz -Straßen- und Verkehrsamt Speyer, St. Guido-Straße 17, 67346 Speyer, abzustimmen. Mit der Bauausführung darf erst nach Freigabe der Ausführungsplanung durch den vorgenannten Landesbetrieb begonnen werden.

85

Nr. 38:

86

Die nachträgliche Änderung oder Festsetzung von Nebenbestimmungen bleibt im öffentlichen Interesse vorbehalten.

87

Unter Abschnitt IV des Planfeststellungsbeschlusses heißt es weiter, dass die gegen das Planvorhaben erhobenen Einwendungen zurückgewiesen und die Anträge im Erörterungstermin abgewiesen wurden, soweit ihnen nicht durch die Festsetzung von Nebenbestimmungen in diesem Bescheid Rechnung getragen worden sei. Die Einwendungen der betroffenen Bürger und Gemeinden, darunter diejenigen der Kläger, wurden unter Abschnitt VI. Nr. 6. „Stellungnahmen, Einwendungen und Anträge“ thematisch gegliedert, zusammengefasst und jeweils mit einheitlicher Begründung zurückgewiesen.

88

Hiergegen haben u.A. die Berufungskläger zu 1) bis 3) am 21. Juli 2006 fristgerecht Klage zum Verwaltungsgericht erhoben, mit der sie unter Vorlage mehrerer hydrogeologischer Stellungnahmen von Prof. Dr. H. (Hydrosond) sowie weiterer naturschutz- und artenschutzrechtlichen Bewertungen des Büros Dipl.-Ing. (FH) H. (pro bios) neben Rügen bezüglich der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie natur- und artenschutzrechtlicher Belange im Wesentlichen vorgetragen haben:

89

Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss sei wegen seiner inhaltlichen Widersprüchlichkeit nicht hinreichend bestimmt und damit rechtswidrig. Insbesondere bestehe eine besondere gravierende Widersprüchlichkeit hinsichtlich der Nebenbestimmungen Abschnitt III. Nr. 13.4 und Nr. 13.5. Dies führe dazu, dass der Einsatz der Schöpfwerke im Planfeststellungsbeschluss nicht eindeutig geregelt sei. Auch die Umweltverträglichkeitsprüfung sei unzureichend gewesen. Hierauf könnten sie sich als absolutes Verfahrensrecht berufen. Zudem fehle dem Vorhaben die Planrechtfertigung, da bereits jetzt schon mehr als die im Verwaltungsabkommen vereinbarten Hochwasserrückhalträume mit insgesamt etwa 44.000.000 cbm Fassungsvermögen errichtet worden seien. Das bisherige Poldervolumen übersteige schon jetzt den Umfang der staatsvertraglichen Verpflichtungen. Darüber hinaus sehe der raumordnerische Entscheid vom 30. Juni 1995 lediglich ein Volumen für den Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen von 8.000.000 cbm vor, während jetzt ein Volumen von 9.000.000 cbm planfestgestellt worden sei.

90

Es lägen auch zwingende Versagungsgründe wegen der Ungeeignetheit des Untergrunds und der Bodenbeschaffenheit sowie der daraus resultierenden Gefährdung für die Bewohner vor. Insbesondere sei zu rügen, dass die Durchlässigkeit der Deckschichten in weiten Teilbereichen wesentlich höher liegen würden, als von der TGU angenommen. Dadurch ergebe sich ein überhöhter Zufluss zum Schöpfwerk am Neuhofener Altrhein, der mit der planfestgestellten Pumpkapazität nicht mehr beherrschbar sei, was wiederum zu Überflutungen und Vernässungen führe. Daran könne auch nichts die Verdoppelung der Schöpfwerkskapazitäten ändern. Im Übrigen weise das dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Grundwassermodell erhebliche Defizite auf, so insbesondere eine Überparametrisierung des Modells, eine nicht korrekte Sensitivitätsanalyse, eine fehlende Validierung und eine Vernachlässigung der Einzelobjekte. Eine korrekte Wiedergabe und Prognose der nach Verwirklichung und bei Einsatz des Polders eintretenden Verhältnisse sei daher nicht möglich. Ferner sei das Worst-Case-Szenario überhaupt nicht in die Erwägungen mit einbezogen worden. Das mögliche zeitliche Zusammentreffen eines Starkregenereignisses oder sogar eines Extremereignisses mit einem überregionalen Hochwasser und der folgenden Flutung des Polders seien nirgends bewertet worden. Ein solches Zusammentreffen von überregionalem Hochwasser und lokalen Hochwasserständen stelle jedoch den Normalfall für die Inanspruchnahme des Polders dar. Darüber hinaus kämen extreme Niederschläge in der Rheinebene relativ häufig vor, sodass ein Zusammentreffen mit einem extremen Hochwasserereignis von größter Wahrscheinlichkeit sei. Auch die Gefahr eines Deichbruches sei nur unzureichend bewertet worden.

91

Der Planfeststellungsbeschluss verletze das Gebot der Konfliktbewältigung, da er insbesondere die Planung, das für die im Außenbereich gelegenen Höfe − vor allem des Aussiedlerhofs „Am H.“ − lokale Maßnahmen zur Erhaltung des Grundwasserspiegels mindestens 50 cm unter der jeweiligen Bauwerksohle oder andere gleichwertige Maßnahmen vorzusehen seien, auf nachfolgende Verfahren abwälze. Der Planfeststellungsbeschluss lasse dabei die entscheidende Frage, ob überhaupt die Möglichkeit bestehe, für die genannten Objekte durch lokale Maßnahmen den Grundwasserspiegel jeweils 50 cm unter der jeweiligen Bauwerksohle zu halten, offen. Die Anordnung einer Probeflutung sei Ausdruck der Unzulänglichkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Ohne Berücksichtigung der örtlichen Detailverhältnisse müsse die Bewertung der Folgen einer Probeflutung als nicht überschaubar eingestuft werden. Der Detailliertheitsgrad der durchgeführten Untersuchungen sei völlig unzureichend. Der Einsatz eines auf großräumigen Untersuchungen bestimmten Mittelwertes werde dem erforderlichen Detailliertheitsgrad nicht gerecht. Ferner habe der Beklagte die Machbarkeit der Vorabsenkung nicht nachgewiesen.

92

Im Hinblick auf die naturschutzrechtlichen Aspekte seien die Bestandserhebungen sowie die Ausgangsdatenlage unzureichend und ungenügend. Darüber hinaus verkenne der Planfeststellungsbeschluss die unter nationalem Schutz stehenden Naturschutzgebiete „Neuhofener Altrhein“ und „Horreninsel“. Auch der Artenschutz sei unzureichend berücksichtigt worden, da der Polderbau die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 BNatSchG verwirkliche. Der Planfeststellungs-beschluss habe sich aufdrängende Planungsalternativen und Standortalternativen nur unzureichend geprüft. Ihm lägen demnach diesbezüglich Abwägungsdefizite zugrunde. Insbesondere seien die deutlichen Vorzüge des Standortes Hördt verkannt worden. Auch der abwägungsrelevante Faktor der Existenzgefährdung für landwirtschaftliche Betriebe sei nur unzureichend in die Abwägung mit einbezogen und daher falsch gewichtet worden. Unter Berücksichtigung dessen hätte die Gesamtabwägung, obwohl dem Hochwasserschutz ein hoher Stellenwert einzuräumen sei, zu einem Verzicht der Maßnahme am Standort Waldsee/Altrip/Neuhofen führen müssen. Angesichts dieser Abwägungsmängel komme eine Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren nicht in Betracht. Hilfsweise hätten sie im Hinblick auf weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Hoch- und Druckwasser sowie von Vernässungen einen Anspruch auf Neubescheidung.

93

Die Berufungskläger haben beantragt,

94

den Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom 20.Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 aufzuheben,

95

hilfsweise,

96

festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom 20. Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf,

97

höchst hilfsweise,

98

den Beklagten zu verpflichten, über die erforderlichen weitergehenden Maßnahmen zur hinreichenden Reduzierung der Druckwasserproblematik und/oder andere geeignete Auflagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

99

Der Beklagte hat beantragt,

100

die Klagen abzuweisen.

101

Zur Begründung hat er zunächst darauf hingewiesen, dass die Kläger nur Einwendungen geltend machen könnten, aus denen sich ergebe, dass sie in eigenen Rechten verletzt seien. Im Übrigen seien sie auch mit vielen Einwendungen präkludiert. Dies gelte insbesondere auch für die naturschutzrechtlichen Rügen der Berufungsklägerin zu 2). Darüber hinaus enthalte der Planfeststellungsbeschluss auch keine Abwägungsfehler. Die hydrogeologischen Annahmen der TGU, die von Prüfgutachtern (ETH Zürich) überprüft worden seien, seien nicht zu beanstanden. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung liege nicht vor. Nach § 10 Abs. 1 WHG sei es gerechtfertigt, die Entscheidung über die festzusetzenden Auflagen und Entschädigungen einem späteren Verfahren vorzubehalten. Zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung sei nämlich unklar gewesen, in welchem Maße nachteilige Wirkungen durch das Vorhaben für die Einzelgehöfte eintreten würden und ob konkretere Auflagen aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit vertretbar seien. Die Auflage der Probeflutung biete eine zusätzliche Sicherheit. Sie sei nicht vorgesehen, weil die Problematik des Grundwasseranstiegs und Grundwasserandrangs völlig unzureichend behandelt worden sei, sondern weil dadurch im Hinblick auf die bei jedem Modell bestehende Unsicherheit eine weitere Überprüfung stattfinden könne. Entgegen der Behauptung der Kläger liege dem Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Standortalternativenprüfung kein Abwägungsdefizit zugrunde. Was den Standort „Polder Hördt“ anbetreffe, seien sämtliche Kläger präkludiert. Ungeachtet dessen stelle eine Hochwasserrückhaltung im Raum Hördt keine Alternative zur Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen dar, da sie nur als zusätzliche Hochwasserschutzmaßnahme im Rahmen der Hochwasserschutzkonzeption des Landes Rheinland-Pfalz in Frage kommt und sich aufgrund der naturschutzfachlichen Gegebenheit gerade nicht gegenüber der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen aufdränge.

102

Während des anhängigen Gerichtsverfahrens ergänzte die SGD Süd im Oktober 2007 ihre Untersuchungen um eine neue Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (s. Blatt 568 der Gerichtsakte) sowie eine artenschutzrechtliche Verträglichkeits-studie (s. Blatt 624 der Gerichtsakte).

103

In den mündlichen Verhandlungen des Verwaltungsgerichts vom 14. und 16. November 2007 sowie 10. Dezember 2007 hat der Beklagte drei Prozesserklärungen abgegeben, durch welche die unter Abschnitt III. des Planfeststellungsbeschlusses aufgeführten Nebenbestimmungen Nr. 13.4. und Nr. 24. inhaltlich modifiziert worden sind.

104

Nr. 13.4. lautet nunmehr wie folgt:

105

Die Schöpfwerke sind mindestens 24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hoch-wasserrückhaltung in Betrieb zu nehmen, falls die vorgenannten zu haltenden Wasserspiegel überschritten sind. Das Schöpfwerk Neuhofener Altrhein ist dabei mit seiner gesamten Leistung zu betreiben, um den Wasserspiegel im Altrhein so schnell wie möglich abzusenken und dadurch die Entwässerung der Schlicht zu verbessern. Eine Flutung der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen darf nur dann erfolgen, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90,00 müNN nicht überschritten ist.

106

Der zweite Absatz der Nr. 24. lautet:

107

Es ist davon auszugehen, dass die in dieser Karte ausgewiesenen Flächen als Folge einer Flutung so vernässen, dass es bei landwirtschaftlicher Nutzung zu Ernteausfällen kommen kann. Die Bewirtschafter dieser Flächen sind deshalb im Flutungsfall für alle landwirtschaftlichen Ertragsverluste zu entschädigen; auf die Nebenbestimmung III.12 wird entsprechend verwiesen. Diese Vorschrift ist auch für den Betrieb „R.“ anzuwenden.

108

Folgender Absatz ist in der Nr. 24 angefügt worden:

109

Im Rahmen der Ausführungsplanung ist jeweils eine Zufahrtsmöglichkeit für landwirtschaftliche Fahrzeuge aus Richtung Waldsee und aus Richtung Altrip (in Höhe der Jägerwiese) für die in der Hochwasserrückhaltung liegenden landwirtschaftlichen Flächen vorzusehen. Die genaue Lage ist mit der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz und dem örtlichen Bauern- und Winzerverband abzustimmen und der Genehmigungsbehörde zur Zustimmung vorzulegen.

110

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen durch Urteil vom 13. Dezember 2007 ab gewiesen. Es hat die gegen den Planfeststellungsbeschluss vorgebrachten Rügen nicht als durchgreifend erachtet. Zur Begründung hat es vor allem ausgeführt:

111

Die Klagen seien weder mit den Hauptanträgen noch mit den beiden Hilfsanträgen begründet. Die Berufungskläger könnten sich nicht auf die Verletzung von natur-, umwelt- und artenschutzrechtlicher Vorschriften berufen. Die Berufungskläger zu 1) und 2) seien insoweit nicht in eigenen Rechten verletzt. Demgegenüber könne sich die Berufungsklägerin zu 2) zwar grundsätzlich auf die Verletzung solcher Rechte berufen, sie sei jedoch im vorliegenden Fall mit diesem Vorbringen präkludiert. Auch habe sich der Planfeststellungsbehörde der Standort „Hördter Rheinaue“ nicht als vorzugswürdigere Planungsalternative aufdrängen müssen. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leide darüber hinaus auch nicht an offensichtlichen Abwägungsmängeln, die auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen seien. Insbesondere sei die Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor Überflutungen und Vernässung einschließlich der Grund- und Druckwasserproblematik rechtlich nicht zu beanstanden. Die weiteren Einzelheiten der verwaltungsgerichtlichen Ausführungen ergeben sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Bl. 1013 ff. GA), auf die Bezug genommen wird.

112

Hiergegen haben die Berufungskläger fristgerecht Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem stattgegeben wurde. Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung wiederholen sie größtenteils ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen darüber hinaus unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags im Wesentlichen geltend:

113

Die Gemeinde Altrip und der Berufungskläger zu 3) könnten sich als nicht enteignend Betroffene durchaus auf die fehlerhafte Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung berufen. Insoweit stützten sie ihren Anspruch auf § 4 URG. Diese Vorschrift sei trotz des Wortlauts der Übergangsvorschrift des § 5 URG anwendbar. Im Übrigen bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit des § 5 URG, da diese Bestimmung nicht mit den zugrunde liegenden supranationalen Vorschriften in Einklang stehe. Für eine Nichtanwendbarkeit spreche auch die Systematik zu § 25 Abs. 11 UVPG. Im Übrigen bestehe auch keine sonstige gemeinschaftsrechtliche Rechtfertigung für die Anwendbarkeit der Übergangs-bestimmung des § 5 URG. Ferner könnten sich die Gemeinde Altrip und der Berufungskläger zu 3) im Hinblick auf die Geltendmachung des Verfahrensfehlers unmittelbar auf Art. 10 a der Richtlinie 2003/35/EG berufen.

114

Falls § 5 URG nicht eingreife und daher § 4 Abs. 1 URG anwendbar sei, könnten sie die Mangelhaftigkeit der UVP als beachtlichen Verfahrensfehler geltend machen, obwohl in § 4 Abs. 1 URG eine Beschränkung auf einzelne Fehlertypen geregelt sei. Eine derartige Einschränkung sei mit der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie nicht vereinbar.

115

Könnten aber die Berufungskläger die Defizite bei der UVP rügen, so stünden dem weder die Schutznormtheorie noch das Kausalitätserfordernis entgegen.

116

Im Übrigen sei die Berufungsklägerin zu 2) nicht mit ihrem Vorbringen bezüglich der Fehlerhaftigkeit der UVP präkludiert. Denn unter dem Regime des URG könne es keine Präklusion geben. Selbst wenn hier das URG nicht anwendbar sei, müsse eine Präklusion wegen unangemessener Ausschlussfristen als gemeinschaftswidrig angesehen werden. Zumindest müsse aber die Berufungsklägerin zu 2) als enteignend Betroffene die Verletzung des Artenschutzes rügen können.

117

Abgesehen davon, dass ein Einwendungsausschluss nicht Betracht komme, weil es den ausgelegten Unterlagen bereits an der Anstoßfunktion gefehlt habe, bleibe zu sehen, dass auch der später gestellte Befreiungsantrag nicht weiter helfe, da es an den entsprechenden Befreiungsvoraussetzungen fehle. Insbesondere sei fraglich, ob die im Einzelnen aufgeführten Fledermäuse in einem günstigen Erhaltungszustand verblieben.

118

Darüber hinaus fehle es an einer Planrechtfertigung und zudem seien auch Abwägungsfehler vorhanden.

119

So habe der Beklagte die Standortalternative „Hördter Rheinaue“ nicht hinreichend beachtet. Daneben habe die Planfeststellungsbehörde auch die Problematik der Grund- und Druckwasserverhältnisse nicht ausreichend behandelt. Des Weiteren habe man die Starkregenereignisse und die kausale Einwirkung eines bestehenden Polderaufstaus bei Extremregen nicht ausreichend berücksichtigt. Ferner habe das Verwaltungsgericht die Wechselwirkungen des Polderaufstaus und des Rückstaueffekts des Neuhofener Altrheins unzutreffend bewertet. Dies gelte ebenfalls für die Beurteilung des Abflusses aus dem Polderbereich. Denn es komme im Umfeld des Polders zu erheblichen Druckwasseraustritten. Dieses Wasser ströme dem Altrhein zu und könne ein Mehrfaches des Grundwasserzuflusses betragen. Wegen dieser verschiedenen Zuflüsse benötige das Schöpfwerk am Altrhein je nach Ausgangswasserstand mehrere Tage, um bei voller Pumpleistung auf den zu erhaltenden Wasserstand von 89,40 müNN zu kommen.

120

Die Berufungskläger beantragen,

121

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils den Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom 20.Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 aufzuheben,

122

hilfsweise,

123

festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Wald-see/Altrip/Neuhofen vom 20. Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf,

124

höchst hilfsweise,

125

den Beklagten zu verpflichten, über weitergehende Maßnahmen zur Reduzierung der Druckwasserproblematik und/oder andere geeignete Auflagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

126

höchst vorsorglich,

127

den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße zurückzuverweisen.

128

Der Beklagte beantragt,

129

die Berufungen zurückzuweisen.

130

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend und nimmt Bezug auf die dortigen Entscheidungsgründe. Im Übrigen wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ferner verweist er hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit von extremen Starkniederschlagshöhen im Raum Altrip auf ein Gutachten des DWD vom März 2008.

131

Dem sind die Berufungskläger mit einer Stellungnahme des Ingenieurbüros Ku. und Dr. Ke. vom 21. Oktober 2008 entgegengetreten.

132

In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Berufungskläger überdies beantragt, die in vier Schriftsätzen vom 12. Februar 2009 formulierten Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorzulegen (s. Anlagen 1 – 4 zum Protokoll ; Bl. 1593-1601 GA). Der Senat hat die Vorlageanträge durch Beschluss (Anlage 5 zum Protokoll, Bl. 1602-1603 GA ) abgelehnt.

133

Des Weiteren stellen die Berufungskläger bedingte Beweisanträge (in 2 Schriftsätzen vom 12. Febr. 2009; s. Anlagen 10 und 11- Bl. 1637-1645 GA -sowie 4 weitere mündlich formulierter Anträge - Bl. 1590/1591 GA -).

134

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung das Gutachten „Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen Niederschlag-Abfluss-Modell“ der Firma B. Beratende Ingenieure (BCE) vom Februar 2009 zu den Gerichtsakten gereicht. Hierzu haben sich die Berufungskläger mit einem nachgelassenen Schriftsatz vom 13. März 2009 geäußert, mit dem zwei weitere Stellungnahmen des Geologischen Büros H. (Prof. Dr. H.) vom 5. und 9. März 2009 vorgelegt worden sind.

135

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die von den Beteiligten eingereichten Unterlagen (11 Aktenordner, 5 Einlegemappen, 1 Faltordner, 6 Hefte und eine Papphülse mit von der Klägerseite vorgelegten Flurkarten). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

136

Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet.

137

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen der Berufungskläger gegen den wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 26. Juni 2006 betreffend die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verletzt nämlich, soweit er auf die Klagen der Berufungskläger hin rechtlich zu überprüfen ist, diese nicht in eigenen Rechten.

138

Der mit den Hauptanträgen verfolgte Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, auf erneute Bescheidung über weitergehende Maßnahmen zur Reduzierung der Druckwasserproblematik und/oder andere geeignete Auflagen sowie eventuelle Zurückweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz bestehen daher nicht.

139

Was zunächst die Klagebefugnis der Berufungskläger angeht, die im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen ist, so kann mit der Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass sowohl die Gemeinde Altrip als auch die Berufungskläger zu 2) und 3) klagebefugt sind, da sie Tatsachen vorgetragen haben, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass eine eigene rechtlich geschützte Position beeinträchtigt wird. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden, zumal insbesondere das Vorliegen der Klagebefugnis der Gemeinde Altrip von dem Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede gestellt worden ist.

140

In der Sache selbst vermögen die Berufungskläger jedoch mit ihrem Vorbringen nicht durchzudringen. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss, der seine Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 2 WHG i.V.m. §§ 72, 83, 85, 105 Abs. 2, 106 Abs. 1, 107 LWG findet, leidet nämlich nicht an solchen rügefähigen Rechtsfehlern, die die Berufungskläger in ihren Rechten verletzen und die zur Aufhebung des Planfeststellungsbescheides, welche mit den Hauptanträgen verfolgt wird, führen müssten. Dabei bleibt bezüglich des gerichtlichen Prüfungsumfangs festzustellen, dass sich die Berufungskläger weder auf mögliche Defizite bei der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung noch auf die Verletzung artenschutzrechtlichen Vorschriften mit Erfolg berufen können.

141

Dies gilt zunächst für die Gemeinde Altrip und den Berufungskläger zu 3). Beide können nämlich keine umfassende Planprüfung verlangen. Die Berufungsklägerin zu 1) kann als Gemeinde keine objektiv-rechtlichen Rechtsverstöße eines Planfeststellungsbeschlusses beanstanden; sie kann sich insbesondere nicht zur Sachwalterin der Allgemeinheit oder ihrer Bürger machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002, NVwZ 2003, 2007 m.w.N.) und sich daher auch nicht auf die ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht nicht speziell zugeordneten öffentlichen Belange, wie etwa den Natur-, Umwelt- und Artenschutz berufen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 16. August 2001, NuR 2002, 234 und Urteil vom 18. Oktober 2007, ZfBR 2008, 67). Aber auch dem Berufungskläger zu 3) steht kein umfassender Überprüfungsanspruch zu. Als nicht enteignend, sondern lediglich mittelbar Betroffener hat er nur einen Anspruch auf ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen; er hat indes keinen Anspruch darauf, dass die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, ist demgegenüber angesichts der grundsätzlichen Ausrichtung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durch §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 VwGO auf den Schutz subjektiv-rechtlicher Rechtspositionen nicht Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle (st. Rspr. des BVerwG, vgl. u.A. Beschluss vom 16. Januar 2007, NVwZ 2007, 462 m.w.N.). Folglich kann sich der Berufungskläger zu 3) auch nicht auf naturschutzrechtliche Mängel, Defizite bei der Umweltverträglichkeitsprüfung und Verletzung artenschutzrechtlicher Vorschriften berufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007, BVerwGE 128, 358).

142

Hinsichtlich der Rügefähigkeit der Fehlerhaftigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung durch die Berufungskläger zu 1) und 3) ergibt sich auch nicht etwas anderes daraus, dass zwischenzeitlich am 15. Dezember 2006 das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz − URG − in Kraft getreten ist. Soweit die vorgenannten Berufungskläger in diesem Zusammenhang vor allem ihren Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses daraus herleiten wollen, dass in § 4 Abs. 1 Satz 1 URG bestimmt ist, die Aufhebung einer solchen Entscheidung könne verlangt werden, wenn eine nach dem UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Sie übersehen dabei, dass dieses Gesetz nach der Übergangsvorschrift des § 5 URG nur für solche Verfahren Anwendung findet, dienach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind. Vorliegend wurde aber das Planfeststellungsverfahren bereits im Jahre 2002 begonnen.

143

Entgegen der Ansicht der Berufungskläger ist § 5 URG auch mit diesem Inhalt wirksam. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vorschrift bestehen vor allem nicht im Hinblick auf das Ziel und den Zweck der dem URG zugrunde liegenden supranationalen Vorschriften. Das URG soll nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers der Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG dienen, deren Art. 6 bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Rechtsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie bis zum 25. Juni 2005 nachzukommen. Eine Verpflichtung für die Regelung einer Rückwirkung für Verfahren, die bereits früher eingeleitet worden sind, lässt sich Art. 6 der Richtlinie 2003/35/EG nicht entnehmen. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Beschluss vom 21. Januar 2008 (ZfBR 2008, 289 ff.) davon aus, dass das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nur für Verfahren gilt, die nach dem 25. Juni 2005, also nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Aus dieser Entscheidung wird aber zugleich deutlich, dass das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass auch das Gemeinschaftsrecht es nicht gebietet, die Genehmigung von Projekten, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der genannten Richtlinie eingeleitet wurde, wegen des Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften aufzuheben. In diesem Zusammenhang weist das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf den vom EuGH in seinem Urteil vom 7. Januar 2004 (NVwZ 2004, 593 − sog. „Wells“-Entscheidung) hervorgehobenen Grundsatz der Verfahrensautonomie hin, deren Grenzen nicht überschritten seien, wenn das deutsche Recht es nicht ermögliche, dass bloße Verfahrensfehler, die keine materiellen Rechte der Betroffenen verletzten, zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen.

144

Ebenso wenig lassen sich Argumente gegen die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 5 URG und damit für das Eingreifen der Bestimmungen des URG im vorliegenden Fall aus der Systematik zu § 25 Abs. 11 UVPG herleiten. Zwar sind nach dessen Satz 1 die Verfahren, die vor dem 25. Juni 2005 begonnen worden sind, nach den Vorschriften des UVPG in der ab dem 15. Dezember 2006 geltenden Fassung zu Ende zu führen. Gleichwohl sprechen gegen die entsprechende Heranziehung dieser Bestimmung im vorliegenden Fall vor allem zwei Gesichtspunkte. Zum einen ist die vorzitierte Regelung des § 25 Abs. 11 Satz 1 UVPG erst im Dezember 2006 in das Gesetz mit Geltung ab dem 15. Dezember 2006 eingefügt worden. Zu diesem Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Rede stehenden Regelung war aber der Planfeststellungsbeschluss, der unter dem 20. Juni 2006 erlassen worden ist, bereits ergangen. Zum anderen bestimmt Satz 2 des § 25 Abs. 11 UVPG, dass Satz 1 auf Verfahren keine Anwendung findet, bei denen das Vorhaben vor dem 25. Juni 2005, dem Tag des Ablauf der in Art. 6 der EG-Richtlinie 2003/35/EG festgelegten Umsetzungsfrist, bereits öffentlich bekannt gemacht worden ist, was hier jedoch offensichtlich zutrifft.

145

Lässt sich somit aus § 25 Abs. 11 UVPG nichts gegen die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung des § 5 URG ableiten, so sind auch keine anderen Gründe ersichtlich, warum die Vorschrift des § 5 URG vorliegend nicht anwendbar sein soll. Die Berufungskläger vertreten allerdings die Ansicht, es bestehe keine gemeinschaftsrechtliche Rechtfertigung für die Anwendbarkeit des § 5 URG, weil der EuGH klargestellt habe, dass der nationale Gesetzgeber nicht befugt sei, über den Ablauf der Umsetzungsfrist hinaus noch Übergangsregelungen zu schaffen, die einen Eintritt der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung über diesen Zeitpunkt hinaus verzögerten. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des EuGH vom 10. August 1994 in der Rechtssache C-396/92 (Slg. 1994, I-03717). Diese Entscheidung vermag jedoch die Rechtsansicht der Berufungskläger nicht zu stützen. Diesbezüglich räumen sie in ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz selbst ein, dass nach diesem Urteil eine UVP-Pflicht für bereits vor dem Stichtag eingeleitete Verfahren nicht bestehe. Sie meinen aber, es müsse etwas anderes für die Pflicht zur Sicherstellung eines weiten Zugangs zu Gerichten nach dem durch die Richtlinie 2003/35/EG eingefügten Art. 10 a gelten. Dies vermag der Senat angesichts des Art. 6 dieser Richtlinie und der dort eindeutig geregelten Umsetzungsfrist, die auch für Art. 10 a gilt, nicht zu erkennen. Da die dort bestimmte Umsetzungsfrist hier eingehalten und eine Rückwirkungsverpflichtung für bereits eingeleitete und öffentlich bekannt gemachte Verfahren durch die Richtlinie nicht vorgesehen ist, wird die Richtlinie 2003/35/EG durch § 5 URG nicht konterkariert und somit kann auch nicht von einem Verstoß gegen das Effektivitätsprinzip des Europäischen Gemeinschaftsrechts ausgegangen werden.

146

Steht mithin bereits § 5 URG einer Anwendung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes entgegen, so kann dahinstehen, ob sich möglicherweise aus § 4 Abs. 1 URG ein Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ergeben könnte. Im Falle der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 URG bestünden schon Bedenken, ob nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 URG der darin geregelte „Totalausfall“ einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch den hier geltend gemachten Fehlertyp des „Defizits“ einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst. Aber selbst wenn die Berufungskläger auch solche Defizite rügen könnten, spricht vieles dafür, dass ein entsprechender Anspruch der Berufungskläger an dem Kausalitätserfordernis scheitern würde, an dem das Bundesverwaltungsgericht nach wie vor festhält (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007, BVerwGE 130, 83). Dies bedarf aber letztlich aufgrund der vorstehenden Ausführungen keiner abschließenden Entscheidung.

147

Ist daher die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zu verneinen, so können sich die Berufungskläger zu 1) und 3) auch nicht unmittelbar auf den durch die Richtlinie 2003/35/EG eingefügten Art. 10 a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG berufen. Eine unmittelbare Geltung dieser Vorschrift scheitert bereits an ihrer mangelnden hinreichenden Bestimmtheit. Hieran fehlt es nämlich, weil die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet (s. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 2005, NuR 2006, 320). So könnte der deutsche Gesetzgeber, um den Richtlinienauftrag einer Stärkung des Verfahrensrechts zu erfüllen, beispielsweise mit einer Änderung oder völligen Abschaffung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften reagieren (insbesondere §§ 44 a VwGO, 46 VwVfG) oder die bislang das deutsche Prozessrecht prägende Schutznormlehre modifizieren oder gar aufgeben (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Dies zeigt indessen, dass den Mitgliedsstaaten ein Umsetzungsspielraum eingeräumt ist, was aber einer unmittelbaren Richtlinienwirkung entgegensteht (so auch Lecheler, ZNER 2005, 127).

148

Darüber hinaus bleibt zu sehen, dass die Richtlinie 2003/35/EG bereits durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz umgesetzt worden ist. Daneben käme eine unmittelbar auf Art. 10 a dieser Richtlinie gestützter Anspruch nur dann in Betracht, wenn diese Richtlinie durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt worden wäre (s. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 in der Rechtssache C-397/01, Slg. 2004, I-8835-8922). Dies ist aber nicht erkennbar, zumal nach bislang ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die klagenden Beteiligten keinen Anspruch auf Überprüfung haben, ob die im Rahmen des Verfahrens durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung mit der erforderlichen Prüfungstiefe vorgenommen wurde, da es sich auch bei den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben um Verfahrensvorschriften handelt, deren Einhaltung grundsätzlich nicht unabhängig von der Verletzung materieller Rechte erzwungen werden kann (s. OVG NW, Urteil vom 27. Oktober 2005, NuR 2006, 320 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 19. März 2003, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173). Insbesondere ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerseite aus der „Wells“-Entscheidung des EuGH (a.a.O.) nichts Gegenteiliges. Denn diese betrifft keinen vergleichbaren Sachverhalt, da es in jenem Fall um einen „Totalausfall“ der Umweltverträglichkeitsprüfung und nicht um eventuelle Defizite dieser Prüfung ging. Der erkennende Senat sieht daher keine Veranlassung von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal auch die Aarhus-Konvention es wohl kaum ausschließen dürfte, den Erfolg des gerichtlichen Verfahrens weiterhin von der Verletzung subjektiver Rechte abhängig zu machen (s. Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2008 – 1 A 11330/07.OVG −; vgl. auch Ziekow, NVwZ 2005, 263).

149

Wegen der somit weiterhin im deutschen Recht anwendbaren Schutznormtheorie muss auch das von der Berufungsklägerseite hilfsweise auf allgemeine Prinzipien des Gemeinschaftsrechts gestützte Klagerecht bezüglich des Natur-, Umwelt- und Artenschutz scheitern. Abgesehen davon, dass es aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht mehr auf die von den Berufungsklägern in diesem Zusammenhang zusätzlich aufgeworfene Problematik bezüglich des Kausalitätserfordernisses ankommt, ist anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 21. Januar 2008 (ZfBR 2008, 278) auch in Ansehung der neuen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien weiterhin an dem Kausalitätserfordernis festgehalten hat, und zwar gerade für solche Projekte, für die − wie hier − das Verfahren vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2003/35/EG eingeleitet wurde.

150

Angesichts der vorstehenden Ausführungen sieht der erkennende Senat keinen Anlass, den in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 gestellten Anträgen der Berufungskläger zu folgen, dem EuGH die Fragen, ob Art. 10 a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG (eingefügt durch die Richtlinie 2003/35/EG) der Anwendung der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 URG und der Umsetzungsvorschrift des § 4 Abs. 1 URG (im Hinblick auf die darin geregelte Beschränkung der Entscheidungsüberprüfung auf den Fehlertyp des „Totalausfalls“ der Umweltverträglichkeitsprüfung) entgegenstehe (Antragswortlaut s. Bl. 1596 GA), zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorzulegen. Insoweit wird im Übrigen auf den ablehnenden Beschluss des Senats vom 12. Februar 2009 (Bl. 1502 f. GA) verwiesen. Entsprechendes gilt auch für die in der mündlichen Verhandlung beantragte Vorlage zum EuGH bezüglich der Frage, ob sich die Kommunen aufgrund des Gemeinschaftsrechts zum „Wächter des Natur- und Artenschutzes“ aufschwingen dürfen und ob sich auch nichtenteignend Betroffene auf die FFH- und Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft berufen können (Antragswortlaut s. Bl. 1601 GA).

151

Aber auch die Berufungsklägerin zu 2) kann sich nicht auf natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Defizite berufen. Zwar entfaltet der Planfeststellungsbeschluss gegenüber ihr im Hinblick auf die für den Dammbau benötigten Flächen der GbR eine enteignungsrechtliche Vorwirkung mit der Folge, dass die Berufungsklägerin zu 2) nicht darauf beschränkt ist, eine Verletzung eigener Rechte oder Belange durch den Planfeststellungsbeschluss zu rügen, sondern vielmehr auch die Rechtmäßigkeit der planerischen Abwägung in einem umfassenden Sinne zur gerichtlichen Überprüfung stellen kann (s. Urteil des erkennenden Senats vom 5. August 2004, NuR 2005, 53 m.w.N.). Gleichwohl kann sie hier die oben genannten Gesichtspunkte im gerichtlichen Verfahren nicht mehr rügen. Insoweit steht dem nämlich die materielle Verwirkungspräklusion des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG entgegen. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil Bezug genommen. Das hiergegen gerichtete Vorbringen der Berufungskläger führt zu keinem anderen Ergebnis.

152

Soweit sie die Ansicht vertreten, dass die Vorschriften des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes eine Präklusion ausschließe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Einerseits bleibt zu sehen, dass das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – wie oben ausgeführt − aufgrund der Übergangsbestimmung des § 5 URG hier nicht anwendbar ist. Andererseits lässt sich selbst dann, wenn man eine Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes im vorliegenden Fall bejahen würde, diesem Gesetz nicht entnehmen, dass eine Präklusion hiernach ausgeschlossen sein sollte. Aus § 2 Abs. 3 URG, worin lediglich der Einwendungsausschluss von Vereinigungen gemäß § 3 URG geregelt ist, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Umstand, dass in § 2 Abs. 3 URG nur die Präklusion von Einwendungen der Vereinigungen i.S. von § 3 URG angesprochen ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass mit dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz insbesondere die Klagebefugnis dieser Vereinigungen auch i.S. des Europäischen Gemeinschaftsrechts geregelt werden sollte (s. Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 16/2495, S. 8; Schlacke in NuR 2007, 2008) und sich daher der gesamte § 2 URG nur auf solche Verbände bezieht (vgl. Berkemann/Halama, Handbuch zum Recht der Bau- und Umweltrichtlinien der EG, Rn. 505). Hierdurch sollte jedoch nicht inzidenter die Präklusion bezüglich der Einwände anderer Rechtsbehelfsführer ausgeschlossen werden. Vielmehr spricht alles dafür, dass es insoweit bei der bisherigen Rechtslage verbleiben und diese nur durch § 2 Abs. 3 URG dem Vorbild des § 61 Abs. 3 BNatSchG angepasst werden sollte (s. Begründung des Gesetzentwurfs, a.a.O. S. 12).

153

Steht mithin das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz der Annahme einer Präklusion gemäß § 115 LWG nicht entgegen, so scheitert hier eine solche auch nicht an dem für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts geltenden Effektivitätsgebot. Hierzu hat der EuGH in dem sog. „Peterbroeck“-Urteil vom 14. Dezember 1995 − Rechtssache C-312/93 − (Slg. 1995, I-04599) ausgeführt, dass zwar die Verfahrensausgestaltung mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung auf diesem Gebiet Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedsstaaten sei. Jedoch dürften die Verfahren nicht ungünstiger gestaltet werden als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht beträfen, und sie dürften die Ausübung der Gemeinschaftsrechtsordnung nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Ein Verstoß gegen diesen Effektivitätsgrundsatz ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

154

Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang zunächst geltend macht, die Vorinstanz habe die Vereinbarkeit der Präklusion mit Vorgaben der UVP-Richtlinie nicht geprüft, sondern sich in ihren Ausführungen auf die FFH-Richtlinie sowie die Vogelschutz-Richtlinie beschränkt, trifft dies nicht zu. Denn auf S. 66 f. des verwaltungsgerichtlichen Urteils heißt es u.A., dass die Hört GbR mit ihrem Einwand präkludiert sei, die vom Planungsträger vorgenommene Umweltverträglichkeitsprüfung sei unzureichend gewesen. In dem nachfolgenden Satz wird ferner darauf hingewiesen, dass die Einwendung einer unzureichenden Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahrensrüge präklusionsfähig sei. Erst dann folgen Abhandlungen darüber, dass die obige GbR auch mit ihren natur- und artenschutzrechtlichen Rügen ausgeschlossen sei.

155

Abgesehen davon ist aber auch die Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 115 LWG auf die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht gemeinschaftsrechtswidrig. Denn der bisherigen Rechtsprechung des EuGH kann entnommen werden, dass das Gemeinschaftsrecht nicht dazu verpflichtet, nationale Präklusionsvorschriften bei der Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien nicht zu berücksichtigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine nationale Präklusionsvorschrift den Grundsätzen des Effektivitätsgebots entspricht, sofern die fragliche Ausschlussfrist angemessen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003, Rechtssache C-327/00, Slg. 2003, I-01877).

156

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Berufungsklägerin zu 2) zitierten sog. „Peterbroeck“-Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Dezember 1995 − Rechtssache C-312/93 (Slg. 1995, I-4599). Diese Entscheidung bezieht sich auf die generelle Überprüfung von nationalen Rechtsakten an den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts und stellt nicht das Deutsche Präklusionsrecht in Frage (s. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2004, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 182). Dem EuGH ging es in der oben zitierten Entscheidung lediglich darum, sicherzustellen, dass die Überprüfung der Vereinbarkeit innerstaatlicher Rechtsnormen mit dem Gemeinschaftsrecht und damit die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts gewährleistet ist. Durch die Präklusionsvorschrift des § 115 LWG wird aber die Effektivität des Europarechts als Rechtsordnung vom Grundsatz her weder in Frage gestellt noch ihre Durchsetzung erschwert (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die Präklusion ist im vorliegenden Fall lediglich die Folge des Umstandes, dass die Berufungsklägerin zu 2) es versäumt hat, gegenüber der Planfeststellungsbehörde Gesichtspunkte geltend zu machen, die (möglicherweise) Anlass zu weiteren Überprüfungen gegeben hätten. Angesichts dessen ist nach der Rechtsprechung des EuGH nach wie vor davon auszugehen, dass eine Präklusionsvorschrift grundsätzlich dem Effektivitätsgebot genügt, wenn die diesbezügliche Ausschlussfrist angemessen ist.

157

Eine gemeinschaftswidrige Unangemessenheit der Ausschlussfrist des § 73 Abs. 4 VwVfG, der hier über § 114 Abs. 1 LWG Anwendung findet, vermag der Senat indessen nicht zu erkennen. Zwar ist die Zweiwochenfrist des § 73 Abs. 4 VwVfG relativ kurz bemessen. Diese schon seit Jahren geltende kurze Frist ist jedoch bisher vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem EuGH bei einer Vielzahl unterschiedlichster Planfeststellungsverfahren unbeanstandet geblieben und kann von daher nicht von vornherein als unangemessen angesehen werden. Überdies geht dieser Frist eine einmonatige Auslegungsfrist voran, in der ein Betroffener die Möglichkeit hat, sich mit der Sachlage vertraut zu machen. Selbst wenn dieser erst am letzten Tag der Auslegungsfrist Einsicht in die Unterlagen nehmen würde, so verbleiben ihm immer noch 14 Tage, in denen er natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Defizite geltend machen kann. Dem vermag die Berufungsklägerin zu 2) nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, die Geltendmachung einer Fehlerhaftigkeit der Planung − insbesondere der Umweltverträglichkeitsprüfung − überfordere den dafür notwendigen fachlich-technischen Kenntnisstand eines Durchschnittsbürgers. Sie verkennt dabei, dass für die Erhebung von Einwendungen bereits ein laienhafter Vortrag genügt, aus dem sich ergibt, warum ihr die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ausreichend erscheint oder z.B. welche Pflanzen- und Tierarten ihrer Meinung nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Eine diesbezügliche fachlich fundierte Auseinandersetzung mit den Einwendungen kann dann in dem nachfolgenden Erörterungstermin stattfinden.

158

Schließlich steht der Anwendung einer zweiwöchigen Präklusionsfrist auch nicht die Rechtsprechung des EuGH entgegen. Soweit die Berufungsklägerin zu 2) auch in diesem Zusammenhang auf die „Peterbroeck“-Entscheidung des EuGH Bezug nimmt, die bereits bei einer 60-Tages-Frist einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht angenommen habe, übersieht sie, dass der EuGH in dieser Rechtssache − wie bereits vorstehend ausgeführt − nicht über einen Verstoß des deutschen Präklusionsrechts gegen das Gemeinschaftsrecht zu entscheiden hatte; Gegenstand des Urteils war vielmehr die Überprüfbarkeit von nationalen Rechtsakten an den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts. Aus dem folglich völlig anders gelagerten Fall lässt sich nicht die Unangemessenheit der hier in Rede stehenden zweiwöchigen Ausschlussfrist herleiten. Dies gilt umso mehr, als in der Rechtssache „Universale-Bau AG“ (Rs. C-470/99) vom EuGH eine Ausschlussfrist von zwei Wochen im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit als angemessen angesehen worden ist (vgl. Urteil des EuGH vom 12. Dezember 2002, Slg. 2002, I-11617).

159

Nach dem vorstehend Dargelegten bleibt also festzuhalten, dass die Anwendung der Präklusionsregelung des § 115 LWG im vorliegenden Fall nicht gemeinschaftsrechtswidrig ist. Der Senat sah daher auch keine Veranlassung, die Frage, ob das Gemeinschaftsrecht es verbiete, die Präklusionsvorschrift des § 115 LWG i.V.m. § 73 Abs. 4 VwVfG auch auf den Fall anzuwenden, bei dem sich der Betroffene auf Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nicht berufen habe und die Vereinbarkeit der Entscheidung mit den fraglichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts in einem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren nicht mehr überprüft werde (genauer Wortlaut der Vorlagefrage s. Bl. 1598 GA), dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorzulegen. Diesbezüglich wird im Übrigen auch auf den Senatsbeschluss vom 12. Februar 2009 (Bl. 1602 f. GA) verwiesen.

160

Ist nach alledem die Präklusionsvorschrift des § 115 LWG im vorliegenden Fall anwendbar, weil Gemeinschaftsrecht dem nicht entgegensteht, so ist die Berufungsklägerin zu 2) auch bezüglich ihrer nach Ablauf der Einwendungsfrist erhobenen natur- und artenschutzrechtlichen Rügen präkludiert. Die Berufungsklägerin zu 2) hätte nämlich zumindest laienhaft diese Gesichtspunkte ansprechen bzw. sie in irgend einer Weise thematisieren müssen, damit die Planfeststellungsbehörde hätte erkennen können, in welcher Hinsicht sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie noch konkret berücksichtigen soll (s. Urteil des Senats vom 5. August 2004, NuR 2005, 53). Ein derartiges laienhaftes Ansprechen der natur- und artenschutzrechtlichen Problematik wäre angesichts der bei den ausgelegten Unterlagen befindlichen Umweltverträglichkeitsstudie (Mappe 1, Anlage 3.5), in der u.A. die vorgefundenen Brutvögel-, Wildbienen- und Käferarten der roten Liste sowie sonstige gefährdete bzw. stark gefährdete Tierarten abgehandelt sind, durchaus möglich gewesen. In ihrem innerhalb der Einwendungsfrist eingereichten Einwendungsschreiben vom 8. Oktober 2002 hat die Berufungsklägerin zu 2) den Artenschutz jedoch mit keinem Wort erwähnt. An dieser Sichtweise ändert auch der Umstand nichts, dass die in der Nähe liegenden FFH- und Vogelschutzgebiete erst später nach Offenlage des Vorhabens der Kommission gemeldet worden sind und dass sich zwischenzeitlich die Rechtsprechung zur artenschutzrechtlichen Befreiung geändert hat. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteil verwiesen (S. 67-71 des Urteilsumdrucks), denen zu folgen ist.

161

Vermögen mithin die Berufungskläger angesichts der Schutznormlehre und der in § 115 LWG geregelten materiellen Präklusion im vorliegenden Fall nicht mit ihren Rügen bezüglich behaupteter natur-, umwelt- und artenschutzrechtlicher Fehler und Defizite bei der angegriffenen Polderplanung durchdringen, so können sich die Berufungsklägerin zu 1) und der Berufungskläger zu 3) auch nicht auf weitere, von ihnen geltend gemachte Gesichtspunkte berufen. Dies gilt u.A. insbesondere für ihr Vorbringen, vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses sei ein neues Raumordnungsverfahren durchzuführen gewesen. Insoweit und hinsichtlich der von der Berufungsklägerin zu 1) gerügten weiteren Gesichtspunkte, auf die sie sich nicht berufen kann, nimmt der Senat auf die diesbezüglichen Darlegungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil Bezug, zumal die Berufungskläger hierzu in der Berufungsinstanz keine neuen Ausführungen gemacht haben.

162

Unter Berücksichtigung des nach Ausscheiden der vorstehend angesprochenen Punkte verbleibenden gerichtlichen Prüfungsrahmens können die Berufungskläger nicht verlangen, dass gemäß ihres Hauptantrags der Planfeststellungsbeschluss vom 20. Juni 2006 i.d.F. der in den mündlichen Verhandlung vom 14. November, 16. November und 10. Dezember 2007 vor dem Verwaltungsgericht abgegeben Abänderungs- und Ergänzungserklärungen aufgehoben wird, da dieser weder in formeller noch in materieller Hinsicht rechtlich zu beanstanden ist. Dies hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt. Das Berufungsvorbringen vermag keine andere Beurteilung herbeizuführen.

163

Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe die im Verlauf der mündlichen Verhandlungen der Vorinstanz vorgenommene Ergänzung der Nebenbestimmung III. Nr. 13.4 als Verschlechterung der ursprünglichen Situation ansehen müssen mit der Folge, dass ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen gewesen sei, vermag der Senat dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Die in Rede stehende Einfügung des neuen Satzes 3 in III. Nr. 13.4 regelt, dass eine Flutung der Wasserrückhaltung nur erfolgen darf, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90.0 müNN nicht überschritten ist. Die Berufungsklägerseite sieht darin deshalb eine Verschlechterung der ursprünglichen Situation, weil sich aus dem Zusammenhang der Nebenbestimmungen III Nr. 13.2, 13.4 und 13.5 vor Einfügung der fraglichen Ergänzung ergeben habe, dass die Flutung erst erfolgen dürfe, wenn der Maximalwasserstand von 89,40 müNN erreicht werde. Für diese Ansicht stützen sich die Berufungskläger u.A. auf die Anlage 9.8.1.7 zur Stellungnahme von Dr. S. (TGU) vom November/Dezember 2003, die u.A. folgenden Satz enthält:

164

„24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung wird der Maximalwasserstand auf 89,4 müNN abgesenkt.“

165

Einzuräumen ist der Berufungsklägerseite, dass dieser Satz für sich allein gesehen missverständlich ist und durchaus für die von ihr vorgenommene Deutung sprechen könnte. Aber bereits wenige Seiten weiter (Anlage 9.8.1.12) wird davon gesprochen, dass 24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung das Absenkziel auf 89,4 müNN reduziert werde. Für die Annahme, dass der Wasserstand von 89,4 müNN nicht vor Flutung des Polders erreicht sein muss, spricht auch das in der TGU-Stellungnahme befindlich Diagramm der Anlage 9.4.5.2.1. Denn nach diesem Diagramm beginnt die Wasserstandsregulierung durch den Einsatz des gesteuerten Polders beim Wasserstand von 90.2 müNN, also nicht erst, wenn 89,4 müNN erreicht worden ist. Auch aus Anlage 9.1.5.7 (S. 46 der TGU-Stellungnahme vom Juli 2002) ergibt sich, dass der Wasserspiegel des Neuhofener Altrheins nicht schon vor der Flutung des Polders auf 89,4 müNN abgesenkt sein muss. Darin ist nämlich für Altripsee und die Schlicht/Wolfgangssee eine Absenkung des Wasserstandes auf ein bestimmtes Niveau ausdrücklich vor Flutung des gesteuerten Polders festgelegt, während eine solche Regelung beim Schöpfwerk Neuhofener Altrhein unterblieben ist. Daraus kann aber nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass eine Absenkung auf 89,4 müNN vor Flutung des Neuhofener Altrhein nicht vorgesehen sein sollte. Dass diese Sichtweise zutreffend ist, hat Dr. Sch. von der TGU in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2007 ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 716 GA) bestätigt. Dort heißt es wörtlich:

166

„Herr Dr. S. erklärt hingegen, dass dem Planfeststellungsbeschluss von Anfang an lediglich zugrunde gelegen habe, dass der zu haltende Wasserspiegel letztlich im Verlaufe der Abpumpmaßnahmen erreicht werde. Die Berechnungen basierten nicht darauf, sondern maßgeblich sei bezüglich des Grundwassers, dass der Neuhofener Altrhein seine Aufgabe als Vorflut für die Schlicht erfülle. Bezüglich des Oberflächenwassers sei es so, dass mit einer Absenkung des Neuhofener Altrheins eine Verbesserung der Situation erreicht werde. Die Aufgaben der Anpassungsmaßnahme würden nicht voraussetzen, dass bei Flutung des Polders ein Wasserstand von 89,4 müNN erreicht sei“.

167

Dies erscheint auch plausibel, zumal der Beklagte im Hinblick auf die Abflusssituation bezüglich des Auslaufs Schlicht einen Wasserstand von 90,0 müNN für den Neuhofener Altrhein in der Nebenbestimmung III. Nr. 13.4 festgelegt hat, bei dessen Überschreiten eine Flutung des gesteuerten Polders nicht erfolgen darf. Diese Regelung wäre sinnlos, wenn bereits bei einem Wasserstand über 89,4 müNN eine solche Flutung hätte nicht durchgeführt werden dürfen. Aus alledem ergibt sich daher, dass mit Satz 3 der Nebenbestimmung III. Nr. 13.4 keine Verschlechterung der Situation, sondern sogar eine Verbesserung herbeigeführt worden ist, und deshalb die Vorinstanz davon ausgehen durfte, dass durch diese Änderung von unwesentlicher Bedeutung Belange Anderer i.S. von § 76 Abs. 2 VwVfG nicht berührt worden sind und folglich die Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich war.

168

Überdies vermag die Berufung auch mit ihren Rügen bezüglich der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht durchzudringen.

169

Was die Planrechtfertigung angeht, kann auf die Darlegungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil verwiesen werden. Dass die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzepts auch mit dem hier vorgesehenen Rückhaltvolumen noch vernünftigerweise geboten ist, kann insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 5. August 2004 (NuR 2005, 53) zur Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim nicht zweifelhaft sein (s. S. 19-35 des Urteilsumdrucks).

170

Dem Vorhaben stehen überdies keine zwingenden Versagungsgründe gemäß §§ 31 Abs. 5 Satz 3 WHG, 72 Abs. 2 Satz LWG entgegen. Hiernach ist die Planfeststellung zu versagen, wenn von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen zu erwarten ist.

171

Entgegen dem Vorbringen der Berufungskläger hat das Verwaltungsgericht nicht verkannt, dass es sich dabei grundsätzlich um einen zwingenden Versagungsgrund handelt (s. Ausführungen der Vorinstanz im Urteil auf S. 92 des Urteilsumdrucks). Lediglich für den Sonderfall, dass ein Vorhaben, dem Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen, zugleich dem Allgemeinwohl dient, hat die Vorinstanz unter Bezugnahme auf Zeitler (in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rn. 158) die Auffassung vertreten, bei einer solchen Konstellation komme eine zwingende Versagung nicht in Betracht, sondern es müssten dann im Wege der Abwägung die überwiegenden Versagungsgründe festgestellt werden.

172

Darüber hinaus vermag der Senat in diesem Zusammenhang auch nicht dem Vortrag der Berufung zu folgen, durch die Poldermaßnahme komme es zu einer Hochwassergefahr in den Siedlungsgebieten − vor allem in Altrip −, weil sich die Hochwassersituation dort durch die Maßnahme nicht verbessere, sondern verschlechtere, was indes als ein absoluter Versagungsgrund gemäß § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG anzusehen sei.

173

Zweifelhaft erscheint hier bereits, ob durch das Polderverfahren die Hochwassergefahr für die Unterlieger des Rheins erhöht wird. Denn Rückhaltmaßnahmen wirken sich grundsätzlich positiv auf die entlang des Rheins gelegenen Siedlungsgebiete aus. Eine Erhöhung der Hochwassergefahr kann in der Regel allenfalls durch Einengungen oder Begradigungen des Gewässerlaufs sowie durch den Wegfall von Rückhalteflächen (z.B. infolge Deichbaus) herbeigeführt werden (vgl. Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rn. 38 m), d.h. durch Ausbaumaßnahmen, die den Hochwasserabfluss beschleunigen und dadurch die Hochwasserwelle unterstrom erhöhen (vgl. Drost, Das Wasserrecht in Bayern, § 31 WHG Rn. 96). Polder wirken sich indessen auf die Unterliegergebiete regelmäßig positiv aus, da sie die Hochwasserscheitelwelle vermindern. Die Berufungskläger machen daher mit ihrem Vortrag hinsichtlich der vom Polder ausgehenden Stau-, Grund- und Druckwassergefahren infolge der geplanten Wasserrückhaltemaßnahmen keine Erhöhung der Hochwassergefahr i.S. von § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG geltend, die die Unterlieger allgemein trifft, sondern vielmehr Gefahren, die die Berufungskläger in ihrer Situation individuell treffen. Da das Vorhaben gerade zu einer Minderung der Hochwassergefahr in den Siedlungsgebieten entlang des Rheins führt und hierdurch keine natürliche Rückhalteflächen zerstört werden, widerspricht die im Streit stehende Hochwasserrückhaltung nicht dem Wohl der Allgemeinheit i.S. von §§ 31 Abs. 5 Satz 3 WHG, 72 Abs. 2 Satz 2 LWG. Mit der Vorinstanz ist vielmehr davon auszugehen, dass die von der Berufungsseite vorgetragenen Einwendungen im Rahmen der Abwägung zu behandeln sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Januar 2005 − 8 Cs 04.1724 −, juris).

174

Stehen dem Polderverfahren mithin keine zwingenden Versagungsgründe entgegen, so vermag das erkennende Gericht ebenso wenig Abwägungsmängel zu erkennen, die zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die diesbezüglichen umfangreichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen erstinstanzlichen Urteil. Auch das hiergegen gerichtete Berufungsvorbringen vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen.

175

Dies gilt zum einen bezüglich der Rüge der Berufungskläger, der Planfeststellungsbeschluss sei fehlerhaft, weil der Beklagte bei der Standortauswahl für den Polderbau zwar die Standortalternative „Hördter Rheinaue“ gesehen, aber letztlich verworfen habe, obwohl − wie das von der Berufungsseite vorgelegte Gutachten des Dipl.-Ing. (FH) H. vom 28. Oktober 2006 zum naturschutzrechtlichen Teil zeige − der gewählte Polderstandort Waldsee/Altrip/Neuhofen ökologisch wertvoller sei als der mögliche Standort „Hördter Rheinaue“.

176

Für die Beurteilung der Frage, ob vorliegend der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss eine fehlerhafte Standortauswahl getroffen hat, sind die Grundsätze heranzuziehen, die das Bundesverwaltungsgericht zum Abwägungsgebot entwickelt hat. Danach müssen ernsthaft in Betracht kommende Standortalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986, BVerwGE 75, 214). Die Standortauswahl ist nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen. Ein Abwägungsfehler liegt also nicht schon dann vor, wenn für und gegen den einen wie den anderen Standort einleuchtende Gründe ins Feld geführt werden können. Die Standortwahl ist erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative entweder als eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (so BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 − 4 A 1075.04 − BVerwGE 125, 116; s. auch Beschluss vom 16. Juli 2007 − 4 B 71.06 −, juris). Von einer Alternative kann nicht mehr gesprochen werden, wenn eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft. Dies ist namentlich der Fall, wenn ein mit dem Vorhaben verbundenes wesentliches Ziel mit einer Alternative nicht erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2007, a.a.O., m.w.N.). In Ansehung dieser Kriterien vermag der Senat im vorliegenden Fall keine fehlerhafte Standortauswahl zu erkennen.

177

Insbesondere musste sich die Planfeststellungsbehörde der Standort „Hördter Rheinaue“ nicht als vorzugswürdigere Lösung aufdrängen. Im Rahmen der Abwägung ist der Beklagte zu einer Bevorzugung des Standorts des Bereichs Altrip gekommen, weil bei einer Hochwasserrückhaltung im Bereich Hördt der Konflikt mit den Belangen des Naturschutzes ein wesentlich höheres Ausmaß erreiche als im Bereich Altrip, in welchem vorwiegend ackerbauliche Flächen für die gesteuerte Hochwasserhaltung in Anspruch genommen werden müssten (s. S. 51 des Planfeststellungsbeschlusses). Diese Beurteilung konnte sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses auf die Erkenntnisse des raumordnerischen Bescheids von 1995 stützen, die auf der Ökologischen Risikoanalyse der Planungsgruppe Ökologie und Umwelt vom Mai 1986, auf die Gutachterstudie „Ersatzstandort Polder Hördt“ des Ingenieurbüros B. aus dem Jahre 1990 sowie auf die Untersuchung des Instituts W. und N. GmbH vom Februar 1993 beruhte. Hiernach war davon auszugehen, dass Auswirkungen einer Wasserrückhaltung im Bereich „Hördter Rheinaue“ im Vergleich zu allen anderen untersuchten Standorten als besonders hoch einzustufen waren und diesem Bereich auch nach Auffassung des damaligen Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht eine überragende Funktion zukomme, während nach der Untersuchung der W. und N. GmbH dem Standort Waldsee/Alptrip/Neuhofen die geringste Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz zugesprochen wurde. Dafür, dass inzwischen etwas anderes im Hinblick auf die natur- und artenschutzfachliche Bewertung der beiden in Rede stehenden Standorte gelten könnte, bestanden im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses keine Anhaltspunkte, zumal die obere Landesplanungsbehörde unter dem 14. Februar 2002 mitgeteilt hatte, dass keine Umstände bekannt seien, die die Fortdauer des raumordnerischen Bescheids aus dem Jahre 1995 in Frage stellen würden. Auch die Berufungskläger oder sonstige Einwendungsführer haben nicht eingewandt, dass sich die Verhältnisse insoweit grundlegend geändert hätten.

178

Eine andere Beurteilung musste sich auch nicht aufgrund der Untersuchung des Ministeriums für Umwelt und Forsten vom März 2005 bezüglich der Möglichkeiten zur Einbeziehung der Hördter Rheinniederung in das Hochwasserschutzkonzept von Rheinland-Pfalz aufdrängen. Denn diese Untersuchung befasst sich nicht mit Alternativstandorten, sondern lediglich mit der Frage, ob die Einbeziehung der „Hördter Rheinaue“ als zusätzlicher Reserveretentionsraum möglich ist. Allein die Tatsache, dass nunmehr nach einer Stellungnahme des von der Berufungsklägerseite beauftragten Büros „P.“ vom 28. Oktober 2006, die also nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erstellt wurde, das Ausmaß der Beeinträchtigungen für die Rückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vor allem hinsichtlich bedrohter Tierarten deutlich umfangreicher sein soll als für den Standort „Hördter Rheinaue“, vermag eine Fehlerhaftigkeit bei Alternativentscheidungen nicht zu begründen. Denn weder wurde von „P.“ der Standort „Hördter Rheinaue“ natur- und artenschutzfachlich näher untersucht, noch ist das Ergebnis von „Pro bios“ − wie die gegenteiligen fachlichen Bewertungen in der IUS-Stellungnahme vom 29. Juni 2007, in der artenschutzrechtlichen Verträglichkeitsuntersuchung der IUS vom Oktober 2007 (Abschnitt 7.3.2) und in der Aktualisierung der Verträglichkeitsuntersuchung gemäß § 27 LNatSchG der IUS vom Oktober 2007 (Abschnitt 8.2 und Anhang 3, in welchem u.A. die von einer Rückhaltung beanspruchten Flächen mit Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie für beide Standorte gegenübergestellt werden) zeigen − so eindeutig, dass man von einer Sachlage im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung ausgehen musste, aufgrund deren sich die Alternative „Hördter Rheinaue“ hätte aufdrängen müssen.

179

In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass beim Standort Waldsee/Altrip/Neuhofen förmlich unter Schutz stehende Gebiete nur geringfügig betroffen seien. Lediglich der ungesteuerte Bereich des dort geplanten Polders liegt teilweise mit 45 ha in dem FFH-Gebiet „Rheinniederung Speyer-Ludwigshafen“ (Nr. 6616-304 der Anlage 1 zu § 25 Abs. 2 LNatSchG). Demgegenüber würden bei einer Verwirklichung eines Polders am Standort „Hördter Rheinaue“ erheblich größere Bereiche von förmlich geschützten Flächen (dazu s. S. 103 f. des Urteilsumdrucks) von den Rückhaltemaßnahmen direkt betroffen, wobei allein die jeweils zu verwirklichende Deichlänge kein Indikator für die Beanspruchung des Naturhaushalts sein kann (s. fachliche Stellungnahme der IUS vom 29. Juni 2007, S. 113). Auch dies zeigt, dass sich der Planfeststellungsbehörde die Standortalternative „Hördter Rheinaue“ nicht aufdrängen musste.

180

Nur am Rande ist zu erwähnen, dass der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. August 2004 − 1 A 11787/03 − (NuR 2005, 53) betreffend die Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim die „Hördter Rheinaue“ ökologisch wertvoller angesehen hat als das Gebiet Wörth/Jockgrim, welches in der Untersuchung der IUS vom Februar 1993 sogar als ökologisch wertvoller bewertet wird als der hier in Rede stehende Rückhaltebereich Waldsee/Altrip/Neuhofen.

181

Überdies ist der Ansicht der Vorinstanz beizutreten, dass die Einwendungen der Berufungskläger so pauschal waren, dass auch nur eine entsprechende pauschale Prüfung durch die Planfeststellungsbehörde habe vorgenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 1995, NVwZ 1995, 905). Wegen der gesamten vorstehend aufgezeigten Umstände durfte daher die Planfeststellungsbehörde die Alternative „Hördter Rheinaue“ bereits im Wege der Grobanalyse ausscheiden, ohne diese als mögliche weitere Alternative einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Januar 2005 − 8 Cs 04.1724 −, juris).

182

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass mit einer Wasserrückhaltung im Bereich Hördt ein mit dem gesteuerten Polder im Raum Waldsee/Altrip/Neuhofen verbundenes wesentliches Ziel nicht erreicht werden könnte. Aus dem Planfeststellungsbeschluss (s. S. 23 f.), der u.A. auf die Stellungnahmen des früheren Landesamtes für Wasserwirtschaft Bezug nimmt (s. insbesondere auch Anlage zum Schreiben vom 23. Dezember 2002 − Bl. 276 ff. der Verfahrensakte Band I des Beklagten) ergibt sich, dass ein solches Ziel u.A. die Absenkung der Hochwasserwelle für die Unterlieger vor allem im Hinblick auf die in der Nähe liegende Neckarmündung war. Dies wird auch durch die Antwort zu einer kleinen Anfrage im Landtag zu möglichen Alternativstandorten bestätigt (s. LT-Drs. 15/184). Dort wird ausgeführt, dass katastrophale Hochwasserspitzen im Rhein, die durch große Neckarhochwasser verursacht würden, nur durch Polderraum im Bereich der Neckarmündung gezielt reduziert werden könnten und schon deshalb der Standort Hördt keine Alternative darstellen könne. In diese Richtung gehen auch die späteren Ausführungen der Aktualisierung der Verträglichkeitsuntersuchung vom Oktober 2007. Danach ist die Rückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen alternativlos, weil sie durch ihre Lage unmittelbar vor dem Ballungsraum Ludwigshafen/Mannheim zu einer gezielten Reduzierung der Hochwasserspitze, zur Entkoppelung des Zusammentreffens der Hochwasserwellen von Rhein und Neckar und damit zur Abwehr einer Überflutung in Ludwigshafen und Mannheim besser als jede andere Fläche geeignet sei. Ferner wurde vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2007 ausweislich des Sitzungsprotokolls darauf hingewiesen, dass der Polder Hördt viermal so groß sein müsse, um eine vergleichbare Entlastung im Bereich der Neckarmündung zu erzielen (s. Bl. 905 GA). In diesem Zusammenhang hat der Referent für Hochwasserschutz vom Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Dr. M. nochmals klargestellt, dass durch den Polder Altrip eine Scheitelreduktion der Hochwasserwelle erreicht werde, die ein Mehrfaches der Reduktion durch eine vergleichbare Variante in Hördt erbringe (Bl. 905 GA). Diese Gegebenheiten zeigen aber deutlich, dass die Variante „Hördter Rheinaue“ letztlich auf ein anderes Projekt hinauslaufen würde und sie sich auch deshalb nicht als vorzugswürdige Alternative aufdrängt.

183

Was im Übrigen die von der Berufung angesprochene fehlende Prüfung von Ausführungsalternativen angeht, so bleibt zu sehen, dass solche (unter Beibehaltung der Wirksamkeit des Rückhalteraumvolumens im Bereich Altrip) weder substantiiert dargelegt noch auf der Hand liegen und sich von daher dem Beklagten auch nicht aufdrängen mussten.

184

Aber selbst wenn trotz alledem hinsichtlich der Standortalternative Mängel im Abwägungsvorgang zu bejahen wären, könnten diese aufgrund von § 75 Abs. 1 a VwVfG, der hier über § 114 Abs. 1 Nr. 1 LWG Anwendung findet, nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, weil solche hier keinesfalls auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sind. Die vorstehenden Ausführungen zeigen nämlich, dass der Beklagte auf den Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen im Hinblick auf die besondere Steuerungsfunktion dieses Polders zur Verhinderung des Zusammentreffens der Hochwasserscheitelwellen von Rhein und Neckar im Raum Ludwigshafen/Mannheim nicht verzichten kann und will, sodass eine konkrete Möglichkeit einer anderweitigen Standortwahl durch den Beklagten nicht angenommen werden kann. Von daher ist es für die Bewertung auch ohne Bedeutung, dass − worauf die Berufungskläger nochmals hingewiesen haben − möglicherweise (auch) agrarpolitische Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben könnten. Deshalb bedurfte es nicht der angeregten Zeugenvernehmung zu diesem Punkt.

185

Soweit die Kläger mit den in der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich (s. Anlage 11 zum Sitzungsprotokoll) überreichten und bedingt gestellten fünf Beweisanträgen (Bl. 1644 f. GA) im Einzelnen unter verschiedenen Gesichtspunkten Sachverständigenbeweise dafür anbieten, dass der Standort Hördt als Alternative zum planfestgestellten Vorhaben aus natur- und artenschutzrechtlichen Gründen vorzuziehen sei und sich deshalb als Alternativstandort aufdränge, ist dem vorliegend nicht nachzugehen, da die in den Nrn. 1 bis 5 des Schriftsatzes formulierten Beweisfragen aus den vorstehend erörterten Rechtsgründen unerheblich sind und es daher auf die Beantwortung dieser Fragen im vorliegenden Fall nicht mehr ankommt. Dies gilt auch angesichts der im Beweisantrag Nr. 1 behaupteten Tatsache, das mit dem Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen verfolgte Ziel der Hochwasserscheitelreduzierung könne auch mit einem Polder am Standort Hördt erreicht werden. Denn dem Vortrag des Fachreferenten für Hochwasserschutz Dr. M., wonach mit dem Polder im Bereich Altrip eine wesentlich höhere Scheitelreduktion der Hochwasserwelle als durch eine vergleichbare Variante im Bereich Hördt erreicht werden könne, hat die Berufungsseite nicht substantiiert widersprochen, sodass auch kein Anlass besteht, dem Beweisanbieten insoweit nachzukommen. Im Übrigen ist der Vortrag der Beklagtenseite, dass die Steuerungsfunktion des Polders Altrip in Bezug auf die Vermeidung des Zusammentreffens von Hochwasserwellen von Rhein und Neckar wegen dessen Nähe zur Neckarmündung besser sei als eine solche durch einen weiter entfernt gelegenen Polder, plausibel und nachvollziehbar, sodass bereits dieser Gesichtspunkt dagegen spricht, dass der Standort „Hördter Rheinaue“ zur Zielerreichung ebenso geeignet ist. Selbst wenn man unterstellt, dass der Alternativstandort ebenfalls geeignet ist, würde dieser Umstand nach den bereits vorstehend dargelegten Grundsätzen nicht ausreichen, um ein „Sich-Aufdrängen“ der Alternative Hördt annehmen zu können.

186

Entgegen dem Vorbringen der Berufungsklägerin zu 1) und des Berufungsklägers zu 3) ist die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene Abwägung auch nicht wegen des von dem Berufungskläger behaupteten unzumutbaren Risikos eines Deichbruchs und des Fehlens eines gesicherten Fluchtwegs aus Altrip zu beanstanden.

187

Hinsichtlich der behaupteten Deichbruchgefahr lässt sich − wie bereits von der Vorinstanz ausgeführt wurde − ein Abwägungsfehler schon deshalb nicht feststellen, weil die Planfeststellungsbehörde in Abschnitt III. Nr. 3 des Planfeststellungsbeschlusses angeordnet hat, dass alle baulichen Anlagen i.S. von § 2 LBauO, worunter auch die Deiche fallen, entsprechend den anerkannten Regeln der Technik zu errichten und dabei die einschlägigen DIN-Normen und sonstige technische Vorschriften zu beachten sind. Diese begründen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie sicherheitstechnische Festlegungen enthalten, die einer objektiven Kontrolle standhalten (BVerwG, Beschluss vom 30. September 1996, NVwZ-RR 1997, 214). Darüber hinaus bleibt zu sehen, dass für den Deich nach Nr. 6 der Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses statische bzw. erdstatische Nachweise bezüglich der Standsicherheit und des Auftriebs zu führen sind. Mit Überwachung ist ein qualifiziertes Büro für Grundbau/Bodenmechanik zu beauftragen. Angesichts dieser Regelungen vermag der Senat keinen Abwägungsfehler hinsichtlich der Standfestigkeit des geplanten Deiches zu erkennen, zumal Dr. S. von der TGU in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals darauf hingewiesen hat, dass der Untergrund bei Bau des Polders untersucht und gegebenenfalls durch Bodenaustausch stabilisiert werde. Zweifel an dieser Bewertung ergeben sich auch nicht aus dem von der Berufungsseite zu den Gerichtsakten gereichten Zeitungsartikel, wonach im Jahre 1987 bei einer Probeflutung eines Polders bei Kehl infolge von Lecken in den Dämmen Wasser ins Vorland strömt und Böschungen absackten (s. Anlage 6 − Bl. 1604 GA). Abgesehen davon, dass diese Gegebenheiten damals nicht zu einem Dammbruch führten (s. das von dem Beklagten zu den Akten gereichte Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg vom 21. Dezember 2007 − Anlage 7 − Bl. 1605 GA), waren offenbar die damals fehlenden technischen Möglichkeiten zur Berechnung der Auswirkungen des Betriebs des Polders Ursache für die in dem oben angesprochenen Zeitungsartikel genannten Schwierigkeiten (s. Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg, a.a.O.). Dafür, dass man nunmehr, nachdem mehr als 20 Jahre seitdem vergangen sind, diesbezüglich immer noch entsprechende Berechnungsmethoden fehlen, haben die Berufungskläger weder etwas Substantiiertes vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Vielmehr hat das Regierungspräsidium Freiburg in dem in Rede stehenden Schreiben mitgeteilt, dass die im Februar und Mai 1999 erforderlichen Flutungen der Rückhalteräume planmäßig und ohne hervorhebenswerte Besonderheiten verliefen (s. Bl. 1607 GA).

188

Bezüglich des Fehlens eines gesicherten Fluchtwegs aus Altrip hat die Klägerin zu 1) u.A. vorgetragen, der einzige Fluchtweg bei Polderflutung sei die Straße nach Rheingönheim, deren Benutzung bei Hochwasser in der Vergangenheit Probleme aufgeworfen habe. Der Planfeststellungsbeschluss behandelt diesen Gesichtspunkt nicht, sondern geht nur davon aus, dass die Möglichkeit bestehe, auf der über den Trenndeich führenden K 13 nach Waldsee zu gelangen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde diese Möglichkeit mit den Beteiligten erörtert. Der als Beistand für den Berufungskläger zu 3) auftretende Herr N. erläuterte anhand von Unterlagen, dass seiner Meinung nach die K 13 außerhalb ihres Verlaufs über den Trenndeich bei Polderflutung wegen auf der Straße stehenden Qualmwassers nicht mehr befahrbar sei. Der Beklagte ist dem für den Teil der K 13, der nördlich des Trenndeichs in Richtung Riedsiedlung verläuft, mit dem Hinweis entgegengetreten, der geplante Altripsee werde das durch die Polderflutung austretende Qualm- und Grundwasser aufnehmen und verhindern, dass in diesem Bereich die Fahrbahn überschwemmt werde. Dies wurde auch von Prof. Dr. H. durch seine in diesem Zusammenhang gemachte Aussage bestätigt, dass der Altripsee seinen Zweck erfülle. Hinsichtlich des südlich des Trenndeichs gelegenen Teils der K 13 hat Dr. Sch. für die Beklagtenseite jedoch eingeräumt, dass etwa im Bereich des Campingplatzgebiets „Auf der Au“ bei Polderflutung mit einer Überflutung der Fahrbahn der K 13 in Höhe von ca. 20 cm zu rechnen sei. Dies wird von Prof. Dr. H. in der nachgereichten Stellungnahme vom 5. März 2009 nochmals unterstrichen. Darin stuft er zudem die Befahrbarkeit der K 13 in einem Teilstück im Bereich der Rennbahn als kritisch ein. Der Prozessvertreter des Beklagten hat aber in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass im Norden noch eine Fluchtwegmöglichkeit für die Altriper Bürger über die K 7 bestehe, die hochwasserfrei ausgebaut werde. Schon bisher könne die G. (K 7) nach Rheingönheim bei Hochwasser als „Fluchtweg“ genutzt werden, wenn auch gegebenenfalls nur auf der vom Rhein abgewandten Straßenseite. Dies räumte der Beistand des Berufungsklägers zu 3) in seinen Darlegungen der Fluchtwegsituation ebenfalls ein (s. Präsentation der Fluchtwegproblematik vom 12. Februar 2009 − Bl. 1608 ff. GA −). Auch aus dem von der Berufungsklägerseite vorgelegten Schreiben des Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz vom 7. Oktober 2008 an das Büro des Ministerpräsidenten (Bl. 1646 ff. GA) ergibt sich, dass zwar ab einem Rheinhochwasserstand vom 93,75 m.ü.NN aus Sicherheitsgründen die wasserseitige Richtungsfahrspur für den Straßenverkehr gesperrt werden muss; von einer vollständigen Sperrung ist aber keine Rede. Dies wird auch nicht in der von der Berufungsklägerseite nachgereichten Stellungnahme vom 5. März 2009 behauptet. Demgegenüber wird in dem vorgenannten Schreiben des Ministeriums darauf hingewiesen, dass die Deichausbauplanung vorsehe, die Kreisstraße von der Deichkrone auf die landseitig angeschüttete Deichberme zu verlegen, wodurch nach dem Ausbau die Standsicherheit und Befahrbarkeit der K 7 in beiden Richtungen gesichert sei. Es mag zwar sein, dass − wie die Berufungsklägerseite und Prof. Dr. H. vortragen − eine solche Notumfahrung zu gewissen Engpässen führen wird. Diese erscheinen jedoch angesichts der wenigen Tage, an denen sie auftreten, und angesichts der Auftretenswahrscheinlichkeit einer solchen Situation durchaus hinnehmbar. Allerdings lassen sich diese Überlegungen nicht unmittelbar dem Planfeststellungsbeschluss entnehmen, sodass bezüglich der Fluchtwegproblematik ein Abwägungsdefizit im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses durchaus möglich erscheint. Gleichwohl würde ein solcher Mangel hier nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, denn die obigen Darlegungen zeigen, dass ein eventuell insoweit bestehendes Abwägungsdefizit nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, auch wenn man die bei einer Polderflutung zu erwartende Überflutung der K 13 im Bereich „Auf der Au“ in die Abwägung mit einbezogen hätte. Somit würde es sich insoweit nicht um einen erheblichen Mangel i.S. von § 75 Abs. 1 a VwVfG (i.V.m. § 114 Abs. 1 Nr. 1 LWG) handeln, sodass die Berufungskläger im Hinblick darauf nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses verlangen können. Nach dem oben Dargelegten bestand mithin kein Anlass, den im nachgereichten Schriftsatz vom 13. März 2009 angeregten diesbezüglichen Beweisanträgen nachzukommen. Aus dem gleichen Grunde bedarf es auch keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

189

Ebenso wenig ist ein Abwägungsfehler hinsichtlich der Gefahr von Druckwasser und eines erhöhten Grundwasseranstiegs ersichtlich. Dabei bleibt mit der Vorinstanz hervorzuheben, dass die Planfeststellungsbehörde im vorliegenden Fall zu diesem Problem keine abschließende Regelung getroffen, sondern hierzu insbesondere Vorbehalte in Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss aufgenommen hat (s. Abschnitt III., Nrn. 22, 23, 38). Zwar sind die im Zusammenhang der Planung auftretenden Probleme und Konflikte grundsätzlich abschließend zu bewältigen. Von einer abschließenden Entscheidung kann aber aufgrund § 10 Abs. 1 WHG, der hier über § 72 Abs. 5 LWG Anwendung findet, dann abgesehen werden, wenn sich im Zeitpunkt der Entscheidung nicht feststellen lässt, ob und in welchem Maße nachteilige Wirkungen durch das Vorhaben eintreten werden. Allerdings dürfen aufgrund dieser Regelung Auflagen und Entschädigungen nur dann vorbehalten werden, wenn zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nach Eintritt der nachteiligen Wirkungen noch nicht überwiegend wahrscheinlich, aber gleichwohl greifbare Anhaltspunkte für die Möglichkeit nachteiliger Wirkungen vorhanden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 1996, Buchholz 45.4 § 10 WHG Nr. 5). Dabei ist im Hinblick auf das Abwägungsgebot zu verlangen, dass eine Regelung des Problems, dessen Lösung einem späteren Verfahren vorbehalten bleiben soll, in jenem Verfahren auch objektiv erwartet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2007, juris, unter Bezugnahme auf das Urteil vom 9. März 1979, BVerwGE 57, 297). Außerdem ist der Vorbehalt nur zulässig, wenn sich im Zeitpunkt der Entscheidung die für die Problemlösung notwendigen Kenntnisse nicht mit vertretbarem Aufwand beschaffen lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1985, NVwZ 1986, 640).

190

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend die Abwägungsentscheidung des Beklagten hinsichtlich der zu erwartenden Vernässungs- und Überflutungsfolgen durch Druck- und Grundwasser nicht zu beanstanden. Auch insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfangreichen Darlegungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil verwiesen, denen zu folgen ist. In diesem Zusammenhang bleibt nochmals hervorzuheben, dass − wie bereits die Vorinstanz ausgeführt hat − der Vorhabensträger nicht verpflichtet ist, die schon bestehende Grund- und Druckwasserproblematik in der Umgebung des Vorhabens − insbesondere im Bereich Altrip − zu verbessern. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht diesbezüglich unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des OVG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 29. Oktober 2004, NuR 2005, 657) und des Niedersächsischen OVG (Urteil vom 20. März 2003, ZfW 2004, 101) dargelegt, dass die Berufungskläger lediglich einen Anspruch auf Abwendung von Nachteilen haben, die durch das Vorhaben veranlasst sind und sie daher im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht mehr als die Sicherung des derzeit bestehenden Schutzniveaus begehren können. Es ist deshalb vom Gericht nur zu prüfen, ob die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei davon ausgehen durfte, dass sich die vorhandene Grund- und Druckwasserproblematik durch den Bau und den Betrieb des Polders nicht verschlechtert wird.

191

In Ansehung dieser Maßstäbe ist die Vorinstanz zu dem Ergebnis gelangt, dass hinsichtlich der Grund- und Druckwasserproblematik kein Abwägungsfehler vorliegt, der zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führt. Dieser Einschätzung ist zu folgen. Die Planfeststellungsbehörde hat sich nämlich mit der Druck- und Grundwasserproblematik durch Einholung einer hydrogeologischen Untersuchung und weiterer Stellungnahmen der TGU sowie der diesbezüglichen Überprüfung und Stellungnahmen der ETH Zürich eingehend auseinander gesetzt. Dabei ist sie zu einem vertretbaren Abwägungsergebnis gekommen. Sie hat u.A. im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss festgesetzt, dass insbesondere die mittels des Grundwassermodells der TGU errechneten Schöpfwerkleistung für das Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“ zu verdoppeln ist, um eine zusätzliche Betroffenheit der Gemeinde Altrip und seiner Bewohner ausschließen zu können. Wegen der Unsicherheit, ob die festgesetzten Maßnahmen ausreichen, die durch den gefluteten Polder hervorgerufene Grund- und Druckwasserproblematik zu beherrschen, hat der Beklagte insoweit jedoch keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern in Abschnitt III. Nr. 22 des Planfeststellungsbeschlusses nach Fertigstellung des Polders die Durchführung einer Probeflutung bei geeigneter Hochwasserführung des Rheins bestimmt, um die Berechnungen des verwendeten Grundwassermodells zu überprüfen und gegebenenfalls ergänzende Anpassungsmaßnahmen − wie vorbehalten − anzuordnen. Wegen der Einzelheiten hinsichtlich des zugrunde gelegten Abwägungsmaterials (Gutachten der TGU, Prüfgutachten der ETH Zürich und weitere Stellungnahmen sowie die hiergegen geführten Angriffe der Berufungsklägerseite mittels eines hydrogeologischen Gutachtens und Stellungnahmen von Prof. Dr. H. − Hydrosond −) wird auf die Ausführungen im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

192

Soweit nunmehr mit der Berufung vorgetragen wird, das Verwaltungsgericht habe in seinem Urteil verkannt, dass das TGU-Grundwassermodell die Abflussverhältnisse aus dem gesteuerten Polder zur Vorflut im Neuhofener Altrhein zu stark vereinfacht habe und deswegen zu falschen Ergebnissen gekommen sei, vermögen die Berufungskläger damit nicht durchzudringen.

193

Dies gilt insbesondere für den Vortrag, es bestehe eine große Inhomogenität im Bereich des oberen Grundwasserleiters. Gerade im Hinblick auf Kiesrinnen müsse ein Abfluss des Vielfachen der Wassermenge, die für den Grundwasserstrom berechnet worden sei, erwartet werden mit der Folge, dass eine Gefahr von Überflutungen und hydraulischen Grundbrüchen bestehe. Dass mit solchen Rinnen zu rechnen sei und deshalb zumindest diesbezüglich weitergehende Untersuchungen erforderlich gewesen seien, hat Prof. Dr. H. nochmals in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 betont.

194

Gleichwohl vermag der Senat aufgrund dieses Vorbringens nicht von einer fehlerhaften Beurteilung der Abflussvorgänge aus dem Polderbereich auszugehen. Mit der Vorinstanz ist dabei zunächst davon auszugehen, dass es nicht der von Prof. Dr. H. geforderten weitergehenden detaillierten Ermittlung der hydrogeologischen Bodenverhältnisse bedarf. Denn die dem Grundwassermodell zugrunde gelegten geologischen und hydrogeologischen Daten wurden u.A. der hydrogeologischen Kartierung des Rhein-Neckar-Raums, die auf einer von den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Baden Württemberg und Hessen länderübergreifend durchgeführten Untersuchung beruht, sowie der Bodenkarte des geologischen Landesamtes Rheinland-Pfalz mit Bohrprofilen im Bereich des Altriper Rheinbogens entnommen. In letzterer Karte waren nach unwidersprochenem Vorbringen von Dr. S. (TGU) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch bestehende Bodenaufschlüsse durch bergbauliche Maßnahmen erfasst. Die aus diesen Daten ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerte der Bodenschichten bildeten die Grundlage für das von der TGU angewandte numerischen Grundwassermodells. Hierbei wurde infolge der großen Inhomogenität der Bodenschichten für den Gesamtbereich ein mittlerer Durchlässigkeitsbeiwert angewendet, den die Berufungskläger unter Bezugnahme auf die von Prof. Dr. H. durchgeführten stichprobenartigen Bohrungen in Frage stellen. Wegen der im Einzelnen ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerte wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil verwiesen (s. S. 119 f. des Urteilsumdrucks). Aus alledem ergibt sich zwar unstreitig eine hohe Inhomogenität der Bodenschichten. Dennoch lässt sich daraus nicht die Ungeeignetheit des vorliegenden Grundwassermodells und die Forderung nach weiteren Bohrungen zur Aufspürung von Kiesrinnen herleiten. Diesbezüglich hat bereits Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2007 vor dem Verwaltungsgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 914 R) der Gerichtsakte dargelegt, dass aus seiner Sicht ein Mehr an Bohrungen oder sonstigen Daten keine wesentliche Verbesserung des Modells gebracht hätte. Auch der Prüfgutachter Prof. Dr. K. von der ETA Zürich hat in der vorgenannten mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass selbst dann, wenn man eine wesentlich genauere Aufnahme der Heterogenität der Bodenschichten hätte, letztlich ein Mittelwert für den Wasserandrang entscheidend sei (Bl. 913 R GA). Des Weiteren hat Prof. Dr. K. in den vorgenannten Erläuterungen darauf hingewiesen, dass es Kiesrinnen in jeder Tiefe gebe, jedoch im Bereich des oberen Grundwasserleiters nicht (ohne weiteres) gefunden werden könnten, zumal sich durch Probebohrungen die Rinnenstrukturen in der gesamten Stärke des oberen Grundwasserleiters von bis zu 30 m derzeit mit einem machbaren Aufwand nicht sicher abbilden lasse und Kiesrinnen, die während des Polderbaus an der Oberfläche angetroffen würden, abgedichtet werden könnten (Bl. 915 GA). Dies hat Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Hiernach wird der Untergrund beim Bau des Polders untersucht und − soweit erforderlich − durch Bodenaustausch egalisiert bzw. stabilisiert.

195

Diese nachvollziehbaren Ausführungen sprechen nach Ansicht des Senats dafür, dass weitere Untersuchungen des Untergrundes nicht erforderlich waren. Zwar wird hierdurch auch deutlich, dass das verwendete Grundwassermodell − wie jedes numerische Modell − Schwachstellen aufweist und der maximale Wasserandrang mit dem Modell nicht genau bestimmt werden kann. Diese Ungenauigkeiten können aber mit einer auf einer Sensitivitätsanalyse beruhenden konservativen Abschätzung der Modellparameter kompensiert werden, was hier nach Beanstandungen durch das Prüfgutachten der ETA Zürich durch Neukalibrierung des Modells seitens der TGU im November 2003 erfolgt ist (s. Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 16. Februar 2004). Soweit Prof. Dr. H. im Hinblick darauf die Ansicht vertritt, eine deutliche Verbesserung der Aussagegenauigkeit könne nur durch detaillierte Untersuchungen der maßgeblichen Parameter mittels neuer Bohrungen und Pumpversuchen erreicht werden, wird die Richtigkeit der Überlegungen der von der Behörde herangezogenen Sachverständigen nicht in Zweifel gezogen. Wie Prof. Dr. K. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, wäre eine Verbesserung der Datenlage auf der Input-Parameterseite nur mit einem erheblichen und finanziell unzumutbaren Aufwand möglich (s. schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 23. Juli 2007 in Mappe 5). Außerdem könnten zusätzliche Bohrungen keine erheblich höhere Sicherheit vermitteln, da auch die daraus gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen eines Mittelwertes zu berücksichtigen wären, was aber zu keinen wesentlich größeren Abweichungen führen würde. Denn trotz variierender Leakage-Faktoren und Durchlässigkeitsbeiwerten ist für den hier zu ermittelnden Wasserandrang nur ein Mittelwert über eine größere Fläche von Bedeutung (s. schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. K., a.a.O.). Die Geeignetheit eines Mittelwerts in dem verwendeten Grundwassermodell wird zudem durch den Vortrag von Dr. Sch. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unterstrichen, wonach der zugrunde gelegte Mittelwert durch weitere Pumpversuche an den Grundwassermessstellen bestätigt worden ist. Letztlich bleibt zu sehen, dass das Modell nur als Abschätzung zur Vordimensionierung der Ausgleichsmaßnahmen dienen soll und deshalb erst beim Vorliegen genauerer Erkenntnisse aus der angeordneten Probeflutung die eventuell noch erforderlichen und vorbehaltenen Anpassungen vorzunehmen sind, was von Prof. Dr. K. als sinnvolle Maßnahme angesehen wird, weil kein Grundwassermodell genau ausrechnen könne, wie groß der Wasserandrang nach Bau des Polders wirklich sei (s. Prof. Dr. K., a.a.O.).

196

Vermögen somit die Berufungskläger nicht mit ihrer Rüge durchzudringen, dass der Planung zu stark vereinfachte Abflussverhältnisse zugrunde gelegt worden seien, so gilt dies auch bezüglich ihres Vortrags, die Planbehörde habe bei der Beurteilung von Verschlechterungen der Grundwassersituation durch den Betrieb des Polders − insbesondere für die Ortslage Altrip − nur in unzureichender Weise mögliche Starkregenereignisse berücksichtigt. Diesbezüglich hat die Berufungsklägerseite vor allem vorgetragen, die Vorinstanz habe in ihrem Urteil verkannt, dass infolge des Zusammentreffens zweier hydrologischer Ereignisse (Hochwasserrückhaltung im gesteuerten Polder und gleichzeitiges Starkregenereignis) der Boden weitgehend wassergesättigt sei und es aufgrund dessen zu einem beschleunigten Oberflächenabfluss der Niederschlagsmengen in Richtung Vorflut (Neuhofener Altrhein) komme und dort zusammen mit den vom Polder eingesickerten (Grund-)Wasser einen derartigen Wasseranstieg erzeuge, der die Abpumpkapazität rasch überschreite und somit weitere Überflutungen in der Umgebung bewirke. In diesem Zusammenhang haben die Berufungskläger den Fall diskutiert, dass ein hundertjährliches Niederschlagereignis von 82,5 mm/Tag bei geflutetem Polder auftrete, was bei einer Einzugsgebietsfläche des Neuhofener Altrheins von 8,595 qkm eine Tagesniederschlagsmenge von 709.087,5 cbm ergebe, wobei davon praxisnah nur die Hälfte als abflusswirksame Regentagesmenge zugrunde gelegt werde, sodass es bei 354.543,75 cbm verbleibe, die dem Neuhofener Altrhein an einem solchen Tag zugeführt werde. Dieser Regenmenge haben sie den Tageswert des aus dem Polder zufließenden Grundwassers von 2 cbm/sec, also 172.800 cbm, hinzuaddiert, was einen Tageszufluss von insgesamt 527.343,75 cbm ergibt. Im Hinblick darauf haben die Berufungskläger gerügt, dass diesem Tageszufluss nur eine Abpumpkapazität des Schöpfwerks „Neuhofener Altrhein“ von 414.720 cbm gegenüberstehe. Dieses Vorbringen führt aber nicht dazu, dass der Planfeststellungsbeschluss als abwägungsfehlerhaft angesehen werden müsste.

197

Insoweit ist zunächst mit der Vorinstanz festzustellen, dass sich die bisher bestehende Grund- und Hochwassersituation auch durch die Flutung des im Streit stehenden Polders nicht verschlechtert. Dieser darf nämlich gemäß der Nebenbestimmung III. Nr. 13.5 erst geflutet werden, wenn mindestens 24 Stunden vorher die drei Schöpfwerke, die insgesamt auf eine Tagesleistung von ca. 800.000 cbm Wasser kommen, in Betrieb genommen worden sind. In diesem Zeitraum vor Flutung des Polders wird also eine solche Wassermenge aus den oberirdischen Gewässern in der Umgebung des Polders abgepumpt, dass hierdurch auch ein entsprechender positiver Effekt in Bezug auf die Grundwasserhöhe erzielt wird. Außerdem darf der Polder erst geflutet werden, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90 müNN nicht überschritten ist. Dies gewährleistet, dass auf jeden Fall eine Absenkung des Wasserspiegels zumindest auf diese Höhe stattfindet, bevor eine Flutung der Wasserrückhaltung erfolgt.

198

Aufgrund dieser positiven Effekte ist auch durch den Grundwasserzufluss aus dem gefluteten Polder und dem erhöhten Zufluss aufgrund eines Starkregenereignisses nicht mit einer Verschlechterung der bestehenden Situation zu rechnen. Zwar wäre nach den vorstehend geschilderten Berechnungen der Berufungsklägerseite für ein Starkregenereignis von 82,5 mm/Tag mit einem Tageszufluss von insgesamt 527.343,75 cbm zu rechnen, von dem nur 414.720 cbm abgepumpt werden könnten mit der Folge, dass ein Zufluss von etwa 113.000 cbm im Neuhofener Altrhein als zusätzliche Wassermenge verbliebe. Aufgrund der Nebenbestimmung Nr. 13.5, dass erst mit einem Wasserstand von 90,0 müNN der Polder geflutet werden darf, besteht aber ein Puffer von 273.000 cbm bis zu einer Höhe von 90,5 müNN, bei der erst ein kritischer Zustand bezüglich des Abflusses aus der Schlicht entstehen könnte. Dieser Puffer wird von der zusätzlichen Wassermenge noch nicht einmal in vollem Umfang in Anspruch genommen. Soweit dem in der nachgereichten Stellungnahme des Geologischen Instituts Hydrosond vom 9. März 2009 entgegengehalten wird, dass der Annahme eines Puffers eine falsche Sicht der Grundwasserbeziehungen des Umlandes zum Neuhofener Altrhein zugrunde liege, so vermag auch dies letztlich zu keiner anderen Bewertung zu führen. Der Berufungsklägerseite ist zwar zuzugestehen, dass der Anstieg des Wasserspiegels im Neuhofener Altrhein grundsätzlich auch Einfluss auf den Grundwasserspiegel in Altrip und Umgebung haben kann. In welchem Umfang dies der Fall ist, lässt sich jedoch nicht ohne weiteres in konkreten Werten ausdrücken, da insoweit eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielen. Von daher sind die Rügen von Prof. Dr. H. auch wenig konkret. Es bleibt aber zu sehen, dass im Falle eines Wasserspiegels von über 90 müNN keine Flutung stattfindet und von daher auch ohne Polderflutung ein hoher Grundwasserspiegel gegeben ist. Dieser wird aber durch das vorgesehene Abpumpen des Altrheinwassers, welches bereits 24 Stunden vor Polderflutung einsetzt, jedenfalls gesenkt, auch wenn ein Absenken des Altrheinwasserspiegels auf eine Höhe von 89,4 müNN mehrere Tage dauern sollte. Ohne das angeordnete Abpumpen im Planfeststellungsbeschluss wäre dieser Effekt nicht gegeben. Sollte sich bei der Probeflutung herausstellen, dass die Abpumpkapazität nicht ausreichend ist, um eine Verschlechterung der Situation durch die Poldermaßnahme zu vermeiden, so bleibt aufgrund des im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Vorbehalts die Möglichkeit, dies durch weitere Auflagen zu vermeiden.

199

Aber auch die Ausführungen der Berufungsklägerseite hinsichtlich eines „Worst-Case“-Szenarios vermögen nicht zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zu führen. Dabei wird von einem Starkregenereignis von 200 mm in zwei Stunden ausgegangen, welches zuletzt am 13. Juli 1999 im Raum Altrip stattgefunden haben soll. Schon diese Prämisse erscheint jedoch zweifelhaft. Denn ein solches Extremniederschlagsereignis konnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in seinem von dem Beklagten vorgelegten amtlichen Gutachten vom März 2008 (Bl. 1533 ff. GA) für Altrip nicht bestätigen. Nach den Darlegungen des DWD sind in dem vorgenannten Zeitraum (13. Juli 1999) an den Wetterstationen in der weiteren Umgebung ein maximaler Tageswert von 29 mm (in Heidelberg) gemessen worden. Lediglich in Mannheim konnte an diesem Tag ein Niederschlag von 18,2 l/qm innerhalb von 30 Minuten gemessen werden, was auf zwei Stunden hochgerechnet etwa 73 l/qm ergeben würde. Dies würde auch dem Hinweis des DWD auf S. 10 des Gutachtens (Bl. 1542) entsprechen, wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass es im Raum Altrip am 13. Juli 1999 örtlich zu einem Niederschlag von 35 l/qm innerhalb einer Stunde gekommen sei. Angesichts dessen erscheint es schon äußerst fraglich, ob es seit Beginn der amtlichen Messungen von Niederschlagshöhen schon einmal in den letzten 100 Jahren zu einem von den Berufungsklägern als „Worst-Case“ angenommen Niederschlag in Altrip gekommen ist (behauptete Messungen von Privaten, die über keine geeichten Messvorrichtungen verfügen, reichen für den Nachweis eines solchen Extremniederschlags nicht aus). Abgesehen davon wäre mit einem solchen extremen Niederschlag von etwa 200 mm in 48 Stunden nach dem DWD-Gutachten bei einer vom DWD favorisierten Mittelung der beiden möglichen rechnerischen Projektionen statistisch alle 1000 Jahre zu rechnen. Zwar ist dagegen vonseiten der Berufungskläger unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Ingenieurbüros K. vom 31. März 2008 (Bl. 1565 GA) eingewandt worden, dass die vom DWD für diese Einschätzung verwendeten KOSTRA-DWD-2000 Daten nicht auf Bezugsräume von mehr als 100 Jahren extrapolierbar seien, da ein wissenschaftlicher Konsens bestehe, dass aus den KOSTRA-Daten nur statistische Aussagen bis zu einer Jährlichkeit von 100 Jahren gemacht werden könnten. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass angesichts des Klimawandels von einem Trend zu höheren Niederschlagshöhen auszugehen sei. Gleichwohl lässt sich jedoch aus dem DWD-Gutachten entnehmen, dass die statistische Wahrscheinlichkeit weit über einer 100jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Extremniederschlags liegen muss, auch wenn eine Extrapolation auf 1000 Jahre mit KOSTRA-Daten nicht möglich erscheint. Diese geringe Eintrittswahrscheinlichkeit wird noch zusätzlich herabgesetzt, dass das von der Klägerseite angesprochene zeitgleiche Auftreten eines extremen Hochwassers, welches die Flutung des gesteuerten Polders auslöst, und eines extremen Starkregens von 200 mm/48 Stunden, statistisch noch weniger wahrscheinlich erscheint (s. Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 23. Juli 2007). Berücksichtigt man überdies, dass eine Flutung des Polders nur vorgenommen werden darf, wenn es gelungen ist, durch das Schöpfwerk den Wasserstand im Neuhofener Altrhein auf 90,0 müNN oder tiefer abzusenken, dann besteht jedenfalls für das Zusammentreffen aller dieser Faktoren keine hinreichende Wahrscheinlichkeit derart, dass die von dem Beklagten im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Entscheidungen als abwägungsfehlerhaft zu bewerten wären. An dieser Bewertung ändert auch nichts der Umstand, dass die Beklagtenseite einen Trend zu höheren Niederschlagshöhen aufgrund des Klimawandels zu sehen glaubt, der vom DWD statistisch jedoch nicht belegt werden kann. Zudem spricht gegen die „Worst-Case“-Berechnung der Berufungskläger, die unter Zugrundelegung eines Niederschlagseinzugsgebietes von 8,9 qkm trotz eine Abpumpkapazität von 4,8 cbm/sec auf eine zurückbleibende Wassermenge im Neuhofener Altrhein von 851.900 cbm kommt, dass ein Extremniederschlag von 200 mm in zwei Stunden auf dem gesamten angenommenen Einzugsgebiet von 8,9 qkm wenig wahrscheinlich ist, da es sich bei Extremniederschlägen meist um ein lokal eng begrenztes Ereignis handelt. Darauf hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Daten des DWD zutreffend hingewiesen. Insoweit wird insbesondere auf die Urteilsbegründung der Vorinstanz (S. 130 ff. des Urteilsumdrucks) Bezug genommen, die sich der Senat insoweit zu eigen macht.

200

Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus in dem angegriffenen Urteil nachvollziehbar ausgeführt, dass im Hinblick auf die Absenkung des Wasserspiegels auf 90,0 müNN ein Puffer von 273.000 cbm entsteht und im Neuhofener Altrhein noch weitere 819.000 cbm zur Verfügung stehen, bis dieses Gewässer über die Ufer tritt (S. 134 des Urteilsumdrucks). Berücksichtigt man dabei des Weiteren die Abpumpkapazität von 414.720 cbm/Tag, so zeigt dies, dass selbst ungewöhnliche Extremereignisse, die für den Neuhofener Altrhein nach den obigen Berechnungsvorgaben der Berufungskläger zu einem Tageszufluss von ca. 1.267.000 cbm/Tag führen würden, durchaus beherrschbar wären. Davon geht auch der Prüfgutachter Prof. Dr. K. von der ETH Zürich aus (s. Sitzungsprotokoll vom 13. November 2007 − Bl. 909 R und 910 R). Diese Einschätzung wird letztlich auch durch den in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2008 vom Beklagten überreichten Bericht der BCE über ein Niederschlags-Abfluss-Modell für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom Februar 2009 bestätigt, der ebenfalls − allerdings auf der Grundlage von leicht veränderten Vorgaben (Zuflussmengen von maximal 2,59 cbm/sec) − zu dem Ergebnis kommt, dass 100jährliche Extremniederschlagereignisse von kurzer Dauer, die zeitgleich mit der Flutung auftreten, sicher abgepuffert werden können.

201

Abgesehen davon ist dem Verwaltungsgericht auch darin zu folgen, dass letztlich aufgrund der dargelegten Umstände der Betrieb des Polders nicht kausal für eventuelle Schäden im Zusammenhang mit einem Extremniederschlag sein kann. Dies wird gestützt durch den oben genannten Bericht über das Niederschlags-Abfluss-Modell. Darin wird ausgeführt, dass durch die geplante Maßnahme die bisherige Hochwasser- und Grundwassersituation im Bereich des Neuhofener Altrheins sogar wesentlich verbessert werde. An dieser Beurteilung ändert auch nichts die von Prof. H. dargelegte Möglichkeit, dass bei veränderten Parametern gegebenenfalls mit einem höheren Zufluss zum Neuhofener Altrhein zu rechnen ist. Dies wird durch die aufgrund der Kritik des Prüfgutachters erfolgte Neukalibrierung des Grundwassermodells sowie die Heraufsetzung der Pumpkapazität von 2,4 cbm/sec auf 4,8 cbm/sec weitgehend kompensiert. Auch der Qualmwasseranfall spielt für die Abschätzung der Größenordnung des Wasserzuflusses in dem Grundwassermodell keine Rolle, da der Qualmwasseranfall wegen seiner geringen Menge in diesem Zusammenhang eher einen vernachlässigbaren Faktor darstellt (s. Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 16. Februar 2004).

202

Die Richtigkeit der vorstehenden Annahmen und Ergebnisse sowie vor allem des in der mündlichen Verhandlung überreichten Niederschlags-Abfluss-Modells der BCE wird durch die dem nachgereichten Schriftsatz beigefügte Stellungnahme des Geologischen Büros H. (Prof. Dr. H.) vom 9. März 2009 nicht in Frage gestellt. Auch Prof. Dr. H. vermag nämlich seine vermuteten Ergebnisse nicht mit gesicherten Fakten zu belegen. Vielmehr beleuchtet er mit seiner Stellungnahme lediglich die Schwachstellen der Berechnungsmodelle der Beklagtenseite und verweist auf die bei höherer Datendichte aufgrund von weiteren Untersuchungen möglichen Ergebnisse, die für eine Verschlechterung der Situation durch den Polderbetrieb sprechen könnten. Eine größere Berechnungsgenauigkeit und damit ein besserer Prognoseansatz wird sich aber − abgesehen davon, dass die Richtigkeit einer Prognose allein mit der Postulierung weiterer Datenerhebungen nicht mit Erfolg bestritten werden kann − erst durch eine Probeflutung erreichen lassen, wie bereits oben dargelegt wurde. Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf die in der vorerwähnten Stellungnahme angesprochenen Zufluss-Szenarien mit veränderten Vorgaben und Parametern.

203

Falls sich bei der vorbehaltenen Probeflutung höhere Durchlässigkeitsbeiwerte und Leakage-Faktoren ergeben sollten, die zu einem erhöhten Zufluss zum Neuhofener Altrhein führen, kann dem durch Detailanpassungen in weiteren Auflagen, die ebenfalls im Planfeststellungsbeschluss vorbehalten worden sind, Rechnung getragen werden (s. schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 23. Juli 2007). Dies alles zeigt aber auch, dass selbst dann, wenn hinsichtlich der Druck- und Grundwasserproblematik aufgrund von Fehleinschätzungen ein Abwägungsfehler gegeben wäre, dieser wegen der vorgenannten Vorbehalte nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, und somit auch deshalb eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses im Hinblick auf § 75 Abs. 1 a VwVfG nicht in Betracht kommt. Von daher war weder den im Schriftsatz vom 13. März 2009 enthaltenen Beweisanträgen (Nrn. 1-8) nachzukommen, noch im Hinblick darauf die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

204

Angesichts der vorstehenden Ausführungen waren zudem die von den Berufungsklägern in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 bedingt gestellten Beweisanträge abzulehnen. Dies gilt zunächst für die im Schriftsatz vom gleichen Tage enthaltenen Beweisanträge Nrn. 1 bis 9 (Anlage 10 zum Sitzungsprotokoll − Bl. 1637 ff. GA). Eine Beweiserhebung zu den dort aufgeworfenen Fragen ist nämlich nicht erforderlich, da diese Fragen durch die Sachverständigen beider Seiten mittels gutachterlicher Stellungnahmen hinreichend abgehandelt und in den mündlichen Verhandlungen beider Instanzen erörtert worden sind und insoweit ein weiterer Aufklärungsbedarf nicht mehr besteht, da diese Fragen wegen der Heilung möglicher Abwägungsfehler gemäß §§ 115 Abs. 1 LWG, 75 Abs. 1 a VwVfG unerheblich sind. Entsprechendes gilt auch für die weiteren zu Protokoll gegebenen Beweisanträge Nrn. 1 bis 4 (Bl. 1590 f. GA). Diese zielen mit ihren Beweisthemen auf den gleichen Fragenkomplex wie die Beweisanträge im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 ab. Im Unterschied dazu werden lediglich anstelle der bereits in diesem Schriftsatz unter Beweis gestellten Zufluss-Szenarien die daraus sich ergebenden Abpumperfordernisse unter Beweis gestellt.

205

In Anbetracht der gesamten vorstehend erörterten Umstände kann nicht von einer Abwägungsfehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Hinblick auf die Druck- und Grundwasserproblematik infolge eines Zusammenwirkens von Rheinhochwasser, Polderflutung, Niederschlagsereignissen und ungünstigen Bodenverhältnissen ausgegangen werden. Vielmehr sind die von der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbescheid festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen als ausreichend anzusehen, um mögliche Konflikte in diesem Zusammenhang zu bewältigen.

206

Ebenso wenig vermag der Senat Abwägungsfehler im Hinblick auf die Wirkung des geplanten Altripsees zu erkennen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil verwiesen. Das darin der unterirdische Zufluss von 6.912 cbm statt mit 69.120 cbm angegeben worden, beruht auf einem offensichtlichen Schreibfehler und hat auf die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Argumentation keinen Einfluss. Im Übrigen hat Prof. Dr. H. von der Berufungsklägerseite in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass der Altripsee seinen Zweck erfüllt.

207

Schließlich verletzt die planerische Abwägungsentscheidung im Hinblick auf die von der Berufungsklägerin zu 1) als Gemeinde geltend gemachten Verletzung ihrer Planungshoheit sowie hinsichtlich der speziellen Betroffenheiten der Berufungsklägerin zu 2) und des Berufungsklägers zu 3) diese nicht in eigenen Rechten. Da diesbezüglich im Berufungsverfahren keine vertiefenden Ausführungen mehr gemacht worden sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (S. 135 ff. des Urteilsumdrucks). Allenfalls bezüglich der in der mündlichen Verhandlung vom Berufungskläger zu 3) zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen (Bl. 1629 ff. GA) bleibt noch anzumerken, dass der Planfeststellungsbeschluss die durch Lichtbilder dokumentierte jetzige Grundwassersituation am Wohnhaus des Berufungsklägers zu 3) nicht verbessern muss, andererseits es sich aber auch aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, dass eine Verschlechterung der Situation durch die Poldermaßnahme nicht zu erwarten ist. Dass die behauptete Zusage des Baus einer Grundwassermessstelle im Bereich seines Wohnhausgrundstücks noch nicht erfüllt worden ist, betrifft allenfalls den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses und stellt die Rechtmäßigkeit nicht in Frage und dürfte im Übrigen möglicherweise daran liegen, dass der Planfeststellungsbeschluss infolge des Berufungsverfahrens noch nicht bestandskräftig geworden ist und von daher kein Anlass bestand, bereits vorher mit Maßnahmen im Zusammenhang mit dem geplanten Polderbau zu beginnen.

208

Nach alledem war der Hauptantrag, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, abzuweisen.

209

Ebenso wenig vermögen die Berufungskläger mit ihren bereits in der Vorinstanz gestellten Hilfsanträgen durchzudringen. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts verwiesen. Darüber hinaus kann ebenfalls der erstmals im Berufungsverfahren höchst vorsorglich gestellte Zurückverweisungsantrag keinen Erfolg haben. Die Voraussetzungen des hier für die Zurückverweisung anzuwendenden § 130 Abs. 2 VwGO liegen nämlich nicht vor, zumal eine weitere Verhandlung wegen einer noch vorzunehmenden Beweisaufnahme nicht erforderlich und auch keine fehlende Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts gegeben ist.

210

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

211

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

212

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

213

Beschluss

214

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 90.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG), der sich aus einem Streitwert für die Berufungsklägerin zu 1) von 60.000,-- € und einem solchen von je 15.000,-- € für jeweils die Berufungskläger zu 2) und 3) zusammensetzt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und in entsprechender Abänderung der Festsetzung des Verwaltungsgerichts auch für das Verfahren in erster Instanz auf 50.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des ca. 40.000 qm großen Anwesens B-Straße 1 in C-Stadt (Parzelle Nr. 101/149 in Flur 4 der Gemarkung Körprich), auf dem sie seit 1973 ein Maschinenbau-Fertigungsunternehmen mit gegenwärtig etwa 75 Mitarbeitern betreibt. Dieses stellt in mehreren baulich verbundenen Hallen unter Einsatz verschiedener Präzisionsfertigungsmaschinen (Bohr- und Fräsmaschinen) Maschinenbauteile für die Stahlindustrie her. Die Teile werden innerhalb des Betriebs durch Krananlagen transportiert.

Das Betriebsgelände ist von den Auswirkungen eines von der Beigeladenen (Bergwerk Saar/Förderstandort Ensdorf) auf der Grundlage eines bestandskräftigen Rahmenbetriebsplans aus dem Jahre 1990 und einer Sonderbetriebsplanzulassung des Antragsgegners für die „Anhörung der Oberflächeneigentümer“ vom 25.11.2005 durchgeführten Abbaus der Strebe Prims 1 bis Prims 4 im südlich der Ortslage von Körprich gelegenen Flöz Schwalbach, Feld Primsmulde (Süd), betroffen. Das in den Genehmigungsunterlagen zum Sonderbetriebsplan unter der Kenn-Nr. 3787 und mit den Objekt-Nrn. 4580 bis 4649 und – was die ebenfalls auf dem Gelände ansässige Firma Plakoma anbelangt – mit den Objekt-Nrn. 4650 – 4670 aufgeführte Parzelle Nr. 101/149 der Antragstellerin liegt nach den Plänen nördlich jenseits der für die Strebe Prims 1 und Prims 2 ermittelten Einwirkungslinie, etwa 200 m südlich der Senkungsgrenze. Bezogen auf alle vier Strebe befindet sich das Grundstück im Einwirkungsbereich.

Der Sonderbetriebsplan wurde im August 2006 auf Antrag der Beigeladenen hinsichtlich der derzeit im so genannten Doppelstrebsystem von Westen her gefahrenen Strebe Prims 1 und Prims 2 für sofort vollziehbar erklärt. Mit dem Abbau der Strebe Prims 3 und Prims 4 soll nach der Planung der Beigeladenen im Jahr 2009 begonnen werden.

Nach den die Strebe Prims 3 und Prims 4 einschließenden Berechnungen der Beigeladenen und des Antragsgegners sind durch den Abbau aller vier Strebe für das Anwesen eine maximale Senkung von 18 cm, eine maximale Schieflage von 0,9 mm/m, eine Zerrung bis 1,2 mm/m sowie eine Pressung bis minus 0,1 mm/m prognostiziert. Speziell für den Betrieb der Antragstellerin heißt es in der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005, spätestens zu Beginn des Abbaus seien alle auf Bodenbewegungen empfindlich reagierenden Maschinen mit geeigneten Messverfahren „auf Bewegung hin zu überwachen“. Messverfahren und –systeme seien entsprechend den Genauigkeitsanforderungen der Fertigungsmaschinen auszuwählen. Auf bergbauliche Einwirkungen empfindlich reagierende Einrichtungen des Betriebs der Antragstellerin seien so zu sichern oder so auszurichten, dass Produktionsausfälle vermieden werden.

Die Antragstellerin, die im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach § 48 Abs. 2 BBergG (vgl. die Veröffentlichung im Amtsblatt des Saarlandes vom 1.4.2004, Seite 748) mit Schreiben vom 3.6.2004 Einwendungen gegen den geplanten Kohleabbau erhoben hatte, beantragt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (vgl. den Widerspruchsbescheid des Oberbergamts für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz vom 23.8.2006 – II ENPS/722/06-10 –) beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage – 5 K 73/06 – gegen die genannte Sonderbetriebsplanzulassung.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28.3.2007 – 5 F 21/06 – ist zulässig, aber unbegründet. In Antragsverfahren nach den §§ 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist Entscheidungskriterium für die Verwaltungsgerichte die mit den Erkenntnismöglichkeiten des Eilverfahrens zu prognostizierende Erfolgsaussicht eines in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs. Maßgebend ist daher das (voraussichtliche) Vorliegen einer für den Erfolg der beim Verwaltungsgericht unter der Geschäftsnummer 5 K 73/06 anhängigen Anfechtungsklage der Antragstellerin unabdingbaren Verletzung speziell ihrem Schutz dienender Vorschriften des öffentlichen Rechts durch die bergbehördliche Zulassungsentscheidung vom 25.11.2005 (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ob diese Genehmigungsentscheidung ansonsten objektiv-rechtlich den für sie geltenden gesetzlichen Anforderungen genügt, spielt demgegenüber in dem Zusammenhang keine Rolle. Die Erfolgsaussichten der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren hat das Verwaltungsgericht zu Recht negativ beurteilt. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Beschwerdebegründung rechtfertigt keine abweichende Einschätzung.

1. Das gilt zunächst, soweit sich die Antragstellerin gegen die Beschränkung der Anordnung sofortiger Vollziehbarkeit der Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005 auf die gegenwärtig im Abbau befindlichen Strebe Prims 1 und Prims 2 wendet und geltend macht, das Verwaltungsgericht habe demgemäß auch in dem vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren alleine die Auswirkungen des Abbaus dieser beiden Strebe berücksichtigt. Die beiden gegenwärtig im Abbau befindlichen Strebe sind vom Abbauvorhaben her einer selbständigen „Vollziehung“ zugänglich. Das Vorliegen einer sachlich teilbaren Zulassungsentscheidung des Antragsgegners rechtfertigt die Beschränkung der Betrachtung auf die „Vollzugsfolgen“ im Aussetzungsverfahren. Bei der rechtlichen Beurteilung des späteren Abbaus in den Streben Prims 3 und Prims 4 sind gegebenenfalls dann schon eingetretene Folgen des Abbaus in den Streben Prims 1 und Prims 2 in die Gesamtbetrachtung einzustellen. Die unterschiedliche Behandlung der beiden Strebpaare im Rahmen der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit folgt dem Abbaufortschritt, ist daher nicht willkürlich und lässt sich auch nicht mit dem Attribut „Salamitaktik“ oder als „willkürliche Aufsplittung“ beschreiben.

Zum anderen kommt in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts an mehreren Stellen zum Ausdruck, dass der Beurteilung, was die zu erwartende maximale Senkung (18 cm), die maximale Schieflage (0,9 mm/m) sowie die Zerrung (1,2 mm/m) und die Pressung (- 0,1 mm/m) anbelangt, zugunsten der Antragstellerin bereits die von dem Antragsgegner für deren Anwesen prognostisch ermittelten Gesamtauswirkungen des Abbauvorhabens, also der Strebe Prims 1 bis Prims 4, zugrunde gelegt wurden, weil die Berechnungen keine Differenzierung enthielten. (vgl. dazu die Ausführungen auf Seite 4 oben des angegriffenen Beschlusses vom 28.3.2007 – 5 F 21/06 –, wo im Übrigen ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass – mit entsprechenden Folgen für die Einzelbetrachtung – die Strebe Prims 1 und Prims 2 vom Grundstück der Antragstellerin weiter entfernt liegen als die Strebe Prims 3 und Prims 4, sowie die entsprechende Gesamtbetrachtung der Abbaufolgen auf Seite 19) Zumindest unter dem Aspekt gibt es im Ergebnis auch keine unter Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht berücksichtigten oder „angeblich nicht berücksichtigungsfähigen Auswirkungen des Gesamtvorhabens“. Was daran – wie die Antragstellerin meint – „unpräzise“ oder gar in der Formulierung „nebulös“ sein soll, bleibt unverständlich. Es ist nicht zu erkennen, worin bei dieser Vorgehensweise eine Benachteiligung der Antragstellerin oder gar eine Verkürzung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten liegen sollte. Lässt sich nämlich an diesem Maßstab keine subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin für die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO prognostizieren, so gilt das erst recht für eine auf die Strebe Prims 1 und 2 begrenzte Zulassungsentscheidung.

2. Auch nach dem Beschwerdevorbringen ist weiter davon auszugehen, dass die Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005 in der hier maßgeblichen Fassung des Widerspruchsbescheids des Oberbergamts vom 23.8.2006 auch inhaltlich nicht an einem ihre Aufhebung rechtfertigenden Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin leidet.

2.1 Eine Verletzung ihrer Rechte folgt entgegen ihrer Auffassung nicht bereits aus dem Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor der Zulassung des Anhörungsbetriebsplans.

2.1.1 Das Umweltverträglichkeitsrecht vermittelt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, (grundlegend: OVG des Saarlandes, Beschluss vom 29.5.1995 – 8 W 9/95 –, SKZ 1995, 251, Leitsatz Nr. 10) auch des erkennenden Senats, (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 26/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 33, unter Hinweis auf den einem Enteignungsbetroffenen zustehenden Anspruch auf „Gewährleistung einer gemeinwohlbezogenen Enteignung“, wobei in der Entscheidung eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) bezüglich eines obligatorischen Rahmenbetriebsplans (§ 52 Abs. 2a BBergG, Planfeststellungsbeschluss) auch angesichts „unterstellt fehlerhafter Umweltverträglichkeitsprüfung“ verneint worden ist) den Oberflächeneigentümern keinen Drittschutz. Ein einklagbares Recht auf Durchführung einer von Gesetzes wegen erforderlichen UVP, die gegebenenfalls unselbständiger Teil eines Verwaltungsverfahrens (Planfeststellung) ist (§ 2 Abs. 1 UVPG) und dazu dient, die Umweltbelange für die abschließende Entscheidung aufzubereiten, kommt nur in Fällen einer beabsichtigten förmlichen Enteignung des Betroffenen im Verständnis des Art. 14 Abs. 3 GG ausnahmsweise in Betracht. Davon ist im Fall der Antragstellerin nicht die Rede.

An dieser Rechtsprechung wird festgehalten. Sie ist jedenfalls für den vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht „durch die jüngere europäische und nationale Gesetzgebung überholt“. Dies gilt zunächst für die in dem Zusammenhang von ihr angeführten Bestimmungen des zur Umsetzung von Vorgaben in Art. 3 Nr. 7 und Art. 4 Nr. 4 der gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 (vgl. ABl. L 156 Seite 17, abgedruckt z.B. im Anhang 5 bei Gassner, UVPG, 1. Auflage 2006, Seiten 465 ff.) über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten erlassenen Umwelt-Rechtsbehelfegesetzes (URG). (vgl. das Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 7.12.2006, BGBl. 2816) Dieses Gesetz hat in erster Linie eine zusätzliche Verbandsklagemöglichkeit für bestimmte „anerkannte Vereinigungen“ ohne eigene subjektiv-rechtliche Betroffenheit und damit prozessual eine gesetzliche Einräumung der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) im Blick. Seine Anwendbarkeit auf das Anfechtungsbegehren der Antragstellerin ließe sich nur aus § 4 Abs. 3 URG herleiten. Diese Vorschrift erstreckt die Befugnis der Vereinigungen, bei gesetzwidrig unterbliebener Prüfung der Umweltverträglichkeit die Aufhebung einer Entscheidung im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben zu verlangen (§ 4 Abs. 1 URG), auf Rechtsbehelfe von Beteiligten im Sinne des § 61 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO. Nach der Übergangsregelung in § 5 URG gilt dieses Gesetz erst für Verfahren, die nach dem 25.6.2005, also nach Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 6 Abs. 1 der RiL 2003/35/EG, eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Das ist hier entgegen der Auffassung der Antragstellerin, die insoweit nicht nachvollziehbar auf den Erlass des Widerspruchsbescheids im August 2006 hinweist, nicht der Fall. „Eingeleitet“ wird ein Genehmigungsverfahren mit dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung, hier der Betriebsplanzulassung. Der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung des Sonderbetriebsplans „Anhörung der Oberflächeneigentümer nach § 48 Abs. 2 BBergG“ für den Abbau der Strebe Prims 1 bis Prims 4 ist am 14.10.2003 beim Antragsgegner eingegangen, also lange vor dem nach § 5 URG für die Anwendbarkeit des Gesetzes maßgeblichen Zeitpunkt. Der § 4 Abs. 3 URG wäre von daher vorliegend selbst dann nicht geeignet, der Antragsstellerin eine „drittschutzbezogene Berechtigung“ zu verleihen, wenn man für den Sonderbetriebsplan eine eigene UVP-Pflichtigkeit unterstellt (dazu unter 2.1.2).

Soweit die Antragstellerin in dem Zusammenhang auf den neuen Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG hinweist, kommt dem keine eigenständige Bedeutung zu. Eingeführt wurde die Vorschrift durch den erwähnten Art. 3 Nr. 7 der RiL 2003/35/EG und gerade dessen Umsetzung in nationales Recht dient das URG. Diese erfolgte hinsichtlich des Anwendungsbefehls (§ 5 URG) unter Übernahme der Umsetzungsfrist im Sinne des Art. 6 der RiL 2003/35/EG. Die Frage einer „Direktwirkung“ aufgrund entsprechender Fristversäumnisse der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der weiteren, damit zusammen hängenden Frage des Vorliegens der inhaltlichen Anforderungen für eine unmittelbare innerstaatliche Berufungsmöglichkeit potentiell Berechtigter auf dieses Gemeinschaftsrecht (Art. 10a UVP-RiL) stellt sich daher nicht. Ob der Begriff „betroffenen Öffentlichkeit“ in der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe weiter ist als in der nationalen Umsetzung, (vgl. hierzu auch das Gesetz über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 9.12.2006, BGBl. Seiten 2819 ff.) kann ebenfalls dahinstehen.

Die von der Antragstellerin aus der 2. Alternative im Halbsatz 1 des § 5 URG gefolgerte Anwendbarkeit des Gesetzes auf den streitgegenständlichen Sonderbetriebsplan kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Vorliegend geht es nicht darum, ob ein Verfahren mit den Folgen der UVP-Pflichtigkeit „hätte eingeleitet werden müssen“. Das Zulassungsverfahren auch für den Sonderbetriebsplan „Anhörung“ wurde, wie ausgeführt, bereits im Oktober 2003 tatsächlich eingeleitet. Wollte man der Interpretation der Antragstellerin folgen und das URG auf alle im Zeitpunkt seines Inkrafttretens noch nicht abgeschlossenen Verfahren anwenden, so liefe die 1. Alternative des 1. Halbsatzes in § 5 URG leer. Diese Auslegung widerspräche unschwer erkennbar dem Willen des nationalen Gesetzgebers. Für vor dem Stichtag tatsächlich eingeleitete Verfahren stellt sich die Frage nicht, ob ein solches Verfahren „hätte eingeleitet werden müssen“. Die Regelung erfasst vielmehr die Fallkonstellationen, in denen eine Genehmigungsbehörde beziehungsweise der Vorhabenträger oder beide zusammen auf die „Einleitung“ eines Verfahrens vor der Realisierung entweder bewusst oder aufgrund fehlerhafter Interpretation der Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsrechts „verzichten“. Die 2. Alternative des 1. Halbsatzes des § 5 URG soll eine derartige Umgehung des UVP-Erfordernisses sanktionieren. Angesichts der eindeutigen Vorgaben des nationalen Gesetzgebers ist auch kein Raum, im Wege einer „europarechtlich veranlassten“ Uminterpretation (so wohl OVG Koblenz, Urteil vom 25.1.2005 – 7 B 12114/04 -, DÖV 2005, 436, zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, wonach es auf die Umsetzungsfrist nicht ankommen soll, weil das deutsche Verfahrens- und Prozessrecht in seinem Bestand „ohne weiteres in der Lage“ sein soll, einer selbständigen drittschützenden Funktion von Verfahrensbestimmungen Anerkennung zu verschaffen) des § 5 URG die Befugnisse Einzelner zur Berufung auf das verfahrensfehlerhafte Unterbleiben einer UVP auszudehnen.

2.1.2 Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die Frage der objektiven UVP-Pflichtigkeit, insbesondere der Maßgeblichkeit der vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist für die UVP-Richtlinie (vgl.  hierzu Art. 12 Abs. 1 der RiL 85/337/EWG des Rates vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RiL)) beantragten Rahmenbetriebsplanzulassung im Umweltverträglichkeitsrecht wegen der mangelnden subjektiven Berufungsmöglichkeit der Antragstellerin im konkreten Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist. Schon deswegen ist die von der Antragstellerin in dem Zusammenhang begehrte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht veranlasst. Darüber hinaus hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest, dass hinsichtlich der Frage des Erfordernisses einer Umweltverträglichkeitsprüfung allein auf den erwähnten Rahmenbetriebsplan aus dem Jahre 1990 abzustellen ist und dass dieser einer derartigen Umweltprüfung noch nicht bedurfte. Mit dem Rahmenbetriebsplan wurde im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG über die „Zulässigkeit des Vorhabens“ entschieden und dem Vorhabenträger allgemein das „Recht zur Durchführung“ (vgl. die Definition der „Genehmigung“ in Art. 1 Abs. 2 UVP-RiL) des Abbaubetriebs in dem konkreten Gebiet eingeräumt. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, für welche Vorhaben des Übergangszeitraums bis zur nationalen Umsetzung in den Mitgliedstaaten die Anforderungen der UVP-Richtlinie in zeitlicher Hinsicht noch nicht galten. Dies betrifft nicht nur die vor dem 3.7.1988, also vor Ablauf der dreijährigen Umsetzungsfrist genehmigten Fälle, sondern auch die Vorhaben, in denen das Genehmigungsverfahren vor dem genannten Zeitpunkt eingeleitet worden war („Pipeline-Projekte“). (vgl. dazu grundlegend EuGH, Urteil vom 11.8.1995 – Rs C-431/92 –, Slg. 1995 I 2189 ff., insbes. Leitsatz 2, wonach es den Mitgliedstaaten, die nicht zeitgemäß umgesetzt hatten, verwehrt war, ein nach dem Stichtag begonnenes Genehmigungsverfahren für ein Projekt von den Verpflichtungen der Richtlinie zu befreien, wobei es auf den Zeitpunkt der Stellung des förmlichen Genehmigungsantrags ankam; zur Überleitung speziell im deutschen Bergrecht Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Bundesberggesetzes vom 12.2.1990, BGBl. Seiten 215, 217) Das war hier der Fall. Der Antrag auf Zulassung des Rahmenbetriebsplans war am 5.2.1988 beim Antragsgegner eingegangen.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist das Erfordernis einer UVP in den anschließenden Betriebsplanzulassungsverfahren nicht selbständig neu zu prüfen. Spätere Betriebsplanzulassungen, die der Ausführung des durch den Rahmenbetriebsplan zugelassenen Vorhabens dienen, bedürfen keiner Umweltverträglichkeitsprüfung. Insbesondere erschließt sich nicht, warum gerade für den hier zur Rede stehenden Anhörungsbetriebsplan speziell zur Erfassung der Belange der Oberflächeneigentümer etwas anderes gelten sollte, zumal die Regelungen über die UVP, jedenfalls was ihren materiellrechtlichen Gehalt angeht, keine subjektive Schutzwirkung für den einzelnen privaten Bergbaubetroffenen entfalten. Auch der den Begriff des „Vorhabens“ im Sinne der §§ 52 Abs. 2a, 57c Satz 1 Nr. 1, 57a BBergG definierende § 1 der UVP-V Bergbau (vgl. die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) vom 13.7.1990, BGBl. Seite 1420) stellt auf das Gewinnungsvorhaben als solches ab, nicht auf einzelne Schritte eines mehrstufigen Verfahrens. Insofern weist die Antragstellerin im Ergebnis sogar zu Recht – wenn auch mit unzutreffender Schlussfolgerung – darauf hin, dass es sich hier nicht um einen Anwendungsfall der Nr. 13 (1. Spiegelstrich) im Anhang II zur UVP-RiL (vgl. die Richtlinie 97/11/EG des Rates zur Änderung der UVP-RiL vom 3.3.1997 (ABl. L 73, Seite 5), abgedruckt bei Gassner, UVPG, 1. Auflage 2006, Seiten 437, 450 (Anh. 3)) handelt, die „Änderungen und Erweiterungen“ bereits genehmigter Projekte mit potentiell erheblichen nachteiligen Wirkungen auf die Umwelt erfasst. Das Abbauvorhaben der Beigeladenen als (gemeinschaftsrechtlich:) „Projekt“ wird durch den streitigen Anhörungsbetriebsplan weder „geändert“ noch „erweitert“, wobei der erwähnte Anhang II ohnehin die Projekte beschreibt, für die nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RiL den Mitgliedstaaten ausdrücklich eine Bestimmungsbefugnis eingeräumt wurde (dazu nunmehr § 3e UVPG). (vgl. dazu aber die Rechtsprechung des EuGH, der die Auffassung vertritt, dass der durch Art. 4 Abs. 2 UVP-RiL für die Mitgliedstaaten eröffnete „Ermessensspielraum“ durch die in Art. 2 Abs. 1 UVP-RiL festgelegten Verpflichtungen begrenzt sei, EuGH, Urteil vom 4.5.2006 – C-508/03 –, NVwZ 2006, 803, 805 (RNr. 88 m.w.N.))

Soweit die Antragstellerin die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu bergrechtlichen Vorhaben zitiert, hier insbesondere ein Urteil vom 7.1.2004, (vgl. EuGH, Urteil vom 7.1.2004 – Rs. C 201/02 –, NVwZ 2004, 593) ist festzuhalten, dass dieser Entscheidung ein wesentlich anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Gegenstand der rechtlichen Bewertung war eine vom EuGH im Ergebnis beanstandete Sonderregelung im britischen Raumordungs- und Entschädigungsrecht ( Planning and Compensation Act 1991 ) für „alte Bergbauberechtigungen“ ( Old Mining Permissions , OMP), wonach die zuständigen Behörden die „Wiederaufnahme“ eines Bergbaubetriebs aufgrund der besonderen Regelung ohne UVP zulassen konnten. Im konkreten Fall ging es um eine aufgrund von Sonderregelungen für den Abbau von Mineralien zur Befriedigung des in der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg aufgetretenen Bedarfs an Baumaterialien im Jahre 1947 erteilte Genehmigung (OMP) für einen Steinbruch ( Conygar Quarry ). Dieser war jedenfalls zum Zeitpunkt des Erwerbs eines Nachbargrundstücks durch die Klägerin des Verfahrens im Jahre 1984 bereits „seit langem nicht mehr betrieben“ worden. Streitig war jetzt die kurzzeitige Wiederaufnahme des Steinbruchbetriebs im Juni 1991, für die Anfang dieses Jahres die „Registrierung“ der alten Genehmigung aus dem Jahre 1947 beantragt worden war, um einem Erlöschen der Genehmigung aufgrund Übergangsrechts im Jahre 1992 zuvorzukommen. Die anschließend in den Jahren 1993 bis 1998 mit zahlreichen strengen Betriebsauflagen erteilten Zulassungsentscheidungen hat der EuGH als neue Genehmigungen zur Verhinderung des Erlöschens der vor Jahrzehnten erteilten Zulassungen bewertet. Diese Konstellation ist mit dem vorliegenden Fall nicht zu vergleichen. Die Zulassung des mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachträglich bis 31.12.2038 befristeten (vgl. den Ergänzungsbescheid vom 25.5.1992, Blatt 207 im Ordner I, RBP-Verfahren) Rahmenbetriebsplans im Jahre 1990 diente dem Abbau der Steinkohle in den Flözen Schwalbach im Feld Dilsburg und in der Primsmulde und in den Flözen Wahlschied und Grangeleisen im Feld Dilsburg. Dieses Vorhaben wurde zeitnah auf der Grundlage von Sonderbetriebsplanzulassungen in Angriff genommen beziehungsweise fortgeführt (vgl. beispielsweise die bei den Aktenbefindlichen Sofortvollzugsanordnungen des Antragsgegners aus dem Jahre 1992, Blätter 224 ff. im Ordner I, RBP-Verfahren) und hat bis heute keine Unterbrechung erfahren.

Das weiter angeführte Urteil des EuGH vom 4.5.2006 (EuGH, Urteil vom 4.5.2006 – C-508/03 –, NVwZ 2006, 803 ff.) betraf das britische Baurecht, auf dessen Grundlage für zwei Einkaufszentren ( White City Projekt bzw. Chrystal Palace Park Conservation Area ) – im deutschen Verständnis – Bauvorbescheide erteilt worden waren. Beanstandet wurde die Regelung im britischen Recht, die – so der EuGH – durch entsprechende Vorbehalte auf der ersten Stufe und die rechtliche Ausgestaltung des weiteren Verfahrens bestimmten Projekten trotz erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt erlaubte, einer „Prüfung zu entgehen“ (RNr. 98). Deswegen seien, so die Begründung des Gerichts, der Bauvorbescheid und die Entscheidung über die Genehmigung der vorbehaltenen Punkte zusammen als „mehrstufige Genehmigung“ im Sinne des Art. 1 Abs. 2 UVP-RiL zu begreifen. Im Ergebnis (RNr. 104) hat der EuGH dann festgestellt, dass bei nach nationalem Recht vorgesehenen „mehrstufigen“ Genehmigungsverfahren, in denen zunächst eine Grundsatzentscheidung ergehe und dann eine „Durchführungsentscheidung“ getroffen werde, die nicht über die in der Grundsatzentscheidung festgelegten Vorgaben hinausgehen dürfe, die möglichen Umweltauswirkungen eines Projekts „im Verfahren des Erlasses der Grundsatzentscheidung zu ermitteln“ sind. Nur wenn diese Auswirkungen erst im Verfahren der „Durchführungsentscheidung“ ermittelt werden könnten, müsse die Prüfung im Rahmen dieses Verfahrens vorgenommen werden. Letzteres ist vorliegend gerade nicht der Fall. Wie der § 52 Abs. 2a BBergG allgemein verdeutlicht, ist gerade das dann als Planfeststellungsverfahren ausgestaltete Rahmenbetriebsplanverfahren vom nationalen Gesetzgeber zum Standort der Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht worden. Es kann also keine Rede davon sein, dass die Umweltauswirkungen erst später ermittelt werden „können“. Das Problem besteht im konkreten Fall vielmehr darin, dass die Rahmenbetriebsplanzulassung aufgrund des Übergangsrechts – auch nach Meinung des EuGH – noch ohne Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden konnte und das unterscheidet den vorliegenden Sachverhalt wesentlich von dem der Entscheidung des EuGH vom 4.5.2006 zugrunde liegenden. Ein Argument für das Erfordernis einer eigenen Umweltverträglichkeitsprüfung bei der hier zur Rede stehenden Sonderbetriebsplanzulassung für die Strebe Prims 1 bis Prims 4 lässt sich daher aus diesem Urteil ebenfalls nicht herleiten. Hier hätte die Möglichkeit einer UVP vor der „Durchführungsentscheidung“, also auf der Ebene der „Grundsatzentscheidung“ über die Zulassung des Rahmenbetriebsplans bestanden. Sie war aber – insbesondere auch gemeinschaftsrechtlich – damals noch nicht vorgeschrieben.

Dem entsprechend – und insoweit ist die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung aus dem Jahre 2002 (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.6.2002 – 7 C 2.02 –, NVwZ 2002, 1237) entgegen der Ansicht der Antragstellerin vergleichbar – hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem ein Braunkohletagebaubetrieb ( Jänschwalde ) noch zu Zeiten der DDR Anfang der 1970iger Jahre und damit ohne UVP nach der Wiedervereinigung fortgeführt werden sollte, entschieden, dass eine zur rechtlichen Absicherung der Fortführung des Abbaus („1994 bis Auslauf“) zugelassener Rahmenbetriebsplan aufgrund einer Übergangsbestimmung im Einigungsvertrag für „begonnene“ Vorhaben nicht UVP-pflichtig und damit nicht planfeststellungsbedürftig war. Auch in diesem Fall ist also im Ergebnis davon ausgegangen worden, dass ein (bergbauliches) Projekt, bei dem auf der ersten Stufe der generellen Zulassung aufgrund besonderer rechtlicher Regelungen eine UVP noch nicht notwendig war, auch auf den späteren Stufen, also in der Terminologie des EuGH bei weiteren „Durchführungsentscheidungen“, hier sogar auf der allgemeinen Ebene des Rahmenbetriebsplans, keiner Prüfung in diesem Sinne bedurfte. Nach der Begründung ist auch in § 52 Abs. 2a BBergG das Bergbauvorhaben „als Ganzes“ gemeint. Anknüpfend an die bereits teilweise Ausführung des Vorhabens hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass dann auch die weiteren Abschnitte des Abbaus keiner Prüfung ihrer Umweltverträglichkeit in einem Planfeststellungsverfahren bedürfen, solange sie sich im Rahmen des bereits zugelassenen „Vorhabens“ halten. Das ist beim geplanten Abbau im Flöz Schwalbach (Feld Primsmulde) der Fall, so dass auch hier nicht über die Sonderbetriebspläne von einer quasi nachträglich eingetretenen UVP-Pflichtigkeit ausgegangen werden kann. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt die UVP-Richtline für begonnene Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung „im Nachhinein“.

2.2 Subjektive Abwehrrechte der Antragstellerin gegen die Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 („Anhörung der Oberflächeneigentümer“) ergeben sich auch nicht aus den Vorschriften des Bundesberggesetzes, nach denen gegebenenfalls eine Betriebsplanzulassung im Falle des Vorliegens der in §§ 48 Abs. 2, 55 BBergG normierten Voraussetzungen zu versagen wäre. Nach geltendem Bergrecht sind nach wie vor beantragte Zulassungen für ein Bergbauvorhaben zwingend zu erteilen, wenn keiner der gesetzlichen Versagungsgründe vorliegt. Das gilt sogar ungeachtet der mit Blick auf die Trägerfunktion hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung durch das Bergrechtsänderungsgesetz 1990 erfolgten Einführung eines Planfeststellungsverfahrens für den obligatorischen Rahmenbetriebsplan (§ 52 Abs. 2a BBergG). Dieser Planfeststellungsbeschluss ergeht ebenfalls als gebundene Verwaltungsentscheidung, bei der der Genehmigungsbehörde – anders als im Bereich des Fachplanungsrechts – keine planerischen Gestaltungsspielräume eröffnet sind. Über die Zulassung von Betriebsplänen hat die Behörde daher nicht aufgrund einer in ihre Verantwortung gestellten umfassenden Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange zu entscheiden. Daher gibt es in den Fällen des bergrechtlich nunmehr vorgeschriebenen „Planfeststellungsverfahrens kein potentiell drittschützendes Abwägungsgebot. (anders für den Bereich der Bauleitplanung und das Abwägungsgebot nach dem § 1 Abs. 6 BauGB a.F. (heute § 1 Abs. 7 BauGB 2004/2007) BVerwG, Urteile vom 24.9.1998 – 4 CN 2.98 –, BRS 60 Nr. 46, und vom 21.3.2002 – 4 CN 14.00 –, BRS 65 Nr. 17) Dies verdeutlicht, dass selbst ein vollständiger „Ausfall“ einer solchen Abwägung oder auch gravierende Mängel nicht zur Rechtswidrigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses führen. (vgl. insoweit noch einmal klarstellend BVerwG, Urteil vom 15.12.2006 – 7 C 1.06 –, NVwZ 2007, 700 (Steinkohlebergwerk Walsum/NRW)) Die alleinige Maßgeblichkeit der gesetzlichen Versagungsgründe für die Ablehnung einer Betriebsplanzulassung, gerade auch hinsichtlich der Rechtsposition von Oberflächeneigentümern, gilt aber erst recht, wenn die Betriebsplanzulassung – wie hier – nicht in der Form eines Planfeststellungsbeschlusses erfolgt.

2.2.1 Entgegen der im Beschwerdeverfahren erneut vertretenen Ansicht der Antragsstellerin lässt sich eine Verletzung ihrer subjektiven Rechte von vorneherein nicht aus § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG herleiten. Danach ist Voraussetzung für die Erteilung der Betriebsplanzulassung, dass keine „gemeinschädlichen Einwirkungen“ des Abbauvorhabens zu erwarten sind. (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 4.7.1986 – 4 C 31.84 –, BVerwGE 74, 315, 321, wonach der Gesetzgeber mit der Gemeinschadenklausel an Begriff und Rechtsprechung zur „Gemeinschädlichkeit“ im Sinne des Allgemeinen Berggesetzes 1865 anknüpfen wollte und Voraussetzung für die Annahme solcher Auswirkungen ist, dass der geplante Abbaubetrieb eine „ganz erhebliche Gefahrenschwelle“ überschreitet) Zum einen sind solche Auswirkungen im konkreten Fall nicht ersichtlich und zum anderen würde die Nichtbeachtung dieses Zulassungshindernisses ohnedies keine subjektive Rechtsverletzung von einzelnen Oberflächeneigentümern begründen. (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 – 4 C 36.85 –, BVerwGE 81, 329) Diese Zulassungsschranke erfordert objektiv eine Feststellung, dass ein Schaden in solchem Umfang droht, dass er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt, etwa dass ein ganzer Ort von zentralen, wichtigen Versorgungseinrichtungen abgeschnitten wird. Durch ein Bergbauvorhaben zu erwartende auch gravierende Schäden werden hingegen nicht allein deshalb zu einem Gemeinschaden, weil eine Vielzahl von Einzelpersonen voraussehbar erheblich davon betroffen wird. Dies verdeutlicht, dass das Beschwerdevorbringen, durch das die Antragstellerin geltend machen, speziell ihr Eigentum beziehungsweise ihr Unternehmen sei von schweren Bergschäden betroffen, schon vom Ansatz her weder geeignet ist, einen Gemeinschaden zu prognostizieren, noch es rechtfertigt, die Feststellung des fehlenden subjektiv-rechtlichen Gehalts des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG, von der auch die saarländischen Verwaltungsgerichte (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 –, SKZ 2002, 164, Leitsatz Nr. 51) in ständiger Rechtsprechung ausgehen, in Frage zu stellen.

2.2.2 Nichts anderes gilt, soweit die Antragstellerin sich gegen eine aus ihrer Sicht „unzutreffende Behauptung“ des Verwaltungsgerichts wendet, dass dem § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG , wonach die Betriebsplanzulassung erfordert, dass „für den Schutz der Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicherheit … Sorge getragen ist“, keine individuell drittschützende Wirkung zukommt. Die Antragstellerin verweist darauf, dass es infolge von Abbauwirkungen zur Gefährdung in ihrem Betrieb befindlicher Personen – seien es Mitarbeiter, seien es Kunden – kommen könne, für deren Sicherheit sie – die Antragstellerin – einzustehen habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im Jahre 1990 (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 – 7 C 18.90 –, NVwZ 1991, 992; auch dazu bereits BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 – 4 C 36.85 –, BVerwGE 81, 329, 337, wonach diese Voraussetzungen der Betriebsplanzulassung „zur Anknüpfung von Drittansprüchen zugunsten der betroffenen Oberflächeneigentümer nicht geeignet“ sind) entschieden, dass der § 55 Abs. 1 BBergG, in dem die Gründe für die Versagung eines dem Bergbaubetreiber ansonsten zustehenden Anspruchs auf Zulassung seines Vorhabens enumerativ aufgeführt sind, nicht dem Schutz von Sachgütern der von bergbaulichen Vorhaben betroffenen Oberflächeneigentümer dient. Drittschutz wird diesem Personenkreis nach gefestigter Rechtsprechung in Anschluss an die Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1989 (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 – 4 C 36.85 –, BVerwGE 81, 329) im Rahmen der Betriebsplanzulassung in beschränktem Umfang allein durch die §§ 48 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 3 BBergG vermittelt.

Im Übrigen lassen sich die aufgeführten Gründe für eine Versagung der Betriebsplanzulassung auf der Grundlage des § 55 Abs. 1 Nr. 5 BBergG unschwer verneinen. Wollte man jede noch so entfernt liegende Möglichkeit eines Personenschadens etwa infolge eines bergbaubedingten Einsturzes von Gebäuden insoweit als ausreichend ansehen, könnte ein Bergbau der vorliegenden Art realistischerweise nicht mehr stattfinden. Das widerspricht indes offensichtlich den nach wie vor in §§ 1, 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG konkretisierten Intentionen des Bundesgesetzgebers. Die Anforderungen des „Sorgetragens“ im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 5 BBergG kann angesichts der notwendig in die Zukunft gerichteten Betrachtungsweise bei der Betriebsplanzulassung – also vor der Ausführung des Vorhabens – vernünftigerweise auch nur dahin verstanden werden, dass der Bergbautreibende bei erkannten Problemsituationen jeweils zu Gebote stehende „Vorsorge“ zu treffen hat. Das ist vorliegend unter anderem dadurch geschehen, dass für das Anwesen der Antragstellerin regelmäßige Beobachtungen und gegebenenfalls frühzeitige Sicherungsmaßnahmen vorgesehen wurden. Insbesondere die in anderem Zusammenhang noch anzusprechenden (vgl. dazu den Abschnitt 2.2.3.4), in Befolgung der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung von der Beigeladenen in den Betriebsgebäuden installierten besonderen Überwachungs- und Messeinrichtungen lassen es nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen erscheinen, dass es zu einem „plötzlichen“ Zusammenstürzen der Anlage oder von Teilen hiervon kommen wird.

Selbst wenn man also, wie die Antragstellerin meint, dem § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG entgegen dem Gesagten einen über § 48 Abs. 2 BBergG hinausgreifenden drittschützenden Charakter zugunsten einzelner Oberflächeneigentümer zuerkennen wollte, ergäbe sich also im konkreten Fall hieraus kein Abwehranspruch der Antragstellerin gegen das zugelassene Bergbauvorhaben. Mehr als die beschriebenen Anordnungen zur Wahrung der Interessen der Antragstellerin konnte der Antragsgegner im Vorhinein nicht treffen. Es ist in der Regel – so auch hier – ungewiss, welche Auswirkungen schließlich exakt von einem derartigen Bergbauvorhaben ausgelöst werden. „Vorsorgliche“ Anordnungen können sich daher nur darauf beziehen, wie ein solcher Vorgang gegebenenfalls frühzeitig erkannt und wie ihm möglichst wirksam begegnet werden kann. Vor diesem Hintergrund kann daher auch dahinstehen, ob die Antragstellerin als juristische Person – entgegen der insoweit ohne weiteres nachvollziehbaren Argumentation in dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts – überhaupt Gesundheitsgefährdungen Dritter, wenn sie denn konkret im Raume stünden, für ihre eigene Rechtsposition mit Aussicht auf Erfolg reklamieren könnte.

2.2.3 Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ergibt sich aller Voraussicht nach ferner nicht aus dem nach der Rechtsprechung bei den Versagungsgründen ergänzend zu § 55 BBergG beachtlichen und vor dem Hintergrund der Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG potentiell Drittschutz zugunsten von Oberflächeneigentümern vermittelnden§ 48 Abs. 2 BBergG . Dabei unterstellt der Senat für die nachfolgenden Ausführungen, dass sich die Antragstellerin, die nach ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren gleichzeitig auch Eigentümerin des Betriebsgrundstücks ist und zudem eine grundlegende Gefährdung ihrer Geschäftsbeziehungen zu Auftraggebern infolge bergbaubedingter Einwirkungen auf ihr Grundstück mit entsprechenden negativen Folgen für ihr Renommé befürchtet, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch in Ansehung ihres Unternehmens unter dem Aspekt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes im Grundsatz auf die genannte grundrechtliche Gewährleistung berufen kann. Diese Fragen bedürfen aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner abschließenden Klärung.

In dem Zusammenhang mag dahinstehen, welche rechtlichen Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni 2006 (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2006 – 7 C 11.05 –, NVwZ 2006, 1173 (Braunkohletagebau Garzweiler), wonach der § 48 Abs. 2 BBergG schon im Rahmen der Zulassung des Rahmenbetriebsplans drittschützende Wirkung zugunsten der Eigentümer (dort:) für einen Tagebaubetrieb in Anspruch zu nehmender Grundstücke entfaltet, unter ausdrücklicher Aufgabe früherer Rechtsprechung, BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 – 7 C 18.90 –, NVwZ 1991, 992) zur Frage der Beachtlichkeit des Drittschutzes aus § 48 Abs. 2 BBergG auch bereits im Verfahren auf Zulassung eines Rahmenbetriebsplans zu ziehen sind. Nach dieser Entscheidung ist davon auszugehen, dass die die Zulassungsanforderungen des § 55 Abs. 1 BBergG ergänzenden Anforderungen des (drittschützenden) § 48 Abs. 2 BBergG bereits bei einer Zulassung des Rahmenbetriebsplans daraufhin mit zu überprüfen sind, ob unter diesem Aspekt die Aufsuchung oder Gewinnung zu beschränken oder zu untersagen ist. Deswegen enthält die Zulassungsentscheidung für den Rahmenbetriebsplan die Feststellung, dass eine entsprechende Beschränkung oder Untersagung auf dieser Grundlage nicht gerechtfertigt ist. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass mit Blick auf die Teilnahme dieses materiellen Entscheidungsinhalts der Rahmenbetriebsplanzulassung der Aspekt gleichzeitig von einer gegebenenfalls eintretenden Bestandskraft erfasst wird, so dass bei den späteren Sonderbetriebsplänen – vorbehaltlich einer Änderung der Verhältnisse – die grundsätzliche Zulassungsfähigkeit des Abbauvorhabens unter diesem Gesichtspunkt nicht erneut in Frage gestellt werden darf. Ob diese neuere Rechtsprechung auf die vorliegende Verfahrenskonstellation übertragen werden kann, in der die Rahmenbetriebsplanzulassung noch nicht in der Form des Planfeststellungsbeschlusses erfolgte, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

2.2.3.1 Der Gesetzgeber hat sich im geltenden Bergrecht (BBergG) für die grundsätzliche Zulassung des Bergbaus, insbesondere auch der untertägigen Gewinnung von Steinkohle entschieden, und zwar unzweifelhaft in Kenntnis des Umstands, dass gerade der Form der Rohstoffgewinnung typischerweise und unvermeidbar mit Schäden am Oberflächeneigentum verbunden ist. Daraus folgt, dass zu erwartende bergbaubedingte Beeinträchtigungen, die sich im Bereich kleinerer und mittlerer Schäden bewegen, die Zulassung eines Betriebsplans auch im Hinblick auf die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) – gerade wegen der gesetzlichen Bestimmungen über dieRegulierung von Bergschäden (§§ 114 bis 121 BBergG) – und des insoweit bestehenden Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten des Gesetzgebers von vorneherein nicht hindern können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gebieten über dieses Maß hinausgehende Beeinträchtigungen „von einigem Gewicht“, wie mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwartende Schäden an der Substanz des Eigentums, etwa die Beeinträchtigung der Standsicherheit eines Gebäudes oder seiner Benutzbarkeit, überhaupt erst eine verfahrensmäßige Beteiligung der betroffenen Eigentümer am Betriebsplanzulassungsverfahren.

2.2.3.2 Die sog. „klassischen“ Bergschäden an Gebäuden und Zubehör (vgl. hierzu allgemein etwa Kratzsch, Bergschadenkunde, 3. Auflage 1997, Kp. 1.1.2 („Trogbildung über einem tiefen Abbau“) und Kp. 9.2. („Bergschaden am Gebäude und Zubehör“)) durch einen in großer Tiefe stattfindenden Steinkohlebergbau sind Folge davon, dass der von den Einwirkungen betroffene Teil der Erdoberfläche am Standort nicht nur abgesenkt und grundrisslich verschoben, sondern auch schief gestellt, gekrümmt, gezerrt oder gepresst wird, wobei die Krümmung und Längenänderungen in Gestalt von Verschiebungen der Tagespunkte (Zerrung und Pressung) (vgl. hierzu allgemein etwa Kratzsch, Bergschadenkunde, 3. Auflage 1997, Kp. 1.1.2 („Trogbildung über einem tiefen Abbau“)) stets gleichzeitig auf das Bauwerk einwirken. Der Senat greift für die Beurteilung, ob ein sich gegen das Abbauvorhaben wendender Oberflächeneigentümer voraussichtlich über nur leichte und mittlere Beeinträchtigungen hinausgehende „schwerwiegende Bergschäden“ zu erwarten hat, auf den im Widerspruchsbescheid (vgl. den Widerspruchsbescheid des Oberbergamts für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz vom 18.8.2006 – II ENPS/662/06-4 –) und in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegten, vom Arbeitskreis Rechtsfragen im Länderausschuss Bergbau beim Bundesminister für Wirtschaft am 23.10.1992 entwickelten Kriterienkatalog zurück, der nachvollziehbare Anhaltspunkte bietet, allerdings nicht abschließend ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 22/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 32, (Fürstenhausen) dazu auch Urteil vom 1.9.1998 – 2 R 4/98 –, SKZ 1999, 123, Leitsatz Nr. 65 (Westfeld/Luisenthal)) Die Kriterien waren auch in der öffentlichen Bekanntmachung (§ 48 Abs. 2 BBergG) über die Auswirkungen des geplanten Kohleabbaus beschrieben worden. (vgl. die Veröffentlichung im Amtsblatt des Saarlandes vom 1.4.2004, Seite 748) Danach ist zunächst ein gravierendes Schadensbild erst in einem Bereich zu erwarten, in dem bei baulichen Anlagen unter Berücksichtigung von Vorbelastungen eine maximale Gesamtschieflage von mindestens 30 mm/m beziehungsweise eine gemittelte Schieflage von 25 mm/m zu erwarten ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 22/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 32, (Fürstenhausen), unter Verweis auf gutachterliche Stellungnahmen)

2.2.3.3 Für das Betriebsgrundstück B-Straße 1 in Körprich der Antragstellerin sind nach den Berechnungen der Beigeladenen nur vergleichsweise geringe Beeinträchtigungen durch die Bodenverformung prognostiziert, (vgl. zum Umfang eines Beteiligungsrechts (nur) bei über leichte und mittlere Schäden hinausgehenden Beeinträchtigungen des Eigentums im Anschluss an die Neufassung der Sätze 2 und 3 des § 48 Abs. 2 BBergG auf der Grundlage des sog. „Moers-Kapellen-Urteils des BVerwG aus dem Jahre 1989 etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 1.9.1998 – 2 R 4/98 –, SKZ 1999, 123, Leitsatz Nr. 65, zum Abbau im Westfeld des ehemaligen Verbundbergwerks West (Warndt/Luisenthal)) wobei – wie gesagt – dahingestellt bleiben kann, in welchem Ausmaß diese für den Gesamtabbau in der Primsmulde Süd zwischen Saarwellingen, Körprich und Reisbach ermittelten Werte dem hier nur in Rede stehenden Abbau der Strebe Prims 1 und Prims 2 zugeordnet werden können. Ausweislich der bei den Planunterlagen befindlichen Kartenwerke liegt das Anwesen der Antragstellerin bezogen auf den Abbau dieser beiden Strebe zwar innerhalb der Senkungsgrenze, jedoch außerhalb des auf der Grundlage des § 2 EinwirkungsBergV (vgl. Artikel 2 der Verordnung über bergbauliche Unterlagen, Einwirkungsbereiche und die Bergbau-Versuchsstrecke vom 11.11.1982, BGBl. 1553, 1558) ermittelten Einwirkungsbereichs.

Nach den die von der Sofortvollzugsanordnung noch nicht erfassten Strebe Prims 3 und 4 einschließenden Berechnungen sind insgesamt durch den Abbau aller vier Strebe für das Anwesen der Antragstellerin eine maximale Senkung von 18 cm, eine maximale Schieflage von 0,9 mm/m, eine Zerrung bis 1,2 mm/m sowie eine Pressung bis minus 0,1 mm/m zu erwarten. (vgl. hierzu die Detailangaben auf Seite 9 des Widerspruchsbescheids vom 18.8.2006 – II ENPS/662/06-4 –) Diese Auswirkungen stellen sich im Vergleich als geringfügige Beeinträchtigungen dar. (vgl. in dem Zusammenhang auch die Ausführungen auf Seite 12 der Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005, wonach durch den Abbau insgesamt eine maximale Schieflage von 5 mm/m zu erwarten ist, dazu auch Seite 7 oben der Sofortvollzugsanordnung vom 30.8.2006) Derartige Bodenbewegungs- und Verformungswerte sind für sich genommen nicht geeignet, schwerwiegende Gebäudeschäden hervorzurufen.

Dem Sachvortrag der Antragstellerin lassen sich keine sachlich begründeten Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung dieser voraussichtlichen Bergbauauswirkungen auf ihr Anwesen unzutreffende oder fachlich nicht nachvollziehbare Daten zugrunde gelegt oder die Ergebnisse „geschönt“ hätte. Das Oberbergamt hat in dem Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 die Ermittlung der Werte nach dem von der Beigeladenen benutzten Programm „CadBerg“ (Getec) und deren Überprüfung durch den Antragsgegner, der mit dem selben Programm arbeitet, dargestellt. Sollte die Antragstellerin konkrete sachliche Erkenntnisse haben, aus denen sich eine Unrichtigkeit der Berechnungen ergibt, so hätte es ihr oblegen, diese zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens zu machen.

Nach dem mit Blick auf den räumlichen Bezug des Betriebsgeländes der Antragstellerin einerseits zu den (deutlich entfernteren) Streben Prims 1 und Prims 2 und den erst ab dem Jahre 2009 – und dann auch von Westen nach Osten – zum Abbau vorgesehenen Streben Prims 3 und Prims 4 ohne weiteres nachvollziehbaren Darlegungen, wonach durch den jetzt stattfindenden Abbau der beiden ersten Strebe allenfalls sehr geringe Bodenverformungen im Bereich der messtechnischen Nachweisgrenze ausgelöst werden, nämlich Senkungen < 1 cm sowie Schieflage und Längenänderungen von jeweils < 0,1mm/m, wird im Übrigen deutlich, dass insoweit durch den gegenwärtig tatsächlich stattfindenden Abbau aller Voraussicht nach nicht ernsthaft mit Beeinträchtigungen gerechnet werden muss. Das soll aber hier nicht vertieft werden. (vgl. zur Lage des Grundstücks speziell in Bezug auf die Auswirkungen des Abbau (nur) der Strebe Prims 1 und Prims 2 die Anlage 1 zu der wiederum in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt B-Straße 1“ vom 9.9.2006)

2.2.3.4 Bei der rechtlichen Bewertung am Maßstab des § 48 Abs. 2 BBergG ist ferner zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner durch den Erlass mehrerer Nebenbestimmungen zur Sonderbetriebsplanzulassung mehrere besondere Vorsorge- und Sicherungsmaßnahmen angeordnet hat. So wurde die Beigeladene verpflichtet, im Einwirkungsbereich des Bergbauvorhabens entlang der Straßen innerhalb der Wohnbebauung ein Messnetz anzulegen, das die Erfassung von Höhenänderungen an der Oberfläche ermöglicht (Nr. 1). Das Anwesen B-Straße 1 in Körprich der Antragstellerin (Parzelle Nr. 101/149) ist unter den Objekt Nrn. 4580 bis 4649 (Betrieb der Antragstellerin) bzw. den Nummern 4650 bis 4670 (Fa. Plakoma) ausweislich der Bereiche mit bekannten oder vermuteten Unstetigkeitszonen betreffenden Auflage Nr. 4 während des Einwirkungszeitraums „besonders“ regelmäßig in Augenschein zu nehmen. (vgl. hierzu aber den Untersuchungsbericht des Erdbaulaboratoriums Saar (ELS) vom 15.3.2005 zur „Erkundung einer tektonischen Störung auf dem Betriebesgelände“ der Antragstellerin und der Fa. Plakoma, wonach die Störung durch 3 Kernbohrungen nicht nachgewiesen werden konnte) Erforderlichenfalls sind danach frühzeitig Schaden mindernde Maßnahmen einzuleiten und gegebenenfalls in Abstimmung mit den Antragstellerin lokale Maßnahmen zur Verhütung schwerwiegender Schadensfälle und Totalschäden zu ergreifen (Auflage Nr. 5). Da aus Sicht des Antragsgegners nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass sich beim Abbau insbesondere im Zusammenhang mit Unstetigkeitszonen Bergschäden größeren Ausmaßes entwickeln, wurden in der Zulassungsentscheidung (weitere) Anordnungen zur Sicherung der betroffenen Objekte ausdrücklich vorbehalten (Auflage Nr. 7). Damit hat der Antragsgegner bei seiner Entscheidung diese Problematik erkannt und darauf aus damaliger Sicht angemessen reagiert. (vgl. dazu auch den Erfahrungsbericht der Ingenieurgesellschaft Jung und Partner mbH vom 6.5.2003, Blatt 141 der Gerichtsakte, die sich auf nachträgliche Sicherungsmaßnahmen im Gefährdungsbereich tektonischer Störungen spezialisiert hat und diese seit Jahrzehnten in Bergbaurevieren betreibt)

Entsprechendes gilt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch mit Blick auf die von ihr geschilderte besondere Situation ihres Unternehmens und die in diesem zum Einsatz gelangenden empfindlichen Fertigungsmaschinen und Transporteinrichtungen . Speziell für das Unternehmen der Antragstellerin, aber auch die ebenfalls auf ihrem Grundstück ansässige Firma Plakoma wurde in der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung angeordnet, dass spätestens zu Beginn des Abbaus alle empfindlich auf Bodenbewegungen reagierenden Maschinen mit geeigneten, entsprechend ihren Genauigkeitsanforderungen auszuwählenden Messverfahren auf Bewegung hin zu überwachen sind. Ferner sind empfindlich auf bergbauliche Einwirkungen reagierende Betriebseinrichtungen zu sichern und so auszurichten, dass Produktionsausfälle vermieden werden. Schließlich sind danach die innerbetrieblichen Transportvorgängen dienenden Kranbahnen nicht nur vor Abbaubeginn zu untersuchen, sondern auch unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einwirkungen auf ihre Gebrauchstauglichkeit hin „zu ertüchtigen und messtechnisch zu überwachen“, wobei die Erfüllung aller Auflagen zwangsläufig unter dem Vorbehalt der notwendigen Mitwirkung der betroffenen Eigentümer, hier also der Antragstellerin, stehen (vgl. die Nebenbestimmung Nr. 9). Nach den von der Antragstellerin nicht bestrittenen Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 (Seiten 9/10) hatte die Beigeladene bereits damals, also vor Abbaubeginn, „umfangreiche Messsysteme“ in dem Betrieb der Antragstellerin installiert, um auch geringe Bodenverformungen und Bewegungen rechtzeitig registrieren und gegebenenfalls zur Vermeidung von Betriebsunterbrechungen ihrerseits „Regulierungs- und Justierungsmaßnahmen“ durchführen zu können. Mehr war nach dem Erkenntnisstand bei Zulassung des Sonderbetriebsplans nicht zu regeln.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Antragstellerin vor dem Hintergrund auch aus der allgemein formulierten Nebenbestimmung Nr. 8 zur Rahmenbetriebsplanzulassung vom 31.7.1990, nach der bei bergbaulichen Einwirkungen auf Industrieanlagen „vorab“ mit den Betreibern „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Anlagen und der Sicherheit der Beschäftigten zu treffen“ und „den Sonderbetriebsplänen beizufügen“ waren, keine weiter gehenden Abwehrrechte herleiten kann. Es ist nicht ersichtlich, welche über die nun in der Sonderbetriebsplanzulassung vorgegebenen umfangreichen Sicherungsmaßnahmen hinausgehenden „Vereinbarungen“ hier hätten getroffen werden sollen. Dabei mag richtig sein, dass – wie die Antragstellerin nun vorträgt – „Vereinbarungen“ allgemein auf übereinstimmenden Willenserklärungen beruhen. Ebenso sicher ist aber auch, dass es nicht Sinn einer solchen Vorgabe sein konnte und kann, den betroffenen Betrieben über das Institut privatautonomer Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen im Wege des Nichtabschlusses solcher „Vereinbarungen“ letztlich einen Anspruch darauf einzuräumen, die Ausführung eines nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes grundsätzlich zu genehmigenden Abbauvorhabens (nunmehr) der Beigeladenen zu verhindern. Die Festlegung der inhaltlichen Einzelheiten der „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Industrieanlagen“ in der Sonderbetriebsplanzulassung selbst war nicht erforderlich.

Abseits dieser theoretischen Diskussionen ist – wie bereits erwähnt – jedenfalls nach dem Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 davon auszugehen, dass tatsächlich Messeinrichtungen im dem Betrieb installiert worden sind und dass trotz des nun seit über einem Jahr ins Werk gesetzten Abbauvorgangs auch angesichts der inzwischen zu verzeichnenden Bodenerschütterungen dem Vortrag der Antragstellerin keinerlei Hinweise dafür entnommen werden können, das es bisher zu irgendwelchen, geschweige denn gravierenden Betriebsstörungen gekommen ist. Die Antragstellerin selbst hat bereits mit der Antragsschrift umfangreiche auf konkrete Maschinen, speziell das eingesetzte Fräs-/Bohrwerk Colgar FRAL 400 bezogene technische Protokolle der seitens der Beigeladenen mit den Überwachungsmaßnahmen betrauten Firma Position Control Messtechnik GmbH (Ingenieurgesellschaft für Bauwerks- und Maschinenüberwachung) aus Sulzbach/Saar zu den Akten gereicht. Daraus ergibt sich beispielsweise, dass das Fundament speziell dieser Maschine bereits seit Oktober 2005 zusätzlich durch drei zweiachsige Inklinometer (Neigungsmesser) überwacht wird. Die Beigeladene hat der Antragstellerin danach ferner bereits im Mai 2006 beziehungsweise Juni 2006 eine von der erwähnten Firma erstellte Ausarbeitung der messtechnischen Überwachung der genannten Maschine beziehungsweise betriebszugehöriger Gebäude (01-11) mit ihren maschinellen Einrichtungen übersandt, das im Anschluss an eine Besprechung auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin am 7.7.2006 auch noch einmal überarbeitet wurde. (vgl. dazu die in der Anlage 17 zur Antragsschrift zur Akte gereichte „Messtechnische Überwachung“ der Position Control GmbH (Stand: 17.7.2006)) Der in einem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 2.8.2006 enthaltene pauschale Vortrag, dass das Konzept untauglich zur frühzeitigen Erkennung von bergbaubedingten Einwirkungen auf den Betrieb sei, kann so nicht nachvollzogen werden. Welche konkreten Sicherungsmaßnahmen, deren Fehlen hier beispielsweise beanstandet wird, zu ergreifen sind, hängt aber letztlich erst von den messtechnischen Feststellungen ab. Dass die eingeleiteten Überwachungsmaßnahmen untauglich wären, die Vorgaben der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung sinnvoll umzusetzen, lässt sich dem jedenfalls nicht entnehmen.

Die von der Antragstellerin vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. Ing. habil. H. Tudeshki vom 9.9.2006 (vgl. dazu die in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt B-Straße 1“ vom 9.9.2006, hier Seite 6 („Zielsetzung“)) enthält eine „Beurteilung der Schadenswahrscheinlichkeit an Bauobjekten sowie technischen Einrichtungen“ der Antragstellerin, bezieht lediglich einen – wie gesagt – damals schon zeitlich überholten Messbericht vom April 2006 ein und beschreibt den Betrieb und dessen Einrichtungen sowie denkbare bergbaubedingte Einflussfaktoren. Jenseits besonderer, im Weiteren noch einer Betrachtung zu unterziehender Szenarien aus der Erdbebenforschung lässt sich auch diesem Gutachten entnehmen, dass das Fundament des als besonders empfindlich angesehenen, 2002 errichteten Fräs-/Bohrwerks Colgar FRAL 400 „speziell gegen Bergschäden gesichert“ wurde und dass in Protokollen dokumentierte Messungen, die durch die Erschütterungsereignisse aufgrund des Abbaus im Dilsburgfeld (Ost) veranlasst waren, bezüglich Neigungsänderungen der Maschine in Richtung der x- beziehungsweise der y-Achse Werte bis 0,05 mm/m ergeben hätten. Diesen Ausführungen – die Richtigkeit der Werte einmal unterstellt – ist zumindest insoweit zu entnehmen, dass ein taugliches Messsystem installiert wurde. Der anschließende Streit zwischen den Beteiligten beziehungsweise ihren jeweiligen Sachverständigen betrifft dann vielmehr nur die Frage der bergbau- oder anderweitig bedingten Verursachung. Das hat aber mit der Frage der Installation eines tauglichen Messsystems im Sinne der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung nichts zu tun. Dabei geht es nicht um die damals auch nicht mehr aktuellen technischen Werte, sondern um die Interpretation der Ereignisse unter Kausalitätsaspekten.

Der Antragsgegner erhebt selbstverständlich, wie schon die Formulierungen eindeutig belegen, nicht den Anspruch, dass schwerwiegende Schäden – wie von der Antragstellerin gefordert – von vorneherein sicher ausgeschlossen werden können. Es geht bei der Betriebsplanzulassung um eine angemessene Gegensteuerung für einen Eventualfall und die wurde vorliegend im Rahmen des vorab Möglichen angeordnet. Allein der in der Natur der Sache liegende Umstand, dass Schäden nicht ausgeschlossen werden können, rechtfertigt nicht die Annahme der „Ungeeignetheit“ der Nebenbestimmungen oder einer „Untätigkeit“ der Beigeladenen oder der Genehmigungsbehörde. Eine Vorhersage darüber, welche Schäden aufgrund der mit dem Bergbau einhergehenden Bodenbewegungen und -verformungen zu erwarten sind, ist allenfalls typisierend auf der Grundlage von Beobachtungen und Erfahrungen an anderer Stelle in vergleichbaren Situationen möglich, da das Schadensbild im Einzelfall von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. (vgl. hierzu etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 1.9.1998 – 2 R 4/98 –, SKZ 1999, 123, Leitsatz Nr. 65, zum Abbau im sog. Westfeld des ehemaligen Verbundbergwerks West (Warndt/Luisenthal))

2.2.3.5 Der Gesichtspunkt prognosetypischer Unsicherheiten gilt in besonderem Maße wegen des insoweit noch eingeschränkteren „Erfahrungsschatzes“ für die Prognostizierbarkeit von durch die Abbauführung ausgelösten Erderschütterungen („Beben“) . Aussagen über derartige Beeinträchtigungen durch ein untertägig geführtes Bergbauvorhaben können im Zeitpunkt der Betriebsplanzulassung ebenfalls nur prognostisch getroffen werden. Auch dabei kann es nicht darum gehen, jegliche Schäden zu verhindern. Wollte man diesen Maßstab an eine bergrechtliche Betriebsplanzulassung anlegen, wäre Bergbau nicht möglich und das ist offensichtlich nicht die Konzeption des Bundesberggesetzes.

Vor diesem Hintergrund ist die von dem Antragsgegner in der Betriebsplanzulassung, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Oberbergamts vom 23.8.2006, getroffene Prognoseentscheidung nicht geeignet, eine subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin durch diesen Verwaltungsakt zu begründen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Widerspruchsbehörde gingen damals allerdings noch davon aus, dass Erderschütterungen, wie sie im Zuge des Abbaus in den Streben 8.9/8.10-Ost im Flöz Schwalbach und im Streb 20.3-Ost im Flöz Grangeleisen (Feld Dilsburg/Ost) hervorgerufen worden waren, vorliegend „nicht zwangsläufig auftreten“ müssten, aber auch „nicht gänzlich ausgeschlossen werden“ könnten. (vgl. dazu die Ausführungen auf Seite 11 oben des Widerspruchsbescheids vom 23.8.2006) In dieser Situation hat der Antragsgegner die Beigeladene in der Nebenbestimmung Nr. 2 zur Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005 zur Einrichtung eines Seismographennetzes verpflichtet und sich nachträgliche Auflagen „im Ereignisfall“ ausdrücklich vorbehalten. Das zeigt, dass der Antragsgegner nicht von vorneherein unzutreffend von einem Ausschluss derartiger Auswirkungen des Abbaus ausgegangen ist und dass sich nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgetretene und derzeit anhaltende Erderschütterungen, auf die die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 19.11.2007 unter Vorlage von entsprechenden Übersichten und Zeitungsartikeln aus den letzten Tagen hinweist, daher grundsätzlich im „Erwartungshorizont“ des Antragsgegners bewegten. Dass der in der Auflage Nr. 7 zur Sonderbetriebsplanzulassung enthaltene Vorbehalt nachträglicher Maßnahmen durchaus ernst zu nehmen ist, belegt eine in dem Schriftsatz ferner angesprochene Aufforderung des Antragsgegners an die Beigeladene, zu einer Vermeidung bergbehördlicher Anordnungen bis zum 21.11.2007 ein Konzept zur Verringerung von Anzahl und Stärke der Erderschütterungen vorzulegen. Dass es durch die Ereignisse zu Schäden im Betrieb der Antragstellerin gekommen wäre, wird in dem Schriftsatz im Übrigen nicht ansatzweise behauptet.

Vor dem Hintergrund bot die Nebenbestimmung Nr. 2 als solche keine Grundlage, um gegebenenfalls im Wege der „Amtsermittlung“ (§ 24 SVwVfG) schon vorab eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu betreiben wie die von den Antragstellerin angesprochene technische Norm DIN 4150 (Teil 3, Erschütterungen im Bauwesen, Einwirkungen auf bauliche Anlagen). Maßgebend für die Ordnungsmäßigkeit der Prognoseentscheidung der Bergbehörde kann nach der Rechtsprechung des Senats allein die Sachlage im Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung, hier also bei Ergehen des Widerspruchsbescheids, sein. Die gerichtliche Kontrolle einer derartigen Prognoseentscheidung beschränkt sich im Klageverfahren auf eine Überprüfung, ob die Bergbehörde den ihrer Prognose zu Grunde gelegten Sachverhalt in den Grenzen seiner Erkennbarkeit zutreffend ermittelt und ob sie korrekte Methoden der Vorausschau angewandt hat. Auf spätere, von der Prognose abweichende Ereignisse kommt es hingegen in dem Zusammenhang nicht an. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 –, SKZ 2002, 164, Leitsatz Nr. 51, und vom 20.1.2004 – 2 W 59/03 –, SKZ 2005, 73 Leitsatz Nr. 31) Im konkreten Fall hatte der Antragsgegner in der Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 auf „Erkenntnisse aus dem früheren Abbau in westlichen Lagerstättenbereich am Standort Ensdorf“ verwiesen, wonach aus seiner Sicht Erderschütterungen „eher unwahrscheinlich“ seien; im Übrigen wurde auf das bereits beschriebene Kontrollszenario in den Auflagen Bezug genommen. Auch im Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 wurde davon ausgegangen, dass Bodenerschütterungen nicht ausgeschlossen werden könnten (Seite 11).

Deswegen ist es im Übrigen verfehlt, wenn die Antragstellerin dem Verwaltungsgericht eine Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) vorwerfen. Im Ergebnis doppelt unrichtig ist es, wenn die Antragstellerin unter Verweis auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG die Forderung erhebt, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens ermitteln müssen, ob durch das Abbauvorhaben erhebliche bergbaulicher Erschütterungswirkungen zu erwarten seien. Aus diesem Grund besteht aus Sicht des Senats im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch überhaupt keine Veranlassung, für die seitens der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.11.2007 beantragte Beiziehung der „Aktenvorgänge des Antragsgegners zu den jüngsten Erdbebenereignissen“.

Da der Antragsgegner von Erschütterungsereignissen im Zeitpunkt der Betriebsplanzulassung nicht zwingend ausgehen musste, spielen diese nachträglichen Erscheinungen bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung und damit für den vorliegenden Aussetzungsantrag keine Rolle. Dadurch werden die Betroffenen allerdings nicht schutzlos gestellt. Ob und in welcher Form auf die nun aufgetretenen Erschütterungen zu reagieren ist, ist keine Frage der Rechtmäßigkeit der Zulassung des Betriebsplans. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass die aus der Natur der Sache folgende Einschränkung der gerichtlichen Überprüfbarkeit bergrechtlicher Betriebsplanzulassungen über die Zubilligung notwendiger Spielräume bei der prognostischen Abschätzung künftiger Entwicklungen und Auswirkungen eines Bergbauvorhabens für die entscheidenden Behörden nicht zur Folge hat, dass später erst im Zuge seiner Ausführung auftretende erhebliche Gefahren aufgrund einer von der Prognose abweichenden Entwicklung von den Betroffenen „unabänderlich“ oder „schicksalhaft“ hingenommen werden müssen. (vgl. hierzu zuletzt etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 17.10.2005 – 2 W 13/05 –, SKZ 2006, 50 Leitsatz Nr. 34, betreffend den letztlich erfolglosen Antrag eines Oberflächeneigentümers auf sofortige Einstellung des Bergwerks Ensdorf wegen gesundheitlicher Auswirkungen bergbaubedingter Erderschütterungen) Aus der Erkenntnis, dass der regelmäßig in erheblicher Tiefe stattfindende Steinkohlebergbau mit Blick auf geologische und tektonische Unwägbarkeiten für den Bergbauberechtigten (Unternehmer) und auch für eine die Zulassungsentscheidung treffende Bergaufsichtsbehörde in seinen Auswirkungen auf die Erdoberfläche nur begrenzt im Vorhinein „planbar“ ist, hat der Bundesgesetzgeber die Genehmigungsentscheidungen mit einer im Vergleich zu anderen Rechtsbereichen geringeren Bindungswirkung ausgestattet, (vgl. zu der sich aus § 57a Abs. 4 BBergG i.V.m. § 75 SVwVfG ergebenden lediglich formellen Konzentrationswirkung der in Form bergrechtlicher Planfeststellungsbeschlüsse ergehenden Betriebsplanzulassungsentscheidungen auch OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 22/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 32, unter anderem unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialen betreffend die Einführung des Planfeststellungserfordernisses durch die Bergrechtsnovelle 1990) um der Dynamik vor allem des untertägigen Steinkohlebergbaus Rechnung zu tragen, und über die allgemeine bergaufsichtsbehördliche Anordnungsbefugnis (§ 71 BBergG) hinaus in § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG nachträgliche Auflagen zur Betriebsplanzulassung unter den dort genannten Voraussetzungen ausdrücklich für zulässig erklärt. (vgl. in dem Zusammenhang Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 3. Auflage 2005, RNr. 3599, wonach für über die in einem Betriebsplan gestellten Anforderungen hinausgehende bergaufsichtliche Anordnungen auf der Grundlage des § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG nur insoweit Raum ist, als der Zweck solcher Anordnungen nicht im Betriebsplanverfahren einschließlich nachträglicher Änderungen und Ergänzungen zugelassener Betriebspläne erreicht werden kann, die Anordnungsbefugnis nicht weiter reicht als die die Voraussetzungen für die Betriebsplanzulassung (§ 55 BBergG) und von daher keinen allgemeinen Sachgüterschutz umfasst) Der § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG sieht die Möglichkeit nachträglicher, vorliegend in der Nebenbestimmung Nr. 2 zur Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 ausdrücklich auch vorbehaltener Anordnungen vor, die zum Schutz unter anderem von Leben und Gesundheit Dritter erforderlich sind, was bei unmittelbaren Gefahren gemäß § 71 Abs. 2 BBergG in Ausnahmefällen sogar die Anordnung einer vorläufigen Betriebseinstellung zum Gegenstand haben kann. (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 -, SKZ 2002, 164, Leitsatz Nr. 51, ZfB 2001, 287, ebenso Stüer a.a.O., RNr. 3600) Diese Maßnahme, die wohl das von der Antragstellerin verfolgte Ziel sein dürfte, kann freilich auch nach dieser gesetzlichen Konstruktion, mit Blick auf die Rechtsstellung des bergbauberechtigten Unternehmens und auch wegen der sehr weit reichenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Folgen einer kurzfristigen Betriebseinstellung allenfalls als letztes Mittel (ulitima ratio) in Betracht kommen. Bei der im für ihre Beantwortung zuständigen politischen Raum seit Jahren diskutierten Frage der Erhaltung eines eigenen „Standbeins“ in der Rohstoffversorgung handelt es sich um eine letztlich vom Bundesgesetzgeber zu treffende Entscheidung. Der Gesetzgeber geht gegenwärtig nach wie vor vom Bestehen eines nicht von den jeweiligen Marktverhältnissen abhängigen öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Versorgung mit einheimischer Steinkohle aus. § 1 Nr. 1 BBergG verdeutlicht das Anliegen des Bundesgesetzgebers, zur „Sicherung einer Rohstoffversorgung“ das Aufsuchen von Bodenschätzen – hier von Steinkohle – zu ordnen und zu fördern. Damit hat er die Erhaltung (auch) des einheimischen Steinkohlebergbaus als gewichtiges energiepolitisches Ziel anerkannt. Diese Entscheidung ist freilich nicht unabänderlich, ihre Änderung obliegt allerdings sicher nicht den Verwaltungsgerichten.

Das Verwaltungsgericht hat in der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass auch nach den Erfahrungen mit den zahlreichen und weitaus stärkeren Erderschütterungen infolge des erwähnten vorhergehenden Abbaus im Feld Dilsburg mit gemessenen Schwinggeschwindigkeiten bis zu 71,28 mm/s nicht damit gerechnet werden kann, dass diese nach den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts „gewichtige“, das heißt über leichte bis mittlere Schäden hinausgehende Beeinträchtigungen des Oberflächeneigentums zur Folge haben. Auch im Gefolge der zwischenzeitlich durch den hier zur Rede stehenden Abbau ausgelösten Erderschütterungen ist es, wenn man den Vortrag der Beteiligten und einschlägige Berichte in den Medien zugrunde legt, offenbar nicht zu gravierenden Schäden am Eigentum oder gar zu den von der Antragstellerin angeführten, aus der Erdbebenforschung bekannten Phänomenen gekommen. Die erwähnte DIN 4150 (Teil 3, Erschütterungen im Bauwesen, Einwirkungen auf bauliche Anlagen) mag geeignet sein, erschütterungsbedingte Schäden an Bauwerken auszuschließen beziehungsweise sicher zu stellen, dass solche „nicht auftreten“. Allerdings geht aus ihr nach eigenem Vortrag der Antragstellerin hervor, dass eine Überschreitung der Werte nicht bedeutet, dass Schäden voraussehbar auftreten und selbst deutliche Überschreitungen bieten lediglich Anlass für „weitere Untersuchungen“. Dem entsprechend heißt es in der von den Antragstellerin vorgelegten Untersuchung des Prof. Dr. Ing. habil. H. Tudeshki vom 9.9.2006 (vgl. dazu die in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt B-Straße 1“ vom 9.9.2006, Seite 9) und in deren Sachvortrag, diese technische Norm beziehe sich allgemein zwar auf Erschütterungseinwirkungen aller Art, enthalte allerdings keine Befassung mit den Spezifika „bergbaubedingter Beben“ sowie mit standortbezogenen Schadensfaktoren.

Die DIN 4150 („Erschütterungen im Bauwesen“) enthält eine Anleitung für die Vorermittlung bei Erschütterungen, die eine Vorhersage von Werten der Erschütterungsgrößen zum Ziel hat. Schon in der Vorbemerkung zum Anwendungsbereich (Teil 1, „Vorermittlung von Schwingungsgrößen“) wird ausdrücklich auf das Erfordernis von Einzelfallbegutachtungen hingewiesen. Im Abschnitt 5 (Teil 1) wird bei der Differenzierung nach Erschütterungsquellen ausgeführt, dass Erschütterungen aus „Einzelereignissen“ (5.1), das heißt bei hinsichtlich ihrer Wirkungen zeitlich nicht zusammentreffenden, vielmehr „aufeinander folgenden“ Ereignissen in der Regel „nicht zu ausgeprägten Resonanzen von Gebäuden und Bauteilen führen“ (5.1.1). In der Folge (5.1.2) werden als Beispielsfälle hierfür unvermeidbare Erschütterungen mit punktförmigen, impulshaltigen Quellen bei Sprengungen zur Zerlegung von Gesteinen etwa in Steinbrüchen und Bergwerken als Beispielsfälle benannt. Im Teil 3 („Einwirkungen auf bauliche Anlagen“) wird ebenfalls schon einleitend klargestellt, das es dabei um „Anhaltswerte“ gehe, bei deren Einhaltung Schäden im Sinne einer Verminderung des Gebrauchswertes von Bauwerken (im Fettdruck hervorgehoben:) „nicht“ eintreten. Das ist allerdings nicht der im Bergrecht geltende Maßstab. Darüber hinaus rechtfertigt gerade bei „kurzzeitige Erschütterungen“ der hier zur Rede stehenden Art die Überschreitung der Anhaltswerte nicht die Annahme, dass Schäden auftreten und erst bei „deutlichen Überschreitungen“ geht die Norm vom Erfordernis weiterer Untersuchungen aus. ( Speziell mit den (zusätzlichen) Anforderungen an die Bausicherheit (Tragwerksberechnung und Standsicherheit) in deutschen Erdbebengebieten befasst sich im Übrigen die DIN 4149 („Bauten in deutschen Erdbebengebieten – Lastannahmen, Bemessung und Ausführung üblicher Hochbauten“) vom April 2005. ) Nach der von der Beigeladenen in der Parallelsache 2 B 176/07 vorgelegten Aufstellung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Bergschäden Dipl. Ing. Johannes Schürken (vgl. den vorgelegten Auszug aus Drisch/Schürken, Bewertung von Bergschäden und Setzungsschäden an Gebäuden, Seite 243, Blatt 159 der Gerichtsakte) kann bei bergbaubedingten Beben, deren Frequenz regelmäßig unter 10 Hz liegt, erst bei Schwinggeschwindigkeiten über 100 mm/s mit einem Einsturz von Wänden gerechnet werden. Diesen Erkenntnissen entspricht es, dass die seit dem Jahre 2004 im Zuge des Abbaus im Dilsburgfeld verzeichneten insgesamt 2.699 bergbauinduzierten Erderschütterungen, (Nach einer Aufstellung der DMT sind bei den bergbaubedingten Erschütterungen insgesamt in 91 % der Fälle Schwinggeschwindigkeiten unter 1 mm/s, in 99,48 % solche unterhalb 20 mm/s und lediglich in 14 Fällen (etwa 0,5 %) größere Schwinggeschwindigkeiten registriert worden (vgl. Blatt 150 der Gerichtsakte)) von denen die große Mehrheit Schwinggeschwindigkeiten unter 1 mm/s aufwies und nur 14 Fälle mehr als 20 mm/s erreichten, in keinem bekannten Fall schwere Bergschäden an der Oberfläche verursacht haben. Hinsichtlich des von der Antragstellerin benannten Erschütterungsschadens, des Herabfallens eines Schornsteins in Eidenborn am 10.5.2005, räumt diese selbst eine mögliche, nicht behobene Vorschädigung ein. Insoweit hat die Beigeladene im Übrigen auf eine zwischenzeitlich erfolgte einvernehmliche (anteilige) Regulierung hingewiesen. Dass es gar gerade aufgrund von Erschütterungen zu einem „Totalschaden“ bei ihrem Anwesen kommen wird, ist daher nicht zu erwarten. Selbst wenn die gegenwärtig auftretenden Erschütterungsereignisse, etwa die von der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.11.2007 erwähnten, am 19.11.2007 an der Messstelle C-Stadt/Körprich mit einer maximalen Schwinggeschwindigkeit von 22,5 mm/s beziehungsweise am 10.11.2007 an der Messstelle Saarwellingen-Hessbach mit 36,26 mm/s gemessenen Erschütterungen, dem Antragsgegner vor dem Hintergrund der DIN 4150 Anlass bieten sollten, über die „Messungen“ hinaus zusätzliche Untersuchungen hinsichtlich der Ursachen und der Möglichkeiten der Einschränkung oder gar Vermeidbarkeit einzuleiten oder der Beigeladenen solche aufzugeben, beträfe das die (objektiv-rechtliche) Frage angemessener nachträglicher Reaktion, nicht aber die Rechtmäßigkeit der hier allein streitgegenständlichen Sonderbetriebsplanzulassung in Bezug auf die Rechtsposition der Antragstellerin. Das hätte insbesondere auch für von der Prognose abweichende gravierende Auswirkungen auf den Gewerbebetrieb der Antragstellerin zu gelten.

Bezogen auf die Rechtsstellung der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist ferner anzumerken, dass diese zwar wiederholt auf Erschütterungsereignisse hinweist, aber nicht geltend macht, dass es ungeachtet der im Gutachten des Dr. Tudeshki beschriebenen geologischen Verhältnisse und Effekte, etwa einer Energieabsorption oder einer geologisch bedingten Erhöhung der Schwingungsamplitude durch dieses oder die übrigen „Beben“ der jüngeren Vergangenheit zu abbaubedingten Beschädigungen ihres Eigentums oder gar zu der vom Gutachter weiter angeführten, aus der Erdbebenforschung bekannten „Liquefaction“ („Bodenverflüssigung“) (vgl. dazu die in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt Enzenbachstraße 37“ vom 31.8.2006, ab Seite 10, Abschnitt 1.2 („Bodenveränderungen“)) aufgrund des geologischen Aufbaus des Untergrundes gekommen ist. Nach der bei den Akten befindlichen Stellungnahme der Fachstelle für Erschütterungsmessungen bei der Deutschen Montan Technologie (DMT) (vgl. die Stellungnahme zu „Sackungen und Bodenverflüssigungen durch Erderschütterungseinwirkung“ vom 9.10.2006) kann das auch ohne weiteres nachvollzogen werden, da selbst die stärkste Erschütterung durch den Betrieb des (nunmehr) Bergwerks Saar mit 3,3 (Die Angabe – nach Richterskala – bezieht sich auf die am 17.2.2006, 18.51 Uhr gemessene Erschütterung, für die an dem Messpunkt Falscheid/Dorfstraße 7a eine maximale Schwinggeschwindigkeit von 71,28 mm/s in horizontaler Richtung registriert wurde, deren Signalfrequenz in der dominierenden Phase bei etwa 5 Hz lag und die einen Einwirkungszeitraum im Sekundenbereich aufwies.) nicht annähernd die für Liquefactionserscheinungen erforderliche Amplitude von mindestens 4,8 erreicht hat und von der Dauer der Belastung – allenfalls 2 Sekunden gegenüber oft mehreren Minuten bei echten Erdbeben – nicht geeignet sind, derartige Phänomene hervorzurufen. (Nach dem zuvor genannten Gutachten lag die seismische Energie des Roermond-Bebens in Holland um das 8.000-fache über derjenigen der stärksten gemessenen bergbaubedingten Erschütterung vom 17.2.2006.) Das gilt unabhängig davon, ob diese Phänomene, wenn sie denn auftreten, durch weitere geophysikalische und –mechanische Eigenschaften des Untergrundes begünstigt werden oder nicht. (vgl. dazu die ergänzende Stellungnahme des Dr. Tudeshki vom 12.12.2006, Seite 11, Blatt 315 der Gerichtsakte) Die Beigeladene hat nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag indes auf mehr als 70 Bohrungen des Erdbaulaboratoriums Saar (ELS) im Zuge von Baugrunduntersuchungen entlang der Prims verwiesen, wobei die entsprechenden Bohrkerne eine starke Durchmischung unterschiedlicher Korngrößen, nicht aber die von Dr. Tudeshki angesprochenen besonderen „verflüssigungsgefährdeten Kornverteilungen“ aufwiesen. (vgl. dazu im Einzelnen die Ausführungen auf Seite 347 der Gerichtsakte) Der Hinweis der Antragstellerin, dass „verflüssigungsgefährdete Bereiche lokal begrenzt und sehr kleinräumig auftreten“ könnten, mag für sich genommen ganz allgemein zutreffen. Allein deswegen kann aber sicher nicht auf eine unsachgerechte Ermittlung des Prognosematerials in dem Zusammenhang durch den Antragsgegner beziehungsweise die Beigeladene geschlossen werden. Vor dem Hintergrund stellt sich vorliegend auch nicht die Frage der „Beweislast“.

Allenfalls in dem Zusammenhang können die Aussagen des von der Antragstellerin beauftragten Gutachters Bedeutung erlangen, wobei der Eintritt der darin beschriebenen möglichen Begleitphänomene eines bergbaulichen Vorhabens bezogen auf den von dem Antragsgegner unter dem 25.11.2005 zugelassenen Abbau in den Streben Prims 1 und Prims 2 für den Senat wenig realistisch ist. Derartiges mag vorkommen beziehungsweise in der Vergangenheit anderen Ortes vorgekommen und nicht gänzlich ausgeschlossen sein. (vgl. hierzu beispielsweise die Darstellung „umgekippter“ Hochhäuser in Japan im Anschluss an das sog. Niigata-Beben im Jahre 1964 mit Zentrum im Japanischen Meer auf Seiten 28/29 des Gutachtens „August 2006“, oder die Fotos zum Roermond-Beben im deutsch-niederländischen Grenzgebiet (1992)) Dass der Antragsgegner deswegen allerdings in der Prognose bei der Beurteilung des Zulassungsbegehrens der Beigeladenen nach den §§ 48 Abs. 2, 55 BBergG derartige Ereignisse, etwa im Bereich von Hoyerswerda („Schwarze Pumpe“) (vgl. dazu die ergänzende Stellungnahme des Dr. Tudeshki vom 12.12.2006, Seite 12, Blatt 316 der Gerichtsakte mit Bild (Abb. 2, Grundbruch an einer Landstraße in Hoyerswerda)) oder allgemein in ehemaligen Braunkohletagebaugebieten aufgetretene Erscheinungen einer „Bodenverflüssigung“ als wahrscheinliche Folge des Kohleabbaus in der Primsmulde in seine Betrachtungen hätte einstellen müssen, ist ungeachtet der Frage der von der Antragstellerin angesprochenen Reichweite richterlicher Sachkunde zu verneinen. Bezüglich der nachträglichen Bewertung der inzwischen aufgetretenen Erschütterungen bleibt jedenfalls festzuhalten, dass weder die Antragstellerin noch sonst jemand im Einwirkungsbereich des streitigen Abbauvorhabens offenbar mit den vom Gutachter beschriebenen Konsequenzen konfrontiert worden ist. Im Übrigen wurde bereits in anderem Zusammenhang erwähnt, dass weder die Beigeladene noch der Antragsgegner davon ausgegangen sind, dass es – was bei derartigen Unternehmungen realistischerweise mit „Gewissheit“ auch gar nicht möglich wäre – nicht in Einzelfällen aufgrund von Besonderheiten auch zum Eintritt bergbaubedingter Totalschäden kommen kann. Entgegen der Einlassung der Antragstellerin hat auch das Verwaltungsgericht nicht verkannt, dass die Nebenbestimmungen ungeeignet seien, „schwerwiegende Bergschäden zu Lasten des Grund- und Produktionseigentums“ der Antragstellerin zu verhindern“. Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass durch die Nebenbestimmungen „nicht ausgeschlossen“ werde, dass durch klassische Bergbauauswirkungen der Bodenverformung oder durch Erderschütterungen „erhebliche Bergschäden“ auftreten könnten, so liegt es in der Natur der Sache, dass ein sicherer Ausschluss von Schäden durch Einwirkungen eines Bergbaubetriebs auf die darüber befindliche Tagesoberfläche nur nach Maßstäben der Wahrscheinlichkeit prognostiziert beziehungsweise – mit den Worten der Antragstellerin – „gemutmaßt“, aber sicher nicht „ausgeschlossen“ werden können. Der Sinn nachträglicher Auflagenvorbehalte (wie hier in der Nr. 2) liegt darin, derartigen nachträglichen Entwicklungen im Zuge des Abbaus begegnen zu können. Ab welchem Grad der individuellen Betroffenheit ein subjektiver Anspruch gegen die Bergbehörde auf Ergreifen solcher Maßnahmen mit Blick auf konkrete Entwicklungen besteht, ist dabei eine ganz andere, sich in dem vorliegenden Verfahren nicht stellende Frage.

2.2.3.6 Die Richtigkeit der Prognose des Antragsgegners in der Sonderbetriebsplanzulassung, dass sich aufgrund des zugelassenen Vorhabens weder bei dem sog. 50-jährlichen noch bei dem 20-jährlichen Hochwasser (HQ 50 bzw. HQ 20 ) Verschlechterungen des Hochwasserablaufs gegenüber dem Ist-Zustand ergeben, wird von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. (vgl. dazu die Seite 36 (oben) des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 14.9.2007; ausführlich zu diesem Thema der Beschluss des Senats vom heutigen Tage in der Parallelsache 2 B 176/07) Weiterer Ausführungen dazu bedarf es daher vorliegend nicht. (vgl. zu diesem Thema ausführlich OVG des Saarlandes, Beschluss vom heutigen Tag in der Parallelsache 2 B 176/07)

Was die von den Antragstellerin angeführten Vernässungen durch oberflächennahes Grundwasser anbelangt, gilt im Ergebnis nicht anderes. Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass seit 1999 mehrere wissenschaftliche Untersuchungen und Simulationen zu diesem Thema durchgeführt worden sind. Nach deren Ergebnis ist kein bergbaubedingter Einfluss auf das flache Grundwasser in den jungen Talauesedimenten erkennbar. (vgl. hierzu die Aufstellung der durchgeführten Untersuchungen Blätter 202/203 der Gerichtsakte) Selbst wenn man unterstellen wollte, dass der bisherige Grundwasserspiegel bei der zu erwartenden Absenkung des Geländes unverändert bleibt, also – wie das in einem von der Antragstellerin in Bezug genommenen Gutachten des Dr. Tudeshki vom Dezember 2006 (vgl. die „Stellungnahme zu den Schriftsätzen der Rechtsanwälte Kümmerlein, Simon & Partner vom 9.10.2006 und 2.11.2006 …“ vom 14.12.2006 in der Parallelsache VG 5 F 21/06, Bl. 332 der Gerichtsakte (1. Instanz) Seite 10/18) angeführt wird – bezogen auf die Tagesoberfläche entsprechend (relativ) „ansteigt“, wäre angesichts des geringen Ausmaßes der prognostizierten Senkung für das südlich der Prims gelegene Grundstück der Antragstellerin von maximal – bezogen auf alle vier Strebe in der Primsmulde Süd – 18 cm keine wesentliche zusätzliche „Vernässung“ an der Tagesoberfläche zu erwarten. Hinsichtlich der Auswirkungen (allein) der beiden gegenwärtig Abbau befindlichen beiden von der Sofortvollzugsanordnung erfassten Strebe Prims 1 und Prims 2 ist das bezogen auf die Höhenänderung von voraussichtlich weniger als 1 cm, sofern eine solche überhaupt messbar stattfindet, sicher auszuschließen. Auf die von der Antragstellerin unter Gehörsgesichtpunkten immer wieder reklamierten, im Übrigen bei den Akten befindlichen, und daher den Prozessbevollmächtigten jederzeit zugänglichen Untersuchungen des Büros Dr. Marx (vgl. die „Bewertung der Grundwasserstandsmessungen aus dem Bereich Reisbach im Hinblick auf bergbauinduzierte Veränderungen“ vom 14.12.2005) kommt es daher nicht an.

2.2.3.7 Auf vorgetragene psychische Folgen aus dem Erleben von Erschütterungsereignissen durch die betroffene Bevölkerung in der Umgebung des Abbauvorhabens kann sich die Antragstellerin als juristische Person und Kapitalgesellschaft „naturgemäß“ nicht berufen.

2.3 Eines Eingehens auf die Ausführungen zum Gebot effektiver Rechtsschutzgewährung (Art. 19 Abs. 4 GG), mit denen die Antragstellerin eine aus ihrer Sicht „überlange“ Dauer des gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahrens beanstandet und meint, argumentativ die durchschnittliche statistische Dauer von Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes bemühen zu können, bedarf es nicht. Es liegt auf der Hand, dass dieser Gesichtspunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Antragsgegners über die Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 ohne Belang ist. Anzumerken ist aber insoweit, dass – nur beispielsweise – der nun im Schriftsatz vom 19.11.2007 gestellte Antrag auf Beiziehung weiteren umfangreichen Aktenmaterials, auf dessen Inhalt es, wie gesagt, übrigens für die vorliegende Entscheidung nicht ankommt, sowie auf Gewährung von Einsichtnahme auch hierin, wenn ihm zu folgen wäre, eine weitere ganz wesentliche Verzögerung des Verfahren zur Folge hätte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO, 100 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren auch hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen eigenen Antrag gestellt und damit Kostenrisiken übernommen hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 1, 47 GKG, wobei die Erhöhung des Streitwerts durch das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin veranlasst ist und auch im vorliegenden Fall die für den vorläufigen Rechtsschutz übliche Halbierung vorzunehmen ist.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

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Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

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Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

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Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

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b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

91

Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

94

Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

95

Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

98

b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

Gründe

1

Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. Die Grundsatzrügen dringen nicht durch.

3

a) Die Fragen,

"Ist die in einem Planfeststellungsbeschluss enthaltene artenschutzrechtliche Ausnahmezulassung mit dem Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. dem Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) nach § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 vereinbar, wenn die Anzahl der im Trassenbereich tatsächlich vorhandenen Exemplare einer streng bzw. besonders geschützten Art erheblich - vorliegend um den Faktor 20 - unterschätzt wurde?

Wenn nein: Hat ein Verstoß der zuständigen Behörde gegen das Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. das Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) notwendig die Rechtswidrigkeit der erteilten artenschutzrechtlichen Ausnahme zur Folge oder kann der Verstoß durch eine eigenständige gerichtliche Prüfung der Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 geheilt werden?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

4

Hinsichtlich der ersten Frage ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Bestandsaufnahme auch für den Fall als fachlich vertretbar angesehen, dass der Bestand der Bachmuscheln im Mühlbach unterschätzt wurde. Intensität und Tragweite einer artenschutzrechtlichen Beeinträchtigung dieser Bachmuscheln könnten mit Blick auf die geplante Umsiedlungsmaßnahme auch ohne eine erschöpfende Ermittlung der Population hinreichend sicher erfasst werden. Danach sollten die von der Verlegung des Mühlbachs auf einem 460 m langen Abschnitt betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in den Oberlauf des Mühlbachs umgesetzt werden. Diese Maßnahme sei nach Auffassung sowohl des Gutachters der Klägerseite als auch des Beklagten durchführbar, ohne dass es auf die Anzahl der umzusetzenden Exemplare ankomme und ohne dass einzelne Exemplare der Bachmuschel in nennenswertem Umfang getötet oder verletzt würden. Auch sollten sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden, was auch für den Fall möglich sei, dass ihre Anzahl zunächst unterschätzt worden sei. Die bereits im Oberlauf des Mühlbachs lebenden Bachmuscheln träten auch nicht in Konkurrenz mit den umgesetzten Exemplaren, weil die Muscheln jeweils "ihre Nische" suchten (UA S. 26 f., 60 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb es ungeachtet dieser tatsächlichen Feststellungen geboten sein sollte, die Anzahl der umzusetzenden Exemplare möglichst exakt zu erfassen. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs machen im Übrigen deutlich, dass es von den Umständen des Einzelfalles abhängt, welche Anforderungen an eine "ausreichende" Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 54) zu stellen sind. Die aufgeworfene Frage kann daher in einem Revisionsverfahren nicht fallübergreifend geklärt werden.

5

Die zweite Frage ist so formuliert ("wenn nein"), dass sie nicht selbständig, sondern nur dann zum Zuge kommt, wenn die erste Frage in einem Revisionsverfahren - negativ - zu beantworten ist. Das ist nicht der Fall.

6

b) Die weitere Frage,

"Kann eine artenschutzrechtliche Ausnahme bei Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art schon dann gemäß § 43 Abs. 8 S. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zugelassen werden, wenn vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabensbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art nicht bestehen, darüber hinaus "außergewöhnliche Umstände" im Sinne des Urteils des EuGH vom 14.06.2007, C-342/05, Rn. 29 aber nicht festgestellt werden?"

bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren und auch keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV.

7

Dies gilt allerdings nicht mit Blick auf die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Randnummer 29 des Urteils des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs (Slg. 2007, I - 4713 ff.), die wie folgt lautet:

"Bei dieser Sachlage sind solche Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können."

8

Bei dieser Formulierung spricht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs einiges dafür, dass das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustandes der Populationen der betroffenen Art darstellt. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, wenn die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides kann jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig verneint werden. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

9

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler, worauf der Beklagte in seiner Erwiderung zu Recht hingewiesen hat. Sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 in zweifacher Weise, nämlich zum Einen, indem sie den Schluss nahe legt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes seien nur alternativ einzuhalten, und zum Anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu. Davon ist im Ergebnis zu Recht auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen.

10

c) Hinsichtlich der Frage,

"Ist es zulässig, eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen einer Art im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 zu verneinen bzw. ein Verweilen in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zu bejahen,

wenn

- sich die Populationen dieser Art bundesweit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden,

- das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG 2007) mangels weiterreichender generativer oder vegetativer Vermehrungsbeziehungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006, 4 A 1075/04, Rn. 571) nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht

Und

- dieses Verbreitungsgebiet vorhabensbedingt erheblich - vorliegend um etwa 30% - verkleinert wird, ohne dass kurz- oder mittelfristig - vorliegend nicht vor Ablauf von 30 Jahren - eine quantitativ und qualitativ gleichwertige Wiederbesiedlung neu geschaffener Habitate zu erwarten wäre?"

ist ein Klärungsbedarf nicht hinreichend dargetan. In rechtlicher Hinsicht ist geklärt, dass der Verlust eines lokalen Reviers nicht gleichbedeutend ist mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art. Dass einzelne Siedlungsräume im Zuge der Verwirklichung eines Vorhabens verloren gehen, schließt nicht aus, dass die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn geeignete Ausweichhabitate orts- und zeitnah in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt werden (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572 f.). Hiervon ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen (UA S. 63 f.) und hat im Einzelnen ausgeführt, weshalb die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von etwa 460 m infolge der geplanten Maßnahme zur Umsiedlung der davon betroffenen Bachmuscheln keine nennenswerten Verluste zur Folge haben wird (UA S. 26 f., 60 f.). Für die Frage des Erhaltungszustands der Population sei deshalb unerheblich, ob das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt werde, ob es mindestens 30 Jahre dauere, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschelpopulation der Größe und Qualität entwickeln werde, wie sie vor der Verlegung bestanden habe, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs überhaupt möglich sei und ob die geplanten Wiederansiedlungsversuche im Appenweiler Mühlbach gelingen könnten (UA S. 64 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass und weshalb mit Blick auf diese tatsächlichen Feststellungen Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen sollte. Im Übrigen macht der vorliegende Fall deutlich, dass keine generelle Grenze angegeben werden kann, ab der ein Verlust lokaler Siedlungsräume mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art einhergeht. Diese Frage kann vielmehr nur artspezifisch und bezogen auf die besonderen Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Soweit sich die aufgeworfene Frage darauf bezieht, dass "das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen ... nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht", ist sie außerdem nicht entscheidungserheblich, weil sich dem angegriffenen Urteil eine solche Feststellung nicht entnehmen lässt.

11

d) Auch die Fragen,

"Ist nach Ergehen der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL noch möglich?

Wenn ja: Kommt es zur Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Gebiet gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist, auf den subjektiven Kenntnisstand der zuständigen Fachbehörden zum Zeitpunkt der letzten Nachmeldung an die Europäische Kommission oder auf die objektive Ausstattung des Gebiets mit Arten und/oder Lebensraumtypen zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der angegriffenen Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt an?

Wenn letzteres: Liegt eine ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets (EuGH, Urt. v. 14.09.2006, C-244/05, Rn. 46) erst dann vor, wenn die Meldung des betreffenden Gebiets an die Europäische Kommission ohne Einbeziehung der vorhabensbedingt beeinträchtigten Teilfläche vereitelt würde? Oder genügt für eine solche ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets schon eine erhebliche Verringerung der Fläche des Habitats der die Meldewürdigkeit begründenden Art?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

12

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat die angegriffene Entscheidung nicht allein auf die Feststellung gestützt, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist und nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen (UA S. 69 ff.). Er hat daneben unterstellt, dass insoweit ein potentielles FFH-Gebiet vorliegt, aber eine Verletzung von FFH-Recht gleichwohl verneint, weil die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von 460 m die Schutzwürdigkeit des Gebiets nicht derart beeinträchtigt, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet vereitelt wird (UA S. 78 f.). Damit hängt der Ausgang des Rechtsstreits nicht von der Beantwortung der Frage ab, ob die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets noch möglich ist. Dasselbe gilt für die zweite Frage, die auf eine Klärung bestimmter Voraussetzungen für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets zielt.

13

Die dritte Frage, die sich auf die für den Schutz potentieller FFH-Gebiete geltenden Maßstäbe bezieht, wurde ausdrücklich nur für den Fall gestellt, dass die ersten beiden Fragen in einem Revisionsverfahren zu klären sind. Das ist nicht der Fall. Sie dringt indes auch dann nicht durch, wenn im Hinblick auf die weitere Beschwerdebegründung (S. 41) von einer "alternativ formulierten" Frage ausgegangen wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156 f.>, vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <257> und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <104>) angenommen, dass potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre unterliegen, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebiete das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liege, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt würden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kämen; dies sei nur dann der Fall, wenn der Schutz eines FFH-Gebietes als Ganzes ohne Einbeziehung der streitigen Teilfläche vereitelt würde. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht "unmittelbar berührt", weil diese sich nur auf bereits gemeldete Gebiete beziehe. Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet durch die Verlegung eines nur 460 m langen Bachabschnitts nicht vereitelt werde; denn auch nach den Angaben des Gutachters der Kläger betrage der Anteil der von dem Vorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln im Mühlbach (mindestens) 70% (UA S. 78 f.).

14

Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend auseinander (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie macht geltend, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften habe in den Urteilen vom 13. Januar 2005 (Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I - 167) und vom 14. September 2006 (Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I - 8445) abweichend von der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, Schutzmaßnahmen zur Wahrung der ökologischen Bedeutung potentieller FFH-Gebiete zu ergreifen, bzw. keine Eingriffe zulassen dürften, die die ökologischen Merkmale solcher Gebiete "ernsthaft beeinträchtigen" könnten. Dieses Vorbringen übersieht jedoch, dass der Verwaltungsgerichtshof die Aussagen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 13. Januar 2005 für den vorliegenden Fall als nicht maßgeblich erachtet hat, weil sie ein bereits gemeldetes Gebiet betrafen, während der Mühlbach nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei; für die Fälle noch nicht gemeldeter potentieller FFH-Gebiete ohne prioritäre Lebensraumtypen oder Arten sei daher nach wie vor von der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass dieser rechtliche Ansatz zweifelhaft sein könnte. Sie rügt zwar, dass der Verwaltungsgerichtshof insoweit das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. September 2006 nicht berücksichtigt habe, lässt dabei jedoch außer Acht, dass auch dieses Urteil bereits gemeldete potentielle FFH-Gebiete betrifft (a.a.O. Rn. 21, 23) und das Gericht seine Aussagen zum Schutzniveau ausdrücklich auf solche Gebiete bezieht (a.a.O. Rn. 44 ff.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, welche Gründe dafür sprechen könnten, diese Aussagen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auf potentielle FFH-Gebiete zu übertragen, die - wie hier - noch nicht gemeldet wurden.

15

e) Nicht durchzudringen vermag schließlich auch die auf folgende Fragen bezogene Grundsatzrüge:

"Kann eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann auf der Grundlage von § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alternative 1 BNatSchG 2007 ("im Interesse der Gesundheit des Menschen") zugelassen werden, wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient?

Folgt aus Art. 20a GG zumindest so lange ein Überwiegen der artenschutzrechtlichen Belange in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007, wie das Vorhaben nicht seinerseits dem Schutz verfassungsrechtlich geschützter Güter dient, namentlich eine verfassungsrechtlich relevante Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG durch die bisherige Verkehrssituation ausschließen soll?

Ist es zulässig, im Rahmen der Interessenabwägung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 zugunsten des Vorhabens zu berücksichtigen, dass in dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art festgesetzt wurden?"

16

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Zum einen hat der Verwaltungsgerichtshof die Erteilung einer Ausnahme nicht allein auf der Grundlage des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 für zulässig erachtet, sondern angenommen, dass die Ausnahmeentscheidung auch nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 tragfähig ist (UA S. 32 f.). Zum anderen ist der Verwaltungsgerichtshof weder ausdrücklich noch sinngemäß davon ausgegangen, dass eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 zugelassen werden kann, "wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient". Er hat vielmehr eine hinreichende Darlegung durch den Beklagten angenommen und insoweit ausgeführt, dass die Lärm- und Schadstoffbelastung dadurch reduziert werde, dass umfangreiche Stadtbezirke von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen entlastet würden. Zur näheren Begründung hat er auf den Planfeststellungsbeschluss (S. 35 bis 44) Bezug genommen. Angesichts der dortigen Ausführungen zur aktuellen Überlastung der vorhandenen B 31 im Raum Friedrichshafen mit steigender Tendenz, zu den damit zusammenhängenden Verkehrsverlagerungen in das nachgeordnete Netz sowie zu den mit dem Vorhaben angestrebten Entlastungen liegt ohne weiteres auf der Hand, dass das Vorhaben die Lärm- und Schadstoffbelastung der Bevölkerung reduzieren wird.

17

Davon abgesehen geht der Hinweis der Beschwerde auf das Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 4 C 2.99 - (BVerwGE 110, 302 <312 ff.>) fehl. Danach sind bei einer Abweichung nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes strenge Anforderungen an den Nachweis von Art und Umfang der mit dem Vorhaben in dieser Hinsicht erzielbaren Wirkungen zu stellen. Der Senat hat im Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 Rn. 160) bereits entschieden, dass diese strengen Anforderungen dem besonderen Schutzregime zugunsten prioritärer Lebensraumtypen und Arten geschuldet sind und sich daher nicht auf den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL - und damit erst recht nicht auf eine Abweichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen - übertragen lassen (ebenso Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 125 f.).

18

Die zweite Frage ist in dieser Allgemeinheit nicht entscheidungserheblich. Sie ist so formuliert, dass sie hinsichtlich aller in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände einheitlich zu beantworten ist. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nur die in § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände zur Anwendung gebracht hat (UA S. 32 f.).

19

Im Übrigen zeigt die Beschwerde einen Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass die vom Beklagten angeführten Gründe - gesetzliche Bedarfsfestlegung, Gesundheitsschutz, Verkehrssicherheit, Bewältigung steigenden Verkehrsaufkommens, Bündelung der Verkehre - ihrer Art nach sowohl einzeln als auch kumulativ eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten rechtfertigen können. Diese Annahme steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 158 bis 160, 239 und vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 125; vgl. auch Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 13 ff. zu Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL). Die Beschwerde legt nicht hinreichend dar, dass diese Rechtsprechung mit Blick auf Art. 20a GG einer Überprüfung bedarf. Wird geltend gemacht, Art. 20a GG gebiete ein bestimmtes Handeln des Normgebers, bedarf es einer vertieften Darlegung, woraus sich eine solche Verpflichtung des Normgebers gerade zu dieser Regelung im Einzelnen ergeben soll (Beschluss vom 5. November 2001 - BVerwG 9 B 50.01 - juris Rn. 7 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn - wie hier - die Auffassung vertreten wird, eine Vorschrift müsse wegen Art. 20a GG in bestimmter Weise verfassungskonform ausgelegt werden. Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Ihre Ansicht, Art. 20a GG enthalte eine "Gewichtungsvorgabe" in dem Sinne, dass die Belange des Naturschutzes nur zu dem Zweck zurückgestellt werden dürften, eine Beeinträchtigung verfassungsrechtlich geschützter Güter zu verhindern, begründet sie nicht näher.

20

Schließlich kann auch die dritte Frage die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Die Beschwerde macht insoweit geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei davon ausgegangen, dass im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur solche Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden dürften, die tatsächlich das Gewicht eines Verstoßes gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände mindern, sondern auch solche, die allein dem Zweck dienten, mittelfristig eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der betroffenen Art zu verhindern, wie hier die beabsichtigte Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts und die geplante Ansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach. Daher sei zu klären, ob die zuletzt genannten Ausgleichsmaßnahmen allein der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2 BNatSchG 2007 zuzuordnen seien oder außerdem auch noch das Gewicht der artenschutzrechtlichen Belange im Rahmen der nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 vorzunehmenden Interessenabwägung mindern könnten. Dieses Vorbringen verfehlt die maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat nicht angenommen, dass die von der Beschwerde genannten Ausgleichsmaßnahmen das Gewicht des in den Verbotstatbeständen zum Ausdruck kommenden Artenschutzinteresses mindern, obwohl sie die Realisierung der Verbote nicht beeinflussen. Die Bezugnahme auf diese Ausgleichsmaßnahmen steht vielmehr im Zusammenhang mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird. Dies habe der Beklagte nicht verkannt, sondern mit Blick darauf besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (UA S. 34 f.). Die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung, dass im Falle eines bundesweit ungünstigen Erhaltungszustands der betroffenen Art nicht nur "weitergehende Anforderungen" für die Zulassung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL gelten (UA S. 56 f.), sondern dem Artenschutzinteresse insoweit auch im Rahmen der Interessenabwägung ein gesteigertes, über die Verbotstatbestände hinaus reichendes Gewicht zukommt, dem mit auf eine langfristige Sicherung des Erhaltungszustands gerichteten Maßnahmen Rechnung getragen werden kann, greift die Beschwerde nicht an.

21

2. Auch die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

22

a) Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zum einen als wahr unterstellt, dass es nicht möglich sei, eine fachlich fundierte Aussage darüber zu treffen, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird", zum anderen jedoch auch angenommen, dass die Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offen, mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen aber "insgesamt erfolgversprechend" sei. Eine Maßnahme, deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich sei, könne jedoch nicht gleichzeitig als erfolgversprechend bezeichnet werden. Daher beruhe die Sachverhaltswürdigung auf einem Verstoß gegen Denkgesetze. Diese Rüge kann schon deshalb nicht durchdringen, weil der Verwaltungsgerichtshof die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf beide Annahmen gestützt hat. Die Frage, ob eine überwiegende Erfolgsaussicht für die geplante Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach besteht, hat er vielmehr ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich bezeichnet, weil sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation auch im Falle eines Scheiterns der Wiederansiedlungsversuche nicht verschlechtern werde (UA S. 65). Im Übrigen ist die Feststellung, eine Maßnahme sei "insgesamt erfolgversprechend", auch nicht schlechthin unvereinbar mit der weiteren Feststellung, es könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob diese Maßnahme "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich" sein werde.

23

b) Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel auch darin, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatznachlass eingeräumt habe, ohne dass die Voraussetzungen gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 Satz 1 ZPO vorgelegen hätten. Der Verwaltungsgerichtshof habe dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2009 die Möglichkeit gegeben, bis zum 31. Juli 2009 schriftsätzlich vorzutragen, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet nachgemeldet worden sei, obwohl die Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung bzw. unmittelbar davor nichts Neues vorgebracht hätten und der Beklagte keinen Schriftsatznachlass beantragt habe. Durch die prozesswidrig erfolgte Einräumung des Schriftsatzrechts sei dem Kläger zu 4 die Möglichkeit genommen worden, über das nachgelassene Vorbringen des Beklagten mündlich zu verhandeln und weitere Beweisanträge zu stellen. Die angegriffene Entscheidung kann jedoch nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von FFH-Recht nicht nur mit der Begründung verneint, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei und auch nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Vielmehr hat er alternativ zu dieser Erwägung die Eigenschaft des Mühlbachs als potentielles FFH-Gebiet unterstellt, weil die Verlegung eines Abschnitts des Mühlbachs auch in diesem Fall mit Blick auf den dann geltenden vorläufigen Schutzstatus mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei (UA S. 78 f.). Hinsichtlich dieser selbständig tragenden Erwägung war das Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz ohne Bedeutung.

24

c) Die Beschwerde macht ferner geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe den Beweisantrag Nr. 6 auf Einholung einer amtlichen Auskunft der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg - LUBW - zu Bachmuschelpopulationen in ausgewiesenen FFH-Gebieten in Baden-Württemberg, zur relativen Bedeutung des Vorkommens im Mühlbach und zu den Kriterien der Gebietsauswahl mit der Begründung abgelehnt, dass es hierauf im Hinblick auf die mit dem Schriftsatzrecht noch vorzutragenden Tatsachen nicht entscheidungserheblich ankomme. Dies sei unzulässig. Ein Schriftsatznachlass könne nur zu entscheidungserheblichen Tatsachen eingeräumt werden; dann könne ein auf Feststellung derselben Tatsachen gerichteter Beweisantrag nicht wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt werden. Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde damit einen Verfahrensmangel bezeichnet hat, weil die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf einem solchen Mangel beruht. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht unabhängig davon verneint, ob der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist oder nicht. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof den Beweisantrag Nr. 6 auch deshalb abgelehnt, weil sich die beantragte Beweiserhebung nicht auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt beziehe und außerdem der Mühlbach mit Blick auf den bei der Auswahl von FFH-Gebieten gegebenen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum auch dann nicht zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen vorliegen sollten (UA S. 77 f.).

25

d) Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge, dass der Verwaltungsgerichtshof nach Eingang des nachgelassenen Schriftsatzes des Beklagten vom 31. Juli 2009 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO hätte beschließen müssen, weil dieser Schriftsatz neues und für die Entscheidung relevantes Vorbringen enthalte. Das Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz bezieht sich auf die Frage, ob der Mühlbach wegen des dortigen Bachmuschelvorkommens zwingend als FFH-Gebiet hätte nachgemeldet werden müssen. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen FFH-Recht jedoch auch für den Fall verneint, dass der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sein sollte. Daher beruht die angegriffene Entscheidung nicht auf dem Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1 1/2, der Kläger zu 2 1/4, der Kläger zu 3 1/16 und der Kläger zu 4 3/16.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27.06.2008 für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... im Bauabschnitt II B J...........-X........... K 7739 von Bau-km 0+432 bis Bau-km 7+555.
Die vorgesehene Baumaßnahme schließt bei Bau-km 0+432 im Bereich J.........../Grenzhof an die bestehende B 31 an. Sie folgt dann zunächst bis zur Brunnisach der bestehenden Bahnlinie, schwenkt bei T........ nach Norden, durchquert das Waldgebiet „Buchschach“, schwenkt sodann in einem weiten Bogen nach Südwesten, durchschneidet nordöstlich von U......... auf einer Länge von ca. 300 m einen Waldbereich, führt bei X........... durch einen 600 m langen, zweiröhrigen Tunnel und endet bei Bau-km 7+555 an dem bereits ausgebauten Knotenpunkt D........straße in G.........-X..........., wo sie an die bestehende B 31 anschließt. Insgesamt werden die Orte H........, T........ und U......... - jeweils Teilorte der Stadt G......... - nördlich umfahren.
Über die gesamte Streckenlänge von 7,122 km hinweg ist eine zweibahnige (vierspurige) Straße vorgesehen, wobei zur Verringerung des Flächenbedarfs der kleinste nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen, Querschnittsgestaltung (RAS-Q) zulässige Sonderquerschnitt SQ 24 gewählt wurde. Anschlüsse an das nachgeordnete Straßennetz sollen südlich von L........ (AS L......../T........) sowie östlich von U......... (AS U.........) erfolgen. Dort wird die L 328b jeweils kreuzungsfrei angeschlossen.
Die Baumaßnahme ist im derzeit gültigen Bedarfsplan für den Ausbau von Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf ausgewiesen und Teil der raumordnerisch empfohlenen Variante 7.5 im Rahmen des Planungsfalls 7.5. Dieser zielt auf eine langfristige Neuordnung des Straßennetzes am nördlichen Bodenseeufer. Er sieht vor, den gesamten Ost-West-Verkehr im Raum G......... - unter Verzicht auf einen Ausbau der B 33 (V......-Ravensburg) - auf der B 31 (neu) zu bündeln. Zu diesem Zweck soll die B 31 zwischen V...... und G......... zweibahnig aus- bzw. neugebaut und im weiteren Verlauf am sog. Löwentalknoten in G......... an eine zweibahnige B 30 (G.........-Ravensburg) angeschlossen werden. Ein erster Schritt zur Verkehrsbündelung ist das streitgegenständliche Bauvorhaben, das vor allem den Stadtbereich von G......... entlasten und eine Verringerung von Fahrzeiten und Betriebskosten der Nutzer bewirken soll. Der Planungsfall 7.5 sieht weiter vor, eine K 7743 (neu) mit Ortsumgehungen von Markdorf, Lipbach, L........ und Efrizweiler zu bauen, die an der vorgesehenen Anschlussstelle L......../T........ an die B 31 (neu) angeschlossen werden soll. Daneben sind als L 205 eine Ortsumgehung von C.......... und als K 7742 (neu) eine Ortsumgehung von U......... vorgesehen, welche bei der vorgesehenen Anschlussstelle U......... an die B 31 angeschlossen werden soll. Weiterer Bestandteil des Planungsfalls 7.5 ist der vierspurige Ausbau des - derzeit nur zweispurigen - Riedleparktunnels in G........., womit eine vierspurige Weiterführung der B 31 in Richtung Löwentalknoten gewährleistet sein soll (vgl. zum Planungsfall 7.5 Anlage 1 des Planfeststellungsbeschlusses).
Mit Antrag vom 15.11.2002 beantragte die Straßenbauverwaltung die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für die o.g. Trasse zwischen J........... und D........straße. Der Antrag wurde am 24.05.2003 in der Schwäbischen Zeitung und im Südkurier bekannt gemacht. Die Auslegung der Planunterlagen erfolgte in der Zeit vom 26.05.2003 bis einschließlich 25.06.2003. Am 13. und 14.12.2005 wurden die eingegangenen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Naturschutzverbände, u.a. auch des Klägers zu 4, erörtert. Die übrigen Einwendungen, u.a. der Kläger zu 1 bis 3, wurden in der Zeit von 26.04.2006 bis 28.04.2006 erörtert. Im Anschluss daran überarbeitete der Vorhabensträger seine Planung u.a. in Bezug auf Lärmschutz, Ergänzungen des Wegenetzes und den landschaftspflegerischen Begleitplan. Die Änderungsplanung wurde im Amtsblatt der Gemeinde J........... am 16.02.2007 sowie im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung am 17.02.2007 bekannt gemacht. Eine erneute Auslegung erfolgte in der Zeit von 19.02.2007 bis einschließlich 19.03.2007 in G......... und J............ Auf eine Erörterung der zur Änderungsplanung eingegangenen Einwendungen wurde gem. § 17a Abs. 5 Satz 1, § 24 Abs. 2 FStrG verzichtet. Zur erneuten Planergänzung wegen Verbesserung der Leistungsfähigkeit des bestehenden Knotens „D........straße/S......-straße“ wurden der Stadt G........., den betroffenen Trägern öffentlicher Belange sowie den Naturschutzverbänden mit Schreiben vom 19.09.2007 erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zu einer weiteren Änderung des landschaftspflegerischen Begleitplans wurde den Genannten mit Schreiben vom 17.12.2007 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Schwerpunkt Obstbau auf Hof H... - zwischen Efrizweiler und H........ - mit einer Größe von insgesamt 36 ha, wovon 18 ha verpachtet sind. Er betreibt auf seinem Hof zusätzlich eine Pferdepension und beabsichtigt dort die Eröffnung von Ferienwohnungen. Die geplante Trasse verläuft ca. 180 m südlich seiner Hofstelle. Dort ist eine Querung des Eichenmühlwegs sowie der Brunnisach vorgesehen. Die Planung nimmt 46.536 qm (ca. 4,65 ha) seiner Grundstücksfläche unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 1 erhob mit Schreiben vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 26.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe, gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken sowie gegen Beeinträchtigungen bei der Haltung von Pensionspferden richteten.
Der Kläger zu 2 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Obstbaubetriebs im Außenbereich, etwa 350 m nördlich von X............ Die Gesamtbetriebsfläche beträgt 11,6 ha (davon 6,35 ha Pachtflächen). Die geplante Trasse verläuft ca. 200 m südlich seiner Hofstelle. Die Planung nimmt 14.037 qm (ca. 1,40 ha) seiner Eigentumsflächen und 3.798 qm ( ca. 0,38 ha) seiner Pachtflächen unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenführung, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 3 ist Eigentümer eines kleineren landwirtschaftlichen Mischbetriebes mit Milchviehhaltung, Obstbau und Sägewerk zwischen Efrizweiler und H......... Die Betriebsfläche beträgt 13,5 ha auf Eigenflächen. Die geplante Trasse verläuft etwa 300 m nördlich seiner Hofstelle. Von der Planung werden unmittelbar 11.597 qm (ca. 1,16 ha) in Anspruch genommen. Mit Schreiben vom 04.07.2003 und 26.03.2007 erhob er Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Eingriffe in Natur- und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm- und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 4 ist ein nach § 60 BNatSchG anerkannter Naturschutzverein. Er erhob mit Schreiben vom 29.07.2003 (samt Anlage), 30.03.2007 (samt Anlagen), 10.10.2007 und vom 11.01.2008 Einwendungen gegen die Planung (vgl. Ordner 2), mit denen er sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe und Eingriffe in Natur und Landschaft wandte.
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Mit Beschluss vom 27.06.2008 stellte der Beklagte die Planung für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... fest. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt die im Rahmen des Planungsfalles 7.5 raumordnerisch empfohlene Variante 7.5 zugrunde. Diverse Trassenalternativen („Amtstrasse“; Südumfahrung U.........; Variante 1 mit äußerer Querspange; Nullvariante; „Steigwiesentrasse“ und „Bauerntrasse“) sowie Alternativen zur Anschlussstellenplanung wurden erwogen, aber verworfen. Die vorgenommene Abschnittsbildung sei sachgerecht und führe nicht zu einer Zwangspunktbildung. Eine Verletzung zwingender materiellrechtlicher Vorschriften liege nicht vor; die vorgenommenen Eingriffe in Natur und Landschaft seien unvermeidlich. In Bezug auf festgestellte Vorkommen der Bachmuschel sei teilweise bereits kein direkter artenschutzrechtlicher Eingriff anzunehmen; soweit ein Eingriff anzunehmen sei, lägen die Ausnahmevoraussetzungen des § 43 Abs. 8 BNatSchG vor. Demgemäß umfasst der Planfeststellungsbeschluss unter A.III.9. u.a. eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG. Eigentümern und Pächtern landwirtschaftlich genutzter Grundstücke wird unter A.III.1. dem Grunde nach eine angemessene Entschädigung für den durchschnittlichen Ertrag der von ihnen in einem Abstand bis zu 10 m vom äußersten Fahrbandrand angebauten Produkte zuerkannt, soweit diese aufgrund der Schadstoffbelastungen in dem planfestgestellten Abschnitt nicht mehr vermarktungsfähig sind. Hinsichtlich bestimmter Gebäude werden passive Schallschutzmaßnahmen bzw. Außenwohnbereichsentschädigungen festgesetzt (unter A.III.3, 4 , 5 und 6). Gebäude der Kläger finden sich darunter nicht. Unter A.III.8. wird festgestellt, dass die Verlegung des Mühlbaches sowie sonstige Gewässerverlegungen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG als notwendige Folgemaßnahmen von dem Planfeststellungsbeschluss umfasst sind. Unter A.V.3 finden sich gesonderte Nebenbestimmungen zur Landwirtschaft. In Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus) bestimmt A.V.7.8:
11 
„Für unio crassus ist im Hinblick auf die wasserwirtschaftliche Unsicherheit der geplanten Maßnahmen ein Monitoring gemäß den Vorgaben im 4. Teil der Anpassung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrages vorzusehen. Details des Monitorings, welches im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde zu planen ist, bleiben der landschaftspflegerischen Ausführungsplanung vorbehalten. Soweit sich herausstellen sollte, dass einzelne vorgesehene Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeigen, liegen über die Erfassung des Bachmuschelbestandes im Rahmen dieses Planfeststellungsverfahrens sowie über die von H... (2005) getätigte Untersuchung gute Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand im Umfeld sowie zu Fließgewässerstrecken vor. Insbesondere in der von H... durchgeführten Untersuchung werden konkrete Maßnahmenvorschläge benannt, die im Falle eines nicht oder nur eingeschränkten Erfolges der hier vorgesehenen Maßnahmen kurzfristig aufgegriffen und verwirklicht werden können (vgl. H... (2005), S. 7f.)“.
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Unter A.VI. i.V.m. B.X des Planfeststellungsbeschlusses werden die noch offen gebliebenen und nicht anderweitig geregelten Einwendungen u.a. der privaten Einwender und Naturschutzverbände zurückgewiesen. Hierzu gehören auch der Kläger zu 1. (EWNr. 02, S. 220f des Planfeststellungsbeschlusses), der Kläger zu 2 (EWNr. 07, S. 225 des Planfeststellungsbeschlusses) und der Kläger zu 3 (EWNr. 03, S. 222f des Planfeststellungsbeschlusses).
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Am 21.08.2008 haben sämtliche Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az: 5 S 2358/08) beantragt. Zur Begründung ihrer Klage führen sie im Wesentlichen aus: Die Planfeststellungsbehörde habe ihrer Entscheidung den Planungsfall 7.5 des raumordnerischen Verfahrens zugrunde gelegt, dessen Verwirklichung aber an unüberwindlichen rechtlichen Hürden scheitere: Die im Planungsfall 7.5 vorgesehenen Umfahrungen Markdorf und L........ (K 7743 neu) verstießen gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der planenden Verwaltung, da diese Umfahrungen nach ihrer Verkehrsfunktion Aufgaben einer Bundes- bzw. Landesstraße übernehmen sollten. Über die geplanten Umfahrungen C.........., Markdorf und L........ als notwendige Folgemaßnahmen eines Ausbaus der B 31 (neu) hätte zudem - unter Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung - im Planfeststellungsbeschluss entschieden werden müssen, was unterblieben sei. Zudem sei die dem Planfeststellungsverfahren zugrunde liegende Verkehrsprognose des Gutachtens von Mx-... ... fehlerhaft und leide an einer Vielzahl methodischer Mängel: Das Untersuchungsgebiet sei zu klein und eine Verkehrsbefragung unterblieben; der Verkehrsanalyse 2005 lägen zu hohe Belastungen insbesondere der B 31 (alt) zugrunde; der Verkehrszuwachs bezogen auf 2020 sei deutlich zu hoch angesetzt; großräumige Verkehrsverlagerungen seien nicht berücksichtigt. Dies alles führe dazu, dass die Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 und die Entlastungswirkung des geplanten Vorhabens jeweils zu hoch angesetzt worden seien. Zudem stehe spätestens seit der Mitteilung der Landesregierung zur Priorisierung von Straßenbauprojekten vom 22.06.2007 fest, dass der Planungsfall 7.5 in seinen wesentlichen Teilen erst nach 2025 realisiert werden könne. Auch werde es im Jahr 2020 keinen zweibahnigen Riedleparktunnel geben mit der Konsequenz, dass der durch das Vorhaben in die Stadt G......... hineingeleitete Verkehr dort katastrophale Folgen haben werde. Zu Unrecht sei eine Untersuchung des Planungsfalls ohne Ausbau des Riedleparktunnels unterblieben. Fehlerhaft sei auch die Planung der erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft auslösenden Anschlussstellen. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde eine Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... als mit dem Planungskonzept unvereinbar abgelehnt. Entgegen ihrer Auffassung dränge sich auf, die bereits bestehende K 7742 - unter Verzicht auf die Anschlussstelle L......../T........ - an die B 31 (neu) anzuschließen. Zur Netzergänzung seien dann weder der Neubau der L 207 bzw. K 7743 noch die Umfahrung von U......... notwendig, deren Realisierung jeweils nicht absehbar sei. Insgesamt bestehe die Gefahr, dass die 4-spurige B 31 (neu) zwischen J........... und G......... ein Planungstorso bleibe. Auch bei isolierter Betrachtung sei die Maßnahme planerisch nicht gerechtfertigt, die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus jedenfalls bis zur Verwirklichung des Gesamtkonzepts nicht begründet. Alternativ kämen eine 2-3-spurige Lösung sowie eine längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau in Betracht. Der Planfeststellungsbeschluss sei auch mit Blick darauf abwägungsfehlerhaft, dass die Planung der Anschlussstelle L......../T........ zu einer erheblichen Verkehrszunahme und gesundheitsschädigenden Lärmimmissionen in den Ortsdurchfahrten L........, T........ und Lipbach führe. Diese Folgen entfielen nur beim Bau entsprechender Ortsumfahrungen (L 207/K 7743 neu), die im Planungsfall 7.5 zwar enthalten, aber nicht wie erforderlich zugleich mit der B 31 (neu) planfestgestellt würden. Die Planung beschwöre damit Konflikte herauf ohne sie - entsprechend dem Gebot der Konfliktbewältigung - zu lösen. Die von der Planfeststellungsbehörde auch schon vorläufig - ohne den Bau der genannten Ortsumfahrungen - erwartete Entlastung der Ortsdurchfahrten T........, U......... und L........ durch die geplante Anschlussstelle werde nicht eintreten. Diese Anschlussstelle stelle andererseits einen Zwangspunkt für den Neubau der L 207/K 7743 (neu) dar. Die Planfeststellungsbehörde verneine dies zwar mit Blick auf die theoretische Möglichkeit eines Verzichts auf diesen Neubau und die ersatzweise Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) über eine Anschlussstelle bei U.......... Dann aber stehe die Planrechtfertigung für die geplante Anschlussstelle L......../T........ in Frage.
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Der Planfeststellungsbeschluss sei auch in Bezug auf die drohende Existenzgefährdung der Kläger abwägungsfehlerhaft. Beim Kläger zu 2 habe die Planfeststellungsbehörde zwar die Existenzgefährdung als wahr unterstellt, hierbei aber das Ausmaß seiner Beeinträchtigung nicht hinreichend erfasst. Die von ihm erzielten und zukünftig geminderten Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien überhaupt nicht, die Ertragslage der Landwirtschaft fehlerhaft berücksichtigt worden. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei obstbaulich ungeeignet und behebe die Existenzgefährdung nicht. Beim Kläger zu 3 habe die Planfeststellungsbehörde zu Unrecht bereits aktuell eine Existenzgefährdung angenommen und eine Kausalität des Vorhabens hierfür verneint. Die Existenzfähigkeit seines Betriebs habe der Kläger zu 3 bereits dadurch unter Beweis gestellt, dass er ihn seit Jahren in der jetzigen Form führe. Allerdings führe die vorhabenbedingte Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken zu einer Existenzgefährdung. Schließlich habe die Planfeststellungsbehörde auch beim Kläger zu 1 zu Unrecht eine planfeststellungsbedingte Existenzgefährdung mit Hinweis darauf verneint, dass er bisher verpachtete Betriebsflächen wieder in Eigennutzung nehmen könne. Eine kurzfristige Kündigung der Pachtverträge sei nicht möglich, außerdem fehle in diesem Fall der Pachtzins zur teilweisen Existenzsicherung. Die angebotenen Ersatzflächen seien weder als Obstbaufläche noch als Ackerland geeignet und damit für den Kläger zu 1 nicht brauchbar. Die zukünftigen Beeinträchtigungen der Pferdepension und die vorhabenbedingt notwendige Neuanschaffung im Straßenverkehr zugelassener Landmaschinen seien überhaupt nicht berücksichtigt worden. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch gegen Vorschriften des Artenschutzrechts. Im Lipbach, im Mühlbach und in der Brunnisach komme die Bachmuschel (unio crassus) vor, eine streng geschützte und durch Verschmutzungen des Gewässers bzw. Veränderungen des Bachbetts bedrohte heimische Muschelart. Nördlich von H........ überquere das planfestgestellte Vorhaben die Brunnisach. Zu Unrecht gehe die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass insoweit ein direkter Eingriff unterbleibe. Denn die Errichtung der geplanten zwei Brücken sei ohne Eingriff nicht möglich, auch greife die planfestgestellte Straße direkt in den Uferbereich ein. Schließlich komme es baubedingt zu Stoffeinträgen in den Bach und damit zu einer Minderung der Habitatfunktion. Ein Eingriff i.S.v. § 42 Abs. 1 BNatSchG liege jedenfalls vor. Die von dem Beklagten vorgesehenen Schutzmaßnahmen seien unzureichend. In Bezug auf die Bachmuschelbestände im Mühlbach komme es durch die geplante Verlegung des Baches auf einer Strecke von 460 m zu direkten, wegen des baubedingten Eintrags von Schwebstoffen aber auch zu indirekten Eingriffen. Letztere habe die Planfeststellungsbehörde aber gar nicht weiter geprüft. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme vom Eingriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen. Die Ausnahmevoraussetzungen fehlten schon deshalb, weil zumutbare Alternativen zum planfestgestellten Vorhaben bestünden. So sei die - einen Eingriff in Bachmuschelbestände bewirkende - Errichtung der Anschlussstelle U......... nicht erforderlich, auch kämen als zumutbare Alternativen eine Zusammenlegung der Anschlussstellen U......... und L......../T........ sowie ein nur zweispuriger Ausbau der Strecke in Betracht. Mit Blick auf den Artenschutz seien grundsätzlich auch Abstriche am Grad der Zielerfüllung in Kauf zu nehmen. Unzumutbar sei eine Alternative nur dann, wenn die vom Vorhabensträger beabsichtigten Ziele überhaupt nicht mehr erreicht werden könnten. Dies sei nicht der Fall. Auch die Ausnahmevoraussetzung der (fehlenden) Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der Bachmuschel liege nicht vor. Die Bachmuschel gehöre zu den vom Aussterben bedrohten Arten, wobei das Verbreitungsgebiet im Bodenseeraum - und hier im Mühlbach und in der Brunnisach - zu den bundesweit bedeutendsten Vorkommen zähle. Die Art habe deshalb von vornherein keinen günstigen Erhaltungszustand. Vorhabenbedingt werde es zu einer weiteren Verschlechterung des Erhaltungszustands dieser Population kommen. Die Wirksamkeit der von der Planfeststellungsbehörde zur Sicherung des Erhaltungszustands angeordneten Maßnahmen (Umsiedlung der Bestände im Bereich der Anschlussstelle U......... in den Oberlauf des Mühlbachs, Wiederbesetzung nach erfolgter Verlegung des Mühlbachs, Wiederansiedlung im Appenweiler Mühlbach) sei höchst zweifelhaft. Die Umsiedlung erfasse zwangsläufig nur wenige Tiere, sei praktisch kaum durchführbar und stelle zudem keine fachlich erprobte und anerkannte Maßnahme dar. So seien z.B. entsprechende Versuche einer Wiederansiedlung im Kanton Zürich nicht geglückt. Die im Planfeststellungsbeschluss angesprochenen Erfahrungen mit Notumsiedlungen seien weder belegt noch nachvollziehbar. Das angeordnete Monitoring täusche nicht darüber hinweg, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsiedlung bzw. Wiederansiedelung nicht geprüft worden seien. Schließlich fehle es an den Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb, weil angesichts der aufgezeigten Planalternativen kein zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG vorliege. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße schließlich auch gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts (§ 38 NatSchG BW), denn das Vorhaben führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des potentiellen FFH-Gebiets „Mühlbach“ östlich von U........., wo sich vermutlich mehr als 50 % der Bachmuschelbestände im Alpenvorraum und mindestens 15 % der Bachmuschelpopulation in Südwürttemberg befänden. Dieses Gebiet sei vom Land Baden-Württemberg bzw. der Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht nicht als Gebiet von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung an die Europäische Kommission gemeldet worden; aufgrund seiner ökologischen Bedeutung im Zusammenhang mit dem Vorkommen der Bachmuschel, die sich auch aus den Planfeststellungsunterlagen (FFH-Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002) ergebe, unterliege das genannte Gebiet aber dennoch dem europarechtlichen Schutzregime, das jedenfalls zur Erhaltung der maßgeblichen ökologischen Merkmale des Gebiets verpflichte. Dies habe die Planfeststellungsbehörde vollständig verkannt. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen stellten nicht den erforderlichen Kohärenzausgleich im Sinne des Habitatschutzrechts sicher.
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Die Kläger beantragen,
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den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27. Juni 2008 zur Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... (BAB II B J...........-X........... K 7739) aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klagen abzuweisen.
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Zur Begründung führt er zunächst aus, die Voraussetzungen der Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO lägen im Verhältnis der Kläger zu 1 bis 3 einerseits und zum Kläger zu 4 andererseits nicht vor, weil dieser - anders als jene - nicht im Wege der enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffen sei und keine subjektiven Rechte, sondern eine objektive Überprüfung auf der Basis eines Verbandsklagerechts geltend mache. Es fehle daher an der Gleichartigkeit der jeweils geltend gemachten Ansprüche. Im Übrigen sei der Vortrag der Kläger zu 1 bis 4 in unterschiedlichem, teilweise erheblichem Umfang präkludiert. Unabhängig davon verteidigt der Beklagte die angefochtene Entscheidung in der Sache. Die Klage der Kläger zu 1 bis 3 sei von vornherein insoweit unbegründet, als sie sich auf die öffentliche Belange „Naturschutz“, „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ und „Zwangspunkt“ nicht berufen könnten. Denn selbst bei Beachtung dieser Belange wären sie weiterhin in ihrem Grundeigentum betroffen. Entgegen der Klagebegründung verstoße die Planung nicht gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung. Die Frage der straßenrechtlichen Einstufung der Umfahrung Markdorf (K 7743 neu) sei nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Die K 7743 (neu) habe auch nicht als notwendige Folgemaßnahme mit planfestgestellt werden müssen, weil der Bau der B 31 (neu) auch ohne die übrigen Bestandteile des Planungsfalls 7.5 notwendig und planerisch gerechtfertigt sei. Aus diesem Grund habe für Netzverbindungen auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Bei der Planung sei nicht verkannt worden, dass das Bauvorhaben in erheblichem Maß Flächen in Anspruch nehme und Eingriffe in Natur und Landschaft bewirke; dies sei zur Bewältigung der prognostizierten Verkehrsmengen im Interesse der angestrebten Bündelung des Verkehrs und der Entlastung des Stadtbereichs von G......... und seiner Ortsteile aber hinzunehmen. Alternativtrassen seien erwogen, aber zu Recht nicht weiter verfolgt worden. Auch ein vierstreifiger Ausbau der B 31 (neu) sei nach der von M... ... ermittelten und hochgerechneten Verkehrsbelastung erforderlich. Die in der Klage gegen dieses Gutachten vorgetragenen Kritikpunkte gingen allesamt fehl und übersähen, dass mithilfe einer Verkehrsuntersuchung kein zu 100 % stimmiges Modell, sondern eine belastbare Aussage zur Größenordnung getroffen werden solle. Insoweit erfasse das Gutachten M... ... die Verkehrsbelastung zutreffend. Auch die Einwendungen der Kläger gegen den zugrunde gelegten Prognosehorizont 2020 seien nicht stichhaltig. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Planungsfall 7.5 im Jahre 2020 (teilweise) verwirklicht sei. Für die Umfahrung C.......... (L 205 neu) lägen bereits konkrete Planungen vor; für die K 7743 (neu) solle das Planfeststellungsverfahren noch in 2009 eingeleitet werden. Auch aus der erwähnten Mitteilung der Landesregierung lasse sich für eine fehlende Realisierung der einzelnen Maßnahmen nichts ableiten. Jedenfalls sei mit einer auch für sich genommen planerisch gerechtfertigten Realisierung der B 31 (neu) bis 2020 zu rechnen. Auf den von den Klägern problematisierten Ausbau des Riedleparktunnels komme es nicht an, da die Baumaßnahme auch ohne eine Tunnelerweiterung verkehrlich wirksam und planerisch gerechtfertigt sei. Zudem sei der im vordringlichen Bedarf des Bundes ausgewiesene Tunnel auch mit den Folgewirkungen der B 31 (neu) ausreichend leistungsfähig. Entgegen der Auffassung der Kläger sei der für die Planung gewählte Prognosehorizont 2020 nicht zu beanstanden, der von ihnen verlangte Prognosehorizont 2035 hingegen nicht darstellbar. Auch die Kritikpunkte gegen die Analyse der Leistungsfähigkeit des Anschlusses D........straße und der Ortsdurchfahrten L........ bzw. Hagnau gingen fehl. Die Planung hinsichtlich der Anschlussstellen L......../T........ und U......... sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese erfüllten ihre Verkehrsfunktion unabhängig davon, ob die K 7743 (neu) gebaut werde oder nicht. Von einer Präjudizierung der Planung der Zubringer könne keine Rede sein. Die von den Klägern problematisierte Entlastung der Ortsdurchfahrt L........ sei nicht Gegenstand des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens. Ein Verzicht auf eine der Anschlussstellen bzw. eine Zusammenlegung sei erwogen, aber u.a. aus naturschutzrechtlichen Gründen verworfen worden. Auch ein Ausbau der K 7742 sei erwogen worden, aber weder unter verkehrlichen noch unter naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten als besser zu bewerten.
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Ein Abwägungsmangel bestehe auch nicht in Bezug auf die geltend gemachten Existenzgefährdungen der Kläger zu 1 bis 3. Beim Kläger zu 2 seien die Erträge aus der Landwirtschaft fachgerecht ermittelt worden; Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien von ihm aber nie behauptet worden und tauchten auch in den Buchabschlüssen nicht auf. Ferienwohnungen seien auch baurechtlich nicht genehmigt. Außerdem liege die Hofstelle 221 m von der geplanten Trasse entfernt; die nach der 16. BImSchV zulässigen Lärmgrenzwerte seien weit unterschritten. Es sei nicht erkennbar, inwiefern der Kläger zu 2 infolge der Wahrunterstellung seiner Existenzgefährdung durch den Planfeststellungsbeschluss belastet sein könnte. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei jedenfalls geeignet, eine Existenzgefährdung auszuschließen. Nach Stellungnahmen der Landwirtschaftsbehörden seien sie für den Obstbau geeignet. Der Betrieb des Klägers zu 3 sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt existenzgefährdet. Dies sei nach zwar betriebsbezogenen, aber objektiven Kriterien zu beurteilen; auf eine etwaige sehr genügsame Lebensweise des Klägers zu 3 komme es nicht an. Auch der Betrieb des Klägers zu 1 sei bereits im jetzigen Zeitpunkt als existenzgefährdet zu beurteilen und nicht erst durch das Vorhaben bedroht. Da aber ein Grenzfall vorliege, habe man eine durch das Planfeststellungsvorhaben ausgelöste Existenzgefährdung unterstellt und ein Ersatzlandangebot an den Kläger so aufgebaut, dass die in Anspruch genommenen Flächen entsprechend ihrer Nutzung als Obstbau- und Grünflächen ungefähr flächengleich ersetzt würden. Bezüglich der Pensionspferdehaltung sei nicht feststellbar, dass die planfestgestellte Maßnahmen zu Mindereinnahmen führe. Die Ausrittmöglichkeiten blieben ungeschmälert; Ferienwohnungen auf dem Hof seien aktuell noch nicht vorhanden. Der Kläger zu 1 sei auch nicht vorhabenbedingt gezwungen, im Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge zu erwerben, da er auch bereits bisher von ihm bewirtschaftete Flächen nur auf öffentlichen Verkehrswegen erreichen könne. Entgegen der Auffassung der Kläger liege auch kein Abwägungsfehler in Bezug auf die Anschlussstelle L......../T........ im Zusammenhang mit den Verkehrslärmbelästigungen in der Ortsdurchfahrt L........ vor. Unter A.III.5 des Planfeststellungsbeschlusses werde betroffenen Eigentümern ein Anspruch für passiven Lärmschutz zuerkannt, auch sei ausreichend gewährleistet, dass es zu keinen lärmbedingten Gesundheitsgefährdungen im Bereich der Ortsdurchfahrt komme. Eine Mehrbelastung der Anwohner in der Ortsdurchfahrt werde zumindest bis zum Neubau einer Ortsumfahrung in Kauf genommen; die Kläger irrten, wenn sie davon ausgingen, dass die Anschlussstelle der Entlastung der Ortsdurchfahrt diene. Sie diene vielmehr dazu, den Verkehr auf der B 31 neu zu bündeln. Daher sei die vorläufige Hinnahme einer Mehrbelastung nicht abwägungsfehlerhaft, zumal aufgrund der Bündelungsfunktion der Anschlussstelle im nachgeordneten Netz eine Entlastung eintrete und sich die Frage der Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, L........ und Lipbach aufgrund der im Prognosenullfall erwarteten Verkehrsbelastung von 24.000 Kfz/24h auch ohne einen Neubau der B 31 (neu) stelle. Die Anschlussstelle L......../T........ stelle auch keinen Zwangspunkt für einen Neubau der K 7743 entlang der Bahnlinie Markdorf-G......... dar. Der Hinweis im Planfeststellungsbeschluss, dass die Zuführung des Verkehrs aus Richtung Markdorf auch über die K 7742 an einer dritten Anschlussstelle erfolgen könne, diene nur der Verdeutlichung, dass es für eine Entlastung der betroffenen Ortsdurchfahrten auch Alternativen gebe. Darüber habe jedoch im Planfeststellungsbeschluss für die B 31 (neu) nicht entschieden werden müssen. Auch im Falle einer dritten Anschlussstelle an die B 31 (neu) zur Anbindung der K 7742 werde die Anschlussstelle L......../T........ jedenfalls nicht überflüssig. Der Planfeststellungsbeschluss leide auch im Hinblick auf das Artenschutzrecht an keinem Mangel. Soweit sich das Vorbringen des Klägers zu 4 auf die Brunnisach beziehe, sei er damit bereits präkludiert. Unabhängig davon sei bei der Brunnisach lediglich eine potentielle Gefährdung der Bachmuschelbestände aufgrund baubedingter Beeinträchtigungen anzunehmen, die durch die vorgesehenen Schutzmaßnahmen (Spritzschutz auf der Brücke zur Verhinderung diffuser Einträge, Fachbauleitung zur Koordination und Überwachung von Schutzmaßnahmen während der Bauphase) aber vermieden werden sollten. Ein direkter Eingriff in das Bachbett der Brunnisach erfolge nicht. Zudem sei nur ein in geringer Dichte von der Bachmuschel besiedelter kurzer Abschnitt der Brunnisach potentiell betroffen. Hinsichtlich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach seien nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Einwirkungen durch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge während der Bauphase gesehen und gewürdigt worden. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme von dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG lägen vor. Es fehle an einer zumutbaren Alternative. Die Möglichkeit sog. „holländischer Rampen“ komme ebensowenig in Betracht wie eine kleinräumige Verlegung der Anschlussstelle, weil auch dadurch Eingriffe in die Bachmuschelbestände bzw. in den Mühlbach nicht ausgeschlossen werden könnten. Ein Verzicht auf die Anschlussstelle komme nicht in Betracht, weil dann in unzumutbarem Maß Abstriche am Zielerfüllungsgrad der mit dem Vorhaben bezweckten Planung (Bündelung des Verkehrs und Entlastung des Umlands) in Kauf genommen werden müssten. Außerdem müsse der Mühlbach auch ohne die Anschlussstelle U......... auf ca. 200 m Länge verlegt werden. Aus diesem Grund sei auch die Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... keine Alternative. Ein nur zweistreifiger Ausbau der B 31 (neu) komme ebenfalls nicht in Betracht, weil dann die mit der Planung verfolgte Zielsetzung nicht mehr realisiert werden könne. Entgegen dem Klagevorbringen werde der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel infolge der Maßnahme nicht verschlechtert. Die von der Verlegung des Mühlbachs betroffenen Bestände (3,8 % der erfassten lebenden Tiere, über 90 % hiervon würden von der Verlegung nicht betroffen) würden umgesiedelt; die verlegten Teile würden nach Abschluss der Baumaßnahme wieder besetzt. Zusätzlich werde die Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach wieder angesiedelt; eine Wiederansiedlung sei entgegen der Auffassung der Kläger auch erfolgversprechend. Insgesamt sei festzustellen, dass sich der größte Teil des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach oberhalb der Neubaustrecke befinde; mit einem spürbaren vorhabenbedingten Verlust an Beständen sei deshalb nicht zu rechnen. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch nicht gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts. Ein potentielles FFH-Gebiet am Mühlbach bestehe nicht. Zwar sei der streitgegenständliche Bereich im Rahmen der im September 2002 durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfung rein vorsorglich als zur Übernahme in die Natura-2000-Kulisse geeignetes Gebiet betrachtet worden. Mittlerweile sei das Meldeverfahren aber - ohne diesen Gebietsabschnitt - abgeschlossen und habe die EU-Kommission keinen Nachmeldebedarf festgestellt. Die Frage sei deshalb, ob die Gerichte überhaupt noch befugt seien, die Gebietsabgrenzung im Hinblick auf FFH-Gebiete zu prüfen. Weder der FFH-Richtlinie noch der Rechtsprechung des EuGH lasse sich entnehmen, dass bereits gemeldete FFH-Gebiete fortlaufend ergänzt oder angepasst werden müssten. Selbst dann, wenn das betroffene Gebiet aber als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei, stehe es dem planfestgestellten Vorhaben nicht entgegen. Die Ergebnisse der artenschutzrechtlichen Prüfung zu §§ 42 und 43 BNatSchG könnten auf die habitatschutzrechtliche Prüfung nach § 38 NatSchG BW übertragen werden. Von etwaigen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets i.S.v. § 38 Abs. 2 NatSchG BW könne gem. § 38 Abs. 3 NatSchG BW eine habitatschutzrechtliche Ausnahme erteilt werden. Soweit die Kläger schließlich noch Lärmbetroffenheit gelten machten, sei ihr Vortrag unsubstantiiert. Weder bei den Klägern zu 1 noch bei den Klägern zu 2 und 3 komme es direkt oder mittelbar zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen; beim Kläger zu 3 würden sogar die Lärmgrenzwerte für allgemeine Wohngebiete eingehalten.
21 
Dem Senat liegen die einschlägigen umfangreichen Planungsakten des Regierungspräsidiums vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten (im Übrigen) Bezug genommen. Zudem wird auf das Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (5 S 2358/08) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
68 
(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
70 
(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
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(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
77 
(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
68 
(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
70 
(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
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(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
77 
(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

91

Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

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Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

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Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

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b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

Gründe

1

Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. Die Grundsatzrügen dringen nicht durch.

3

a) Die Fragen,

"Ist die in einem Planfeststellungsbeschluss enthaltene artenschutzrechtliche Ausnahmezulassung mit dem Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. dem Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) nach § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 vereinbar, wenn die Anzahl der im Trassenbereich tatsächlich vorhandenen Exemplare einer streng bzw. besonders geschützten Art erheblich - vorliegend um den Faktor 20 - unterschätzt wurde?

Wenn nein: Hat ein Verstoß der zuständigen Behörde gegen das Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. das Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) notwendig die Rechtswidrigkeit der erteilten artenschutzrechtlichen Ausnahme zur Folge oder kann der Verstoß durch eine eigenständige gerichtliche Prüfung der Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 geheilt werden?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

4

Hinsichtlich der ersten Frage ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Bestandsaufnahme auch für den Fall als fachlich vertretbar angesehen, dass der Bestand der Bachmuscheln im Mühlbach unterschätzt wurde. Intensität und Tragweite einer artenschutzrechtlichen Beeinträchtigung dieser Bachmuscheln könnten mit Blick auf die geplante Umsiedlungsmaßnahme auch ohne eine erschöpfende Ermittlung der Population hinreichend sicher erfasst werden. Danach sollten die von der Verlegung des Mühlbachs auf einem 460 m langen Abschnitt betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in den Oberlauf des Mühlbachs umgesetzt werden. Diese Maßnahme sei nach Auffassung sowohl des Gutachters der Klägerseite als auch des Beklagten durchführbar, ohne dass es auf die Anzahl der umzusetzenden Exemplare ankomme und ohne dass einzelne Exemplare der Bachmuschel in nennenswertem Umfang getötet oder verletzt würden. Auch sollten sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden, was auch für den Fall möglich sei, dass ihre Anzahl zunächst unterschätzt worden sei. Die bereits im Oberlauf des Mühlbachs lebenden Bachmuscheln träten auch nicht in Konkurrenz mit den umgesetzten Exemplaren, weil die Muscheln jeweils "ihre Nische" suchten (UA S. 26 f., 60 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb es ungeachtet dieser tatsächlichen Feststellungen geboten sein sollte, die Anzahl der umzusetzenden Exemplare möglichst exakt zu erfassen. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs machen im Übrigen deutlich, dass es von den Umständen des Einzelfalles abhängt, welche Anforderungen an eine "ausreichende" Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 54) zu stellen sind. Die aufgeworfene Frage kann daher in einem Revisionsverfahren nicht fallübergreifend geklärt werden.

5

Die zweite Frage ist so formuliert ("wenn nein"), dass sie nicht selbständig, sondern nur dann zum Zuge kommt, wenn die erste Frage in einem Revisionsverfahren - negativ - zu beantworten ist. Das ist nicht der Fall.

6

b) Die weitere Frage,

"Kann eine artenschutzrechtliche Ausnahme bei Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art schon dann gemäß § 43 Abs. 8 S. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zugelassen werden, wenn vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabensbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art nicht bestehen, darüber hinaus "außergewöhnliche Umstände" im Sinne des Urteils des EuGH vom 14.06.2007, C-342/05, Rn. 29 aber nicht festgestellt werden?"

bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren und auch keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV.

7

Dies gilt allerdings nicht mit Blick auf die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Randnummer 29 des Urteils des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs (Slg. 2007, I - 4713 ff.), die wie folgt lautet:

"Bei dieser Sachlage sind solche Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können."

8

Bei dieser Formulierung spricht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs einiges dafür, dass das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustandes der Populationen der betroffenen Art darstellt. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, wenn die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides kann jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig verneint werden. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

9

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler, worauf der Beklagte in seiner Erwiderung zu Recht hingewiesen hat. Sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 in zweifacher Weise, nämlich zum Einen, indem sie den Schluss nahe legt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes seien nur alternativ einzuhalten, und zum Anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu. Davon ist im Ergebnis zu Recht auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen.

10

c) Hinsichtlich der Frage,

"Ist es zulässig, eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen einer Art im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 zu verneinen bzw. ein Verweilen in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zu bejahen,

wenn

- sich die Populationen dieser Art bundesweit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden,

- das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG 2007) mangels weiterreichender generativer oder vegetativer Vermehrungsbeziehungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006, 4 A 1075/04, Rn. 571) nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht

Und

- dieses Verbreitungsgebiet vorhabensbedingt erheblich - vorliegend um etwa 30% - verkleinert wird, ohne dass kurz- oder mittelfristig - vorliegend nicht vor Ablauf von 30 Jahren - eine quantitativ und qualitativ gleichwertige Wiederbesiedlung neu geschaffener Habitate zu erwarten wäre?"

ist ein Klärungsbedarf nicht hinreichend dargetan. In rechtlicher Hinsicht ist geklärt, dass der Verlust eines lokalen Reviers nicht gleichbedeutend ist mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art. Dass einzelne Siedlungsräume im Zuge der Verwirklichung eines Vorhabens verloren gehen, schließt nicht aus, dass die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn geeignete Ausweichhabitate orts- und zeitnah in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt werden (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572 f.). Hiervon ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen (UA S. 63 f.) und hat im Einzelnen ausgeführt, weshalb die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von etwa 460 m infolge der geplanten Maßnahme zur Umsiedlung der davon betroffenen Bachmuscheln keine nennenswerten Verluste zur Folge haben wird (UA S. 26 f., 60 f.). Für die Frage des Erhaltungszustands der Population sei deshalb unerheblich, ob das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt werde, ob es mindestens 30 Jahre dauere, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschelpopulation der Größe und Qualität entwickeln werde, wie sie vor der Verlegung bestanden habe, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs überhaupt möglich sei und ob die geplanten Wiederansiedlungsversuche im Appenweiler Mühlbach gelingen könnten (UA S. 64 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass und weshalb mit Blick auf diese tatsächlichen Feststellungen Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen sollte. Im Übrigen macht der vorliegende Fall deutlich, dass keine generelle Grenze angegeben werden kann, ab der ein Verlust lokaler Siedlungsräume mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art einhergeht. Diese Frage kann vielmehr nur artspezifisch und bezogen auf die besonderen Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Soweit sich die aufgeworfene Frage darauf bezieht, dass "das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen ... nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht", ist sie außerdem nicht entscheidungserheblich, weil sich dem angegriffenen Urteil eine solche Feststellung nicht entnehmen lässt.

11

d) Auch die Fragen,

"Ist nach Ergehen der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL noch möglich?

Wenn ja: Kommt es zur Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Gebiet gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist, auf den subjektiven Kenntnisstand der zuständigen Fachbehörden zum Zeitpunkt der letzten Nachmeldung an die Europäische Kommission oder auf die objektive Ausstattung des Gebiets mit Arten und/oder Lebensraumtypen zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der angegriffenen Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt an?

Wenn letzteres: Liegt eine ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets (EuGH, Urt. v. 14.09.2006, C-244/05, Rn. 46) erst dann vor, wenn die Meldung des betreffenden Gebiets an die Europäische Kommission ohne Einbeziehung der vorhabensbedingt beeinträchtigten Teilfläche vereitelt würde? Oder genügt für eine solche ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets schon eine erhebliche Verringerung der Fläche des Habitats der die Meldewürdigkeit begründenden Art?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

12

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat die angegriffene Entscheidung nicht allein auf die Feststellung gestützt, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist und nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen (UA S. 69 ff.). Er hat daneben unterstellt, dass insoweit ein potentielles FFH-Gebiet vorliegt, aber eine Verletzung von FFH-Recht gleichwohl verneint, weil die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von 460 m die Schutzwürdigkeit des Gebiets nicht derart beeinträchtigt, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet vereitelt wird (UA S. 78 f.). Damit hängt der Ausgang des Rechtsstreits nicht von der Beantwortung der Frage ab, ob die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets noch möglich ist. Dasselbe gilt für die zweite Frage, die auf eine Klärung bestimmter Voraussetzungen für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets zielt.

13

Die dritte Frage, die sich auf die für den Schutz potentieller FFH-Gebiete geltenden Maßstäbe bezieht, wurde ausdrücklich nur für den Fall gestellt, dass die ersten beiden Fragen in einem Revisionsverfahren zu klären sind. Das ist nicht der Fall. Sie dringt indes auch dann nicht durch, wenn im Hinblick auf die weitere Beschwerdebegründung (S. 41) von einer "alternativ formulierten" Frage ausgegangen wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156 f.>, vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <257> und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <104>) angenommen, dass potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre unterliegen, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebiete das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liege, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt würden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kämen; dies sei nur dann der Fall, wenn der Schutz eines FFH-Gebietes als Ganzes ohne Einbeziehung der streitigen Teilfläche vereitelt würde. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht "unmittelbar berührt", weil diese sich nur auf bereits gemeldete Gebiete beziehe. Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet durch die Verlegung eines nur 460 m langen Bachabschnitts nicht vereitelt werde; denn auch nach den Angaben des Gutachters der Kläger betrage der Anteil der von dem Vorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln im Mühlbach (mindestens) 70% (UA S. 78 f.).

14

Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend auseinander (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie macht geltend, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften habe in den Urteilen vom 13. Januar 2005 (Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I - 167) und vom 14. September 2006 (Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I - 8445) abweichend von der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, Schutzmaßnahmen zur Wahrung der ökologischen Bedeutung potentieller FFH-Gebiete zu ergreifen, bzw. keine Eingriffe zulassen dürften, die die ökologischen Merkmale solcher Gebiete "ernsthaft beeinträchtigen" könnten. Dieses Vorbringen übersieht jedoch, dass der Verwaltungsgerichtshof die Aussagen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 13. Januar 2005 für den vorliegenden Fall als nicht maßgeblich erachtet hat, weil sie ein bereits gemeldetes Gebiet betrafen, während der Mühlbach nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei; für die Fälle noch nicht gemeldeter potentieller FFH-Gebiete ohne prioritäre Lebensraumtypen oder Arten sei daher nach wie vor von der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass dieser rechtliche Ansatz zweifelhaft sein könnte. Sie rügt zwar, dass der Verwaltungsgerichtshof insoweit das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. September 2006 nicht berücksichtigt habe, lässt dabei jedoch außer Acht, dass auch dieses Urteil bereits gemeldete potentielle FFH-Gebiete betrifft (a.a.O. Rn. 21, 23) und das Gericht seine Aussagen zum Schutzniveau ausdrücklich auf solche Gebiete bezieht (a.a.O. Rn. 44 ff.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, welche Gründe dafür sprechen könnten, diese Aussagen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auf potentielle FFH-Gebiete zu übertragen, die - wie hier - noch nicht gemeldet wurden.

15

e) Nicht durchzudringen vermag schließlich auch die auf folgende Fragen bezogene Grundsatzrüge:

"Kann eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann auf der Grundlage von § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alternative 1 BNatSchG 2007 ("im Interesse der Gesundheit des Menschen") zugelassen werden, wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient?

Folgt aus Art. 20a GG zumindest so lange ein Überwiegen der artenschutzrechtlichen Belange in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007, wie das Vorhaben nicht seinerseits dem Schutz verfassungsrechtlich geschützter Güter dient, namentlich eine verfassungsrechtlich relevante Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG durch die bisherige Verkehrssituation ausschließen soll?

Ist es zulässig, im Rahmen der Interessenabwägung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 zugunsten des Vorhabens zu berücksichtigen, dass in dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art festgesetzt wurden?"

16

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Zum einen hat der Verwaltungsgerichtshof die Erteilung einer Ausnahme nicht allein auf der Grundlage des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 für zulässig erachtet, sondern angenommen, dass die Ausnahmeentscheidung auch nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 tragfähig ist (UA S. 32 f.). Zum anderen ist der Verwaltungsgerichtshof weder ausdrücklich noch sinngemäß davon ausgegangen, dass eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 zugelassen werden kann, "wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient". Er hat vielmehr eine hinreichende Darlegung durch den Beklagten angenommen und insoweit ausgeführt, dass die Lärm- und Schadstoffbelastung dadurch reduziert werde, dass umfangreiche Stadtbezirke von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen entlastet würden. Zur näheren Begründung hat er auf den Planfeststellungsbeschluss (S. 35 bis 44) Bezug genommen. Angesichts der dortigen Ausführungen zur aktuellen Überlastung der vorhandenen B 31 im Raum Friedrichshafen mit steigender Tendenz, zu den damit zusammenhängenden Verkehrsverlagerungen in das nachgeordnete Netz sowie zu den mit dem Vorhaben angestrebten Entlastungen liegt ohne weiteres auf der Hand, dass das Vorhaben die Lärm- und Schadstoffbelastung der Bevölkerung reduzieren wird.

17

Davon abgesehen geht der Hinweis der Beschwerde auf das Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 4 C 2.99 - (BVerwGE 110, 302 <312 ff.>) fehl. Danach sind bei einer Abweichung nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes strenge Anforderungen an den Nachweis von Art und Umfang der mit dem Vorhaben in dieser Hinsicht erzielbaren Wirkungen zu stellen. Der Senat hat im Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 Rn. 160) bereits entschieden, dass diese strengen Anforderungen dem besonderen Schutzregime zugunsten prioritärer Lebensraumtypen und Arten geschuldet sind und sich daher nicht auf den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL - und damit erst recht nicht auf eine Abweichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen - übertragen lassen (ebenso Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 125 f.).

18

Die zweite Frage ist in dieser Allgemeinheit nicht entscheidungserheblich. Sie ist so formuliert, dass sie hinsichtlich aller in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände einheitlich zu beantworten ist. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nur die in § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände zur Anwendung gebracht hat (UA S. 32 f.).

19

Im Übrigen zeigt die Beschwerde einen Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass die vom Beklagten angeführten Gründe - gesetzliche Bedarfsfestlegung, Gesundheitsschutz, Verkehrssicherheit, Bewältigung steigenden Verkehrsaufkommens, Bündelung der Verkehre - ihrer Art nach sowohl einzeln als auch kumulativ eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten rechtfertigen können. Diese Annahme steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 158 bis 160, 239 und vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 125; vgl. auch Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 13 ff. zu Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL). Die Beschwerde legt nicht hinreichend dar, dass diese Rechtsprechung mit Blick auf Art. 20a GG einer Überprüfung bedarf. Wird geltend gemacht, Art. 20a GG gebiete ein bestimmtes Handeln des Normgebers, bedarf es einer vertieften Darlegung, woraus sich eine solche Verpflichtung des Normgebers gerade zu dieser Regelung im Einzelnen ergeben soll (Beschluss vom 5. November 2001 - BVerwG 9 B 50.01 - juris Rn. 7 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn - wie hier - die Auffassung vertreten wird, eine Vorschrift müsse wegen Art. 20a GG in bestimmter Weise verfassungskonform ausgelegt werden. Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Ihre Ansicht, Art. 20a GG enthalte eine "Gewichtungsvorgabe" in dem Sinne, dass die Belange des Naturschutzes nur zu dem Zweck zurückgestellt werden dürften, eine Beeinträchtigung verfassungsrechtlich geschützter Güter zu verhindern, begründet sie nicht näher.

20

Schließlich kann auch die dritte Frage die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Die Beschwerde macht insoweit geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei davon ausgegangen, dass im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur solche Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden dürften, die tatsächlich das Gewicht eines Verstoßes gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände mindern, sondern auch solche, die allein dem Zweck dienten, mittelfristig eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der betroffenen Art zu verhindern, wie hier die beabsichtigte Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts und die geplante Ansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach. Daher sei zu klären, ob die zuletzt genannten Ausgleichsmaßnahmen allein der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2 BNatSchG 2007 zuzuordnen seien oder außerdem auch noch das Gewicht der artenschutzrechtlichen Belange im Rahmen der nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 vorzunehmenden Interessenabwägung mindern könnten. Dieses Vorbringen verfehlt die maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat nicht angenommen, dass die von der Beschwerde genannten Ausgleichsmaßnahmen das Gewicht des in den Verbotstatbeständen zum Ausdruck kommenden Artenschutzinteresses mindern, obwohl sie die Realisierung der Verbote nicht beeinflussen. Die Bezugnahme auf diese Ausgleichsmaßnahmen steht vielmehr im Zusammenhang mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird. Dies habe der Beklagte nicht verkannt, sondern mit Blick darauf besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (UA S. 34 f.). Die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung, dass im Falle eines bundesweit ungünstigen Erhaltungszustands der betroffenen Art nicht nur "weitergehende Anforderungen" für die Zulassung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL gelten (UA S. 56 f.), sondern dem Artenschutzinteresse insoweit auch im Rahmen der Interessenabwägung ein gesteigertes, über die Verbotstatbestände hinaus reichendes Gewicht zukommt, dem mit auf eine langfristige Sicherung des Erhaltungszustands gerichteten Maßnahmen Rechnung getragen werden kann, greift die Beschwerde nicht an.

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2. Auch die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

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a) Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zum einen als wahr unterstellt, dass es nicht möglich sei, eine fachlich fundierte Aussage darüber zu treffen, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird", zum anderen jedoch auch angenommen, dass die Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offen, mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen aber "insgesamt erfolgversprechend" sei. Eine Maßnahme, deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich sei, könne jedoch nicht gleichzeitig als erfolgversprechend bezeichnet werden. Daher beruhe die Sachverhaltswürdigung auf einem Verstoß gegen Denkgesetze. Diese Rüge kann schon deshalb nicht durchdringen, weil der Verwaltungsgerichtshof die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf beide Annahmen gestützt hat. Die Frage, ob eine überwiegende Erfolgsaussicht für die geplante Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach besteht, hat er vielmehr ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich bezeichnet, weil sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation auch im Falle eines Scheiterns der Wiederansiedlungsversuche nicht verschlechtern werde (UA S. 65). Im Übrigen ist die Feststellung, eine Maßnahme sei "insgesamt erfolgversprechend", auch nicht schlechthin unvereinbar mit der weiteren Feststellung, es könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob diese Maßnahme "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich" sein werde.

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b) Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel auch darin, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatznachlass eingeräumt habe, ohne dass die Voraussetzungen gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 Satz 1 ZPO vorgelegen hätten. Der Verwaltungsgerichtshof habe dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2009 die Möglichkeit gegeben, bis zum 31. Juli 2009 schriftsätzlich vorzutragen, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet nachgemeldet worden sei, obwohl die Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung bzw. unmittelbar davor nichts Neues vorgebracht hätten und der Beklagte keinen Schriftsatznachlass beantragt habe. Durch die prozesswidrig erfolgte Einräumung des Schriftsatzrechts sei dem Kläger zu 4 die Möglichkeit genommen worden, über das nachgelassene Vorbringen des Beklagten mündlich zu verhandeln und weitere Beweisanträge zu stellen. Die angegriffene Entscheidung kann jedoch nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von FFH-Recht nicht nur mit der Begründung verneint, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei und auch nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Vielmehr hat er alternativ zu dieser Erwägung die Eigenschaft des Mühlbachs als potentielles FFH-Gebiet unterstellt, weil die Verlegung eines Abschnitts des Mühlbachs auch in diesem Fall mit Blick auf den dann geltenden vorläufigen Schutzstatus mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei (UA S. 78 f.). Hinsichtlich dieser selbständig tragenden Erwägung war das Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz ohne Bedeutung.

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c) Die Beschwerde macht ferner geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe den Beweisantrag Nr. 6 auf Einholung einer amtlichen Auskunft der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg - LUBW - zu Bachmuschelpopulationen in ausgewiesenen FFH-Gebieten in Baden-Württemberg, zur relativen Bedeutung des Vorkommens im Mühlbach und zu den Kriterien der Gebietsauswahl mit der Begründung abgelehnt, dass es hierauf im Hinblick auf die mit dem Schriftsatzrecht noch vorzutragenden Tatsachen nicht entscheidungserheblich ankomme. Dies sei unzulässig. Ein Schriftsatznachlass könne nur zu entscheidungserheblichen Tatsachen eingeräumt werden; dann könne ein auf Feststellung derselben Tatsachen gerichteter Beweisantrag nicht wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt werden. Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde damit einen Verfahrensmangel bezeichnet hat, weil die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf einem solchen Mangel beruht. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht unabhängig davon verneint, ob der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist oder nicht. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof den Beweisantrag Nr. 6 auch deshalb abgelehnt, weil sich die beantragte Beweiserhebung nicht auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt beziehe und außerdem der Mühlbach mit Blick auf den bei der Auswahl von FFH-Gebieten gegebenen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum auch dann nicht zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen vorliegen sollten (UA S. 77 f.).

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d) Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge, dass der Verwaltungsgerichtshof nach Eingang des nachgelassenen Schriftsatzes des Beklagten vom 31. Juli 2009 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO hätte beschließen müssen, weil dieser Schriftsatz neues und für die Entscheidung relevantes Vorbringen enthalte. Das Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz bezieht sich auf die Frage, ob der Mühlbach wegen des dortigen Bachmuschelvorkommens zwingend als FFH-Gebiet hätte nachgemeldet werden müssen. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen FFH-Recht jedoch auch für den Fall verneint, dass der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sein sollte. Daher beruht die angegriffene Entscheidung nicht auf dem Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1 1/2, der Kläger zu 2 1/4, der Kläger zu 3 1/16 und der Kläger zu 4 3/16.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27.06.2008 für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... im Bauabschnitt II B J...........-X........... K 7739 von Bau-km 0+432 bis Bau-km 7+555.
Die vorgesehene Baumaßnahme schließt bei Bau-km 0+432 im Bereich J.........../Grenzhof an die bestehende B 31 an. Sie folgt dann zunächst bis zur Brunnisach der bestehenden Bahnlinie, schwenkt bei T........ nach Norden, durchquert das Waldgebiet „Buchschach“, schwenkt sodann in einem weiten Bogen nach Südwesten, durchschneidet nordöstlich von U......... auf einer Länge von ca. 300 m einen Waldbereich, führt bei X........... durch einen 600 m langen, zweiröhrigen Tunnel und endet bei Bau-km 7+555 an dem bereits ausgebauten Knotenpunkt D........straße in G.........-X..........., wo sie an die bestehende B 31 anschließt. Insgesamt werden die Orte H........, T........ und U......... - jeweils Teilorte der Stadt G......... - nördlich umfahren.
Über die gesamte Streckenlänge von 7,122 km hinweg ist eine zweibahnige (vierspurige) Straße vorgesehen, wobei zur Verringerung des Flächenbedarfs der kleinste nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen, Querschnittsgestaltung (RAS-Q) zulässige Sonderquerschnitt SQ 24 gewählt wurde. Anschlüsse an das nachgeordnete Straßennetz sollen südlich von L........ (AS L......../T........) sowie östlich von U......... (AS U.........) erfolgen. Dort wird die L 328b jeweils kreuzungsfrei angeschlossen.
Die Baumaßnahme ist im derzeit gültigen Bedarfsplan für den Ausbau von Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf ausgewiesen und Teil der raumordnerisch empfohlenen Variante 7.5 im Rahmen des Planungsfalls 7.5. Dieser zielt auf eine langfristige Neuordnung des Straßennetzes am nördlichen Bodenseeufer. Er sieht vor, den gesamten Ost-West-Verkehr im Raum G......... - unter Verzicht auf einen Ausbau der B 33 (V......-Ravensburg) - auf der B 31 (neu) zu bündeln. Zu diesem Zweck soll die B 31 zwischen V...... und G......... zweibahnig aus- bzw. neugebaut und im weiteren Verlauf am sog. Löwentalknoten in G......... an eine zweibahnige B 30 (G.........-Ravensburg) angeschlossen werden. Ein erster Schritt zur Verkehrsbündelung ist das streitgegenständliche Bauvorhaben, das vor allem den Stadtbereich von G......... entlasten und eine Verringerung von Fahrzeiten und Betriebskosten der Nutzer bewirken soll. Der Planungsfall 7.5 sieht weiter vor, eine K 7743 (neu) mit Ortsumgehungen von Markdorf, Lipbach, L........ und Efrizweiler zu bauen, die an der vorgesehenen Anschlussstelle L......../T........ an die B 31 (neu) angeschlossen werden soll. Daneben sind als L 205 eine Ortsumgehung von C.......... und als K 7742 (neu) eine Ortsumgehung von U......... vorgesehen, welche bei der vorgesehenen Anschlussstelle U......... an die B 31 angeschlossen werden soll. Weiterer Bestandteil des Planungsfalls 7.5 ist der vierspurige Ausbau des - derzeit nur zweispurigen - Riedleparktunnels in G........., womit eine vierspurige Weiterführung der B 31 in Richtung Löwentalknoten gewährleistet sein soll (vgl. zum Planungsfall 7.5 Anlage 1 des Planfeststellungsbeschlusses).
Mit Antrag vom 15.11.2002 beantragte die Straßenbauverwaltung die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für die o.g. Trasse zwischen J........... und D........straße. Der Antrag wurde am 24.05.2003 in der Schwäbischen Zeitung und im Südkurier bekannt gemacht. Die Auslegung der Planunterlagen erfolgte in der Zeit vom 26.05.2003 bis einschließlich 25.06.2003. Am 13. und 14.12.2005 wurden die eingegangenen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Naturschutzverbände, u.a. auch des Klägers zu 4, erörtert. Die übrigen Einwendungen, u.a. der Kläger zu 1 bis 3, wurden in der Zeit von 26.04.2006 bis 28.04.2006 erörtert. Im Anschluss daran überarbeitete der Vorhabensträger seine Planung u.a. in Bezug auf Lärmschutz, Ergänzungen des Wegenetzes und den landschaftspflegerischen Begleitplan. Die Änderungsplanung wurde im Amtsblatt der Gemeinde J........... am 16.02.2007 sowie im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung am 17.02.2007 bekannt gemacht. Eine erneute Auslegung erfolgte in der Zeit von 19.02.2007 bis einschließlich 19.03.2007 in G......... und J............ Auf eine Erörterung der zur Änderungsplanung eingegangenen Einwendungen wurde gem. § 17a Abs. 5 Satz 1, § 24 Abs. 2 FStrG verzichtet. Zur erneuten Planergänzung wegen Verbesserung der Leistungsfähigkeit des bestehenden Knotens „D........straße/S......-straße“ wurden der Stadt G........., den betroffenen Trägern öffentlicher Belange sowie den Naturschutzverbänden mit Schreiben vom 19.09.2007 erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zu einer weiteren Änderung des landschaftspflegerischen Begleitplans wurde den Genannten mit Schreiben vom 17.12.2007 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Schwerpunkt Obstbau auf Hof H... - zwischen Efrizweiler und H........ - mit einer Größe von insgesamt 36 ha, wovon 18 ha verpachtet sind. Er betreibt auf seinem Hof zusätzlich eine Pferdepension und beabsichtigt dort die Eröffnung von Ferienwohnungen. Die geplante Trasse verläuft ca. 180 m südlich seiner Hofstelle. Dort ist eine Querung des Eichenmühlwegs sowie der Brunnisach vorgesehen. Die Planung nimmt 46.536 qm (ca. 4,65 ha) seiner Grundstücksfläche unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 1 erhob mit Schreiben vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 26.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe, gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken sowie gegen Beeinträchtigungen bei der Haltung von Pensionspferden richteten.
Der Kläger zu 2 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Obstbaubetriebs im Außenbereich, etwa 350 m nördlich von X............ Die Gesamtbetriebsfläche beträgt 11,6 ha (davon 6,35 ha Pachtflächen). Die geplante Trasse verläuft ca. 200 m südlich seiner Hofstelle. Die Planung nimmt 14.037 qm (ca. 1,40 ha) seiner Eigentumsflächen und 3.798 qm ( ca. 0,38 ha) seiner Pachtflächen unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenführung, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 3 ist Eigentümer eines kleineren landwirtschaftlichen Mischbetriebes mit Milchviehhaltung, Obstbau und Sägewerk zwischen Efrizweiler und H......... Die Betriebsfläche beträgt 13,5 ha auf Eigenflächen. Die geplante Trasse verläuft etwa 300 m nördlich seiner Hofstelle. Von der Planung werden unmittelbar 11.597 qm (ca. 1,16 ha) in Anspruch genommen. Mit Schreiben vom 04.07.2003 und 26.03.2007 erhob er Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Eingriffe in Natur- und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm- und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 4 ist ein nach § 60 BNatSchG anerkannter Naturschutzverein. Er erhob mit Schreiben vom 29.07.2003 (samt Anlage), 30.03.2007 (samt Anlagen), 10.10.2007 und vom 11.01.2008 Einwendungen gegen die Planung (vgl. Ordner 2), mit denen er sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe und Eingriffe in Natur und Landschaft wandte.
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Mit Beschluss vom 27.06.2008 stellte der Beklagte die Planung für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... fest. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt die im Rahmen des Planungsfalles 7.5 raumordnerisch empfohlene Variante 7.5 zugrunde. Diverse Trassenalternativen („Amtstrasse“; Südumfahrung U.........; Variante 1 mit äußerer Querspange; Nullvariante; „Steigwiesentrasse“ und „Bauerntrasse“) sowie Alternativen zur Anschlussstellenplanung wurden erwogen, aber verworfen. Die vorgenommene Abschnittsbildung sei sachgerecht und führe nicht zu einer Zwangspunktbildung. Eine Verletzung zwingender materiellrechtlicher Vorschriften liege nicht vor; die vorgenommenen Eingriffe in Natur und Landschaft seien unvermeidlich. In Bezug auf festgestellte Vorkommen der Bachmuschel sei teilweise bereits kein direkter artenschutzrechtlicher Eingriff anzunehmen; soweit ein Eingriff anzunehmen sei, lägen die Ausnahmevoraussetzungen des § 43 Abs. 8 BNatSchG vor. Demgemäß umfasst der Planfeststellungsbeschluss unter A.III.9. u.a. eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG. Eigentümern und Pächtern landwirtschaftlich genutzter Grundstücke wird unter A.III.1. dem Grunde nach eine angemessene Entschädigung für den durchschnittlichen Ertrag der von ihnen in einem Abstand bis zu 10 m vom äußersten Fahrbandrand angebauten Produkte zuerkannt, soweit diese aufgrund der Schadstoffbelastungen in dem planfestgestellten Abschnitt nicht mehr vermarktungsfähig sind. Hinsichtlich bestimmter Gebäude werden passive Schallschutzmaßnahmen bzw. Außenwohnbereichsentschädigungen festgesetzt (unter A.III.3, 4 , 5 und 6). Gebäude der Kläger finden sich darunter nicht. Unter A.III.8. wird festgestellt, dass die Verlegung des Mühlbaches sowie sonstige Gewässerverlegungen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG als notwendige Folgemaßnahmen von dem Planfeststellungsbeschluss umfasst sind. Unter A.V.3 finden sich gesonderte Nebenbestimmungen zur Landwirtschaft. In Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus) bestimmt A.V.7.8:
11 
„Für unio crassus ist im Hinblick auf die wasserwirtschaftliche Unsicherheit der geplanten Maßnahmen ein Monitoring gemäß den Vorgaben im 4. Teil der Anpassung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrages vorzusehen. Details des Monitorings, welches im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde zu planen ist, bleiben der landschaftspflegerischen Ausführungsplanung vorbehalten. Soweit sich herausstellen sollte, dass einzelne vorgesehene Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeigen, liegen über die Erfassung des Bachmuschelbestandes im Rahmen dieses Planfeststellungsverfahrens sowie über die von H... (2005) getätigte Untersuchung gute Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand im Umfeld sowie zu Fließgewässerstrecken vor. Insbesondere in der von H... durchgeführten Untersuchung werden konkrete Maßnahmenvorschläge benannt, die im Falle eines nicht oder nur eingeschränkten Erfolges der hier vorgesehenen Maßnahmen kurzfristig aufgegriffen und verwirklicht werden können (vgl. H... (2005), S. 7f.)“.
12 
Unter A.VI. i.V.m. B.X des Planfeststellungsbeschlusses werden die noch offen gebliebenen und nicht anderweitig geregelten Einwendungen u.a. der privaten Einwender und Naturschutzverbände zurückgewiesen. Hierzu gehören auch der Kläger zu 1. (EWNr. 02, S. 220f des Planfeststellungsbeschlusses), der Kläger zu 2 (EWNr. 07, S. 225 des Planfeststellungsbeschlusses) und der Kläger zu 3 (EWNr. 03, S. 222f des Planfeststellungsbeschlusses).
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Am 21.08.2008 haben sämtliche Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az: 5 S 2358/08) beantragt. Zur Begründung ihrer Klage führen sie im Wesentlichen aus: Die Planfeststellungsbehörde habe ihrer Entscheidung den Planungsfall 7.5 des raumordnerischen Verfahrens zugrunde gelegt, dessen Verwirklichung aber an unüberwindlichen rechtlichen Hürden scheitere: Die im Planungsfall 7.5 vorgesehenen Umfahrungen Markdorf und L........ (K 7743 neu) verstießen gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der planenden Verwaltung, da diese Umfahrungen nach ihrer Verkehrsfunktion Aufgaben einer Bundes- bzw. Landesstraße übernehmen sollten. Über die geplanten Umfahrungen C.........., Markdorf und L........ als notwendige Folgemaßnahmen eines Ausbaus der B 31 (neu) hätte zudem - unter Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung - im Planfeststellungsbeschluss entschieden werden müssen, was unterblieben sei. Zudem sei die dem Planfeststellungsverfahren zugrunde liegende Verkehrsprognose des Gutachtens von Mx-... ... fehlerhaft und leide an einer Vielzahl methodischer Mängel: Das Untersuchungsgebiet sei zu klein und eine Verkehrsbefragung unterblieben; der Verkehrsanalyse 2005 lägen zu hohe Belastungen insbesondere der B 31 (alt) zugrunde; der Verkehrszuwachs bezogen auf 2020 sei deutlich zu hoch angesetzt; großräumige Verkehrsverlagerungen seien nicht berücksichtigt. Dies alles führe dazu, dass die Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 und die Entlastungswirkung des geplanten Vorhabens jeweils zu hoch angesetzt worden seien. Zudem stehe spätestens seit der Mitteilung der Landesregierung zur Priorisierung von Straßenbauprojekten vom 22.06.2007 fest, dass der Planungsfall 7.5 in seinen wesentlichen Teilen erst nach 2025 realisiert werden könne. Auch werde es im Jahr 2020 keinen zweibahnigen Riedleparktunnel geben mit der Konsequenz, dass der durch das Vorhaben in die Stadt G......... hineingeleitete Verkehr dort katastrophale Folgen haben werde. Zu Unrecht sei eine Untersuchung des Planungsfalls ohne Ausbau des Riedleparktunnels unterblieben. Fehlerhaft sei auch die Planung der erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft auslösenden Anschlussstellen. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde eine Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... als mit dem Planungskonzept unvereinbar abgelehnt. Entgegen ihrer Auffassung dränge sich auf, die bereits bestehende K 7742 - unter Verzicht auf die Anschlussstelle L......../T........ - an die B 31 (neu) anzuschließen. Zur Netzergänzung seien dann weder der Neubau der L 207 bzw. K 7743 noch die Umfahrung von U......... notwendig, deren Realisierung jeweils nicht absehbar sei. Insgesamt bestehe die Gefahr, dass die 4-spurige B 31 (neu) zwischen J........... und G......... ein Planungstorso bleibe. Auch bei isolierter Betrachtung sei die Maßnahme planerisch nicht gerechtfertigt, die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus jedenfalls bis zur Verwirklichung des Gesamtkonzepts nicht begründet. Alternativ kämen eine 2-3-spurige Lösung sowie eine längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau in Betracht. Der Planfeststellungsbeschluss sei auch mit Blick darauf abwägungsfehlerhaft, dass die Planung der Anschlussstelle L......../T........ zu einer erheblichen Verkehrszunahme und gesundheitsschädigenden Lärmimmissionen in den Ortsdurchfahrten L........, T........ und Lipbach führe. Diese Folgen entfielen nur beim Bau entsprechender Ortsumfahrungen (L 207/K 7743 neu), die im Planungsfall 7.5 zwar enthalten, aber nicht wie erforderlich zugleich mit der B 31 (neu) planfestgestellt würden. Die Planung beschwöre damit Konflikte herauf ohne sie - entsprechend dem Gebot der Konfliktbewältigung - zu lösen. Die von der Planfeststellungsbehörde auch schon vorläufig - ohne den Bau der genannten Ortsumfahrungen - erwartete Entlastung der Ortsdurchfahrten T........, U......... und L........ durch die geplante Anschlussstelle werde nicht eintreten. Diese Anschlussstelle stelle andererseits einen Zwangspunkt für den Neubau der L 207/K 7743 (neu) dar. Die Planfeststellungsbehörde verneine dies zwar mit Blick auf die theoretische Möglichkeit eines Verzichts auf diesen Neubau und die ersatzweise Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) über eine Anschlussstelle bei U.......... Dann aber stehe die Planrechtfertigung für die geplante Anschlussstelle L......../T........ in Frage.
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Der Planfeststellungsbeschluss sei auch in Bezug auf die drohende Existenzgefährdung der Kläger abwägungsfehlerhaft. Beim Kläger zu 2 habe die Planfeststellungsbehörde zwar die Existenzgefährdung als wahr unterstellt, hierbei aber das Ausmaß seiner Beeinträchtigung nicht hinreichend erfasst. Die von ihm erzielten und zukünftig geminderten Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien überhaupt nicht, die Ertragslage der Landwirtschaft fehlerhaft berücksichtigt worden. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei obstbaulich ungeeignet und behebe die Existenzgefährdung nicht. Beim Kläger zu 3 habe die Planfeststellungsbehörde zu Unrecht bereits aktuell eine Existenzgefährdung angenommen und eine Kausalität des Vorhabens hierfür verneint. Die Existenzfähigkeit seines Betriebs habe der Kläger zu 3 bereits dadurch unter Beweis gestellt, dass er ihn seit Jahren in der jetzigen Form führe. Allerdings führe die vorhabenbedingte Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken zu einer Existenzgefährdung. Schließlich habe die Planfeststellungsbehörde auch beim Kläger zu 1 zu Unrecht eine planfeststellungsbedingte Existenzgefährdung mit Hinweis darauf verneint, dass er bisher verpachtete Betriebsflächen wieder in Eigennutzung nehmen könne. Eine kurzfristige Kündigung der Pachtverträge sei nicht möglich, außerdem fehle in diesem Fall der Pachtzins zur teilweisen Existenzsicherung. Die angebotenen Ersatzflächen seien weder als Obstbaufläche noch als Ackerland geeignet und damit für den Kläger zu 1 nicht brauchbar. Die zukünftigen Beeinträchtigungen der Pferdepension und die vorhabenbedingt notwendige Neuanschaffung im Straßenverkehr zugelassener Landmaschinen seien überhaupt nicht berücksichtigt worden. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch gegen Vorschriften des Artenschutzrechts. Im Lipbach, im Mühlbach und in der Brunnisach komme die Bachmuschel (unio crassus) vor, eine streng geschützte und durch Verschmutzungen des Gewässers bzw. Veränderungen des Bachbetts bedrohte heimische Muschelart. Nördlich von H........ überquere das planfestgestellte Vorhaben die Brunnisach. Zu Unrecht gehe die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass insoweit ein direkter Eingriff unterbleibe. Denn die Errichtung der geplanten zwei Brücken sei ohne Eingriff nicht möglich, auch greife die planfestgestellte Straße direkt in den Uferbereich ein. Schließlich komme es baubedingt zu Stoffeinträgen in den Bach und damit zu einer Minderung der Habitatfunktion. Ein Eingriff i.S.v. § 42 Abs. 1 BNatSchG liege jedenfalls vor. Die von dem Beklagten vorgesehenen Schutzmaßnahmen seien unzureichend. In Bezug auf die Bachmuschelbestände im Mühlbach komme es durch die geplante Verlegung des Baches auf einer Strecke von 460 m zu direkten, wegen des baubedingten Eintrags von Schwebstoffen aber auch zu indirekten Eingriffen. Letztere habe die Planfeststellungsbehörde aber gar nicht weiter geprüft. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme vom Eingriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen. Die Ausnahmevoraussetzungen fehlten schon deshalb, weil zumutbare Alternativen zum planfestgestellten Vorhaben bestünden. So sei die - einen Eingriff in Bachmuschelbestände bewirkende - Errichtung der Anschlussstelle U......... nicht erforderlich, auch kämen als zumutbare Alternativen eine Zusammenlegung der Anschlussstellen U......... und L......../T........ sowie ein nur zweispuriger Ausbau der Strecke in Betracht. Mit Blick auf den Artenschutz seien grundsätzlich auch Abstriche am Grad der Zielerfüllung in Kauf zu nehmen. Unzumutbar sei eine Alternative nur dann, wenn die vom Vorhabensträger beabsichtigten Ziele überhaupt nicht mehr erreicht werden könnten. Dies sei nicht der Fall. Auch die Ausnahmevoraussetzung der (fehlenden) Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der Bachmuschel liege nicht vor. Die Bachmuschel gehöre zu den vom Aussterben bedrohten Arten, wobei das Verbreitungsgebiet im Bodenseeraum - und hier im Mühlbach und in der Brunnisach - zu den bundesweit bedeutendsten Vorkommen zähle. Die Art habe deshalb von vornherein keinen günstigen Erhaltungszustand. Vorhabenbedingt werde es zu einer weiteren Verschlechterung des Erhaltungszustands dieser Population kommen. Die Wirksamkeit der von der Planfeststellungsbehörde zur Sicherung des Erhaltungszustands angeordneten Maßnahmen (Umsiedlung der Bestände im Bereich der Anschlussstelle U......... in den Oberlauf des Mühlbachs, Wiederbesetzung nach erfolgter Verlegung des Mühlbachs, Wiederansiedlung im Appenweiler Mühlbach) sei höchst zweifelhaft. Die Umsiedlung erfasse zwangsläufig nur wenige Tiere, sei praktisch kaum durchführbar und stelle zudem keine fachlich erprobte und anerkannte Maßnahme dar. So seien z.B. entsprechende Versuche einer Wiederansiedlung im Kanton Zürich nicht geglückt. Die im Planfeststellungsbeschluss angesprochenen Erfahrungen mit Notumsiedlungen seien weder belegt noch nachvollziehbar. Das angeordnete Monitoring täusche nicht darüber hinweg, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsiedlung bzw. Wiederansiedelung nicht geprüft worden seien. Schließlich fehle es an den Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb, weil angesichts der aufgezeigten Planalternativen kein zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG vorliege. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße schließlich auch gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts (§ 38 NatSchG BW), denn das Vorhaben führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des potentiellen FFH-Gebiets „Mühlbach“ östlich von U........., wo sich vermutlich mehr als 50 % der Bachmuschelbestände im Alpenvorraum und mindestens 15 % der Bachmuschelpopulation in Südwürttemberg befänden. Dieses Gebiet sei vom Land Baden-Württemberg bzw. der Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht nicht als Gebiet von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung an die Europäische Kommission gemeldet worden; aufgrund seiner ökologischen Bedeutung im Zusammenhang mit dem Vorkommen der Bachmuschel, die sich auch aus den Planfeststellungsunterlagen (FFH-Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002) ergebe, unterliege das genannte Gebiet aber dennoch dem europarechtlichen Schutzregime, das jedenfalls zur Erhaltung der maßgeblichen ökologischen Merkmale des Gebiets verpflichte. Dies habe die Planfeststellungsbehörde vollständig verkannt. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen stellten nicht den erforderlichen Kohärenzausgleich im Sinne des Habitatschutzrechts sicher.
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Die Kläger beantragen,
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den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27. Juni 2008 zur Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... (BAB II B J...........-X........... K 7739) aufzuheben.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Klagen abzuweisen.
19 
Zur Begründung führt er zunächst aus, die Voraussetzungen der Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO lägen im Verhältnis der Kläger zu 1 bis 3 einerseits und zum Kläger zu 4 andererseits nicht vor, weil dieser - anders als jene - nicht im Wege der enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffen sei und keine subjektiven Rechte, sondern eine objektive Überprüfung auf der Basis eines Verbandsklagerechts geltend mache. Es fehle daher an der Gleichartigkeit der jeweils geltend gemachten Ansprüche. Im Übrigen sei der Vortrag der Kläger zu 1 bis 4 in unterschiedlichem, teilweise erheblichem Umfang präkludiert. Unabhängig davon verteidigt der Beklagte die angefochtene Entscheidung in der Sache. Die Klage der Kläger zu 1 bis 3 sei von vornherein insoweit unbegründet, als sie sich auf die öffentliche Belange „Naturschutz“, „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ und „Zwangspunkt“ nicht berufen könnten. Denn selbst bei Beachtung dieser Belange wären sie weiterhin in ihrem Grundeigentum betroffen. Entgegen der Klagebegründung verstoße die Planung nicht gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung. Die Frage der straßenrechtlichen Einstufung der Umfahrung Markdorf (K 7743 neu) sei nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Die K 7743 (neu) habe auch nicht als notwendige Folgemaßnahme mit planfestgestellt werden müssen, weil der Bau der B 31 (neu) auch ohne die übrigen Bestandteile des Planungsfalls 7.5 notwendig und planerisch gerechtfertigt sei. Aus diesem Grund habe für Netzverbindungen auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Bei der Planung sei nicht verkannt worden, dass das Bauvorhaben in erheblichem Maß Flächen in Anspruch nehme und Eingriffe in Natur und Landschaft bewirke; dies sei zur Bewältigung der prognostizierten Verkehrsmengen im Interesse der angestrebten Bündelung des Verkehrs und der Entlastung des Stadtbereichs von G......... und seiner Ortsteile aber hinzunehmen. Alternativtrassen seien erwogen, aber zu Recht nicht weiter verfolgt worden. Auch ein vierstreifiger Ausbau der B 31 (neu) sei nach der von M... ... ermittelten und hochgerechneten Verkehrsbelastung erforderlich. Die in der Klage gegen dieses Gutachten vorgetragenen Kritikpunkte gingen allesamt fehl und übersähen, dass mithilfe einer Verkehrsuntersuchung kein zu 100 % stimmiges Modell, sondern eine belastbare Aussage zur Größenordnung getroffen werden solle. Insoweit erfasse das Gutachten M... ... die Verkehrsbelastung zutreffend. Auch die Einwendungen der Kläger gegen den zugrunde gelegten Prognosehorizont 2020 seien nicht stichhaltig. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Planungsfall 7.5 im Jahre 2020 (teilweise) verwirklicht sei. Für die Umfahrung C.......... (L 205 neu) lägen bereits konkrete Planungen vor; für die K 7743 (neu) solle das Planfeststellungsverfahren noch in 2009 eingeleitet werden. Auch aus der erwähnten Mitteilung der Landesregierung lasse sich für eine fehlende Realisierung der einzelnen Maßnahmen nichts ableiten. Jedenfalls sei mit einer auch für sich genommen planerisch gerechtfertigten Realisierung der B 31 (neu) bis 2020 zu rechnen. Auf den von den Klägern problematisierten Ausbau des Riedleparktunnels komme es nicht an, da die Baumaßnahme auch ohne eine Tunnelerweiterung verkehrlich wirksam und planerisch gerechtfertigt sei. Zudem sei der im vordringlichen Bedarf des Bundes ausgewiesene Tunnel auch mit den Folgewirkungen der B 31 (neu) ausreichend leistungsfähig. Entgegen der Auffassung der Kläger sei der für die Planung gewählte Prognosehorizont 2020 nicht zu beanstanden, der von ihnen verlangte Prognosehorizont 2035 hingegen nicht darstellbar. Auch die Kritikpunkte gegen die Analyse der Leistungsfähigkeit des Anschlusses D........straße und der Ortsdurchfahrten L........ bzw. Hagnau gingen fehl. Die Planung hinsichtlich der Anschlussstellen L......../T........ und U......... sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese erfüllten ihre Verkehrsfunktion unabhängig davon, ob die K 7743 (neu) gebaut werde oder nicht. Von einer Präjudizierung der Planung der Zubringer könne keine Rede sein. Die von den Klägern problematisierte Entlastung der Ortsdurchfahrt L........ sei nicht Gegenstand des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens. Ein Verzicht auf eine der Anschlussstellen bzw. eine Zusammenlegung sei erwogen, aber u.a. aus naturschutzrechtlichen Gründen verworfen worden. Auch ein Ausbau der K 7742 sei erwogen worden, aber weder unter verkehrlichen noch unter naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten als besser zu bewerten.
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Ein Abwägungsmangel bestehe auch nicht in Bezug auf die geltend gemachten Existenzgefährdungen der Kläger zu 1 bis 3. Beim Kläger zu 2 seien die Erträge aus der Landwirtschaft fachgerecht ermittelt worden; Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien von ihm aber nie behauptet worden und tauchten auch in den Buchabschlüssen nicht auf. Ferienwohnungen seien auch baurechtlich nicht genehmigt. Außerdem liege die Hofstelle 221 m von der geplanten Trasse entfernt; die nach der 16. BImSchV zulässigen Lärmgrenzwerte seien weit unterschritten. Es sei nicht erkennbar, inwiefern der Kläger zu 2 infolge der Wahrunterstellung seiner Existenzgefährdung durch den Planfeststellungsbeschluss belastet sein könnte. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei jedenfalls geeignet, eine Existenzgefährdung auszuschließen. Nach Stellungnahmen der Landwirtschaftsbehörden seien sie für den Obstbau geeignet. Der Betrieb des Klägers zu 3 sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt existenzgefährdet. Dies sei nach zwar betriebsbezogenen, aber objektiven Kriterien zu beurteilen; auf eine etwaige sehr genügsame Lebensweise des Klägers zu 3 komme es nicht an. Auch der Betrieb des Klägers zu 1 sei bereits im jetzigen Zeitpunkt als existenzgefährdet zu beurteilen und nicht erst durch das Vorhaben bedroht. Da aber ein Grenzfall vorliege, habe man eine durch das Planfeststellungsvorhaben ausgelöste Existenzgefährdung unterstellt und ein Ersatzlandangebot an den Kläger so aufgebaut, dass die in Anspruch genommenen Flächen entsprechend ihrer Nutzung als Obstbau- und Grünflächen ungefähr flächengleich ersetzt würden. Bezüglich der Pensionspferdehaltung sei nicht feststellbar, dass die planfestgestellte Maßnahmen zu Mindereinnahmen führe. Die Ausrittmöglichkeiten blieben ungeschmälert; Ferienwohnungen auf dem Hof seien aktuell noch nicht vorhanden. Der Kläger zu 1 sei auch nicht vorhabenbedingt gezwungen, im Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge zu erwerben, da er auch bereits bisher von ihm bewirtschaftete Flächen nur auf öffentlichen Verkehrswegen erreichen könne. Entgegen der Auffassung der Kläger liege auch kein Abwägungsfehler in Bezug auf die Anschlussstelle L......../T........ im Zusammenhang mit den Verkehrslärmbelästigungen in der Ortsdurchfahrt L........ vor. Unter A.III.5 des Planfeststellungsbeschlusses werde betroffenen Eigentümern ein Anspruch für passiven Lärmschutz zuerkannt, auch sei ausreichend gewährleistet, dass es zu keinen lärmbedingten Gesundheitsgefährdungen im Bereich der Ortsdurchfahrt komme. Eine Mehrbelastung der Anwohner in der Ortsdurchfahrt werde zumindest bis zum Neubau einer Ortsumfahrung in Kauf genommen; die Kläger irrten, wenn sie davon ausgingen, dass die Anschlussstelle der Entlastung der Ortsdurchfahrt diene. Sie diene vielmehr dazu, den Verkehr auf der B 31 neu zu bündeln. Daher sei die vorläufige Hinnahme einer Mehrbelastung nicht abwägungsfehlerhaft, zumal aufgrund der Bündelungsfunktion der Anschlussstelle im nachgeordneten Netz eine Entlastung eintrete und sich die Frage der Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, L........ und Lipbach aufgrund der im Prognosenullfall erwarteten Verkehrsbelastung von 24.000 Kfz/24h auch ohne einen Neubau der B 31 (neu) stelle. Die Anschlussstelle L......../T........ stelle auch keinen Zwangspunkt für einen Neubau der K 7743 entlang der Bahnlinie Markdorf-G......... dar. Der Hinweis im Planfeststellungsbeschluss, dass die Zuführung des Verkehrs aus Richtung Markdorf auch über die K 7742 an einer dritten Anschlussstelle erfolgen könne, diene nur der Verdeutlichung, dass es für eine Entlastung der betroffenen Ortsdurchfahrten auch Alternativen gebe. Darüber habe jedoch im Planfeststellungsbeschluss für die B 31 (neu) nicht entschieden werden müssen. Auch im Falle einer dritten Anschlussstelle an die B 31 (neu) zur Anbindung der K 7742 werde die Anschlussstelle L......../T........ jedenfalls nicht überflüssig. Der Planfeststellungsbeschluss leide auch im Hinblick auf das Artenschutzrecht an keinem Mangel. Soweit sich das Vorbringen des Klägers zu 4 auf die Brunnisach beziehe, sei er damit bereits präkludiert. Unabhängig davon sei bei der Brunnisach lediglich eine potentielle Gefährdung der Bachmuschelbestände aufgrund baubedingter Beeinträchtigungen anzunehmen, die durch die vorgesehenen Schutzmaßnahmen (Spritzschutz auf der Brücke zur Verhinderung diffuser Einträge, Fachbauleitung zur Koordination und Überwachung von Schutzmaßnahmen während der Bauphase) aber vermieden werden sollten. Ein direkter Eingriff in das Bachbett der Brunnisach erfolge nicht. Zudem sei nur ein in geringer Dichte von der Bachmuschel besiedelter kurzer Abschnitt der Brunnisach potentiell betroffen. Hinsichtlich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach seien nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Einwirkungen durch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge während der Bauphase gesehen und gewürdigt worden. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme von dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG lägen vor. Es fehle an einer zumutbaren Alternative. Die Möglichkeit sog. „holländischer Rampen“ komme ebensowenig in Betracht wie eine kleinräumige Verlegung der Anschlussstelle, weil auch dadurch Eingriffe in die Bachmuschelbestände bzw. in den Mühlbach nicht ausgeschlossen werden könnten. Ein Verzicht auf die Anschlussstelle komme nicht in Betracht, weil dann in unzumutbarem Maß Abstriche am Zielerfüllungsgrad der mit dem Vorhaben bezweckten Planung (Bündelung des Verkehrs und Entlastung des Umlands) in Kauf genommen werden müssten. Außerdem müsse der Mühlbach auch ohne die Anschlussstelle U......... auf ca. 200 m Länge verlegt werden. Aus diesem Grund sei auch die Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... keine Alternative. Ein nur zweistreifiger Ausbau der B 31 (neu) komme ebenfalls nicht in Betracht, weil dann die mit der Planung verfolgte Zielsetzung nicht mehr realisiert werden könne. Entgegen dem Klagevorbringen werde der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel infolge der Maßnahme nicht verschlechtert. Die von der Verlegung des Mühlbachs betroffenen Bestände (3,8 % der erfassten lebenden Tiere, über 90 % hiervon würden von der Verlegung nicht betroffen) würden umgesiedelt; die verlegten Teile würden nach Abschluss der Baumaßnahme wieder besetzt. Zusätzlich werde die Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach wieder angesiedelt; eine Wiederansiedlung sei entgegen der Auffassung der Kläger auch erfolgversprechend. Insgesamt sei festzustellen, dass sich der größte Teil des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach oberhalb der Neubaustrecke befinde; mit einem spürbaren vorhabenbedingten Verlust an Beständen sei deshalb nicht zu rechnen. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch nicht gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts. Ein potentielles FFH-Gebiet am Mühlbach bestehe nicht. Zwar sei der streitgegenständliche Bereich im Rahmen der im September 2002 durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfung rein vorsorglich als zur Übernahme in die Natura-2000-Kulisse geeignetes Gebiet betrachtet worden. Mittlerweile sei das Meldeverfahren aber - ohne diesen Gebietsabschnitt - abgeschlossen und habe die EU-Kommission keinen Nachmeldebedarf festgestellt. Die Frage sei deshalb, ob die Gerichte überhaupt noch befugt seien, die Gebietsabgrenzung im Hinblick auf FFH-Gebiete zu prüfen. Weder der FFH-Richtlinie noch der Rechtsprechung des EuGH lasse sich entnehmen, dass bereits gemeldete FFH-Gebiete fortlaufend ergänzt oder angepasst werden müssten. Selbst dann, wenn das betroffene Gebiet aber als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei, stehe es dem planfestgestellten Vorhaben nicht entgegen. Die Ergebnisse der artenschutzrechtlichen Prüfung zu §§ 42 und 43 BNatSchG könnten auf die habitatschutzrechtliche Prüfung nach § 38 NatSchG BW übertragen werden. Von etwaigen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets i.S.v. § 38 Abs. 2 NatSchG BW könne gem. § 38 Abs. 3 NatSchG BW eine habitatschutzrechtliche Ausnahme erteilt werden. Soweit die Kläger schließlich noch Lärmbetroffenheit gelten machten, sei ihr Vortrag unsubstantiiert. Weder bei den Klägern zu 1 noch bei den Klägern zu 2 und 3 komme es direkt oder mittelbar zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen; beim Kläger zu 3 würden sogar die Lärmgrenzwerte für allgemeine Wohngebiete eingehalten.
21 
Dem Senat liegen die einschlägigen umfangreichen Planungsakten des Regierungspräsidiums vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten (im Übrigen) Bezug genommen. Zudem wird auf das Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (5 S 2358/08) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
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(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
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(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
76 
(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
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(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
68 
(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
70 
(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
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(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
77 
(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

91

Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

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Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

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Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

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b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
Oberirdische Gewässer
das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;
2.
Küstengewässer
das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften;
2a.
Meeresgewässer
die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes;
3.
Grundwasser
das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;
4.
Künstliche Gewässer
von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
5.
Erheblich veränderte Gewässer
durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderte oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
6.
Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
7.
Gewässereigenschaften
die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen;
8.
Gewässerzustand
die auf Wasserkörper bezogenen Gewässereigenschaften als ökologischer, chemischer oder mengenmäßiger Zustand eines Gewässers; bei als künstlich oder erheblich verändert eingestuften Gewässern tritt an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial;
9.
Wasserbeschaffenheit
die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers;
10.
Schädliche Gewässerveränderungen
Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben;
11.
Stand der Technik
der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt; bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage 1 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen;
12.
EMAS-Standort
diejenige Einheit einer Organisation, die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung in das EMAS-Register eingetragen ist;
13.
Einzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt;
14.
Teileinzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einem bestimmten Punkt in ein oberirdisches Gewässer gelangt;
15.
Flussgebietseinheit
ein als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten, dem ihnen zugeordneten Grundwasser und den ihnen zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 besteht;
16.
Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a)
Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b)
Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;
17.
Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim.
Auf der Bahnstrecke Rudersberg - Welzheim stellte die Deutsche Bundesbahn den öffentlichen Personenverkehr im Jahre 1980 aus wirtschaftlichen Gründen ein und betrieb die Strecke nur noch im Güterverkehr sowie im Sonderzugverkehr an Sonn- und Feiertagen. Im Jahre 1988 wurde der Streckenabschnitt als Folge einer Rutschung im Bereich von Bahn-km 12+900 (Grauhaldenhof) für den Bahnbetrieb gesperrt und auf Grund der hohen Sanierungskosten nicht wieder aufgenommen. Mit der Regionalisierung der Wieslauftalbahn übernahm der Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn die Strecke Schorndorf - Rudersberg - Welzheim von der Deutschen Bahn AG. Heute betreibt der Zweckverband - unter Betriebsführung der Württembergischen Eisenbahngesellschaft mbH (WEG) - im öffentlichen Personennahverkehr von montags bis samstags den Streckenabschnitt Schorndorf - Rudersberg-Nord (mit geplanter Verlängerung bis Rudersberg-Oberndorf); an mehreren Sonn- und Feiertagen im Jahr fährt hier der Wieslauftalexpress im Touristikverkehr mit einer Dampflokomotive und historischen Wagen.
Um eine der landschaftlich am reizvollsten erachteten Strecken Württembergs, die als Kulturdenkmal nach § 2 DSchG geschützt ist, zu erhalten, wurde im Jahre 1998 der Stadt Welzheim und dem Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn ein Konzept zur Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord - Welzheim als Touristikbahn vorgelegt. Unterhaltung und Betrieb sollen durch die Beigeladene (als Pächterin) erfolgen. Diese erhielt antragsgemäß mit Bescheid des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 31.07.2003 die Genehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur im Personen- und Güterverkehr (befristet bis 31.12.2010).
Voraussetzung für die geplante Reaktivierung der Strecke Rudersberg - Welzheim sind die (bauliche) Wiederherstellung der Bahnübergänge und deren technische Sicherung sowie Maßnahmen am Gleiskörper und an den Bauwerken. Im Hinblick auf die im Jahre 1988 erfolgte (Hang-)Rutschung erstellte das Baugrundinstitut S & P unter dem 15.10.1993 ein „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“, das zu dem Ergebnis kam, dass die kostengünstigste Lösung der Einbau von Tiefensickerungen längs und quer zum Gleiskörper darstelle, mit denen der Rutschkörper entwässert und stabilisiert werde.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht neben der Gleissanierung zwischen Bahn-km 12+671 und Bahn-km 13+100 auch eine Rutschsanierung zwischen Bahn-km 12+840 und Bahn-km 12+930 vor: durch Einbau einer gleisparallelen Tiefensickerung bergseits der Trasse auf einer Länge von ca. 90 m, durch Herstellen von 10 Stütz- und Sickerscheiben im Abstand von 7 m unter dem Gleiskörper senkrecht zur gleisparallelen Tiefensickerung und durch Ableitung bzw. Anschluss der Tiefensickerung an die vorhandene Querdole mit Sammelschacht, die in ein Auslaufbauwerk einmündet, an das sich ein bestehender Wassergraben anschließt; dieser ist teilweise (als Flst.Nr. 822) abgemarkt und führt im weiteren Verlauf unvermarkt bis zur L 1080, wo er an einen Muldeneinlauf angeschlossen ist.
Die Kläger sind Eigentümer des auf Grundstück Flst.Nr. 918/1 der Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen „Kirschhaldenhofs“, den sie mit ihren fünf Kindern bewohnen. Ferner gehören ihnen die angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1.
Das in östlicher Richtung auf Gemarkung Rudersberg-Klaffenbach gelegene Grundstück Flst.Nr. 298 ist zugunsten der Kläger mit einer Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 belastet, welche die Entnahme und Ableitung von (Trink-)Wasser aus der als Brunnen „Herrmann“ bezeichneten, im Lageplan (Unterlage 4 Blatt 1) eingetragenen „Quellfassung“ gestattet. Dies stellt die ausschließliche Wasserversorgung für den „Kirschhaldenhof“ dar.
Zudem sind die Kläger Pächter u.a. einer Teilfläche des auf Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen, im Eigentum des Zweckverbands Verkehrsverband Wieslauftalbahn stehenden Grundstücks Flst.Nr. 950, auf dem sich eine im Jahre 1998 errichtete Schilfkläranlage (in einem Abstand von 2,50 m zur Bahnstrecke) befindet, über die allein die Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer vorgenommen wird.
Die Verkehrserschließung des „Kirschhaldenhofs“ erfolgt über einen von der L 1080 abzweigenden und über die Bahnstrecke führenden, bituminös befestigten Feldweg.
10 
Dem Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses liegt folgendes Verfahren zugrunde: Mit Schreiben vom 14.11.2003 beantragte die Stadt Welzheim namens und im Auftrag der Beigeladenen die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem mit Screening-Entscheidung vom 04.11.2003 festgestellt worden war, dass auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden können. Mit Schreiben vom 19.11.2003 beteiligte das Regierungspräsidium Stuttgart (als Planfeststellungsbehörde) die Träger öffentlicher Belange. Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 15.12.2003 bis 14.01.2004 bei der Stadt Welzheim und bei der Gemeinde Rudersberg zur Einsichtnahme durch jedermann aus.
11 
Mit Schreiben vom 27.01.2004, eingegangen am 28.01.2004, erhoben die Kläger Einwendungen: Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Bedürfnis für die Nutzung der Bahnstrecke, da kein öffentlicher Personennahverkehr abgewickelt werden solle, es sich vielmehr bei der geplanten Tourismusbahn nur um eine Spaßveranstaltung handele; Sicherheit über die möglichen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf den Wasserhaushalt der Umgebung, insbesondere auf den Brunnen „Herrmann“, könne nur ein - bisher fehlendes - hydrogeologisches Gutachten geben; die Maßnahmen könnten bei ungünstigen klimatischen Bedingungen und/oder bei einer zu erwartenden Versinterung der geplanten Dränagen mittelfristig auch eine räumlich ausgedehnte Aktivierung des labilen Hangs oberhalb der „Sicherungsstrecke“ bis hin zu ihren Grundstücken zur Folge haben; sie befürchteten einen irreparablen Ausfall ihrer Wasserversorgung infolge der vorgesehenen Entwässerungsmaßnahmen, eine irreparable Zerstörung ihrer Kläranlage und eine irreparable Gefährdung ihres - auf instabilem Baugrund stehenden - Wohnhauses durch die Baumaßnahmen und die mit dem regelmäßigen Bahnverkehr verbundenen Erschütterungen sowie eine Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des „Kirschhaldenhofs“ während der Baumaßnahmen, durch die auch für spätere Zeit der Gemeindeweg zerstört und damit als Zufahrt ungeeignet werde. Kritisiert wurden auch das Sanierungsgutachten und die vom Gutachter verfassten Nachträge: Der Beurteilungshorizont der geplanten Maßnahmen bzw. die prognostizierte Dauer ihrer Wirksamkeit betrage lediglich zehn Jahre; die historische Dimension des gesamten Rutschhanges sei nur unzureichend recherchiert und in ihrer Bedeutung für mögliche Auswirkungen der geplanten Maßnahmen unterschätzt worden; die Tiefe der gegenwärtig aktiven Gleitfläche im gesamten engeren Rutschbereich und darüber hinaus sei nicht exakt ermittelt worden; die Standsicherheitsuntersuchungen erfassten lediglich den Hangabschnitt zwischen der Trasse und der L 1080 und belegten mit angenommenen Rechenwerten für einen wasserfreien Boden eine ausreichende Standsicherheit, daneben aber auch, dass hohe Grundwasserstände im Hang eine Rutschung auslösen könnten; diese Bewertung müsse unbedingt auf den Hang oberhalb der Trasse übertragen werden, der sich im Schichtaufbau und in der Gesamtneigung nicht vom erdstatisch untersuchten Gelände unterhalb der Bahnstrecke unterscheide. Ferner wurden Einwendungen geäußert zum Sanierungsvorschlag mit Entwässerung und zur geplanten Bauausführung.
12 
Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung fand die Erörterungsverhandlung am 27.01.2005 in Rudersberg statt.
13 
Mit Beschluss vom 28.07.2005 stellte das Regierungspräsidium Stuttgart antragsgemäß den Plan für die Gleis- und Rutschsanierung mit folgenden Maßgaben fest:
14 
III. Nebenbestimmungen:
15 
1. Bahnaufsicht / Eisenbahntechnik: ...
16 
1.7 Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen ist über den gesamten Sanierungsbereich ein Messprogramm zur Beobachtung der Gleislage und zur weiteren Beobachtung des Rutschungsbereichs anzulegen.
17 
Dem LfB ist zur eisenbahntechnischen Abnahme das Messprogramm und die Nullmessung vorzulegen....
18 
1.12 Im Bereich der Hangrutschung „Grauhaldenhof“ ist auf Sicht zu fahren. ...
19 
4. Wasserwirtschaftliche Belange: ...
20 
4.12 Die Entwässerungseinrichtungen einschließlich der Dränageleitungen sind wartungsfrei herzustellen, damit sie jederzeit gespült werden können. ...
21 
5. Geotechnische Belange: ...
22 
5.2 Die Sickerschlitze sind abschnittsweise (maximal 8-10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen....
23 
5.5 Im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisses ist im Benehmen mit dem Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung 9, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), Albertstraße 5 in 79104 Freiburg zu prüfen und zu entscheiden, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von der derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist.
24 
Die Ausschreibung hat eine Massenmehrung von derzeit 90 m auf ggf. 140 m Baulänge zu berücksichtigen. ...
25 
9. Grundstückseigentum und sonstige private Belange: ...
26 
9.3 Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung entsprechende Zusage Ziff. 5.15 in Betracht kommt. ...
27 
IV .            Zusagen:
28 
Die Antragstellerin hat folgende Zusagen abgegeben....
29 
5. Grundstückseigentümer und sonstige private Belange:
30 
5.1 Die Zufahrt über den Gemeindeweg zum Kirschhaldenhof und dem angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 298 ist auch während der Baumaßnahmen gewährleistet....
31 
5.4 Der Baustellentransport erfolgt vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse.
32 
5.5 Der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage erfolgt nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse....
33 
5.9 Hinsichtlich des Grundstücks Flst.Nr. 298 wird vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen eine Beweissicherung durch Fotodokumentation durchgeführt.
34 
5.10 Vor Beginn der Maßnahme wird eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorgenommen.
35 
Bestandteil der Beweissicherung sind Zufahrtswege, Schilfkläranlage, Gebäude und Nebenanlagen....
36 
5.15 Für den Brunnen „Herrmann“ wird ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt.
37 
5.16 Sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, ist die Schwäbische Waldbahn GmbH bereit, den Kirschhaldenhof aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen....
38 
7. Wasserwirtschaftliche Belange:
39 
7.1 Die Einbindung der Sickerschlitze in den angewitterten Gipskeuper bzw. in die wasserführende Schicht ist vorgesehen.
40 
Die tatsächlich erforderliche Tiefe der Schlitze wird bei der Ausführung gemeinsam mit dem Baugrundgutachter vor Ort festgelegt.
41 
In den Gründen heißt es im Wesentlichen: Die Planrechtfertigung sei gegeben. Mit dem Betrieb der Tourismusbahn von Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim würden eine wichtige Infrastruktureinrichtung zur Förderung eines umweltschonenden Tourismus- und Freizeitverkehrs im Schwäbischen Wald geschaffen und gleichzeitig die beiden Viadukte der denkmalgeschützten Wieslauftalbahn in ihrem Bestand und in ihrer Funktion als Eisenbahnanlage auf Dauer gesichert. Jährlich sei ein Fahrgastaufkommen von 15.000 bis 20.000 Personen zu erwarten. Mangels förmlicher Entwidmung sei die Wieslauftalbahn auch im Streckenabschnitt Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim trotz jahrelanger Unterbrechung des Bahnbetriebs eine bestandsgeschützte Strecke. Die geplanten Maßnahmen könnten die seit alters her vorhandenen Hangbewegungen nicht aufhalten. Der Trassenbereich werde hinsichtlich der Sicherheit des Bahnbetriebs ausreichend stabilisiert, was verhindere, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Alternativlösungen gebe es nicht. - Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz der Strecke erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass eine angemessene Grundstücksnutzung schwer und unerträglich beeinträchtigt werde, lägen nicht vor. Für die Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord bis Welzheim werde - wie in der Vergangenheit - eine Achslast von 20 t zugrunde gelegt. - In wasserwirtschaftlicher Hinsicht bestünden keine Bedenken. Vorgesehen sei lediglich die Entwässerung des Rutschkörpers im Bahnbereich. Ziel des Sanierungskonzepts sei es, künftig den Einstau von Niederschlagswasser in die Rutschmassen zu vermeiden und dadurch die Standsicherheit der labilen Geländeformation zu erhöhen. Hierzu seien eine Absenkung des Wasserstands in den Rutschmassen und eine Drainierung der Rutschmassen erforderlich. Die Ziele, einerseits den Rutschhang optimal zu stabilisieren und andererseits die hydrologischen Verhältnisse des Hanges unverändert zu belassen, ließen sich nicht miteinander vereinbaren. Aus heutiger Sicht seien die technischen Voraussetzungen für einen längerfristigen (über zehn Jahre hinausgehenden) Betrieb der Tourismusbahn gegeben. - Auch in geotechnischer Hinsicht bestünden keine Bedenken. Der Gutachter habe die Ursachen der Rutschung im Gleisbereich beim Grauhaldenhof erkundet und wirksame Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs erforderlich seien. Es solle verhindert werden, dass witterungsbedingt Wassermengen in den Rutschhang eingestaut würden. Die vorgesehenen Maßnahmen der Längs- und Quersickerungen im Bereich des Gleiskörpers seien so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten unter dem Rutschkörper im Gleisbereich erfasst würden. Zwar könne eine Aktivierung des oberen Hangbereichs bei ungünstigen klimatischen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden. Doch könne der Gefahr einer Mobilisierung von Rutschmassen im weiteren Umfeld der Gleisanlage dadurch begegnet werden, dass ein geordneter Oberflächenabfluss sichergestellt werde. Nach den gutachterlichen Aussagen und fachbehördlichen Stellungnahmen führten die geforderten weitergehenden (hydrogeologischen) Untersuchungen nicht zu den gewünschten Erkenntnissen hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Auch mit Blick auf entstehende unverhältnismäßige Kosten seien die bisherigen Gutachten und Untersuchungen ausreichend. Der Kirschhaldenhof befinde sich westlich des besonders stark von Kriechbewegungen betroffenen Geländeabschnitts; die bislang bekannten Kriechbewegungen im Bereich des Kirschhaldenhofs seien um den Faktor 10 geringer als in der Kernzone. Eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs infolge der geplanten Maßnahmen sei nicht zu befürchten. Im Bereich der Rutschung stelle das Fahren auf Sicht kein Problem dar. - Eine Gefährdung des auf instabilem Baugrund stehenden Wohngebäudes der Kläger durch die umfangreichen Baumaßnahmen sei nicht zu befürchten; auf den ursprünglich angedachten Baustellentransport per Lkw sei verzichtet worden. Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz erfasst und daher (als zumutbar) hinzunehmen. Die Erreichbarkeit des Kirschhaldenhofs während und nach Abschluss der Bauarbeiten sei gewährleistet. Diese führten nicht zu einem Hangrutsch und damit zu einer Beeinträchtigung der Hofstelle und der angrenzenden Grundstücke der Kläger. Eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung der Schilfkläranlage sei weder im Zusammenhang mit dem Baustellenverkehr, der auf der bestehenden Gleistrasse abgewickelt werde, noch durch den geplanten Bahnbetrieb zu besorgen. Die Kläranlage selbst sei mit einer Teichfolie ausgelegt und stelle somit ein flexibles Bauwerk dar. Ein Ausfall der Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs durch Auswirkungen der geplanten (Entwässerungs-)Maßnahmen auf den Brunnen „Herrmann“ sei nicht zu befürchten. Die Sanierungsmaßnahmen beschränkten sich auf den Gleiskörper und bezweckten ausschließlich die Entwässerung und Stabilisierung des Rutschkörpers im Gleisbereich. Eine Absenkung des Hangwasserspiegels sei nicht beabsichtigt und auch nicht zu erwarten. Ein etwa 25 bis 30 m hangabwärts unterhalb des Brunnens angeordneter Sickerschlitz habe bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und könne sich daher auf die höher liegenden und von oberhalb gespeisten Quellen nicht auswirken. Die geplanten Entwässerungsmaßnahmen wirkten maximal 10 m hangaufwärts und beträfen somit ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ bereits vorbeigelaufen seien. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung werde insoweit in Kauf genommen. Auch wenn die Kläger wohl ein altes Wasserbenutzungsrecht hätten, das nach § 123 WG aufrechterhalten bleibe, stelle § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG klar, dass sich daraus kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit ergebe; das Grundeigentum vermittle hierfür keine Anspruchsposition. Da die Kläger nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen seien und sie ihren gesamten Wasserbedarf aus dem Brunnen bezögen, sei bei Ausfall der häuslichen Wasserversorgung oder bei einer Minderung, die den „Mindestwasserbedarf“ nicht mehr decke, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit zu bejahen. Insoweit werde für den Brunnen ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. Aus den dabei vorgesehenen Pumpversuchen werde man Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Brunnens und zum Einzugsgebiet erhalten; insoweit könnte man auch mit einem hydrogeologischen Gutachten keine metergenaue Abgrenzung erreichen. Über den Ablauf des Arbeitsprogramms seien die Kläger informiert. Aus dem Beweissicherungsverfahren lasse sich eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen der Rutschhangsanierung auf den Brunnen „Herrmann“ gewinnen. Für den Fall, dass wider Erwarten eine schwere und unerträgliche Betroffenheit in der Weise auftrete, dass der „Mindestwasserbedarf“ der Kläger vorhabenbedingt nicht mehr sichergestellt sei, werde dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt. Insoweit komme primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung in Betracht. Die bei der Errichtung eines Ersatzbrunnens entstehenden hohen Kosten für Bohrarbeiten seien mit dem Risiko behaftet, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers, wobei für diese Lösung eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich sei. Bei einem Trockenfallen des Brunnens „Herrmann“ sei der Anschluss des „Kirschhaldenhofs“ an die öffentliche Wasserversorgung aus Gründen der Versorgungssicherheit den anderen Maßnahmen der Ersatzversorgung vorzuziehen. Eine kurzfristige Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung könne durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt werden.
42 
Gegen den ihnen am 30.07.2005 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 30.08.2005 Klage erhoben und diese am 11.10.2005 begründet.
43 
Sie machen geltend: Da die Stadt Welzheim „namens und im Auftrag“ der Beigeladenen die Planfeststellung beantragt habe, fehle es solange an einem rechtswirksamen Antrag, bis die Stadt Welzheim ihre Bevollmächtigung nachgewiesen habe. Die erforderliche Planrechtfertigung sei nicht gegeben, da die Finanzierung des Projekts nicht gesichert sei. Die Planung leide an erheblichen Abwägungsmängeln. Vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Hangrutschung nur auf Sicht gefahren werden dürfe, sei ein Verzicht auf die Hangentwässerung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung die eindeutig bessere Alternative, da diese mit keiner Gefährdung ihrer Wasserversorgung und ihres Anwesens verbunden und für die Belange des Naturschutzes wie auch in finanzieller Hinsicht für den Vorhabenträger vorteilhafter wäre. Die zum Schutz der Wasserversorgung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorgesehenen Auflagen seien nicht ausreichend. Zwar gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht von einer schweren und unerträglichen Betroffenheit aus, wenn der Mindestwasserbedarf nicht mehr aus dem Brunnen „Herrmann“ sichergestellt sei. Die Bereitschaft der Beigeladen, unter Tragung der Kosten ihr Anwesen an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, falls der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen sollte, genüge insoweit aber nicht, da ein „Trockenfallen“ etwas anderes sei als das Unterschreiten eines „Mindestwasserbedarfs“. In der Planungsentscheidung hätte daher gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG exakt festgelegt werden müssen, wie für letzteren Fall ihre Wasserversorgung bis zu einem (aufwändigen) Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zu erfolgen habe. Der Planfeststellungsbeschluss lege auch nicht fest, wie und in welchem Umfang die für den Brunnen „Herrmann“ zugesagte Beweissicherung durchzuführen sei. Alternativ hätte für den Fall eines Nachlassens der Schüttung zu ihren Gunsten eine Umkehr der Beweislast angeordnet werden müssen. Die Überlegungen der Beigeladenen und ihres Gutachters reichten nicht aus, um längerfristige Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung berücksichtigen zu können. Für ihr Anwesen habe die Beigeladene die Durchführung einer Beweissicherung nur hinsichtlich einer Rutschgefahr während der Bauphase zugesagt, nicht auch hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung.
44 
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 5 S 1916/06 haben die Kläger (ergänzend) vorgetragen: Selbst wenn man mit der Behörde davon ausgehe, dass sie keinen Anspruch auf Erhalt der bisherigen Brunnenschüttung hätten, sei die Planungsentscheidung rechtswidrig. Wegen der auch nach Meinung der Behörde nicht auszuschließenden Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung hätte die Möglichkeit von Auflagen oder eines Ausgleichs i. S. von § 8 Abs. 3 WHG geprüft werden müssen. Als möglicher und zumutbarer Ausgleich für den Verlust des Brunnens hätte der Beigeladenen aufgegeben werden müssen, am besten vor Durchführung der Maßnahmen einen neuen Brunnen (als Ersatz) zu erkunden. Demgegenüber würden sie nur auf eine unzureichende Entschädigung verwiesen. Die Entschädigungsregelung sei zu unbestimmt, da sie mit „Trockenfallen“ an eine völlig unbestimmte Zustandsbeschreibung der Wasserführung des Brunnens anknüpfe. Die Entschädigungsregelung sei unvollständig, da sie eine Entschädigung für die Kosten des Wasserbezugs nicht vorsehe. Darüber hinaus sei die Entschädigungsregelung undurchführbar, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den Kirschhaldenhof an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusicherung der Beigeladenen stelle insoweit keinen Ausgleich i. S. von § 8 Abs. 3 WHG dar, da sie nicht etwas anderes Gleichwertiges, sondern eine unvollständige Entschädigung erhielten. Der Verweis hierauf sei nur zulässig, wenn das beeinträchtigende Vorhaben aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sei. Das könne bei einem privaten Betrieb der Tourismusbahn nicht angenommen werden, zumal wegen der geringen Ausstattung der Beigeladenen mit Finanzmitteln nicht einmal ein dauerhafter Betrieb sichergestellt sei. Obwohl ihr Wohnhaus erst 1920, also nach Fertigstellung der Bahnstrecke, als Ersatzgebäude für den ursprünglichen, nur wenige Meter entfernt abgerutschten Hof errichtet worden sei, habe die Behörde die Auswirkungen der umstrittenen Maßnahme auf die Standsicherheit ihres Wohnhauses nicht geprüft. Das Gutachten aus dem Jahre 1993 untersuche ausdrücklich nur einen Zeithorizont von 10 Jahren. Gleichwohl seien dessen Erkenntnisse in den Stellungnahmen des Gutachters im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens einfach fortgeschrieben worden, obwohl eine erneute geologische und hydrogeologische Untersuchung des Hangs erforderlich gewesen wäre. Eingriffe in eine geologische Konstellation wie die vorliegende würden immer die Gefahr in sich bergen, dass Rutschungen im Hang entstünden, die weder durch sonstige Baumaßnahmen kontrollierbar noch in ihrem Ausmaß vorhersehbar seien. Ob die bis zur Einstellung des Bahnbetriebs im Jahre 1988 wegen der bis dahin aufgetretenen (leichten) Rutschungen im Hang durchgeführten, kostengünstigen und offensichtlich tauglichen (Auffüll-)Maßnahmen auch für den beabsichtigten Betrieb der Tourismusbahn ausgereicht hätten, sei im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden, obwohl bei einem Unterlassen der Rutschsanierung jegliche negative Auswirkungen auf ihre Grundstücke und ihre Wasserversorgung vermieden würden.
45 
Die Kläger beantragen,
46 
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juli 2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim der Schwäbischen Waldbahn GmbH aufzuheben,
47 
hilfsweise,
48 
den Beklagten zu verpflichten, über die zur Sicherung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung ihres Anwesens sowie des Anwesens selbst erforderlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
49 
Der Beklagte beantragt,
50 
die Klagen abzuweisen.
51 
Er trägt vor: Ein rechtswirksamer Antrag auf Planfeststellung liege vor; die Stadt Welzheim sei als Gesellschafterin der Beigeladenen bevollmächtigt gewesen, den Antrag zu stellen. Die Finanzierung des Projekts sei durch verschiedene Zuwendungen sowie durch Eigenleistung der Beigeladenen gesichert. Ein Verzicht auf die Hangentwässerung stelle gegenüber dem planfestgestellten Konzept nicht die vorzugswürdige Alternative dar. Durch die Rutschsanierung verbessere sich die Situation des Hanges insgesamt dergestalt, dass die Gefahr von Rutschungen vermindert werde. Eine Beeinträchtigung des Brunnens bis hin zum Ausfall der Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger sei nach Aussage des Gutachters sowie sämtlicher Fachbehörden nicht zu erwarten. Hinsichtlich des Brunnens hätten die Kläger mangels geschützter Rechtsposition kein Abwehrrecht gegen die geplante Rutschsanierung. Gleichwohl sei für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf für die Kläger und ihre Familie planbedingt nicht mehr gewährleistet sei, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit angenommen und den Klägern eine Entschädigung dem Grunde nach zuerkannt worden. Dies genüge im Rahmen der Planungsentscheidung. Art und Umfang einer etwaigen Entschädigung seien separat in einem nachfolgenden Verfahren festzulegen. Dies beträfe auch die Bohrung nach einem anderen Brunnen. Soweit die Kläger rügten, dass der Umfang des Beweissicherungsverfahrens bezüglich des Brunnens nicht festgelegt worden sei, werde auf das entsprechende Arbeitsprogramm vom 04.02.2005, ergänzt um die beiden Stellungnahmen vom 10.03.2005, verwiesen; hierzu hätten sich die Kläger mehrfach geäußert. Bei einem kurzfristigen Ausfall des Brunnens (im Zuge der Bauausführung) sei eine hinreichende Ersatzversorgung der Kläger durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt. Das Wohngebäude der Kläger sei im Jahre 1920 (als Ersatz für ein abgerutschtes Gebäude) gerade außerhalb der Kernzone des Rutschhangs errichtet worden, so dass schon aus diesem Grunde eine Gefährdung durch die geplante Rutschsanierung auszuschließen sei. Auch am Anwesen der Kläger werde eine Beweissicherung durchgeführt, verbunden mit einem Messprogramm über den gesamten Sanierungsbereich. Die Erstellung eines hydrogeologischen Gutachtens - wie von den Klägern gefordert - werde nach Aussagen sämtlicher Fachbehörden keine weiterführenden Erkenntnisse bringen und sei daher auch im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand unverhältnismäßig. Nach Einschätzung aller Fachbehörden werde sich durch die geplante Sanierungsmaßnahme die Standsicherheit des Hangs insgesamt gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verbessern. Auch der Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht habe als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs eine ordnungsgemäße Hangsicherung gefordert. Die von den Klägern vorgeschlagenen, bis zum Jahre 1988 praktizierten Sicherungsmaßnahmen hätten sich gerade als ungeeignet erwiesen, den Rutschhang dauerhaft zu sichern. Sie seien daher keine taugliche Alternative.
52 
Die Beigeladene beantragt,
53 
die Klagen abzuweisen.
54 
Sie führt aus: Die Stadt Welzheim sei befugt gewesen, die Planfeststellung zu beantragen. Die Finanzierung des Vorhabens sei abgesichert. Ein Verzicht auf die Rutschsanierung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung hätten sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt, da mit der Planung die Bahnstrecke stabilisiert und verhindert werde, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Selbst wenn es in der Vergangenheit „gut gegangen“ sei, müsse dies nicht bedeuten, dass auf eine Hangsicherung verzichtet werden könne. Die verfügten Schutzauflagen seien ausreichend. Für den Brunnen „Herrmann“ bestehe durch die Baumaßnahmen keine Gefahr. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung begründeten keinen Anspruch auf weitere Nebenbestimmungen zum Schutze des Brunnens. Im Übrigen stelle die bestehende Trinkwasserversorgung (durch die Quelle) lediglich eine Chance dar, den häuslichen Wasserbedarf auf diese Weise zu decken. Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass die hydrogeologischen Verhältnisse außerhalb ihrer Grundstücke unverändert blieben. Neben der Zusicherung eines Beweissicherungsverfahrens seien für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf nicht mehr sichergestellt sei, dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt und zudem die Zusage für verbindlich erklärt worden, das Anwesen der Kläger an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen. Dadurch würden die Kläger zusätzlich abgesichert, ohne dass insoweit ein Anspruch bestünde. Welche Maßnahmen ggf. zur Beseitigung eines Wasserversorgungsmangels zu ergreifen bzw. objektiv erforderlich seien, könne ohne Eintritt eines erst dann bestimmbaren Wassermangels nicht entschieden werden. Die Kläger legten nicht substantiiert dar, weshalb für ihr Anwesen planbedingt eine Rutschgefahr bestehen sollte. Zu weiteren kostenintensiven (hydrogeologischen) Erkundungen bestehe keine Verpflichtung.
55 
Dem Senat liegen die einschlägigen Planungsakten des Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Eilverfahrens 5 S 1916/06 wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim.
Auf der Bahnstrecke Rudersberg - Welzheim stellte die Deutsche Bundesbahn den öffentlichen Personenverkehr im Jahre 1980 aus wirtschaftlichen Gründen ein und betrieb die Strecke nur noch im Güterverkehr sowie im Sonderzugverkehr an Sonn- und Feiertagen. Im Jahre 1988 wurde der Streckenabschnitt als Folge einer Rutschung im Bereich von Bahn-km 12+900 (Grauhaldenhof) für den Bahnbetrieb gesperrt und auf Grund der hohen Sanierungskosten nicht wieder aufgenommen. Mit der Regionalisierung der Wieslauftalbahn übernahm der Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn die Strecke Schorndorf - Rudersberg - Welzheim von der Deutschen Bahn AG. Heute betreibt der Zweckverband - unter Betriebsführung der Württembergischen Eisenbahngesellschaft mbH (WEG) - im öffentlichen Personennahverkehr von montags bis samstags den Streckenabschnitt Schorndorf - Rudersberg-Nord (mit geplanter Verlängerung bis Rudersberg-Oberndorf); an mehreren Sonn- und Feiertagen im Jahr fährt hier der Wieslauftalexpress im Touristikverkehr mit einer Dampflokomotive und historischen Wagen.
Um eine der landschaftlich am reizvollsten erachteten Strecken Württembergs, die als Kulturdenkmal nach § 2 DSchG geschützt ist, zu erhalten, wurde im Jahre 1998 der Stadt Welzheim und dem Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn ein Konzept zur Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord - Welzheim als Touristikbahn vorgelegt. Unterhaltung und Betrieb sollen durch die Beigeladene (als Pächterin) erfolgen. Diese erhielt antragsgemäß mit Bescheid des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 31.07.2003 die Genehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur im Personen- und Güterverkehr (befristet bis 31.12.2010).
Voraussetzung für die geplante Reaktivierung der Strecke Rudersberg - Welzheim sind die (bauliche) Wiederherstellung der Bahnübergänge und deren technische Sicherung sowie Maßnahmen am Gleiskörper und an den Bauwerken. Im Hinblick auf die im Jahre 1988 erfolgte (Hang-)Rutschung erstellte das Baugrundinstitut S & P unter dem 15.10.1993 ein „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“, das zu dem Ergebnis kam, dass die kostengünstigste Lösung der Einbau von Tiefensickerungen längs und quer zum Gleiskörper darstelle, mit denen der Rutschkörper entwässert und stabilisiert werde.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht neben der Gleissanierung zwischen Bahn-km 12+671 und Bahn-km 13+100 auch eine Rutschsanierung zwischen Bahn-km 12+840 und Bahn-km 12+930 vor: durch Einbau einer gleisparallelen Tiefensickerung bergseits der Trasse auf einer Länge von ca. 90 m, durch Herstellen von 10 Stütz- und Sickerscheiben im Abstand von 7 m unter dem Gleiskörper senkrecht zur gleisparallelen Tiefensickerung und durch Ableitung bzw. Anschluss der Tiefensickerung an die vorhandene Querdole mit Sammelschacht, die in ein Auslaufbauwerk einmündet, an das sich ein bestehender Wassergraben anschließt; dieser ist teilweise (als Flst.Nr. 822) abgemarkt und führt im weiteren Verlauf unvermarkt bis zur L 1080, wo er an einen Muldeneinlauf angeschlossen ist.
Die Kläger sind Eigentümer des auf Grundstück Flst.Nr. 918/1 der Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen „Kirschhaldenhofs“, den sie mit ihren fünf Kindern bewohnen. Ferner gehören ihnen die angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1.
Das in östlicher Richtung auf Gemarkung Rudersberg-Klaffenbach gelegene Grundstück Flst.Nr. 298 ist zugunsten der Kläger mit einer Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 belastet, welche die Entnahme und Ableitung von (Trink-)Wasser aus der als Brunnen „Herrmann“ bezeichneten, im Lageplan (Unterlage 4 Blatt 1) eingetragenen „Quellfassung“ gestattet. Dies stellt die ausschließliche Wasserversorgung für den „Kirschhaldenhof“ dar.
Zudem sind die Kläger Pächter u.a. einer Teilfläche des auf Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen, im Eigentum des Zweckverbands Verkehrsverband Wieslauftalbahn stehenden Grundstücks Flst.Nr. 950, auf dem sich eine im Jahre 1998 errichtete Schilfkläranlage (in einem Abstand von 2,50 m zur Bahnstrecke) befindet, über die allein die Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer vorgenommen wird.
Die Verkehrserschließung des „Kirschhaldenhofs“ erfolgt über einen von der L 1080 abzweigenden und über die Bahnstrecke führenden, bituminös befestigten Feldweg.
10 
Dem Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses liegt folgendes Verfahren zugrunde: Mit Schreiben vom 14.11.2003 beantragte die Stadt Welzheim namens und im Auftrag der Beigeladenen die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem mit Screening-Entscheidung vom 04.11.2003 festgestellt worden war, dass auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden können. Mit Schreiben vom 19.11.2003 beteiligte das Regierungspräsidium Stuttgart (als Planfeststellungsbehörde) die Träger öffentlicher Belange. Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 15.12.2003 bis 14.01.2004 bei der Stadt Welzheim und bei der Gemeinde Rudersberg zur Einsichtnahme durch jedermann aus.
11 
Mit Schreiben vom 27.01.2004, eingegangen am 28.01.2004, erhoben die Kläger Einwendungen: Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Bedürfnis für die Nutzung der Bahnstrecke, da kein öffentlicher Personennahverkehr abgewickelt werden solle, es sich vielmehr bei der geplanten Tourismusbahn nur um eine Spaßveranstaltung handele; Sicherheit über die möglichen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf den Wasserhaushalt der Umgebung, insbesondere auf den Brunnen „Herrmann“, könne nur ein - bisher fehlendes - hydrogeologisches Gutachten geben; die Maßnahmen könnten bei ungünstigen klimatischen Bedingungen und/oder bei einer zu erwartenden Versinterung der geplanten Dränagen mittelfristig auch eine räumlich ausgedehnte Aktivierung des labilen Hangs oberhalb der „Sicherungsstrecke“ bis hin zu ihren Grundstücken zur Folge haben; sie befürchteten einen irreparablen Ausfall ihrer Wasserversorgung infolge der vorgesehenen Entwässerungsmaßnahmen, eine irreparable Zerstörung ihrer Kläranlage und eine irreparable Gefährdung ihres - auf instabilem Baugrund stehenden - Wohnhauses durch die Baumaßnahmen und die mit dem regelmäßigen Bahnverkehr verbundenen Erschütterungen sowie eine Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des „Kirschhaldenhofs“ während der Baumaßnahmen, durch die auch für spätere Zeit der Gemeindeweg zerstört und damit als Zufahrt ungeeignet werde. Kritisiert wurden auch das Sanierungsgutachten und die vom Gutachter verfassten Nachträge: Der Beurteilungshorizont der geplanten Maßnahmen bzw. die prognostizierte Dauer ihrer Wirksamkeit betrage lediglich zehn Jahre; die historische Dimension des gesamten Rutschhanges sei nur unzureichend recherchiert und in ihrer Bedeutung für mögliche Auswirkungen der geplanten Maßnahmen unterschätzt worden; die Tiefe der gegenwärtig aktiven Gleitfläche im gesamten engeren Rutschbereich und darüber hinaus sei nicht exakt ermittelt worden; die Standsicherheitsuntersuchungen erfassten lediglich den Hangabschnitt zwischen der Trasse und der L 1080 und belegten mit angenommenen Rechenwerten für einen wasserfreien Boden eine ausreichende Standsicherheit, daneben aber auch, dass hohe Grundwasserstände im Hang eine Rutschung auslösen könnten; diese Bewertung müsse unbedingt auf den Hang oberhalb der Trasse übertragen werden, der sich im Schichtaufbau und in der Gesamtneigung nicht vom erdstatisch untersuchten Gelände unterhalb der Bahnstrecke unterscheide. Ferner wurden Einwendungen geäußert zum Sanierungsvorschlag mit Entwässerung und zur geplanten Bauausführung.
12 
Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung fand die Erörterungsverhandlung am 27.01.2005 in Rudersberg statt.
13 
Mit Beschluss vom 28.07.2005 stellte das Regierungspräsidium Stuttgart antragsgemäß den Plan für die Gleis- und Rutschsanierung mit folgenden Maßgaben fest:
14 
III. Nebenbestimmungen:
15 
1. Bahnaufsicht / Eisenbahntechnik: ...
16 
1.7 Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen ist über den gesamten Sanierungsbereich ein Messprogramm zur Beobachtung der Gleislage und zur weiteren Beobachtung des Rutschungsbereichs anzulegen.
17 
Dem LfB ist zur eisenbahntechnischen Abnahme das Messprogramm und die Nullmessung vorzulegen....
18 
1.12 Im Bereich der Hangrutschung „Grauhaldenhof“ ist auf Sicht zu fahren. ...
19 
4. Wasserwirtschaftliche Belange: ...
20 
4.12 Die Entwässerungseinrichtungen einschließlich der Dränageleitungen sind wartungsfrei herzustellen, damit sie jederzeit gespült werden können. ...
21 
5. Geotechnische Belange: ...
22 
5.2 Die Sickerschlitze sind abschnittsweise (maximal 8-10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen....
23 
5.5 Im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisses ist im Benehmen mit dem Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung 9, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), Albertstraße 5 in 79104 Freiburg zu prüfen und zu entscheiden, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von der derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist.
24 
Die Ausschreibung hat eine Massenmehrung von derzeit 90 m auf ggf. 140 m Baulänge zu berücksichtigen. ...
25 
9. Grundstückseigentum und sonstige private Belange: ...
26 
9.3 Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung entsprechende Zusage Ziff. 5.15 in Betracht kommt. ...
27 
IV .            Zusagen:
28 
Die Antragstellerin hat folgende Zusagen abgegeben....
29 
5. Grundstückseigentümer und sonstige private Belange:
30 
5.1 Die Zufahrt über den Gemeindeweg zum Kirschhaldenhof und dem angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 298 ist auch während der Baumaßnahmen gewährleistet....
31 
5.4 Der Baustellentransport erfolgt vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse.
32 
5.5 Der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage erfolgt nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse....
33 
5.9 Hinsichtlich des Grundstücks Flst.Nr. 298 wird vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen eine Beweissicherung durch Fotodokumentation durchgeführt.
34 
5.10 Vor Beginn der Maßnahme wird eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorgenommen.
35 
Bestandteil der Beweissicherung sind Zufahrtswege, Schilfkläranlage, Gebäude und Nebenanlagen....
36 
5.15 Für den Brunnen „Herrmann“ wird ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt.
37 
5.16 Sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, ist die Schwäbische Waldbahn GmbH bereit, den Kirschhaldenhof aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen....
38 
7. Wasserwirtschaftliche Belange:
39 
7.1 Die Einbindung der Sickerschlitze in den angewitterten Gipskeuper bzw. in die wasserführende Schicht ist vorgesehen.
40 
Die tatsächlich erforderliche Tiefe der Schlitze wird bei der Ausführung gemeinsam mit dem Baugrundgutachter vor Ort festgelegt.
41 
In den Gründen heißt es im Wesentlichen: Die Planrechtfertigung sei gegeben. Mit dem Betrieb der Tourismusbahn von Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim würden eine wichtige Infrastruktureinrichtung zur Förderung eines umweltschonenden Tourismus- und Freizeitverkehrs im Schwäbischen Wald geschaffen und gleichzeitig die beiden Viadukte der denkmalgeschützten Wieslauftalbahn in ihrem Bestand und in ihrer Funktion als Eisenbahnanlage auf Dauer gesichert. Jährlich sei ein Fahrgastaufkommen von 15.000 bis 20.000 Personen zu erwarten. Mangels förmlicher Entwidmung sei die Wieslauftalbahn auch im Streckenabschnitt Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim trotz jahrelanger Unterbrechung des Bahnbetriebs eine bestandsgeschützte Strecke. Die geplanten Maßnahmen könnten die seit alters her vorhandenen Hangbewegungen nicht aufhalten. Der Trassenbereich werde hinsichtlich der Sicherheit des Bahnbetriebs ausreichend stabilisiert, was verhindere, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Alternativlösungen gebe es nicht. - Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz der Strecke erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass eine angemessene Grundstücksnutzung schwer und unerträglich beeinträchtigt werde, lägen nicht vor. Für die Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord bis Welzheim werde - wie in der Vergangenheit - eine Achslast von 20 t zugrunde gelegt. - In wasserwirtschaftlicher Hinsicht bestünden keine Bedenken. Vorgesehen sei lediglich die Entwässerung des Rutschkörpers im Bahnbereich. Ziel des Sanierungskonzepts sei es, künftig den Einstau von Niederschlagswasser in die Rutschmassen zu vermeiden und dadurch die Standsicherheit der labilen Geländeformation zu erhöhen. Hierzu seien eine Absenkung des Wasserstands in den Rutschmassen und eine Drainierung der Rutschmassen erforderlich. Die Ziele, einerseits den Rutschhang optimal zu stabilisieren und andererseits die hydrologischen Verhältnisse des Hanges unverändert zu belassen, ließen sich nicht miteinander vereinbaren. Aus heutiger Sicht seien die technischen Voraussetzungen für einen längerfristigen (über zehn Jahre hinausgehenden) Betrieb der Tourismusbahn gegeben. - Auch in geotechnischer Hinsicht bestünden keine Bedenken. Der Gutachter habe die Ursachen der Rutschung im Gleisbereich beim Grauhaldenhof erkundet und wirksame Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs erforderlich seien. Es solle verhindert werden, dass witterungsbedingt Wassermengen in den Rutschhang eingestaut würden. Die vorgesehenen Maßnahmen der Längs- und Quersickerungen im Bereich des Gleiskörpers seien so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten unter dem Rutschkörper im Gleisbereich erfasst würden. Zwar könne eine Aktivierung des oberen Hangbereichs bei ungünstigen klimatischen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden. Doch könne der Gefahr einer Mobilisierung von Rutschmassen im weiteren Umfeld der Gleisanlage dadurch begegnet werden, dass ein geordneter Oberflächenabfluss sichergestellt werde. Nach den gutachterlichen Aussagen und fachbehördlichen Stellungnahmen führten die geforderten weitergehenden (hydrogeologischen) Untersuchungen nicht zu den gewünschten Erkenntnissen hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Auch mit Blick auf entstehende unverhältnismäßige Kosten seien die bisherigen Gutachten und Untersuchungen ausreichend. Der Kirschhaldenhof befinde sich westlich des besonders stark von Kriechbewegungen betroffenen Geländeabschnitts; die bislang bekannten Kriechbewegungen im Bereich des Kirschhaldenhofs seien um den Faktor 10 geringer als in der Kernzone. Eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs infolge der geplanten Maßnahmen sei nicht zu befürchten. Im Bereich der Rutschung stelle das Fahren auf Sicht kein Problem dar. - Eine Gefährdung des auf instabilem Baugrund stehenden Wohngebäudes der Kläger durch die umfangreichen Baumaßnahmen sei nicht zu befürchten; auf den ursprünglich angedachten Baustellentransport per Lkw sei verzichtet worden. Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz erfasst und daher (als zumutbar) hinzunehmen. Die Erreichbarkeit des Kirschhaldenhofs während und nach Abschluss der Bauarbeiten sei gewährleistet. Diese führten nicht zu einem Hangrutsch und damit zu einer Beeinträchtigung der Hofstelle und der angrenzenden Grundstücke der Kläger. Eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung der Schilfkläranlage sei weder im Zusammenhang mit dem Baustellenverkehr, der auf der bestehenden Gleistrasse abgewickelt werde, noch durch den geplanten Bahnbetrieb zu besorgen. Die Kläranlage selbst sei mit einer Teichfolie ausgelegt und stelle somit ein flexibles Bauwerk dar. Ein Ausfall der Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs durch Auswirkungen der geplanten (Entwässerungs-)Maßnahmen auf den Brunnen „Herrmann“ sei nicht zu befürchten. Die Sanierungsmaßnahmen beschränkten sich auf den Gleiskörper und bezweckten ausschließlich die Entwässerung und Stabilisierung des Rutschkörpers im Gleisbereich. Eine Absenkung des Hangwasserspiegels sei nicht beabsichtigt und auch nicht zu erwarten. Ein etwa 25 bis 30 m hangabwärts unterhalb des Brunnens angeordneter Sickerschlitz habe bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und könne sich daher auf die höher liegenden und von oberhalb gespeisten Quellen nicht auswirken. Die geplanten Entwässerungsmaßnahmen wirkten maximal 10 m hangaufwärts und beträfen somit ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ bereits vorbeigelaufen seien. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung werde insoweit in Kauf genommen. Auch wenn die Kläger wohl ein altes Wasserbenutzungsrecht hätten, das nach § 123 WG aufrechterhalten bleibe, stelle § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG klar, dass sich daraus kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit ergebe; das Grundeigentum vermittle hierfür keine Anspruchsposition. Da die Kläger nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen seien und sie ihren gesamten Wasserbedarf aus dem Brunnen bezögen, sei bei Ausfall der häuslichen Wasserversorgung oder bei einer Minderung, die den „Mindestwasserbedarf“ nicht mehr decke, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit zu bejahen. Insoweit werde für den Brunnen ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. Aus den dabei vorgesehenen Pumpversuchen werde man Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Brunnens und zum Einzugsgebiet erhalten; insoweit könnte man auch mit einem hydrogeologischen Gutachten keine metergenaue Abgrenzung erreichen. Über den Ablauf des Arbeitsprogramms seien die Kläger informiert. Aus dem Beweissicherungsverfahren lasse sich eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen der Rutschhangsanierung auf den Brunnen „Herrmann“ gewinnen. Für den Fall, dass wider Erwarten eine schwere und unerträgliche Betroffenheit in der Weise auftrete, dass der „Mindestwasserbedarf“ der Kläger vorhabenbedingt nicht mehr sichergestellt sei, werde dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt. Insoweit komme primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung in Betracht. Die bei der Errichtung eines Ersatzbrunnens entstehenden hohen Kosten für Bohrarbeiten seien mit dem Risiko behaftet, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers, wobei für diese Lösung eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich sei. Bei einem Trockenfallen des Brunnens „Herrmann“ sei der Anschluss des „Kirschhaldenhofs“ an die öffentliche Wasserversorgung aus Gründen der Versorgungssicherheit den anderen Maßnahmen der Ersatzversorgung vorzuziehen. Eine kurzfristige Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung könne durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt werden.
42 
Gegen den ihnen am 30.07.2005 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 30.08.2005 Klage erhoben und diese am 11.10.2005 begründet.
43 
Sie machen geltend: Da die Stadt Welzheim „namens und im Auftrag“ der Beigeladenen die Planfeststellung beantragt habe, fehle es solange an einem rechtswirksamen Antrag, bis die Stadt Welzheim ihre Bevollmächtigung nachgewiesen habe. Die erforderliche Planrechtfertigung sei nicht gegeben, da die Finanzierung des Projekts nicht gesichert sei. Die Planung leide an erheblichen Abwägungsmängeln. Vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Hangrutschung nur auf Sicht gefahren werden dürfe, sei ein Verzicht auf die Hangentwässerung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung die eindeutig bessere Alternative, da diese mit keiner Gefährdung ihrer Wasserversorgung und ihres Anwesens verbunden und für die Belange des Naturschutzes wie auch in finanzieller Hinsicht für den Vorhabenträger vorteilhafter wäre. Die zum Schutz der Wasserversorgung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorgesehenen Auflagen seien nicht ausreichend. Zwar gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht von einer schweren und unerträglichen Betroffenheit aus, wenn der Mindestwasserbedarf nicht mehr aus dem Brunnen „Herrmann“ sichergestellt sei. Die Bereitschaft der Beigeladen, unter Tragung der Kosten ihr Anwesen an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, falls der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen sollte, genüge insoweit aber nicht, da ein „Trockenfallen“ etwas anderes sei als das Unterschreiten eines „Mindestwasserbedarfs“. In der Planungsentscheidung hätte daher gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG exakt festgelegt werden müssen, wie für letzteren Fall ihre Wasserversorgung bis zu einem (aufwändigen) Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zu erfolgen habe. Der Planfeststellungsbeschluss lege auch nicht fest, wie und in welchem Umfang die für den Brunnen „Herrmann“ zugesagte Beweissicherung durchzuführen sei. Alternativ hätte für den Fall eines Nachlassens der Schüttung zu ihren Gunsten eine Umkehr der Beweislast angeordnet werden müssen. Die Überlegungen der Beigeladenen und ihres Gutachters reichten nicht aus, um längerfristige Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung berücksichtigen zu können. Für ihr Anwesen habe die Beigeladene die Durchführung einer Beweissicherung nur hinsichtlich einer Rutschgefahr während der Bauphase zugesagt, nicht auch hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung.
44 
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 5 S 1916/06 haben die Kläger (ergänzend) vorgetragen: Selbst wenn man mit der Behörde davon ausgehe, dass sie keinen Anspruch auf Erhalt der bisherigen Brunnenschüttung hätten, sei die Planungsentscheidung rechtswidrig. Wegen der auch nach Meinung der Behörde nicht auszuschließenden Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung hätte die Möglichkeit von Auflagen oder eines Ausgleichs i. S. von § 8 Abs. 3 WHG geprüft werden müssen. Als möglicher und zumutbarer Ausgleich für den Verlust des Brunnens hätte der Beigeladenen aufgegeben werden müssen, am besten vor Durchführung der Maßnahmen einen neuen Brunnen (als Ersatz) zu erkunden. Demgegenüber würden sie nur auf eine unzureichende Entschädigung verwiesen. Die Entschädigungsregelung sei zu unbestimmt, da sie mit „Trockenfallen“ an eine völlig unbestimmte Zustandsbeschreibung der Wasserführung des Brunnens anknüpfe. Die Entschädigungsregelung sei unvollständig, da sie eine Entschädigung für die Kosten des Wasserbezugs nicht vorsehe. Darüber hinaus sei die Entschädigungsregelung undurchführbar, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den Kirschhaldenhof an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusicherung der Beigeladenen stelle insoweit keinen Ausgleich i. S. von § 8 Abs. 3 WHG dar, da sie nicht etwas anderes Gleichwertiges, sondern eine unvollständige Entschädigung erhielten. Der Verweis hierauf sei nur zulässig, wenn das beeinträchtigende Vorhaben aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sei. Das könne bei einem privaten Betrieb der Tourismusbahn nicht angenommen werden, zumal wegen der geringen Ausstattung der Beigeladenen mit Finanzmitteln nicht einmal ein dauerhafter Betrieb sichergestellt sei. Obwohl ihr Wohnhaus erst 1920, also nach Fertigstellung der Bahnstrecke, als Ersatzgebäude für den ursprünglichen, nur wenige Meter entfernt abgerutschten Hof errichtet worden sei, habe die Behörde die Auswirkungen der umstrittenen Maßnahme auf die Standsicherheit ihres Wohnhauses nicht geprüft. Das Gutachten aus dem Jahre 1993 untersuche ausdrücklich nur einen Zeithorizont von 10 Jahren. Gleichwohl seien dessen Erkenntnisse in den Stellungnahmen des Gutachters im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens einfach fortgeschrieben worden, obwohl eine erneute geologische und hydrogeologische Untersuchung des Hangs erforderlich gewesen wäre. Eingriffe in eine geologische Konstellation wie die vorliegende würden immer die Gefahr in sich bergen, dass Rutschungen im Hang entstünden, die weder durch sonstige Baumaßnahmen kontrollierbar noch in ihrem Ausmaß vorhersehbar seien. Ob die bis zur Einstellung des Bahnbetriebs im Jahre 1988 wegen der bis dahin aufgetretenen (leichten) Rutschungen im Hang durchgeführten, kostengünstigen und offensichtlich tauglichen (Auffüll-)Maßnahmen auch für den beabsichtigten Betrieb der Tourismusbahn ausgereicht hätten, sei im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden, obwohl bei einem Unterlassen der Rutschsanierung jegliche negative Auswirkungen auf ihre Grundstücke und ihre Wasserversorgung vermieden würden.
45 
Die Kläger beantragen,
46 
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juli 2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim der Schwäbischen Waldbahn GmbH aufzuheben,
47 
hilfsweise,
48 
den Beklagten zu verpflichten, über die zur Sicherung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung ihres Anwesens sowie des Anwesens selbst erforderlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
49 
Der Beklagte beantragt,
50 
die Klagen abzuweisen.
51 
Er trägt vor: Ein rechtswirksamer Antrag auf Planfeststellung liege vor; die Stadt Welzheim sei als Gesellschafterin der Beigeladenen bevollmächtigt gewesen, den Antrag zu stellen. Die Finanzierung des Projekts sei durch verschiedene Zuwendungen sowie durch Eigenleistung der Beigeladenen gesichert. Ein Verzicht auf die Hangentwässerung stelle gegenüber dem planfestgestellten Konzept nicht die vorzugswürdige Alternative dar. Durch die Rutschsanierung verbessere sich die Situation des Hanges insgesamt dergestalt, dass die Gefahr von Rutschungen vermindert werde. Eine Beeinträchtigung des Brunnens bis hin zum Ausfall der Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger sei nach Aussage des Gutachters sowie sämtlicher Fachbehörden nicht zu erwarten. Hinsichtlich des Brunnens hätten die Kläger mangels geschützter Rechtsposition kein Abwehrrecht gegen die geplante Rutschsanierung. Gleichwohl sei für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf für die Kläger und ihre Familie planbedingt nicht mehr gewährleistet sei, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit angenommen und den Klägern eine Entschädigung dem Grunde nach zuerkannt worden. Dies genüge im Rahmen der Planungsentscheidung. Art und Umfang einer etwaigen Entschädigung seien separat in einem nachfolgenden Verfahren festzulegen. Dies beträfe auch die Bohrung nach einem anderen Brunnen. Soweit die Kläger rügten, dass der Umfang des Beweissicherungsverfahrens bezüglich des Brunnens nicht festgelegt worden sei, werde auf das entsprechende Arbeitsprogramm vom 04.02.2005, ergänzt um die beiden Stellungnahmen vom 10.03.2005, verwiesen; hierzu hätten sich die Kläger mehrfach geäußert. Bei einem kurzfristigen Ausfall des Brunnens (im Zuge der Bauausführung) sei eine hinreichende Ersatzversorgung der Kläger durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt. Das Wohngebäude der Kläger sei im Jahre 1920 (als Ersatz für ein abgerutschtes Gebäude) gerade außerhalb der Kernzone des Rutschhangs errichtet worden, so dass schon aus diesem Grunde eine Gefährdung durch die geplante Rutschsanierung auszuschließen sei. Auch am Anwesen der Kläger werde eine Beweissicherung durchgeführt, verbunden mit einem Messprogramm über den gesamten Sanierungsbereich. Die Erstellung eines hydrogeologischen Gutachtens - wie von den Klägern gefordert - werde nach Aussagen sämtlicher Fachbehörden keine weiterführenden Erkenntnisse bringen und sei daher auch im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand unverhältnismäßig. Nach Einschätzung aller Fachbehörden werde sich durch die geplante Sanierungsmaßnahme die Standsicherheit des Hangs insgesamt gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verbessern. Auch der Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht habe als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs eine ordnungsgemäße Hangsicherung gefordert. Die von den Klägern vorgeschlagenen, bis zum Jahre 1988 praktizierten Sicherungsmaßnahmen hätten sich gerade als ungeeignet erwiesen, den Rutschhang dauerhaft zu sichern. Sie seien daher keine taugliche Alternative.
52 
Die Beigeladene beantragt,
53 
die Klagen abzuweisen.
54 
Sie führt aus: Die Stadt Welzheim sei befugt gewesen, die Planfeststellung zu beantragen. Die Finanzierung des Vorhabens sei abgesichert. Ein Verzicht auf die Rutschsanierung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung hätten sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt, da mit der Planung die Bahnstrecke stabilisiert und verhindert werde, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Selbst wenn es in der Vergangenheit „gut gegangen“ sei, müsse dies nicht bedeuten, dass auf eine Hangsicherung verzichtet werden könne. Die verfügten Schutzauflagen seien ausreichend. Für den Brunnen „Herrmann“ bestehe durch die Baumaßnahmen keine Gefahr. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung begründeten keinen Anspruch auf weitere Nebenbestimmungen zum Schutze des Brunnens. Im Übrigen stelle die bestehende Trinkwasserversorgung (durch die Quelle) lediglich eine Chance dar, den häuslichen Wasserbedarf auf diese Weise zu decken. Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass die hydrogeologischen Verhältnisse außerhalb ihrer Grundstücke unverändert blieben. Neben der Zusicherung eines Beweissicherungsverfahrens seien für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf nicht mehr sichergestellt sei, dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt und zudem die Zusage für verbindlich erklärt worden, das Anwesen der Kläger an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen. Dadurch würden die Kläger zusätzlich abgesichert, ohne dass insoweit ein Anspruch bestünde. Welche Maßnahmen ggf. zur Beseitigung eines Wasserversorgungsmangels zu ergreifen bzw. objektiv erforderlich seien, könne ohne Eintritt eines erst dann bestimmbaren Wassermangels nicht entschieden werden. Die Kläger legten nicht substantiiert dar, weshalb für ihr Anwesen planbedingt eine Rutschgefahr bestehen sollte. Zu weiteren kostenintensiven (hydrogeologischen) Erkundungen bestehe keine Verpflichtung.
55 
Dem Senat liegen die einschlägigen Planungsakten des Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Eilverfahrens 5 S 1916/06 wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
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Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewässerbenutzungen, die der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit dienen, sofern der drohende Schaden schwerer wiegt als die mit der Benutzung verbundenen nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften. Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die Benutzung zu unterrichten.

(3) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen ferner bei Übungen und Erprobungen für Zwecke der Verteidigung oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit

1.
das vorübergehende Entnehmen von Wasser aus einem Gewässer,
2.
das Wiedereinleiten des Wassers in ein Gewässer mittels beweglicher Anlagen und
3.
das vorübergehende Einbringen von Stoffen in ein Gewässer,
wenn durch diese Benutzungen andere nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu erwarten ist. Die Gewässerbenutzung ist der zuständigen Behörde rechtzeitig vor Beginn der Übung oder der Erprobung anzuzeigen.

(4) Ist bei der Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung nichts anderes bestimmt worden, geht die Erlaubnis oder die Bewilligung mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt worden ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim.
Auf der Bahnstrecke Rudersberg - Welzheim stellte die Deutsche Bundesbahn den öffentlichen Personenverkehr im Jahre 1980 aus wirtschaftlichen Gründen ein und betrieb die Strecke nur noch im Güterverkehr sowie im Sonderzugverkehr an Sonn- und Feiertagen. Im Jahre 1988 wurde der Streckenabschnitt als Folge einer Rutschung im Bereich von Bahn-km 12+900 (Grauhaldenhof) für den Bahnbetrieb gesperrt und auf Grund der hohen Sanierungskosten nicht wieder aufgenommen. Mit der Regionalisierung der Wieslauftalbahn übernahm der Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn die Strecke Schorndorf - Rudersberg - Welzheim von der Deutschen Bahn AG. Heute betreibt der Zweckverband - unter Betriebsführung der Württembergischen Eisenbahngesellschaft mbH (WEG) - im öffentlichen Personennahverkehr von montags bis samstags den Streckenabschnitt Schorndorf - Rudersberg-Nord (mit geplanter Verlängerung bis Rudersberg-Oberndorf); an mehreren Sonn- und Feiertagen im Jahr fährt hier der Wieslauftalexpress im Touristikverkehr mit einer Dampflokomotive und historischen Wagen.
Um eine der landschaftlich am reizvollsten erachteten Strecken Württembergs, die als Kulturdenkmal nach § 2 DSchG geschützt ist, zu erhalten, wurde im Jahre 1998 der Stadt Welzheim und dem Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn ein Konzept zur Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord - Welzheim als Touristikbahn vorgelegt. Unterhaltung und Betrieb sollen durch die Beigeladene (als Pächterin) erfolgen. Diese erhielt antragsgemäß mit Bescheid des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 31.07.2003 die Genehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur im Personen- und Güterverkehr (befristet bis 31.12.2010).
Voraussetzung für die geplante Reaktivierung der Strecke Rudersberg - Welzheim sind die (bauliche) Wiederherstellung der Bahnübergänge und deren technische Sicherung sowie Maßnahmen am Gleiskörper und an den Bauwerken. Im Hinblick auf die im Jahre 1988 erfolgte (Hang-)Rutschung erstellte das Baugrundinstitut S & P unter dem 15.10.1993 ein „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“, das zu dem Ergebnis kam, dass die kostengünstigste Lösung der Einbau von Tiefensickerungen längs und quer zum Gleiskörper darstelle, mit denen der Rutschkörper entwässert und stabilisiert werde.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht neben der Gleissanierung zwischen Bahn-km 12+671 und Bahn-km 13+100 auch eine Rutschsanierung zwischen Bahn-km 12+840 und Bahn-km 12+930 vor: durch Einbau einer gleisparallelen Tiefensickerung bergseits der Trasse auf einer Länge von ca. 90 m, durch Herstellen von 10 Stütz- und Sickerscheiben im Abstand von 7 m unter dem Gleiskörper senkrecht zur gleisparallelen Tiefensickerung und durch Ableitung bzw. Anschluss der Tiefensickerung an die vorhandene Querdole mit Sammelschacht, die in ein Auslaufbauwerk einmündet, an das sich ein bestehender Wassergraben anschließt; dieser ist teilweise (als Flst.Nr. 822) abgemarkt und führt im weiteren Verlauf unvermarkt bis zur L 1080, wo er an einen Muldeneinlauf angeschlossen ist.
Die Kläger sind Eigentümer des auf Grundstück Flst.Nr. 918/1 der Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen „Kirschhaldenhofs“, den sie mit ihren fünf Kindern bewohnen. Ferner gehören ihnen die angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1.
Das in östlicher Richtung auf Gemarkung Rudersberg-Klaffenbach gelegene Grundstück Flst.Nr. 298 ist zugunsten der Kläger mit einer Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 belastet, welche die Entnahme und Ableitung von (Trink-)Wasser aus der als Brunnen „Herrmann“ bezeichneten, im Lageplan (Unterlage 4 Blatt 1) eingetragenen „Quellfassung“ gestattet. Dies stellt die ausschließliche Wasserversorgung für den „Kirschhaldenhof“ dar.
Zudem sind die Kläger Pächter u.a. einer Teilfläche des auf Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen, im Eigentum des Zweckverbands Verkehrsverband Wieslauftalbahn stehenden Grundstücks Flst.Nr. 950, auf dem sich eine im Jahre 1998 errichtete Schilfkläranlage (in einem Abstand von 2,50 m zur Bahnstrecke) befindet, über die allein die Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer vorgenommen wird.
Die Verkehrserschließung des „Kirschhaldenhofs“ erfolgt über einen von der L 1080 abzweigenden und über die Bahnstrecke führenden, bituminös befestigten Feldweg.
10 
Dem Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses liegt folgendes Verfahren zugrunde: Mit Schreiben vom 14.11.2003 beantragte die Stadt Welzheim namens und im Auftrag der Beigeladenen die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem mit Screening-Entscheidung vom 04.11.2003 festgestellt worden war, dass auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden können. Mit Schreiben vom 19.11.2003 beteiligte das Regierungspräsidium Stuttgart (als Planfeststellungsbehörde) die Träger öffentlicher Belange. Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 15.12.2003 bis 14.01.2004 bei der Stadt Welzheim und bei der Gemeinde Rudersberg zur Einsichtnahme durch jedermann aus.
11 
Mit Schreiben vom 27.01.2004, eingegangen am 28.01.2004, erhoben die Kläger Einwendungen: Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Bedürfnis für die Nutzung der Bahnstrecke, da kein öffentlicher Personennahverkehr abgewickelt werden solle, es sich vielmehr bei der geplanten Tourismusbahn nur um eine Spaßveranstaltung handele; Sicherheit über die möglichen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf den Wasserhaushalt der Umgebung, insbesondere auf den Brunnen „Herrmann“, könne nur ein - bisher fehlendes - hydrogeologisches Gutachten geben; die Maßnahmen könnten bei ungünstigen klimatischen Bedingungen und/oder bei einer zu erwartenden Versinterung der geplanten Dränagen mittelfristig auch eine räumlich ausgedehnte Aktivierung des labilen Hangs oberhalb der „Sicherungsstrecke“ bis hin zu ihren Grundstücken zur Folge haben; sie befürchteten einen irreparablen Ausfall ihrer Wasserversorgung infolge der vorgesehenen Entwässerungsmaßnahmen, eine irreparable Zerstörung ihrer Kläranlage und eine irreparable Gefährdung ihres - auf instabilem Baugrund stehenden - Wohnhauses durch die Baumaßnahmen und die mit dem regelmäßigen Bahnverkehr verbundenen Erschütterungen sowie eine Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des „Kirschhaldenhofs“ während der Baumaßnahmen, durch die auch für spätere Zeit der Gemeindeweg zerstört und damit als Zufahrt ungeeignet werde. Kritisiert wurden auch das Sanierungsgutachten und die vom Gutachter verfassten Nachträge: Der Beurteilungshorizont der geplanten Maßnahmen bzw. die prognostizierte Dauer ihrer Wirksamkeit betrage lediglich zehn Jahre; die historische Dimension des gesamten Rutschhanges sei nur unzureichend recherchiert und in ihrer Bedeutung für mögliche Auswirkungen der geplanten Maßnahmen unterschätzt worden; die Tiefe der gegenwärtig aktiven Gleitfläche im gesamten engeren Rutschbereich und darüber hinaus sei nicht exakt ermittelt worden; die Standsicherheitsuntersuchungen erfassten lediglich den Hangabschnitt zwischen der Trasse und der L 1080 und belegten mit angenommenen Rechenwerten für einen wasserfreien Boden eine ausreichende Standsicherheit, daneben aber auch, dass hohe Grundwasserstände im Hang eine Rutschung auslösen könnten; diese Bewertung müsse unbedingt auf den Hang oberhalb der Trasse übertragen werden, der sich im Schichtaufbau und in der Gesamtneigung nicht vom erdstatisch untersuchten Gelände unterhalb der Bahnstrecke unterscheide. Ferner wurden Einwendungen geäußert zum Sanierungsvorschlag mit Entwässerung und zur geplanten Bauausführung.
12 
Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung fand die Erörterungsverhandlung am 27.01.2005 in Rudersberg statt.
13 
Mit Beschluss vom 28.07.2005 stellte das Regierungspräsidium Stuttgart antragsgemäß den Plan für die Gleis- und Rutschsanierung mit folgenden Maßgaben fest:
14 
III. Nebenbestimmungen:
15 
1. Bahnaufsicht / Eisenbahntechnik: ...
16 
1.7 Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen ist über den gesamten Sanierungsbereich ein Messprogramm zur Beobachtung der Gleislage und zur weiteren Beobachtung des Rutschungsbereichs anzulegen.
17 
Dem LfB ist zur eisenbahntechnischen Abnahme das Messprogramm und die Nullmessung vorzulegen....
18 
1.12 Im Bereich der Hangrutschung „Grauhaldenhof“ ist auf Sicht zu fahren. ...
19 
4. Wasserwirtschaftliche Belange: ...
20 
4.12 Die Entwässerungseinrichtungen einschließlich der Dränageleitungen sind wartungsfrei herzustellen, damit sie jederzeit gespült werden können. ...
21 
5. Geotechnische Belange: ...
22 
5.2 Die Sickerschlitze sind abschnittsweise (maximal 8-10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen....
23 
5.5 Im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisses ist im Benehmen mit dem Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung 9, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), Albertstraße 5 in 79104 Freiburg zu prüfen und zu entscheiden, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von der derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist.
24 
Die Ausschreibung hat eine Massenmehrung von derzeit 90 m auf ggf. 140 m Baulänge zu berücksichtigen. ...
25 
9. Grundstückseigentum und sonstige private Belange: ...
26 
9.3 Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung entsprechende Zusage Ziff. 5.15 in Betracht kommt. ...
27 
IV .            Zusagen:
28 
Die Antragstellerin hat folgende Zusagen abgegeben....
29 
5. Grundstückseigentümer und sonstige private Belange:
30 
5.1 Die Zufahrt über den Gemeindeweg zum Kirschhaldenhof und dem angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 298 ist auch während der Baumaßnahmen gewährleistet....
31 
5.4 Der Baustellentransport erfolgt vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse.
32 
5.5 Der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage erfolgt nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse....
33 
5.9 Hinsichtlich des Grundstücks Flst.Nr. 298 wird vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen eine Beweissicherung durch Fotodokumentation durchgeführt.
34 
5.10 Vor Beginn der Maßnahme wird eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorgenommen.
35 
Bestandteil der Beweissicherung sind Zufahrtswege, Schilfkläranlage, Gebäude und Nebenanlagen....
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5.15 Für den Brunnen „Herrmann“ wird ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt.
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5.16 Sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, ist die Schwäbische Waldbahn GmbH bereit, den Kirschhaldenhof aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen....
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7. Wasserwirtschaftliche Belange:
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7.1 Die Einbindung der Sickerschlitze in den angewitterten Gipskeuper bzw. in die wasserführende Schicht ist vorgesehen.
40 
Die tatsächlich erforderliche Tiefe der Schlitze wird bei der Ausführung gemeinsam mit dem Baugrundgutachter vor Ort festgelegt.
41 
In den Gründen heißt es im Wesentlichen: Die Planrechtfertigung sei gegeben. Mit dem Betrieb der Tourismusbahn von Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim würden eine wichtige Infrastruktureinrichtung zur Förderung eines umweltschonenden Tourismus- und Freizeitverkehrs im Schwäbischen Wald geschaffen und gleichzeitig die beiden Viadukte der denkmalgeschützten Wieslauftalbahn in ihrem Bestand und in ihrer Funktion als Eisenbahnanlage auf Dauer gesichert. Jährlich sei ein Fahrgastaufkommen von 15.000 bis 20.000 Personen zu erwarten. Mangels förmlicher Entwidmung sei die Wieslauftalbahn auch im Streckenabschnitt Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim trotz jahrelanger Unterbrechung des Bahnbetriebs eine bestandsgeschützte Strecke. Die geplanten Maßnahmen könnten die seit alters her vorhandenen Hangbewegungen nicht aufhalten. Der Trassenbereich werde hinsichtlich der Sicherheit des Bahnbetriebs ausreichend stabilisiert, was verhindere, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Alternativlösungen gebe es nicht. - Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz der Strecke erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass eine angemessene Grundstücksnutzung schwer und unerträglich beeinträchtigt werde, lägen nicht vor. Für die Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord bis Welzheim werde - wie in der Vergangenheit - eine Achslast von 20 t zugrunde gelegt. - In wasserwirtschaftlicher Hinsicht bestünden keine Bedenken. Vorgesehen sei lediglich die Entwässerung des Rutschkörpers im Bahnbereich. Ziel des Sanierungskonzepts sei es, künftig den Einstau von Niederschlagswasser in die Rutschmassen zu vermeiden und dadurch die Standsicherheit der labilen Geländeformation zu erhöhen. Hierzu seien eine Absenkung des Wasserstands in den Rutschmassen und eine Drainierung der Rutschmassen erforderlich. Die Ziele, einerseits den Rutschhang optimal zu stabilisieren und andererseits die hydrologischen Verhältnisse des Hanges unverändert zu belassen, ließen sich nicht miteinander vereinbaren. Aus heutiger Sicht seien die technischen Voraussetzungen für einen längerfristigen (über zehn Jahre hinausgehenden) Betrieb der Tourismusbahn gegeben. - Auch in geotechnischer Hinsicht bestünden keine Bedenken. Der Gutachter habe die Ursachen der Rutschung im Gleisbereich beim Grauhaldenhof erkundet und wirksame Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs erforderlich seien. Es solle verhindert werden, dass witterungsbedingt Wassermengen in den Rutschhang eingestaut würden. Die vorgesehenen Maßnahmen der Längs- und Quersickerungen im Bereich des Gleiskörpers seien so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten unter dem Rutschkörper im Gleisbereich erfasst würden. Zwar könne eine Aktivierung des oberen Hangbereichs bei ungünstigen klimatischen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden. Doch könne der Gefahr einer Mobilisierung von Rutschmassen im weiteren Umfeld der Gleisanlage dadurch begegnet werden, dass ein geordneter Oberflächenabfluss sichergestellt werde. Nach den gutachterlichen Aussagen und fachbehördlichen Stellungnahmen führten die geforderten weitergehenden (hydrogeologischen) Untersuchungen nicht zu den gewünschten Erkenntnissen hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Auch mit Blick auf entstehende unverhältnismäßige Kosten seien die bisherigen Gutachten und Untersuchungen ausreichend. Der Kirschhaldenhof befinde sich westlich des besonders stark von Kriechbewegungen betroffenen Geländeabschnitts; die bislang bekannten Kriechbewegungen im Bereich des Kirschhaldenhofs seien um den Faktor 10 geringer als in der Kernzone. Eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs infolge der geplanten Maßnahmen sei nicht zu befürchten. Im Bereich der Rutschung stelle das Fahren auf Sicht kein Problem dar. - Eine Gefährdung des auf instabilem Baugrund stehenden Wohngebäudes der Kläger durch die umfangreichen Baumaßnahmen sei nicht zu befürchten; auf den ursprünglich angedachten Baustellentransport per Lkw sei verzichtet worden. Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz erfasst und daher (als zumutbar) hinzunehmen. Die Erreichbarkeit des Kirschhaldenhofs während und nach Abschluss der Bauarbeiten sei gewährleistet. Diese führten nicht zu einem Hangrutsch und damit zu einer Beeinträchtigung der Hofstelle und der angrenzenden Grundstücke der Kläger. Eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung der Schilfkläranlage sei weder im Zusammenhang mit dem Baustellenverkehr, der auf der bestehenden Gleistrasse abgewickelt werde, noch durch den geplanten Bahnbetrieb zu besorgen. Die Kläranlage selbst sei mit einer Teichfolie ausgelegt und stelle somit ein flexibles Bauwerk dar. Ein Ausfall der Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs durch Auswirkungen der geplanten (Entwässerungs-)Maßnahmen auf den Brunnen „Herrmann“ sei nicht zu befürchten. Die Sanierungsmaßnahmen beschränkten sich auf den Gleiskörper und bezweckten ausschließlich die Entwässerung und Stabilisierung des Rutschkörpers im Gleisbereich. Eine Absenkung des Hangwasserspiegels sei nicht beabsichtigt und auch nicht zu erwarten. Ein etwa 25 bis 30 m hangabwärts unterhalb des Brunnens angeordneter Sickerschlitz habe bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und könne sich daher auf die höher liegenden und von oberhalb gespeisten Quellen nicht auswirken. Die geplanten Entwässerungsmaßnahmen wirkten maximal 10 m hangaufwärts und beträfen somit ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ bereits vorbeigelaufen seien. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung werde insoweit in Kauf genommen. Auch wenn die Kläger wohl ein altes Wasserbenutzungsrecht hätten, das nach § 123 WG aufrechterhalten bleibe, stelle § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG klar, dass sich daraus kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit ergebe; das Grundeigentum vermittle hierfür keine Anspruchsposition. Da die Kläger nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen seien und sie ihren gesamten Wasserbedarf aus dem Brunnen bezögen, sei bei Ausfall der häuslichen Wasserversorgung oder bei einer Minderung, die den „Mindestwasserbedarf“ nicht mehr decke, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit zu bejahen. Insoweit werde für den Brunnen ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. Aus den dabei vorgesehenen Pumpversuchen werde man Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Brunnens und zum Einzugsgebiet erhalten; insoweit könnte man auch mit einem hydrogeologischen Gutachten keine metergenaue Abgrenzung erreichen. Über den Ablauf des Arbeitsprogramms seien die Kläger informiert. Aus dem Beweissicherungsverfahren lasse sich eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen der Rutschhangsanierung auf den Brunnen „Herrmann“ gewinnen. Für den Fall, dass wider Erwarten eine schwere und unerträgliche Betroffenheit in der Weise auftrete, dass der „Mindestwasserbedarf“ der Kläger vorhabenbedingt nicht mehr sichergestellt sei, werde dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt. Insoweit komme primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung in Betracht. Die bei der Errichtung eines Ersatzbrunnens entstehenden hohen Kosten für Bohrarbeiten seien mit dem Risiko behaftet, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers, wobei für diese Lösung eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich sei. Bei einem Trockenfallen des Brunnens „Herrmann“ sei der Anschluss des „Kirschhaldenhofs“ an die öffentliche Wasserversorgung aus Gründen der Versorgungssicherheit den anderen Maßnahmen der Ersatzversorgung vorzuziehen. Eine kurzfristige Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung könne durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt werden.
42 
Gegen den ihnen am 30.07.2005 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 30.08.2005 Klage erhoben und diese am 11.10.2005 begründet.
43 
Sie machen geltend: Da die Stadt Welzheim „namens und im Auftrag“ der Beigeladenen die Planfeststellung beantragt habe, fehle es solange an einem rechtswirksamen Antrag, bis die Stadt Welzheim ihre Bevollmächtigung nachgewiesen habe. Die erforderliche Planrechtfertigung sei nicht gegeben, da die Finanzierung des Projekts nicht gesichert sei. Die Planung leide an erheblichen Abwägungsmängeln. Vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Hangrutschung nur auf Sicht gefahren werden dürfe, sei ein Verzicht auf die Hangentwässerung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung die eindeutig bessere Alternative, da diese mit keiner Gefährdung ihrer Wasserversorgung und ihres Anwesens verbunden und für die Belange des Naturschutzes wie auch in finanzieller Hinsicht für den Vorhabenträger vorteilhafter wäre. Die zum Schutz der Wasserversorgung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorgesehenen Auflagen seien nicht ausreichend. Zwar gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht von einer schweren und unerträglichen Betroffenheit aus, wenn der Mindestwasserbedarf nicht mehr aus dem Brunnen „Herrmann“ sichergestellt sei. Die Bereitschaft der Beigeladen, unter Tragung der Kosten ihr Anwesen an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, falls der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen sollte, genüge insoweit aber nicht, da ein „Trockenfallen“ etwas anderes sei als das Unterschreiten eines „Mindestwasserbedarfs“. In der Planungsentscheidung hätte daher gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG exakt festgelegt werden müssen, wie für letzteren Fall ihre Wasserversorgung bis zu einem (aufwändigen) Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zu erfolgen habe. Der Planfeststellungsbeschluss lege auch nicht fest, wie und in welchem Umfang die für den Brunnen „Herrmann“ zugesagte Beweissicherung durchzuführen sei. Alternativ hätte für den Fall eines Nachlassens der Schüttung zu ihren Gunsten eine Umkehr der Beweislast angeordnet werden müssen. Die Überlegungen der Beigeladenen und ihres Gutachters reichten nicht aus, um längerfristige Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung berücksichtigen zu können. Für ihr Anwesen habe die Beigeladene die Durchführung einer Beweissicherung nur hinsichtlich einer Rutschgefahr während der Bauphase zugesagt, nicht auch hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung.
44 
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 5 S 1916/06 haben die Kläger (ergänzend) vorgetragen: Selbst wenn man mit der Behörde davon ausgehe, dass sie keinen Anspruch auf Erhalt der bisherigen Brunnenschüttung hätten, sei die Planungsentscheidung rechtswidrig. Wegen der auch nach Meinung der Behörde nicht auszuschließenden Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung hätte die Möglichkeit von Auflagen oder eines Ausgleichs i. S. von § 8 Abs. 3 WHG geprüft werden müssen. Als möglicher und zumutbarer Ausgleich für den Verlust des Brunnens hätte der Beigeladenen aufgegeben werden müssen, am besten vor Durchführung der Maßnahmen einen neuen Brunnen (als Ersatz) zu erkunden. Demgegenüber würden sie nur auf eine unzureichende Entschädigung verwiesen. Die Entschädigungsregelung sei zu unbestimmt, da sie mit „Trockenfallen“ an eine völlig unbestimmte Zustandsbeschreibung der Wasserführung des Brunnens anknüpfe. Die Entschädigungsregelung sei unvollständig, da sie eine Entschädigung für die Kosten des Wasserbezugs nicht vorsehe. Darüber hinaus sei die Entschädigungsregelung undurchführbar, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den Kirschhaldenhof an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusicherung der Beigeladenen stelle insoweit keinen Ausgleich i. S. von § 8 Abs. 3 WHG dar, da sie nicht etwas anderes Gleichwertiges, sondern eine unvollständige Entschädigung erhielten. Der Verweis hierauf sei nur zulässig, wenn das beeinträchtigende Vorhaben aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sei. Das könne bei einem privaten Betrieb der Tourismusbahn nicht angenommen werden, zumal wegen der geringen Ausstattung der Beigeladenen mit Finanzmitteln nicht einmal ein dauerhafter Betrieb sichergestellt sei. Obwohl ihr Wohnhaus erst 1920, also nach Fertigstellung der Bahnstrecke, als Ersatzgebäude für den ursprünglichen, nur wenige Meter entfernt abgerutschten Hof errichtet worden sei, habe die Behörde die Auswirkungen der umstrittenen Maßnahme auf die Standsicherheit ihres Wohnhauses nicht geprüft. Das Gutachten aus dem Jahre 1993 untersuche ausdrücklich nur einen Zeithorizont von 10 Jahren. Gleichwohl seien dessen Erkenntnisse in den Stellungnahmen des Gutachters im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens einfach fortgeschrieben worden, obwohl eine erneute geologische und hydrogeologische Untersuchung des Hangs erforderlich gewesen wäre. Eingriffe in eine geologische Konstellation wie die vorliegende würden immer die Gefahr in sich bergen, dass Rutschungen im Hang entstünden, die weder durch sonstige Baumaßnahmen kontrollierbar noch in ihrem Ausmaß vorhersehbar seien. Ob die bis zur Einstellung des Bahnbetriebs im Jahre 1988 wegen der bis dahin aufgetretenen (leichten) Rutschungen im Hang durchgeführten, kostengünstigen und offensichtlich tauglichen (Auffüll-)Maßnahmen auch für den beabsichtigten Betrieb der Tourismusbahn ausgereicht hätten, sei im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden, obwohl bei einem Unterlassen der Rutschsanierung jegliche negative Auswirkungen auf ihre Grundstücke und ihre Wasserversorgung vermieden würden.
45 
Die Kläger beantragen,
46 
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juli 2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim der Schwäbischen Waldbahn GmbH aufzuheben,
47 
hilfsweise,
48 
den Beklagten zu verpflichten, über die zur Sicherung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung ihres Anwesens sowie des Anwesens selbst erforderlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
49 
Der Beklagte beantragt,
50 
die Klagen abzuweisen.
51 
Er trägt vor: Ein rechtswirksamer Antrag auf Planfeststellung liege vor; die Stadt Welzheim sei als Gesellschafterin der Beigeladenen bevollmächtigt gewesen, den Antrag zu stellen. Die Finanzierung des Projekts sei durch verschiedene Zuwendungen sowie durch Eigenleistung der Beigeladenen gesichert. Ein Verzicht auf die Hangentwässerung stelle gegenüber dem planfestgestellten Konzept nicht die vorzugswürdige Alternative dar. Durch die Rutschsanierung verbessere sich die Situation des Hanges insgesamt dergestalt, dass die Gefahr von Rutschungen vermindert werde. Eine Beeinträchtigung des Brunnens bis hin zum Ausfall der Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger sei nach Aussage des Gutachters sowie sämtlicher Fachbehörden nicht zu erwarten. Hinsichtlich des Brunnens hätten die Kläger mangels geschützter Rechtsposition kein Abwehrrecht gegen die geplante Rutschsanierung. Gleichwohl sei für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf für die Kläger und ihre Familie planbedingt nicht mehr gewährleistet sei, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit angenommen und den Klägern eine Entschädigung dem Grunde nach zuerkannt worden. Dies genüge im Rahmen der Planungsentscheidung. Art und Umfang einer etwaigen Entschädigung seien separat in einem nachfolgenden Verfahren festzulegen. Dies beträfe auch die Bohrung nach einem anderen Brunnen. Soweit die Kläger rügten, dass der Umfang des Beweissicherungsverfahrens bezüglich des Brunnens nicht festgelegt worden sei, werde auf das entsprechende Arbeitsprogramm vom 04.02.2005, ergänzt um die beiden Stellungnahmen vom 10.03.2005, verwiesen; hierzu hätten sich die Kläger mehrfach geäußert. Bei einem kurzfristigen Ausfall des Brunnens (im Zuge der Bauausführung) sei eine hinreichende Ersatzversorgung der Kläger durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt. Das Wohngebäude der Kläger sei im Jahre 1920 (als Ersatz für ein abgerutschtes Gebäude) gerade außerhalb der Kernzone des Rutschhangs errichtet worden, so dass schon aus diesem Grunde eine Gefährdung durch die geplante Rutschsanierung auszuschließen sei. Auch am Anwesen der Kläger werde eine Beweissicherung durchgeführt, verbunden mit einem Messprogramm über den gesamten Sanierungsbereich. Die Erstellung eines hydrogeologischen Gutachtens - wie von den Klägern gefordert - werde nach Aussagen sämtlicher Fachbehörden keine weiterführenden Erkenntnisse bringen und sei daher auch im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand unverhältnismäßig. Nach Einschätzung aller Fachbehörden werde sich durch die geplante Sanierungsmaßnahme die Standsicherheit des Hangs insgesamt gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verbessern. Auch der Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht habe als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs eine ordnungsgemäße Hangsicherung gefordert. Die von den Klägern vorgeschlagenen, bis zum Jahre 1988 praktizierten Sicherungsmaßnahmen hätten sich gerade als ungeeignet erwiesen, den Rutschhang dauerhaft zu sichern. Sie seien daher keine taugliche Alternative.
52 
Die Beigeladene beantragt,
53 
die Klagen abzuweisen.
54 
Sie führt aus: Die Stadt Welzheim sei befugt gewesen, die Planfeststellung zu beantragen. Die Finanzierung des Vorhabens sei abgesichert. Ein Verzicht auf die Rutschsanierung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung hätten sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt, da mit der Planung die Bahnstrecke stabilisiert und verhindert werde, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Selbst wenn es in der Vergangenheit „gut gegangen“ sei, müsse dies nicht bedeuten, dass auf eine Hangsicherung verzichtet werden könne. Die verfügten Schutzauflagen seien ausreichend. Für den Brunnen „Herrmann“ bestehe durch die Baumaßnahmen keine Gefahr. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung begründeten keinen Anspruch auf weitere Nebenbestimmungen zum Schutze des Brunnens. Im Übrigen stelle die bestehende Trinkwasserversorgung (durch die Quelle) lediglich eine Chance dar, den häuslichen Wasserbedarf auf diese Weise zu decken. Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass die hydrogeologischen Verhältnisse außerhalb ihrer Grundstücke unverändert blieben. Neben der Zusicherung eines Beweissicherungsverfahrens seien für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf nicht mehr sichergestellt sei, dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt und zudem die Zusage für verbindlich erklärt worden, das Anwesen der Kläger an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen. Dadurch würden die Kläger zusätzlich abgesichert, ohne dass insoweit ein Anspruch bestünde. Welche Maßnahmen ggf. zur Beseitigung eines Wasserversorgungsmangels zu ergreifen bzw. objektiv erforderlich seien, könne ohne Eintritt eines erst dann bestimmbaren Wassermangels nicht entschieden werden. Die Kläger legten nicht substantiiert dar, weshalb für ihr Anwesen planbedingt eine Rutschgefahr bestehen sollte. Zu weiteren kostenintensiven (hydrogeologischen) Erkundungen bestehe keine Verpflichtung.
55 
Dem Senat liegen die einschlägigen Planungsakten des Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Eilverfahrens 5 S 1916/06 wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. November 2007 und den Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009 für den Neubau der Autobahn 44 (A 44) von der Anschlussstelle Universitätsstraße bis ca. 510 m östlich der Schattbachstraße im Stadtgebiet von Bochum.

2

Die Kläger zu 1 bis 4 und zu 7, 9, 11 und 12 sind Eigentümer von Grundstücken, die teilweise für die Trasse selbst, teilweise für notwendige Änderungen im vorhandenen Straßennetz oder für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Die Kläger zu 1 bis 4 bewirtschaften die historische Wasserburg "Haus L." als Veranstaltungsort und als Gästehaus und betreiben auf überwiegend im Trassenbereich gelegenen Flächen Landwirtschaft als Nebenerwerb sowie eine Pferdepensionshaltung. Die Wasserburg selbst und die sie umgebende Gräfte werden nicht durch das Vorhaben in Anspruch genommen. Die Kläger zu 5, 6 und 8 sind Eigentümer entlang der Trasse gelegener Grundstücke, die mit von ihnen selbst genutzten bzw. vermieteten Wohngebäuden bebaut sind. Diese Grundstücke werden nicht in Anspruch genommen. Der Kläger zu 10 bewohnt ein im Eigentum seiner Ehefrau stehendes Haus in Trassennähe. Das Grundstück des Klägers zu 13 befindet sich außerhalb des Planfeststellungsabschnitts. Im Einzelnen ergeben sich die Eigentumsverhältnisse und die Betroffenheiten der Kläger aus der Antragsschrift der Kläger vom 3. April 2008 und der Antragserwiderung des Beklagten vom 27. Mai 2008 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren BVerwG 9 VR 15.08; auf sie wird verwiesen.

3

Die A 44 ist Bestandteil einer großräumigen West-Ost-Achse zwischen Aachen und Kassel und zugleich ein wichtiges Verbindungsglied zwischen dem Ruhrgebiet und den Ballungsräumen der Rheinschiene. Im Ruhrgebiet verläuft die A 44 durch das Stadtgebiet von Witten und endet auf Bochumer Stadtgebiet westlich des Kreuzes Bochum/Witten mit der A 43. Der Verkehr wird von dort über die B 226 (Wittener Straße) östlich des Opel-Werks auf den autobahnähnlich ausgebauten Außenring der Stadt Bochum (Nordhausen-Ring, Oviedo-Ring und Donezk-Ring) geleitet.

4

Mit dem planfestgestellten 3,320 km langen Abschnitt der A 44 wird das Autobahnkreuz Bochum/Witten mit dem Außenring Bochum südlich des Opel-Werks über die Anschlussstelle Universitätsstraße verbunden. Die geplante Querspange ist Teil der "Bochumer Lösung", die als weitere Ausbaumaßnahmen den sechsstreifigen Ausbau der A 40 von der Stadtgrenze Bochum/Essen zwischen den Anschlussstellen Gelsenkirchen und Bochum-Wattenscheid sowie die niveaufreie Verknüpfung der A 40 mit dem Außenring Bochum an der Anschlussstelle Bochum-Stahlhausen (Westkreuz) vorsieht. Hierdurch soll eine Verbindungsalternative für den West-Ost-Verkehr im Ruhrgebiet zu der auch nach dem sechsstreifigen Ausbau hoch belasteten A 40 geschaffen werden und das Gesamtverkehrssystem durch eine signifikante Anhebung der Leistungsfähigkeit eine größere Stabilität erhalten.

5

Im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) ist das Vorhaben als vordringlicher Bedarf ausgewiesen (lfd. Nr. 1573).

6

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen, Betriebssitz Gelsenkirchen, leitete mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 der Bezirksregierung Arnsberg den von ihm aufgestellten Plan zu und beantragte die Durchführung des Anhörungsverfahrens. Die Bezirksregierung forderte die Behörden und Stellen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung, in der auf die Einwendungsfrist und den Ausschluss verspäteter Einwendungen hingewiesen wurde, vom 5. Februar 2002 bis zum 4. März 2002 in der Stadt Bochum auslag.

7

Sämtliche Kläger erhoben - teilweise mit gemeinsamen Einwendungsschreiben und teilweise unter Bezugnahme auf das umfangreiche Einwendungsschreiben der "Bürgerinitiative Bochum gegen die DüBoDo" - fristgerecht Einwendungen gegen das Vorhaben.

8

Aufgrund von Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange und Einwendungen Privater nahm der Vorhabenträger verschiedene Änderungen an der Planung vor, die er durch die Deckblätter I und II in das Verfahren einbrachte. Mit dem Deckblatt I wurde der Planfeststellungsabschnitt um ca. 70 m bis zu dem Anschluss an den gewidmeten und bereits unter Verkehr befindlichen Teil der A 44 verlängert, der landschaftspflegerische Begleitplan überarbeitet, die Entwässerungsplanung angepasst sowie eine Ergänzung der Unterlagen nach § 6 UVPG und eine Überarbeitung der lärmtechnischen Berechnungen vorgenommen. Das Deckblatt II trug dem Inkrafttreten der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) i.d.F. vom 11. September 2002 Rechnung und führte eine neue Schadstoffabschätzung unter Berücksichtigung der neuen Immissionsgrenzwerte in das Verfahren ein. Die geänderten Planunterlagen lagen nach ortsüblicher Bekanntmachung in der Zeit vom 10. Juni 2003 bis zum 7. Juli 2003 in der Stadt Bochum zur Einsichtnahme aus. Gegen die Deckblätter I und II haben alle Kläger, mit Ausnahme der Klägerin zu 12, rechtzeitig schriftlich Einwendungen erhoben.

9

Die geänderten Planunterlagen wurden, nach rechtzeitiger ortsüblicher Bekanntmachung des Termins und gesonderter Einladung der beteiligten Behörden, Stellen und Vereinigungen, in insgesamt drei Staffeln an insgesamt 26 Terminen im Juli, September und November 2004 in der Stadthalle Bochum bzw. in Räumlichkeiten der Ruhr-Universität Bochum erörtert. In Umsetzung der durch die Einwendungen und im Erörterungstermin gewonnenen Erkenntnisse überarbeitete der Vorhabenträger mit dem Deckblatt III den landschaftspflegerischen Begleitplan im Hinblick auf ein festgesetztes Landschaftsschutzgebiet. Auf Veranlassung der Planfeststellungsbehörde brachte der Vorhabenträger ein weiteres Deckblatt IV in das Verfahren ein, das die lärmtechnische Berechnung mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) für den auf den durchgehenden Fahrstreifen der A 44 aufzubringenden lärmmindernden Straßenoberflächenbelag enthält. Hinsichtlich der Deckblätter III und IV fand keine erneute Auslegung statt.

10

Mit Beschluss vom 28. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den "Neubau der Autobahn 44 (A 44) von Bau-km 19+980 - Anschlussstelle Universitätsstraße - (ca. 100 m westlich der K 3) bis Bau-km 23+300 (ca. 510 m östlich der Schattbachstraße)" fest. Der Plan enthält zahlreiche Nebenbestimmungen, die u.a. den Naturschutz, den Schutz des Grundwassers und die Bauausführung betreffen. Zur Minderung der Lärmbelastung wird dem Vorhabenträger aufgegeben, auf den durchgehenden Fahrbahnen einen lärmmindernden Straßenoberflächenbelag, der einen Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) erzielt, zu verwenden und auf den Fahrbahnen der Verbindungsrampen und der Anschlussstellenäste einen Straßenoberflächenbelag mit einem Korrekturwert DStrO von - 2 dB(A) aufzubringen. Den Klägerinnen zu 5 und 9 wird unter gleichzeitiger Ablehnung des Übernahmeantrags der Klägerin zu 5 für ihre Wohnhäuser Anspruch auf passiven Schallschutz und angemessene Entschädigung in Geld für die Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche zugesprochen.

11

Die Einwendungen der Kläger im Übrigen wies der Planfeststellungsbeschluss zurück:

12

Der Neubau der A 44 sei unabhängig von der gesetzlichen Bedarfsfeststellung geboten, weil die vorhandenen Straßen nicht mehr den regelmäßigen Verkehrsbedürfnissen im Planungsraum entsprächen. Hinsichtlich der Trassenführung habe aufgrund zahlreicher Zwangspunkte keine realistische Alternativlösung bestanden. Die Belastung mit Lärm und Schadstoffen sei auf der Grundlage einer tragfähigen Verkehrsprognose und auch im Übrigen fehlerfrei ermittelt worden. Den nach den Modellberechnungen der Gutachter mit der Verkehrsfreigabe möglichen geringfügigen Überschreitungen der Grenzwerte für Luftschadstoffe könne durch Maßnahmen der Luftreinhalteplanung wirksam begegnet werden. Die mit dem Bau des Vorhabens verbundenen Eingriffe in privates Grundeigentum und die Belastungen trassennaher Anwohner seien nicht zu vermeiden. Trotz der nicht zu verkennenden Belastungen durch den Neubau der A 44 sei eine Existenzgefährdung des Betriebes "Haus L." der Kläger zu 1 bis 4 nicht zu erwarten. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde das Vorhaben daran aber nicht scheitern. Auf Grund der überragenden Bedeutung des Straßenbauvorhabens wäre ein Eingriff in die Eigentumsposition auch um den Preis, dass sich die geltend gemachten Beeinträchtigungen zu einer Existenzgefährdung oder gar -vernichtung verdichteten, hinzunehmen. Eine Beeinträchtigung der Grundwasserströme sei nicht zu befürchten, da die Trasse von einer Ausnahme abgesehen nahezu ausschließlich in Dammlage verlaufe. Das im Wasserbuch der Stadt Bochum eingetragene Wasserrecht zugunsten von "Haus L." werde daher nicht beeinträchtigt. Es sei gewährleistet, dass die Funktion des Isabella-Stollens erhalten bleibe.

13

Die Kläger haben am 3. April 2008 Klage erhoben und diese mit Schriftsätzen vom 15. Mai 2008 sowie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (BVerwG 9 VR 15.08) umfangreich begründet. Sie rügen zahlreiche Bekanntmachungs- und Auslegungsfehler und bestreiten, dass die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele erreicht werden könnten. Umfangreiche Einwendungen erheben sie gegen die Verkehrs-, Lärm- und Schadstoffprognosen. Die Verkehrsprognose beruhe auf veralteten und unvollständigen Daten und sei methodisch fehlerhaft. Insbesondere werde der durch das Vorhaben induzierte Verkehr in den Prognosen marginalisiert. Die der Lärmberechnung zugrunde gelegten Richtlinien RLS-90 seien stark veraltet und entsprächen nicht mehr dem Stand der Technik. Zahlreiche Lärmquellen, insbesondere der angestiegene Motorradverkehr, würden durch sie nicht oder nicht angemessen erfasst und die lärmmindernde Wirkung des vorgesehenen offenporigen Asphalts überschätzt. Das für die Schadstoffprognose verwendete Ausbreitungsmodell nach Gauß sei für die Ermittlung von Immissionen des Straßenverkehrs ungeeignet. Die ermittelten Prognosewerte seien daher nicht aussagekräftig. Tatsächlich müsse mit einer Überschreitung der Grenzwerte der 22. BImSchV gerechnet werden.

14

Hinsichtlich der Verkehrs- und Schadstoffprognose halten die Kläger weitere Sachaufklärung für erforderlich und haben in der mündlichen Verhandlung vorsorglich die mit Schriftsätzen vom 9. Juli 2009 und 8. April 2010 begründeten Beweisanträge gestellt.

15

Ende Juni 2009 reichte der Vorhabenträger auf der Grundlage eines in seinem Auftrag erstellten Artenschutzbeitrages, der zu dem Ergebnis kommt, dass das Vorhaben keine der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des Bundesnaturschutzgesetzes verwirklicht, bei der Bezirksregierung Arnsberg einen Antrag auf Planergänzung ein. Darin wird der Landschaftspflegerische Begleitplan um neue vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen für die Wasserralle, den Steinkauz, den Kleinspecht und die Schleiereule ergänzt und werden planfestgestellte Maßnahmen mit Blick auf den Kiebitz, die Wiesenschafstelze und die Feldlerche modifiziert.

16

Die von der Anhörungsbehörde zur Stellungnahme aufgeforderten Kläger erhoben mit Schreiben ihres gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2009 und die Kläger zu 1, 3 und 4 sowie der Kläger zu 2 mit weiteren Schreiben vom 3. und 7. August 2009 Einwendungen gegen die Planänderung.

17

Am 5. Oktober 2009 erließ der Beklagte den Planergänzungsbeschluss und wies die Einwendungen der Kläger zurück.

18

Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 30. November 2009 den Planergänzungsbeschluss in das Verfahren einbezogen. Sie rügen, das dem Ergänzungsbeschluss zugrunde liegende Artenschutzgutachten weise Widersprüche zwischen der eigentlichen Bestandsaufnahme und der Bewertung auf. Die vorgesehenen Maßnahmen seien nicht geeignet, Störungen zu vermeiden. Die Voraussetzungen einer Ausnahme seien zu Unrecht bejaht worden. Der Verzicht auf die Durchführung eines Erörterungstermins mache den Beschluss verfahrensfehlerhaft.

19

In der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2010 hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche naturschutzfachliche Kompensationsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen für den Isabella-Stollen ergänzt.

20

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. November 2007 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 5. Oktober 2009 und der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Planergänzungen aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um geeignete Maßnahmen zur Minderung negativer Auswirkungen der Planverwirklichung auf die Grundstücke der Kläger erneut zu entscheiden.

21

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

22

Er tritt dem Vortrag der Kläger im Einzelnen inhaltlich entgegen.

Entscheidungsgründe

23

A. Die Klage ist zulässig.

24

Namentlich ist das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. § 17e Abs. 1 Nr. 5 FStrG i.V.m. lfd. Nr. 21 der Anlage zum Fernstraßengesetz zur Entscheidung über diesen Rechtsstreit berufen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bestehen nicht (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 27 ff.).

25

Die Kläger konnten den Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009, ohne an die Einhaltung einer Klagefrist gebunden zu sein, mit Schriftsatz vom 30. November 2009 in das Verfahren einbeziehen (vgl. Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 21 ff.).

26

B. Die Klage ist aber nicht begründet.

27

Der Planfeststellungsbeschluss in seiner zur gerichtlichen Prüfung gestellten Form einschließlich der in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2010 zu Protokoll gegebenen Erklärungen des Beklagten leidet an keinem Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Aufhebung des Beschlusses bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.

28

I. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist (§ 19 Abs. 1 FStrG), enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Daher haben die Kläger zu 1 bis 4, 7, 9, 11 und 12, deren durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum (teilweise) für das Planvorhaben in Anspruch genommen werden soll, einen Anspruch darauf, von einer Entziehung ihres Grundeigentums verschont zu bleiben, die nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, insbesondere nicht gesetzmäßig ist (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG), und auf eine dahingehende umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses.

29

Der Anspruch des von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen auf gerichtliche Überprüfung des Plans auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) unterliegt allerdings Einschränkungen. Danach führt nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, zur Aufhebung. Diese Rechtsfolge scheidet vielmehr aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24).

30

Die nicht durch die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke und damit nur mittelbar betroffenen Kläger zu 5, 6, 8, 10 und 13 können dagegen nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.

31

II. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 28. November 2007 wie auch der Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009 leiden nicht an Verfahrensfehlern.

32

Die umfangreichen Rügen der Kläger hinsichtlich der Bekanntmachungen und der Auslegung der Planunterlagen zum Planfeststellungsbeschluss überzeugen den Senat nicht. Von einer näheren Darstellung und Auseinandersetzung mit diesen Rügen sieht der Senat im Hinblick darauf ab, dass die Kläger fristgerecht und umfassend Einwendungen erhoben haben. Unterstellte Auslegungs- und Bekanntmachungsfehler wären daher ohne Einfluss auf die Sachentscheidung geblieben und somit weder hinsichtlich der eigentumsbetroffenen noch der übrigen Kläger geeignet, zur (vollständigen oder teilweisen) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit zu führen (vgl. Urteil vom 12. August 2009 a.a.O. Rn. 23 und Rn. 31 m.w.N.).

33

Soweit die Kläger rügen, im Erörterungstermin seien zahlreiche Einwendungen des Klägers zu 8 nicht erörtert worden, zeigen sie einen beachtlichen Verfahrensmangel ebenfalls nicht auf. Ein Anspruch des Einwenders auf unbeschränkte Redezeit im Anhörungsverfahren lässt sich dem Gebot, eine substantielle Behandlung der berührten Belange und Interessen zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <227>), nicht entnehmen. Insbesondere wenn - wie hier - die Zahl der Einwender sehr groß ist, ist eine straffe Verhandlungsführung, die von allen Beteiligten, einschließlich der Einwender, eine Konzentration auf das Wesentliche verlangt, nicht zu beanstanden. Diesen Anforderungen ist die Anhörungsbehörde gerecht geworden. Sie hat ausweislich ihres Aktenvermerks vom 2. Dezember 2004 die Einwendungen in drei Staffeln im Juli, September und November 2004 an insgesamt 26 Verhandlungstagen ganztägig mit den Beteiligten intensiv erörtert und auch dem Kläger zu 8 an zwei Tagen knapp zehn Stunden Erörterungszeit zur Verfügung gestellt. Dass es ihm gleichwohl nicht möglich gewesen wäre, alle für ihn wesentlichen Einwendungen vorzubringen, ist nicht dargelegt.

34

Ein Verfahrensfehler liegt ferner nicht darin, dass die Anhörungsbehörde die nachträglich eingeholte Verkehrsuntersuchung über die Entwicklung des Lkw-Verkehrs aus dem Jahr 2004 nicht zum Gegenstand der Erörterung gemacht hat. Eine Pflicht, nachträglich eingeholte Gutachten in die Anhörung einzubeziehen und sie gegebenenfalls auszulegen, besteht nur dann, wenn die Behörde erkennt oder erkennen musste, dass ohne diese Unterlage Betroffenheiten nicht oder nicht vollständig geltend gemacht werden können (Urteil vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <344 f.>). Dies war hier offensichtlich nicht der Fall.

35

Auf die Durchführung eines Erörterungstermins für das ergänzende Planverfahren konnte die Anhörungsbehörde gemäß § 17d Satz 1 FStrG verzichten. Die ermessensleitende Überlegung, es sei angesichts der Einwendungen der Kläger nicht damit zu rechnen, dass es zu einem Interessenausgleich und einvernehmlichen Lösungen kommen werde, ist nicht zu beanstanden.

36

Die Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung wurden eingehalten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hat stattgefunden, die Öffentlichkeit wurde - wie dies nach § 9 Abs. 1 UVPG (Art. 6 Abs. 2 UVP-RL) bei Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist - zu den Umweltauswirkungen beteiligt. Soweit die Kläger die fehlende Bestandsaufnahme von Fauna und Flora gerügt haben, ist diesem Einwand durch die im Rahmen der Planergänzung erstellte artenschutzrechtliche Untersuchung Rechnung getragen worden, zu der sowohl die Kläger als auch die Träger öffentlicher Belange und die anerkannten Naturschutzvereine Stellung nehmen konnten. Hinsichtlich der weiteren Rügen im Zusammenhang mit den ausgelegten Unterlagen ist nicht dargetan und nicht erkennbar, dass etwaige Mängel auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Dies ist nur anzunehmen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planungsbehörde ohne den behaupteten Fehler anders entschieden hätte (vgl. Urteile vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 38 ff. und vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>). Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

37

III. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem materiell-rechtlichen Fehler, der nach den oben dargestellten Prüfungsmaßstäben zum Erfolg der Anfechtungsklage führen könnte.

38

1. Die Planrechtfertigung ist für das planfestgestellte Vorhaben gegeben. Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG gemessen an der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten. Die gesetzliche Feststellung, dass ein verkehrlicher Bedarf besteht, ist für die Planfeststellung wie auch das gerichtliche Verfahren verbindlich (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 8. Juni 1995 a.a.O. S. 345 ff. und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit seiner Bedarfsfeststellung für die A 44 im Stadtgebiet von Bochum die Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat, sind nicht ersichtlich. Davon ist nur auszugehen, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahme des Gesetzgebers rechtfertigen könnte (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 C 11.96 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 247, vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <100> und vom 12. März 2008 a.a.O.). Solche Gründe liegen nicht vor.

39

Die durchgeführten Verkehrsuntersuchungen, an deren methodischer Richtigkeit keine durchgreifenden Zweifel bestehen (vgl. unten unter 3 a)), haben beim Vergleich der Auslastungszustände ohne und mit Bau der Querspange eine Reduktion des Anteils überlasteter Autobahnen um 23 % ergeben. Erkennbar entlastet wird insbesondere die A 40. Gleichzeitig steigt der Anteil überlasteter Strecken des Außenrings deutlich an. Werden der zusätzlich belastete Außenring und die Autobahnen zusammen betrachtet, ergibt sich noch ein Rückgang der überlasteten niveaufreien Strecken um 12 %. Bei den Stadtstraßen ist bezogen auf das gesamte Straßennetz noch mit einem Rückgang von 7 % zu rechnen. Die Entlastung des vorhandenen Straßennetzes wird durch den Einwand der Kläger, die Querspange und die beiden weiteren Ausbaumaßnahmen der "Bochumer Lösung" könnten wegen des hohen Verkehrsaufkommens mit Staubildungen nicht zur Stabilisierung des Straßennetzes beitragen, nicht in Frage gestellt. Auch wenn es vorhersehbar streckenweise zu Überlastungen auf dem Außenring und der Querspange kommen wird, ändert dies nichts an der erheblichen Entlastung der A 40 und damit an einer Stabilisierung des Verkehrsgeschehens auf dieser Hauptverkehrsader im Raum Bochum. Entsprechendes gilt für die Hauptverbindungsstraßen des innerörtlichen Verkehrs. Mit 7 % sind die Entlastungen dort auch nicht so gering, dass ihnen keine den Verkehrsfluss erleichternde Wirkung zugeschrieben werden könnte.

40

2. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine artenschutzrechtlichen Mängel auf, derentwegen die Kläger seine Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen können.

41

a) Die Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch die Planfeststellungsbehörde beruht auf einer ordnungsgemäßen Bestandserfassung. Die zunächst unterbliebene notwendige Bestandsaufnahme ist im Rahmen des Verfahrens zum Erlass des Ergänzungsbeschlusses nachgeholt worden. Bedenken, dass diese Untersuchung der im Trassenbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume nicht methodisch fachgerecht durchgeführt wurde, bestehen nicht (vgl. zu den Anforderungen Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 54 ff. m.w.N.). Die Bestandsaufnahme beruht zum einen auf aus Anlass des Vorhabens vorgenommenen Untersuchungen vor Ort und zum zweiten auf ergänzend ausgewertetem Erkenntnismaterial anderen Ursprungs. Dass die Untersuchungen in ihrem methodischen Ansatz oder ihrer praktischen Durchführung nicht in einer den konkreten Verhältnissen vor Ort und dem sonstigen Erkenntnismaterial entsprechenden Art und Weise durchgeführt wurden, ist nicht ersichtlich.

42

Die in der mündlichen Verhandlung erstmals geäußerte Kritik am methodischen Vorgehen des Gutachters (ungenügende Zahl von Begehungen, Begehungen zur falschen Zeit, Suche nach Brutvorkommen am falschen Ort) bezieht sich auf die vom Beklagten nachgereichte Ausarbeitung vom 17. Mai 2010, wonach die Wasserralle gegenwärtig nicht mehr im Regenrückhaltebecken Höfestraße brütet. Ob dieser Ausarbeitung eine in allen Punkten den methodischen Standards entsprechende Untersuchung zugrunde lag, wie der Gutachter des Beklagten Dr. R. in der mündlichen Verhandlung betont hat, bedarf keiner abschließenden Klärung. Denn eine nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und damit nach dem für die gerichtliche Überprüfung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt erfolgte Änderung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten wäre ausnahmsweise nur dann zu berücksichtigen, wenn mit hinreichender Sicherheit feststünde, dass - etwa wegen einer dauerhaft nachteiligen Änderung des Habitatpotenzials - eine zuvor vorhandene Lebensstätte endgültig verloren gegangen ist. Eine solche Feststellung trifft die ergänzende Ausarbeitung jedoch nicht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.

43

b) Auf der Grundlage der hiernach nicht zu beanstandenden Bestandsaufnahme hat der Beklagte zu Recht eine Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht bejaht. Zwar kann nicht in jeder Hinsicht ausgeschlossen werden, dass das Vorhaben Verbotstatbestände erfüllt. Insoweit greift aber die im Planergänzungsbeschluss erteilte Ausnahme.

44

Maßgeblich für die artenschutzrechtliche Prüfung der Verbotstatbestände sind die §§ 42, 43 BNatSchG in der Fassung, die sie durch Art. 1 Nr. 7 und 8 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) mit Wirkung vom 18. Dezember 2007 (Art. 3) erhalten haben (nachfolgend BNatSchG 2007). Obgleich sich der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss auf die bis zum 17. Dezember 2007 geltenden §§ 42, 43 BNatSchG a.F. stützt, ist die Neufassung anzuwenden; denn der Beklagte hat seine artenschutzrechtliche Prüfung in der Ersten Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 5. Oktober 2009 nicht nur bezogen auf die vorsorgliche Erteilung einer Ausnahme bzw. Befreiung, sondern ausweislich der Begründung des Änderungsbeschlusses auch bezogen auf das Eingreifen der Verbote aktualisiert. Die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in Kraft getretenen §§ 44, 45 BNatSchG 2010 (BGBl I 2009 S. 2542) stimmen mit den einschlägigen Vorschriften des BNatSchG 2007 wörtlich überein und können daher das Beurteilungsergebnis nicht beeinflussen.

45

(1) Dass durch das Vorhaben bau- oder betriebsbedingt der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG 2007 erfüllt wird, ist nicht zu befürchten. Durch das in diesem Verbotstatbestand u.a. enthaltene Tötungsverbot werden verkehrsbedingte Tierverluste durch Straßenneu- und -ausbaumaßnahmen allein dann erfasst, wenn sich das Kollisionsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten in signifikanter Weise erhöht (Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 219 und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 58). Dies ist zu verneinen. Durch die festgesetzten Sperreinrichtungen und Überflughilfen (Lärmschutzwand und -wall bzw. Abzäunung) sowie die umfangreichen Gehölzpflanzungen sieht der Planergänzungsbeschluss die Kollisionsrisiken für die nachgewiesen kollisionsgefährdeten Vogelarten Schleiereule, Steinkauz, Waldkauz und Waldohreule als auf ein unbedenkliches Maß beschränkt an. Dass diese Einschätzung unzutreffend wäre, wird von den Klägern nicht behauptet und ist nicht ersichtlich.

46

(2) Eine Verwirklichung des Störungstatbestandes des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 kann dagegen für die Vogelart Wasserralle nicht völlig ausgeschlossen werden.

47

§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 verbietet es, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt nach der Definition des 2. Halbsatzes vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Die darin zum Ausdruck kommende populationsbezogene Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle steht mit Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - FFH-RL) und Art. 5 Buchst. d der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - VRL) im Einklang, die beide einen art- bzw. populationsbezogenen Schutzansatz verfolgen (vgl. Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 237 und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 89).

48

Der Begriff der Population ist Art. 2 Buchst. l der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) entnommen und wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG 2007 definiert. Er erfasst eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebietes in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen. Eine lokale Population erfasst diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen (vgl. BTDrucks 16/5100 S. 11).

49

Der Störungstatbestand kann vor allem durch bau- und betriebsbedingte Beeinträchtigungen der geschützten Tierarten in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen erfüllt werden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 34 m.w.N.). Der Planergänzungsbeschluss geht in Übereinstimmung mit dem Fachgutachten zum Artenschutz davon aus, dass hinsichtlich der Vogelarten Gelbspötter, Teichhuhn, Teichrohrsänger, Wasserralle sowie Steinkauz und Schleiereule letzte Unsicherheiten verbleiben, ob durch die ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung insbesondere von Lärmbeeinträchtigungen während der Bauzeit (Bauzeitbeschränkungen für Baufeldfreiräumung und Trassenschüttung, Errichtung einer 700 m langen und 4 m hohen mobilen Lärmschutzwand auf der Südseite der Trasse) und durch die dauerhaften Maßnahmen aktiven Lärmschutzes (Lärmschutzwände und -wälle, offenporiger Asphalt) Störungen der Vogelarten, die zu Verlusten von Brutrevieren führen, verhindert werden können. Für die im Regenrückhaltebecken Höfestraße lebenden Vogelarten ordnet der Planergänzungsbeschluss als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen die Optimierung des in südwestlicher Richtung angrenzenden Regenrückhaltebeckens Heintzmannstraße (Maßnahme 10ACEF), die Umwandlung einer Ackerfläche in beweidetes Grünland (Maßnahme 9ACEF) für den Steinkauz und die Errichtung eines Schuppens mit Nistkasten (Maßnahme 8ACEF) für die Schleiereule an. Die vorgesehenen Maßnahmen am Regenrückhaltebecken Heintzmannstraße werden für die Wasserralle und den Teichrohrsänger - bei denen der Artenschutzbeitrag schon bei Verlust nur eines Brutpaares von einer Verschlechterung der lokalen Population ausgeht - ergänzt durch die Anordnung eines Monitorings und eines Risikomanagements.

50

Ob die vorgesehenen Maßnahmen am Regenrückhaltebecken Heintzmannstraße eine Populationswirksamkeit des Vorhabens, insbesondere für die Wasserralle, vermeiden können, ist zwischen den Beteiligten streitig. Insoweit steht für den Senat auch nach den Erläuterungen durch den für den Artenschutzbeitrag verantwortlichen Gutachter Dr. R. in der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Überzeugung fest, dass die naturschutzfachlichen Einwände der Kläger gegen die Eignung der Maßnahmen, die sich insbesondere auf die geringe Entfernung von der geplanten Autobahntrasse, die zu erwartenden Störwirkungen durch die an das Regenrückhaltebecken unmittelbar angrenzende Markstraße und den südlich gelegenen Sportplatz mit Flutlichtanlage beziehen, widerlegt sind und deswegen eine Verschlechterung des Zustands der lokalen Population nicht zu besorgen ist.

51

Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Denn jedenfalls aufgrund der von dem Beklagten vorsorglich im Planergänzungsbeschluss gemäß § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 erteilten Ausnahme vom Störungsverbot ist das Vorhaben insoweit zulässig.

52

(3) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 können die nach Landesrecht zuständigen Behörden im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des § 42 BNatSchG 2007 aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art zulassen. Darüber hinaus erfordert eine Ausnahme nach Satz 2, dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert; Art. 9 Abs. 2 VRL ist zu beachten.

53

(a) Art. 9 Abs. 1 VRL, der Abweichungen vom Störungsverbot des Art. 5 Buchst. d VRL unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässt, steht der Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 nicht entgegen. Der Störungstatbestand des Art. 5 Buchst. d VRL setzt voraus, dass sich die Störung der unter den Schutz der Vogelschutzrichtlinie fallenden Vogelarten auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt. Das ist mit Blick auf das Schutzziel der Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (vgl. die Präambel und Art. 1 VRL) sowie das Verschlechterungsverbot (Art. 13 VRL) nicht der Fall, wenn der aktuelle Erhaltungszustand der betroffenen Arten sichergestellt ist (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 a.a.O. Rn. 44). Art. 5 Buchst. d VRL enthält damit bereits auf der Tatbestandsebene einen umfassend populationsbezogenen Ansatz, während nach deutschem Recht der über die jeweiligen lokalen Populationen hinausgehende Zustand der "Populationen einer Art" erst auf der zweiten Prüfungsstufe im Rahmen der Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 Bedeutung gewinnt. Für das mit dem Störungsverbot verfolgte Schutzziel spielt dies jedoch keine Rolle. Der Senat hat - ebenso wie beim Beschädigungs- und Zerstörungsverbot - keinen Zweifel daran, dass es dem nationalen Gesetzgeber mit Rücksicht auf den Spielraum, den gemeinschaftsrechtliche Richtlinien ihm bei der Wahl von Form und Mitteln zur Zielerreichung belassen und belassen müssen, frei stand, den gemeinschaftsrechtlich geforderten Schutzstandard auf dem gewählten Weg zu erreichen (vgl. zum Beschädigungs- und Zerstörungsverbot Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - a.a.O. Rn. 70).

54

(b) Das Planvorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen, die die Abweichung vom Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 rechtfertigen.

55

Voraussetzung ist insoweit nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Ausreichend ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O Rn. 153). Dabei dürfen die Anforderungen an das Vorliegen von Abweichungsgründen im allgemeinen Artenschutzrecht nicht überspannt werden. So kann es genügen, wenn das Vorliegen des Abweichungsgrundes im Planfeststellungsbeschluss bzw. in der in Bezug genommenen planfestgestellten Unterlage plausibel dargelegt wird oder augenscheinlich und für jedermann greifbar vorliegt (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 125).

56

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange finden Ausdruck in seiner Einstufung als vordinglicher Bedarf in der gesetzlichen Bundesverkehrswegeplanung und verleihen dem Vorhaben einen besonderen Stellenwert. Die mit der Querspange verfolgte Verbindung des vorhandenen Außenrings um Bochum mit der A 43 wird zu einer Verbesserung der lokalen und überörtlichen Verkehre im Bereich Bochum/Witten führen und zusammen mit den weiteren Elementen der "Bochumer Lösung" zu einer Entlastung der derzeit hoch belasteten A 40 und damit zu einer Stabilisierung des Gesamtverkehrssystems im südlichen Ruhrgebiet beitragen. Diese Gründe überwiegen die eher in geringem Ausmaß betroffenen Belange des Artenschutzes.

57

(c) In seiner artenschutzrechtlichen Alternativenuntersuchung, die ebenso wie die FFH-rechtliche und damit anders als die fachplanerische Alternativenuntersuchung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 169), ist der Beklagte zu dem Ergebnis gelangt, es gebe keine nach dem Schutzkonzept des § 42 BNatSchG 2007 vorzugswürdige Standortalternative, die zu einer Reduzierung des Umfangs oder der Intensität der Verstöße gegen die Zugriffsverbote führe. Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde dürfen von einer Alternativlösung Abstand nehmen, die technisch an sich machbar und rechtlich zulässig ist, aber anderweitige, auch naturschutzexterne Nachteile aufweist, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 119 zu Art. 9 Abs. 1 VRL).

58

Gemessen hieran verneint der Planergänzungsbeschluss eine zumutbare Alternative zu Recht. Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheide schon wegen der durch die Aufnahme in den vordringlichen Bedarf zum Ausdruck kommenden besonderen verkehrlichen Bedeutung der Querspange aus. Auch eine Verschiebung der Trasse nach Norden sei wegen des dort gelegenen Opel-Werks einschließlich der Opel-Bahn ausgeschlossen. Ebenso leuchtet es ein, wenn die Planfeststellungsbehörde im Planergänzungsbeschluss jede Verschiebung der Trasse nach Süden wegen des damit verbundenen Heranrückens an die Lebensräume der schutzwürdigen Tierarten ausschließt. Auch eine Gradientenabsenkung und verschiedene im Planfeststellungsbeschluss dargestellte Tunnellösungen stellen im Hinblick auf die damit verbundenen und im Planfeststellungsbeschluss näher dargelegten technischen Schwierigkeiten und hohen Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten keine zumutbaren Alternativen dar. Abgesehen davon würden die baubedingten Störungen bei den die Trassenführung unverändert lassenden Lösungen nicht geringer ausfallen als bei der planfestgestellten Variante.

59

(d) Es liegt auch die weitere Voraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 vor, dass sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtern darf.

60

Anders als beim Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 ist im Rahmen der Ausnahme nicht der Erhaltungszustand des von dem Vorhaben unmittelbar betroffenen lokalen Vorkommens maßgeblich, sondern eine gebietsbezogene Gesamtbetrachtung anzustellen, die auch die anderen (Teil-)Populationen der Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in den Blick nimmt (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 44). Nicht jeder Verlust eines lokalen Vorkommens einer Art ist mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art gleichzusetzen. Dass einzelne Exemplare oder Siedlungsräume im Zuge der Verwirklichung eines Planvorhabens vernichtet werden oder verloren gehen, schließt nicht aus, dass die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572). Bei der Beurteilung, ob dies der Fall ist, ist der Planfeststellungsbehörde, da insoweit ornithologische Kriterien maßgeblich sind, ein Beurteilungsspielraum einzuräumen (Urteil vom 21. Juni 2006 a.a.O.). Dies gilt auch für die Entscheidung, an welchem Standort Maßnahmen zum Ausgleich des vorhabenbedingten Verlustes ergriffen werden sollen. Das Ziel, den Verlust von Individuen und Lebensstätten auszugleichen und den Erhaltungszustand der betroffenen Art zu stabilisieren, erfordert es nicht, dass die Ausgleichsmaßnahmen am Ort des Eingriffs ergriffen werden müssen. Die anzustellende gebietsbezogene Betrachtung erlaubt es dem Vorhabenträger und der Planfeststellungsbehörde vielmehr, das natürliche Verbreitungsgebiet der betroffenen Art großräumiger in den Blick zu nehmen und auch solche Orte für Ausgleichsmaßnahmen zu wählen, die keine unmittelbaren Rückwirkungen auf den von dem Vorhaben betroffenen Siedlungsraum erwarten lassen. Mit Blick auf den Zweck der Maßnahme ist daher jeder Standort innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes der Art, an dem die Planfeststellungsbehörde durch entsprechende Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss den Kompensationserfolg herbeiführen kann, als geeignet anzusehen. Dies wird den räumlichen Bereich regelmäßig auf den jeweiligen Zuständigkeitsbereich der Planfeststellungsbehörde beschränken. Nicht ausgeschlossen ist aber auch, dass die Planfeststellungsbehörde durch entsprechende vertragliche Vereinbarung die Durchführung der Maßnahme außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs sicherstellt.

61

Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung konkretisierte Kompensationsmaßnahme für die Wasserralle und andere am Wasser lebende Vögel am Hüller Bach rund 12 km vom Vorhabengebiet entfernt liegt.

62

(e) Auch die von den Klägern in ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 31. Mai 2010 geäußerte Kritik an Lage und Geeignetheit der Maßnahme greift nicht durch. Dem gleichzeitig gestellten Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen.

63

Nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO hat das Gericht die Möglichkeit, die bereits geschlossene mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Hierauf besteht zwar grundsätzlich kein Anspruch der Beteiligten, doch muss das Gericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung beachten, dass die Regelung u.a. auch dazu dienen soll, den Parteien die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Rechte insbesondere durch mündlichen Vortrag zu dem aufgrund der mündlichen Verhandlung gewonnenen Gesamtergebnis des Verfahrens zu ermöglichen. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO steht damit in enger Beziehung zu dem Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör mit der Folge, dass Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts die Ermessensfreiheit des Gerichts zu einer Wiedereröffnungspflicht verdichten kann (Urteil vom 11. April 1989 - BVerwG 9 C 55.88 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 23 S. 6 und Beschluss vom 19. März 1991 - BVerwG 9 B 56.91 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 25 S. 10). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Denn die Kläger hatten die Möglichkeit, in der mündlichen Verhandlung nach § 173 VwGO i.V.m. § 283 ZPO Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf das neue Vorbringen des Beklagten und ihres Gutachters zur Eignung des Hochwasserrückhaltebeckens Hüller Bach als Lebensstätte insbesondere der Wasserralle zu beantragen. Dies haben sie unterlassen.

64

Aus ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 31. Mai 2010 folgt für den Senat auch kein Bedürfnis nach weiterer Sachaufklärung, das die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO erforderlich machen würde. Selbst wenn die von den Klägern geäußerte Kritik am Kompensationskonzept hinsichtlich der Wasserralle und der anderen schutzwürdigen Vogelarten berechtigt sein sollte, stünde ihrem mit dem Hauptantrag verfolgten Begehren entgegen, dass artenschutzrechtliche Defizite, die durch schlichte Planergänzung behoben werden können, nicht zu einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss führen können (Urteile vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 129 f. und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 93). Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 behaupteten Mängel gehen nach Art und Umfang über diesen Bereich nicht hinaus. Soweit die Kläger das Hochwasserrückhaltebecken aufgrund seiner Lage als grundsätzlich ungeeigneten Lebensraum erachten, vermag dies schon wegen des vorhandenen Brutvorkommens der Wasserralle in dem westlich unmittelbar an die Kompensationsfläche angrenzenden Naturraum nicht zu überzeugen. Das vorgesehene Gebiet ist auch nicht wegen seiner Funktion als künstliches Überschwemmungsgebiet generell ungeeignet. Schon in ihrem jetzigen Habitat an der Höfestraße ist die Wasserralle von schwallartigen Anstiegen des Wasserspiegels betroffen, was zu Brutverlusten und Verlusten bei Jungvögeln führen kann. Hochwasserereignisse, die zu einer Inanspruchnahme des Rückhaltebeckens führen, dürften aber jedenfalls nicht häufiger vorkommen als starke Regenfälle. Bei der Umgestaltung des Beckens wird der Vorhabenträger zudem den Folgen eines Hochwassers für die betroffenen Vogelarten durch eine entsprechende Geländemodellierung Rechnung tragen können. Entsprechendes gilt für die weiteren von den Klägern gerügten Punkte.

65

Die vorgesehenen Maßnahmen können auch zeitnah verwirklicht werden. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, ist über die Umgestaltung des Hochwasserrückhaltebeckens und die zukünftige Nutzung eine Vereinbarung mit der Eigentümerin, der Emschergenossenschaft, getroffen worden. Damit ist die erforderliche rechtliche Sicherung für eine zügige Realisierung gegeben. Die zwischen Verlust der Lebensstätte und Kompensation zwangsläufig eintretende zeitliche Lücke ist unbedenklich. Eine unmittelbare Funktionsnachfolge wie bei der individuenbezogenen Beschädigung oder Zerstörung von Lebensstätten ist bei den hier in Rede stehenden, auf den Erhaltungszustand der Population gerichteten Maßnahmen nicht zu fordern.

66

(f) Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass eine Optimierung des Hochwasserrückhaltebeckens nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, könnte dies nicht zum Erfolg der Klage führen. Für diesen als äußerst unwahrscheinlich bezeichneten Fall sieht der Planergänzungsbeschluss bestandsfördernde Maßnahmen für eine andere Population in der atlantischen Region vor. Als Maßnahmestandorte werden die Lippeaue zwischen Hamm und Lippstadt und das Vogelschutzgebiet Hellwegbörde am Südrand der Westfälischen Bucht genannt. Dadurch wird ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass etwaige negative Auswirkungen auf die Teilpopulation im Bereich des Vorhabens, die auch nicht durch die Maßnahmen am Hüller Bach ausgeglichen werden können, jedenfalls durch die dann zu ergreifenden Maßnahmen in der Lippeaue oder der Hellwegbörde kompensiert werden und damit der Erhaltungszustand der Populationen erhalten bleibt (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572 f.).

67

Erweisen sich die vorgesehenen Maßnahmen am Hochwasserrückhaltebecken Hüller Bach und die im Planergänzungsbeschluss aufgeführten weiteren Maßnahmen als geeignet, um sicherzustellen, dass sich der Erhaltungszustand der Populationen der Wasserralle nicht verschlechtert, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebene weitere Planergänzung für den Fall, dass die Maßnahmen am Hüller Bach "den rechtlichen Anforderungen nicht genügen", mit diesem Inhalt überhaupt zulässig sein kann.

68

(4) Auch das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007, wonach es untersagt ist, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, steht dem Vorhaben nicht entgegen.

69

Eine unmittelbare Zerstörung der geschützten und aktuell genutzten Lebensstätten der Wasserralle und der anderen am Wasser lebenden Vogelarten durch die Baumaßnahmen ist nicht zu befürchten. Das Regenrückhaltebecken Höfestraße wird weder durch die geplanten Anlagen selbst noch baubedingt in Anspruch genommen. Als schädigende Eingriffe kämen allenfalls mittelbare Einwirkungen durch den Lärm der Bauarbeiten und den Verkehr nach Fertigstellung der Querspange in Betracht. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit solche mittelbaren Einwirkungen aufgrund funktionaler Erwägungen den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand erfüllen können, greift auch insoweit die erteilte Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007.

70

Art. 9 Abs. 1 VRL, der Abweichungen von den in Art. 5 VRL enthaltenen Verbotstatbeständen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässt, steht der Ausnahme nicht entgegen. Der Zerstörungs- und Beschädigungstatbestand des Art. 5 Buchst. b VRL ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 und schützt nur das selbstgebaute, aktuell belegte Nest bzw. das Nest eines artbedingt auf die Wiederverwendung des konkreten Nestes angewiesenen Vogels. Der Schutz etwaiger bei Baubeginn belegter Nester wird durch die im Planfeststellungsbeschluss geregelten Bauzeitbeschränkungen für die Baufeldfreiräumung und die Trassenschüttung gewährleistet.

71

3. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem in § 17 Satz 2 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (fachplanerisches Abwägungsgebot). Die Belange der Kläger, insbesondere ihr Schutz vor schädlichem Verkehrslärm und Luftschadstoffen sowie ihre Eigentumsbetroffenheiten, sind rechtsfehlerfrei abgewogen worden.

72

a) Es lässt sich nicht feststellen, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Verkehrsprognose, auf der die Abwägung der Immissionsschutzbelange der Wohnbevölkerung im Allgemeinen und der Kläger im Besonderen beruht, Fehler unterlaufen sind, auf die das Anfechtungs- oder zumindest das hilfsweise verfolgte Feststellungsbegehren gestützt werden könnte. Die Kläger wenden gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange zum einen ein, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung der A 44 weit unterschätzt worden sei, zum anderen rügen sie, die der Lärmberechnung zugrunde liegende Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und die darin in Bezug genommenen Richtlinien (RLS-90) als veraltet. Träfen diese Einwände zu, so wäre die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird. Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose könnte deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden. Die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung der A 44 ist jedoch nicht zu beanstanden.

73

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. Urteile vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 1.97 - BVerwGE 107, 313 <326> m.w.N. und vom 24. November 2004 - BVerwG 9 A 42.03 - juris Rn. 41; Beschluss vom 2. Oktober 2002 - BVerwG 9 VR 11.02 - juris Rn. 14). Unter jedem dieser Gesichtspunkte üben die Kläger Kritik an den im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Verkehrsuntersuchungen der Ingenieurgruppe IVV Aachen (IVV) vom Dezember 1996 sowie den Aktualisierungen dieser Untersuchungen von August 1998/Januar 1999 und November 2004. Ihre Einwände greifen jedoch nicht durch.

74

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger sind der gewählte Prognosehorizont und die gewählten Methoden der Prognoseerstellung nicht zu beanstanden. Die ursprüngliche, aus dem Jahr 1996 stammende Untersuchung über die "Verkehrliche Wirkung von Straßenbaumaßnahmen ("Bochumer Lösung") im Stadtgebiet Bochum" war zwar auf den Prognosehorizont 2010 bezogen. Indes ist sie durch die Ergänzung zum Verkehrsgutachten "Bochumer Lösung" von 1998/1999 ergänzt und auf Grundlage der damals aktuellen, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung erstellten Strukturdatenprognose auf den Zeithorizont 2015 fortgeschrieben worden. Hierbei kommt die IVV zu dem Ergebnis, dass die für das Jahr 2010 ausgewiesenen Verkehrsstärken im Wesentlichen auch für den Zeithorizont 2015 als maßgebend angesehen werden können. Ein methodischer Fehler ist nicht darin zu sehen, dass der Beklagte den Prognosehorizont nicht auf das Jahr 2020 ausgedehnt hat. Da normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen, wäre die Entscheidung, auf das Jahr 2015 abzustellen, nur dann zu beanstanden, wenn sie sich als Ausdruck unsachlicher Erwägungen werten ließe (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 36). Das ist nicht der Fall. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) zugrunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Vor diesem Hintergrund war es sachgerecht, sich für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf denselben Zeitpunkt zu beziehen, auch wenn im Zeitpunkt der Prognoseerstellung bereits die vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebene Verkehrsprognose 2025 vorlag. Eine laufende Anpassungspflicht der Planfeststellungsbehörde an neue Prognosen besteht ohnehin nicht (Beschluss vom 25. Mai 2005 - BVerwG 9 B 43.04 - juris Rn. 40).

75

Dass die aktualisierte Lkw-Untersuchung der IVV aus dem Jahr 2004 auf dem vom Bund vorgegebenen Integrationsszenario beruht, während die ursprüngliche Verkehrsuntersuchung von 1996 das durch die Landesverkehrsplanung in Nordrhein-Westfalen vorgegebene Szenario als ein beeinflusstes Trendszenario bezeichnet, begründet keinen methodischen Mangel. Allerdings kann die Verwendung verschiedener Szenarien die Vergleichbarkeit von Verkehrsprognosen einschränken und ist deswegen methodisch nicht ohne Weiteres unbedenklich. In der mündlichen Verhandlung ist der Gutachter des Beklagten Dipl.-Ing. B. diesem Vorwurf jedoch mit Hinweis darauf begegnet, dass es sich bei dem Integrationsszenario methodisch ebenfalls um ein Trendszenario handele. Die Bezeichnung als Integrationsszenario rühre daher, dass es die verschiedenen Verkehrsmittel integriere. Diese Ausführungen sind von der Klägerseite unwidersprochen geblieben.

76

(2) Mängel der Verkehrsuntersuchung lassen sich auch nicht unter dem Aspekt der in das Prognosemodell eingespeisten Grundlagendaten feststellen. Die IVV hat sich zur Verkehrsnachfrage und zu den Verkehrsbeziehungen insbesondere auf die im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr ermittelten Strukturdaten mit regionalisierten Informationen zur Entwicklung der Einwohner, der Erwerbstätigen und der Bruttowertschöpfung und die Straßennetzmodelle der Bundesverkehrswegeplanung 1992 und 2003 sowie zusätzlich auf Daten des Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Bochum gestützt. Soweit die Kläger unter Berufung auf die Plausibilitätsprüfung der RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR (RegioConsult) die Datenlage deshalb als mangelhaft rügen, weil von der IVV ein stärkerer Bevölkerungsrückgang zugrunde gelegt wurde, als er von dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in seiner Raumordnungsprognose erwartet wird, wird hierdurch die Validität der von der IVV in den verschiedenen Ausarbeitungen verwendeten Zahlen angesichts des prognostischen Charakters der Untersuchungen und der Spielräume bei der Wahl des methodischen Ansatzes nicht in Frage gestellt. Dass die von der IVV ausgewerteten Untersuchungen ihrerseits methodisch fehlerhaft konzipiert seien oder auf einer unzutreffenden Datenbasis beruhten, haben die Kläger nicht dargetan.

77

Für die Daten der Bundesverkehrswegeplanung spricht zudem, dass ihre Verwendung im Rahmen von Straßenplanungen durch das Bundesverkehrsministerium vorgegeben ist. Methodisch wäre es problematisch, dieses einheitliche Vorgehen für einzelne Projekte zu durchbrechen und mit abweichenden Daten zu arbeiten (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 110). Deshalb erweisen sich die Vorgaben jedenfalls so lange als sachgerecht, wie die vorgegebene Datenbasis nicht offenkundig durch neuere Erkenntnisse überholt ist. Dies ist - entgegen der Ansicht der Kläger - nicht schon dann der Fall, wenn im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses zu Teilbereichen der Strukturdatenbasis (Pkw-Fahrleistungen) aktualisierte Daten vorliegen. Angesichts des Umfangs des für die Erstellung einer neuen Strukturdatenbasis zu berücksichtigenden Datenmaterials und der Komplexität des anschließenden Bearbeitungsprozesses können laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden. Der Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde sind daher erst recht nicht verpflichtet, selbst laufend die Datenbasis "unter Kontrolle zu halten". Sie werden sich vielmehr regelmäßig auf die bundesweiten Strukturdaten und Verkehrsuntersuchungen und die daraus entwickelten regionalisierten Informationen und Verkehrsmatrizen verlassen können, die - wie der Schlussbericht zur Verkehrsprognose 2015 vom April 2001 und die Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 von Ende 2007 zeigen - laufend aktualisiert werden.

78

Soweit in der Verkehrsuntersuchung der IVV von 2004 selbst davon die Rede ist, die Daten der vorangegangenen Untersuchungen seien veraltet, ist dies insofern nachvollziehbar, als 2001 der erwähnte Schlussbericht zur Verkehrswegeplanung 2003 erschienen ist und damit eine neue bundesweite Datengrundlage vorlag, die eine Überprüfung der für das Vorhaben erstellten Verkehrsprognose erforderlich machte. Hinsichtlich des Umfangs der Überarbeitung hat der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, bei der Prüfung des Aktualisierungsbedarfs habe sich herausgestellt, dass sich die Datengrundlage in Bezug auf den Pkw-Verkehr, anders als die für den Güterverkehr, nicht in relevanter Weise geändert habe. Deswegen sei auf eine umfassende Neuberechnung verzichtet worden.

79

Die Rügen gegen diese Vorgehensweise überzeugen nicht. Die Methodik der vorgenommenen Teilnetzberechnung für den Lkw-Verkehr wird in der Untersuchung der IVV 2004 im Einzelnen beschrieben. Die 1998/1999 fortgeschriebene Gesamtprognose aus dem Jahr 1996 und die Teilnetzberechnung aus dem Jahr 2004 beruhen danach zwar auf verschiedenen Ausgangsdaten. Dies führt aber nicht zur Fehlerhaftigkeit der Verkehrsprognose. Methodisch bedenklich wäre es nur, wenn die unterschiedlichen Datengrundlagen bei der Auswertung und Bewertung der zu verschiedenen Zeiten erstellten Prognosen nicht berücksichtigt worden wären. Dies ist nicht der Fall, wie sich aus dem von RegioConsult selbst zitierten Passus aus der Teilnetzberechnung der IVV von 2004 ergibt. Danach sind die bereits mit der Untersuchung 1998/1999 auf das Prognosejahr 2015 fortgeschriebenen Datenbestände aus dem Jahr 1998 für die Teilnetzberechnung übernommen, im Rahmen der Teilnetzberechnung 2003 verifiziert und die verifizierten Matrizen anhand der dann aktuellen bundesweiten Leitdatenprognosen auf das Prognose-Bezugsjahr fortgeschrieben worden. Für den Vorwurf, die IVV habe nicht bestätigte Rohdaten der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahr 2002 verwendet, fehlt es an der Darlegung, dass zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Prognose schon aufbereitete Daten vorlagen. Die BASt-Berichte über die Verkehrsentwicklung an den Bundesfernstraßen liegen regelmäßig erst mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa zwei Jahren vor. Die weitere Rüge, es sei anzunehmen, die Verkehrszellen der Bundesverkehrswegeplanung stellten eine zu grobe Datenbasis für die Berechnung der Verkehrsbelastung dar, bleibt spekulativ. Gleiches gilt für die Rüge, es sei nicht erkennbar, ob die Teilnetze zutreffend abgegrenzt worden seien.

80

Die den Verkehrsuntersuchungen der IVV zugrunde liegende Datenbasis ist entgegen der Kritik der Kläger nicht auf eine "isolierte Betrachtung" der drei Städte Essen, Bochum und Dortmund beschränkt. Wie der Fortschreibung der Untersuchung von 1998/1999 ausdrücklich zu entnehmen ist, hat die IVV ihren Untersuchungen nicht nur die Daten für diese drei Städte zugrunde gelegt, sondern die regionalisierten Informationen der Strukturdatenprognose 2015 des Bundesministeriums für Verkehr zur Beurteilung des Verkehrsraums Bochum/Essen mit 2,676 Mio. Einwohnern sowie des Gesamtraums des Ruhrgebiets mit 10,142 Mio. Einwohnern herangezogen. Damit ist entgegen der Kritik von RegioConsult auch das in die Untersuchungen einbezogene Umlandnetz (noch) hinreichend genau bestimmt. Dass die Untersuchungen die regionalen Verkehrsbeziehungen berücksichtigt haben, hat zudem der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung als "selbstverständlich" bezeichnet. Der Hinweis in der Untersuchung von IVV aus dem Jahr 1996 auf die besondere Bedeutung des vorgesehenen vollständigen sechsstreifigen Ausbaus der Autobahnen A 1 und A 2 im Prognosefall bestätigt diese Aussage.

81

(3) Die Kritik der Klägerseite, die steigenden Pendlerströme im Ruhrgebiet seien nicht in der erforderlichen Weise berücksichtigt worden, überzeugt ebenfalls nicht. Zutreffend ist allerdings, dass die vom Beklagten in seiner schriftlichen Stellungnahme auf den Fragenkatalog des Gerichts als Grundlage der Ermittlung der Pendlerströme angegebene Ausarbeitung über die deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen aus dem Jahr 2007 nur bei den nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose durch die IVV Eingang gefunden haben kann. Dies bedeutet aber nicht, dass für die Berechnung der Pendlerströme in den dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Prognosen kein ausreichendes Datenmaterial vorgelegen hätte und insoweit ein Ermittlungsdefizit bestünde. So sind die Pendlerbewegungen auch in der Verkehrsprognose 2015 ausführlich behandelt und berücksichtigt worden. Der Gutachter des Beklagten Dipl.-Ing. B. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass zur Erfassung der Pendlerströme die speziellen Pendlerstatistiken der Bundesagentur für Arbeit herangezogen würden. Dass diese für die Entwicklung der Pendlerströme im Ruhrgebiet aussagekräftige Daten liefern, haben die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 9. Juli 2009 selbst so gesehen und sich auf diese bezogen.

82

(4) Ein methodischer Mangel liegt auch nicht bei der Bewertung des sogenannten induzierten Verkehrs vor.

83

(a) Soweit es um infolge einer Straßenbaumaßnahme erfolgte Umstrukturierungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt und deren Rückwirkungen auf das Verkehrsnetz (sekundär induzierter Verkehr) geht, überzeugt der vom Sachbeistand S. der Kläger in der mündlichen Verhandlung wiederholte Vorwurf, diese Änderungen seien nicht ausreichend erfasst worden, nicht. Dass durch eine verbesserte Straßeninfrastruktur bedingte Änderungen der Ziel- und Standortwahl und hierdurch hervorgerufene siedlungsstrukturelle Änderungen mit ihren Rückwirkungen auf das Verkehrsaufkommen in den umfangreichen bundesweiten Strukturdatensammlungen regelmäßig Berücksichtigung finden, hat der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Rahmen seiner allgemeinen Darlegungen mit der beispielhaften Aufzählung von bei der Zusammenstellung der Strukturdaten berücksichtigten Themen und dem Hinweis, es würden alle für die Verkehrsentwicklung relevanten Faktoren bis hin zu den vorherrschenden Wertehaltungen in der Gesellschaft erfasst, anschaulich verdeutlicht.

84

(b) Die Verkehrsuntersuchungen der IVV haben den unmittelbar durch das Vorhaben selbst hervorgerufenen zusätzlichen Verkehr ohne Verkehrsverlagerungen und Verkehrsumlenkungen (primär induzierter Verkehr) bei der Prognose des zukünftigen Verkehrsaufkommens als zu vernachlässigende Größe behandelt. Der Beklagte hat zur Begründung seiner Einschätzung auf Berechnungen für eine große Zahl von Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans mit im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung entwickelten pauschalierten Zuschlagsfaktoren verwiesen (vgl. auch Sachverständigenrat für Umweltfragen, Sondergutachten Umwelt und Straßenverkehr BTDrucks 15/5900 S. 77), wonach der (primär) induzierte Mehrverkehr einen Wert von 0,5 % nicht übersteige. Es könne daher hinreichend verlässlich davon ausgegangen werden, dass eine Einbeziehung dieser Mengen in die Verkehrsuntersuchung die Aussagen der Gutachter kaum beeinflussen würde. Dass diese Einschätzung unvertretbar wäre, vermag der Senat auch unter Berücksichtigung der umfänglichen Kritik der Kläger nicht festzustellen.

85

Diese rügen eine nicht mehr dem Stand der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende Marginalisierung des induzierten Verkehrs. Hierfür stützen sie sich insbesondere auf das Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen und die dort erwähnten Untersuchungen zum induzierten Verkehr. Gleichzeitig kritisieren sie den im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen für die Bundesverkehrswegeplanung von mehreren Forschungseinrichtungen erstellten Endbericht "Induzierter Verkehr - Verfahrensanpassung, Anwendungsfälle und Zuschlagfaktoren" vom 30. August 2000 (Steinbeis-Gutachten) als auf veralteten Daten und unzutreffenden Annahmen beruhend.

86

(aa) Dass in der verkehrswissenschaftlichen Diskussion z.T. erheblich höhere Anteile des (primär) induzierten Verkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen diskutiert werden, rechtfertigt nicht den Schluss, die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Verkehrsprognose beruhe auf einer methodisch fehlerhaften Grundlage. Unterschiedliche methodische Ansätze sind, jedenfalls solange sich kein allgemein anerkannter fachlicher Standard durchgesetzt hat, ebenso hinzunehmen wie Unterschiede bei der Einschätzung von Ausmaß und Entstehungsgrund des induzierten Verkehrs. Völlig deckungsgleiche Ansichten sind in der wissenschaftlichen Diskussion von vornherein nicht zu erwarten. Schon deswegen lässt allein der Umstand, dass die von der Klägerseite in Bezug genommenen Untersuchungen den Anteil des induzierten Verkehrs höher einschätzen, als das im Planfeststellungsbeschluss der Fall ist, nicht den Schluss zu, das der Bundesverkehrswegeplanung zugrunde liegende Steinbeis-Gutachten leide unter einem methodischen Fehler. Dies gilt umso mehr, als die klägerseits zitierten internationalen Studien zum einen "auf der Basis unterschiedlicher Schätzmodelle und Datenquellen" erstellt wurden (Sachverständigenrat für Umweltfragen, Sondergutachten Umwelt und Straßenverkehr a.a.O. S. 75), zum anderen in den englischsprachigen Untersuchungen der Begriff des induzierten Verkehrs nicht einheitlich definiert und teilweise als Bestandteil des u.a. auch Verkehrsverlagerungen und -umlenkungen enthaltenden Begriffs des "generated traffic" angesehen wird (vgl. die auch im Sondergutachten zitierten Ausarbeitungen von Litman <2004/2010> S. 3 und Noland <2001> S. 3.). Die von den Klägern genannten Studien beschäftigen sich auch anders als das Steinbeis-Gutachten nicht speziell mit den besonderen Verkehrsverhältnissen auf den Bundesfernstraßen in Deutschland. Dass sie auf einer annähernd vergleichbar breiten Datengrundlage basieren wie die Ausarbeitung von Steinbeis, ist ebenfalls nicht erkennbar und nicht dargetan.

87

Auch die Kritik, das Steinbeis-Gutachten habe den in der Zielwahl freien Verkehr mit 7,7 % zu niedrig angesetzt, greift nicht durch. Die Grundannahme des Gutachtens, dass der Berufs- und Ausbildungsverkehr in der Zielwahl wie auch der Wahl der Häufigkeit der Fahrten weitgehend als vorgegeben anzusehen sei und daher im Wesentlichen nur der Freizeit- und Einkaufsverkehr als zusätzlich induzierter Verkehr in Betracht komme, ist angesichts der Verkehrsverlagerungen und -umlenkungen ausschließenden Definition des primär induzierten Verkehrs nachvollziehbar. Diese Überlegung wird auch nicht durch das vom Sachbeistand S. der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argument, der Ausbildungsverkehr sei in den letzten Jahren stark angestiegen, erschüttert. Es ist nicht erkennbar, dass der Ausbildungsverkehr einen erheblichen Anteil an Verkehr mit freier Zielwahl enthielte. Die Behauptung der Kläger, die Verkehrsanteile mit freier Zielwahl seien nur mit einem Fünftel des realistischen Wertes angesetzt, wird von ihnen nicht begründet. Entsprechendes gilt für die Bezugnahme der Kläger auf eine empirische Untersuchung zum Umfang des Neuverkehrs infolge des Ausbaus von Verkehrswegen in der Schweiz. Dass diese für das bundesdeutsche Autobahnnetz verwertbare Angaben über den der freien Zielwahl unterliegenden Freizeit- und Einkaufsverkehr enthält, legen die Kläger nicht dar; hierfür spricht auch nichts.

88

Dass das Steinbeis-Gutachten bei einzelnen der untersuchten Planfälle auf einen durch den induzierten Verkehr verursachten Zuwachs des durchschnittlichen täglichen Verkehrs werktags von 9 % kommt, der Planfeststellungsbeschluss den induzierten Mehrverkehr unter Hinweis auf den pauschalierten Ansatz der Bundesverkehrswegeplanung dagegen als zu vernachlässigende Größe behandelt, lässt ebenfalls nicht den Schluss auf einen methodischen Fehler bei Erstellung der Verkehrsprognose zu. So stehen in dem Gutachten den vier Planfällen mit einem auf den induzierten Verkehr zurückzuführenden Zuwachs zwischen (aufgerundet) 9 % bis 11,4 % fünfzehn Planfälle mit einem Zuwachs von zum Teil deutlich unter 1 % gegenüber. Bis auf einen Planfall betreffen die sehr hohen Zuwächse zudem Aus- und Neubauvorhaben bei Bundesstraßen und nicht - wie hier - Bundesautobahnen.

89

Soweit der Sachbeistand der Kläger in der mündlichen Verhandlung gerügt hat, der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sei überschätzt worden, hat er selbst darauf hingewiesen, dass der Grund hierfür in Vollzugsdefiziten der bestehenden Planungen liege. Dass diese durch den Vorhabenträger und den Beklagten hätten prognostiziert werden können, ist nicht dargelegt und nicht ersichtlich.

90

(bb) Mit der von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung übergebenen Stellungnahme von Hochschullehrern des Verkehrswesens an deutschsprachigen Universitäten wird ein Methodenfehler bei der Ermittlung des induzierten Verkehrs ebenfalls nicht dargetan. Die Stellungnahme kritisiert die gegenwärtig zur Bewertung von Investitionen in den Bau von Verkehrswegen zur Verfügung stehenden drei Bewertungsverfahren als unzureichend, weil in ihnen monetäre bzw. monetarisierbare Größen die entscheidende Rolle spielten. Der induzierte Verkehr und sein Anteil am Verkehrsgeschehen werden in der Stellungnahme nicht erwähnt.

91

Aussagen hierzu enthält dagegen die von den Klägern nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. Be. vom 26. Mai 2010. In ihr wird die der Ermittlung des induzierten Verkehrs im Rahmen der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2007 zugrunde liegende mathematische Formel, auf die der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch Überreichung von Auszügen der Verflechtungsprognose 2025 Bezug genommen hat, kritisiert. Auch diese Kritik vermag indes nicht zu überzeugen.

92

Abgesehen davon, dass die Kläger auch insoweit nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf das neue Vorbringen des Beklagten beantragt haben, und abgesehen davon, dass die Verflechtungsprognose 2025 dem Planfeststellungsbeschluss nicht zugrunde gelegen hat, hat Prof. Dr. Be. bei seiner Kritik an der verwendeten Berechnungsformel die in der Prognose vorgenommene Unterscheidung zwischen den generalisierten Kosten der Reise selbst und den generalisierten Kosten der mit der Reise beabsichtigten (Gesamt-)Aktivität außer Ansatz gelassen, ohne dies nachvollziehbar zu begründen. Die in der Verflechtungsprognose für die Berücksichtigung des Anteils der reinen Fahrtkosten an den Gesamtkosten der Reise gegebene Erklärung, Reisezeitverbesserungen führten nicht im gleichen Maß z.B. zu mehr Urlaubsreisen, da Urlaubsreisen insgesamt in der Regel wesentlich länger dauerten und teurer seien als die Fahrten vom und zum Urlaubsort, erscheint einleuchtend, zumindest aber vertretbar. Entsprechendes gilt für die weitere Überlegung, bei der Festlegung des Anteils der generalisierten Reisekosten müsse je nach Verkehrsmittel, Fahrtzweck und Entfernung der Reiseziele differenziert werden. Mit den genannten Kriterien sind Maßstäbe vorgegeben, die eine Plausibilitätsprüfung der vorgenommenen Differenzierungen zulassen. Der Vorwurf in der Stellungnahme von Prof. Dr. Be. vom 26. Mai 2010, die Bestimmung der generalisierten Kosten stehe im nicht nachvollziehbaren freien Belieben der Bearbeiter der Prognose, vermag daher ebenfalls nicht zu überzeugen.

93

(5) Die Kläger können mit ihrem Vorwurf, die einzelnen von der IVV vorgenommenen Rechenschritte und -operationen seien nicht nachvollziehbar und nicht nachprüfbar, so dass es sich letztlich um ein "black-box-Verfahren" handele, keinen Erfolg haben. Die Angriffe der Kläger gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und die Plausibilität der Ergebnisse sowohl der für die Verkehrsprognose selbst erstellten als auch der zu ihrer nachträglichen Überprüfung dienenden Gutachten haben sich sämtlich nicht als durchgreifend erwiesen. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil die einzelnen Rechenvorgänge nicht den Gutachten zu entnehmen sind. Der Gutachter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass angesichts des Umfangs von etwa 1000 mal 1000 Raumeinheiten unvorstellbar große Datenmengen entstünden, die nur computergestützt zu be- und verarbeiten seien. Es habe kaum Aussagekraft und Informationswert, seitenlange Rechenprotokolle vorzulegen. Dies leuchtet dem Senat ein. Hinzu kommt, dass nach den Erfahrungen des Senats in anderen straßenrechtliche Planfeststellungen betreffenden Verfahren von den Planfeststellungsbehörden bei entsprechender Nachfrage regelmäßig Einsicht sowohl in die weiteren von den Gutachtern erstellten und an die Vorhabenträger mit dem Ergebnis der Untersuchung ausgehändigten Unterlagen als auch in die computergestützten Berechnungen gewährt wird (und zu gewähren ist). Der Vorwurf, hinsichtlich der Rechenverfahren sei eine Nachvollziehbarkeit nicht gegeben, wäre daher allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Dass dies der Fall war, behaupten die Kläger selbst nicht.

94

Die von dem Büro RegioConsult angestellte Berechnung zur "Überprüfung der Lkw-Fernverkehrsmatrix" ist deswegen nicht aussagekräftig, weil sie nicht erkennen lässt, welche Methodik ihr zugrunde liegt, insbesondere, welche methodischen Modifikationen gegenüber der IVV-Berechnung von RegioConsult vorgenommen wurden.

95

(6) Der Umstand, dass sich der für die Querspange prognostizierte Lkw-Anteil in den Untersuchungen 1998/1999, 2004 und 2009 trotz anderer Ausgangsdaten kaum geändert hat, gibt keinen Anlass zu Zweifeln an der methodengerechten Vorgehensweise der IVV. Die Kläger haben ihre gegenteilige Auffassung darauf gestützt, dass sich die demografischen und strukturellen Leitdaten zwischen den Untersuchungen "vollständig geändert" hätten und der plötzliche Rückgang des auf dem Außenring prognostizierten Verkehrsaufkommens willkürlich erscheine. Dem folgt der Senat nicht.

96

Änderungen in den Leitdaten sind in den verschiedenen Untersuchungen der IVV berücksichtigt worden. Beispielhaft kann hier auf die Angaben über die demografische Entwicklung der Region Bochum und des Landes Nordrhein-Westfalen von 2007 bis 2025 in der Untersuchung von 2009 und die Angaben über die Entwicklung der Strukturdaten zwischen 2010 und 2015 in der Untersuchung von 1998/1999 verwiesen werden. Auch das reduzierte Verkehrsaufkommen auf dem Außenring in der Untersuchung von 2009 hat der Gutachter des Beklagten schlüssig zu erklären vermocht. Ursprünglich sei bei der Realisierung der "Bochumer Lösung" der großzügige Ausbau des vierstreifigen Außenrings mit einer Erweiterung des Querschnitts von 26 m auf den für Autobahnen nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q) geltenden Standardquerschnitt von 29,5 m vorgesehen gewesen. Hiervon sei zwischenzeitlich wegen der Kosten, die mit der erforderlichen Aufweitung des vorhandenen Tunnelbauwerks auf dem Ring verbunden gewesen wären, Abstand genommen worden. Dies sei erst bei den Berechnungen 2009 berücksichtigt worden. Eine Erweiterung des Querschnitts auf 29,5 m führe zu einer Kapazitätserhöhung um etwa 10 %.

97

Die in der mündlichen Verhandlung als weiterer Grund für die Übereinstimmung der Lkw-Anteile abgegebene Erklärung des Gutachters, die Querspange laufe bis an die Kapazitätsgrenze von etwa 10 000 Lkw/24 h mit Verkehr voll, ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht unhaltbar. Dass auf der ebenfalls vierstreifig ausgebauten A 40 bei der Dauerzählstelle 4508/5113 im Jahr 2007 ein Lkw-Aufkommen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t von 11 574 gezählt worden sei, belegt dies nicht. Es ist schon nicht dargelegt, dass vergleichbare Querschnittsverhältnisse, wie sie für die Prognose im Jahr 2009 zugrunde gelegt wurden, für die Dauerzählstelle im Jahr 2007 galten. Die Heranziehung der Ergebnisse der Dauerzählstelle 4508/5113 in der Untersuchung 2004 erfolgte noch in der Annahme eines weiteren Ausbaus des Außenrings. Im Übrigen ist die Betrachtung der Zählstelle im Rahmen der Kalibrierung des Modells nicht auf ein Jahr beschränkt gewesen, sondern hat sich über einen Zeitraum von acht Jahren erstreckt. Zudem sind sowohl in dieser Untersuchung als auch in der Untersuchung 2009 nicht nur die Daten dieser Zählstelle, sondern alle für das Untersuchungsgebiet relevanten Daten der Straßenverkehrszählung 2005 ausgewertet worden. Der Gutachter des Beklagten hat schließlich darauf hingewiesen, dass für die rechnerische Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Verkehrsverbindung nicht isolierte Tageswerte, sondern statistische Vergleiche anhand der von der BASt vorgegebenen Systematik und der RAS-Q heranzuziehen und den Berechnungen zugrunde zu legen seien. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Ermittlung der Beurteilungspegel nach der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erfolgt rechnerisch und orientiert sich nicht an den möglichen Spitzenbelastungen der Verkehrswege (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 37). Dies ist unbedenklich. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV für Gebiete, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, stellen sicher, dass es auch in Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nicht zu Gesundheitsgefahren kommt (Urteil vom 20. Mai 1999 - BVerwG 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555 <559> § 17 fstrg nr. 154 nicht abgedruckt>).

98

(7) Den von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vorsorglich gestellten Beweisanträgen auf Einholung von Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass die Prognosebelastung für das Jahr 2015 bzw. 2025 um mindestens 15 bzw. 20 % höher anzusetzen und aufgrund dessen auf der Querspange mit erhöhter Stauanfälligkeit zu rechnen sei, musste der Senat nicht nachkommen.

99

Liegen bereits Gutachten oder Auskünfte zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts, ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt; das Tatsachengericht kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen (Beschluss vom 23. August 2006 - BVerwG 4 A 1067.06 - juris Rn. 6 m.w.N.). Eine Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht nur dann, wenn sich die fehlende Eignung der vorliegenden Gutachten aufdrängt. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 4. Januar 2007 - BVerwG 10 B 20.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 Rn. 12 und vom 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 4 m.w.N.). Dies ist nicht der Fall. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, halten die Verkehrsprognosen der umfangreichen, in der mündlichen Verhandlung und mit dem nachgereichten Schriftsatz vertieften Kritik der Kläger stand. Der Senat hat auch keinen Anlass, an der Sachkunde und Unparteilichkeit der IVV zu zweifeln. Die Ingenieurgruppe IVV ist ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfügt. Auch am Sachverstand und an der Unvoreingenommenheit des in der mündlichen Verhandlung ausführlich befragten und mit der Kritik an den Untersuchungen konfrontierten Gutachters Dipl.-Ing. B. hat der Senat keinen Zweifel. Anlass, dem Beklagten - wie von den Klägern gewünscht - aufzugeben, sämtlichen Schriftverkehr mit der IVV vorzulegen, hat der Senat daher nicht gesehen. Soweit in der Begründung des aktualisierten Beweisantrags mit Bezug auf die Verkehrsuntersuchung 2009 der IVV von einem groben und offensichtlichen Mangel und einer willkürlichen Sachverhaltswürdigung gesprochen wird, weil für den Außenring von der IVV reduzierte Verkehrsmengen eingesetzt wurden, hat der Gutachter Dipl.-Ing. B. dies - wie gerade dargestellt - mit der Veränderung des Straßenquerschnitts nachvollziehbar erklärt. Es besteht daher auch nicht der im Beweisantrag gerügte unlösbare Widerspruch im Gutachten.

100

b) Der Beklagte hat, aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose, die Lärmbelastung der Bevölkerung im Allgemeinen und diejenige der Kläger im Besonderen mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Mängel, die auf das Planungskonzept durchschlagen könnten, sind unter diesem Gesichtspunkt nicht ersichtlich. Das Vorgehen des Beklagten entspricht der Verkehrslärmschutzverordnung. Diese verweist für Straßen auf ihre Anlage 1. Dort wird wiederum auf die Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen, Ausgabe 1990 (RLS-90) Bezug genommen.

101

(1) Die Kläger verkennen nicht, dass die Maßgaben für die Berechnung der Beurteilungspegel in der Anlage zur 16. BImSchV und der dortigen Bezugnahmen auf Kapitel 4.0 der RLS-90 von der Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der Lärmbelastung der Anwohner des Vorhabens zu beachten sind. Sie meinen jedoch, angesichts neuerer Erkenntnisse zu den Entstehungs- und Beeinflussungsmechanismen von Lärm genüge es nicht, sich ausschließlich und buchstabengetreu auf die Verkehrslärmschutzverordnung und die RLS-90 zu stützen. Dem kann nicht gefolgt werden.

102

Ziel der Verordnung und der RLS-90 ist es, Vorschriften für die Berechnungsverfahren zur quantitativen Darstellung der Lärmbelastung von Straßenbauvorhaben zur Verfügung zu stellen. Dadurch sollen die Planfeststellungsbehörden und andere Anwender der Richtlinien in die Lage versetzt werden, aufgrund einheitlicher, auf Erfahrungswerten beruhender Verfahrensvorgaben Aussagen zur Berücksichtigung und Abwägung der Belange des Lärmschutzes bei Straßenplanungen zu treffen, den Nachweis der Erforderlichkeit von Lärmschutzmaßnahmen zu führen, wirtschaftliche und wirkungsvolle Lösungen für den Lärmschutz zu entwickeln und Lärmschutzmaßnahmen zu bemessen und zu optimieren (so ausdrücklich RLS-90, Kapitel 1.0). Ausgehend hiervon ist eine einzelfallbezogene Modifikation der Berechnungsverfahren weder in der Richtlinie selbst noch in der Verkehrslärmschutzverordnung vorgesehen. Eine solche wäre methodisch problematisch und würde dem Regelungsauftrag an den Verordnungsgeber, für Rechtssicherheit und Gleichbehandlung bei der Beurteilung von Verkehrsimmissionen zu sorgen, zuwiderlaufen (vgl. zum Regelungsauftrag BVerfG, Beschluss vom 30. November 1988 - 1 BvR 1301/84 - BVerfGE 79, 174 <193 f.>). Dieser Auftrag verlangt im Gegenteil, dass sich Lärmbegutachtungen strikt an die Vorgaben der Verordnung und der in Bezug genommenen Richtlinien halten (Urteil vom 20. Dezember 2000 - BVerwG 11 A 7.00 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 36 S. 90).

103

Die von den Klägern vorgetragenen Argumente liefern keinen Grund für die Annahme, die Verkehrslärmschutzverordnung und die dort in Bezug genommenen RLS-90 seien nicht (mehr) ermächtigungskonform. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht dem Verordnungsgeber bei der Festlegung von Immissionsgrenzwerten, die eine abstrakt-generelle Abwägung widerstreitender Interessen erfordert, ein erheblicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der sich auch auf das Verfahren zur Ermittlung der Immissionsbelastung erstreckt (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 38, vom 3. März 1999 - BVerwG 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 S. 25, vom 20. Dezember 2000 a.a.O. S. 89 und vom 14. November 2001 - BVerwG 11 A 31.00 - BVerwGE 115, 237 <242>). Vereinfachungen und Pauschalierungen sind dabei zulässig, auch wenn diese dazu führen, dass der tatsächliche Lärmpegel zu bestimmten Zeiten höher, zu anderen Zeiten niedriger als der Grenzwert liegt (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - a.a.O. S. 37 ff.). Der Wertungsspielraum wird erst dann überschritten, wenn die rechnerisch ermittelte Lärmbelastung die Wirklichkeit nicht oder nur noch völlig unzulänglich abbildet (Urteile vom 3. März 1999 a.a.O. und vom 20. Dezember 2000 a.a.O. S. 89).

104

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Anwendung des Berechnungsverfahrens der Verkehrslärmschutzverordnung i.V.m. der RLS-90 nicht zu beanstanden. Offensichtliche Mängel, die Zweifel an der grundsätzlichen Eignung des Berechnungsverfahrens begründen könnten, die voraussichtliche Lärmbelastung wirklichkeitsnah abzubilden, liegen nicht vor.

105

Der Rüge der Kläger, Motorräder würden in der Verkehrslärmschutzverordnung und den Lärmberechnungen nach den RLS-90 nicht berücksichtigt, trifft nicht zu. Die Kläger übersehen, dass Motorräder zu den Kraftfahrzeugen gehören und daher Eingang in die Verkehrszählungen ebenso wie in die Berechnung der Verkehrsstärken finden und damit im gleichen Umfang wie Pkw berücksichtigt werden. Dass sie trotz eines ähnlich lauten Motorengeräusches nicht mit den Lkw gleichgestellt und gesondert berücksichtigt werden, erklärt sich aus den nicht vergleichbaren Fahrleistungen von Lkw und Motorrädern. Der von den Klägern selbst zitierte Artikel weist darauf hin, dass der Anteil der Motorräder über das Jahresmittel relativ gering sei.

106

Mit ihren weiteren Kritikpunkten - unzureichende Berücksichtigung von Impulsgeräuschen und Reflexionen bei Brückenbauwerken, von Geräuschen des Lkw-Verkehrs im tiefen Frequenzspektrum und der Geräuschentwicklung an Knotenpunkten - zeigen die Kläger ebenfalls nicht auf, dass die ermittelte Lärmbelastung die Wirklichkeit nur noch völlig unzureichend abbildet. Die Kläger müssen es hinnehmen, dass die Verkehrslärmschutzverordnung nur bestimmte, vom Verordnungsgeber für die Geräuschentwicklung als besonders gewichtig angesehene Parameter in Form besonderer Lärmzuschläge berücksichtigt. Die Grenze gesundheitlicher Gefahren wird durch die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, nicht erreicht. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit enthält die Regelung der Grenzwerte ausreichende Reserven (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - a.a.O. S. 39).

107

(3) Entgegen der Ansicht der Kläger bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes keine durchgreifenden Bedenken gegen das Berechnungsverfahren. Die Grenze der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers bei der Festlegung der Grenzwerte und der Ausgestaltung der Lärmbelastungsermittlung ist erst dann erreicht, wenn das von ihm vorgegebene Berechnungsverfahren eine Lärmbelastung zulässt, die evident mit dem angestrebten Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen unvereinbar wäre, z.B. weil sie zu Gesundheitsgefahren führen könnte. Dies gebietet die in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltene Gewährleistung. § 41 Abs. 1 und § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ermächtigt den Verordnungsgeber nicht, durch seine Berechnungsverfahren grundrechtswidrige Eingriffe zuzulassen (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <10>). Diesen Maßstab verfehlen die Kläger mit ihren Ausführungen zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Diskussionen in der Lärmwirkungsforschung ebenso wie mit dem Hinweis auf die Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (ABl EG Nr. L 189 S. 12) und weitere gesetzliche Regelungen zum Gesundheitsschutz. Dass insbesondere unter Vorsorgegesichtspunkten gesundheitliche Auswirkungen von Lärmeinflüssen erforscht und niedrigere Grenzwerte diskutiert und für erstrebenswert erachtet werden, lässt nicht den Schluss zu, die Verkehrslärmschutzverordnung sei offensichtlich ungeeignet, den von Verfassungs wegen gebotenen Gesundheitsschutz zu gewährleisten (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 308 ff.).

108

(4) Die Kritik an der Art und Weise der Durchführung der lärmtechnischen Untersuchungen erschöpft sich in Vermutungen und Fragen. Dies genügt nicht, um die Lärmprognose zu erschüttern. Im Planfeststellungsbeschluss wird im Einzelnen dargelegt, dass bei den lärmtechnischen Berechnungen neben der zukünftigen Verkehrsbelastung einschließlich des Lkw-Anteils alle nach den normativen Vorgaben bedeutsamen Sachverhalte wie Geschwindigkeit, Lage der Autobahntrasse, Steigung, Straßenoberfläche, Reflexions- und Abschirmeffekte durch vorhandene Bebauung berücksichtigt worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 91 f.).

109

(5) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Kläger, die für den angeordneten lärmmindernden Belag angesetzten Korrekturwerte könnten nicht erreicht werden. Auszugehen ist von den Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser ordnet die Aufbringung eines Straßenbelages an, der sicherstellt, dass auf den durchgehenden Fahrbahnen ein Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) und auf den Fahrbahnen der Verbindungsrampen und der Anschlussstellenäste ein Korrekturwert DStrO von - 2 dB(A) erreicht wird. Welche Beläge zu verwenden sind, regelt der Planfeststellungsbeschluss nicht, sondern überlässt diesen für die Abwägung unerheblichen Aspekt der Bauausführung durch den Vorhabenträger.

110

Darüber hinaus wird der Vorhabenträger zugunsten der Anwohner für den Fall, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen sollten ("erforderlichenfalls"), verpflichtet, durch zusätzliche Maßnahmen, gegebenenfalls auch im Wege eines ergänzenden Planfeststellungsverfahrens, die Einhaltung der in der lärmtechnischen Berechnung genannten Pegelwerte bzw. der Immissionsgrenzwerte sicherzustellen. Der Planfeststellungsbeschluss gibt damit den Anwohnern eine vom Vorhabenträger einzulösende Lärmschutzgarantie.

111

Das Lärmschutzkonzept verlangt vom Vorhabenträger nichts bautechnisch Unmögliches; insbesondere sind die angesetzten Korrekturwerte erreichbar. Die Kläger weisen zwar auf eine Reihe technischer Schwierigkeiten bei Einbau, Unterhaltung und Erneuerung offenporigen Asphalts hin und werfen dem Beklagten vor, diese nicht hinreichend beachtet zu haben. Dass bei fachgerechter Bauausführung die vorgegebenen Lärmminderungswerte nicht erreicht werden können, ist damit jedoch nicht schlüssig dargetan. Soweit die Kläger kritisieren, in den "Einfädelungsbereichen" könne wegen der besonderen Belastungen nur Splittmastixasphalt zum Einsatz kommen, der einen deutlich geringeren Korrekturwert als offenporiger Asphalt besitze, übersehen sie, dass für die Verbindungsrampen und Anschlussäste niedrigere Korrekturwerte, die den Einsatz von Splittmastixasphalt erlauben, ausdrücklich vorgesehen sind. Auch die aus der erwähnten Lärmschutzgarantie ableitbare Verpflichtung des Vorhabenträgers, die Wirksamkeit des lärmmindernden Belags laufend zu kontrollieren und gegebenenfalls den Belag auszubessern oder sogar zu erneuern, berücksichtigen die Kläger bei ihrer Kritik nicht. Nicht zu überzeugen vermag ferner die Rüge, offenporiger Asphalt könne die tieffrequenten Geräusche von Lkw-Reifen nicht ausreichend mindern. Eine Unterscheidung zwischen lärmmindernden Faktoren von Lkw und Pkw bei der Berechnung des Gesamtbeurteilungspegels schlägt die von den Klägern selbst zitierte Untersuchung von Faulhammer/Richter ("Neue Messungen und Berechnungen zur Wirksamkeit von offenporigen Straßendeckschichten", November 2000) erst bei einem nennenswerten Lkw-Anteil von mehr als 20 % vor. Der prognostizierte Lkw-Anteil für die Querspange liegt in allen Untersuchungen des Verkehrsaufkommens darunter.

112

Für die Befürchtungen der Kläger, es könnten die Korrekturwerte bautechnisch nicht erreicht und nicht auf Dauer garantiert werden, spricht auch sonst nichts. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 25 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Nach den Angaben des Beklagten erreichen moderne einschichtige offenporige Straßenbeläge anfängliche Lärmminderungen von - 8 dB(A) und zweischichtige von mehr als - 9 dB(A). Dies stimmt mit den Ergebnissen von Studien überein, die in der Abhandlung von Faulhammer/Richter ausgewertet werden. Demgegenüber werden im Planfeststellungsbeschluss lediglich Korrekturwerte von - 2 und - 5 dB(A) gefordert. Angesichts der damit vorhandenen Reserven hat der Senat keine Zweifel, dass der angesetzte Korrekturwert auch bei Berücksichtigung der voraussehbar starken verkehrlichen Belastung der Querspange erreicht werden kann. An Gewicht verliert bei der zu erwartenden hohen Anfangswirkung auch das von den Klägern angeführte Argument, es könne nicht von einer ausreichenden Langzeitwirkung des lärmmindernden Belags ausgegangen werden. Abgesehen davon greift bei einem relevanten, durch eine entsprechende Messung festgestellten (vgl. zum Messverfahren: Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Heft l S. 57) Verlust des Wirkungsgrades des Straßenbelags die Sicherstellungsgarantie des Planfeststellungsbeschlusses, die auch bedeuten kann, den Straßenbelag erneuern zu müssen.

113

(6) Die Rüge der Kläger, auch für die Bauphase sei kein genügender Schutz vor unzumutbarem Lärm getroffen worden, was insbesondere den Kläger zu 8 und seine Familie belaste, wird dem Planfeststellungsbeschluss nicht gerecht. Darin ist festgelegt, dass der Baustellenverkehr überwiegend im Trassenverlauf abgewickelt und nur soweit dies nicht möglich ist, das öffentliche Straßennetz vorübergehend in Anspruch genommen werden soll (Nr. 5.3.14.5). Dies stellt der Sache nach eine verbindliche Vorgabe für den Vorhabenträger dar. Die Befürchtungen der Kläger, ein Großteil des Schwerlastverkehrs während der Erdarbeiten für die Trasse werde über die Höfestraße abgewickelt, sind daher nicht begründet.

114

(7) Der Planfeststellungsbeschluss und der Planergänzungsbeschluss haben die Anwendung der Verkehrslärmschutzverordnung auf den Kläger zu 13 mit zutreffender Begründung verneint. Wie sich aus § 1 der 16. BImSchV und der Entstehungsgeschichte der Verordnung ergibt, ist für deren Anwendbarkeit allein der von dem zu bauenden oder zu ändernden Abschnitt ausgehende Lärm maßgeblich. Lärm, der aufgrund der baulichen Veränderung des Verkehrsweges an anderer Stelle im Verkehrsnetz auftritt, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <155>). Dies gilt auch dann, wenn die Lärmsteigerungen durch ein Vorhaben bedingt sind, das zusammen mit weiteren Vorhaben Teil einer räumlichen und konzeptionellen Gesamtplanung ist. Mittelbare Auswirkungen eines Teilvorhabens sind auch unter diesen Voraussetzungen nur dann in die Berechnungen nach der Lärmschutzverordnung einzubeziehen, wenn sie auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke des anderen Teilvorhabens entstehen (Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <339 f.>). Nimmt als Folge eines Vorhabens der Verkehr auf einer anderen, vorhandenen Straße zu, ist allerdings der von ihr ausgehende Lärmzuwachs im Rahmen der Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG zu berücksichtigen, wenn er mehr als unerheblich ist und ein eindeutiger Ursachenzusammenhang zwischen dem Vorhaben und der zu erwartenden Verkehrszunahme auf der anderen Straße besteht. Dieser Vorgabe trägt die Abwägung aber bereits dann Rechnung, wenn den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse genügt wird, wofür es ausreicht, die Immissionsgrenzwerte für Dorf- und Mischgebiete einzuhalten (Urteil vom 17. März 2005 a.a.O. S. 157 f.). Diese werden bezüglich des Klägers zu 13 deutlich unterschritten.

115

c) Das Vorhaben wirft keine Probleme für die Luftqualität auf, die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss hätten bewältigt werden müssen.

116

Die Einhaltung der Grenzwerte der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) stellt keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Vorhabens dar. Rechtlicher Maßstab zur Beurteilung der mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen der Luftqualität ist vielmehr das planungsrechtliche Abwägungsgebot.

117

Die Grenzwerte, die die Verordnung für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel, Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft festlegt, stehen in engem Zusammenhang mit dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 11 der 22. BImSchV). Mit diesem System hat der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber in Umsetzung der Vorgaben gemeinschaftsrechtlicher Luftqualitätsrichtlinien einen abgestuften Regelungsmechanismus vorgesehen, der Grenzwertüberschreitungen immissionsquellenunabhängig begegnen soll. Die durch das Gemeinschaftsrecht gewährte Freiheit, zwischen den zur Einhaltung der Grenzwerte geeigneten Mitteln zu wählen, wird durch die Regelungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der 22. BImSchV jedoch nicht beschränkt. Sie schließt grundsätzlich eine Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde aus, die Einhaltung der Grenzwerte vorhabenbezogen zu garantieren (Urteile vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 - BVerwGE 121, 57 <61>, vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 <28> und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 115).

118

Das planungsrechtliche Abwägungsgebot erfordert aber, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Luftqualität in der Planfeststellung zu berücksichtigen. Der Vorhabenträger ist grundsätzlich gehalten, die durch die Planungsentscheidung geschaffenen Konflikte zu bewältigen. Die Konfliktbewältigung kann allerdings auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlichen Regelungen beruhenden Verfahren überlässt. Das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebotes ist erst verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen, wie sie zum Beispiel an zentralen Verkehrsknotenpunkten gegeben sein können (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. S. 29 m.w.N.).

119

Diesen Grundsätzen wird der Planfeststellungsbeschluss gerecht.

120

(1) Das Vorgehen des Ingenieurbüros Lohmeyer GmbH u. Co. KG in den Schadstoffuntersuchungen vom März 2003 und Juli 2004, sich auf eine Prognose der durch den Straßenverkehr erzeugten Schadstoffe zu konzentrieren, begegnet keinen Bedenken (vgl. Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201 Rn. 118 ).

121

Während die nach dem Prognoseverfahren PROKAS und unter Verwendung des vom Umweltbundesamt herausgegebenen Handbuchs für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs durchgeführten Untersuchungen für Benzol zu dem Ergebnis gelangen, die Grenzwerte würden bei weitem nicht erreicht werden, stellen sie für Stickstoffdioxid teilweise deutliche Belastungen fest. Vor allem im östlichen Planungsabschnitt, insbesondere im Einmündungsbereich der B 226, komme es beim Jahresmittelwert zu flächenhaft ausgeprägten Bereichen mit deutlichen NO2-Belastungen und Grenzwertüberschreitungen, ohne dass allerdings Wohnnutzung betroffen sei. Der Grenzwert für die NO2-Kurzzeitbelastung werde dagegen nicht erreicht. Der Jahresmittelwert für PM10 wird den gutachterlichen Berechnungen nach in keinem Abschnitt des Vorhabens erreicht. Hingegen geht das Gutachten davon aus, dass der Tagesmittelwert an der nächstgelegenen Bebauung überwiegend eingehalten, aber teilweise erreicht wird. Auf dieser Grundlage besteht kein Handlungsbedarf, dem bereits in der Planfeststellung Rechnung getragen werden muss. Die Zusatzbelastung liegt zwar bei dem Jahresmittelwert für NO2 und dem Tagesmittelwert für PM10 teilweise im kritischen Bereich. Mit deutlichen Grenzwertüberschreitungen, die eine Problemlösung schon im Planfeststellungsbeschluss erfordert hätten, ist aber nicht zu rechnen. Zum einen sind die Grenzwertüberschreitungen im unmittelbaren Trassenbereich lokalisiert, in dem keine Beeinträchtigung von Wohngrundstücken droht. Zum anderen bestehen keine besonderen örtlichen Verhältnisse, die die Eignung von Maßnahmen der Luftreinhaltung zur Bewältigung der Gesamtbelastung ausschließen und daher ebenfalls schon eine Problemlösung in der Planfeststellung hätten gebieten können.

122

(2) Die Einwände der Kläger gegen die Ermittlung der dem Vorhaben zuzurechnenden Schadstoffkonzentrationen und damit gegen die Grundlage dieser Beurteilung greifen nicht durch.

123

(a) Der Kritik der Kläger, das für die lufthygienischen Untersuchungen verwendete Prognoseverfahren PROKAS, das seinerseits auf der VDI-Richtlinie 3782 Bl. 1 aufbaut, weise als Ausbreitungsmodell nach dem Gaußansatz Anwendungsgrenzen (Beschränkungen bei Quellhöhe, Quellentfernung sowie Rauigkeit, Nichtberücksichtigung von Kurzzeitüberschreitungswerten) auf, die es für die Schadstoffuntersuchung im Rahmen von Straßenplanungen ungeeignet machten, ist nicht zu folgen. Der Gutachter des Beklagten Dipl.-Geogr. N. vom Ingenieurbüro Lohmeyer hat in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass das Gaußsche Fahnenmodell, das der VDI-Richtlinie 3782 Bl. 1 zugrunde liegt, auf Punktquellen zugeschnitten ist. Das Modell sei aber durch das Büro Lohmeyer so modifiziert worden, dass es auch bodennahe Linienquellen erfassen könne. Entsprechend hatte sich das Büro Lohmeyer bereits in seiner der Klageerwiderung beigefügten Stellungnahme vom 23. Juni 2008 geäußert. Anhaltspunkte dafür, dass die Modifikationen des Ausbreitungsmodells zum Zweck der Bestimmung von Schadstoffimmissionen durch den Straßenverkehr nicht möglich oder methodisch nicht fachgerecht erfolgt sind, liegen nicht vor. Solche haben auch die Kläger nicht aufgezeigt. In ihrer überarbeiteten Beweisantragsbegründung wiederholen sie lediglich die Rüge, die nach der VDI-Richtlinie 3782 Bl. 1 vorgegebenen Anwendungsgrenzen würden nicht beachtet.

124

Die Verwendung eines modifizierten Ausbreitungsmodells wird entgegen der Ansicht der Kläger durch die 22. BImSchV nicht ausgeschlossen. Die Anlage 1 zur 22. BImSchV enthält weder Vorgaben darüber, nach welchen Methoden die nach § 10 Abs. 2 und 3 der Verordnung vorgeschriebenen Messungen zur Beurteilung der Schadstoffkonzentrationen und der Luftqualität vorzunehmen sind, noch legt sie ein bestimmtes Verfahren bei der Anfertigung von Schadstoffprognosen im Rahmen von Planungsverfahren fest. Dass das Verfahren PROKAS in besonderer Weise geeignet ist, Lärmschutzbauten typisierend zu erfassen, und deswegen dem Verfahren nach MLuS in diesen Fällen vorzuziehen ist, hat der Senat bereits in einem früheren Verfahren festgestellt (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 Rn. 110 ).

125

Es trifft auch nicht zu, dass das Ingenieurbüro Lohmeyer das Ausbreitungsmodell für das streitgegenständliche Vorhaben selbst für ungeeignet hielte. Die von den Klägern für diesen Einwand zitierte Ausarbeitung eines Mitarbeiters des Ingenieurbüros Lohmeyer zu so genannten Hotspots gibt für eine solche Aussage nichts her. Das dort erläuterte Beispiel aus Dresden betrifft den Ausbau einer innerörtlichen Straße, die eine "zweiseitig dichte Randbebauung" (S. 20 der Präsentation) als relevante Bebauung aufweist und deshalb eine andere Bebauungssituation betrifft, als sie vorliegend überwiegt. Dass bedeutsame klimarelevante Landschaftsgliederungen im Untersuchungsgebiet existieren, ist aus den Planunterlagen nicht erkennbar und durch den pauschalen Hinweis der Kläger auf "Nebellöcher" an der Schattbachstraße nicht substantiiert dargetan. Letztere führen auch für sich nicht zu erhöhten Immissionsansammlungen, sondern, wie aus der Stellungnahme des Ingenieurbüros Lohmeyer vom 23. Juni 2008 hervorgeht, nur bei bodennahen Emittenten in den Muldenlagen. Hierzu zählen die vorhandenen Straßen nicht.

126

Der Vorwurf, bei der Ermittlung der Vorbelastung werde bei dem Verfahren PROKAS die durch den vorhandenen Straßenverkehr hervorgerufene Belastung nicht berücksichtigt, beruht auf einem Missverständnis. Wie aus Ziffer 4 der Untersuchung des Ingenieurbüros Lohmeyer aus dem Jahr 2004 und aus der Stellungnahme vom 23. Juni 2008 hervorgeht, werden neben Immissionen aus Industrie und Hausbrand auch die Belastungen des Straßenverkehrs auf dem vorhandenen Straßennetz, einschließlich des weiter entfernt fließenden Verkehrs berücksichtigt. Lediglich die Verkehrsemissionen auf dem geplanten neuen Straßenabschnitt und den zuführenden, querenden und parallel verlaufenden Straßenabschnitten werden als Zusatzbelastung gesondert und zusätzlich zu der vorhandenen allgemeinen Vorbelastung erfasst. Ein gesonderter Rechenschritt, der die Vorbelastung um den Verkehrsanteil des betrachteten Straßennetzes bereinigt, erfolgt danach nicht. Eine solche Herausrechnung ist auch nicht erforderlich. Wie der Gutachter des Beklagten Dipl.-Geogr. N. bereits im Anhörungstermin verdeutlicht hat, geht es bei der Bestimmung der Vorbelastung um die Ermittlung der Immissionsbelastung des Untersuchungsgebietes durch die Auswertung von Daten vorhandener Messstationen, wobei die Quellen der gemessenen Emissionen nicht im Einzelnen unterschieden werden können. Zu dieser großräumigen, auch die Emissionen des Straßenverkehrs beinhaltenden Vorbelastung wird die rechnerisch ermittelte Zusatzbelastung addiert und so die Gesamtbelastung gebildet.

127

Die Eignung des Verfahrens PROKAS wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kurzzeitbelastungen von NO2 und PM10 nicht mit dem gleichen Berechnungsverfahren wie die Jahresmittelwerte berechnet werden können. Das Ingenieurbüro Lohmeyer weist in seiner Untersuchung vom Juli 2004 darauf hin, dass aufgrund der linearen Abhängigkeit der Kurzzeitwerte von den Jahresmittelwerten und vorhandenen Messdaten insoweit die Möglichkeit einer zuverlässigen alternativen Berechnung bestehe. Dies entspricht der Vorgehensweise nach dem MLuS 02 und ist nicht zu beanstanden (vgl. MLuS 02 S. 11, Bild 3.2.2; Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 18 S. 95).

128

(b) Die Kritik der Kläger an den Einsatzfaktoren der Luftschadstoffgutachten rechtfertigt ebenfalls keine rechtlichen Beanstandungen.

129

Da für die Vorbelastung im Untersuchungsgebiet Messdaten nicht zur Verfügung standen, war es sachgerecht, auf die über Jahre hin erhobenen Messdaten anderer geeigneter Messstationen zurückzugreifen; angesichts dieser verfügbaren Daten war die Durchführung eigener, jahrelanger Messungen an Ort und Stelle vom Vorhabenträger nicht zu fordern (Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - a.a.O. Rn. 126 und vom 12. August 2009 a.a.O. Rn. 111). Anders als bei vorhabenbezogenen Messungen (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. S. 98) kann bei der Auswertung der Messergebnisse an vorhabenfremden Messstationen keine grundstücksbezogene Analyse der Vorbelastung gefordert werden. Allerdings genügt es auch nicht, eine ausschließlich gebiets- oder ballungsraumbezogene Betrachtung anzustellen. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss vielmehr den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.

130

Ob die hier vorgenommene Bildung eines einheitlichen Vorbelastungswertes diesen Anforderungen in jeder Hinsicht gerecht wird, ist angesichts des im westlichen Teil des planfestgestellten Vorhabens vorhandenen Außenrings einerseits und der im östlichen Teilabschnitt vorherrschenden landwirtschaftlichen Nutzung des künftigen Trassengeländes andererseits nicht zweifelsfrei. Es ist aber nicht erkennbar, dass sich ein etwaiger Fehler zu Lasten der Kläger oder sonstiger Betroffener ausgewirkt hätte. Bei der Auswahl der Messstationen sind die örtlichen Verhältnisse im östlichen Trassenabschnitt nicht vorbelastungsmindernd berücksichtigt worden. Neben den räumlich nächst gelegenen Messstationen in den umliegenden Städten wurden zur Verdeutlichung der großräumigen Belastungen weiter entfernt liegende Messstationen in Dortmund und Castrop-Rauxel sowie speziell zur Abbildung von Belastungen durch Industrie (Feinstaub) und Verkehr die Station Bochum-Stahlhausen und die Straßenmessstation Essen-Ost herangezogen. Damit hat die derzeitige landwirtschaftliche Nutzung im Bereich eines Teils der Trasse für die Querspange bei der Auswahl der Messstationen keine Berücksichtigung gefunden.

131

Die von den Klägern erhobene Forderung, auch die Daten der Messstation Essen-Hombrucher Straße heranzuziehen, erscheint verfehlt, da diese Station direkt an der hochbelasteten Autobahn A 40 gelegen ist und daher nicht die im Plangebiet vorhandene Vorbelastung, sondern die Belastung durch die geplante Autobahn selbst abgebildet würde. Die Verkehrsbelastung des Außenrings ist mit derjenigen auf der A 40 nicht vergleichbar und wird durch die an einer mehrstreifigen Hauptverkehrsstraße gelegene Straßenmessstation Essen-Ost bereits gezielt berücksichtigt.

132

Nicht gefolgt werden kann auch dem Einwand der Kläger, den Emissionen des benachbarten Opel-Werks und des westlich der Trasse gelegenen RWE-Kraftwerks Bochum sei bei der Ermittlung der Vorbelastung nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Der Gutachter des Beklagten Dipl.-Geogr. N. ist dem in der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis entgegengetreten, Kaminableitungen wirkten sich nicht in der näheren Umgebung aus; sie und die sonstigen Emissionen der Werke fänden über die städtischen Vorbelastungswerte Eingang in die Berechnung. Das Argument der Kläger, der Binnenverkehr des Opel-Werks hätte Anlass zu einer gesonderten Betrachtung geben müssen, überzeugt angesichts der Größe des Betriebsgeländes und der erkennbaren Abschirmungsfunktion der zur Trassenseite hin errichteten hohen Werkshallen ebenfalls nicht.

133

(c) Dem Einwand der Kläger, die Daten der Messstationen für die Jahre 2004 bis 2006 belegten einen deutlichen Anstieg der Schadstoffwerte, der Anlass gegeben hätte, vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine neue Luftschadstoffuntersuchung in Auftrag zu geben, kann nicht gefolgt werden. So berücksichtigen die Kläger in ihrem Vortrag mehrere Stationen nicht, die von der IVV ausgewertet wurden, beziehen dafür aber zahlreiche weitere Stationen an zum Teil deutlich weiter entfernt liegenden Messorten im westlichen Ruhrgebiet (Duisburg, Oberhausen und Mühlheim) ein. Eine nachvollziehbare Erklärung für ihre Vorgehensweise liefern die Kläger nicht. Die Messergebnisse der von der IVV herangezogenen Messstellen belegen die Kritik der Kläger aber nicht. Sie lassen praktisch keinen Anstieg der Jahresmittelwerte bei NO2 erkennen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Jahresmittelwerten für PM10.

134

(d) Vor diesem Hintergrund und angesichts der nach dem aktuellen Luftreinhalteplan Ruhrgebiet, Teilplan Ruhrgebiet Ost der Bezirksregierung Arnsberg, (2008) im Bereich von Industrie, Hausbrand/Kleingewerbe und im Bereich Verkehr vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere unter Berücksichtigung der Einschätzung in diesem Luftreinhalteplan, dass ausgehend vom Jahr 2006 für das Jahr 2010 im Gebiet Bochum, Dortmund und Herne mit einem leichten Sinken der regionalen Hintergrundbelastung um maximal 3 µg/m3 für PM10 und NO2 zu rechnen sei, erweist sich auch die Verwendung von Reduktionsfaktoren in den Schadstoffgutachten als eine jedenfalls vertretbare Prognoseentscheidung. Dass sich zwischen 2000 und 2006 an den ausgewählten Messstationen keine Reduktion feststellen lässt, stellt diese Prognose nicht in Frage.

135

(e) Dem von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vorsorglich gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die Schadstoffbelastung durch NO2 und PM10 bereits ohne Berücksichtigung des planfestgestellten Vorhabens über den Immissionswerten der 22. BImSchV liege und die Prognosebelastung für das Jahr 2025 um mindestens 15 bzw. 20 % höher anzusetzen und nicht mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung beherrschbar sei, musste der Senat nicht nachkommen. Die von den Klägern gegen die Schadstoffgutachten vorgebrachten Einwände haben sich als nicht stichhaltig erwiesen. Gleiches gilt für ihre Behauptung, möglichen Grenzwertüberschreitungen könnte nicht mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung begegnet werden. Die in der überarbeiteten Beweisantragsbegründung zum Beleg für diese Behauptung vorgelegten Berechnungen haben die Kläger selbst als wissenschaftlich nicht abgesichert bezeichnet. Sie beruhen zudem auf Annahmen zur Vorbelastung, denen aus den oben dargelegten Gründen nicht gefolgt werden kann. Sonstige Anhaltspunkte, an der fachlichen Eignung des mit der Erstellung der Schadstoffgutachten betrauten Ingenieurbüros zu zweifeln, bestehen nicht.

136

d) Mit ihrer Kritik an der Trassenwahl können die Kläger keinen Erfolg haben. Die am Maßstab des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes zu beurteilende Auswahlentscheidung leidet nicht an Mängeln, die für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

137

Soweit die Kläger in ihrem nach der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Schriftsatz vom 7. Juni 2010 ihrer Ansicht nach schadensmindernde Trassenvarianten auflisten, kann dieser Vortrag schon deswegen nicht berücksichtigt werden, weil die Kläger es unterlassen haben, nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO Schriftsatznachlass zu beantragen. Der genannte Vortrag gibt dem Gericht auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

138

Eine substantiierte Auseinandersetzung mit der ausführlichen Trassendiskussion im Planfeststellungsbeschluss findet sich weder hier noch an anderer Stelle des Vortrags der Kläger.

139

Die Kritik der Kläger an der Anschlussstelle Markstraße und der Verknüpfung der Universitätsstraße mit der A 44 greift nicht durch. Die am Maßstab des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes zu beurteilende Auswahlentscheidung leidet nicht an Abwägungsmängeln. Der Verzicht auf die Anschlussstelle erweist sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange nicht eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung und musste sich deshalb der Planfeststellungsbehörde nicht als vorzugswürdig aufdrängen (vgl. Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.>; Beschluss vom 24. April 2009 - BVerwG 9 B 10.09 - NVwZ 2009, 986 <987> m.w.N.). Dass die Kläger die Verkehrsanbindung bestimmter Stadtteile Bochums abweichend von der Auffassung der Planfeststellungsbehörde für ausreichend erachten und deswegen auf diese Anschlussstelle verzichten wollen, genügt hierfür ebenso wenig wie der Hinweis darauf, dass das Opel-Werk nach Auffassung der Kläger voraussichtlich nicht viel länger als bis 2016 Bestand haben werde. Hinsichtlich des Anschlusses der Universitätsstraße an die Querspange haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, nach Maßgabe der aktualisierten Verkehrsuntersuchung 2009 und der ergänzenden Untersuchung 2010 sei die - von ihnen ursprünglich geforderte - Verbreiterung der Brücke an der Anschlussstelle und damit die Inanspruchnahme des Grundeigentums der Klägerin zu 12 nicht zu rechtfertigen. Dem kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil sich die von den Klägern herangezogene rückläufige Entwicklung der Verkehrszahlen nicht aus den für den Planfeststellungsbeschluss maßgeblichen Verkehrsgutachten, sondern aus den während des gerichtlichen Verfahrens erstellten und auf einen anderen Prognosezeitpunkt bezogenen Untersuchungen ergibt. Soweit die Kläger im Übrigen bemängeln, die Prognosewerte für 2010 in der Untersuchung der IVV von 1996 und 1998/1999 differierten ohne erkennbaren Grund um 8 000 Kfz, beruht dies offensichtlich auf einem Lesefehler. Bild 10 auf Seite 22 der Untersuchung von 1996, auf das sie sich zum Beleg ihrer These berufen, geht von 47 000 Kfz/24 h und nicht - wie die Kläger meinen - von 41 000 Kfz/24 h aus.

140

e) Der Planfeststellungsbeschluss weist auch bei der Behandlung des Gewässer- und Grundwasserschutzes keine Rechtsfehler auf. Die Belange der Kläger zu 1 bis 4, insbesondere der Wasserzufluss für die Gräfte von "Haus L." durch den so genannten Isabella-Stollen, sind in einer den rechtlichen Anforderungen des Abwägungsgebotes (§ 17 Satz 2 FStrG) genügenden Weise berücksichtigt worden.

141

Den Eigentümern der mit der historischen Wasserburg "Haus L." bebauten Grundstücke steht ein im Wasserbuch der Stadt Bochum eingetragenes Wasserrecht zur Entnahme von Grund- und Grubenwasser zur Speisung der Gräfte zu. Die Kläger rügen, der Beklagte habe die Grundwasserproblematik und die hydrogeologischen Verhältnisse nicht genügend ermittelt. Für die Standsicherheit der auf einem Eichenpfahlrost gegründeten Wasserburg und die dort betriebene Fischzucht sei ein gleichbleibend hoher Wasserspiegel von existentieller Bedeutung. Durch den Bau der Trasse sei eine Störung der den Wasserzufluss bisher sichernden Grundwasserströme und des Quellgebietes des Isabella-Stollens zu befürchten.

142

Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss diese Betroffenheit erkannt, die befürchteten Beeinträchtigungen aber unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dass die Trasse fast überwiegend in Dammlage verlaufe und während der Bauphase alle Maßnahmen ergriffen würden, um Beschaffenheit und Menge des im Bereich des Isabella-Stollens austretenden Grund- und Grubenwassers nicht zu beeinträchtigen. Durch die in der mündlichen Verhandlung erklärte Planergänzung hat der Beklagte die in dem erdbautechnischen Streckengutachten für die Bauausführung vom 25. September 1998 vorgeschlagenen Maßnahmen zur Sicherung des Isabella-Stollens zum Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses gemacht.

143

Jedenfalls in der Gestalt, die der Planfeststellungsbeschluss durch die Planergänzung gefunden hat, ist er nicht zu beanstanden. Durch die Verrohrung und Sicherung des Stollens im Bereich der Trasse wird sichergestellt, dass der Stollen nicht zerstört wird und der Gräfte weiter in dem erforderlichen, durch das Wasserrecht abgesicherten Umfang Gruben- und Grundwasser zufließt. Die Behauptung der Kläger, das Quellgebiet der Gräfte werde überbaut, trifft nicht zu. Der Gutachter des Beklagten Prof. Dr. P. ist dem in seiner zusammenfassenden fachtechnischen Stellungnahme vom 9. April 2010 überzeugend entgegen getreten. Er führt darin aus, dass der Stollen zur Entwässerung insbesondere der höher gelegenen Bergwerke (Zeche Dannenbaum) und Abbaufelder diente und auch heute noch als Wassersammler das zuströmende Grund- und Grubenwasser aus höher gelegenen Abbaufeldern abführe. Zusätzlich werde er durch Sickerwasser aus den Deckschichten des Karbons gespeist. Nach den vorliegenden Unterlagen über den Kanalbestand der Stadt Bochum könne der Gräfte stets Wasser aus dem Isabella-Stollen zufließen. Der Kritik der Kläger, die im erdbautechnischen Gutachten vorgesehene Verdichtung des Untergrunds im Trassenbereich werde die Grundwasserströme ablenken und die Trasse werde als Sperrriegel wirken, tritt die fachtechnische Stellungnahme mit dem Hinweis entgegen, durch die mittels Tiefenrüttlers erzeugten Hohlräume, in die z.B. Kies eingebaut werde, würden wasserdurchlässige Bodensäulen bis zur Karbonoberfläche entstehen. Im Übrigen weist die fachtechnische Stellungnahme darauf hin, dass die im erdbautechnischen Streckengutachten angesprochenen Sandbänder sich in den Deckschichten des grundwasserführenden Karbons befänden und dem Isabella-Stollen daher kein Wasser zuführten. Das Karbon bleibe von den Baumaßnahmen aber weitgehend unberührt.

144

Die Gegenäußerung der Kläger zu der fachtechnischen Stellungnahme vermag diese Aussagen nicht in Frage zu stellen. Auf die für den Fortbestand der Wasserversorgung zentrale Aussage der Stellungnahme, dass der Isabella-Stollen wesentlich durch das Grubenwasser im Bereich der ehemaligen Zeche Dannenbaum gespeist werde, gehen die Kläger nicht ein, sondern wiederholen im Wesentlichen ihr früheres Vorbringen (z.B. zum Quellgebiet des Isabella-Stollens, der Sperrfunktion der Trasse, den Sohlenhöhen und Grundwasserschichten) bzw. bleiben pauschal oder beschäftigen sich mit Einzelheiten der Höhe, Breite und Bauweise des Stollens, auf die es ebenso wenig ankommt wie auf solche der Bauausführung der für den Stollen vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen. Entscheidend ist allein, dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass der Isabella-Stollen weiterhin das Grund- und Grubenwasser, insbesondere aus der ehemaligen Zeche Dannenbaum, sammeln und durch die vorgesehene teilweise Verrohrung zur Gräfte weitertransportieren kann. Dies ist der Fall, wie der Gutachter des Beklagten Prof. Dr. P. auch in der mündlichen Verhandlung noch einmal bestätigt hat. Zweifel an der technischen Realisierbarkeit bestehen nicht. Soweit die Kläger befürchten, die Funktion des Stollens könne durch die vorgesehenen Revisionsschächte beeinträchtigt werden, da es hierdurch zu einer Zerstörung des von ihnen in der Vergangenheit hergestellten Luftabschlusses des Stollens komme, ist nicht ersichtlich, dass die Einstiege zu den Revisionsschächten nicht ebenfalls luftdicht ausgestaltet werden könnten.

145

Die Rüge der Kläger, der Planfeststellungsbeschluss habe nicht beachtet, dass der Isabella-Stollen durch den Einbau des Rohres seine Funktion als Luftschutzstollen verliere, kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Dass sie im Besitz einer baurechtlichen oder sonstigen Genehmigung zur Nutzung des Stollens als Luftschutzeinrichtung wären, behaupten die Kläger selbst nicht. Der Stollen ist nach dem eigenen Vorbringen der Kläger wegen des Luftabschlusses und seiner Erschütterungsempfindlichkeit auch nicht für diesen Zweck geeignet und nicht genehmigungsfähig.

146

Der Planfeststellungsbeschluss weist auch nicht deshalb einen Abwägungsfehler auf, weil er die von den Klägern behauptete Denkmalwürdigkeit des Isabella-Stollens nicht erkannt und nicht gewürdigt hat. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG NRW) vom 11. März 1980, GV NRW S. 226, 716, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. April 2005, GV NRW S. 274, ist die Eintragung in die Denkmalliste für die Denkmaleigenschaft konstitutiv. Erst mit der Eintragung oder der vorläufigen Unterschutzstellung unterliegt eine bauliche oder sonstige Anlage dem Denkmalschutzgesetz. Eine Eintragung ist aber bisher nach dem eigenen Vortrag der Kläger nicht vorgenommen worden. Die Kläger behaupten auch nicht, eine solche als Eigentümer gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 DSchG NRW beantragt und etwa eine zu Unrecht erfolgte Ablehnung gerichtlich angegriffen zu haben.

147

f) Die von den Klägern zu 1, 2, 3 und 4 geltend gemachte Existenzgefährdung ist in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.

148

(a) Es ist grundsätzlich Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich in Ausübung der ihr übertragenen planerischen Gestaltungsfreiheit darüber schlüssig zu werden, ob und in welchem Umfang sie zur Verwirklichung eines von ihr für erforderlich gehaltenen planfeststellungsbedürftigen Vorhabens außer in öffentliche Belange auch in Rechte Dritter eingreifen will, und das Gewicht der mit diesen Eingriffen verbundenen Nachteile den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen selbständig abwägend gegenüberzustellen. Hierbei muss sie bei Flächeninanspruchnahmen auch die Möglichkeit einer Existenzvernichtung oder -gefährdung vorhandener landwirtschaftlicher oder gewerblicher Betriebe und Unternehmungen in ihre Betrachtung und Abwägung einbeziehen (Beschluss vom 31. Oktober 1990 - BVerwG 4 C 25.90, 4 ER 302.90 - juris Rn. 17; ausf. zum landwirtschaftlichen Betrieb Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 13.08 - juris Rn. 26 ff. m.w.N. ). Auch ohne direkte Inanspruchnahme muss sie das Interesse des Gewerbetreibenden an der Erhaltung der unter Umständen mit erheblichen Investitionen ausgenutzten Erwerbsquelle bei der hoheitlichen Planung berücksichtigen. Allerdings schützt auch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen eine Minderung der Wirtschaftlichkeit. Eine Minderung der Rentabilität ist hinzunehmen. Dies gilt selbst dann, wenn die Ursächlichkeit der geminderten Wirtschaftlichkeit durch einen staatlichen Eingriff unzweifelhaft gegeben ist (Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 18 m.w.N.).

149

Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Einwand der Existenzgefährdung ist nur dann entbehrlich, wenn die Planfeststellungsbehörde deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen Betriebes verwirklicht werden soll (vgl. Urteil vom 27. März 1980 - BVerwG 4 C 34.79 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 34 S. 109 f.). Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen.

150

(b) An diese Anforderungen des Abwägungsgebotes hat sich der Beklagte gehalten. Er hat sich insbesondere in den mehrtägigen Anhörungen darum bemüht, die von den Klägern in ihren Einwendungsschreiben geltend gemachten gewerblichen Interessen zu erfassen. Die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Betätigungsfelder rund um das "Haus L." (Vermietung von Räumlichkeiten und Durchführung von Veranstaltungen, Gästehausbetrieb, Fischzucht, Pensionspferdehaltung, Landwirtschaft) und die Vielzahl der nach den Angaben der Kläger an diesen Geschäftsfeldern haupt- oder nebenberuflich beteiligten Personen machen deutlich, dass eine Überprüfung der behaupteten Existenzgefährdung einer nach objektiven Kriterien durchzuführenden Begutachtung des Betriebes durch einen Sachverständigen bedurfte (vgl. Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 13.08 - juris Rn. 27). Eine solche, den Klägern im Rahmen des Anhörungsverfahrens vorgeschlagene Begutachtung konnte wegen der Weigerung des Klägers zu 1, diese durch einen Mitarbeiter des Straßenbauamts des Beklagten vornehmen zu lassen und die dafür erforderlichen betriebswirtschaftlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, nicht durchgeführt werden.

151

Einen Anspruch darauf, dass die Begutachtung durch einen freiberuflich tätigen Gutachter erfolgt, haben die Kläger nicht. Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, das Verfahren mit der ihr eine gerechte Abwägung der widerstreitenden Belange ermöglichenden inneren Distanz und Neutralität zu allen Beteiligten durchzuführen. Sie hat die ihr übertragene Aufgabe in unparteiischer Weise wahrzunehmen und alles zu vermeiden, was ihr die Freiheit zu eigener planerischer Entscheidung jedenfalls faktisch nimmt oder doch weitgehend einschränkt. Dies ergibt sich auch aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz fairer Verfahrensgestaltung, der in seinem Anwendungsbereich nicht auf das gerichtliche Verfahren beschränkt ist. In planungsrechtlichen Verfahren ist Unparteilichkeit auch dem Vorhabenträger gegenüber geboten (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <230 f.> m.w.N). Diese Verpflichtung gilt auch für Mitarbeiter der Planfeststellungsbehörde, einschließlich derer, die aufgrund ihrer besonderen Sachkunde mit der Erstellung sachverständiger Stellungnahmen beauftragt werden. Die in § 20 VwVfG NRW getroffene Regelung über den Ausschluss bestimmter Personen vom Verfahren und die in § 21 VwVfG NRW normierte Möglichkeit, bei Besorgnis der Befangenheit ein Ablehnungsgesuch anzubringen, sichern, bezogen auf den einzelnen Amtsträger, die Neutralität der Amtsführung verfahrensmäßig ab.

152

Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, dass die Planfeststellungsbehörde die zur Ermittlung des Abwägungsmaterials erforderlichen sachverständigen Begutachtungen durch eigene, für die jeweilige Aufgabe und das jeweilige Fachgebiet besonders qualifizierte Mitarbeiter vornehmen lässt. Dies gilt umso mehr, als diese Mitarbeiter räumlich und organisatorisch getrennt von der Planfeststellungsbehörde arbeiten. Die Kläger haben von dem Angebot zur Begutachtung, ohne eine stichhaltige Begründung zu geben, keinen Gebrauch gemacht. Ihre Ablehnung, an der Sachverhaltsaufklärung durch die Planfeststellungsbehörde mitzuwirken, haben sie lediglich mit pauschalen Zweifeln an der Unparteilichkeit der Mitarbeiter der Planfeststellungsbehörde begründet. Dies genügt nach dem Dargelegten nicht.

153

Soweit landwirtschaftlich genutzte Flächen der Kläger zu 1 bis 4 in Anspruch genommen werden, hat der Beklagte den Umfang der Beeinträchtigung ebenfalls erkannt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Er hat insbesondere gesehen, dass die Gesamtinanspruchnahme von 6,75 ha (davon 1,31 ha vorübergehend und 1,46 ha dauernd beschränkt) mehr als 5 % der landwirtschaftlichen Betriebsfläche ausmacht und daher eine Existenzgefährdung nicht von der Hand zu weisen ist und näherer Prüfung bedarf (vgl. hierzu Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 13.08 - a.a.O.). Auch insoweit war allerdings angesichts der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der Kläger zu 1 bis 4 eine Sachverhaltsaufklärung nicht möglich.

154

Dass der Planfeststellungsbeschluss in größerem Umfang Eigentum der Kläger zu 1 und 2 zum Ausgleich der eingriffsbedingten unvermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft in Anspruch nimmt, lässt einen Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen. Dem bei der Inanspruchnahme von privatem Grund und Boden für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu beachtenden rechtsstaatlichen Übermaßverbot (vgl. hierzu Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16 Rn. 26 ff.) hat der Beklagte durch eine Überprüfung des Kompensationskonzepts und eine daraus resultierende Reduzierung der dauernd zu beschränkenden Flächen der Kläger zu 1 bis 4 im Laufe des Planungsverfahrens Rechnung getragen. Soweit die Kläger die Restflächen nördlich und südlich der A 44 für (land-)wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll verwertbar erachten, weil dort insbesondere die bisherige Pensionspferdehaltung nicht mehr möglich sei, müssen sie sich die verweigerte Mitwirkung bei der Aufklärung der wirtschaftlichen Folgen der Eingriffe für das "Haus L." zurechnen lassen.

155

Die für die naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme 9ACEF im Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009 in Anspruch genommene landwirtschaftlich genutzte Fläche ist für den Betrieb der Kläger nicht von erkennbarer existenzieller Bedeutung. Eine solche ist bezüglich dieser Fläche von den Klägern auch in der mündlichen Verhandlung nicht behauptet worden.

156

g) Hinsichtlich der Klägerin zu 5, deren Grundstück durch das Vorhaben nicht in Anspruch genommen wird, aber durch die bis auf 30 m an ihr Wohnhaus heranrückende Trasse mittelbar betroffen ist, hat der Planfeststellungsbeschluss das Vorliegen eines Übernahmeanspruchs (vgl. hierzu Beschluss vom 24. August 2009 - BVerwG 9 B 32.09 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 78) verneint. Aktiver Lärmschutz werde durch die Lärmschutzwand bzw. den Lärmschutzwall und die Verwendung offenporigen Asphalts gewährt. Die danach noch bei Verwirklichung des Vorhabens zu erwartenden Lärmwerte lägen für das Grundstück der Klägerin zu 5 unterhalb der Annäherungswerte von 72/62 dB(A), ab deren Erreichen für Dorf- und Mischgebiete eine unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigung nicht auszuschließen sei (vgl. hierzu Urteile vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <358> und vom 12. April 2000 - BVerwG 11 A 25.98 - juris Rn. 49). Die Tageswerte lägen sogar weit unter diesen Schwellenwerten und würden die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV für Dorf- und Mischgebiete nur geringfügig überschreiten. Wegen dieser Überschreitungen stünde der Klägerin zu 5 passiver Schallschutz sowie eine Entschädigung für die Außenwohnbereiche zu. Diese Überlegungen zeigen einen Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin zu 5 nicht auf, so dass es nicht darauf ankommt, ob solche Fehler überhaupt geeignet wären, das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren zu stützen.

157

Durch die Maßnahmen aktiven und passiven Lärmschutzes werden die zumutbaren Grenzen der Lärmbetroffenheit eingehalten. Dass eine weitere Nutzung ihres Hauses zu Wohnzwecken ausgeschlossen wäre und entsprechende Vermietungsbemühungen - gegebenenfalls nach Änderung des bisher auf Gäste aus dem Bereich der Universität ausgerichteten Vermietungskonzepts - ohne Erfolg bleiben müssten, ist nicht erkennbar und von der Klägerin zu 5 nicht substantiiert dargelegt worden. Es stellt auch keinen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses dar, dass die von der Klägerin zu 5 vorgenommenen, in ihrem Einwendungsschreiben erwähnten Investitionen nicht ausdrücklich als abwägungserheblicher Belang gewürdigt wurden. Dass trotz der erheblichen Beeinträchtigungen, die der Bau der Autobahn für die direkt benachbarten Anwohner und deren Veranstaltungs- und Vermietungsbetriebe mit sich bringt, das öffentliche Interesse an der Realisierung der Querspange die privaten Belange überwiegt, hat der Planfeststellungsbeschluss hinreichend deutlich im Zusammenhang mit dem benachbarten, ebenfalls durch das Heranrücken der Trasse stark betroffene "Haus L." zum Ausdruck gebracht. Dafür, dass für die Klägerin zu 5 etwas anderes gelten könnte, spricht nichts. Im Übrigen musste der Klägerin zu 5 aufgrund der Lage ihres Hauses und der seit Jahrzehnten andauernden Planungsabsichten bewusst sein, dass es bei einer Realisierung der Planung zu einschneidenden Veränderungen ihres Lagevorteils kommen könnte. Darauf, dass von den Planungen endgültig Abschied genommen würde, konnte die Klägerin zu 5 ebenso wenig wie die anderen Betroffenen vertrauen.

158

Entsprechendes gilt für den Kläger zu 8. Auch er übersieht, dass nicht jede durch staatliches Verhalten ausgelöste Wertminderung ausgeglichen wird; das gilt selbst dann, wenn die Ursächlichkeit der geminderten Wirtschaftlichkeit durch einen staatlichen Eingriff unzweifelhaft gegeben ist (Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 19).

159

4. Soweit die Kläger mit ihrem Hilfsantrag den Anspruch verfolgen, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss um Lärmschutzanordnungen zu ergänzen, muss der Klage ebenfalls der Erfolg versagt bleiben. Dies gilt insbesondere für den Kläger zu 13. Der Beklagte hat die Gewährung passiven Lärmschutzes für ihn abwägungsfehlerfrei abgelehnt. Er hat sich zulässigerweise an den Grenzwerten der Verkehrslärmschutzverordnung orientiert und darauf abgestellt, dass nach der für das vom Kläger zu 13 bewohnte Gebäude W. Straße ... angestellten schalltechnischen Berechnung die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV für Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsgrenzwerte von 64/54 dB(A) tags und nachts eingehalten werden und damit gesunde Wohnverhältnisse gewahrt bleiben (vgl. Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <158>).

160

Auch der Klägerin zu 5 steht kein Anspruch auf weiter gehende Lärmschutzanordnungen zu. Die Verkehrsprognosen und die Lärmberechnungen selbst sind - wie dargestellt - nicht zu beanstanden. Durch die Gewährung passiver Schallschutzmaßnahmen wird sichergestellt, dass die Zumutbarkeitsgrenze beim Aufenthalt im Gebäude eingehalten wird. Für die Außenwohnbereiche ist eine Entschädigung vorgesehen.

161

Eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Schutzauflagen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe kann die Klägerin zu 5 ebenfalls nicht verlangen. Hinsichtlich der voraussichtlichen Schadstoffbelastungen kann den dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Gutachten eine Überschreitung der Grenzwerte von NO2 und PM10 im Bereich des Grundstücks der Klägerin zu 5 nicht entnommen werden. Die prognostizierten Belastungen liegen dort vielmehr deutlich unterhalb der Grenzwerte der 22. BImSchV. Soweit die Klägerin zu 5 auf die Erschütterungsempfindlichkeit ihres Wohngebäudes hinweist, ist nicht erkennbar, dass sie diesbezügliche Einwendungen im Anhörungsverfahren bereits vorgebracht hat. Im Übrigen hat sie ihre Behauptung, das Wohnhaus Schattbachstraße sei besonders erschütterungsempfindlich, nicht weiter mit Fakten belegt.

162

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 2 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 450 000 € festgesetzt.

Gründe:

Bei der auf § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG beruhenden, von der vorläufigen Streitwertfestsetzung durch Beschluss vom 10. April 2008 geringfügig abweichenden Streitwertfestsetzung hat der Senat entsprechend seiner ständigen, am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 orientierten Streitwertpraxis, wonach bei Beeinträchtigung eines Einfamilienhauses und sonstiger Beeinträchtigung 15 000 €, bei Mehrfamilienhäusern je nach Wohnungszahl bis zu 60 000 € und bei Gewerbebetrieben pauschal 60 000 € anzunehmen sind, folgende Streitwerte festgesetzt: Für die Kläger zu 6, 7, 10, 11, 12 und 13 je 15 000 €, für die Kläger zu 2, 3, 5 und 8 je 45 000 € und für die Kläger zu 1, 4 und 9 je 60 000 €.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die betreffen

1.
die Errichtung, den Betrieb, die sonstige Innehabung, die Veränderung, die Stillegung, den sicheren Einschluß und den Abbau von Anlagen im Sinne der §§ 7 und 9a Abs. 3 des Atomgesetzes,
1a.
das Bestehen und die Höhe von Ausgleichsansprüchen auf Grund der §§ 7e und 7f des Atomgesetzes,
2.
die Bearbeitung, Verarbeitung und sonstige Verwendung von Kernbrennstoffen außerhalb von Anlagen der in § 7 des Atomgesetzes bezeichneten Art (§ 9 des Atomgesetzes) und die wesentliche Abweichung oder die wesentliche Veränderung im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 2 des Atomgesetzes sowie die Aufbewahrung von Kernbrennstoffen außerhalb der staatlichen Verwahrung (§ 6 des Atomgesetzes),
3.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für feste, flüssige und gasförmige Brennstoffe mit einer Feuerungswärmeleistung von mehr als dreihundert Megawatt,
3a.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Anlagen zur Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern sowie Anlagen von Windenergie auf See im Küstenmeer,
3b.
die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes ab einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt,
4.
Planfeststellungsverfahren gemäß § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
4a.
Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren für die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Einrichtungen nach § 66 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes, soweit nicht die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 50 Absatz 1 Nummer 6 begründet ist,
5.
Verfahren für die Errichtung, den Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Anlagen zur Verbrennung oder thermischen Zersetzung von Abfällen mit einer jährlichen Durchsatzleistung (effektive Leistung) von mehr als einhunderttausend Tonnen und von ortsfesten Anlagen, in denen ganz oder teilweise Abfälle im Sinne des § 48 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gelagert oder abgelagert werden,
6.
das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich,
7.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung der Strecken von Straßenbahnen, Magnetschwebebahnen und von öffentlichen Eisenbahnen sowie für den Bau oder die Änderung von Rangier- und Containerbahnhöfen,
8.
Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen,
9.
Planfeststellungsverfahren für den Neubau oder den Ausbau von Bundeswasserstraßen,
10.
Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Küsten- oder Hochwasserschutzes,
11.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes oder nach landesrechtlichen Vorschriften für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Häfen, die für Wasserfahrzeuge mit mehr als 1 350 Tonnen Tragfähigkeit zugänglich sind, unbeschadet der Nummer 9,
12.
Planfeststellungsverfahren nach § 68 Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes für die Errichtung, die Erweiterung oder die Änderung von Wasserkraftanlagen mit einer elektrischen Nettoleistung von mehr als 100 Megawatt,
12a
Gewässerbenutzungen im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
12b
Planfeststellungsverfahren für Gewässerausbauten im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen,
13.
Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz,
14.
Zulassungen von
a)
Rahmenbetriebsplänen,
b)
Hauptbetriebsplänen,
c)
Sonderbetriebsplänen und
d)
Abschlussbetriebsplänen
sowie Grundabtretungsbeschlüsse, jeweils im Zusammenhang mit der aufgrund des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes vorgesehenen Einstellung von Braunkohletagebauen, und
15.
Planfeststellungsverfahren nach § 65 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 19.7 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung für die Errichtung und den Betrieb oder die Änderung von Dampf- oder Warmwasserpipelines.
Satz 1 gilt auch für Streitigkeiten über Genehmigungen, die anstelle einer Planfeststellung erteilt werden, sowie für Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse, auch soweit sie Nebeneinrichtungen betreffen, die mit ihm in einem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang stehen. Die Länder können durch Gesetz vorschreiben, daß über Streitigkeiten, die Besitzeinweisungen in den Fällen des Satzes 1 betreffen, das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug entscheidet.

(2) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug ferner über Klagen gegen die von einer obersten Landesbehörde nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen.

(3) Abweichend von § 21e Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes soll das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts anordnen, dass ein Spruchkörper, der in einem Verfahren nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 tätig geworden ist, für dieses nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.

(1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug

1.
über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern,
2.
über Klagen gegen die vom Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Vereinsgesetzes ausgesprochenen Vereinsverbote und nach § 8 Abs. 2 Satz 1 des Vereinsgesetzes erlassenen Verfügungen,
3.
über Streitigkeiten gegen Abschiebungsanordnungen nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes und ihre Vollziehung sowie den Erlass eines Einreise- und Aufenthaltsverbots auf dieser Grundlage,
4.
über Klagen, denen Vorgänge im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes zugrunde liegen,
5.
über Klagen gegen Maßnahmen und Entscheidungen nach § 12 Absatz 3a des Abgeordnetengesetzes, nach den Vorschriften des Elften Abschnitts des Abgeordnetengesetzes, nach § 6b des Bundesministergesetzes und nach § 7 des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Parlamentarischen Staatssekretäre in Verbindung mit § 6b des Bundesministergesetzes,
6.
über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz, dem Bundesfernstraßengesetz, dem Bundeswasserstraßengesetz, dem Energieleitungsausbaugesetz, dem Bundesbedarfsplangesetz, dem § 43e Absatz 4 des Energiewirtschaftsgesetzes, dem § 76 Absatz 1 des Windenergie-auf-See-Gesetzes oder dem Magnetschwebebahnplanungsgesetz bezeichnet sind, über sämtliche Streitigkeiten, die Vorhaben zur Errichtung und zur Anbindung von Terminals zum Import von Wasserstoff und Derivaten betreffen, sowie über die ihm nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz zugewiesenen Verfahren,
7.
über die ihm nach dem Energiesicherungsgesetz zugewiesenen Verfahren.

(2) In Verfahren nach Absatz 1 Nummer 6 ist § 48 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Hält das Bundesverwaltungsgericht nach Absatz 1 Nr. 1 eine Streitigkeit für verfassungsrechtlich, so legt es die Sache dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Der Lauf einer Frist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung oder, wenn diese nicht vorgeschrieben ist, mit der Eröffnung oder Verkündung.

(2) Für die Fristen gelten die Vorschriften der §§ 222, 224 Abs. 2 und 3, §§ 225 und 226 der Zivilprozeßordnung.

(1) Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(2) Fällt das Ende einer Frist auf einen Sonntag, einen allgemeinen Feiertag oder einen Sonnabend, so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages.

(3) Bei der Berechnung einer Frist, die nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage, allgemeine Feiertage und Sonnabende nicht mitgerechnet.

(1) Eine nach Tagen bestimmte Frist endigt mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist.

(2) Eine Frist, die nach Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraum - Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr - bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstag der Frist entspricht.

(3) Fehlt bei einer nach Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endigt die Frist mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Monats.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.

(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Bundesregierung erlässt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) mit Zustimmung des Bundesrates zur Durchführung dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen des Bundes allgemeine Verwaltungsvorschriften, insbesondere über

1.
Immissionswerte, die zu dem in § 1 genannten Zweck nicht überschritten werden dürfen,
2.
Emissionswerte, deren Überschreiten nach dem Stand der Technik vermeidbar ist,
3.
das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen und Immissionen,
4.
die von der zuständigen Behörde zu treffenden Maßnahmen bei Anlagen, für die Regelungen in einer Rechtsverordnung nach § 7 Absatz 2 oder 3 vorgesehen werden können, unter Berücksichtigung insbesondere der dort genannten Voraussetzungen,
5.
äquivalente Parameter oder äquivalente technische Maßnahmen zu Emissionswerten,
6.
angemessene Sicherheitsabstände gemäß § 3 Absatz 5c.
Bei der Festlegung der Anforderungen sind insbesondere mögliche Verlagerungen von nachteiligen Auswirkungen von einem Schutzgut auf ein anderes zu berücksichtigen; ein hohes Schutzniveau für die Umwelt insgesamt ist zu gewährleisten.

(1a) Nach jeder Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie bei der Festlegung von Emissionswerten nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 die Emissionen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Im Hinblick auf bestehende Anlagen ist innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Verwaltungsvorschrift vorzunehmen.

(1b) Abweichend von Absatz 1a

1.
können in der Verwaltungsvorschrift weniger strenge Emissionswerte festgelegt werden, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre und dies begründet wird oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden, oder
2.
kann in der Verwaltungsvorschrift bestimmt werden, dass die zuständige Behörde weniger strenge Emissionsbegrenzungen festlegen kann, wenn
a)
wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagen die Anwendung der in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre oder
b)
in Anlagen Zukunftstechniken für einen Gesamtzeitraum von höchstens neun Monaten erprobt oder angewendet werden sollen, sofern nach dem festgelegten Zeitraum die Anwendung der betreffenden Technik beendet wird oder in der Anlage mindestens die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionsbandbreiten erreicht werden.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Emissionswerte und Emissionsbegrenzungen nach Satz 1 dürfen die in den Anhängen der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschreiten.

(2) (weggefallen)

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

(1) Bei

1.
raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen öffentlicher Stellen,
2.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen anderer öffentlicher Stellen,
3.
Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts, die der Planfeststellung oder der Genehmigung mit der Rechtswirkung der Planfeststellung bedürfen,
sind Ziele der Raumordnung zu beachten sowie Grundsätze und sonstige Erfordernisse der Raumordnung in Abwägungs- oder Ermessensentscheidungen zu berücksichtigen. Satz 1 Nr. 1 und 2 gilt entsprechend bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen, die Personen des Privatrechts in Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben durchführen, wenn öffentliche Stellen an den Personen mehrheitlich beteiligt sind oder die Planungen und Maßnahmen überwiegend mit öffentlichen Mitteln finanziert werden. Weitergehende Bindungswirkungen von Erfordernissen der Raumordnung nach Maßgabe der für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften bleiben unberührt.

(2) Bei sonstigen Entscheidungen öffentlicher Stellen über die Zulässigkeit raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen von Personen des Privatrechts sind die Erfordernisse der Raumordnung nach den für diese Entscheidungen geltenden Vorschriften zu berücksichtigen.

(3) Bei Genehmigungen über die Errichtung und den Betrieb von öffentlich zugänglichen Abfallbeseitigungsanlagen von Personen des Privatrechts nach den Vorschriften des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sind die Ziele der Raumordnung zu beachten sowie die Grundsätze der Raumordnung und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Eine nach § 3 anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung kann, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen einlegen, wenn die Vereinigung

1.
geltend macht, dass eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht,
2.
geltend macht, in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich der Förderung der Ziele des Umweltschutzes durch die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 oder deren Unterlassen berührt zu sein, und
3.
im Falle eines Verfahrens nach
a)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b zur Beteiligung berechtigt war;
b)
§ 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 zur Beteiligung berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert hat oder ihr entgegen den geltenden Rechtsvorschriften keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist.
Bei Rechtsbehelfen gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder gegen deren Unterlassen muss die Vereinigung zudem die Verletzung umweltbezogener Rechtsvorschriften geltend machen.

(2) Eine Vereinigung, die nicht nach § 3 anerkannt ist, kann einen Rechtsbehelf nach Absatz 1 nur dann einlegen, wenn

1.
sie bei Einlegung des Rechtsbehelfs die Voraussetzungen für eine Anerkennung erfüllt,
2.
sie einen Antrag auf Anerkennung gestellt hat und
3.
über eine Anerkennung aus Gründen, die von der Vereinigung nicht zu vertreten sind, noch nicht entschieden ist.
Bei einer ausländischen Vereinigung gelten die Voraussetzungen der Nummer 3 als erfüllt. Mit der Bestandskraft einer die Anerkennung versagenden Entscheidung wird der Rechtsbehelf unzulässig.

(3) Ist eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 nach den geltenden Rechtsvorschriften weder öffentlich bekannt gemacht noch der Vereinigung bekannt gegeben worden, so müssen Widerspruch oder Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Vereinigung von der Entscheidung Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Widerspruch oder Klage gegen eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 oder 6 müssen jedoch spätestens binnen zweier Jahre, nachdem der Verwaltungsakt erteilt wurde, erhoben werden. Satz 1 gilt entsprechend, wenn eine Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 entgegen geltenden Rechtsvorschriften nicht getroffen worden ist und die Vereinigung von diesem Umstand Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

(4) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind begründet, soweit

1.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 oder deren Unterlassen gegen Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind, oder
2.
die Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2a bis 6 oder deren Unterlassen gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften verstößt, die für diese Entscheidung von Bedeutung sind,
und der Verstoß Belange berührt, die zu den Zielen gehören, die die Vereinigung nach ihrer Satzung fördert. Bei Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 oder 4 muss zudem eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltprüfung im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit eines Vorhabens nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b kann verlangt werden, wenn

1.
eine nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung, nach der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder nach entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften
a)
erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder
b)
erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit
weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist,
2.
eine erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung im Sinne von § 18 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder im Sinne von § 10 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes weder durchgeführt noch nachgeholt worden ist oder
3.
ein anderer Verfahrensfehler vorliegt, der
a)
nicht geheilt worden ist,
b)
nach seiner Art und Schwere mit den in den Nummern 1 und 2 genannten Fällen vergleichbar ist und
c)
der betroffenen Öffentlichkeit die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat; zur Beteiligung am Entscheidungsprozess gehört auch der Zugang zu den Unterlagen, die zur Einsicht für die Öffentlichkeit auszulegen sind.
Eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls zur Feststellung der UVP-Pflichtigkeit, die nicht dem Maßstab des § 5 Absatz 3 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genügt, steht einer nicht durchgeführten Vorprüfung nach Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b gleich.

(1a) Für Verfahrensfehler, die nicht unter Absatz 1 fallen, gilt § 46 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Lässt sich durch das Gericht nicht aufklären, ob ein Verfahrensfehler nach Satz 1 die Entscheidung in der Sache beeinflusst hat, wird eine Beeinflussung vermutet.

(1b) Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt nur dann zur Aufhebung der Entscheidung nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 2b oder 5, wenn sie nicht durch Entscheidungsergänzung oder ein ergänzendes Verfahren behoben werden kann. Unberührt bleiben

1.
§ 45 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes sowie
2.
§ 75 Absatz 1a des Verwaltungsverfahrensgesetzes und andere entsprechende Rechtsvorschriften zur Planerhaltung.
Auf Antrag kann das Gericht anordnen, dass die Verhandlung bis zur Heilung von Verfahrensfehlern im Sinne der Absätze 1 und 1a ausgesetzt wird, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist.

(2) Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Beschlüsse im Sinne des § 2 Absatz 6 Nummer 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung sind, gelten abweichend von den Absätzen 1 bis 1b die §§ 214 und 215 und die diesbezüglichen Überleitungsvorschriften des Baugesetzbuchs sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(3) Die Absätze 1 bis 2 gelten für Rechtsbehelfe von

1.
Personen gemäß § 61 Nummer 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und Vereinigungen gemäß § 61 Nummer 2 der Verwaltungsgerichtsordnung sowie
2.
Vereinigungen, die die Anforderungen des § 3 Absatz 1 oder des § 2 Absatz 2 erfüllen.
Auf Rechtsbehelfe von Personen und Vereinigungen nach Satz 1 Nummer 1 ist Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Aufhebung einer Entscheidung nur verlangt werden kann, wenn der Verfahrensfehler dem Beteiligten die Möglichkeit der gesetzlich vorgesehenen Beteiligung am Entscheidungsprozess genommen hat.

(4) Für Rechtsbehelfe von Vereinigungen nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 gegen Entscheidungen nach § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sind die Absätze 1 bis 2 entsprechend anzuwenden. Soweit Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung Raumordnungspläne nach dem Raumordnungsgesetz sind, gelten abweichend von Satz 1 die §§ 11 und 27 Absatz 2 des Raumordnungsgesetzes sowie die einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.

(5) Für Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3, 5 und 6 gelten bei Verfahrensfehlern die jeweiligen fachrechtlichen Regelungen sowie die Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 7.500,-- Euro festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Errichtung von insgesamt 14 Windenergieanlagen (WEA) im Nordschwarzwald; vier WEA wurden bereits errichtet.
Im Mai 2005 beantragte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen nach vorheriger Durchführung eines sog. Screeningverfahrens nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), in dem die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung und damit die Notwendigkeit eines förmlichen Genehmigungsverfahrens nach § 10 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) für das Vorhaben festgestellt wurde, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung des „Windparks Altensteig“, bestehend aus (ursprünglich) 10 WEA - nach teilweiser Antragsrücknahme nunmehr noch 9 WEA - auf dem Gebiet der Gemeinde Simmersfeld, Gemarkung Fünfbronn im Landkreis Calw und 5 WEA auf dem Gebiet der Gemeinde Seewald, Gemarkung Besenfeld im Landkreis Freudenstadt. Die WEA mit einer Leistung von jeweils 2.000 kW und einer Gesamthöhe von 140 (4 Anlagen) bis 170 m (10 Anlagen) - bei einer Nabenhöhe von 100 bis 125 m und einem Rotordurchmesser von 80 bis 90 m - sollen auf der leicht ansteigenden Hochfläche östlich und westlich der B 294 errichtet werden, in einem Waldgebiet, das früher teilweise als Munitionsdepot genutzt wurde. Der Abstand zur nächsten Bebauung auf Gemarkung Fünfbronn beträgt ca. 2,1 km, zu jener auf Gemarkung Besenfeld ca. 1,2 km. Der Antragsteller ist Eigentümer eines mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks in Simmersfeld-Fünfbronn, das in einem Abstand von ca. 2,1 km zur nächsten WEA und etwa 3,2 km zu der am weitesten entfernten WEA liegt. Die Umgebungsbebauung entspricht der eines allgemeinen Wohngebiets.
Das Vorhaben liegt im Bereich des rd. 374.000 ha umfassenden Naturparks „Schwarzwald Mitte/Nord“ (vgl. Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über den Naturpark „Schwarzwald Mitte/Nord“ vom 16. Dezember 2003, in Kraft seit 14. Februar 2004 ) und im Bereich des „Regionalplans 2015 Nordschwarzwald“ des Regionalverbands Nordschwarzwald. Dieser enthält in der derzeit gültigen Fassung keine Festlegungen zur Steuerung der Standorte von Windkraftanlagen. Eine Planung zur Festlegung eines einzigen Vorranggebiets für die Region Nordschwarzwald für regionalbedeutsame Windkraftanlagen ist für den Bereich des streitgegenständlichen Windparks eingeleitet worden; ein verbindlicher Entwurf für den vorgesehenen Teilregionalplan „Regenerative Energien Region Nordschwarzwald“ liegt jedoch noch nicht vor.
Die fünf Standorte auf dem Gebiet der Gemeinde Seewald liegen im Bereich eines Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Freudenstadt, der dort in der seit März 2003 gültigen Fassung eine Fläche für Versorgungsanlagen vorsieht. Sechs von neun Standorten auf dem Gemeindegebiet Simmersfeld liegen innerhalb des Flächennutzungsplans „Hochnagoldtal 2010 - Windkraftanlagen“ der Verwaltungsgemeinschaft Altensteig aus dem Jahr 2004. Die restlichen drei WEA werden von der am 3. Januar 2006 genehmigten Änderung des Flächennutzungsplans „Hochnagoldtal Windkraftanlagen“ der Verwaltungsgemeinschaft Altensteig erfasst und liegen nunmehr ebenfalls innerhalb der Fläche für Windkraftanlagen (Konzentrationszone).
Das Regierungspräsidium Karlsruhe bestimmte bereits im vorbereitenden Verfahren das Landratsamt Calw als örtlich zuständige Genehmigungsbehörde. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wurden u. a. eine Schallimmissions- und eine Schattenwurfprognose erstellt. Das Vorhaben wurde visualisiert; außerdem wurden mehrere Stellungnahmen und Gutachten zum Fledermaus- und Vogelschutz sowie eine gutachtliche Stellungnahme zum Wasserschutz eingeholt. Das Vorhaben wurde öffentlich bekannt gemacht, die Antragsunterlagen lagen zur Einsicht aus. Während der Einwendungsfrist wurden u. a. von der Bürgerinitiative „Windparkgegner S.“ und vom Antragsteller Einwendungen erhoben. Der Antragsteller wandte ein, dass die Massierung von WEA dieser Dimension die Natur optisch eklatant vernichte und das Wohlbefinden der betroffenen Bevölkerung erheblich beeinträchtige, dass die heimischen Vogel- und Wildpopulationen, insbesondere Fledermäuse, Auerhuhn und roter Milan, bedroht seien, dass eine Dauerbelästigung durch Lärm- und Schallwellen drohe, dass eine latente Brandgefahr und Verseuchung des Bodens durch Öl drohe, dass die Öffentlichkeit mangelhaft informiert worden sei, dass nicht mittels eines Probeturms die tatsächlich zu erwartenden Umweltbelastungen festgestellt worden seien, dass der Erholungs- und Ausflugsverkehr stark beeinträchtigt werde und dass der Anlagenbetrieb am Standort unrentabel und umweltschädlich sei.
Das Landratsamt führte eine Behördenanhörung durch und erörterte die Einwendungen am 17. November 2005 öffentlich. Die Gemeinden Simmersfeld und Seewald erteilten ihr Einvernehmen gem. § 36 BauGB. Ein bei der Gemeinde Simmersfeld hiergegen im Dezember 2005 gestellter Antrag auf Bürgerbegehren und Bürgerentscheid wurde nicht zugelassen. Einer von der Bürgerinitiative „Windparkgegner S.“ eingereichten Petition half der Landtag in seiner Sitzung vom 22. Februar 2006 nicht ab.
Mit Bescheid des Landratsamts Calw vom 24. Februar 2006 wurde die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit erteilt. Es wurden naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen im Wert von 343.522 EUR festgesetzt und zahlreiche Nebenbestimmungen zum Baurecht, Brandschutz, Immissionsschutz, Wasserrecht, Straßenrecht, Luftfahrtrecht und Naturschutz - u. a. Überwachungspflichten zum Fledermausschutz - verfügt. Die im Verfahren erhobenen Einwendungen wurden im Einzelnen zurückgewiesen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller am 2. März 2006 zugestellt.
Der Antragsteller legte fristgemäß Widerspruch ein und beantragte beim Landratsamt Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs. Das Landratsamt lehnte dies unter ergänzender Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit mit Schreiben vom 30. Mai 2006 ab und legte den Widerspruch dem Regierungspräsidium vor.
Mit seinem beim Verwaltungsgericht gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes macht der Antragsteller geltend, dass das Vorhaben mitten „im Landschaftsschutzgebiet Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord“ liege und zulasten der Allgemeinheit vollkommen unwirtschaftlich sei. Der Antragsgegner habe keine eigenen Abwägungen vorgenommen, sondern Textbausteine des Investors verwendet. Dieser baue wissentlich auf eigenes Risiko. Aufgrund von Änderungen des Europarechts und angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) könnten Dritte sich nicht mehr nur auf die Verletzung ihrer subjektiven Rechte berufen; vielmehr seien alle formellen und materiellen Rechtsverstöße zu prüfen. Das ergebe sich aus einer unmittelbaren Anwendung von Art. 10a der geänderten UVP-Richtlinie und der zugrunde liegenden Aarhus-Konvention. Daran ändere auch die mittlerweile beschlossene Umsetzung der Richtlinie durch das Umweltrechtsbehelfsgesetz nichts, das lediglich zusätzlich eine Verbandsklage einführe. Ein Verfahren mit öffentlicher Anhörung sei zwingend erforderlich. Das Vorbringen sei auch nicht präkludiert. Die erteilte Genehmigung führe zur Tötung von streng geschützten Fledermäusen und Vögeln, was die Strafbarkeit der Betreiber und der Genehmigungsbehörde begründe und zwingend eine Ablehnung des Vorhabens erfordere. Insbesondere im Hinblick auf den Schutz von Fledermäusen fehle es an den erforderlichen Erhebungen und Abwägungen; eine Befreiung nach Bundesnaturschutzgesetz sei weder erteilt noch sei eine Erteilung möglich. Den Unfallgefahren durch Eisschlag, Rotorblattbrüchen und Bränden werde nicht ausreichend Rechnung getragen, etwa durch ausreichende Abstände von Straßen. Der gebotene Lärmschutz zwischen WEA und Wohnbebauung sei nicht gewährleistet. Die vorliegende Schallprognose gehe von einem zu geringen Schallleistungspegel aus; ein uneingeschränkter Nachtbetrieb sei nicht zulässig. Insbesondere seien Kurgebiete im Einwirkungsbereich der Windräder mit ihren erhöhten Anforderungen an den Lärmschutz nicht berücksichtigt worden. Die beabsichtigte Regionalplanung sei rechtswidrig. In Schutzgebieten seien Windanlagen unzulässig und verunstaltend. Der Windpark sei im Blickfeld zahlreicher Aussichtspunkte des Nordschwarzwaldes, was den Ruin für den dortigen Tourismus bedeute. Die Änderung des Flächennutzungsplanes im Januar 2006 widerspreche der Schutzverordnung; es fehle jede Abwägung. Auch Waldumwandlungen im Schutzgebiet seien unzulässig. Die Lage von 5 WEA im Wasserschutzgebiet sei unzulässig. Die Kosten für Ausgleichmaßnahmen seien zu niedrig festgesetzt worden. Es fehle an Gründen für den Sofortvollzug. Schutzwürdige Interessen der Öffentlichkeit oder der Beigeladenen fehlten.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück: Der Widerspruch sei im Hinblick auf das Vorbringen des Antragstellers zur „erdrückenden Wirkung“ der WEA und der befürchteten Lärmbelastung noch zulässig, in der Sache aber unbegründet, denn schädliche Umwelteinwirkungen seien insbesondere nach der vorliegenden, technisch einwandfreien Schallprognose nicht zu befürchten. Eine optisch erdrückende Wirkung der WEA liege angesichts der erheblichen Entfernung von der Wohnbebauung nicht vor. Über die hiergegen beim Verwaltungsgericht Karlsruhe fristgemäß erhobene Klage des Antragstellers (Az. 8 K 2808/06) wurde noch nicht entschieden.
11 
Der Antragsteller beantragt, sachdienlich gefasst,
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die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 24. Februar 2006 wiederherzustellen.
13 
Der Antragsgegner beantragt,
14 
den Antrag abzulehnen.
15 
Er trägt vor, der Antrag sei weder zulässig noch begründet. Dem Antragsteller fehle die erforderliche Antragsbefugnis, da nicht einmal die Möglichkeit einer Verletzung in eigenen Rechten in Betracht komme. Eine Antragsbefugnis lasse sich auch nicht der Rechtsprechung des EuGH oder gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen entnehmen. Die Richtlinie 2003/35/EG entfalte trotz Ablaufs der Umsetzungsfrist mangels hinreichender Bestimmtheit keine unmittelbare Wirkung. Der deutsche Gesetzgeber plane nach dem vorliegenden Entwurf eines Umweltrechtsbehelfsgesetzes, lediglich bestimmten Vereinen Rechtsbehelfe einzuräumen. Die angeführten tier-, wasser- und sonstigen natur- und landschaftsschutzrechtlichen Belange sowie die angestellten Wirtschaftlichkeitsüberlegungen könnten als Belange des Allgemeinwohls keine Verletzung in eigenen Rechten und damit keine Antragsbefugnis begründen. Die Aspekte des Lärmschutzes, des Schattenwurfs und der Anlagensicherheit seien zwar drittschützend, jedoch sei aufgrund der großen Distanz der Anlage zur Wohnbebauung eine Betroffenheit des Antragstellers ausgeschlossen. Zudem gewährleisteten die in der Genehmigung enthaltenen Auflagen und Bedingungen, dass weder Anwohner noch sonstige Personen in ihren Rechten verletzt würden. Selbst wenn man eine Antragsbefugnis unterstelle, sei der Antrag unbegründet, denn das öffentliche Vollzugsinteresse und das private Vollzugsinteresse der Beigeladenen überwögen das private Suspensivinteresse des Antragstellers. Die auf der Grundlage zahlreicher Stellungnahmen und Gutachten erteilte Genehmigung sei rechtmäßig; die Nebenbestimmungen gewährleisteten, dass die Beigeladene ihre Verpflichtungen erfülle. Ein Kurgebiet existiere vorliegend nicht. Die pauschalen Ausführungen des Antragstellers erschütterten die Rechtmäßigkeit der erteilten Genehmigung nicht.
16 
Die Beigeladene beantragt,
17 
den Antrag abzulehnen.
18 
Zur Begründung macht sie geltend, der Antrag sei mangels Antragsbefugnis bereits unzulässig und im Übrigen auch unbegründet. Die Ausführungen entsprechen im Wesentlichen der Argumentation des Antragsgegners und vertiefen diese.
19 
Dem Gericht liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts Calw und des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor. Hierauf und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.
II.
20 
Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung nach § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO wiederherzustellen, ist mangels Antragsbefugnis unzulässig, soweit Belange der Allgemeinheit geltend gemacht werden (1.). Soweit der Antragsteller Einwendungen nicht bereits im behördlichen Verfahren geltend gemacht hat, ist er gem. § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG mit seinem Vorbringen ausgeschlossen (2.). Soweit sich der Antragsteller darauf beruft, er sei unzumutbaren Lärmbelastungen und Gefahren infolge unzureichenden Brandschutzes ausgesetzt und das Vorhaben habe eine „erdrückende Wirkung“, ist der Antrag zwar zulässig (3.), in der Sache jedoch unbegründet (4.).
21 
1. Der Antrag ist entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, soweit der Antragsteller geltend machen kann, durch die angegriffene Genehmigung in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die als verletzt gerügte Bestimmung muss zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen und nicht nur dem öffentlichen Interesse zu dienen bestimmt sein. Das ist im Hinblick auf die geltend gemachten öffentlichen Belange des Natur-, Arten- und Landschaftsschutzes - namentlich: Vogel- und Fledermausschutz, Wasserschutz, Schutz des Landschaftsbildes, Angemessenheit der festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen, Schutz des Naturparks „Schwarzwald Mitte/Nord“ -, aber auch im Hinblick auf die Erwägungen zur Wirtschaftlichkeit der WEA und etwaigen Auswirkungen auf den Tourismus nicht der Fall. Für die Frage einer möglichen Verletzung von Rechten des Antragstellers ist insoweit auch unmaßgeblich, dass ein Flächennutzungsplan erst im laufenden Verfahren geändert wurde, da keine drittschützenden Festsetzungen in Frage stehen. Entgegen der Einschätzung des Antragstellers dürfte im Übrigen die ausdrücklich entwicklungsoffene Verordnung über den Naturpark „Schwarzwald Mitte/Nord“ (vgl. etwa § 2 Abs. 6, § 3 und § 4 Abs. 1 der Naturparkverordnung) einer Änderung von Flächennutzungsplänen und einer etwaigen Regionalplanung grundsätzlich nicht entgegenstehen.
22 
Nach § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zielen Klage- und Antragsverfahren im Bereich der Anfechtungsklage auf die Geltendmachung von Individualrechtsschutz. Verfahrensvorschriften vermitteln in diesem Zusammenhang grundsätzlich keine selbständig durchsetzbare Rechtsposition, auch wenn das Verfahrensrecht auf gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben beruht (ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, vgl. Urteile vom 25. Januar 1996, NVwZ 1996, 788; vom 21. März 1996, NVwZ 1996, 1016; vom 10. April 1997, NVwZ 1998, 508; vom 19. März 2003, NVwZ 2003, 1120 und vom 18. November 2004, NVwZ 2005, 442; s. a. Beschluss vom 10. Oktober 2006 - 9 B 27.05 -, Juris). Der Antragsteller hat danach keinen allgemeinen Anspruch auf Überprüfung, ob die Umweltverträglichkeitsprüfung mit der erforderlichen Prüfungstiefe durchgeführt wurde. Er kann nur eine Verletzung eigener Rechtspositionen geltend machen.
23 
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob aufgrund europarechtlicher Vorgaben im Einzelfall ggf. gerügt werden kann, dass ein vorgeschriebenes UVP-Verfahren nicht stattgefunden hat (vgl. Urteil des EuGH vom 7. Januar 2004 , NVwZ 2004, 593; s. zur Klagbarkeit einer unterlassenen Öffentlichkeitsbeteiligung auch den Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 25. Januar 2005, NVwZ 2005, 1208; s. zur möglichen Klagbarkeit von Verfahrensrechten im Falle einer unterlassenen UVP nunmehr auch § 4 Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz und die zugrundeliegenden Erwägungen in BT-Drs. 16/2495, S. 13 f.; BT-Drs. 16/2931, 3 f., 8), denn vorliegend kann eine solche Verletzung von möglicherweise drittschützenden Verfahrensbestimmungen gerade nicht gerügt werden. Ein förmliches immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG einschließlich der im UVP-Verfahren vorgeschriebenen Öffentlichkeitsbeteiligung hat stattgefunden; dabei wurden auch die Einwendungen des Antragstellers öffentlich erörtert.
24 
Weitergehende Klage- oder Antragsbefugnisse des Einzelnen im Hinblick auf die geltend gemachten natur- und landschaftsschutzrechtlichen Belange ergeben sich auch nicht aus der vom Antragsteller angeführten Rechtsprechung des EuGH. Dieser lässt sich nicht entnehmen, dass jeder mögliche Fehler bei Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung zur Zulässigkeit einer Individualklage und zum möglichen Erfolg der Anfechtungsklage führen muss (vgl. EuGH, Urteile vom 10. Januar 2006, NVwZ 2006, 319; vom 4. Mai 2006, NVwZ 2006, 806; vom 13. Juni 2006, NJW 2006, 3337 und vom 4. Juli 2006, NJW 2006, 2465).
25 
Auch Art. 10a der Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 (UVP-Richtlinie) in der Fassung der Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 (ABl. EU Nr. L 156, S. 17 <20>) räumt keinen umfassenden Rechtsschutz ein. Danach stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die (a) ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ (b) eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten. Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gericht zu gewähren. Der Richtlinientext in Art. 10a der UVP-RL ist insoweit nahezu wortgleich mit Art. 9 Abs. 2 der von der EG ratifizierten sog. Aarhus-Konvention (Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten vom 25. Juni 1998, ABl. EU 2005 Nr. L 124 S. 4) und dient der Umsetzung der dortigen Vereinbarungen.
26 
Danach haben die Mitgliedstaaten zwei Möglichkeiten: Sie können den Individualrechtsschutz davon abhängig machen, dass ein ausreichendes Interesse des Rechtsschutzsuchenden besteht, oder aber davon, dass eine Rechtsverletzung geltend gemacht wird. Die Mitgliedstaaten können zwischen dem (französischen) Modell der Interessentenklage und dem (in Deutschland) herkömmlichen Modell des Individualrechtsschutzes wählen (vgl. hierzu auch Lecheler, NVwZ 2005, 1156 <1157>; Schmidt-Preuß, NVwZ 2005, 489 <495>; v. Danwitz, NVwZ 2004, 272 <276>). Die Antrags- bzw. Klagebefugnis des Einzelnen kann weiterhin davon abhängig gemacht werden, dass eine Rechtsverletzung vorliegt. Was eine Rechtsverletzung ist, bestimmt der jeweilige Mitgliedstaat.
27 
Schon mangels hinreichender Bestimmtheit kommt damit eine unmittelbare Anwendung von Art. 10 a der RL 2003/35/EG zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids, als die Frist zur Umsetzung der Richtlinie (25. Juni 2005) abgelaufen war, ohne dass eine Umsetzung in deutsches Recht erfolgt wäre, nicht in Betracht (so auch m.w.N. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 27. Oktober 2005 - 11 A 1751/04 -, Juris und vom 2. März 2006 - 11 A 1752/04 -, Juris ).
28 
Aber auch die mit Ablauf der Umsetzungsfrist gebotene richtlinienkonforme Auslegung des nationalen Rechts im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der betreffenden Richtlinie (vgl. hierzu EuGH, Urteil vom 4. Juli 2006, NJW 2006, 2465) führt nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung im Hinblick auf die geltend gemachten öffentlichen Belange nicht zu einer Antrags- oder Klagebefugnis des Antragstellers oder einem möglichen Erfolg in der Sache. Die Zulassung einer allgemeinen Popularklage wird gemeinschaftsrechtlich gerade nicht gefordert und auch die teilweise Zulässigkeit des Antrags (dazu 3.) dürfte keine umfassende Prüfungspflicht des Gerichts dahingehend begründen, ob die angefochtene Verfügung (auch) objektiv rechtmäßig ist. Der Prüfungsumfang des Gerichts ist für den hier einschlägigen Bereich der Anfechtungsklage vielmehr entsprechend dem nach § 42 Abs. 2 VwGO zulässig gewährten Zugang zum Gericht begrenzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Weder Art. 10a der UVP-Richtlinie noch Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention dürften es ausschließen, dass der Erfolg des gerichtlichen Verfahrens weiterhin von der Feststellung solcher Fehler abhängig gemacht werden darf, die zu einer Rechtsverletzung des Klägers bzw. Antragstellers führen (vgl. hierzu auch Ziekow, NVwZ 2005, 263 <266>; a.A. Ekardt/Pöhlmann, NVwZ 2005, 532 <534>).
29 
Weder die UVP-Richtlinie noch die Aarhus-Konvention dürften zur Aufgabe der Schutznormtheorie im Bereich des Individualrechtsschutzes in Umweltangelegenheiten zwingen, vielmehr hat der Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum. Den hat er mittlerweile in einer Weise ausgefüllt, die die Einschätzung des Gerichts unterstreicht, wenngleich die Neuregelung für den konkreten Fall nicht unmittelbar gilt: Der Bundestag hat am 9. November 2006 zur Umsetzung der RL 2003/35/EG das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz beschlossen; es ist nach Verkündung im Bundesgesetzblatt am 15. Dezember 2006 in Kraft getreten (BGBl. I, S. 2816). Das Gesetz gilt für Verfahren, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet wurden oder hätten eingeleitet werden müssen. Danach können nunmehr bestimmte Vereinigungen Rechtsbehelfe einlegen, ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen (§ 2 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz). Außerdem wird dem Einzelnen ein Individualklagerecht bei Nichtdurchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung eingeräumt (§ 4 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz). Im Übrigen knüpft das Gesetz an das bestehende Rechtsbehelfssystem nach der VwGO an. Der Rechtsschutz natürlicher Personen gegen Zulassungsentscheidungen nach der UVP-Richtlinie richtet sich weiterhin nach den Vorgaben der VwGO und hängt von der Geltendmachung und dem Vorliegen einer Verletzung eigener Rechte des Klägers bzw. Antragstellers im Sinne von § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ab (vgl. hierzu ausdrücklich die Gesetzesbegründung in BT-Drs. 16/2495, S. 8).
30 
2. Im Hinblick auf die erstmals im Widerspruchsverfahren geltend gemachten Gefahren durch Eisbruch und Rotorblattbruch, für die ein subjektives Recht des Antragstellers möglicherweise nicht ausgeschlossen werden kann, ist der Antragsteller mit seinem Vorbringen nach § 10 Abs. 3 Satz 3 BImSchG ausgeschlossen. Danach sind mit Ablauf der Einwendungsfrist (§ 10 Abs. 3 Satz 2 BImSchG) alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf privatrechtlichen Titeln beruhen.
31 
Abgesehen davon, dass die notwendige Antragsbefugnis für öffentliche Belange fehlt (vgl. 1.), ist der Antragsteller insoweit auch mit seinem Vorbringen zur Unvereinbarkeit des Vorhabens mit der Naturparkverordnung, zum Wasserschutz, zu den Ausgleichmaßnahmen, dem gebotenen Abstand zur Straße und zur Frage der Waldumwandlung - die im Übrigen auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheids ist - ausgeschlossen.
32 
3. Soweit sich der Antragsteller auf Lärmbelastungen, Brandgefahren und eine „erdrückende Wirkung“ der WEA beruft, ist der Antrag zulässig; insbesondere ist der Antragsteller entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und dem (baurechtlichen) Gebot der Rücksichtnahme in seiner subjektiv-rechtlichen Ausprägung antragsbefugt. Das Grundstück des Antragstellers gehört zum näheren Umkreis der durch die Wirkungen der WEA betroffenen Grundstücke und kann daher durch Lärmimmissionen, unzureichende Vorkehrungen gegen Brandgefahren und sonstige ggf. unzumutbare Einwirkungen beeinträchtigt werden.
33 
4. Der Antrag hat - soweit er zulässig ist - in der Sache jedoch keinen Erfolg.
34 
a. Der Antragsgegner hat die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der angefochtenen Genehmigung in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. Die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe, die im konkreten Fall ein Vollziehungsinteresse begründen und die Erwägungen, die dazu geführt haben, von der Anordnungsmöglichkeit nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO Gebrauch zu machen, wurden im Einzelnen dargelegt (vgl. S. 31 ff. der angefochtenen Genehmigung und die ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz des Landratsamts vom 30. Mai 2006, mit dem der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs abgelehnt wurde). Danach liegt die Erschließung alternativer Energien im öffentlichen Interesse, nicht zuletzt angesichts des im Koalitionsvertrag formulierten Atomausstiegs und der europarechtlichen Vorgaben im Bereich erneuerbarer Energien. Die Beigeladene hat ein erhebliches wirtschaftliches Interesse, von der Genehmigung möglichst rasch Gebrauch machen zu können, konkret dargetan und baut auf eigenes Risiko. Demgegenüber wiegen die Interessen privater Dritter weniger schwer.
35 
b. Die nach § 80 a Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmende Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollziehungsinteresse sowie dem Vollziehungsinteresse der Beigeladenen auf der einen und dem privaten Aussetzungsinteresse des Antragstellers auf der anderen Seite fällt zu Lasten des Antragstellers aus.
36 
Die Klage des Antragstellers hat nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung aller Voraussicht nach keine Aussicht auf Erfolg, denn die angefochtene Genehmigung dürfte ihn nicht in eigenen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Darüber hinaus führt die sofortige Vollziehung auch nicht zu irreparablen Folgen, da sich die Beigeladene verpflichtet hat, die Anlage auf eigene Kosten abzuändern oder zu beseitigen und ggf. Schadensersatz zu leisten, sollte die Genehmigung im gerichtlichen Verfahren aufgehoben werden (vgl. hierzu S. 33 f. der Genehmigung). Dem Risiko einer Insolvenz des Betreibers wurde durch die Auflage einer vor Baubeginn zu hinterlegenden Rückbaubürgschaft Rechnung getragen (vgl. Ziffer III.1.1.4 der Genehmigung). Vor diesem Hintergrund überwiegen die vom Antragsgegner und der Beigeladenen angeführten Vollziehungsinteressen das private Interesse des Antragstellers daran, von einer sofortigen Vollziehung der erteilten Genehmigung verschont zu bleiben.
37 
Das Vorhaben der Beigeladenen bedarf einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 4 Abs. 1 BImSchG i.V.m. Nr. 1.6 Spalte 2 des Anhangs der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen (4. BImSchV). Nach entsprechender Abstimmung wurde ein förmliches Genehmigungsverfahren gem. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 c der 4. BImSchV mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 10 BImSchG durchgeführt, denn eine Vorprüfung nach § 3c Abs. 1 Satz 1 UVPG hatte ergeben, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.
38 
Nach § 6 Abs. 1 BImSchG ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung dann zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und der nach § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Nach § 3 Abs. 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.
39 
Die den Antragsteller als Nachbarn schützende Pflicht zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG wird im Hinblick auf die befürchtete Geräuschbelastung nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht verletzt.
40 
Nach der vorliegenden Schallprognose der Firma ... GmbH vom 5. Mai 2005 werden auch bei Hinzurechnung eines Zuschlags für Prognoseunsicherheit die Grenzwerte für allgemeine Wohngebiete während der Nacht (40 dB(A)) eingehalten. Die Prognose wurde auf der Grundlage der TA-Lärm und der einschlägigen DIN-Bestimmungen erstellt und geht von den ursprünglich geplanten 15 WEA aus, wobei die nicht mehr verfahrensgegenständliche WEA die dem Antragstellergrundstück nächstgelegene gewesen wäre. Das Vorhaben wird als unkritisch angesehen. Für den im Wohngebiet des Antragstellers in Fünfbronn zugrunde gelegten Immissionsort ergab sich ein Immissionsrichtwert von 33,9 dB(A) und unter Berücksichtigung einer Prognoseunsicherheit ein solcher von 36,7 dB (A), der ebenfalls deutlich unter dem in allgemeinen Wohngebieten liegenden - drittschützenden - Wert von 40 dB (A) liegt. Vor diesem Hintergrund wurden in Ziffer III. 3 der angegriffenen Genehmigung konkrete Vorgaben zum Immissionsschutz gemacht. Nach III.3.1 darf der von den WEA verursachte Beurteilungspegel der Geräuschimmission an den maßgeblichen Immissionsorten die im Einzelnen bezeichneten Immissionsrichtwerte (zwischen 34 und 37 dB(A)) nicht überschreiten. Nach Errichtung der WEA ist eine Schallemissionsmessung nach bestimmten technischen Vorgaben durchzuführen; die Schallprognose ist bei nach oben abweichenden Ergebnissen zu aktualisieren. Die Einhaltung der Immissionsrichtwerte ist innerhalb von 15 Monaten nach Inbetriebnahme der Windkraftanlage nachzuweisen.
41 
Vor diesem Hintergrund ist nicht zu erwarten, dass die tatsächliche Belastung des über 2 km von der nächstgelegenen WEA entfernt liegenden Grundstücks des Antragstellers den in der TA-Lärm festgelegten Grenzwert von 40 dB(A) und damit das zumutbare Maß der Umwelteinwirkungen durch Lärm überschreiten wird. Die Prognose liegt auf „der sicheren Seite“ und geht von den für die Beigeladene ungünstigsten Bedingungen aus, d. h. die zu erwartenden Belastungen sind geringer als die Prognose. Dass das Gutachten von falschen Voraussetzungen ausgegangen wäre oder eine fehlerhafte Berechnung vorgenommen hat, ist nicht ersichtlich. Insbesondere werden die für die konkreten Anlagetypen vorhandenen schalltechnischen Vermessungen berücksichtigt. Dem vagen Einwand des Antragstellers, die Prognose lege einen zu geringen Schalleistungspegel zugrunde, ist der Widerspruchsbescheid substanziell entgegengetreten (Widerspruchsbescheid vom 17. Oktober 2006, S. 7 ff.), ohne dass sich der Antragsteller hierzu erklärt hätte. Die danach vorliegenden neueren Erkenntnisse zu den genehmigten Anlagen lassen eine noch geringere Belastung erwarten, als in der Prognose angenommen wurde. Die WEA werden zudem infraschallentkoppelt fundamentiert, so dass sich Infraschall nicht über den Boden ausbreiten kann.
42 
Es ist nicht zu beanstanden, dass sich der Antragsgegner für die Konkretisierung der Immissionsgrenzwerte an der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) vom 26. August 1998 (GMBl. 1998, S. 503) orientiert hat. Danach beträgt der Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete nachts 40 dB(A). Die Einordnung des Gebiets als faktisches allgemeines Wohngebiet wird vom Antragsteller nicht nachvollziehbar bestritten. In der betroffenen Umgebung des Windparks gibt es, nach allem was erkennbar ist, kein (faktisches) Kurgebiet im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 2 Baunutzungsverordnung. Mit der insoweit maßgeblichen baurechtlichen Beurteilung, die im unbeplanten Bereich von der tatsächlichen Umgebungsbebauung abhängig ist, ist die Anerkennung eines Ortes als Kurort nach dem Kurortegesetz nicht gleichzusetzen. Hinzu kommt, dass der Antragsteller wohl auch nicht im angeblichen Kurgebiet „Simmerath“ (gemeint ist wohl der Luftkurort Simmersfeld, ein Ortsteil von Simmersfeld) lebt, sondern im Ortsteil Fünfbronn. Auch deshalb kann er sich nicht auf die Einhaltung entsprechender Grenzwerte berufen.
43 
Soweit sich der Antragsteller im Zusammenhang mit etwaigen Brandgefahren auf den potentiell drittschützenden Aspekt der Anlagensicherheit beruft, ist eine Verletzung in eigenen Rechten ebenfalls nicht zu befürchten. Zum einen ist eine unmittelbare Gefährdung des in erheblicher Entfernung von den streitgegenständlichen Anlagen lebenden Antragstellers nicht zu erkennen, zum anderen stellen umfangreiche Auflagen in der Genehmigung den Brandschutz sicher. Danach sind die WEA u. a. mit automatischen Löschanlagen auszurüsten; auch ist die Löschwasserversorgung vor Ort sicherzustellen (Ziffer III. 2 der Genehmigung i.V.m. den Erläuterungen auf S. 23 f. der Genehmigung).
44 
Was die Anlagensicherheit im Hinblick auf die geltend gemachten Gefahren durch Eis- oder Rotorbruch anbelangt, wurde bereits auf die eingetretene Präklusion hingewiesen (oben 2.). Erfolgsaussichten sind insoweit aber auch in der Sache zu verneinen, denn eine Verletzung in eigenen Rechten ist angesichts der entsprechenden Nebenbestimmungen zur erteilten Genehmigung und den umfassenden Verkehrssicherungspflichten der Beigeladenen nicht zu befürchten. So befindet sich im Hinblick auf den befürchteten Eiswurf ein Überwachungssystem in den Anlagen selbst, die bei beginnendem Eisansatz automatisch abgeschaltet werden und nur nach visueller Prüfung vor Ort manuell wieder angeschaltet werden dürfen. Zudem weisen Warnschilder auf die Eiswurfgefahr hin. Ein Eisabwurf auf den Skifernwanderweg bzw. die Langlaufloipe ist nach den Vorgaben der Genehmigung ausgeschlossen (vgl. hierzu die Nebenbestimmungen Ziffern III.3.5 und 3.6). Anhaltspunkte, die eine Gefährdung des Antragstellers durch einen Rotorblattbruch konkret befürchten lassen könnten, bestehen nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht.
45 
Auch das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme, wie es in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB zum Ausdruck kommt und soweit es nachbarschützend ist (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 <“Schweinemäster-Fall“>, BVerwGE 52, 122), ist aller Voraussicht nach nicht verletzt.
46 
Zwar kann eine gewisse optisch störende Wirkung, die von der Drehbewegung des Rotors in Verbindung mit der erheblichen Höhe der Anlagen und ihrer Baumasse ausgeht, nach Lage der Dinge nicht ausgeschlossen werden. Gleichwohl dürfte die Wirkung der WEA nach den hier gegebenen Umständen, insbesondere auf Grund der nicht unerheblichen Entfernung zur Wohnbebauung, nicht rücksichtslos im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sein. Denn nach den gegebenen Umständen kann von einer bedrängenden oder erdrückenden Wirkung im Hinblick auf das über 2 km von der nächstgelegenen WEA entfernte Grundstück des Antragstellers nicht ausgegangen werden. Allein der Umstand, dass die WEA von der benachbarten Wohnbebauung aus wahrnehmbar sind und dies als negativ empfunden wird, genügt für die Annahme eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot nicht.
47 
Auch schädliche Umwelteinwirkungen durch Schattenwurf und Lichtreflexe sind nach den - vom „worst case“ ausgehenden - Berechnungen der Schattenwurfprognose vom 5. Mai 2005 ... und den Vorgaben zur Materialbeschaffenheit und Farbgebung (Ziffern III.3.4 und III.7.2.1 der Genehmigung) nicht zu erwarten.
48 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit auch ein Kostenrisiko eingegangen ist, entspricht es der Billigkeit, dem Antragsteller auch ihre Kosten aufzuerlegen.
49 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG. Die Kammer orientiert sich an den Ziffern 1.5 und 19.2 i.V.m. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.


Tenor

Die Berufungen der Berufungskläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 13. Dezember 2007 werden zurückgewiesen.

Die Berufungskläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufungskläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Berufungskläger (eine betroffene Gemeinde, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie eine Privatperson) wenden sich gegen einen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten, der die Errichtung der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen zum Gegenstand hat.

2

Die Gemeinden Waldsee, Altrip und Neuhofen liegen in der Oberrheinebene südlich der Städte Mannheim und Ludwigshafen im Rhein-Pfalz-Kreis. Das Gebiet ist Bestandteil des Rhein-Neckar-Raumes und oberhalb der Einmündung des Neckars in den Rhein gelegen. Außerhalb der geschlossenen Bebauung der vorgenannten Gemeinden befinden sich mehrere Einzelgehöfte (u.A. der am H. Weg gelegene Aussiedlerhof der Berufungsklägerin zu 2), großflächige Camping- und Freizeitanlagen und zahlreiche Wasserflächen (u. a. der Neuhofener Altrhein und der Baggersee Schlicht). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die bei den Planunterlagen befindliche Übersichtskarte (Mappe 1, Anlage 2) verwiesen.

3

In den Gemarkungen der vorgenannten drei Gemeinden soll zwischen Rhein-Kilometer 411,3 und 412,5 - in einem früheren Überschwemmungsgebiet des Rheins - die 327 ha große Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen errichtet werden. Die Planungsmaßnahme betrifft die Errichtung eines Rückhalteraumes, der teils für regelmäßige Überflutungen in Abhängigkeit von den Rheinwasserständen (sog. ungesteuerter Teil) und teils zur Rückhaltung von Rheinhochwasser bei extremen Hochwasserereignissen (sog. gesteuerter Teil) vorgesehen ist. Der ungesteuerte Retentionsraum reicht im Osten bis an den Rhein heran. Der gesteuerte Retentionsraum, der durch Öffnung eines Einlassbauwerkes geflutet werden soll, schließt sich hieran westlich an. Dazwischen ist ein Trenndeich mit einem kombinierten Ein- und Auslassbauwerk geplant. Das Rückhaltevolumen der ungesteuerten Hochwasserrückhaltung beträgt etwa 1,2 Mio. m³, dasjenige der gesteuerten Hochwasserrückhaltung umfasst ca. 7,8 Mio. m³. Der bisher bestehende Rheinhauptdeich soll entwidmet und auf einer Länge von rund 1,24 km abgetragen werden. An dessen Stelle soll ein neuer 8,54 km langer, noch zu errichtender Rheinhauptdeich treten, der eine Deichhöhe zwischen 3,20 m und 6,70 m aufweist. Der Trenndeich ist zwischen 3,75 m und 4,75 m hoch und rund 520 m lang. Auf der Deichkrone des Trenndeichs soll die Kreisstraße 13 (K 13), die die Gemeinden Altrip und Waldsee verbindet, sowie ein Fuß-/Radweg neu angelegt werden.

4

Neben den Deichbauten sind u.A. noch folgende Maßnahmen vorgesehen:

5

- die Sanierung des Schöpfwerks „Neuhofener Altrhein“, das bei Einsatz der gesteuerten Rückhaltung den Wasserstand im Neuhofener Altrhein nach Absenkung auf einem Niveau von rd. 89,40 müNN halten und dadurch einen zusätzlichen Anstieg der Grundwasserstände im Bereich des Freizeitgeländes „Blaue Adria“ und am östlichen Rand von Neuhofen verhindern soll; ferner sollen über das Schöpfwerk auch die über den Graben E 7 aus der Schlicht dem Neuhofener Altrhein zugeführten Wassermengen in den unmittelbar mit dem Rhein in Verbindung stehenden Kiefweiher gefördert werden;

6

- der Bau des Schöpfwerks „Auf der Au“, das bei Überflutung der ungesteuerten und bei Einsatz der gesteuerten Rückhaltung den Wasserstand im Schulgutweiher auf einem Niveau von 91,50 müNN halten und so einen im Vergleich zur Situation ohne Hochwasserrückhaltung deutlichen Anstieg der Grundwasserstände im nördlichen Bereich der Freizeitanlage „Auf der Au“ verhindern soll;

7

- die Herstellung des 7,9 ha großen und bis zu 12 m tiefen „Altripsees“ sowie der Bau des Schöpfwerks „Altrip“ am südöstlichen Ufer des Altripsees zur Verhinderung des ohne Hochwasserrückhaltung zusätzlichen Anstiegs der Grundwasserstände im Bereich der Ortslage Altrip;

8

- der Bau der 3,6 ha großen „Geländemulde Waldsee“ zur Verhinderung des im Vergleich zur Situation ohne Hochwasserrückhaltung zusätzlichen Anstiegs der Grundwasserstände im Bereich der Ortslage Waldsee sowie die Errichtung des Pumpwerks an der „Geländemulde Waldsee“ zur Haltung des binnenseitigen Grundwasserspiegels;

9

- der Bau eines gesteuerten Auslaufbauwerks am Baggersee Schlicht und die Herstellung eines Verbindungsgrabens E7 vom Baggersee Schlicht zum Neuhofener Altrhein;

10

- der Bau eines Sieles zur Restwasserentleerung der gesteuerten Rückhaltung am Entwässerungsgraben E5 und naturnahe Umgestaltung des Grabens;

11

- die Herstellung von Geländemodellierungen zur Verbesserung der Flutungs- und Entleerungsvorgänge sowie Maßnahmen zum Schutz von Objekten im Außenbereich gegen Grundwasser und eine Dränage für den Campingplatz „Auf der Au“ mit Ableitung zum Schulgutweiher.

12

Im beplanten Bereich sind die Flächen größtenteils (mit einem Anteil von jeweils ca. 49 % an der Gesamtfläche) landwirtschaftliche Nutzflächen oder Wald- und Forstflächen. Rund 2 % der Gesamtfläche unterliegen einer freizeitlichen Nutzung. Nördlich an das geplante Poldergebiet grenzt das 358 ha große Europäische Vogelschutzgebiet „Neuhofener Altrhein mit Prinz Karl-Wörth“ (Nr. 6516-401) und im Südosten das 1181 ha große Europäische Vogelschutzgebiet „Otterstadter Altrhein und Angelhofer Altrhein inklusive Binsfeld“ (Nr. 6616-401) an. Der Bereich der ungesteuerten Hochwasserrückhaltung liegt im 1425 ha großen, seit Mai 2004 gemeldeten FFH-Gebiet „Rheinniederung Speyer-Ludwigshafen“ (Nr. 6616-304). Westlich daran schließt sich das Naturschutzgebiet „Horreninsel“ an. Nördlich an die geplante gesteuerte Hochwasserrückhaltung grenzen die Naturschutzgebiete „Neuhofener Altrhein“ und „Neuhofener Altrhein, nördliche Erweiterung“; südlich liegt das Naturschutzgebiet „Im Wörth“. Ein weiteres Naturschutzgebiet mit Namen „Prinz Karl-Wörth“ befindet sich nördlich des besiedelten Bereichs von Altrip. Schließlich liegt das als Polderfläche vorgesehene Gebiet im Geltungsbereich der Landschaftsschutzverordnung „Pfälzische Rheinauen“. Jenseits des Rheins befindet sich auf baden-württembergischer Seite das FFH-Gebiet „Rheinniederung von Philippsburg bis Mannheim“ (Nr. 6716-341) sowie das Europäische Vogelschutzgebiet „Rheinniederung Altlußheim-Mannheim“ (Nr. 6617-401); deren geringste Entfernung zum Retentionsraum beträgt 250 m.

13

Die geplante Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen ist ausweislich der Planunterlagen Teil einer Gesamtkonzeption zur Verbesserung des Hochwasser-schutzes am Rhein. Der Ausbau des Oberrheins zwischen Basel und Iffezheim hatte durch Staustufen zu einem Verlust von 130 km² Überschwemmungsflächen geführt. Der Hochwasserschutz für die unausgebaute Rheinstrecke reduzierte sich dadurch von einem Schutz gegen ein 200-jährliches Ereignis auf den Schutz gegen ein 80-jährliches Ereignis. Durch Hochwasserrückhaltungen soll der ehemals vorhandene Schutz wieder erreicht werden. Die vom Land Rheinland-Pfalz zum Hochwasserschutz übernommene Bauverpflichtung für Polder im „Verwaltungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen zur Regelung von Fragen des Hochwasserschutzes am Oberrhein“ vom 24. Mai / 28. Juli 1977 und im Änderungsabkommen vom 3. November 1988 / 31. Januar und 16. Mai 1989 mit einem Gesamtvolumen von 44 Mio. m³ zur Rückhaltung von Rheinhochwassern ist Teil einer Hochwasserschutzkonzeption der Anliegerstaaten am Oberrhein zur Wiederherstellung der Hochwassersicherheit.

14

Nach der Planung soll der ungesteuerte Teil des Polders in Zukunft wieder regelmäßig vom Rhein überschwemmt und an die natürliche Dynamik des Rheins angeschlossen werden. Mit der Flutung des gesteuerten Polders sollen Überflutungen in den unterliegenden Siedlungs-, Gewerbe- und Infrastrukturflächen der Rheinniederung abgewehrt werden. Nach Schaffung und Einsatz aller vertraglich vereinbarten Hochwasserrückhaltungen am Oberrhein ist der Einsatz des gesteuerten Teils der geplanten Hochwasserrückhaltung während der winterlichen Vegetationspause zweimal im Jahrhundert und der Einsatz in der Vegetationsperiode nur einmal im Jahrhundert zu erwarten (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 1 "Zusammenfassende Erläuterungen“, Seite 21). Die gesteuerte Rückhaltung wird bei Rheinhochwassern eingesetzt, wenn ein Rheinabfluss am Pegel Worms von mehr als 5.300 m³/s erwartet wird. Die Flutung des gesteuerten Rückhalteraums erfolgt über das Ein-/Auslassbauwerk in zwei Stufen. Zu Beginn werden die beiden inneren Klappen abgesenkt und der Polder bis zu einem Wasserstand von 93,5 müNN gefüllt, was einem Speicherinhalt von knapp 1,5 Mio. m³ entspricht. Nach ca. 4 Stunden wird mit der Absenkung der zwei äußeren Klappen begonnen. Der Bemessungswasserstand für die gesteuerte Rückhaltung liegt bei 96,4 müNN.

15

Um den Verpflichtungen des Landes Rheinland-Pfalz für den Hochwasserschutz am Rhein Rechnung zu tragen, wurde in einem raumordnerischen Entscheid vom 20. November 1980 u.A. der Polderstandort Hördt (Hochwald Hördt) als mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung vereinbar ausgewiesen.

16

Der damals geplante Polderstandort Hochwald Hördt mit ca. 23 Mio. m³ Rückhaltevolumen stand unter dem Vorbehalt einer ergänzenden Umweltverträglichkeitsprüfung, da er nach dem Landesentwicklungsprogramm Wasserschongebiet ist und in einem Naturschutzgebiet liegt. Eine daraufhin im Jahre 1986 von der Planungsgruppe Ökologie und Umwelt, Hannover, erstellte „Ökologische Risikoanalyse und landschaftspflegerische Begleitplanung“ brachte kein positives Ergebnis, weshalb geeignete Ersatzstandorte gesucht und geprüft wurden. Aufgrund der Empfehlungen der Gutachterstudie „Ersatzstandort Polder Hördt“ aus dem Jahre 1990 und einer Untersuchung des damaligen Staatlichen Amtes für Wasser- und Abfallwirtschaft Neustadt/Wstr. traf der Ministerrat im April 1992 eine Auswahl von Standorten, die in einem raumplanerischen Verfahren auf ihre Übereinstimmung mit den Zielen der Raumordnung und Landesplanung überprüft werden sollten. Bei diesen Standorten handelte es sich um Flächen in den Gemarkungen von Wörth/Neupotz, Mechtersheim und Waldsee/Altrip/Neuhofen.

17

Anlässlich eines Raumordnungsverfahrens über die Errichtung von Hochwasserrückhalteräumen in der pfälzischen Rheinniederung südlich von Ludwigshafen am Rhein erklärte die damalige Bezirksregierung Rheinhessen – Pfalz, deren Rechtsnachfolgerin die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd − SGD Süd − ist, mit raumordnerischem Entscheid vom 30. Juni 1995 drei Hochwasserrückhaltungen in der pfälzischen Rheinniederung als mit den Zielen von Raumordnung und Landesplanung vereinbar, und zwar Wörth/Neupotz, Mechtersheim sowie Waldsee/Altrip/Neuhofen. Der Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen ist darin mit einem gesteuerten Rückhaltevolumen von ca. 8 Mio m³ vorgesehen.

18

Mit Schreiben vom 27. November 2000 bestätigte die SGD Süd - obere Landesplanungsbehörde - die weitere Gültigkeit des raumordnerischen Entscheids vom 30. Juni 1995; die Notwendigkeit der Durchführung eines erneuten Raumordnungsverfahrens für die Retentionsräume Mechtersheim und Waldsee/Altrip/Neuhofen wurde ausdrücklich verneint.

19

Nach den neuesten Plänen des Beklagten soll der Standort Hördter Rheinaue in das Hochwasserschutzkonzept des Landes Rheinland-Pfalz einbezogen werden (s. Landtags-Drucksache 15/1180) und nach der vorgesehenen sog. „Moderatoren-Variante“ künftig als zusätzlicher Reserveraum für Extremhochwässer zur Verfügung stehen; das hierfür erforderliche Raumordnungsverfahren wurde im November 2007 eingeleitet.

20

Das Gemeindegebiet der Berufungsklägerin zu 1) - der Gemeinde Altrip - grenzt im Osten unmittelbar an den Rhein. Die Gemeinde hat knapp 8000 Einwohner und betreibt mehrere öffentliche Einrichtungen (u.A. Rathaus, Altenheim, Regino-Zentrum, Maxschule, Bürgerhaus, Grundschule, Abwasserbeseitigungsanlagen). Im westlichen Teil ihres Gemarkungsbereichs liegt das über 500 Wochenendhäuser sowie mehrere hundert, zum Dauercamping genutzte Wohnwagen aufweisende Naherholungsgebiet „Blaue Adria“, das eine beträchtliche Wasserfläche umfasst, die sich auf fünf stehende Gewässer verteilt.

21

Bei Rheinhochwasser ist die Gemeinde Altrip häufig von Druckwasserproblemen betroffen. Insbesondere in den südöstlichen Teilen der Bebauung steht bei hohen Grundwasserständen Wasser in zahlreichen Kellern.

22

Das Niveau der Straßen in der Ortslage von Altrip liegt zwischen 92,9 müNN und 95,2 müNN. Der alte Ortskern liegt auf etwa 94 müNN. Die Gemeinde unterhält in der Ortslage ihr Wasserwerk mit zwei Tiefbrunnen, die seit dem 30. April 2007 nur noch der Notwasserversorgung dienen, da sie seitdem von den Technischen Werken Ludwigshafen (TWL) durch eine 4,7 km lange Verbundleitung von Ludwigshafen mit Trinkwasser versorgt wird. In der … Straße befindet sich auf der Höhe des Gemeindekindergartens die Grundwassermessstelle 1412, weitere Messstellen sind außerhalb der geschlossenen Bebauung vorhanden. Der Grundwasserpegel an der Messstelle 1412 liegt regelmäßig nicht über 90,0 müNN; in den Jahren 1986 - 1988 stieg er zeitweise auf mehr als 91,0 müNN an und nach einem Starkregenereignis im Sommer 1999 auf etwa 91,0 müNN. An der Messstelle 1243 I, die in der geplanten gesteuerten Rückhaltung liegt, pendelt der Grundwasserstand regelmäßig zwischen 89,7 müNN und 90,5 müNN. Die Wasserspiegelhöhe im Neuhofener Altrhein beträgt in der Regel 89,4 müNN; beim Hochwasser im Jahre 1988 stieg er auf gemessene 90,6 müNN und beim Starkregenereignis 1999 auf 90,9 müNN an. Der Neuhofener Altrhein bildet zudem die Vorflut für die Gräben E 1 bis E 5. An seinem nördlichen Ende befindet sich ein seit 1973 stillgelegtes Schöpfwerk, das bei einem Hochwasserereignis im Jahre 1999 noch einmal in Betrieb genommen wurde. Bei steigenden Wasserständen im Neuhofener Altrhein erfolgt ein Rückstau in die Gräben.

23

Im Jahr 2001 gab die Berufungsklägerin zu 1) eine Studie zur Machbarkeit einer Grundwasserhaltung zur Begrenzung des Grundwasseranstiegs bei Rheinhochwasser in Auftrag. Die Firma … GmbH, … - im Folgenden TGU - schlug in ihrer Machbarkeitsstudie vom August 2001 ein Stufenkonzept zur Verbesserung der Grundwassersituation in Altrip vor: Die Instandsetzung und Inbetriebnahme des Schöpfwerks am Neuhofener Altrhein, den zusätzlichen Ausbau und die Erweiterung eines Grabensystems, die Anordnung einer Dichtwand im Rheinhauptdeich sowie die Anordnung und der Betrieb von Hochwasserschutzbrunnen. Das vorgeschlagene Konzept wurde aber bisher nicht verwirklicht.

24

Für den Bereich südlich der an der Kreisstraße 13 gelegenen Rennbahn, der bis auf 650 m an die Hochwasserrückhaltung heranreicht, hat die Gemeinde Altrip im Oktober 2003 den Bebauungsplan „Gewerbegebiet II“ als Satzung beschlossen. Den Aufstellungsbeschluss hatte sie im Juni 2000 gefasst. In Nr. C 20 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist der Hinweis enthalten, dass sich das Plangebiet in der durch Deiche, Schöpfwerke und Hochwassermauern gegen Rheinhochwasser geschützten Rheinniederung befinde und es bei Versagen der Hochwasserschutzeinrichtungen zu Überflutungen kommen könne. Ein Schadensersatzanspruch sowie ein Anspruch auf Verstärkung oder Erhöhung der Hochwasserschutzanlagen bestünden nicht. In Nr. C 21 wird empfohlen, die Keller − falls vorgesehen − wasserdicht auszubilden bzw. auf eine Unterkellerung zu verzichten. Im September 2007 hat der Gemeinderat der Klägerin zu 1) ferner für ein ca. 3 ha großes Gebiet am südlichen Ortsrand östlich der K 8 einen Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan „… Straße“ gefasst.

25

Von der planfestgestellten Hochwasserrückhaltung sind 124 ha und damit ca. 12 % des Gemeindegebietes der Berufungsklägerin zu 1) betroffen. In ihrem Eigentum stehen u.A. das nördlich des geplanten Polders gelegene Grundstück Flur-Nr. … (R.) sowie die beiden unmittelbar an den vorgesehenen Altripsee angrenzenden Grundstücke Flur-Nrn. … (Wandererparkplatz) und … (Verkehrsbegleitfläche mit Ruhebänken), die vom planfestgestellten Vorhaben vorübergehend in Anspruch genommen werden sollen. Darüber hinaus ist die Gemeinde Eigentümerin der nördlich der Hochwasserrückhaltung liegenden Grundstücke Flur-Nrn. … (als Reitplatz verpachtet), … (Fahrweg), … und … (jeweils verpachtetes Ackerland) sowie der verpachteten Grundstücke Flur-Nr. … mit einer Größe von 129.321 m² und Flur-Nr. … mit einer Fläche von 75.560 m².

26

Bei der Berufungsklägerin zu 2) handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche die landwirtschaftliche Bewirtschaftung von Grundstücken in der Gemarkung Waldsee betreibt und dort auf ihren landwirtschaftlichen Flächen Obst und Gemüse anbaut. Das Wohngebäude der beiden Gesellschafter befindet sich in Waldsee, Am H. Weg …, etwa 400 m südlich der vorgesehenen gesteuerten Hochwasserrückhaltung. Die Gesellschafter sind u.A. Eigentümer von innerhalb des geplanten Polders gelegenen Acker- und Waldflächen. Dort haben sie zudem eine Vielzahl von Grundstücken gepachtet. Außerdem sind von dem planfestgestellten Vorhaben zahlreiche Eigentums- und Pachtflächen betroffen, die jeweils im nördlichen Grundstücksbereich als Fläche für die Herstellung des Deichs in Anspruch genommen werden sollen (hinsichtlich der betroffenen Eigentums- und Pachtflächen siehe im Einzelnen Blatt 428-436 der Gerichtsakte sowie die von der Klägerseite vorgelegten Flurkarten - Anlagen K 67 u. K 68).

27

Der Berufungskläger zu 3) ist Eigentümer des im Innenbereich von Altrip gelegenen Grundstücks Am … ( Flur-Nr. …), das mit einem von ihm bewohnten Wohnhaus bebaut ist. Die Entfernung zur vorgesehenen ungesteuerten Rückhaltung beträgt ca. 700 m. Daneben ist der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer zahlreicher Grundstücke im Naherholungsgebiet „Blaue Adria“ in Altrip, die als Campingplatzgelände genutzt werden.

28

Mit Schreiben vom 31. Januar 2002 beantragte das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die SGD Süd - Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz, - Neubaugruppe Hochwasserschutz Oberrhein -, bei der SGD Süd als obere Wasserbehörde die Feststellung des Plans für den Bau der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen .

29

Hierzu teilte die obere Landesplanungsbehörde des Beklagten mit Schriftsatz vom 14. März 2002 mit, obwohl das Planfeststellungsverfahren nicht mehr innerhalb der gesetzlich vorgesehenen 5-Jahres-Frist eingeleitet worden sei, seien derzeit keine Vorhaben und Planungen bekannt, die die Fortdauer des raumplanerischen Entscheids vom 30. Juni 1995 in Frage stellten. Die Notwendigkeit für die Durchführung eines erneuten Raumordnungsverfahrens sei nicht gegeben.

30

Im Laufe des Planfeststellungsverfahrens legte die von der SGD Süd mit grundwasserhydraulischen Untersuchungen beauftragte TGU Koblenz im Juli 2002 eine gutachterliche Stellungnahme zu dem Vorhaben vor. Letztere kam in ihrem Gutachten zu dem Ergebnis, dass sich bei Einsatz der ungesteuerten Hochwasserrückhaltung die Auswirkungen auf das Grundwasser mit den Schöpfwerken „Altrip“ und „Auf der Au“ vollständig kompensieren ließen. Dies gelte größtenteils auch unter den durchgeführten „Worst-Case“-Szenarien. Bei Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung kompensierten die vorgesehenen Anpassungsmaßnahmen die Grundwasserstandsänderungen im Hinblick auf die Ortslagen Waldsee, Altrip und Neuhofen. Bereichsweise verbessere sich die Situation in den Ortslagen. Am Aussiedlerhof „Am …“ sei bei Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung und einer höheren Durchlässigkeit der Deckschichten in der gesteuerten Hochwasserrückhaltung mit maximalen Grundwasserständen im Bereich der Kellersohle zu rechnen. Die Regelung der Wasserstände im Neuhofener Altrhein, im Wolfgangsee/Schlicht, in der Geländemulde Waldsee, im Altripsee und Schulgutweiher erforderten Pumpmaßnahmen. Unter Beachtung der Sensitivitätsanalyse betrage die erforderliche Förderrate des Schöpfwerks am Neuhofener Altrhein 2.400 l/s, die des neu zu bauenden Schöpfwerks am Altripsee 1.100 l/s und des Schöpfwerks „Auf der Au“ 820 l/s. Für die innerhalb des Untersuchungsgebiets gelegenen Trinkwassergewinnungen der Gemeinde Altrip und des Zweckverbandes für Wasserversorgung „Pfälzische Mittelrheingruppe“ seien keine Auswirkungen zu erwarten.

31

Im Januar 2002 reichte die SGD Süd, Regionalstelle Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft und Bodenschutz, Neubaugruppe Hochwasserschutz Oberrhein, Speyer, eine Umweltverträglichkeitsstudie zu dem geplanten Vorhaben ein (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 1 B). Ferner wurde ein landespflegerischer Planungsbeitrag (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 3.2) sowie eine Natura-2000-Verträglichkeitsstudie bezogen auf den nördlich an die Hochwasserrückhaltung angrenzenden Teil des gemeldeten EU-Vogelschutzgebiets „Neuhofener Altrhein mit Prinz Karl Wörth“ vorgelegt (s. Planunterlagen, Mappe 1, Anlage 3.5).

32

Die öffentliche Bekanntmachung über die Offenlegung der „maßgebenden Unterlagen (Plan)“ erfolgte im Amtsblatt der Verbandsgemeinde Waldsee am 30. August 2002, im Amtsblatt der Gemeinde Altrip am 29. August 2002 und im Amtsblatt der Gemeinde Neuhofen ebenfalls am 29. August 2002. In der Bekanntmachung wurde darauf hingewiesen, dass Einwendungen bis spätestens 16. Oktober 2002 bei der SGD Süd oder den jeweiligen Gemeindeverwaltungen erhoben werden könnten und nach Ablauf der Einwendungsfrist alle Einwendungen ausgeschlossen seien, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhten. Die Auslegung des Plans mit den Zeichnungen und Erläuterungen erfolgte bei der Verbandsgemeindeverwaltung Waldsee und in den Gemeindeverwaltungen Altrip und Neuhofen jeweils in der Zeit vom 2. September 2002 bis 2. Oktober 2002.

33

Die Berufungsklägerin zu 1) erhob mit Schreiben vom 16. Oktober 2002 Einwendungen gegen das geplante Vorhaben. Hierzu machte sie u.A. geltend, das vorgesehene Rückhaltevolumen sei nicht erforderlich, da ohne den Polderstandort Waldsee/Altrip/Neuhofen noch 47 Mio. m³ Rückhaltevolumen zur Verfügung stünden, also mehr als staatsvertraglich vereinbart. Durch das Vorhaben sei landwirtschaftlicher Vertragsanbau nicht mehr möglich. Für die Einfassung der gesteuerten Rückhaltung gingen 16 % bisheriger landwirtschaftlicher Fläche verloren. Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht erfolgt. Bei den Planungen fehlten Untersuchungen von Alternativstandorten (Ufer-Taschenpolder). Die hohe Durchlässigkeit der Sand- und Kiesböden erhöhe das Grund- und Druckwasser. Dadurch und durch das Heranrücken des Rheins und die damit erhebliche Verkürzung der Reaktionszeit bei einem Deichbruch ergebe sich ein erhöhtes Gefahrenpotenzial für Altrip. Die Maßnahme führe auch zu Wertminderungen für Grundstücke und Gebäude in der Gemarkung Altrip einschließlich der gemeindlichen Liegenschaften. Stark- und Dauerregen, der mit zeitlicher Verzögerung den Grundwasserstand zusätzlich belaste, sei in den Modellrechnungen der TGU nicht berücksichtigt. Die nachteiligen Auswirkungen auf das Landschaftsschutzgebiet und die Naturschutzgebiete in der Gemarkung Altrip seien unzureichend berücksichtigt worden. Im Überflutungsfall sei ein Schaden an Leib und Leben der Bürger zu befürchten. Die Trinkwassergewinnung durch das Altriper Wasserwerk werde durch die Erhöhung des Grundwasserspiegels gefährdet. Das Risiko bei einem Deichbruch sei unzumutbar hoch. Bei einer Polderflutung sei kein gesicherten Fluchtweg gegeben, da der Fluchtweg nach Rheingönheim (der einzige bei Polderflutung) auf dem alten Deich verlaufe und dieser in der Vergangenheit aufgrund des Rückstaus des Rehbachs gesperrt gewesen sei. Der geplante Polderdeich zerschneide das vorhandene Wegesystem fast vollständig, so dass ein ordnungsgemäßes Überqueren des Deiches in Richtung Neuhofener Altrhein nicht mehr möglich sei. Durch die geplante Hochwasserrückhaltung werde das Selbstgestaltungsrecht der Gemeinde verletzt; das Vorhaben präge das Ortsbild und das Landschaftsbild entscheidend und wirke nachteilig auf das Gemeindegebiet und die Gemeinde selbst ein. Ferner seien negative Auswirkungen auf die geplante Erweiterung des Gewerbegebietes und der sich dort künftig ansiedelnden Betriebe zu befürchten, insbesondere durch die Grundwassersituation. Die hydrologischen Untersuchungen hätten sich nicht mit der Problematik auseinandergesetzt, wie durch zusätzlichen Wasseranfall die unterirdischen Grundwasserströme verschoben würden. Es sei zu befürchten, dass gemeindliches Eigentum (Rathaus, Regino-Zentrum, Max-Schule, Bürgerhaus, Grundschule und Abwasserpumpwerke) durch Nassfallen von Kellern erheblichen Schaden erleiden werde. Die Auswirkungen der geplanten Hochwasserrückhaltung auf die gemeindliche Kanalisation und die Straßen, insbesondere deren Beschädigungen bei Flutung der Hochwasserrückhaltung, seien nicht berücksichtigt worden.

34

Die Berufungsklägerin zu 2) wies in ihrem Einwendungsschreiben vom 8. Oktober 2002 auf ihren landwirtschaftlichen Betrieb und darauf hin, dass ein Teil der bewirtschafteten Fläche durch den Bau des Dammes unnutzbar werde (ca. 4 ha). Ein weiterer Teil werde beim Fluten der gesteuerten Hochwasserrückhaltung in kürzester Zeit durch Druckwasser auf ungewisse Zeit unbrauchbar. Beim Fluten würden ca. 60 % ihrer Fläche unbrauchbar. Sie befürchte die Vernässung ihrer insgesamt 400 m² großen fünf Halbkellerwohnungen, die sie zur Sicherung ihrer Existenzgrundlage vermietet habe und ihr als zusätzliche Altersversorgung dienen sollten. Die betroffenen Häuser lägen nicht einmal 400 m von der Hochwasserrückhaltung entfernt.

35

Der Berufungskläger zu 3) erhob mit Schreiben vom 18. September 2002 und mit anwaltlichem Einwendungsschriftsatz vom 16. Oktober 2002 u.A. folgende Einwendungen: Durch die geplante Maßnahme sei ein Anstieg des Druckwassers zu befürchten. Der ungesteuerte Polder liege nur ca. 750 m bis 800 m von seinem Haus entfernt; durch den Polderbau werde die Vernässung noch mehr ansteigen. Bei einer Polderflutung würde sein Keller mindestens 0,50 m unter Wasser stehen. Es bestehe auch das Risiko eines Deichbruches. In diesem Fall stünden die Fluchtwege nicht mehr zur Verfügung. Der raumplanerische Entscheid vom 30. Juni 1995 könne nicht als raumplanerische Grundlage für das Planfeststellungsverfahren angesehen werden, da er auf der Vorgabe basiere, dass für den Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen nur eine gesteuerte Rückhaltung vorgesehen sei, nicht jedoch auch eine ungesteuerte. Im Übrigen sei ein erneuter raumplanerischer Entscheid erforderlich, weil die darin festgesetzte Fünf-Jahres-Frist nicht eingehalten worden sei. Gegen die geplante Hochwasserrückhaltung sei weiter der Einwand fehlender Erforderlichkeit zu erheben. Bei den Planungen fehlten Untersuchungen von Alternativstandorten. Die Umweltverträglichkeitsprüfung sei lediglich auf beplanten Flächen beschränkt; eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung, die die Auswirkungen auch großräumig untersuche, sei nicht erfolgt. Die nachteiligen Auswirkungen auf überregional bedeutsame Naturschutzgebiete seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Seine Wohnumwelt werde zerstört, die ihm u.A. als Erholungsraum diene. Die grundwasserhydraulischen Untersuchungen seien zu beanstanden und müssten neu vorgenommen werden. In ihnen sei nicht berücksichtigt worden, dass in besonders vorbelasteten Gemeinden wie Altrip schon ein relativ geringer Anstieg der Grundwasserstände in den bebauten Ortslagen schädliche Folgen auslösen könne, so dass trotz der vorgelegten Untersuchungen eine Gefährdung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Dies gelte umso mehr, als rechnerisch erstellte Prognosen keine Nachweise, sondern bloße Wahrscheinlichkeitsbetrachtungen seien. Insoweit sehe er sein in der Gemeinde Altrip befindliches Grundeigentum bedroht. Er mache eine Verletzung seines Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 GG, seines Rechts auf allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG, seines Rechts auf Gleichbehandlung aus Art. 3 Abs. 1 GG und seines Rechts auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geltend.

36

Im März 2003 legte das von Prof. Dr. K. geleitete Institut für Hydromechanik und Wasserwirtschaft der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH Zürich) die von der SGD Süd in Auftrag gegebene Prüfung des von der TGU erstellten Grundwassermodells vor. Darin kamen Prof. Dr. K., Dipl. Umwelt-Naturwissenschaftler B. und Dipl. Ing. Z. zu dem Schluss, dass die Grundwasserhöhen in der Umgebung des Polders in ausreichender Genauigkeit prognostiziert worden seien. Bei der Bestimmung des maximalen Wasserandrangs in die Drainagen und Seen sei die Modellgenauigkeit deutlich geringer als bei den Piezometerhöhen (= Grundwasserstand). Die Zuflussraten könnten mit den Modellen nicht genau bestimmt werden. Letztlich werde erst das Monitoring nach Bau des Polders Sicherheit über die Raten bringen. Die Aufhöhung von Grundwasserständen und der Wasserandrang zu den Schöpfwerken müsse konservativ abgeschätzt werden. Bei Aussagen zur Hochwassergefährdung von einzelnen Gebäuden werde das Modell eindeutig überbeansprucht. Man könne aus der Übereinstimmung des Grundwasserstands in einer Modellzelle mit der Höhe der Sauberkeitsschicht eines Gebäudes nicht folgern, dass für das Gebäude keine Gefahr bestehe. Es sei zu bedenken, dass der Grundwasserspiegel eine Prognoseunsicherheit von sicher nicht weniger als 0,5 m aufweise und dass der errechnete Wasserstand einen Mittelwert darstelle. Eine Sicherheit von 0,5 m sei mindestens erforderlich. Alle Bereiche um den Polder, die nicht an Ausgleichsmaßnahmen angeschlossen seien, würden gegenüber dem Bezugszustand auch bei Funktionieren der geplanten Ausgleichsmaßnahmen eine Aufhöhung der Grundwasserstände erfahren.

37

Die Prüfgutachter gaben die Empfehlung, die Kalibrierung des instationären Modells zu verbessern und die Sensitivitätsanalyse zu korrigieren. Das Schöpfwerk Schleuse liege in seiner Dimensionierung nicht zweifelsfrei auf der sicheren Seite. Es solle alles getan werden, um den Grundwasserandrang zum Neuhofener Altrhein zu vermindern.

38

Am 4. Dezember 2003 gab Dr. Ing. S. von der TGU zu dem Prüfbericht der ETH Zürich vom 17. März 2003 gegenüber der SGD Süd eine Stellungnahme ab. Dr. Ing. S. führte aus, auf der Grundlage der Empfehlungen der ETH Zürich sei eine Neukalibrierung des Modells auf der Grundlage des Basisfalls vorgenommen worden. Dabei sei der Ausgangswasserstand des Neuhofener Altrheins auf 90,5 müNN erhöht worden, was dem Maximalwert des Hochwassers 1988 entspreche. Ohne Einrechnung der wasserwirtschaftlichen Anpassungsmaßnahmen steige der Wasserstand im Neuhofener Altrhein bei Einsatz der ungesteuerten und gesteuerten Rückhaltung extrem an. Wasserstände über 90,5 müNN im Neuhofener Altrhein führten aber voraussichtlich zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit des Auslaufs an der Schlicht durch Rückstau. Um diese Problematik zu vermeiden, könne man entweder die Leistungsfähigkeit des Schöpfwerks am Neuhofener Altrhein erhöhen, um die Absenkung des Altrheins zu beschleunigen oder dieses Schöpfwerk früher zum Einsatz bringen bzw. es dauerhaft betreiben.

39

Hierzu nahmen Prof. Dr. K., Dipl. Umwelt-Naturwissenschaftler B. und Dipl. Ing. Z. von der ETH Zürich mit Schreiben vom 16. Februar 2004 Stellung. Die Prüfgutachter sind darin der Auffassung, dass die Modelleichung „Basisfall“ nicht eindeutig sei. Was den Leakage-Faktor der ungesteuerten und gesteuerten Hochwasserrückhaltung angehe, sei unklar, ob der jetzt verwendete Wert wirklich eine Obergrenze darstelle, da keinerlei Messungen vorlägen. Die Wasserstände des Bezugszustandes an der Schlicht bzw. am Schulgutweiher würden zeitweise überschritten. Gehe man vom Bemessungshochwasser und einem maximalen Wasserstand des Neuhofener Altrheins von 90,9 müNN vor Beginn der Wasserstandsregulierung aus, müsse die Pumpleistung verdoppelt werden, um den Wasserspiegel innerhalb von 24 Stunden auf den für die Funktion von Graben E 7 erforderlichen Wasserstand von 90,5 müNN abzusenken.

40

Die SGD Süd holte im Laufe des Verwaltungsverfahrens u.A. auch ein Gutachten zu der Frage der Existenzgefährdung des landwirtschaftlichen Betriebs der Berufungsklägerin zu 2) ein. In seinem Gutachten vom 30. März 2005 kam der von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz als Sachverständiger für Betriebsbewertung, Entschädigungsfragen und Grundstücksbewertung vereidigte Prof. Dr. M. zu dem Schluss, der Betrieb der Berufungsklägerin zu 2) werde infolge des Flächenentzugs in seiner wirtschaftlichen Existenz gefährdet.

41

Nachdem ein Erörterungstermin bereits im Mai 2003 durchgeführt worden war, wurde der Plan für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen durch Beschluss der SGD Süd vom 20. Juni 2006 festgestellt.

42

Der Planfeststellungsbeschluss enthält zahlreiche Auflagen und ordnet zudem Beweissicherungsmaßnahmen an.

43

Im Abschnitt III finden sich u.A. folgende Nebenbestimmungen:

44

Nr. 3:

45

Alle baulichen Anlagen (§ 2 LBauO) sind entsprechend den anerkannten Regeln der Technik zu errichten. Beim Bau und Betrieb der Anlagen sind die einschlägigen Deutschen Industrienormen (DIN), insbesondere DIN 1184, 19700, 19712 und die sonstigen Technischen Vorschriften, insbesondere die DVWK- Merkblätter 202, 210 und 249 zu beachten.

46

Nr. 5:

47

Für die im Entwurf vorgesehenen baulichen Anlagen (siehe § 2 LBauO) ist der statische Nachweis bezüglich der Standsicherheit und des Auftriebs zu führen. Die dafür erforderlichen Berechnungen und Zeichnungen müssen vor der Bauausführung durch einen staatlich zugelassenen Prüfingenieur für Baustatik geprüft werden. Mit der Abnahme der Stahlbewehrung der statisch geprüften Bauteile ist der Prüfingenieur oder ein geeigneter Fachingenieur zu beauftragen.

48

Nr. 6:

49

Für den Deich ist ebenfalls der statische bzw. erdstatische Nachweis bezüglich der Standsicherheit und des Auftriebs zu führen. Die dafür erforderlichen Berechnungen und Zeichnungen müssen vor der Bauausführung durch einen qualifizierten Ingenieur für Erdbau/Bodenmechanik geprüft werden, wobei der prüfende Ingenieur nicht mit dem aufstellenden Ingenieur identisch sein darf. Mit der Überwachung ist ein qualifiziertes Büro für Grundbau/Bodenmechanik zu beauftragen.

50

Nr. 11:

51

Nach jeder Flutung ist unverzüglich

52

- die Funktionsfähigkeit des Ein-/Auslaufbauwerks zu kontrollieren

- die Funktion des Siels zu kontrollieren

- der gesteuerte Retentionsraum von Treibgut und Unrat zu räumen

- das Wege- und Entwässerungsnetz erforderlichenfalls wiederherzustellen.

53

Nr. 12:

54

Nach jeder Flutung ist durch ein Gutachten eines von der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen der Umfang der Schäden an den landwirtschaftlichen Flächen und Kulturen sowie evtl. entstehende Folgeschäden, z.B. aus Vertragsanbau zu ermitteln und zu entschädigen.

55

Nr. 13:

56

Beim Bau und Betrieb der Anlagen zur Wasserstandsregulierungen ist zu beachten:

57

Nr. 13.1:

58

Die zu installierenden Leistungen werden wie folgt festgesetzt:

59

Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“: 4,8 m³/s

Schöpfwerk “Altrip”: 2,0 m³/s

Schöpfwerk “Auf der Au”: 2,4 m³/s

Pumpwerk „Geländemulde Waldsee“ 45 l/s

bei einem Wasserstand im Rhein entsprechend BHW.

60

Nr. 13.2:

61

Die zu haltenden Wasserspiegel werden wie folgt festgesetzt:

62

bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums

Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“: 89,40 müNN

Schöpfwerk „Altrip“: 88,30 müNN

Schöpfwerk „Auf der Au“: 91,50 müNN

Pumpwerk „Geländemulde Waldsee“: 91,40 müNN

Baggersee „Schlicht“: 91,35 müNN

63

bei Überflutung des ungesteuerten Retentionsraums:

Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“: kein Betrieb

Pumpwerk „Geländemulde Waldsee“: kein Betrieb

Schöpfwerk „Altrip“: 89,50 müNN

Schöpfwerk „Auf der Au“: 91,50 müNN

Baggersee „Schlicht“: Auslauf geschlossen

64

Nr. 13.3:

65

Es ist zu überprüfen, ob das vorhandene Schöpfwerk am Neuhofener Altrhein in seiner Leistung auf 4,8 m³/s verstärkt werden kann. Sollte dies nicht möglich sein, ist ein neues Schöpfwerk am Neuhofener Altrhein zu errichten. Die hydraulische Leistungsfähigkeit des Zulaufs zum Schöpfwerk ist zu gewährleisten.

66

Nr. 13.4:

67

Die Schöpfwerke sind mindestens 24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung in Betrieb zu nehmen, falls die vorgenannten zu haltenden Wasserspiegel überschritten sind. Das Schöpfwerk Neuhofener Altrhein ist dabei mit seiner gesamten Leistung zu betreiben, um den Wasserspiegel im Altrhein so schnell wie möglich abzusenken und dadurch die Entwässerung der Schlicht zu verbessern.

68

Nr. 13.5:

69

Das Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“ und das Pumpwerk der “Geländemulde Waldsee“ dürfen nur bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums betrieben werden; der Auslauf des „Baggersees Schlicht“ darf nur bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums geöffnet werden. Die Schöpfwerke „Altrip“ und „Auf der Au“ sind bei Einsatz des gesteuerten Retentionsraums und bei Überflutung des ungesteuerten Retentionsraumes einzusetzen.

70

Nr. 20:

71

In der Umgebung der im Außenbereich gelegenen Höfe R., R., R., Aussiedlerhof am H. und des Pumpwerks Neuhofen des Beregnungsverbandes wird es trotz der vorgesehenen Anpassungsmaßnahmen zu einem Anstieg der Grundwasserstände kommen. Für die v.g. Objekte sind deshalb lokale Maßnahmen zur Haltung des Grundwasserspiegels mindestens 50 cm unter der jeweiligen Bauwerkssohle oder andere gleichwertige Maßnahmen vorzusehen.

72

Die Pläne dieser Maßnahmen nebst Wirkungsnachweisen sind der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Zustimmung vorzulegen. Die Anpassungsmaßnahmen sind spätestens mit der Hochwasserrückhaltung fertig zu stellen.

73

Nr. 22:

74

Nach Fertigstellung und wasserbehördlicher Abnahme der Hochwasserrückhaltung gem. § 95 LWG ist bei geeigneter Hochwasserführung des Rheins eine Probeflutung vorzunehmen, um die aufgrund der Modellberechnungen des Grundwassergutachtens errichteten und bemessenen Anpassungsmaßnahmen auf ihre Eignung zu überprüfen. Mit der Dokumentation der Probeflutung und der daraus resultierenden Veränderungen des Grundwasserspiegels, der Ermittlung der abgeleiteten Wassermengen, mit der Auswertung der Ergebnisse, deren Abgleich mit dem Grundwassermodell und einem Testat der Eignung oder Nicht-Eignung der Anpassungsmaßnahmen ist eine geeignete Universität/Hochschule zu beauftragen, welche bislang nicht bei der Planung oder Prüfung der Maßnahme beteiligt war. Das Konzept der Universität/Hochschule für die Probeflutung ist der Planfeststellungsbehörde vor der wasserbehördlichen Abnahme gem. § 95 LWG zur Zustimmung vorzulegen.

75

Sollte die Probeflutung zeigen, dass die Anpassungsmaßnahmen nicht ausreichen, so bleiben Auflagen hinsichtlich einer Verstärkung oder Erweiterung der planfestgestellten Anpassungsmaßnahmen oder zusätzlicher Maßnahmen, z.B. zur Verbesserung der Entwässerung der Schlicht ausdrücklich vorbehalten.

76

Nr. 23:

77

Die Beweissicherung hat vorläufig entsprechend dem Vorschlag im Grundwassergutachten (Anlage 9.1, S.58 Nr. 9.1.7 inklusive Monitoring sowie Anlage 9.6.1) zu erfolgen. Sollte die Probeflutung zeigen, dass der Bedarf an der Erfassung zusätzlicher oder anderer Daten/Messstellen besteht, so bleiben diesbezügliche Auflagen vorbehalten.

78

Mit der Beweissicherung ist unverzüglich zu beginnen, um noch möglichst viele Daten über die Verhältnisse vor Beginn der Baumaßnahme zu sammeln.

79

Die Daten sind auszuwerten und aufzubewahren. Sollte die Auswertung zeigen, dass die Anpassungsmaßnahmen nicht ausreichen, um Nachteile für die umliegende Bebauung zu verhindern, so bleiben Auflagen hinsichtlich ergänzender Anpassungsmaßnahmen ausdrücklich vorbehalten.

80

Nr. 24:

81

Auf Basis der im Rahmen der Prüfung des Grundwassergutachtens durchgeführten erweiterten Sensitivitätsuntersuchung ist eine Karte zu erstellen, welche die Flächen ausweist, die als Folge der Flutung des gesteuerten Retentionsraumes vernässen oder bei denen der Grundwasserspiegel höher als 1,5 m unter Geländeoberkante ansteigt. Diese Flächen sind zusätzlich in einer Flurkarte 1:5.000 mit Flurstücksnummern kenntlich zu machen. Dabei sind nur in Teilbereichen betroffene Grundstücke als vollständig betroffen anzusehen und darzustellen. Diese Karten sind der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn vorzulegen.

82

Es ist davon auszugehen, dass die in dieser Karte ausgewiesenen Flächen als Folge einer Flutung so vernässen, dass es bei landwirtschaftlicher Nutzung zu Ernteausfällen kommen kann. Die Bewirtschafter dieser Flächen sind deshalb im Flutungsfall für alle landwirtschaftlichen Ertragsverluste zu entschädigen; auf die Nebenbestimmung III.12 wird entsprechend verwiesen.

83

Nr. 29:

84

Die Planung und Bauausführung der K 13 ist rechtzeitig vor Baubeginn mit dem Landesbetrieb Straßen und Verkehr Rheinland-Pfalz -Straßen- und Verkehrsamt Speyer, St. Guido-Straße 17, 67346 Speyer, abzustimmen. Mit der Bauausführung darf erst nach Freigabe der Ausführungsplanung durch den vorgenannten Landesbetrieb begonnen werden.

85

Nr. 38:

86

Die nachträgliche Änderung oder Festsetzung von Nebenbestimmungen bleibt im öffentlichen Interesse vorbehalten.

87

Unter Abschnitt IV des Planfeststellungsbeschlusses heißt es weiter, dass die gegen das Planvorhaben erhobenen Einwendungen zurückgewiesen und die Anträge im Erörterungstermin abgewiesen wurden, soweit ihnen nicht durch die Festsetzung von Nebenbestimmungen in diesem Bescheid Rechnung getragen worden sei. Die Einwendungen der betroffenen Bürger und Gemeinden, darunter diejenigen der Kläger, wurden unter Abschnitt VI. Nr. 6. „Stellungnahmen, Einwendungen und Anträge“ thematisch gegliedert, zusammengefasst und jeweils mit einheitlicher Begründung zurückgewiesen.

88

Hiergegen haben u.A. die Berufungskläger zu 1) bis 3) am 21. Juli 2006 fristgerecht Klage zum Verwaltungsgericht erhoben, mit der sie unter Vorlage mehrerer hydrogeologischer Stellungnahmen von Prof. Dr. H. (Hydrosond) sowie weiterer naturschutz- und artenschutzrechtlichen Bewertungen des Büros Dipl.-Ing. (FH) H. (pro bios) neben Rügen bezüglich der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie natur- und artenschutzrechtlicher Belange im Wesentlichen vorgetragen haben:

89

Der streitgegenständliche Planfeststellungsbeschluss sei wegen seiner inhaltlichen Widersprüchlichkeit nicht hinreichend bestimmt und damit rechtswidrig. Insbesondere bestehe eine besondere gravierende Widersprüchlichkeit hinsichtlich der Nebenbestimmungen Abschnitt III. Nr. 13.4 und Nr. 13.5. Dies führe dazu, dass der Einsatz der Schöpfwerke im Planfeststellungsbeschluss nicht eindeutig geregelt sei. Auch die Umweltverträglichkeitsprüfung sei unzureichend gewesen. Hierauf könnten sie sich als absolutes Verfahrensrecht berufen. Zudem fehle dem Vorhaben die Planrechtfertigung, da bereits jetzt schon mehr als die im Verwaltungsabkommen vereinbarten Hochwasserrückhalträume mit insgesamt etwa 44.000.000 cbm Fassungsvermögen errichtet worden seien. Das bisherige Poldervolumen übersteige schon jetzt den Umfang der staatsvertraglichen Verpflichtungen. Darüber hinaus sehe der raumordnerische Entscheid vom 30. Juni 1995 lediglich ein Volumen für den Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen von 8.000.000 cbm vor, während jetzt ein Volumen von 9.000.000 cbm planfestgestellt worden sei.

90

Es lägen auch zwingende Versagungsgründe wegen der Ungeeignetheit des Untergrunds und der Bodenbeschaffenheit sowie der daraus resultierenden Gefährdung für die Bewohner vor. Insbesondere sei zu rügen, dass die Durchlässigkeit der Deckschichten in weiten Teilbereichen wesentlich höher liegen würden, als von der TGU angenommen. Dadurch ergebe sich ein überhöhter Zufluss zum Schöpfwerk am Neuhofener Altrhein, der mit der planfestgestellten Pumpkapazität nicht mehr beherrschbar sei, was wiederum zu Überflutungen und Vernässungen führe. Daran könne auch nichts die Verdoppelung der Schöpfwerkskapazitäten ändern. Im Übrigen weise das dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Grundwassermodell erhebliche Defizite auf, so insbesondere eine Überparametrisierung des Modells, eine nicht korrekte Sensitivitätsanalyse, eine fehlende Validierung und eine Vernachlässigung der Einzelobjekte. Eine korrekte Wiedergabe und Prognose der nach Verwirklichung und bei Einsatz des Polders eintretenden Verhältnisse sei daher nicht möglich. Ferner sei das Worst-Case-Szenario überhaupt nicht in die Erwägungen mit einbezogen worden. Das mögliche zeitliche Zusammentreffen eines Starkregenereignisses oder sogar eines Extremereignisses mit einem überregionalen Hochwasser und der folgenden Flutung des Polders seien nirgends bewertet worden. Ein solches Zusammentreffen von überregionalem Hochwasser und lokalen Hochwasserständen stelle jedoch den Normalfall für die Inanspruchnahme des Polders dar. Darüber hinaus kämen extreme Niederschläge in der Rheinebene relativ häufig vor, sodass ein Zusammentreffen mit einem extremen Hochwasserereignis von größter Wahrscheinlichkeit sei. Auch die Gefahr eines Deichbruches sei nur unzureichend bewertet worden.

91

Der Planfeststellungsbeschluss verletze das Gebot der Konfliktbewältigung, da er insbesondere die Planung, das für die im Außenbereich gelegenen Höfe − vor allem des Aussiedlerhofs „Am H.“ − lokale Maßnahmen zur Erhaltung des Grundwasserspiegels mindestens 50 cm unter der jeweiligen Bauwerksohle oder andere gleichwertige Maßnahmen vorzusehen seien, auf nachfolgende Verfahren abwälze. Der Planfeststellungsbeschluss lasse dabei die entscheidende Frage, ob überhaupt die Möglichkeit bestehe, für die genannten Objekte durch lokale Maßnahmen den Grundwasserspiegel jeweils 50 cm unter der jeweiligen Bauwerksohle zu halten, offen. Die Anordnung einer Probeflutung sei Ausdruck der Unzulänglichkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Ohne Berücksichtigung der örtlichen Detailverhältnisse müsse die Bewertung der Folgen einer Probeflutung als nicht überschaubar eingestuft werden. Der Detailliertheitsgrad der durchgeführten Untersuchungen sei völlig unzureichend. Der Einsatz eines auf großräumigen Untersuchungen bestimmten Mittelwertes werde dem erforderlichen Detailliertheitsgrad nicht gerecht. Ferner habe der Beklagte die Machbarkeit der Vorabsenkung nicht nachgewiesen.

92

Im Hinblick auf die naturschutzrechtlichen Aspekte seien die Bestandserhebungen sowie die Ausgangsdatenlage unzureichend und ungenügend. Darüber hinaus verkenne der Planfeststellungsbeschluss die unter nationalem Schutz stehenden Naturschutzgebiete „Neuhofener Altrhein“ und „Horreninsel“. Auch der Artenschutz sei unzureichend berücksichtigt worden, da der Polderbau die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 4 BNatSchG verwirkliche. Der Planfeststellungs-beschluss habe sich aufdrängende Planungsalternativen und Standortalternativen nur unzureichend geprüft. Ihm lägen demnach diesbezüglich Abwägungsdefizite zugrunde. Insbesondere seien die deutlichen Vorzüge des Standortes Hördt verkannt worden. Auch der abwägungsrelevante Faktor der Existenzgefährdung für landwirtschaftliche Betriebe sei nur unzureichend in die Abwägung mit einbezogen und daher falsch gewichtet worden. Unter Berücksichtigung dessen hätte die Gesamtabwägung, obwohl dem Hochwasserschutz ein hoher Stellenwert einzuräumen sei, zu einem Verzicht der Maßnahme am Standort Waldsee/Altrip/Neuhofen führen müssen. Angesichts dieser Abwägungsmängel komme eine Planergänzung oder ein ergänzendes Verfahren nicht in Betracht. Hilfsweise hätten sie im Hinblick auf weitergehende Maßnahmen zum Schutz vor Hoch- und Druckwasser sowie von Vernässungen einen Anspruch auf Neubescheidung.

93

Die Berufungskläger haben beantragt,

94

den Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom 20.Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 aufzuheben,

95

hilfsweise,

96

festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom 20. Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf,

97

höchst hilfsweise,

98

den Beklagten zu verpflichten, über die erforderlichen weitergehenden Maßnahmen zur hinreichenden Reduzierung der Druckwasserproblematik und/oder andere geeignete Auflagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

99

Der Beklagte hat beantragt,

100

die Klagen abzuweisen.

101

Zur Begründung hat er zunächst darauf hingewiesen, dass die Kläger nur Einwendungen geltend machen könnten, aus denen sich ergebe, dass sie in eigenen Rechten verletzt seien. Im Übrigen seien sie auch mit vielen Einwendungen präkludiert. Dies gelte insbesondere auch für die naturschutzrechtlichen Rügen der Berufungsklägerin zu 2). Darüber hinaus enthalte der Planfeststellungsbeschluss auch keine Abwägungsfehler. Die hydrogeologischen Annahmen der TGU, die von Prüfgutachtern (ETH Zürich) überprüft worden seien, seien nicht zu beanstanden. Auch ein Verstoß gegen das Gebot der Konfliktbewältigung liege nicht vor. Nach § 10 Abs. 1 WHG sei es gerechtfertigt, die Entscheidung über die festzusetzenden Auflagen und Entschädigungen einem späteren Verfahren vorzubehalten. Zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung sei nämlich unklar gewesen, in welchem Maße nachteilige Wirkungen durch das Vorhaben für die Einzelgehöfte eintreten würden und ob konkretere Auflagen aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit vertretbar seien. Die Auflage der Probeflutung biete eine zusätzliche Sicherheit. Sie sei nicht vorgesehen, weil die Problematik des Grundwasseranstiegs und Grundwasserandrangs völlig unzureichend behandelt worden sei, sondern weil dadurch im Hinblick auf die bei jedem Modell bestehende Unsicherheit eine weitere Überprüfung stattfinden könne. Entgegen der Behauptung der Kläger liege dem Planfeststellungsbeschluss im Hinblick auf die Standortalternativenprüfung kein Abwägungsdefizit zugrunde. Was den Standort „Polder Hördt“ anbetreffe, seien sämtliche Kläger präkludiert. Ungeachtet dessen stelle eine Hochwasserrückhaltung im Raum Hördt keine Alternative zur Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen dar, da sie nur als zusätzliche Hochwasserschutzmaßnahme im Rahmen der Hochwasserschutzkonzeption des Landes Rheinland-Pfalz in Frage kommt und sich aufgrund der naturschutzfachlichen Gegebenheit gerade nicht gegenüber der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen aufdränge.

102

Während des anhängigen Gerichtsverfahrens ergänzte die SGD Süd im Oktober 2007 ihre Untersuchungen um eine neue Natura-2000-Verträglichkeitsstudie (s. Blatt 568 der Gerichtsakte) sowie eine artenschutzrechtliche Verträglichkeits-studie (s. Blatt 624 der Gerichtsakte).

103

In den mündlichen Verhandlungen des Verwaltungsgerichts vom 14. und 16. November 2007 sowie 10. Dezember 2007 hat der Beklagte drei Prozesserklärungen abgegeben, durch welche die unter Abschnitt III. des Planfeststellungsbeschlusses aufgeführten Nebenbestimmungen Nr. 13.4. und Nr. 24. inhaltlich modifiziert worden sind.

104

Nr. 13.4. lautet nunmehr wie folgt:

105

Die Schöpfwerke sind mindestens 24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hoch-wasserrückhaltung in Betrieb zu nehmen, falls die vorgenannten zu haltenden Wasserspiegel überschritten sind. Das Schöpfwerk Neuhofener Altrhein ist dabei mit seiner gesamten Leistung zu betreiben, um den Wasserspiegel im Altrhein so schnell wie möglich abzusenken und dadurch die Entwässerung der Schlicht zu verbessern. Eine Flutung der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen darf nur dann erfolgen, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90,00 müNN nicht überschritten ist.

106

Der zweite Absatz der Nr. 24. lautet:

107

Es ist davon auszugehen, dass die in dieser Karte ausgewiesenen Flächen als Folge einer Flutung so vernässen, dass es bei landwirtschaftlicher Nutzung zu Ernteausfällen kommen kann. Die Bewirtschafter dieser Flächen sind deshalb im Flutungsfall für alle landwirtschaftlichen Ertragsverluste zu entschädigen; auf die Nebenbestimmung III.12 wird entsprechend verwiesen. Diese Vorschrift ist auch für den Betrieb „R.“ anzuwenden.

108

Folgender Absatz ist in der Nr. 24 angefügt worden:

109

Im Rahmen der Ausführungsplanung ist jeweils eine Zufahrtsmöglichkeit für landwirtschaftliche Fahrzeuge aus Richtung Waldsee und aus Richtung Altrip (in Höhe der Jägerwiese) für die in der Hochwasserrückhaltung liegenden landwirtschaftlichen Flächen vorzusehen. Die genaue Lage ist mit der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz und dem örtlichen Bauern- und Winzerverband abzustimmen und der Genehmigungsbehörde zur Zustimmung vorzulegen.

110

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen durch Urteil vom 13. Dezember 2007 ab gewiesen. Es hat die gegen den Planfeststellungsbeschluss vorgebrachten Rügen nicht als durchgreifend erachtet. Zur Begründung hat es vor allem ausgeführt:

111

Die Klagen seien weder mit den Hauptanträgen noch mit den beiden Hilfsanträgen begründet. Die Berufungskläger könnten sich nicht auf die Verletzung von natur-, umwelt- und artenschutzrechtlicher Vorschriften berufen. Die Berufungskläger zu 1) und 2) seien insoweit nicht in eigenen Rechten verletzt. Demgegenüber könne sich die Berufungsklägerin zu 2) zwar grundsätzlich auf die Verletzung solcher Rechte berufen, sie sei jedoch im vorliegenden Fall mit diesem Vorbringen präkludiert. Auch habe sich der Planfeststellungsbehörde der Standort „Hördter Rheinaue“ nicht als vorzugswürdigere Planungsalternative aufdrängen müssen. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leide darüber hinaus auch nicht an offensichtlichen Abwägungsmängeln, die auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen seien. Insbesondere sei die Abwägungsentscheidung der Planfeststellungsbehörde unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor Überflutungen und Vernässung einschließlich der Grund- und Druckwasserproblematik rechtlich nicht zu beanstanden. Die weiteren Einzelheiten der verwaltungsgerichtlichen Ausführungen ergeben sich aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (Bl. 1013 ff. GA), auf die Bezug genommen wird.

112

Hiergegen haben die Berufungskläger fristgerecht Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt, dem stattgegeben wurde. Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung wiederholen sie größtenteils ihr erstinstanzliches Vorbringen und machen darüber hinaus unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags im Wesentlichen geltend:

113

Die Gemeinde Altrip und der Berufungskläger zu 3) könnten sich als nicht enteignend Betroffene durchaus auf die fehlerhafte Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung berufen. Insoweit stützten sie ihren Anspruch auf § 4 URG. Diese Vorschrift sei trotz des Wortlauts der Übergangsvorschrift des § 5 URG anwendbar. Im Übrigen bestünden Bedenken gegen die Wirksamkeit des § 5 URG, da diese Bestimmung nicht mit den zugrunde liegenden supranationalen Vorschriften in Einklang stehe. Für eine Nichtanwendbarkeit spreche auch die Systematik zu § 25 Abs. 11 UVPG. Im Übrigen bestehe auch keine sonstige gemeinschaftsrechtliche Rechtfertigung für die Anwendbarkeit der Übergangs-bestimmung des § 5 URG. Ferner könnten sich die Gemeinde Altrip und der Berufungskläger zu 3) im Hinblick auf die Geltendmachung des Verfahrensfehlers unmittelbar auf Art. 10 a der Richtlinie 2003/35/EG berufen.

114

Falls § 5 URG nicht eingreife und daher § 4 Abs. 1 URG anwendbar sei, könnten sie die Mangelhaftigkeit der UVP als beachtlichen Verfahrensfehler geltend machen, obwohl in § 4 Abs. 1 URG eine Beschränkung auf einzelne Fehlertypen geregelt sei. Eine derartige Einschränkung sei mit der Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie nicht vereinbar.

115

Könnten aber die Berufungskläger die Defizite bei der UVP rügen, so stünden dem weder die Schutznormtheorie noch das Kausalitätserfordernis entgegen.

116

Im Übrigen sei die Berufungsklägerin zu 2) nicht mit ihrem Vorbringen bezüglich der Fehlerhaftigkeit der UVP präkludiert. Denn unter dem Regime des URG könne es keine Präklusion geben. Selbst wenn hier das URG nicht anwendbar sei, müsse eine Präklusion wegen unangemessener Ausschlussfristen als gemeinschaftswidrig angesehen werden. Zumindest müsse aber die Berufungsklägerin zu 2) als enteignend Betroffene die Verletzung des Artenschutzes rügen können.

117

Abgesehen davon, dass ein Einwendungsausschluss nicht Betracht komme, weil es den ausgelegten Unterlagen bereits an der Anstoßfunktion gefehlt habe, bleibe zu sehen, dass auch der später gestellte Befreiungsantrag nicht weiter helfe, da es an den entsprechenden Befreiungsvoraussetzungen fehle. Insbesondere sei fraglich, ob die im Einzelnen aufgeführten Fledermäuse in einem günstigen Erhaltungszustand verblieben.

118

Darüber hinaus fehle es an einer Planrechtfertigung und zudem seien auch Abwägungsfehler vorhanden.

119

So habe der Beklagte die Standortalternative „Hördter Rheinaue“ nicht hinreichend beachtet. Daneben habe die Planfeststellungsbehörde auch die Problematik der Grund- und Druckwasserverhältnisse nicht ausreichend behandelt. Des Weiteren habe man die Starkregenereignisse und die kausale Einwirkung eines bestehenden Polderaufstaus bei Extremregen nicht ausreichend berücksichtigt. Ferner habe das Verwaltungsgericht die Wechselwirkungen des Polderaufstaus und des Rückstaueffekts des Neuhofener Altrheins unzutreffend bewertet. Dies gelte ebenfalls für die Beurteilung des Abflusses aus dem Polderbereich. Denn es komme im Umfeld des Polders zu erheblichen Druckwasseraustritten. Dieses Wasser ströme dem Altrhein zu und könne ein Mehrfaches des Grundwasserzuflusses betragen. Wegen dieser verschiedenen Zuflüsse benötige das Schöpfwerk am Altrhein je nach Ausgangswasserstand mehrere Tage, um bei voller Pumpleistung auf den zu erhaltenden Wasserstand von 89,40 müNN zu kommen.

120

Die Berufungskläger beantragen,

121

unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils den Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom 20.Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 aufzuheben,

122

hilfsweise,

123

festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd für die Hochwasserrückhaltung Wald-see/Altrip/Neuhofen vom 20. Juni 2006 i.d.F. der Prozesserklärungen vom 14. November 2007, 16. November 2007 und 10. Dezember 2007 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe rechtswidrig ist und nicht vollzogen werden darf,

124

höchst hilfsweise,

125

den Beklagten zu verpflichten, über weitergehende Maßnahmen zur Reduzierung der Druckwasserproblematik und/oder andere geeignete Auflagen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

126

höchst vorsorglich,

127

den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße zurückzuverweisen.

128

Der Beklagte beantragt,

129

die Berufungen zurückzuweisen.

130

Er hält das angegriffene Urteil für zutreffend und nimmt Bezug auf die dortigen Entscheidungsgründe. Im Übrigen wiederholt und vertieft er sein bisheriges Vorbringen. Ferner verweist er hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit von extremen Starkniederschlagshöhen im Raum Altrip auf ein Gutachten des DWD vom März 2008.

131

Dem sind die Berufungskläger mit einer Stellungnahme des Ingenieurbüros Ku. und Dr. Ke. vom 21. Oktober 2008 entgegengetreten.

132

In der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Berufungskläger überdies beantragt, die in vier Schriftsätzen vom 12. Februar 2009 formulierten Fragen dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorzulegen (s. Anlagen 1 – 4 zum Protokoll ; Bl. 1593-1601 GA). Der Senat hat die Vorlageanträge durch Beschluss (Anlage 5 zum Protokoll, Bl. 1602-1603 GA ) abgelehnt.

133

Des Weiteren stellen die Berufungskläger bedingte Beweisanträge (in 2 Schriftsätzen vom 12. Febr. 2009; s. Anlagen 10 und 11- Bl. 1637-1645 GA -sowie 4 weitere mündlich formulierter Anträge - Bl. 1590/1591 GA -).

134

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung das Gutachten „Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen Niederschlag-Abfluss-Modell“ der Firma B. Beratende Ingenieure (BCE) vom Februar 2009 zu den Gerichtsakten gereicht. Hierzu haben sich die Berufungskläger mit einem nachgelassenen Schriftsatz vom 13. März 2009 geäußert, mit dem zwei weitere Stellungnahmen des Geologischen Büros H. (Prof. Dr. H.) vom 5. und 9. März 2009 vorgelegt worden sind.

135

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die von den Beteiligten eingereichten Unterlagen (11 Aktenordner, 5 Einlegemappen, 1 Faltordner, 6 Hefte und eine Papphülse mit von der Klägerseite vorgelegten Flurkarten). Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

136

Die Berufungen sind zulässig, aber unbegründet.

137

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen der Berufungskläger gegen den wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 26. Juni 2006 betreffend die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verletzt nämlich, soweit er auf die Klagen der Berufungskläger hin rechtlich zu überprüfen ist, diese nicht in eigenen Rechten.

138

Der mit den Hauptanträgen verfolgte Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und die hilfsweise geltend gemachten Ansprüche auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, auf erneute Bescheidung über weitergehende Maßnahmen zur Reduzierung der Druckwasserproblematik und/oder andere geeignete Auflagen sowie eventuelle Zurückweisung des Rechtsstreits an die Vorinstanz bestehen daher nicht.

139

Was zunächst die Klagebefugnis der Berufungskläger angeht, die im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen ist, so kann mit der Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass sowohl die Gemeinde Altrip als auch die Berufungskläger zu 2) und 3) klagebefugt sind, da sie Tatsachen vorgetragen haben, die es zumindest möglich erscheinen lassen, dass eine eigene rechtlich geschützte Position beeinträchtigt wird. Insoweit kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden, zumal insbesondere das Vorliegen der Klagebefugnis der Gemeinde Altrip von dem Beklagten in der Berufungsinstanz nicht mehr in Abrede gestellt worden ist.

140

In der Sache selbst vermögen die Berufungskläger jedoch mit ihrem Vorbringen nicht durchzudringen. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss, der seine Rechtsgrundlage in § 31 Abs. 2 WHG i.V.m. §§ 72, 83, 85, 105 Abs. 2, 106 Abs. 1, 107 LWG findet, leidet nämlich nicht an solchen rügefähigen Rechtsfehlern, die die Berufungskläger in ihren Rechten verletzen und die zur Aufhebung des Planfeststellungsbescheides, welche mit den Hauptanträgen verfolgt wird, führen müssten. Dabei bleibt bezüglich des gerichtlichen Prüfungsumfangs festzustellen, dass sich die Berufungskläger weder auf mögliche Defizite bei der durchgeführten Umweltverträglichkeitsprüfung noch auf die Verletzung artenschutzrechtlichen Vorschriften mit Erfolg berufen können.

141

Dies gilt zunächst für die Gemeinde Altrip und den Berufungskläger zu 3). Beide können nämlich keine umfassende Planprüfung verlangen. Die Berufungsklägerin zu 1) kann als Gemeinde keine objektiv-rechtlichen Rechtsverstöße eines Planfeststellungsbeschlusses beanstanden; sie kann sich insbesondere nicht zur Sachwalterin der Allgemeinheit oder ihrer Bürger machen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. November 2002, NVwZ 2003, 2007 m.w.N.) und sich daher auch nicht auf die ihrem kommunalen Selbstverwaltungsrecht nicht speziell zugeordneten öffentlichen Belange, wie etwa den Natur-, Umwelt- und Artenschutz berufen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 16. August 2001, NuR 2002, 234 und Urteil vom 18. Oktober 2007, ZfBR 2008, 67). Aber auch dem Berufungskläger zu 3) steht kein umfassender Überprüfungsanspruch zu. Als nicht enteignend, sondern lediglich mittelbar Betroffener hat er nur einen Anspruch auf ordnungsgemäße Abwägung seiner Belange mit entgegenstehenden anderen Belangen; er hat indes keinen Anspruch darauf, dass die Planung insgesamt und in jeder Hinsicht auf einer fehlerfreien Abwägung beruht. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, ist demgegenüber angesichts der grundsätzlichen Ausrichtung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes durch §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 VwGO auf den Schutz subjektiv-rechtlicher Rechtspositionen nicht Gegenstand der gerichtlichen Abwägungskontrolle (st. Rspr. des BVerwG, vgl. u.A. Beschluss vom 16. Januar 2007, NVwZ 2007, 462 m.w.N.). Folglich kann sich der Berufungskläger zu 3) auch nicht auf naturschutzrechtliche Mängel, Defizite bei der Umweltverträglichkeitsprüfung und Verletzung artenschutzrechtlicher Vorschriften berufen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. April 2007, BVerwGE 128, 358).

142

Hinsichtlich der Rügefähigkeit der Fehlerhaftigkeit der Umweltverträglichkeitsprüfung durch die Berufungskläger zu 1) und 3) ergibt sich auch nicht etwas anderes daraus, dass zwischenzeitlich am 15. Dezember 2006 das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz − URG − in Kraft getreten ist. Soweit die vorgenannten Berufungskläger in diesem Zusammenhang vor allem ihren Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses daraus herleiten wollen, dass in § 4 Abs. 1 Satz 1 URG bestimmt ist, die Aufhebung einer solchen Entscheidung könne verlangt werden, wenn eine nach dem UVPG erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Sie übersehen dabei, dass dieses Gesetz nach der Übergangsvorschrift des § 5 URG nur für solche Verfahren Anwendung findet, dienach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind. Vorliegend wurde aber das Planfeststellungsverfahren bereits im Jahre 2002 begonnen.

143

Entgegen der Ansicht der Berufungskläger ist § 5 URG auch mit diesem Inhalt wirksam. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vorschrift bestehen vor allem nicht im Hinblick auf das Ziel und den Zweck der dem URG zugrunde liegenden supranationalen Vorschriften. Das URG soll nach dem Willen des nationalen Gesetzgebers der Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG dienen, deren Art. 6 bestimmt, dass die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Rechtsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie bis zum 25. Juni 2005 nachzukommen. Eine Verpflichtung für die Regelung einer Rückwirkung für Verfahren, die bereits früher eingeleitet worden sind, lässt sich Art. 6 der Richtlinie 2003/35/EG nicht entnehmen. Auch das Bundesverwaltungsgericht geht in seinem Beschluss vom 21. Januar 2008 (ZfBR 2008, 289 ff.) davon aus, dass das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz nur für Verfahren gilt, die nach dem 25. Juni 2005, also nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2003/35/EG eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Aus dieser Entscheidung wird aber zugleich deutlich, dass das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass auch das Gemeinschaftsrecht es nicht gebietet, die Genehmigung von Projekten, für die das Genehmigungsverfahren vor Ablauf der Frist zur Umsetzung der genannten Richtlinie eingeleitet wurde, wegen des Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften aufzuheben. In diesem Zusammenhang weist das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich auf den vom EuGH in seinem Urteil vom 7. Januar 2004 (NVwZ 2004, 593 − sog. „Wells“-Entscheidung) hervorgehobenen Grundsatz der Verfahrensautonomie hin, deren Grenzen nicht überschritten seien, wenn das deutsche Recht es nicht ermögliche, dass bloße Verfahrensfehler, die keine materiellen Rechte der Betroffenen verletzten, zur Aufhebung der angefochtenen Genehmigung führen.

144

Ebenso wenig lassen sich Argumente gegen die Anwendbarkeit der Vorschrift des § 5 URG und damit für das Eingreifen der Bestimmungen des URG im vorliegenden Fall aus der Systematik zu § 25 Abs. 11 UVPG herleiten. Zwar sind nach dessen Satz 1 die Verfahren, die vor dem 25. Juni 2005 begonnen worden sind, nach den Vorschriften des UVPG in der ab dem 15. Dezember 2006 geltenden Fassung zu Ende zu führen. Gleichwohl sprechen gegen die entsprechende Heranziehung dieser Bestimmung im vorliegenden Fall vor allem zwei Gesichtspunkte. Zum einen ist die vorzitierte Regelung des § 25 Abs. 11 Satz 1 UVPG erst im Dezember 2006 in das Gesetz mit Geltung ab dem 15. Dezember 2006 eingefügt worden. Zu diesem Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Rede stehenden Regelung war aber der Planfeststellungsbeschluss, der unter dem 20. Juni 2006 erlassen worden ist, bereits ergangen. Zum anderen bestimmt Satz 2 des § 25 Abs. 11 UVPG, dass Satz 1 auf Verfahren keine Anwendung findet, bei denen das Vorhaben vor dem 25. Juni 2005, dem Tag des Ablauf der in Art. 6 der EG-Richtlinie 2003/35/EG festgelegten Umsetzungsfrist, bereits öffentlich bekannt gemacht worden ist, was hier jedoch offensichtlich zutrifft.

145

Lässt sich somit aus § 25 Abs. 11 UVPG nichts gegen die Anwendbarkeit der Übergangsbestimmung des § 5 URG ableiten, so sind auch keine anderen Gründe ersichtlich, warum die Vorschrift des § 5 URG vorliegend nicht anwendbar sein soll. Die Berufungskläger vertreten allerdings die Ansicht, es bestehe keine gemeinschaftsrechtliche Rechtfertigung für die Anwendbarkeit des § 5 URG, weil der EuGH klargestellt habe, dass der nationale Gesetzgeber nicht befugt sei, über den Ablauf der Umsetzungsfrist hinaus noch Übergangsregelungen zu schaffen, die einen Eintritt der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung über diesen Zeitpunkt hinaus verzögerten. Sie beziehen sich in diesem Zusammenhang auf das Urteil des EuGH vom 10. August 1994 in der Rechtssache C-396/92 (Slg. 1994, I-03717). Diese Entscheidung vermag jedoch die Rechtsansicht der Berufungskläger nicht zu stützen. Diesbezüglich räumen sie in ihrem Berufungsbegründungsschriftsatz selbst ein, dass nach diesem Urteil eine UVP-Pflicht für bereits vor dem Stichtag eingeleitete Verfahren nicht bestehe. Sie meinen aber, es müsse etwas anderes für die Pflicht zur Sicherstellung eines weiten Zugangs zu Gerichten nach dem durch die Richtlinie 2003/35/EG eingefügten Art. 10 a gelten. Dies vermag der Senat angesichts des Art. 6 dieser Richtlinie und der dort eindeutig geregelten Umsetzungsfrist, die auch für Art. 10 a gilt, nicht zu erkennen. Da die dort bestimmte Umsetzungsfrist hier eingehalten und eine Rückwirkungsverpflichtung für bereits eingeleitete und öffentlich bekannt gemachte Verfahren durch die Richtlinie nicht vorgesehen ist, wird die Richtlinie 2003/35/EG durch § 5 URG nicht konterkariert und somit kann auch nicht von einem Verstoß gegen das Effektivitätsprinzip des Europäischen Gemeinschaftsrechts ausgegangen werden.

146

Steht mithin bereits § 5 URG einer Anwendung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes entgegen, so kann dahinstehen, ob sich möglicherweise aus § 4 Abs. 1 URG ein Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses ergeben könnte. Im Falle der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 1 URG bestünden schon Bedenken, ob nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 URG der darin geregelte „Totalausfall“ einer Umweltverträglichkeitsprüfung auch den hier geltend gemachten Fehlertyp des „Defizits“ einer Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst. Aber selbst wenn die Berufungskläger auch solche Defizite rügen könnten, spricht vieles dafür, dass ein entsprechender Anspruch der Berufungskläger an dem Kausalitätserfordernis scheitern würde, an dem das Bundesverwaltungsgericht nach wie vor festhält (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2007, BVerwGE 130, 83). Dies bedarf aber letztlich aufgrund der vorstehenden Ausführungen keiner abschließenden Entscheidung.

147

Ist daher die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes zu verneinen, so können sich die Berufungskläger zu 1) und 3) auch nicht unmittelbar auf den durch die Richtlinie 2003/35/EG eingefügten Art. 10 a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG berufen. Eine unmittelbare Geltung dieser Vorschrift scheitert bereits an ihrer mangelnden hinreichenden Bestimmtheit. Hieran fehlt es nämlich, weil die Richtlinie dem nationalen Gesetzgeber verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet (s. OVG NRW, Urteil vom 27. Oktober 2005, NuR 2006, 320). So könnte der deutsche Gesetzgeber, um den Richtlinienauftrag einer Stärkung des Verfahrensrechts zu erfüllen, beispielsweise mit einer Änderung oder völligen Abschaffung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften reagieren (insbesondere §§ 44 a VwGO, 46 VwVfG) oder die bislang das deutsche Prozessrecht prägende Schutznormlehre modifizieren oder gar aufgeben (vgl. OVG NRW, a.a.O.). Dies zeigt indessen, dass den Mitgliedsstaaten ein Umsetzungsspielraum eingeräumt ist, was aber einer unmittelbaren Richtlinienwirkung entgegensteht (so auch Lecheler, ZNER 2005, 127).

148

Darüber hinaus bleibt zu sehen, dass die Richtlinie 2003/35/EG bereits durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz umgesetzt worden ist. Daneben käme eine unmittelbar auf Art. 10 a dieser Richtlinie gestützter Anspruch nur dann in Betracht, wenn diese Richtlinie durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz unzulänglich in das nationale Recht umgesetzt worden wäre (s. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 in der Rechtssache C-397/01, Slg. 2004, I-8835-8922). Dies ist aber nicht erkennbar, zumal nach bislang ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die klagenden Beteiligten keinen Anspruch auf Überprüfung haben, ob die im Rahmen des Verfahrens durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung mit der erforderlichen Prüfungstiefe vorgenommen wurde, da es sich auch bei den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben um Verfahrensvorschriften handelt, deren Einhaltung grundsätzlich nicht unabhängig von der Verletzung materieller Rechte erzwungen werden kann (s. OVG NW, Urteil vom 27. Oktober 2005, NuR 2006, 320 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 19. März 2003, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 173). Insbesondere ergibt sich entgegen der Ansicht der Klägerseite aus der „Wells“-Entscheidung des EuGH (a.a.O.) nichts Gegenteiliges. Denn diese betrifft keinen vergleichbaren Sachverhalt, da es in jenem Fall um einen „Totalausfall“ der Umweltverträglichkeitsprüfung und nicht um eventuelle Defizite dieser Prüfung ging. Der erkennende Senat sieht daher keine Veranlassung von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal auch die Aarhus-Konvention es wohl kaum ausschließen dürfte, den Erfolg des gerichtlichen Verfahrens weiterhin von der Verletzung subjektiver Rechte abhängig zu machen (s. Urteil des erkennenden Senats vom 29. Oktober 2008 – 1 A 11330/07.OVG −; vgl. auch Ziekow, NVwZ 2005, 263).

149

Wegen der somit weiterhin im deutschen Recht anwendbaren Schutznormtheorie muss auch das von der Berufungsklägerseite hilfsweise auf allgemeine Prinzipien des Gemeinschaftsrechts gestützte Klagerecht bezüglich des Natur-, Umwelt- und Artenschutz scheitern. Abgesehen davon, dass es aufgrund der vorstehenden Ausführungen nicht mehr auf die von den Berufungsklägern in diesem Zusammenhang zusätzlich aufgeworfene Problematik bezüglich des Kausalitätserfordernisses ankommt, ist anzumerken, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 21. Januar 2008 (ZfBR 2008, 278) auch in Ansehung der neuen gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien weiterhin an dem Kausalitätserfordernis festgehalten hat, und zwar gerade für solche Projekte, für die − wie hier − das Verfahren vor Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2003/35/EG eingeleitet wurde.

150

Angesichts der vorstehenden Ausführungen sieht der erkennende Senat keinen Anlass, den in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 gestellten Anträgen der Berufungskläger zu folgen, dem EuGH die Fragen, ob Art. 10 a Abs. 1 der Richtlinie 85/337/EWG (eingefügt durch die Richtlinie 2003/35/EG) der Anwendung der Übergangsvorschrift des § 5 Abs. 1 URG und der Umsetzungsvorschrift des § 4 Abs. 1 URG (im Hinblick auf die darin geregelte Beschränkung der Entscheidungsüberprüfung auf den Fehlertyp des „Totalausfalls“ der Umweltverträglichkeitsprüfung) entgegenstehe (Antragswortlaut s. Bl. 1596 GA), zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorzulegen. Insoweit wird im Übrigen auf den ablehnenden Beschluss des Senats vom 12. Februar 2009 (Bl. 1502 f. GA) verwiesen. Entsprechendes gilt auch für die in der mündlichen Verhandlung beantragte Vorlage zum EuGH bezüglich der Frage, ob sich die Kommunen aufgrund des Gemeinschaftsrechts zum „Wächter des Natur- und Artenschutzes“ aufschwingen dürfen und ob sich auch nichtenteignend Betroffene auf die FFH- und Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft berufen können (Antragswortlaut s. Bl. 1601 GA).

151

Aber auch die Berufungsklägerin zu 2) kann sich nicht auf natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Defizite berufen. Zwar entfaltet der Planfeststellungsbeschluss gegenüber ihr im Hinblick auf die für den Dammbau benötigten Flächen der GbR eine enteignungsrechtliche Vorwirkung mit der Folge, dass die Berufungsklägerin zu 2) nicht darauf beschränkt ist, eine Verletzung eigener Rechte oder Belange durch den Planfeststellungsbeschluss zu rügen, sondern vielmehr auch die Rechtmäßigkeit der planerischen Abwägung in einem umfassenden Sinne zur gerichtlichen Überprüfung stellen kann (s. Urteil des erkennenden Senats vom 5. August 2004, NuR 2005, 53 m.w.N.). Gleichwohl kann sie hier die oben genannten Gesichtspunkte im gerichtlichen Verfahren nicht mehr rügen. Insoweit steht dem nämlich die materielle Verwirkungspräklusion des § 115 Abs. 1 Satz 2 LWG entgegen. Diesbezüglich wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil Bezug genommen. Das hiergegen gerichtete Vorbringen der Berufungskläger führt zu keinem anderen Ergebnis.

152

Soweit sie die Ansicht vertreten, dass die Vorschriften des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes eine Präklusion ausschließe, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Einerseits bleibt zu sehen, dass das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz – wie oben ausgeführt − aufgrund der Übergangsbestimmung des § 5 URG hier nicht anwendbar ist. Andererseits lässt sich selbst dann, wenn man eine Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes im vorliegenden Fall bejahen würde, diesem Gesetz nicht entnehmen, dass eine Präklusion hiernach ausgeschlossen sein sollte. Aus § 2 Abs. 3 URG, worin lediglich der Einwendungsausschluss von Vereinigungen gemäß § 3 URG geregelt ist, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Der Umstand, dass in § 2 Abs. 3 URG nur die Präklusion von Einwendungen der Vereinigungen i.S. von § 3 URG angesprochen ist, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass mit dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz insbesondere die Klagebefugnis dieser Vereinigungen auch i.S. des Europäischen Gemeinschaftsrechts geregelt werden sollte (s. Begründung des Gesetzentwurfs in BT-Drs. 16/2495, S. 8; Schlacke in NuR 2007, 2008) und sich daher der gesamte § 2 URG nur auf solche Verbände bezieht (vgl. Berkemann/Halama, Handbuch zum Recht der Bau- und Umweltrichtlinien der EG, Rn. 505). Hierdurch sollte jedoch nicht inzidenter die Präklusion bezüglich der Einwände anderer Rechtsbehelfsführer ausgeschlossen werden. Vielmehr spricht alles dafür, dass es insoweit bei der bisherigen Rechtslage verbleiben und diese nur durch § 2 Abs. 3 URG dem Vorbild des § 61 Abs. 3 BNatSchG angepasst werden sollte (s. Begründung des Gesetzentwurfs, a.a.O. S. 12).

153

Steht mithin das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz der Annahme einer Präklusion gemäß § 115 LWG nicht entgegen, so scheitert hier eine solche auch nicht an dem für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts geltenden Effektivitätsgebot. Hierzu hat der EuGH in dem sog. „Peterbroeck“-Urteil vom 14. Dezember 1995 − Rechtssache C-312/93 − (Slg. 1995, I-04599) ausgeführt, dass zwar die Verfahrensausgestaltung mangels einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung auf diesem Gebiet Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedsstaaten sei. Jedoch dürften die Verfahren nicht ungünstiger gestaltet werden als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht beträfen, und sie dürften die Ausübung der Gemeinschaftsrechtsordnung nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Ein Verstoß gegen diesen Effektivitätsgrundsatz ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.

154

Soweit die Berufung in diesem Zusammenhang zunächst geltend macht, die Vorinstanz habe die Vereinbarkeit der Präklusion mit Vorgaben der UVP-Richtlinie nicht geprüft, sondern sich in ihren Ausführungen auf die FFH-Richtlinie sowie die Vogelschutz-Richtlinie beschränkt, trifft dies nicht zu. Denn auf S. 66 f. des verwaltungsgerichtlichen Urteils heißt es u.A., dass die Hört GbR mit ihrem Einwand präkludiert sei, die vom Planungsträger vorgenommene Umweltverträglichkeitsprüfung sei unzureichend gewesen. In dem nachfolgenden Satz wird ferner darauf hingewiesen, dass die Einwendung einer unzureichenden Umweltverträglichkeitsprüfung als Verfahrensrüge präklusionsfähig sei. Erst dann folgen Abhandlungen darüber, dass die obige GbR auch mit ihren natur- und artenschutzrechtlichen Rügen ausgeschlossen sei.

155

Abgesehen davon ist aber auch die Anwendung der Präklusionsvorschrift des § 115 LWG auf die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht gemeinschaftsrechtswidrig. Denn der bisherigen Rechtsprechung des EuGH kann entnommen werden, dass das Gemeinschaftsrecht nicht dazu verpflichtet, nationale Präklusionsvorschriften bei der Anwendung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien nicht zu berücksichtigen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass eine nationale Präklusionsvorschrift den Grundsätzen des Effektivitätsgebots entspricht, sofern die fragliche Ausschlussfrist angemessen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003, Rechtssache C-327/00, Slg. 2003, I-01877).

156

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Berufungsklägerin zu 2) zitierten sog. „Peterbroeck“-Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 14. Dezember 1995 − Rechtssache C-312/93 (Slg. 1995, I-4599). Diese Entscheidung bezieht sich auf die generelle Überprüfung von nationalen Rechtsakten an den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts und stellt nicht das Deutsche Präklusionsrecht in Frage (s. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2004, Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 182). Dem EuGH ging es in der oben zitierten Entscheidung lediglich darum, sicherzustellen, dass die Überprüfung der Vereinbarkeit innerstaatlicher Rechtsnormen mit dem Gemeinschaftsrecht und damit die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts gewährleistet ist. Durch die Präklusionsvorschrift des § 115 LWG wird aber die Effektivität des Europarechts als Rechtsordnung vom Grundsatz her weder in Frage gestellt noch ihre Durchsetzung erschwert (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die Präklusion ist im vorliegenden Fall lediglich die Folge des Umstandes, dass die Berufungsklägerin zu 2) es versäumt hat, gegenüber der Planfeststellungsbehörde Gesichtspunkte geltend zu machen, die (möglicherweise) Anlass zu weiteren Überprüfungen gegeben hätten. Angesichts dessen ist nach der Rechtsprechung des EuGH nach wie vor davon auszugehen, dass eine Präklusionsvorschrift grundsätzlich dem Effektivitätsgebot genügt, wenn die diesbezügliche Ausschlussfrist angemessen ist.

157

Eine gemeinschaftswidrige Unangemessenheit der Ausschlussfrist des § 73 Abs. 4 VwVfG, der hier über § 114 Abs. 1 LWG Anwendung findet, vermag der Senat indessen nicht zu erkennen. Zwar ist die Zweiwochenfrist des § 73 Abs. 4 VwVfG relativ kurz bemessen. Diese schon seit Jahren geltende kurze Frist ist jedoch bisher vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem EuGH bei einer Vielzahl unterschiedlichster Planfeststellungsverfahren unbeanstandet geblieben und kann von daher nicht von vornherein als unangemessen angesehen werden. Überdies geht dieser Frist eine einmonatige Auslegungsfrist voran, in der ein Betroffener die Möglichkeit hat, sich mit der Sachlage vertraut zu machen. Selbst wenn dieser erst am letzten Tag der Auslegungsfrist Einsicht in die Unterlagen nehmen würde, so verbleiben ihm immer noch 14 Tage, in denen er natur-, umwelt- und artenschutzrechtliche Defizite geltend machen kann. Dem vermag die Berufungsklägerin zu 2) nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, die Geltendmachung einer Fehlerhaftigkeit der Planung − insbesondere der Umweltverträglichkeitsprüfung − überfordere den dafür notwendigen fachlich-technischen Kenntnisstand eines Durchschnittsbürgers. Sie verkennt dabei, dass für die Erhebung von Einwendungen bereits ein laienhafter Vortrag genügt, aus dem sich ergibt, warum ihr die Umweltverträglichkeitsprüfung nicht ausreichend erscheint oder z.B. welche Pflanzen- und Tierarten ihrer Meinung nicht oder nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Eine diesbezügliche fachlich fundierte Auseinandersetzung mit den Einwendungen kann dann in dem nachfolgenden Erörterungstermin stattfinden.

158

Schließlich steht der Anwendung einer zweiwöchigen Präklusionsfrist auch nicht die Rechtsprechung des EuGH entgegen. Soweit die Berufungsklägerin zu 2) auch in diesem Zusammenhang auf die „Peterbroeck“-Entscheidung des EuGH Bezug nimmt, die bereits bei einer 60-Tages-Frist einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht angenommen habe, übersieht sie, dass der EuGH in dieser Rechtssache − wie bereits vorstehend ausgeführt − nicht über einen Verstoß des deutschen Präklusionsrechts gegen das Gemeinschaftsrecht zu entscheiden hatte; Gegenstand des Urteils war vielmehr die Überprüfbarkeit von nationalen Rechtsakten an den Maßstäben des Gemeinschaftsrechts. Aus dem folglich völlig anders gelagerten Fall lässt sich nicht die Unangemessenheit der hier in Rede stehenden zweiwöchigen Ausschlussfrist herleiten. Dies gilt umso mehr, als in der Rechtssache „Universale-Bau AG“ (Rs. C-470/99) vom EuGH eine Ausschlussfrist von zwei Wochen im Hinblick auf den Grundsatz der Rechtssicherheit als angemessen angesehen worden ist (vgl. Urteil des EuGH vom 12. Dezember 2002, Slg. 2002, I-11617).

159

Nach dem vorstehend Dargelegten bleibt also festzuhalten, dass die Anwendung der Präklusionsregelung des § 115 LWG im vorliegenden Fall nicht gemeinschaftsrechtswidrig ist. Der Senat sah daher auch keine Veranlassung, die Frage, ob das Gemeinschaftsrecht es verbiete, die Präklusionsvorschrift des § 115 LWG i.V.m. § 73 Abs. 4 VwVfG auch auf den Fall anzuwenden, bei dem sich der Betroffene auf Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts nicht berufen habe und die Vereinbarkeit der Entscheidung mit den fraglichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts in einem sich anschließenden gerichtlichen Verfahren nicht mehr überprüft werde (genauer Wortlaut der Vorlagefrage s. Bl. 1598 GA), dem EuGH zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG vorzulegen. Diesbezüglich wird im Übrigen auch auf den Senatsbeschluss vom 12. Februar 2009 (Bl. 1602 f. GA) verwiesen.

160

Ist nach alledem die Präklusionsvorschrift des § 115 LWG im vorliegenden Fall anwendbar, weil Gemeinschaftsrecht dem nicht entgegensteht, so ist die Berufungsklägerin zu 2) auch bezüglich ihrer nach Ablauf der Einwendungsfrist erhobenen natur- und artenschutzrechtlichen Rügen präkludiert. Die Berufungsklägerin zu 2) hätte nämlich zumindest laienhaft diese Gesichtspunkte ansprechen bzw. sie in irgend einer Weise thematisieren müssen, damit die Planfeststellungsbehörde hätte erkennen können, in welcher Hinsicht sie bestimmte Belange einer näheren Betrachtung unterziehen soll bzw. was sie noch konkret berücksichtigen soll (s. Urteil des Senats vom 5. August 2004, NuR 2005, 53). Ein derartiges laienhaftes Ansprechen der natur- und artenschutzrechtlichen Problematik wäre angesichts der bei den ausgelegten Unterlagen befindlichen Umweltverträglichkeitsstudie (Mappe 1, Anlage 3.5), in der u.A. die vorgefundenen Brutvögel-, Wildbienen- und Käferarten der roten Liste sowie sonstige gefährdete bzw. stark gefährdete Tierarten abgehandelt sind, durchaus möglich gewesen. In ihrem innerhalb der Einwendungsfrist eingereichten Einwendungsschreiben vom 8. Oktober 2002 hat die Berufungsklägerin zu 2) den Artenschutz jedoch mit keinem Wort erwähnt. An dieser Sichtweise ändert auch der Umstand nichts, dass die in der Nähe liegenden FFH- und Vogelschutzgebiete erst später nach Offenlage des Vorhabens der Kommission gemeldet worden sind und dass sich zwischenzeitlich die Rechtsprechung zur artenschutzrechtlichen Befreiung geändert hat. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteil verwiesen (S. 67-71 des Urteilsumdrucks), denen zu folgen ist.

161

Vermögen mithin die Berufungskläger angesichts der Schutznormlehre und der in § 115 LWG geregelten materiellen Präklusion im vorliegenden Fall nicht mit ihren Rügen bezüglich behaupteter natur-, umwelt- und artenschutzrechtlicher Fehler und Defizite bei der angegriffenen Polderplanung durchdringen, so können sich die Berufungsklägerin zu 1) und der Berufungskläger zu 3) auch nicht auf weitere, von ihnen geltend gemachte Gesichtspunkte berufen. Dies gilt u.A. insbesondere für ihr Vorbringen, vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses sei ein neues Raumordnungsverfahren durchzuführen gewesen. Insoweit und hinsichtlich der von der Berufungsklägerin zu 1) gerügten weiteren Gesichtspunkte, auf die sie sich nicht berufen kann, nimmt der Senat auf die diesbezüglichen Darlegungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil Bezug, zumal die Berufungskläger hierzu in der Berufungsinstanz keine neuen Ausführungen gemacht haben.

162

Unter Berücksichtigung des nach Ausscheiden der vorstehend angesprochenen Punkte verbleibenden gerichtlichen Prüfungsrahmens können die Berufungskläger nicht verlangen, dass gemäß ihres Hauptantrags der Planfeststellungsbeschluss vom 20. Juni 2006 i.d.F. der in den mündlichen Verhandlung vom 14. November, 16. November und 10. Dezember 2007 vor dem Verwaltungsgericht abgegeben Abänderungs- und Ergänzungserklärungen aufgehoben wird, da dieser weder in formeller noch in materieller Hinsicht rechtlich zu beanstanden ist. Dies hat das Verwaltungsgericht in dem angegriffenen Urteil zutreffend ausgeführt. Das Berufungsvorbringen vermag keine andere Beurteilung herbeizuführen.

163

Soweit mit der Berufung geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht habe die im Verlauf der mündlichen Verhandlungen der Vorinstanz vorgenommene Ergänzung der Nebenbestimmung III. Nr. 13.4 als Verschlechterung der ursprünglichen Situation ansehen müssen mit der Folge, dass ein neues Planfeststellungsverfahren durchzuführen gewesen sei, vermag der Senat dieser Rechtsauffassung nicht zu folgen. Die in Rede stehende Einfügung des neuen Satzes 3 in III. Nr. 13.4 regelt, dass eine Flutung der Wasserrückhaltung nur erfolgen darf, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90.0 müNN nicht überschritten ist. Die Berufungsklägerseite sieht darin deshalb eine Verschlechterung der ursprünglichen Situation, weil sich aus dem Zusammenhang der Nebenbestimmungen III Nr. 13.2, 13.4 und 13.5 vor Einfügung der fraglichen Ergänzung ergeben habe, dass die Flutung erst erfolgen dürfe, wenn der Maximalwasserstand von 89,40 müNN erreicht werde. Für diese Ansicht stützen sich die Berufungskläger u.A. auf die Anlage 9.8.1.7 zur Stellungnahme von Dr. S. (TGU) vom November/Dezember 2003, die u.A. folgenden Satz enthält:

164

„24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung wird der Maximalwasserstand auf 89,4 müNN abgesenkt.“

165

Einzuräumen ist der Berufungsklägerseite, dass dieser Satz für sich allein gesehen missverständlich ist und durchaus für die von ihr vorgenommene Deutung sprechen könnte. Aber bereits wenige Seiten weiter (Anlage 9.8.1.12) wird davon gesprochen, dass 24 Stunden vor Einsatz der gesteuerten Hochwasserrückhaltung das Absenkziel auf 89,4 müNN reduziert werde. Für die Annahme, dass der Wasserstand von 89,4 müNN nicht vor Flutung des Polders erreicht sein muss, spricht auch das in der TGU-Stellungnahme befindlich Diagramm der Anlage 9.4.5.2.1. Denn nach diesem Diagramm beginnt die Wasserstandsregulierung durch den Einsatz des gesteuerten Polders beim Wasserstand von 90.2 müNN, also nicht erst, wenn 89,4 müNN erreicht worden ist. Auch aus Anlage 9.1.5.7 (S. 46 der TGU-Stellungnahme vom Juli 2002) ergibt sich, dass der Wasserspiegel des Neuhofener Altrheins nicht schon vor der Flutung des Polders auf 89,4 müNN abgesenkt sein muss. Darin ist nämlich für Altripsee und die Schlicht/Wolfgangssee eine Absenkung des Wasserstandes auf ein bestimmtes Niveau ausdrücklich vor Flutung des gesteuerten Polders festgelegt, während eine solche Regelung beim Schöpfwerk Neuhofener Altrhein unterblieben ist. Daraus kann aber nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass eine Absenkung auf 89,4 müNN vor Flutung des Neuhofener Altrhein nicht vorgesehen sein sollte. Dass diese Sichtweise zutreffend ist, hat Dr. Sch. von der TGU in der mündlichen Verhandlung vom 15. November 2007 ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 716 GA) bestätigt. Dort heißt es wörtlich:

166

„Herr Dr. S. erklärt hingegen, dass dem Planfeststellungsbeschluss von Anfang an lediglich zugrunde gelegen habe, dass der zu haltende Wasserspiegel letztlich im Verlaufe der Abpumpmaßnahmen erreicht werde. Die Berechnungen basierten nicht darauf, sondern maßgeblich sei bezüglich des Grundwassers, dass der Neuhofener Altrhein seine Aufgabe als Vorflut für die Schlicht erfülle. Bezüglich des Oberflächenwassers sei es so, dass mit einer Absenkung des Neuhofener Altrheins eine Verbesserung der Situation erreicht werde. Die Aufgaben der Anpassungsmaßnahme würden nicht voraussetzen, dass bei Flutung des Polders ein Wasserstand von 89,4 müNN erreicht sei“.

167

Dies erscheint auch plausibel, zumal der Beklagte im Hinblick auf die Abflusssituation bezüglich des Auslaufs Schlicht einen Wasserstand von 90,0 müNN für den Neuhofener Altrhein in der Nebenbestimmung III. Nr. 13.4 festgelegt hat, bei dessen Überschreiten eine Flutung des gesteuerten Polders nicht erfolgen darf. Diese Regelung wäre sinnlos, wenn bereits bei einem Wasserstand über 89,4 müNN eine solche Flutung hätte nicht durchgeführt werden dürfen. Aus alledem ergibt sich daher, dass mit Satz 3 der Nebenbestimmung III. Nr. 13.4 keine Verschlechterung der Situation, sondern sogar eine Verbesserung herbeigeführt worden ist, und deshalb die Vorinstanz davon ausgehen durfte, dass durch diese Änderung von unwesentlicher Bedeutung Belange Anderer i.S. von § 76 Abs. 2 VwVfG nicht berührt worden sind und folglich die Durchführung eines neuen Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich war.

168

Überdies vermag die Berufung auch mit ihren Rügen bezüglich der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht durchzudringen.

169

Was die Planrechtfertigung angeht, kann auf die Darlegungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil verwiesen werden. Dass die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzepts auch mit dem hier vorgesehenen Rückhaltvolumen noch vernünftigerweise geboten ist, kann insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen des Senats in seinem Urteil vom 5. August 2004 (NuR 2005, 53) zur Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim nicht zweifelhaft sein (s. S. 19-35 des Urteilsumdrucks).

170

Dem Vorhaben stehen überdies keine zwingenden Versagungsgründe gemäß §§ 31 Abs. 5 Satz 3 WHG, 72 Abs. 2 Satz LWG entgegen. Hiernach ist die Planfeststellung zu versagen, wenn von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen zu erwarten ist.

171

Entgegen dem Vorbringen der Berufungskläger hat das Verwaltungsgericht nicht verkannt, dass es sich dabei grundsätzlich um einen zwingenden Versagungsgrund handelt (s. Ausführungen der Vorinstanz im Urteil auf S. 92 des Urteilsumdrucks). Lediglich für den Sonderfall, dass ein Vorhaben, dem Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen, zugleich dem Allgemeinwohl dient, hat die Vorinstanz unter Bezugnahme auf Zeitler (in Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rn. 158) die Auffassung vertreten, bei einer solchen Konstellation komme eine zwingende Versagung nicht in Betracht, sondern es müssten dann im Wege der Abwägung die überwiegenden Versagungsgründe festgestellt werden.

172

Darüber hinaus vermag der Senat in diesem Zusammenhang auch nicht dem Vortrag der Berufung zu folgen, durch die Poldermaßnahme komme es zu einer Hochwassergefahr in den Siedlungsgebieten − vor allem in Altrip −, weil sich die Hochwassersituation dort durch die Maßnahme nicht verbessere, sondern verschlechtere, was indes als ein absoluter Versagungsgrund gemäß § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG anzusehen sei.

173

Zweifelhaft erscheint hier bereits, ob durch das Polderverfahren die Hochwassergefahr für die Unterlieger des Rheins erhöht wird. Denn Rückhaltmaßnahmen wirken sich grundsätzlich positiv auf die entlang des Rheins gelegenen Siedlungsgebiete aus. Eine Erhöhung der Hochwassergefahr kann in der Regel allenfalls durch Einengungen oder Begradigungen des Gewässerlaufs sowie durch den Wegfall von Rückhalteflächen (z.B. infolge Deichbaus) herbeigeführt werden (vgl. Sieder/Zeitler/Dahme, WHG, § 31 Rn. 38 m), d.h. durch Ausbaumaßnahmen, die den Hochwasserabfluss beschleunigen und dadurch die Hochwasserwelle unterstrom erhöhen (vgl. Drost, Das Wasserrecht in Bayern, § 31 WHG Rn. 96). Polder wirken sich indessen auf die Unterliegergebiete regelmäßig positiv aus, da sie die Hochwasserscheitelwelle vermindern. Die Berufungskläger machen daher mit ihrem Vortrag hinsichtlich der vom Polder ausgehenden Stau-, Grund- und Druckwassergefahren infolge der geplanten Wasserrückhaltemaßnahmen keine Erhöhung der Hochwassergefahr i.S. von § 31 Abs. 5 Satz 3 WHG geltend, die die Unterlieger allgemein trifft, sondern vielmehr Gefahren, die die Berufungskläger in ihrer Situation individuell treffen. Da das Vorhaben gerade zu einer Minderung der Hochwassergefahr in den Siedlungsgebieten entlang des Rheins führt und hierdurch keine natürliche Rückhalteflächen zerstört werden, widerspricht die im Streit stehende Hochwasserrückhaltung nicht dem Wohl der Allgemeinheit i.S. von §§ 31 Abs. 5 Satz 3 WHG, 72 Abs. 2 Satz 2 LWG. Mit der Vorinstanz ist vielmehr davon auszugehen, dass die von der Berufungsseite vorgetragenen Einwendungen im Rahmen der Abwägung zu behandeln sind (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Januar 2005 − 8 Cs 04.1724 −, juris).

174

Stehen dem Polderverfahren mithin keine zwingenden Versagungsgründe entgegen, so vermag das erkennende Gericht ebenso wenig Abwägungsmängel zu erkennen, die zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Insoweit nimmt der Senat zunächst Bezug auf die diesbezüglichen umfangreichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen erstinstanzlichen Urteil. Auch das hiergegen gerichtete Berufungsvorbringen vermag zu keinem anderen Ergebnis zu führen.

175

Dies gilt zum einen bezüglich der Rüge der Berufungskläger, der Planfeststellungsbeschluss sei fehlerhaft, weil der Beklagte bei der Standortauswahl für den Polderbau zwar die Standortalternative „Hördter Rheinaue“ gesehen, aber letztlich verworfen habe, obwohl − wie das von der Berufungsseite vorgelegte Gutachten des Dipl.-Ing. (FH) H. vom 28. Oktober 2006 zum naturschutzrechtlichen Teil zeige − der gewählte Polderstandort Waldsee/Altrip/Neuhofen ökologisch wertvoller sei als der mögliche Standort „Hördter Rheinaue“.

176

Für die Beurteilung der Frage, ob vorliegend der Beklagte im Planfeststellungsbeschluss eine fehlerhafte Standortauswahl getroffen hat, sind die Grundsätze heranzuziehen, die das Bundesverwaltungsgericht zum Abwägungsgebot entwickelt hat. Danach müssen ernsthaft in Betracht kommende Standortalternativen ermittelt, bewertet und untereinander abgewogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1986, BVerwGE 75, 214). Die Standortauswahl ist nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn sich später herausstellt, dass eine zurückgestellte Alternative ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Gerichts, durch eigene Ermittlungen und Wertungen ersatzweise zu planen und sich dabei von den Erwägungen einer „besseren“ Planung leiten zu lassen. Ein Abwägungsfehler liegt also nicht schon dann vor, wenn für und gegen den einen wie den anderen Standort einleuchtende Gründe ins Feld geführt werden können. Die Standortwahl ist erst dann rechtswidrig, wenn sich die verworfene Alternative entweder als eindeutig vorzugswürdige Lösung hätte aufdrängen müssen oder wenn der Planbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen ist (so BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 − 4 A 1075.04 − BVerwGE 125, 116; s. auch Beschluss vom 16. Juli 2007 − 4 B 71.06 −, juris). Von einer Alternative kann nicht mehr gesprochen werden, wenn eine Variante auf ein anderes Projekt hinausläuft. Dies ist namentlich der Fall, wenn ein mit dem Vorhaben verbundenes wesentliches Ziel mit einer Alternative nicht erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2007, a.a.O., m.w.N.). In Ansehung dieser Kriterien vermag der Senat im vorliegenden Fall keine fehlerhafte Standortauswahl zu erkennen.

177

Insbesondere musste sich die Planfeststellungsbehörde der Standort „Hördter Rheinaue“ nicht als vorzugswürdigere Lösung aufdrängen. Im Rahmen der Abwägung ist der Beklagte zu einer Bevorzugung des Standorts des Bereichs Altrip gekommen, weil bei einer Hochwasserrückhaltung im Bereich Hördt der Konflikt mit den Belangen des Naturschutzes ein wesentlich höheres Ausmaß erreiche als im Bereich Altrip, in welchem vorwiegend ackerbauliche Flächen für die gesteuerte Hochwasserhaltung in Anspruch genommen werden müssten (s. S. 51 des Planfeststellungsbeschlusses). Diese Beurteilung konnte sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses auf die Erkenntnisse des raumordnerischen Bescheids von 1995 stützen, die auf der Ökologischen Risikoanalyse der Planungsgruppe Ökologie und Umwelt vom Mai 1986, auf die Gutachterstudie „Ersatzstandort Polder Hördt“ des Ingenieurbüros B. aus dem Jahre 1990 sowie auf die Untersuchung des Instituts W. und N. GmbH vom Februar 1993 beruhte. Hiernach war davon auszugehen, dass Auswirkungen einer Wasserrückhaltung im Bereich „Hördter Rheinaue“ im Vergleich zu allen anderen untersuchten Standorten als besonders hoch einzustufen waren und diesem Bereich auch nach Auffassung des damaligen Landesamtes für Umweltschutz und Gewerbeaufsicht eine überragende Funktion zukomme, während nach der Untersuchung der W. und N. GmbH dem Standort Waldsee/Alptrip/Neuhofen die geringste Bedeutung für den Arten- und Biotopschutz zugesprochen wurde. Dafür, dass inzwischen etwas anderes im Hinblick auf die natur- und artenschutzfachliche Bewertung der beiden in Rede stehenden Standorte gelten könnte, bestanden im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses keine Anhaltspunkte, zumal die obere Landesplanungsbehörde unter dem 14. Februar 2002 mitgeteilt hatte, dass keine Umstände bekannt seien, die die Fortdauer des raumordnerischen Bescheids aus dem Jahre 1995 in Frage stellen würden. Auch die Berufungskläger oder sonstige Einwendungsführer haben nicht eingewandt, dass sich die Verhältnisse insoweit grundlegend geändert hätten.

178

Eine andere Beurteilung musste sich auch nicht aufgrund der Untersuchung des Ministeriums für Umwelt und Forsten vom März 2005 bezüglich der Möglichkeiten zur Einbeziehung der Hördter Rheinniederung in das Hochwasserschutzkonzept von Rheinland-Pfalz aufdrängen. Denn diese Untersuchung befasst sich nicht mit Alternativstandorten, sondern lediglich mit der Frage, ob die Einbeziehung der „Hördter Rheinaue“ als zusätzlicher Reserveretentionsraum möglich ist. Allein die Tatsache, dass nunmehr nach einer Stellungnahme des von der Berufungsklägerseite beauftragten Büros „P.“ vom 28. Oktober 2006, die also nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erstellt wurde, das Ausmaß der Beeinträchtigungen für die Rückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vor allem hinsichtlich bedrohter Tierarten deutlich umfangreicher sein soll als für den Standort „Hördter Rheinaue“, vermag eine Fehlerhaftigkeit bei Alternativentscheidungen nicht zu begründen. Denn weder wurde von „P.“ der Standort „Hördter Rheinaue“ natur- und artenschutzfachlich näher untersucht, noch ist das Ergebnis von „Pro bios“ − wie die gegenteiligen fachlichen Bewertungen in der IUS-Stellungnahme vom 29. Juni 2007, in der artenschutzrechtlichen Verträglichkeitsuntersuchung der IUS vom Oktober 2007 (Abschnitt 7.3.2) und in der Aktualisierung der Verträglichkeitsuntersuchung gemäß § 27 LNatSchG der IUS vom Oktober 2007 (Abschnitt 8.2 und Anhang 3, in welchem u.A. die von einer Rückhaltung beanspruchten Flächen mit Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie für beide Standorte gegenübergestellt werden) zeigen − so eindeutig, dass man von einer Sachlage im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung ausgehen musste, aufgrund deren sich die Alternative „Hördter Rheinaue“ hätte aufdrängen müssen.

179

In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass beim Standort Waldsee/Altrip/Neuhofen förmlich unter Schutz stehende Gebiete nur geringfügig betroffen seien. Lediglich der ungesteuerte Bereich des dort geplanten Polders liegt teilweise mit 45 ha in dem FFH-Gebiet „Rheinniederung Speyer-Ludwigshafen“ (Nr. 6616-304 der Anlage 1 zu § 25 Abs. 2 LNatSchG). Demgegenüber würden bei einer Verwirklichung eines Polders am Standort „Hördter Rheinaue“ erheblich größere Bereiche von förmlich geschützten Flächen (dazu s. S. 103 f. des Urteilsumdrucks) von den Rückhaltemaßnahmen direkt betroffen, wobei allein die jeweils zu verwirklichende Deichlänge kein Indikator für die Beanspruchung des Naturhaushalts sein kann (s. fachliche Stellungnahme der IUS vom 29. Juni 2007, S. 113). Auch dies zeigt, dass sich der Planfeststellungsbehörde die Standortalternative „Hördter Rheinaue“ nicht aufdrängen musste.

180

Nur am Rande ist zu erwähnen, dass der erkennende Senat in seinem Urteil vom 5. August 2004 − 1 A 11787/03 − (NuR 2005, 53) betreffend die Hochwasserrückhaltung Wörth/Jockgrim die „Hördter Rheinaue“ ökologisch wertvoller angesehen hat als das Gebiet Wörth/Jockgrim, welches in der Untersuchung der IUS vom Februar 1993 sogar als ökologisch wertvoller bewertet wird als der hier in Rede stehende Rückhaltebereich Waldsee/Altrip/Neuhofen.

181

Überdies ist der Ansicht der Vorinstanz beizutreten, dass die Einwendungen der Berufungskläger so pauschal waren, dass auch nur eine entsprechende pauschale Prüfung durch die Planfeststellungsbehörde habe vorgenommen werden müssen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. März 1995, NVwZ 1995, 905). Wegen der gesamten vorstehend aufgezeigten Umstände durfte daher die Planfeststellungsbehörde die Alternative „Hördter Rheinaue“ bereits im Wege der Grobanalyse ausscheiden, ohne diese als mögliche weitere Alternative einer eingehenderen Prüfung zu unterziehen (vgl. BayVGH, Beschluss vom 18. Januar 2005 − 8 Cs 04.1724 −, juris).

182

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass mit einer Wasserrückhaltung im Bereich Hördt ein mit dem gesteuerten Polder im Raum Waldsee/Altrip/Neuhofen verbundenes wesentliches Ziel nicht erreicht werden könnte. Aus dem Planfeststellungsbeschluss (s. S. 23 f.), der u.A. auf die Stellungnahmen des früheren Landesamtes für Wasserwirtschaft Bezug nimmt (s. insbesondere auch Anlage zum Schreiben vom 23. Dezember 2002 − Bl. 276 ff. der Verfahrensakte Band I des Beklagten) ergibt sich, dass ein solches Ziel u.A. die Absenkung der Hochwasserwelle für die Unterlieger vor allem im Hinblick auf die in der Nähe liegende Neckarmündung war. Dies wird auch durch die Antwort zu einer kleinen Anfrage im Landtag zu möglichen Alternativstandorten bestätigt (s. LT-Drs. 15/184). Dort wird ausgeführt, dass katastrophale Hochwasserspitzen im Rhein, die durch große Neckarhochwasser verursacht würden, nur durch Polderraum im Bereich der Neckarmündung gezielt reduziert werden könnten und schon deshalb der Standort Hördt keine Alternative darstellen könne. In diese Richtung gehen auch die späteren Ausführungen der Aktualisierung der Verträglichkeitsuntersuchung vom Oktober 2007. Danach ist die Rückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen alternativlos, weil sie durch ihre Lage unmittelbar vor dem Ballungsraum Ludwigshafen/Mannheim zu einer gezielten Reduzierung der Hochwasserspitze, zur Entkoppelung des Zusammentreffens der Hochwasserwellen von Rhein und Neckar und damit zur Abwehr einer Überflutung in Ludwigshafen und Mannheim besser als jede andere Fläche geeignet sei. Ferner wurde vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 12. November 2007 ausweislich des Sitzungsprotokolls darauf hingewiesen, dass der Polder Hördt viermal so groß sein müsse, um eine vergleichbare Entlastung im Bereich der Neckarmündung zu erzielen (s. Bl. 905 GA). In diesem Zusammenhang hat der Referent für Hochwasserschutz vom Landesamt für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht Dr. M. nochmals klargestellt, dass durch den Polder Altrip eine Scheitelreduktion der Hochwasserwelle erreicht werde, die ein Mehrfaches der Reduktion durch eine vergleichbare Variante in Hördt erbringe (Bl. 905 GA). Diese Gegebenheiten zeigen aber deutlich, dass die Variante „Hördter Rheinaue“ letztlich auf ein anderes Projekt hinauslaufen würde und sie sich auch deshalb nicht als vorzugswürdige Alternative aufdrängt.

183

Was im Übrigen die von der Berufung angesprochene fehlende Prüfung von Ausführungsalternativen angeht, so bleibt zu sehen, dass solche (unter Beibehaltung der Wirksamkeit des Rückhalteraumvolumens im Bereich Altrip) weder substantiiert dargelegt noch auf der Hand liegen und sich von daher dem Beklagten auch nicht aufdrängen mussten.

184

Aber selbst wenn trotz alledem hinsichtlich der Standortalternative Mängel im Abwägungsvorgang zu bejahen wären, könnten diese aufgrund von § 75 Abs. 1 a VwVfG, der hier über § 114 Abs. 1 Nr. 1 LWG Anwendung findet, nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, weil solche hier keinesfalls auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sind. Die vorstehenden Ausführungen zeigen nämlich, dass der Beklagte auf den Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen im Hinblick auf die besondere Steuerungsfunktion dieses Polders zur Verhinderung des Zusammentreffens der Hochwasserscheitelwellen von Rhein und Neckar im Raum Ludwigshafen/Mannheim nicht verzichten kann und will, sodass eine konkrete Möglichkeit einer anderweitigen Standortwahl durch den Beklagten nicht angenommen werden kann. Von daher ist es für die Bewertung auch ohne Bedeutung, dass − worauf die Berufungskläger nochmals hingewiesen haben − möglicherweise (auch) agrarpolitische Gesichtspunkte eine Rolle gespielt haben könnten. Deshalb bedurfte es nicht der angeregten Zeugenvernehmung zu diesem Punkt.

185

Soweit die Kläger mit den in der mündlichen Verhandlung schriftsätzlich (s. Anlage 11 zum Sitzungsprotokoll) überreichten und bedingt gestellten fünf Beweisanträgen (Bl. 1644 f. GA) im Einzelnen unter verschiedenen Gesichtspunkten Sachverständigenbeweise dafür anbieten, dass der Standort Hördt als Alternative zum planfestgestellten Vorhaben aus natur- und artenschutzrechtlichen Gründen vorzuziehen sei und sich deshalb als Alternativstandort aufdränge, ist dem vorliegend nicht nachzugehen, da die in den Nrn. 1 bis 5 des Schriftsatzes formulierten Beweisfragen aus den vorstehend erörterten Rechtsgründen unerheblich sind und es daher auf die Beantwortung dieser Fragen im vorliegenden Fall nicht mehr ankommt. Dies gilt auch angesichts der im Beweisantrag Nr. 1 behaupteten Tatsache, das mit dem Polder Waldsee/Altrip/Neuhofen verfolgte Ziel der Hochwasserscheitelreduzierung könne auch mit einem Polder am Standort Hördt erreicht werden. Denn dem Vortrag des Fachreferenten für Hochwasserschutz Dr. M., wonach mit dem Polder im Bereich Altrip eine wesentlich höhere Scheitelreduktion der Hochwasserwelle als durch eine vergleichbare Variante im Bereich Hördt erreicht werden könne, hat die Berufungsseite nicht substantiiert widersprochen, sodass auch kein Anlass besteht, dem Beweisanbieten insoweit nachzukommen. Im Übrigen ist der Vortrag der Beklagtenseite, dass die Steuerungsfunktion des Polders Altrip in Bezug auf die Vermeidung des Zusammentreffens von Hochwasserwellen von Rhein und Neckar wegen dessen Nähe zur Neckarmündung besser sei als eine solche durch einen weiter entfernt gelegenen Polder, plausibel und nachvollziehbar, sodass bereits dieser Gesichtspunkt dagegen spricht, dass der Standort „Hördter Rheinaue“ zur Zielerreichung ebenso geeignet ist. Selbst wenn man unterstellt, dass der Alternativstandort ebenfalls geeignet ist, würde dieser Umstand nach den bereits vorstehend dargelegten Grundsätzen nicht ausreichen, um ein „Sich-Aufdrängen“ der Alternative Hördt annehmen zu können.

186

Entgegen dem Vorbringen der Berufungsklägerin zu 1) und des Berufungsklägers zu 3) ist die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene Abwägung auch nicht wegen des von dem Berufungskläger behaupteten unzumutbaren Risikos eines Deichbruchs und des Fehlens eines gesicherten Fluchtwegs aus Altrip zu beanstanden.

187

Hinsichtlich der behaupteten Deichbruchgefahr lässt sich − wie bereits von der Vorinstanz ausgeführt wurde − ein Abwägungsfehler schon deshalb nicht feststellen, weil die Planfeststellungsbehörde in Abschnitt III. Nr. 3 des Planfeststellungsbeschlusses angeordnet hat, dass alle baulichen Anlagen i.S. von § 2 LBauO, worunter auch die Deiche fallen, entsprechend den anerkannten Regeln der Technik zu errichten und dabei die einschlägigen DIN-Normen und sonstige technische Vorschriften zu beachten sind. Diese begründen nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine tatsächliche Vermutung dafür, dass sie sicherheitstechnische Festlegungen enthalten, die einer objektiven Kontrolle standhalten (BVerwG, Beschluss vom 30. September 1996, NVwZ-RR 1997, 214). Darüber hinaus bleibt zu sehen, dass für den Deich nach Nr. 6 der Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses statische bzw. erdstatische Nachweise bezüglich der Standsicherheit und des Auftriebs zu führen sind. Mit Überwachung ist ein qualifiziertes Büro für Grundbau/Bodenmechanik zu beauftragen. Angesichts dieser Regelungen vermag der Senat keinen Abwägungsfehler hinsichtlich der Standfestigkeit des geplanten Deiches zu erkennen, zumal Dr. S. von der TGU in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals darauf hingewiesen hat, dass der Untergrund bei Bau des Polders untersucht und gegebenenfalls durch Bodenaustausch stabilisiert werde. Zweifel an dieser Bewertung ergeben sich auch nicht aus dem von der Berufungsseite zu den Gerichtsakten gereichten Zeitungsartikel, wonach im Jahre 1987 bei einer Probeflutung eines Polders bei Kehl infolge von Lecken in den Dämmen Wasser ins Vorland strömt und Böschungen absackten (s. Anlage 6 − Bl. 1604 GA). Abgesehen davon, dass diese Gegebenheiten damals nicht zu einem Dammbruch führten (s. das von dem Beklagten zu den Akten gereichte Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg vom 21. Dezember 2007 − Anlage 7 − Bl. 1605 GA), waren offenbar die damals fehlenden technischen Möglichkeiten zur Berechnung der Auswirkungen des Betriebs des Polders Ursache für die in dem oben angesprochenen Zeitungsartikel genannten Schwierigkeiten (s. Schreiben des Regierungspräsidiums Freiburg, a.a.O.). Dafür, dass man nunmehr, nachdem mehr als 20 Jahre seitdem vergangen sind, diesbezüglich immer noch entsprechende Berechnungsmethoden fehlen, haben die Berufungskläger weder etwas Substantiiertes vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Vielmehr hat das Regierungspräsidium Freiburg in dem in Rede stehenden Schreiben mitgeteilt, dass die im Februar und Mai 1999 erforderlichen Flutungen der Rückhalteräume planmäßig und ohne hervorhebenswerte Besonderheiten verliefen (s. Bl. 1607 GA).

188

Bezüglich des Fehlens eines gesicherten Fluchtwegs aus Altrip hat die Klägerin zu 1) u.A. vorgetragen, der einzige Fluchtweg bei Polderflutung sei die Straße nach Rheingönheim, deren Benutzung bei Hochwasser in der Vergangenheit Probleme aufgeworfen habe. Der Planfeststellungsbeschluss behandelt diesen Gesichtspunkt nicht, sondern geht nur davon aus, dass die Möglichkeit bestehe, auf der über den Trenndeich führenden K 13 nach Waldsee zu gelangen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat wurde diese Möglichkeit mit den Beteiligten erörtert. Der als Beistand für den Berufungskläger zu 3) auftretende Herr N. erläuterte anhand von Unterlagen, dass seiner Meinung nach die K 13 außerhalb ihres Verlaufs über den Trenndeich bei Polderflutung wegen auf der Straße stehenden Qualmwassers nicht mehr befahrbar sei. Der Beklagte ist dem für den Teil der K 13, der nördlich des Trenndeichs in Richtung Riedsiedlung verläuft, mit dem Hinweis entgegengetreten, der geplante Altripsee werde das durch die Polderflutung austretende Qualm- und Grundwasser aufnehmen und verhindern, dass in diesem Bereich die Fahrbahn überschwemmt werde. Dies wurde auch von Prof. Dr. H. durch seine in diesem Zusammenhang gemachte Aussage bestätigt, dass der Altripsee seinen Zweck erfülle. Hinsichtlich des südlich des Trenndeichs gelegenen Teils der K 13 hat Dr. Sch. für die Beklagtenseite jedoch eingeräumt, dass etwa im Bereich des Campingplatzgebiets „Auf der Au“ bei Polderflutung mit einer Überflutung der Fahrbahn der K 13 in Höhe von ca. 20 cm zu rechnen sei. Dies wird von Prof. Dr. H. in der nachgereichten Stellungnahme vom 5. März 2009 nochmals unterstrichen. Darin stuft er zudem die Befahrbarkeit der K 13 in einem Teilstück im Bereich der Rennbahn als kritisch ein. Der Prozessvertreter des Beklagten hat aber in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass im Norden noch eine Fluchtwegmöglichkeit für die Altriper Bürger über die K 7 bestehe, die hochwasserfrei ausgebaut werde. Schon bisher könne die G. (K 7) nach Rheingönheim bei Hochwasser als „Fluchtweg“ genutzt werden, wenn auch gegebenenfalls nur auf der vom Rhein abgewandten Straßenseite. Dies räumte der Beistand des Berufungsklägers zu 3) in seinen Darlegungen der Fluchtwegsituation ebenfalls ein (s. Präsentation der Fluchtwegproblematik vom 12. Februar 2009 − Bl. 1608 ff. GA −). Auch aus dem von der Berufungsklägerseite vorgelegten Schreiben des Ministeriums für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz vom 7. Oktober 2008 an das Büro des Ministerpräsidenten (Bl. 1646 ff. GA) ergibt sich, dass zwar ab einem Rheinhochwasserstand vom 93,75 m.ü.NN aus Sicherheitsgründen die wasserseitige Richtungsfahrspur für den Straßenverkehr gesperrt werden muss; von einer vollständigen Sperrung ist aber keine Rede. Dies wird auch nicht in der von der Berufungsklägerseite nachgereichten Stellungnahme vom 5. März 2009 behauptet. Demgegenüber wird in dem vorgenannten Schreiben des Ministeriums darauf hingewiesen, dass die Deichausbauplanung vorsehe, die Kreisstraße von der Deichkrone auf die landseitig angeschüttete Deichberme zu verlegen, wodurch nach dem Ausbau die Standsicherheit und Befahrbarkeit der K 7 in beiden Richtungen gesichert sei. Es mag zwar sein, dass − wie die Berufungsklägerseite und Prof. Dr. H. vortragen − eine solche Notumfahrung zu gewissen Engpässen führen wird. Diese erscheinen jedoch angesichts der wenigen Tage, an denen sie auftreten, und angesichts der Auftretenswahrscheinlichkeit einer solchen Situation durchaus hinnehmbar. Allerdings lassen sich diese Überlegungen nicht unmittelbar dem Planfeststellungsbeschluss entnehmen, sodass bezüglich der Fluchtwegproblematik ein Abwägungsdefizit im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses durchaus möglich erscheint. Gleichwohl würde ein solcher Mangel hier nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen, denn die obigen Darlegungen zeigen, dass ein eventuell insoweit bestehendes Abwägungsdefizit nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, auch wenn man die bei einer Polderflutung zu erwartende Überflutung der K 13 im Bereich „Auf der Au“ in die Abwägung mit einbezogen hätte. Somit würde es sich insoweit nicht um einen erheblichen Mangel i.S. von § 75 Abs. 1 a VwVfG (i.V.m. § 114 Abs. 1 Nr. 1 LWG) handeln, sodass die Berufungskläger im Hinblick darauf nicht die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses verlangen können. Nach dem oben Dargelegten bestand mithin kein Anlass, den im nachgereichten Schriftsatz vom 13. März 2009 angeregten diesbezüglichen Beweisanträgen nachzukommen. Aus dem gleichen Grunde bedarf es auch keiner Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

189

Ebenso wenig ist ein Abwägungsfehler hinsichtlich der Gefahr von Druckwasser und eines erhöhten Grundwasseranstiegs ersichtlich. Dabei bleibt mit der Vorinstanz hervorzuheben, dass die Planfeststellungsbehörde im vorliegenden Fall zu diesem Problem keine abschließende Regelung getroffen, sondern hierzu insbesondere Vorbehalte in Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss aufgenommen hat (s. Abschnitt III., Nrn. 22, 23, 38). Zwar sind die im Zusammenhang der Planung auftretenden Probleme und Konflikte grundsätzlich abschließend zu bewältigen. Von einer abschließenden Entscheidung kann aber aufgrund § 10 Abs. 1 WHG, der hier über § 72 Abs. 5 LWG Anwendung findet, dann abgesehen werden, wenn sich im Zeitpunkt der Entscheidung nicht feststellen lässt, ob und in welchem Maße nachteilige Wirkungen durch das Vorhaben eintreten werden. Allerdings dürfen aufgrund dieser Regelung Auflagen und Entschädigungen nur dann vorbehalten werden, wenn zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung nach Eintritt der nachteiligen Wirkungen noch nicht überwiegend wahrscheinlich, aber gleichwohl greifbare Anhaltspunkte für die Möglichkeit nachteiliger Wirkungen vorhanden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 1996, Buchholz 45.4 § 10 WHG Nr. 5). Dabei ist im Hinblick auf das Abwägungsgebot zu verlangen, dass eine Regelung des Problems, dessen Lösung einem späteren Verfahren vorbehalten bleiben soll, in jenem Verfahren auch objektiv erwartet werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2007, juris, unter Bezugnahme auf das Urteil vom 9. März 1979, BVerwGE 57, 297). Außerdem ist der Vorbehalt nur zulässig, wenn sich im Zeitpunkt der Entscheidung die für die Problemlösung notwendigen Kenntnisse nicht mit vertretbarem Aufwand beschaffen lassen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 1985, NVwZ 1986, 640).

190

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend die Abwägungsentscheidung des Beklagten hinsichtlich der zu erwartenden Vernässungs- und Überflutungsfolgen durch Druck- und Grundwasser nicht zu beanstanden. Auch insoweit wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die umfangreichen Darlegungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil verwiesen, denen zu folgen ist. In diesem Zusammenhang bleibt nochmals hervorzuheben, dass − wie bereits die Vorinstanz ausgeführt hat − der Vorhabensträger nicht verpflichtet ist, die schon bestehende Grund- und Druckwasserproblematik in der Umgebung des Vorhabens − insbesondere im Bereich Altrip − zu verbessern. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht diesbezüglich unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des OVG Mecklenburg-Vorpommern (Beschluss vom 29. Oktober 2004, NuR 2005, 657) und des Niedersächsischen OVG (Urteil vom 20. März 2003, ZfW 2004, 101) dargelegt, dass die Berufungskläger lediglich einen Anspruch auf Abwendung von Nachteilen haben, die durch das Vorhaben veranlasst sind und sie daher im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht mehr als die Sicherung des derzeit bestehenden Schutzniveaus begehren können. Es ist deshalb vom Gericht nur zu prüfen, ob die Planfeststellungsbehörde abwägungsfehlerfrei davon ausgehen durfte, dass sich die vorhandene Grund- und Druckwasserproblematik durch den Bau und den Betrieb des Polders nicht verschlechtert wird.

191

In Ansehung dieser Maßstäbe ist die Vorinstanz zu dem Ergebnis gelangt, dass hinsichtlich der Grund- und Druckwasserproblematik kein Abwägungsfehler vorliegt, der zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führt. Dieser Einschätzung ist zu folgen. Die Planfeststellungsbehörde hat sich nämlich mit der Druck- und Grundwasserproblematik durch Einholung einer hydrogeologischen Untersuchung und weiterer Stellungnahmen der TGU sowie der diesbezüglichen Überprüfung und Stellungnahmen der ETH Zürich eingehend auseinander gesetzt. Dabei ist sie zu einem vertretbaren Abwägungsergebnis gekommen. Sie hat u.A. im angegriffenen Planfeststellungsbeschluss festgesetzt, dass insbesondere die mittels des Grundwassermodells der TGU errechneten Schöpfwerkleistung für das Schöpfwerk „Neuhofener Altrhein“ zu verdoppeln ist, um eine zusätzliche Betroffenheit der Gemeinde Altrip und seiner Bewohner ausschließen zu können. Wegen der Unsicherheit, ob die festgesetzten Maßnahmen ausreichen, die durch den gefluteten Polder hervorgerufene Grund- und Druckwasserproblematik zu beherrschen, hat der Beklagte insoweit jedoch keine abschließende Entscheidung getroffen, sondern in Abschnitt III. Nr. 22 des Planfeststellungsbeschlusses nach Fertigstellung des Polders die Durchführung einer Probeflutung bei geeigneter Hochwasserführung des Rheins bestimmt, um die Berechnungen des verwendeten Grundwassermodells zu überprüfen und gegebenenfalls ergänzende Anpassungsmaßnahmen − wie vorbehalten − anzuordnen. Wegen der Einzelheiten hinsichtlich des zugrunde gelegten Abwägungsmaterials (Gutachten der TGU, Prüfgutachten der ETH Zürich und weitere Stellungnahmen sowie die hiergegen geführten Angriffe der Berufungsklägerseite mittels eines hydrogeologischen Gutachtens und Stellungnahmen von Prof. Dr. H. − Hydrosond −) wird auf die Ausführungen im angefochtenen erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen.

192

Soweit nunmehr mit der Berufung vorgetragen wird, das Verwaltungsgericht habe in seinem Urteil verkannt, dass das TGU-Grundwassermodell die Abflussverhältnisse aus dem gesteuerten Polder zur Vorflut im Neuhofener Altrhein zu stark vereinfacht habe und deswegen zu falschen Ergebnissen gekommen sei, vermögen die Berufungskläger damit nicht durchzudringen.

193

Dies gilt insbesondere für den Vortrag, es bestehe eine große Inhomogenität im Bereich des oberen Grundwasserleiters. Gerade im Hinblick auf Kiesrinnen müsse ein Abfluss des Vielfachen der Wassermenge, die für den Grundwasserstrom berechnet worden sei, erwartet werden mit der Folge, dass eine Gefahr von Überflutungen und hydraulischen Grundbrüchen bestehe. Dass mit solchen Rinnen zu rechnen sei und deshalb zumindest diesbezüglich weitergehende Untersuchungen erforderlich gewesen seien, hat Prof. Dr. H. nochmals in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 betont.

194

Gleichwohl vermag der Senat aufgrund dieses Vorbringens nicht von einer fehlerhaften Beurteilung der Abflussvorgänge aus dem Polderbereich auszugehen. Mit der Vorinstanz ist dabei zunächst davon auszugehen, dass es nicht der von Prof. Dr. H. geforderten weitergehenden detaillierten Ermittlung der hydrogeologischen Bodenverhältnisse bedarf. Denn die dem Grundwassermodell zugrunde gelegten geologischen und hydrogeologischen Daten wurden u.A. der hydrogeologischen Kartierung des Rhein-Neckar-Raums, die auf einer von den Bundesländern Rheinland-Pfalz, Baden Württemberg und Hessen länderübergreifend durchgeführten Untersuchung beruht, sowie der Bodenkarte des geologischen Landesamtes Rheinland-Pfalz mit Bohrprofilen im Bereich des Altriper Rheinbogens entnommen. In letzterer Karte waren nach unwidersprochenem Vorbringen von Dr. S. (TGU) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch bestehende Bodenaufschlüsse durch bergbauliche Maßnahmen erfasst. Die aus diesen Daten ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerte der Bodenschichten bildeten die Grundlage für das von der TGU angewandte numerischen Grundwassermodells. Hierbei wurde infolge der großen Inhomogenität der Bodenschichten für den Gesamtbereich ein mittlerer Durchlässigkeitsbeiwert angewendet, den die Berufungskläger unter Bezugnahme auf die von Prof. Dr. H. durchgeführten stichprobenartigen Bohrungen in Frage stellen. Wegen der im Einzelnen ermittelten Durchlässigkeitsbeiwerte wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts im angegriffenen Urteil verwiesen (s. S. 119 f. des Urteilsumdrucks). Aus alledem ergibt sich zwar unstreitig eine hohe Inhomogenität der Bodenschichten. Dennoch lässt sich daraus nicht die Ungeeignetheit des vorliegenden Grundwassermodells und die Forderung nach weiteren Bohrungen zur Aufspürung von Kiesrinnen herleiten. Diesbezüglich hat bereits Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vom 14. November 2007 vor dem Verwaltungsgericht ausweislich des Sitzungsprotokolls (Bl. 914 R) der Gerichtsakte dargelegt, dass aus seiner Sicht ein Mehr an Bohrungen oder sonstigen Daten keine wesentliche Verbesserung des Modells gebracht hätte. Auch der Prüfgutachter Prof. Dr. K. von der ETA Zürich hat in der vorgenannten mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass selbst dann, wenn man eine wesentlich genauere Aufnahme der Heterogenität der Bodenschichten hätte, letztlich ein Mittelwert für den Wasserandrang entscheidend sei (Bl. 913 R GA). Des Weiteren hat Prof. Dr. K. in den vorgenannten Erläuterungen darauf hingewiesen, dass es Kiesrinnen in jeder Tiefe gebe, jedoch im Bereich des oberen Grundwasserleiters nicht (ohne weiteres) gefunden werden könnten, zumal sich durch Probebohrungen die Rinnenstrukturen in der gesamten Stärke des oberen Grundwasserleiters von bis zu 30 m derzeit mit einem machbaren Aufwand nicht sicher abbilden lasse und Kiesrinnen, die während des Polderbaus an der Oberfläche angetroffen würden, abgedichtet werden könnten (Bl. 915 GA). Dies hat Dr. S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Hiernach wird der Untergrund beim Bau des Polders untersucht und − soweit erforderlich − durch Bodenaustausch egalisiert bzw. stabilisiert.

195

Diese nachvollziehbaren Ausführungen sprechen nach Ansicht des Senats dafür, dass weitere Untersuchungen des Untergrundes nicht erforderlich waren. Zwar wird hierdurch auch deutlich, dass das verwendete Grundwassermodell − wie jedes numerische Modell − Schwachstellen aufweist und der maximale Wasserandrang mit dem Modell nicht genau bestimmt werden kann. Diese Ungenauigkeiten können aber mit einer auf einer Sensitivitätsanalyse beruhenden konservativen Abschätzung der Modellparameter kompensiert werden, was hier nach Beanstandungen durch das Prüfgutachten der ETA Zürich durch Neukalibrierung des Modells seitens der TGU im November 2003 erfolgt ist (s. Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 16. Februar 2004). Soweit Prof. Dr. H. im Hinblick darauf die Ansicht vertritt, eine deutliche Verbesserung der Aussagegenauigkeit könne nur durch detaillierte Untersuchungen der maßgeblichen Parameter mittels neuer Bohrungen und Pumpversuchen erreicht werden, wird die Richtigkeit der Überlegungen der von der Behörde herangezogenen Sachverständigen nicht in Zweifel gezogen. Wie Prof. Dr. K. nachvollziehbar und überzeugend dargelegt hat, wäre eine Verbesserung der Datenlage auf der Input-Parameterseite nur mit einem erheblichen und finanziell unzumutbaren Aufwand möglich (s. schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 23. Juli 2007 in Mappe 5). Außerdem könnten zusätzliche Bohrungen keine erheblich höhere Sicherheit vermitteln, da auch die daraus gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen eines Mittelwertes zu berücksichtigen wären, was aber zu keinen wesentlich größeren Abweichungen führen würde. Denn trotz variierender Leakage-Faktoren und Durchlässigkeitsbeiwerten ist für den hier zu ermittelnden Wasserandrang nur ein Mittelwert über eine größere Fläche von Bedeutung (s. schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. K., a.a.O.). Die Geeignetheit eines Mittelwerts in dem verwendeten Grundwassermodell wird zudem durch den Vortrag von Dr. Sch. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unterstrichen, wonach der zugrunde gelegte Mittelwert durch weitere Pumpversuche an den Grundwassermessstellen bestätigt worden ist. Letztlich bleibt zu sehen, dass das Modell nur als Abschätzung zur Vordimensionierung der Ausgleichsmaßnahmen dienen soll und deshalb erst beim Vorliegen genauerer Erkenntnisse aus der angeordneten Probeflutung die eventuell noch erforderlichen und vorbehaltenen Anpassungen vorzunehmen sind, was von Prof. Dr. K. als sinnvolle Maßnahme angesehen wird, weil kein Grundwassermodell genau ausrechnen könne, wie groß der Wasserandrang nach Bau des Polders wirklich sei (s. Prof. Dr. K., a.a.O.).

196

Vermögen somit die Berufungskläger nicht mit ihrer Rüge durchzudringen, dass der Planung zu stark vereinfachte Abflussverhältnisse zugrunde gelegt worden seien, so gilt dies auch bezüglich ihres Vortrags, die Planbehörde habe bei der Beurteilung von Verschlechterungen der Grundwassersituation durch den Betrieb des Polders − insbesondere für die Ortslage Altrip − nur in unzureichender Weise mögliche Starkregenereignisse berücksichtigt. Diesbezüglich hat die Berufungsklägerseite vor allem vorgetragen, die Vorinstanz habe in ihrem Urteil verkannt, dass infolge des Zusammentreffens zweier hydrologischer Ereignisse (Hochwasserrückhaltung im gesteuerten Polder und gleichzeitiges Starkregenereignis) der Boden weitgehend wassergesättigt sei und es aufgrund dessen zu einem beschleunigten Oberflächenabfluss der Niederschlagsmengen in Richtung Vorflut (Neuhofener Altrhein) komme und dort zusammen mit den vom Polder eingesickerten (Grund-)Wasser einen derartigen Wasseranstieg erzeuge, der die Abpumpkapazität rasch überschreite und somit weitere Überflutungen in der Umgebung bewirke. In diesem Zusammenhang haben die Berufungskläger den Fall diskutiert, dass ein hundertjährliches Niederschlagereignis von 82,5 mm/Tag bei geflutetem Polder auftrete, was bei einer Einzugsgebietsfläche des Neuhofener Altrheins von 8,595 qkm eine Tagesniederschlagsmenge von 709.087,5 cbm ergebe, wobei davon praxisnah nur die Hälfte als abflusswirksame Regentagesmenge zugrunde gelegt werde, sodass es bei 354.543,75 cbm verbleibe, die dem Neuhofener Altrhein an einem solchen Tag zugeführt werde. Dieser Regenmenge haben sie den Tageswert des aus dem Polder zufließenden Grundwassers von 2 cbm/sec, also 172.800 cbm, hinzuaddiert, was einen Tageszufluss von insgesamt 527.343,75 cbm ergibt. Im Hinblick darauf haben die Berufungskläger gerügt, dass diesem Tageszufluss nur eine Abpumpkapazität des Schöpfwerks „Neuhofener Altrhein“ von 414.720 cbm gegenüberstehe. Dieses Vorbringen führt aber nicht dazu, dass der Planfeststellungsbeschluss als abwägungsfehlerhaft angesehen werden müsste.

197

Insoweit ist zunächst mit der Vorinstanz festzustellen, dass sich die bisher bestehende Grund- und Hochwassersituation auch durch die Flutung des im Streit stehenden Polders nicht verschlechtert. Dieser darf nämlich gemäß der Nebenbestimmung III. Nr. 13.5 erst geflutet werden, wenn mindestens 24 Stunden vorher die drei Schöpfwerke, die insgesamt auf eine Tagesleistung von ca. 800.000 cbm Wasser kommen, in Betrieb genommen worden sind. In diesem Zeitraum vor Flutung des Polders wird also eine solche Wassermenge aus den oberirdischen Gewässern in der Umgebung des Polders abgepumpt, dass hierdurch auch ein entsprechender positiver Effekt in Bezug auf die Grundwasserhöhe erzielt wird. Außerdem darf der Polder erst geflutet werden, wenn der Wasserstand im Neuhofener Altrhein von 90 müNN nicht überschritten ist. Dies gewährleistet, dass auf jeden Fall eine Absenkung des Wasserspiegels zumindest auf diese Höhe stattfindet, bevor eine Flutung der Wasserrückhaltung erfolgt.

198

Aufgrund dieser positiven Effekte ist auch durch den Grundwasserzufluss aus dem gefluteten Polder und dem erhöhten Zufluss aufgrund eines Starkregenereignisses nicht mit einer Verschlechterung der bestehenden Situation zu rechnen. Zwar wäre nach den vorstehend geschilderten Berechnungen der Berufungsklägerseite für ein Starkregenereignis von 82,5 mm/Tag mit einem Tageszufluss von insgesamt 527.343,75 cbm zu rechnen, von dem nur 414.720 cbm abgepumpt werden könnten mit der Folge, dass ein Zufluss von etwa 113.000 cbm im Neuhofener Altrhein als zusätzliche Wassermenge verbliebe. Aufgrund der Nebenbestimmung Nr. 13.5, dass erst mit einem Wasserstand von 90,0 müNN der Polder geflutet werden darf, besteht aber ein Puffer von 273.000 cbm bis zu einer Höhe von 90,5 müNN, bei der erst ein kritischer Zustand bezüglich des Abflusses aus der Schlicht entstehen könnte. Dieser Puffer wird von der zusätzlichen Wassermenge noch nicht einmal in vollem Umfang in Anspruch genommen. Soweit dem in der nachgereichten Stellungnahme des Geologischen Instituts Hydrosond vom 9. März 2009 entgegengehalten wird, dass der Annahme eines Puffers eine falsche Sicht der Grundwasserbeziehungen des Umlandes zum Neuhofener Altrhein zugrunde liege, so vermag auch dies letztlich zu keiner anderen Bewertung zu führen. Der Berufungsklägerseite ist zwar zuzugestehen, dass der Anstieg des Wasserspiegels im Neuhofener Altrhein grundsätzlich auch Einfluss auf den Grundwasserspiegel in Altrip und Umgebung haben kann. In welchem Umfang dies der Fall ist, lässt sich jedoch nicht ohne weiteres in konkreten Werten ausdrücken, da insoweit eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle spielen. Von daher sind die Rügen von Prof. Dr. H. auch wenig konkret. Es bleibt aber zu sehen, dass im Falle eines Wasserspiegels von über 90 müNN keine Flutung stattfindet und von daher auch ohne Polderflutung ein hoher Grundwasserspiegel gegeben ist. Dieser wird aber durch das vorgesehene Abpumpen des Altrheinwassers, welches bereits 24 Stunden vor Polderflutung einsetzt, jedenfalls gesenkt, auch wenn ein Absenken des Altrheinwasserspiegels auf eine Höhe von 89,4 müNN mehrere Tage dauern sollte. Ohne das angeordnete Abpumpen im Planfeststellungsbeschluss wäre dieser Effekt nicht gegeben. Sollte sich bei der Probeflutung herausstellen, dass die Abpumpkapazität nicht ausreichend ist, um eine Verschlechterung der Situation durch die Poldermaßnahme zu vermeiden, so bleibt aufgrund des im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Vorbehalts die Möglichkeit, dies durch weitere Auflagen zu vermeiden.

199

Aber auch die Ausführungen der Berufungsklägerseite hinsichtlich eines „Worst-Case“-Szenarios vermögen nicht zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses zu führen. Dabei wird von einem Starkregenereignis von 200 mm in zwei Stunden ausgegangen, welches zuletzt am 13. Juli 1999 im Raum Altrip stattgefunden haben soll. Schon diese Prämisse erscheint jedoch zweifelhaft. Denn ein solches Extremniederschlagsereignis konnte der Deutsche Wetterdienst (DWD) in seinem von dem Beklagten vorgelegten amtlichen Gutachten vom März 2008 (Bl. 1533 ff. GA) für Altrip nicht bestätigen. Nach den Darlegungen des DWD sind in dem vorgenannten Zeitraum (13. Juli 1999) an den Wetterstationen in der weiteren Umgebung ein maximaler Tageswert von 29 mm (in Heidelberg) gemessen worden. Lediglich in Mannheim konnte an diesem Tag ein Niederschlag von 18,2 l/qm innerhalb von 30 Minuten gemessen werden, was auf zwei Stunden hochgerechnet etwa 73 l/qm ergeben würde. Dies würde auch dem Hinweis des DWD auf S. 10 des Gutachtens (Bl. 1542) entsprechen, wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass es im Raum Altrip am 13. Juli 1999 örtlich zu einem Niederschlag von 35 l/qm innerhalb einer Stunde gekommen sei. Angesichts dessen erscheint es schon äußerst fraglich, ob es seit Beginn der amtlichen Messungen von Niederschlagshöhen schon einmal in den letzten 100 Jahren zu einem von den Berufungsklägern als „Worst-Case“ angenommen Niederschlag in Altrip gekommen ist (behauptete Messungen von Privaten, die über keine geeichten Messvorrichtungen verfügen, reichen für den Nachweis eines solchen Extremniederschlags nicht aus). Abgesehen davon wäre mit einem solchen extremen Niederschlag von etwa 200 mm in 48 Stunden nach dem DWD-Gutachten bei einer vom DWD favorisierten Mittelung der beiden möglichen rechnerischen Projektionen statistisch alle 1000 Jahre zu rechnen. Zwar ist dagegen vonseiten der Berufungskläger unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Ingenieurbüros K. vom 31. März 2008 (Bl. 1565 GA) eingewandt worden, dass die vom DWD für diese Einschätzung verwendeten KOSTRA-DWD-2000 Daten nicht auf Bezugsräume von mehr als 100 Jahren extrapolierbar seien, da ein wissenschaftlicher Konsens bestehe, dass aus den KOSTRA-Daten nur statistische Aussagen bis zu einer Jährlichkeit von 100 Jahren gemacht werden könnten. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass angesichts des Klimawandels von einem Trend zu höheren Niederschlagshöhen auszugehen sei. Gleichwohl lässt sich jedoch aus dem DWD-Gutachten entnehmen, dass die statistische Wahrscheinlichkeit weit über einer 100jährlichen Eintrittswahrscheinlichkeit eines solchen Extremniederschlags liegen muss, auch wenn eine Extrapolation auf 1000 Jahre mit KOSTRA-Daten nicht möglich erscheint. Diese geringe Eintrittswahrscheinlichkeit wird noch zusätzlich herabgesetzt, dass das von der Klägerseite angesprochene zeitgleiche Auftreten eines extremen Hochwassers, welches die Flutung des gesteuerten Polders auslöst, und eines extremen Starkregens von 200 mm/48 Stunden, statistisch noch weniger wahrscheinlich erscheint (s. Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 23. Juli 2007). Berücksichtigt man überdies, dass eine Flutung des Polders nur vorgenommen werden darf, wenn es gelungen ist, durch das Schöpfwerk den Wasserstand im Neuhofener Altrhein auf 90,0 müNN oder tiefer abzusenken, dann besteht jedenfalls für das Zusammentreffen aller dieser Faktoren keine hinreichende Wahrscheinlichkeit derart, dass die von dem Beklagten im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Entscheidungen als abwägungsfehlerhaft zu bewerten wären. An dieser Bewertung ändert auch nichts der Umstand, dass die Beklagtenseite einen Trend zu höheren Niederschlagshöhen aufgrund des Klimawandels zu sehen glaubt, der vom DWD statistisch jedoch nicht belegt werden kann. Zudem spricht gegen die „Worst-Case“-Berechnung der Berufungskläger, die unter Zugrundelegung eines Niederschlagseinzugsgebietes von 8,9 qkm trotz eine Abpumpkapazität von 4,8 cbm/sec auf eine zurückbleibende Wassermenge im Neuhofener Altrhein von 851.900 cbm kommt, dass ein Extremniederschlag von 200 mm in zwei Stunden auf dem gesamten angenommenen Einzugsgebiet von 8,9 qkm wenig wahrscheinlich ist, da es sich bei Extremniederschlägen meist um ein lokal eng begrenztes Ereignis handelt. Darauf hat das Verwaltungsgericht unter Bezugnahme auf die Daten des DWD zutreffend hingewiesen. Insoweit wird insbesondere auf die Urteilsbegründung der Vorinstanz (S. 130 ff. des Urteilsumdrucks) Bezug genommen, die sich der Senat insoweit zu eigen macht.

200

Das Verwaltungsgericht hat darüber hinaus in dem angegriffenen Urteil nachvollziehbar ausgeführt, dass im Hinblick auf die Absenkung des Wasserspiegels auf 90,0 müNN ein Puffer von 273.000 cbm entsteht und im Neuhofener Altrhein noch weitere 819.000 cbm zur Verfügung stehen, bis dieses Gewässer über die Ufer tritt (S. 134 des Urteilsumdrucks). Berücksichtigt man dabei des Weiteren die Abpumpkapazität von 414.720 cbm/Tag, so zeigt dies, dass selbst ungewöhnliche Extremereignisse, die für den Neuhofener Altrhein nach den obigen Berechnungsvorgaben der Berufungskläger zu einem Tageszufluss von ca. 1.267.000 cbm/Tag führen würden, durchaus beherrschbar wären. Davon geht auch der Prüfgutachter Prof. Dr. K. von der ETH Zürich aus (s. Sitzungsprotokoll vom 13. November 2007 − Bl. 909 R und 910 R). Diese Einschätzung wird letztlich auch durch den in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2008 vom Beklagten überreichten Bericht der BCE über ein Niederschlags-Abfluss-Modell für die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen vom Februar 2009 bestätigt, der ebenfalls − allerdings auf der Grundlage von leicht veränderten Vorgaben (Zuflussmengen von maximal 2,59 cbm/sec) − zu dem Ergebnis kommt, dass 100jährliche Extremniederschlagereignisse von kurzer Dauer, die zeitgleich mit der Flutung auftreten, sicher abgepuffert werden können.

201

Abgesehen davon ist dem Verwaltungsgericht auch darin zu folgen, dass letztlich aufgrund der dargelegten Umstände der Betrieb des Polders nicht kausal für eventuelle Schäden im Zusammenhang mit einem Extremniederschlag sein kann. Dies wird gestützt durch den oben genannten Bericht über das Niederschlags-Abfluss-Modell. Darin wird ausgeführt, dass durch die geplante Maßnahme die bisherige Hochwasser- und Grundwassersituation im Bereich des Neuhofener Altrheins sogar wesentlich verbessert werde. An dieser Beurteilung ändert auch nichts die von Prof. H. dargelegte Möglichkeit, dass bei veränderten Parametern gegebenenfalls mit einem höheren Zufluss zum Neuhofener Altrhein zu rechnen ist. Dies wird durch die aufgrund der Kritik des Prüfgutachters erfolgte Neukalibrierung des Grundwassermodells sowie die Heraufsetzung der Pumpkapazität von 2,4 cbm/sec auf 4,8 cbm/sec weitgehend kompensiert. Auch der Qualmwasseranfall spielt für die Abschätzung der Größenordnung des Wasserzuflusses in dem Grundwassermodell keine Rolle, da der Qualmwasseranfall wegen seiner geringen Menge in diesem Zusammenhang eher einen vernachlässigbaren Faktor darstellt (s. Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 16. Februar 2004).

202

Die Richtigkeit der vorstehenden Annahmen und Ergebnisse sowie vor allem des in der mündlichen Verhandlung überreichten Niederschlags-Abfluss-Modells der BCE wird durch die dem nachgereichten Schriftsatz beigefügte Stellungnahme des Geologischen Büros H. (Prof. Dr. H.) vom 9. März 2009 nicht in Frage gestellt. Auch Prof. Dr. H. vermag nämlich seine vermuteten Ergebnisse nicht mit gesicherten Fakten zu belegen. Vielmehr beleuchtet er mit seiner Stellungnahme lediglich die Schwachstellen der Berechnungsmodelle der Beklagtenseite und verweist auf die bei höherer Datendichte aufgrund von weiteren Untersuchungen möglichen Ergebnisse, die für eine Verschlechterung der Situation durch den Polderbetrieb sprechen könnten. Eine größere Berechnungsgenauigkeit und damit ein besserer Prognoseansatz wird sich aber − abgesehen davon, dass die Richtigkeit einer Prognose allein mit der Postulierung weiterer Datenerhebungen nicht mit Erfolg bestritten werden kann − erst durch eine Probeflutung erreichen lassen, wie bereits oben dargelegt wurde. Entsprechendes gilt auch im Hinblick auf die in der vorerwähnten Stellungnahme angesprochenen Zufluss-Szenarien mit veränderten Vorgaben und Parametern.

203

Falls sich bei der vorbehaltenen Probeflutung höhere Durchlässigkeitsbeiwerte und Leakage-Faktoren ergeben sollten, die zu einem erhöhten Zufluss zum Neuhofener Altrhein führen, kann dem durch Detailanpassungen in weiteren Auflagen, die ebenfalls im Planfeststellungsbeschluss vorbehalten worden sind, Rechnung getragen werden (s. schriftliche Stellungnahme von Prof. Dr. K. vom 23. Juli 2007). Dies alles zeigt aber auch, dass selbst dann, wenn hinsichtlich der Druck- und Grundwasserproblematik aufgrund von Fehleinschätzungen ein Abwägungsfehler gegeben wäre, dieser wegen der vorgenannten Vorbehalte nicht zu einer anderen Entscheidung geführt hätte, und somit auch deshalb eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses im Hinblick auf § 75 Abs. 1 a VwVfG nicht in Betracht kommt. Von daher war weder den im Schriftsatz vom 13. März 2009 enthaltenen Beweisanträgen (Nrn. 1-8) nachzukommen, noch im Hinblick darauf die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

204

Angesichts der vorstehenden Ausführungen waren zudem die von den Berufungsklägern in der mündlichen Verhandlung vom 12. Februar 2009 bedingt gestellten Beweisanträge abzulehnen. Dies gilt zunächst für die im Schriftsatz vom gleichen Tage enthaltenen Beweisanträge Nrn. 1 bis 9 (Anlage 10 zum Sitzungsprotokoll − Bl. 1637 ff. GA). Eine Beweiserhebung zu den dort aufgeworfenen Fragen ist nämlich nicht erforderlich, da diese Fragen durch die Sachverständigen beider Seiten mittels gutachterlicher Stellungnahmen hinreichend abgehandelt und in den mündlichen Verhandlungen beider Instanzen erörtert worden sind und insoweit ein weiterer Aufklärungsbedarf nicht mehr besteht, da diese Fragen wegen der Heilung möglicher Abwägungsfehler gemäß §§ 115 Abs. 1 LWG, 75 Abs. 1 a VwVfG unerheblich sind. Entsprechendes gilt auch für die weiteren zu Protokoll gegebenen Beweisanträge Nrn. 1 bis 4 (Bl. 1590 f. GA). Diese zielen mit ihren Beweisthemen auf den gleichen Fragenkomplex wie die Beweisanträge im Schriftsatz vom 12. Februar 2009 ab. Im Unterschied dazu werden lediglich anstelle der bereits in diesem Schriftsatz unter Beweis gestellten Zufluss-Szenarien die daraus sich ergebenden Abpumperfordernisse unter Beweis gestellt.

205

In Anbetracht der gesamten vorstehend erörterten Umstände kann nicht von einer Abwägungsfehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Hinblick auf die Druck- und Grundwasserproblematik infolge eines Zusammenwirkens von Rheinhochwasser, Polderflutung, Niederschlagsereignissen und ungünstigen Bodenverhältnissen ausgegangen werden. Vielmehr sind die von der Planfeststellungsbehörde im Planfeststellungsbescheid festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen als ausreichend anzusehen, um mögliche Konflikte in diesem Zusammenhang zu bewältigen.

206

Ebenso wenig vermag der Senat Abwägungsfehler im Hinblick auf die Wirkung des geplanten Altripsees zu erkennen. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil verwiesen. Das darin der unterirdische Zufluss von 6.912 cbm statt mit 69.120 cbm angegeben worden, beruht auf einem offensichtlichen Schreibfehler und hat auf die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Argumentation keinen Einfluss. Im Übrigen hat Prof. Dr. H. von der Berufungsklägerseite in der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt, dass der Altripsee seinen Zweck erfüllt.

207

Schließlich verletzt die planerische Abwägungsentscheidung im Hinblick auf die von der Berufungsklägerin zu 1) als Gemeinde geltend gemachten Verletzung ihrer Planungshoheit sowie hinsichtlich der speziellen Betroffenheiten der Berufungsklägerin zu 2) und des Berufungsklägers zu 3) diese nicht in eigenen Rechten. Da diesbezüglich im Berufungsverfahren keine vertiefenden Ausführungen mehr gemacht worden sind, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (S. 135 ff. des Urteilsumdrucks). Allenfalls bezüglich der in der mündlichen Verhandlung vom Berufungskläger zu 3) zu den Gerichtsakten gereichten Unterlagen (Bl. 1629 ff. GA) bleibt noch anzumerken, dass der Planfeststellungsbeschluss die durch Lichtbilder dokumentierte jetzige Grundwassersituation am Wohnhaus des Berufungsklägers zu 3) nicht verbessern muss, andererseits es sich aber auch aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, dass eine Verschlechterung der Situation durch die Poldermaßnahme nicht zu erwarten ist. Dass die behauptete Zusage des Baus einer Grundwassermessstelle im Bereich seines Wohnhausgrundstücks noch nicht erfüllt worden ist, betrifft allenfalls den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses und stellt die Rechtmäßigkeit nicht in Frage und dürfte im Übrigen möglicherweise daran liegen, dass der Planfeststellungsbeschluss infolge des Berufungsverfahrens noch nicht bestandskräftig geworden ist und von daher kein Anlass bestand, bereits vorher mit Maßnahmen im Zusammenhang mit dem geplanten Polderbau zu beginnen.

208

Nach alledem war der Hauptantrag, den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, abzuweisen.

209

Ebenso wenig vermögen die Berufungskläger mit ihren bereits in der Vorinstanz gestellten Hilfsanträgen durchzudringen. Auch insoweit wird auf die zutreffenden Darlegungen des Verwaltungsgerichts verwiesen. Darüber hinaus kann ebenfalls der erstmals im Berufungsverfahren höchst vorsorglich gestellte Zurückverweisungsantrag keinen Erfolg haben. Die Voraussetzungen des hier für die Zurückverweisung anzuwendenden § 130 Abs. 2 VwGO liegen nämlich nicht vor, zumal eine weitere Verhandlung wegen einer noch vorzunehmenden Beweisaufnahme nicht erforderlich und auch keine fehlende Sachentscheidung des Verwaltungsgerichts gegeben ist.

210

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

211

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

212

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

213

Beschluss

214

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 90.000,-- € festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG), der sich aus einem Streitwert für die Berufungsklägerin zu 1) von 60.000,-- € und einem solchen von je 15.000,-- € für jeweils die Berufungskläger zu 2) und 3) zusammensetzt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt die Antragstellerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und in entsprechender Abänderung der Festsetzung des Verwaltungsgerichts auch für das Verfahren in erster Instanz auf 50.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des ca. 40.000 qm großen Anwesens B-Straße 1 in C-Stadt (Parzelle Nr. 101/149 in Flur 4 der Gemarkung Körprich), auf dem sie seit 1973 ein Maschinenbau-Fertigungsunternehmen mit gegenwärtig etwa 75 Mitarbeitern betreibt. Dieses stellt in mehreren baulich verbundenen Hallen unter Einsatz verschiedener Präzisionsfertigungsmaschinen (Bohr- und Fräsmaschinen) Maschinenbauteile für die Stahlindustrie her. Die Teile werden innerhalb des Betriebs durch Krananlagen transportiert.

Das Betriebsgelände ist von den Auswirkungen eines von der Beigeladenen (Bergwerk Saar/Förderstandort Ensdorf) auf der Grundlage eines bestandskräftigen Rahmenbetriebsplans aus dem Jahre 1990 und einer Sonderbetriebsplanzulassung des Antragsgegners für die „Anhörung der Oberflächeneigentümer“ vom 25.11.2005 durchgeführten Abbaus der Strebe Prims 1 bis Prims 4 im südlich der Ortslage von Körprich gelegenen Flöz Schwalbach, Feld Primsmulde (Süd), betroffen. Das in den Genehmigungsunterlagen zum Sonderbetriebsplan unter der Kenn-Nr. 3787 und mit den Objekt-Nrn. 4580 bis 4649 und – was die ebenfalls auf dem Gelände ansässige Firma Plakoma anbelangt – mit den Objekt-Nrn. 4650 – 4670 aufgeführte Parzelle Nr. 101/149 der Antragstellerin liegt nach den Plänen nördlich jenseits der für die Strebe Prims 1 und Prims 2 ermittelten Einwirkungslinie, etwa 200 m südlich der Senkungsgrenze. Bezogen auf alle vier Strebe befindet sich das Grundstück im Einwirkungsbereich.

Der Sonderbetriebsplan wurde im August 2006 auf Antrag der Beigeladenen hinsichtlich der derzeit im so genannten Doppelstrebsystem von Westen her gefahrenen Strebe Prims 1 und Prims 2 für sofort vollziehbar erklärt. Mit dem Abbau der Strebe Prims 3 und Prims 4 soll nach der Planung der Beigeladenen im Jahr 2009 begonnen werden.

Nach den die Strebe Prims 3 und Prims 4 einschließenden Berechnungen der Beigeladenen und des Antragsgegners sind durch den Abbau aller vier Strebe für das Anwesen eine maximale Senkung von 18 cm, eine maximale Schieflage von 0,9 mm/m, eine Zerrung bis 1,2 mm/m sowie eine Pressung bis minus 0,1 mm/m prognostiziert. Speziell für den Betrieb der Antragstellerin heißt es in der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005, spätestens zu Beginn des Abbaus seien alle auf Bodenbewegungen empfindlich reagierenden Maschinen mit geeigneten Messverfahren „auf Bewegung hin zu überwachen“. Messverfahren und –systeme seien entsprechend den Genauigkeitsanforderungen der Fertigungsmaschinen auszuwählen. Auf bergbauliche Einwirkungen empfindlich reagierende Einrichtungen des Betriebs der Antragstellerin seien so zu sichern oder so auszurichten, dass Produktionsausfälle vermieden werden.

Die Antragstellerin, die im Rahmen des Beteiligungsverfahrens nach § 48 Abs. 2 BBergG (vgl. die Veröffentlichung im Amtsblatt des Saarlandes vom 1.4.2004, Seite 748) mit Schreiben vom 3.6.2004 Einwendungen gegen den geplanten Kohleabbau erhoben hatte, beantragt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (vgl. den Widerspruchsbescheid des Oberbergamts für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz vom 23.8.2006 – II ENPS/722/06-10 –) beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage – 5 K 73/06 – gegen die genannte Sonderbetriebsplanzulassung.

II.

Die gemäß § 146 VwGO statthafte Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 28.3.2007 – 5 F 21/06 – ist zulässig, aber unbegründet. In Antragsverfahren nach den §§ 80a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist Entscheidungskriterium für die Verwaltungsgerichte die mit den Erkenntnismöglichkeiten des Eilverfahrens zu prognostizierende Erfolgsaussicht eines in der Hauptsache eingelegten Rechtsbehelfs. Maßgebend ist daher das (voraussichtliche) Vorliegen einer für den Erfolg der beim Verwaltungsgericht unter der Geschäftsnummer 5 K 73/06 anhängigen Anfechtungsklage der Antragstellerin unabdingbaren Verletzung speziell ihrem Schutz dienender Vorschriften des öffentlichen Rechts durch die bergbehördliche Zulassungsentscheidung vom 25.11.2005 (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ob diese Genehmigungsentscheidung ansonsten objektiv-rechtlich den für sie geltenden gesetzlichen Anforderungen genügt, spielt demgegenüber in dem Zusammenhang keine Rolle. Die Erfolgsaussichten der Antragstellerin im Hauptsacheverfahren hat das Verwaltungsgericht zu Recht negativ beurteilt. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den gerichtlichen Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Beschwerdebegründung rechtfertigt keine abweichende Einschätzung.

1. Das gilt zunächst, soweit sich die Antragstellerin gegen die Beschränkung der Anordnung sofortiger Vollziehbarkeit der Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005 auf die gegenwärtig im Abbau befindlichen Strebe Prims 1 und Prims 2 wendet und geltend macht, das Verwaltungsgericht habe demgemäß auch in dem vorliegenden Verwaltungsstreitverfahren alleine die Auswirkungen des Abbaus dieser beiden Strebe berücksichtigt. Die beiden gegenwärtig im Abbau befindlichen Strebe sind vom Abbauvorhaben her einer selbständigen „Vollziehung“ zugänglich. Das Vorliegen einer sachlich teilbaren Zulassungsentscheidung des Antragsgegners rechtfertigt die Beschränkung der Betrachtung auf die „Vollzugsfolgen“ im Aussetzungsverfahren. Bei der rechtlichen Beurteilung des späteren Abbaus in den Streben Prims 3 und Prims 4 sind gegebenenfalls dann schon eingetretene Folgen des Abbaus in den Streben Prims 1 und Prims 2 in die Gesamtbetrachtung einzustellen. Die unterschiedliche Behandlung der beiden Strebpaare im Rahmen der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit folgt dem Abbaufortschritt, ist daher nicht willkürlich und lässt sich auch nicht mit dem Attribut „Salamitaktik“ oder als „willkürliche Aufsplittung“ beschreiben.

Zum anderen kommt in der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts an mehreren Stellen zum Ausdruck, dass der Beurteilung, was die zu erwartende maximale Senkung (18 cm), die maximale Schieflage (0,9 mm/m) sowie die Zerrung (1,2 mm/m) und die Pressung (- 0,1 mm/m) anbelangt, zugunsten der Antragstellerin bereits die von dem Antragsgegner für deren Anwesen prognostisch ermittelten Gesamtauswirkungen des Abbauvorhabens, also der Strebe Prims 1 bis Prims 4, zugrunde gelegt wurden, weil die Berechnungen keine Differenzierung enthielten. (vgl. dazu die Ausführungen auf Seite 4 oben des angegriffenen Beschlusses vom 28.3.2007 – 5 F 21/06 –, wo im Übrigen ausdrücklich darauf verwiesen wird, dass – mit entsprechenden Folgen für die Einzelbetrachtung – die Strebe Prims 1 und Prims 2 vom Grundstück der Antragstellerin weiter entfernt liegen als die Strebe Prims 3 und Prims 4, sowie die entsprechende Gesamtbetrachtung der Abbaufolgen auf Seite 19) Zumindest unter dem Aspekt gibt es im Ergebnis auch keine unter Verstoß gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) nicht berücksichtigten oder „angeblich nicht berücksichtigungsfähigen Auswirkungen des Gesamtvorhabens“. Was daran – wie die Antragstellerin meint – „unpräzise“ oder gar in der Formulierung „nebulös“ sein soll, bleibt unverständlich. Es ist nicht zu erkennen, worin bei dieser Vorgehensweise eine Benachteiligung der Antragstellerin oder gar eine Verkürzung ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten liegen sollte. Lässt sich nämlich an diesem Maßstab keine subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin für die Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO prognostizieren, so gilt das erst recht für eine auf die Strebe Prims 1 und 2 begrenzte Zulassungsentscheidung.

2. Auch nach dem Beschwerdevorbringen ist weiter davon auszugehen, dass die Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005 in der hier maßgeblichen Fassung des Widerspruchsbescheids des Oberbergamts vom 23.8.2006 auch inhaltlich nicht an einem ihre Aufhebung rechtfertigenden Rechtsfehler zum Nachteil der Antragstellerin leidet.

2.1 Eine Verletzung ihrer Rechte folgt entgegen ihrer Auffassung nicht bereits aus dem Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) vor der Zulassung des Anhörungsbetriebsplans.

2.1.1 Das Umweltverträglichkeitsrecht vermittelt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, (grundlegend: OVG des Saarlandes, Beschluss vom 29.5.1995 – 8 W 9/95 –, SKZ 1995, 251, Leitsatz Nr. 10) auch des erkennenden Senats, (vgl. OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 26/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 33, unter Hinweis auf den einem Enteignungsbetroffenen zustehenden Anspruch auf „Gewährleistung einer gemeinwohlbezogenen Enteignung“, wobei in der Entscheidung eine Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) bezüglich eines obligatorischen Rahmenbetriebsplans (§ 52 Abs. 2a BBergG, Planfeststellungsbeschluss) auch angesichts „unterstellt fehlerhafter Umweltverträglichkeitsprüfung“ verneint worden ist) den Oberflächeneigentümern keinen Drittschutz. Ein einklagbares Recht auf Durchführung einer von Gesetzes wegen erforderlichen UVP, die gegebenenfalls unselbständiger Teil eines Verwaltungsverfahrens (Planfeststellung) ist (§ 2 Abs. 1 UVPG) und dazu dient, die Umweltbelange für die abschließende Entscheidung aufzubereiten, kommt nur in Fällen einer beabsichtigten förmlichen Enteignung des Betroffenen im Verständnis des Art. 14 Abs. 3 GG ausnahmsweise in Betracht. Davon ist im Fall der Antragstellerin nicht die Rede.

An dieser Rechtsprechung wird festgehalten. Sie ist jedenfalls für den vorliegenden Fall entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht „durch die jüngere europäische und nationale Gesetzgebung überholt“. Dies gilt zunächst für die in dem Zusammenhang von ihr angeführten Bestimmungen des zur Umsetzung von Vorgaben in Art. 3 Nr. 7 und Art. 4 Nr. 4 der gemeinschaftsrechtlichen Richtlinie 2003/35/EG vom 26.5.2003 (vgl. ABl. L 156 Seite 17, abgedruckt z.B. im Anhang 5 bei Gassner, UVPG, 1. Auflage 2006, Seiten 465 ff.) über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten erlassenen Umwelt-Rechtsbehelfegesetzes (URG). (vgl. das Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 7.12.2006, BGBl. 2816) Dieses Gesetz hat in erster Linie eine zusätzliche Verbandsklagemöglichkeit für bestimmte „anerkannte Vereinigungen“ ohne eigene subjektiv-rechtliche Betroffenheit und damit prozessual eine gesetzliche Einräumung der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) im Blick. Seine Anwendbarkeit auf das Anfechtungsbegehren der Antragstellerin ließe sich nur aus § 4 Abs. 3 URG herleiten. Diese Vorschrift erstreckt die Befugnis der Vereinigungen, bei gesetzwidrig unterbliebener Prüfung der Umweltverträglichkeit die Aufhebung einer Entscheidung im Sinne von § 2 Abs. 3 UVPG über die Zulässigkeit von Vorhaben zu verlangen (§ 4 Abs. 1 URG), auf Rechtsbehelfe von Beteiligten im Sinne des § 61 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO. Nach der Übergangsregelung in § 5 URG gilt dieses Gesetz erst für Verfahren, die nach dem 25.6.2005, also nach Ablauf der Umsetzungsfrist gemäß Art. 6 Abs. 1 der RiL 2003/35/EG, eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Das ist hier entgegen der Auffassung der Antragstellerin, die insoweit nicht nachvollziehbar auf den Erlass des Widerspruchsbescheids im August 2006 hinweist, nicht der Fall. „Eingeleitet“ wird ein Genehmigungsverfahren mit dem Antrag auf Erteilung der Genehmigung, hier der Betriebsplanzulassung. Der Antrag der Beigeladenen auf Zulassung des Sonderbetriebsplans „Anhörung der Oberflächeneigentümer nach § 48 Abs. 2 BBergG“ für den Abbau der Strebe Prims 1 bis Prims 4 ist am 14.10.2003 beim Antragsgegner eingegangen, also lange vor dem nach § 5 URG für die Anwendbarkeit des Gesetzes maßgeblichen Zeitpunkt. Der § 4 Abs. 3 URG wäre von daher vorliegend selbst dann nicht geeignet, der Antragsstellerin eine „drittschutzbezogene Berechtigung“ zu verleihen, wenn man für den Sonderbetriebsplan eine eigene UVP-Pflichtigkeit unterstellt (dazu unter 2.1.2).

Soweit die Antragstellerin in dem Zusammenhang auf den neuen Art. 10a der UVP-Richtlinie 85/337/EWG hinweist, kommt dem keine eigenständige Bedeutung zu. Eingeführt wurde die Vorschrift durch den erwähnten Art. 3 Nr. 7 der RiL 2003/35/EG und gerade dessen Umsetzung in nationales Recht dient das URG. Diese erfolgte hinsichtlich des Anwendungsbefehls (§ 5 URG) unter Übernahme der Umsetzungsfrist im Sinne des Art. 6 der RiL 2003/35/EG. Die Frage einer „Direktwirkung“ aufgrund entsprechender Fristversäumnisse der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der weiteren, damit zusammen hängenden Frage des Vorliegens der inhaltlichen Anforderungen für eine unmittelbare innerstaatliche Berufungsmöglichkeit potentiell Berechtigter auf dieses Gemeinschaftsrecht (Art. 10a UVP-RiL) stellt sich daher nicht. Ob der Begriff „betroffenen Öffentlichkeit“ in der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe weiter ist als in der nationalen Umsetzung, (vgl. hierzu auch das Gesetz über die Öffentlichkeitsbeteiligung in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG vom 9.12.2006, BGBl. Seiten 2819 ff.) kann ebenfalls dahinstehen.

Die von der Antragstellerin aus der 2. Alternative im Halbsatz 1 des § 5 URG gefolgerte Anwendbarkeit des Gesetzes auf den streitgegenständlichen Sonderbetriebsplan kann ebenfalls nicht nachvollzogen werden. Vorliegend geht es nicht darum, ob ein Verfahren mit den Folgen der UVP-Pflichtigkeit „hätte eingeleitet werden müssen“. Das Zulassungsverfahren auch für den Sonderbetriebsplan „Anhörung“ wurde, wie ausgeführt, bereits im Oktober 2003 tatsächlich eingeleitet. Wollte man der Interpretation der Antragstellerin folgen und das URG auf alle im Zeitpunkt seines Inkrafttretens noch nicht abgeschlossenen Verfahren anwenden, so liefe die 1. Alternative des 1. Halbsatzes in § 5 URG leer. Diese Auslegung widerspräche unschwer erkennbar dem Willen des nationalen Gesetzgebers. Für vor dem Stichtag tatsächlich eingeleitete Verfahren stellt sich die Frage nicht, ob ein solches Verfahren „hätte eingeleitet werden müssen“. Die Regelung erfasst vielmehr die Fallkonstellationen, in denen eine Genehmigungsbehörde beziehungsweise der Vorhabenträger oder beide zusammen auf die „Einleitung“ eines Verfahrens vor der Realisierung entweder bewusst oder aufgrund fehlerhafter Interpretation der Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsrechts „verzichten“. Die 2. Alternative des 1. Halbsatzes des § 5 URG soll eine derartige Umgehung des UVP-Erfordernisses sanktionieren. Angesichts der eindeutigen Vorgaben des nationalen Gesetzgebers ist auch kein Raum, im Wege einer „europarechtlich veranlassten“ Uminterpretation (so wohl OVG Koblenz, Urteil vom 25.1.2005 – 7 B 12114/04 -, DÖV 2005, 436, zum immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren, wonach es auf die Umsetzungsfrist nicht ankommen soll, weil das deutsche Verfahrens- und Prozessrecht in seinem Bestand „ohne weiteres in der Lage“ sein soll, einer selbständigen drittschützenden Funktion von Verfahrensbestimmungen Anerkennung zu verschaffen) des § 5 URG die Befugnisse Einzelner zur Berufung auf das verfahrensfehlerhafte Unterbleiben einer UVP auszudehnen.

2.1.2 Die vorstehenden Ausführungen zeigen, dass die Frage der objektiven UVP-Pflichtigkeit, insbesondere der Maßgeblichkeit der vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist für die UVP-Richtlinie (vgl.  hierzu Art. 12 Abs. 1 der RiL 85/337/EWG des Rates vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RiL)) beantragten Rahmenbetriebsplanzulassung im Umweltverträglichkeitsrecht wegen der mangelnden subjektiven Berufungsmöglichkeit der Antragstellerin im konkreten Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich ist. Schon deswegen ist die von der Antragstellerin in dem Zusammenhang begehrte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) nicht veranlasst. Darüber hinaus hält der Senat an seiner bisherigen Rechtsauffassung fest, dass hinsichtlich der Frage des Erfordernisses einer Umweltverträglichkeitsprüfung allein auf den erwähnten Rahmenbetriebsplan aus dem Jahre 1990 abzustellen ist und dass dieser einer derartigen Umweltprüfung noch nicht bedurfte. Mit dem Rahmenbetriebsplan wurde im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 1 UVPG über die „Zulässigkeit des Vorhabens“ entschieden und dem Vorhabenträger allgemein das „Recht zur Durchführung“ (vgl. die Definition der „Genehmigung“ in Art. 1 Abs. 2 UVP-RiL) des Abbaubetriebs in dem konkreten Gebiet eingeräumt. In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist geklärt, für welche Vorhaben des Übergangszeitraums bis zur nationalen Umsetzung in den Mitgliedstaaten die Anforderungen der UVP-Richtlinie in zeitlicher Hinsicht noch nicht galten. Dies betrifft nicht nur die vor dem 3.7.1988, also vor Ablauf der dreijährigen Umsetzungsfrist genehmigten Fälle, sondern auch die Vorhaben, in denen das Genehmigungsverfahren vor dem genannten Zeitpunkt eingeleitet worden war („Pipeline-Projekte“). (vgl. dazu grundlegend EuGH, Urteil vom 11.8.1995 – Rs C-431/92 –, Slg. 1995 I 2189 ff., insbes. Leitsatz 2, wonach es den Mitgliedstaaten, die nicht zeitgemäß umgesetzt hatten, verwehrt war, ein nach dem Stichtag begonnenes Genehmigungsverfahren für ein Projekt von den Verpflichtungen der Richtlinie zu befreien, wobei es auf den Zeitpunkt der Stellung des förmlichen Genehmigungsantrags ankam; zur Überleitung speziell im deutschen Bergrecht Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Bundesberggesetzes vom 12.2.1990, BGBl. Seiten 215, 217) Das war hier der Fall. Der Antrag auf Zulassung des Rahmenbetriebsplans war am 5.2.1988 beim Antragsgegner eingegangen.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist das Erfordernis einer UVP in den anschließenden Betriebsplanzulassungsverfahren nicht selbständig neu zu prüfen. Spätere Betriebsplanzulassungen, die der Ausführung des durch den Rahmenbetriebsplan zugelassenen Vorhabens dienen, bedürfen keiner Umweltverträglichkeitsprüfung. Insbesondere erschließt sich nicht, warum gerade für den hier zur Rede stehenden Anhörungsbetriebsplan speziell zur Erfassung der Belange der Oberflächeneigentümer etwas anderes gelten sollte, zumal die Regelungen über die UVP, jedenfalls was ihren materiellrechtlichen Gehalt angeht, keine subjektive Schutzwirkung für den einzelnen privaten Bergbaubetroffenen entfalten. Auch der den Begriff des „Vorhabens“ im Sinne der §§ 52 Abs. 2a, 57c Satz 1 Nr. 1, 57a BBergG definierende § 1 der UVP-V Bergbau (vgl. die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) vom 13.7.1990, BGBl. Seite 1420) stellt auf das Gewinnungsvorhaben als solches ab, nicht auf einzelne Schritte eines mehrstufigen Verfahrens. Insofern weist die Antragstellerin im Ergebnis sogar zu Recht – wenn auch mit unzutreffender Schlussfolgerung – darauf hin, dass es sich hier nicht um einen Anwendungsfall der Nr. 13 (1. Spiegelstrich) im Anhang II zur UVP-RiL (vgl. die Richtlinie 97/11/EG des Rates zur Änderung der UVP-RiL vom 3.3.1997 (ABl. L 73, Seite 5), abgedruckt bei Gassner, UVPG, 1. Auflage 2006, Seiten 437, 450 (Anh. 3)) handelt, die „Änderungen und Erweiterungen“ bereits genehmigter Projekte mit potentiell erheblichen nachteiligen Wirkungen auf die Umwelt erfasst. Das Abbauvorhaben der Beigeladenen als (gemeinschaftsrechtlich:) „Projekt“ wird durch den streitigen Anhörungsbetriebsplan weder „geändert“ noch „erweitert“, wobei der erwähnte Anhang II ohnehin die Projekte beschreibt, für die nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RiL den Mitgliedstaaten ausdrücklich eine Bestimmungsbefugnis eingeräumt wurde (dazu nunmehr § 3e UVPG). (vgl. dazu aber die Rechtsprechung des EuGH, der die Auffassung vertritt, dass der durch Art. 4 Abs. 2 UVP-RiL für die Mitgliedstaaten eröffnete „Ermessensspielraum“ durch die in Art. 2 Abs. 1 UVP-RiL festgelegten Verpflichtungen begrenzt sei, EuGH, Urteil vom 4.5.2006 – C-508/03 –, NVwZ 2006, 803, 805 (RNr. 88 m.w.N.))

Soweit die Antragstellerin die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu bergrechtlichen Vorhaben zitiert, hier insbesondere ein Urteil vom 7.1.2004, (vgl. EuGH, Urteil vom 7.1.2004 – Rs. C 201/02 –, NVwZ 2004, 593) ist festzuhalten, dass dieser Entscheidung ein wesentlich anders gelagerter Sachverhalt zugrunde lag. Gegenstand der rechtlichen Bewertung war eine vom EuGH im Ergebnis beanstandete Sonderregelung im britischen Raumordungs- und Entschädigungsrecht ( Planning and Compensation Act 1991 ) für „alte Bergbauberechtigungen“ ( Old Mining Permissions , OMP), wonach die zuständigen Behörden die „Wiederaufnahme“ eines Bergbaubetriebs aufgrund der besonderen Regelung ohne UVP zulassen konnten. Im konkreten Fall ging es um eine aufgrund von Sonderregelungen für den Abbau von Mineralien zur Befriedigung des in der Zeit unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg aufgetretenen Bedarfs an Baumaterialien im Jahre 1947 erteilte Genehmigung (OMP) für einen Steinbruch ( Conygar Quarry ). Dieser war jedenfalls zum Zeitpunkt des Erwerbs eines Nachbargrundstücks durch die Klägerin des Verfahrens im Jahre 1984 bereits „seit langem nicht mehr betrieben“ worden. Streitig war jetzt die kurzzeitige Wiederaufnahme des Steinbruchbetriebs im Juni 1991, für die Anfang dieses Jahres die „Registrierung“ der alten Genehmigung aus dem Jahre 1947 beantragt worden war, um einem Erlöschen der Genehmigung aufgrund Übergangsrechts im Jahre 1992 zuvorzukommen. Die anschließend in den Jahren 1993 bis 1998 mit zahlreichen strengen Betriebsauflagen erteilten Zulassungsentscheidungen hat der EuGH als neue Genehmigungen zur Verhinderung des Erlöschens der vor Jahrzehnten erteilten Zulassungen bewertet. Diese Konstellation ist mit dem vorliegenden Fall nicht zu vergleichen. Die Zulassung des mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nachträglich bis 31.12.2038 befristeten (vgl. den Ergänzungsbescheid vom 25.5.1992, Blatt 207 im Ordner I, RBP-Verfahren) Rahmenbetriebsplans im Jahre 1990 diente dem Abbau der Steinkohle in den Flözen Schwalbach im Feld Dilsburg und in der Primsmulde und in den Flözen Wahlschied und Grangeleisen im Feld Dilsburg. Dieses Vorhaben wurde zeitnah auf der Grundlage von Sonderbetriebsplanzulassungen in Angriff genommen beziehungsweise fortgeführt (vgl. beispielsweise die bei den Aktenbefindlichen Sofortvollzugsanordnungen des Antragsgegners aus dem Jahre 1992, Blätter 224 ff. im Ordner I, RBP-Verfahren) und hat bis heute keine Unterbrechung erfahren.

Das weiter angeführte Urteil des EuGH vom 4.5.2006 (EuGH, Urteil vom 4.5.2006 – C-508/03 –, NVwZ 2006, 803 ff.) betraf das britische Baurecht, auf dessen Grundlage für zwei Einkaufszentren ( White City Projekt bzw. Chrystal Palace Park Conservation Area ) – im deutschen Verständnis – Bauvorbescheide erteilt worden waren. Beanstandet wurde die Regelung im britischen Recht, die – so der EuGH – durch entsprechende Vorbehalte auf der ersten Stufe und die rechtliche Ausgestaltung des weiteren Verfahrens bestimmten Projekten trotz erheblicher Auswirkungen auf die Umwelt erlaubte, einer „Prüfung zu entgehen“ (RNr. 98). Deswegen seien, so die Begründung des Gerichts, der Bauvorbescheid und die Entscheidung über die Genehmigung der vorbehaltenen Punkte zusammen als „mehrstufige Genehmigung“ im Sinne des Art. 1 Abs. 2 UVP-RiL zu begreifen. Im Ergebnis (RNr. 104) hat der EuGH dann festgestellt, dass bei nach nationalem Recht vorgesehenen „mehrstufigen“ Genehmigungsverfahren, in denen zunächst eine Grundsatzentscheidung ergehe und dann eine „Durchführungsentscheidung“ getroffen werde, die nicht über die in der Grundsatzentscheidung festgelegten Vorgaben hinausgehen dürfe, die möglichen Umweltauswirkungen eines Projekts „im Verfahren des Erlasses der Grundsatzentscheidung zu ermitteln“ sind. Nur wenn diese Auswirkungen erst im Verfahren der „Durchführungsentscheidung“ ermittelt werden könnten, müsse die Prüfung im Rahmen dieses Verfahrens vorgenommen werden. Letzteres ist vorliegend gerade nicht der Fall. Wie der § 52 Abs. 2a BBergG allgemein verdeutlicht, ist gerade das dann als Planfeststellungsverfahren ausgestaltete Rahmenbetriebsplanverfahren vom nationalen Gesetzgeber zum Standort der Umweltverträglichkeitsprüfung gemacht worden. Es kann also keine Rede davon sein, dass die Umweltauswirkungen erst später ermittelt werden „können“. Das Problem besteht im konkreten Fall vielmehr darin, dass die Rahmenbetriebsplanzulassung aufgrund des Übergangsrechts – auch nach Meinung des EuGH – noch ohne Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden konnte und das unterscheidet den vorliegenden Sachverhalt wesentlich von dem der Entscheidung des EuGH vom 4.5.2006 zugrunde liegenden. Ein Argument für das Erfordernis einer eigenen Umweltverträglichkeitsprüfung bei der hier zur Rede stehenden Sonderbetriebsplanzulassung für die Strebe Prims 1 bis Prims 4 lässt sich daher aus diesem Urteil ebenfalls nicht herleiten. Hier hätte die Möglichkeit einer UVP vor der „Durchführungsentscheidung“, also auf der Ebene der „Grundsatzentscheidung“ über die Zulassung des Rahmenbetriebsplans bestanden. Sie war aber – insbesondere auch gemeinschaftsrechtlich – damals noch nicht vorgeschrieben.

Dem entsprechend – und insoweit ist die vom Verwaltungsgericht angeführte Entscheidung aus dem Jahre 2002 (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.6.2002 – 7 C 2.02 –, NVwZ 2002, 1237) entgegen der Ansicht der Antragstellerin vergleichbar – hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Fall, in dem ein Braunkohletagebaubetrieb ( Jänschwalde ) noch zu Zeiten der DDR Anfang der 1970iger Jahre und damit ohne UVP nach der Wiedervereinigung fortgeführt werden sollte, entschieden, dass eine zur rechtlichen Absicherung der Fortführung des Abbaus („1994 bis Auslauf“) zugelassener Rahmenbetriebsplan aufgrund einer Übergangsbestimmung im Einigungsvertrag für „begonnene“ Vorhaben nicht UVP-pflichtig und damit nicht planfeststellungsbedürftig war. Auch in diesem Fall ist also im Ergebnis davon ausgegangen worden, dass ein (bergbauliches) Projekt, bei dem auf der ersten Stufe der generellen Zulassung aufgrund besonderer rechtlicher Regelungen eine UVP noch nicht notwendig war, auch auf den späteren Stufen, also in der Terminologie des EuGH bei weiteren „Durchführungsentscheidungen“, hier sogar auf der allgemeinen Ebene des Rahmenbetriebsplans, keiner Prüfung in diesem Sinne bedurfte. Nach der Begründung ist auch in § 52 Abs. 2a BBergG das Bergbauvorhaben „als Ganzes“ gemeint. Anknüpfend an die bereits teilweise Ausführung des Vorhabens hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass dann auch die weiteren Abschnitte des Abbaus keiner Prüfung ihrer Umweltverträglichkeit in einem Planfeststellungsverfahren bedürfen, solange sie sich im Rahmen des bereits zugelassenen „Vorhabens“ halten. Das ist beim geplanten Abbau im Flöz Schwalbach (Feld Primsmulde) der Fall, so dass auch hier nicht über die Sonderbetriebspläne von einer quasi nachträglich eingetretenen UVP-Pflichtigkeit ausgegangen werden kann. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts verlangt die UVP-Richtline für begonnene Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung „im Nachhinein“.

2.2 Subjektive Abwehrrechte der Antragstellerin gegen die Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 („Anhörung der Oberflächeneigentümer“) ergeben sich auch nicht aus den Vorschriften des Bundesberggesetzes, nach denen gegebenenfalls eine Betriebsplanzulassung im Falle des Vorliegens der in §§ 48 Abs. 2, 55 BBergG normierten Voraussetzungen zu versagen wäre. Nach geltendem Bergrecht sind nach wie vor beantragte Zulassungen für ein Bergbauvorhaben zwingend zu erteilen, wenn keiner der gesetzlichen Versagungsgründe vorliegt. Das gilt sogar ungeachtet der mit Blick auf die Trägerfunktion hinsichtlich der Umweltverträglichkeitsprüfung durch das Bergrechtsänderungsgesetz 1990 erfolgten Einführung eines Planfeststellungsverfahrens für den obligatorischen Rahmenbetriebsplan (§ 52 Abs. 2a BBergG). Dieser Planfeststellungsbeschluss ergeht ebenfalls als gebundene Verwaltungsentscheidung, bei der der Genehmigungsbehörde – anders als im Bereich des Fachplanungsrechts – keine planerischen Gestaltungsspielräume eröffnet sind. Über die Zulassung von Betriebsplänen hat die Behörde daher nicht aufgrund einer in ihre Verantwortung gestellten umfassenden Abwägung der für und gegen das Vorhaben sprechenden Belange zu entscheiden. Daher gibt es in den Fällen des bergrechtlich nunmehr vorgeschriebenen „Planfeststellungsverfahrens kein potentiell drittschützendes Abwägungsgebot. (anders für den Bereich der Bauleitplanung und das Abwägungsgebot nach dem § 1 Abs. 6 BauGB a.F. (heute § 1 Abs. 7 BauGB 2004/2007) BVerwG, Urteile vom 24.9.1998 – 4 CN 2.98 –, BRS 60 Nr. 46, und vom 21.3.2002 – 4 CN 14.00 –, BRS 65 Nr. 17) Dies verdeutlicht, dass selbst ein vollständiger „Ausfall“ einer solchen Abwägung oder auch gravierende Mängel nicht zur Rechtswidrigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses führen. (vgl. insoweit noch einmal klarstellend BVerwG, Urteil vom 15.12.2006 – 7 C 1.06 –, NVwZ 2007, 700 (Steinkohlebergwerk Walsum/NRW)) Die alleinige Maßgeblichkeit der gesetzlichen Versagungsgründe für die Ablehnung einer Betriebsplanzulassung, gerade auch hinsichtlich der Rechtsposition von Oberflächeneigentümern, gilt aber erst recht, wenn die Betriebsplanzulassung – wie hier – nicht in der Form eines Planfeststellungsbeschlusses erfolgt.

2.2.1 Entgegen der im Beschwerdeverfahren erneut vertretenen Ansicht der Antragsstellerin lässt sich eine Verletzung ihrer subjektiven Rechte von vorneherein nicht aus § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG herleiten. Danach ist Voraussetzung für die Erteilung der Betriebsplanzulassung, dass keine „gemeinschädlichen Einwirkungen“ des Abbauvorhabens zu erwarten sind. (vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 4.7.1986 – 4 C 31.84 –, BVerwGE 74, 315, 321, wonach der Gesetzgeber mit der Gemeinschadenklausel an Begriff und Rechtsprechung zur „Gemeinschädlichkeit“ im Sinne des Allgemeinen Berggesetzes 1865 anknüpfen wollte und Voraussetzung für die Annahme solcher Auswirkungen ist, dass der geplante Abbaubetrieb eine „ganz erhebliche Gefahrenschwelle“ überschreitet) Zum einen sind solche Auswirkungen im konkreten Fall nicht ersichtlich und zum anderen würde die Nichtbeachtung dieses Zulassungshindernisses ohnedies keine subjektive Rechtsverletzung von einzelnen Oberflächeneigentümern begründen. (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 – 4 C 36.85 –, BVerwGE 81, 329) Diese Zulassungsschranke erfordert objektiv eine Feststellung, dass ein Schaden in solchem Umfang droht, dass er sich auf das Allgemeinwohl auswirkt, etwa dass ein ganzer Ort von zentralen, wichtigen Versorgungseinrichtungen abgeschnitten wird. Durch ein Bergbauvorhaben zu erwartende auch gravierende Schäden werden hingegen nicht allein deshalb zu einem Gemeinschaden, weil eine Vielzahl von Einzelpersonen voraussehbar erheblich davon betroffen wird. Dies verdeutlicht, dass das Beschwerdevorbringen, durch das die Antragstellerin geltend machen, speziell ihr Eigentum beziehungsweise ihr Unternehmen sei von schweren Bergschäden betroffen, schon vom Ansatz her weder geeignet ist, einen Gemeinschaden zu prognostizieren, noch es rechtfertigt, die Feststellung des fehlenden subjektiv-rechtlichen Gehalts des § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 BBergG, von der auch die saarländischen Verwaltungsgerichte (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 –, SKZ 2002, 164, Leitsatz Nr. 51) in ständiger Rechtsprechung ausgehen, in Frage zu stellen.

2.2.2 Nichts anderes gilt, soweit die Antragstellerin sich gegen eine aus ihrer Sicht „unzutreffende Behauptung“ des Verwaltungsgerichts wendet, dass dem § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG , wonach die Betriebsplanzulassung erfordert, dass „für den Schutz der Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicherheit … Sorge getragen ist“, keine individuell drittschützende Wirkung zukommt. Die Antragstellerin verweist darauf, dass es infolge von Abbauwirkungen zur Gefährdung in ihrem Betrieb befindlicher Personen – seien es Mitarbeiter, seien es Kunden – kommen könne, für deren Sicherheit sie – die Antragstellerin – einzustehen habe. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im Jahre 1990 (vgl. BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 – 7 C 18.90 –, NVwZ 1991, 992; auch dazu bereits BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 – 4 C 36.85 –, BVerwGE 81, 329, 337, wonach diese Voraussetzungen der Betriebsplanzulassung „zur Anknüpfung von Drittansprüchen zugunsten der betroffenen Oberflächeneigentümer nicht geeignet“ sind) entschieden, dass der § 55 Abs. 1 BBergG, in dem die Gründe für die Versagung eines dem Bergbaubetreiber ansonsten zustehenden Anspruchs auf Zulassung seines Vorhabens enumerativ aufgeführt sind, nicht dem Schutz von Sachgütern der von bergbaulichen Vorhaben betroffenen Oberflächeneigentümer dient. Drittschutz wird diesem Personenkreis nach gefestigter Rechtsprechung in Anschluss an die Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1989 (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.1989 – 4 C 36.85 –, BVerwGE 81, 329) im Rahmen der Betriebsplanzulassung in beschränktem Umfang allein durch die §§ 48 Abs. 2, 55 Abs. 1 Nr. 3 BBergG vermittelt.

Im Übrigen lassen sich die aufgeführten Gründe für eine Versagung der Betriebsplanzulassung auf der Grundlage des § 55 Abs. 1 Nr. 5 BBergG unschwer verneinen. Wollte man jede noch so entfernt liegende Möglichkeit eines Personenschadens etwa infolge eines bergbaubedingten Einsturzes von Gebäuden insoweit als ausreichend ansehen, könnte ein Bergbau der vorliegenden Art realistischerweise nicht mehr stattfinden. Das widerspricht indes offensichtlich den nach wie vor in §§ 1, 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG konkretisierten Intentionen des Bundesgesetzgebers. Die Anforderungen des „Sorgetragens“ im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 5 BBergG kann angesichts der notwendig in die Zukunft gerichteten Betrachtungsweise bei der Betriebsplanzulassung – also vor der Ausführung des Vorhabens – vernünftigerweise auch nur dahin verstanden werden, dass der Bergbautreibende bei erkannten Problemsituationen jeweils zu Gebote stehende „Vorsorge“ zu treffen hat. Das ist vorliegend unter anderem dadurch geschehen, dass für das Anwesen der Antragstellerin regelmäßige Beobachtungen und gegebenenfalls frühzeitige Sicherungsmaßnahmen vorgesehen wurden. Insbesondere die in anderem Zusammenhang noch anzusprechenden (vgl. dazu den Abschnitt 2.2.3.4), in Befolgung der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung von der Beigeladenen in den Betriebsgebäuden installierten besonderen Überwachungs- und Messeinrichtungen lassen es nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen erscheinen, dass es zu einem „plötzlichen“ Zusammenstürzen der Anlage oder von Teilen hiervon kommen wird.

Selbst wenn man also, wie die Antragstellerin meint, dem § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 BBergG entgegen dem Gesagten einen über § 48 Abs. 2 BBergG hinausgreifenden drittschützenden Charakter zugunsten einzelner Oberflächeneigentümer zuerkennen wollte, ergäbe sich also im konkreten Fall hieraus kein Abwehranspruch der Antragstellerin gegen das zugelassene Bergbauvorhaben. Mehr als die beschriebenen Anordnungen zur Wahrung der Interessen der Antragstellerin konnte der Antragsgegner im Vorhinein nicht treffen. Es ist in der Regel – so auch hier – ungewiss, welche Auswirkungen schließlich exakt von einem derartigen Bergbauvorhaben ausgelöst werden. „Vorsorgliche“ Anordnungen können sich daher nur darauf beziehen, wie ein solcher Vorgang gegebenenfalls frühzeitig erkannt und wie ihm möglichst wirksam begegnet werden kann. Vor diesem Hintergrund kann daher auch dahinstehen, ob die Antragstellerin als juristische Person – entgegen der insoweit ohne weiteres nachvollziehbaren Argumentation in dem angegriffenen Beschluss des Verwaltungsgerichts – überhaupt Gesundheitsgefährdungen Dritter, wenn sie denn konkret im Raume stünden, für ihre eigene Rechtsposition mit Aussicht auf Erfolg reklamieren könnte.

2.2.3 Eine Rechtsverletzung der Antragstellerin ergibt sich aller Voraussicht nach ferner nicht aus dem nach der Rechtsprechung bei den Versagungsgründen ergänzend zu § 55 BBergG beachtlichen und vor dem Hintergrund der Eigentumsgarantie in Art. 14 Abs. 1 GG potentiell Drittschutz zugunsten von Oberflächeneigentümern vermittelnden§ 48 Abs. 2 BBergG . Dabei unterstellt der Senat für die nachfolgenden Ausführungen, dass sich die Antragstellerin, die nach ihrem Vorbringen im Beschwerdeverfahren gleichzeitig auch Eigentümerin des Betriebsgrundstücks ist und zudem eine grundlegende Gefährdung ihrer Geschäftsbeziehungen zu Auftraggebern infolge bergbaubedingter Einwirkungen auf ihr Grundstück mit entsprechenden negativen Folgen für ihr Renommé befürchtet, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch in Ansehung ihres Unternehmens unter dem Aspekt des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes im Grundsatz auf die genannte grundrechtliche Gewährleistung berufen kann. Diese Fragen bedürfen aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner abschließenden Klärung.

In dem Zusammenhang mag dahinstehen, welche rechtlichen Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Juni 2006 (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.6.2006 – 7 C 11.05 –, NVwZ 2006, 1173 (Braunkohletagebau Garzweiler), wonach der § 48 Abs. 2 BBergG schon im Rahmen der Zulassung des Rahmenbetriebsplans drittschützende Wirkung zugunsten der Eigentümer (dort:) für einen Tagebaubetrieb in Anspruch zu nehmender Grundstücke entfaltet, unter ausdrücklicher Aufgabe früherer Rechtsprechung, BVerwG, Urteil vom 14.12.1990 – 7 C 18.90 –, NVwZ 1991, 992) zur Frage der Beachtlichkeit des Drittschutzes aus § 48 Abs. 2 BBergG auch bereits im Verfahren auf Zulassung eines Rahmenbetriebsplans zu ziehen sind. Nach dieser Entscheidung ist davon auszugehen, dass die die Zulassungsanforderungen des § 55 Abs. 1 BBergG ergänzenden Anforderungen des (drittschützenden) § 48 Abs. 2 BBergG bereits bei einer Zulassung des Rahmenbetriebsplans daraufhin mit zu überprüfen sind, ob unter diesem Aspekt die Aufsuchung oder Gewinnung zu beschränken oder zu untersagen ist. Deswegen enthält die Zulassungsentscheidung für den Rahmenbetriebsplan die Feststellung, dass eine entsprechende Beschränkung oder Untersagung auf dieser Grundlage nicht gerechtfertigt ist. Das wiederum hat zur Konsequenz, dass mit Blick auf die Teilnahme dieses materiellen Entscheidungsinhalts der Rahmenbetriebsplanzulassung der Aspekt gleichzeitig von einer gegebenenfalls eintretenden Bestandskraft erfasst wird, so dass bei den späteren Sonderbetriebsplänen – vorbehaltlich einer Änderung der Verhältnisse – die grundsätzliche Zulassungsfähigkeit des Abbauvorhabens unter diesem Gesichtspunkt nicht erneut in Frage gestellt werden darf. Ob diese neuere Rechtsprechung auf die vorliegende Verfahrenskonstellation übertragen werden kann, in der die Rahmenbetriebsplanzulassung noch nicht in der Form des Planfeststellungsbeschlusses erfolgte, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

2.2.3.1 Der Gesetzgeber hat sich im geltenden Bergrecht (BBergG) für die grundsätzliche Zulassung des Bergbaus, insbesondere auch der untertägigen Gewinnung von Steinkohle entschieden, und zwar unzweifelhaft in Kenntnis des Umstands, dass gerade der Form der Rohstoffgewinnung typischerweise und unvermeidbar mit Schäden am Oberflächeneigentum verbunden ist. Daraus folgt, dass zu erwartende bergbaubedingte Beeinträchtigungen, die sich im Bereich kleinerer und mittlerer Schäden bewegen, die Zulassung eines Betriebsplans auch im Hinblick auf die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) – gerade wegen der gesetzlichen Bestimmungen über dieRegulierung von Bergschäden (§§ 114 bis 121 BBergG) – und des insoweit bestehenden Ausgestaltungsvorbehalts zugunsten des Gesetzgebers von vorneherein nicht hindern können. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gebieten über dieses Maß hinausgehende Beeinträchtigungen „von einigem Gewicht“, wie mit gewisser Wahrscheinlichkeit zu erwartende Schäden an der Substanz des Eigentums, etwa die Beeinträchtigung der Standsicherheit eines Gebäudes oder seiner Benutzbarkeit, überhaupt erst eine verfahrensmäßige Beteiligung der betroffenen Eigentümer am Betriebsplanzulassungsverfahren.

2.2.3.2 Die sog. „klassischen“ Bergschäden an Gebäuden und Zubehör (vgl. hierzu allgemein etwa Kratzsch, Bergschadenkunde, 3. Auflage 1997, Kp. 1.1.2 („Trogbildung über einem tiefen Abbau“) und Kp. 9.2. („Bergschaden am Gebäude und Zubehör“)) durch einen in großer Tiefe stattfindenden Steinkohlebergbau sind Folge davon, dass der von den Einwirkungen betroffene Teil der Erdoberfläche am Standort nicht nur abgesenkt und grundrisslich verschoben, sondern auch schief gestellt, gekrümmt, gezerrt oder gepresst wird, wobei die Krümmung und Längenänderungen in Gestalt von Verschiebungen der Tagespunkte (Zerrung und Pressung) (vgl. hierzu allgemein etwa Kratzsch, Bergschadenkunde, 3. Auflage 1997, Kp. 1.1.2 („Trogbildung über einem tiefen Abbau“)) stets gleichzeitig auf das Bauwerk einwirken. Der Senat greift für die Beurteilung, ob ein sich gegen das Abbauvorhaben wendender Oberflächeneigentümer voraussichtlich über nur leichte und mittlere Beeinträchtigungen hinausgehende „schwerwiegende Bergschäden“ zu erwarten hat, auf den im Widerspruchsbescheid (vgl. den Widerspruchsbescheid des Oberbergamts für das Saarland und das Land Rheinland-Pfalz vom 18.8.2006 – II ENPS/662/06-4 –) und in dem Beschluss des Verwaltungsgerichts zugrunde gelegten, vom Arbeitskreis Rechtsfragen im Länderausschuss Bergbau beim Bundesminister für Wirtschaft am 23.10.1992 entwickelten Kriterienkatalog zurück, der nachvollziehbare Anhaltspunkte bietet, allerdings nicht abschließend ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 22/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 32, (Fürstenhausen) dazu auch Urteil vom 1.9.1998 – 2 R 4/98 –, SKZ 1999, 123, Leitsatz Nr. 65 (Westfeld/Luisenthal)) Die Kriterien waren auch in der öffentlichen Bekanntmachung (§ 48 Abs. 2 BBergG) über die Auswirkungen des geplanten Kohleabbaus beschrieben worden. (vgl. die Veröffentlichung im Amtsblatt des Saarlandes vom 1.4.2004, Seite 748) Danach ist zunächst ein gravierendes Schadensbild erst in einem Bereich zu erwarten, in dem bei baulichen Anlagen unter Berücksichtigung von Vorbelastungen eine maximale Gesamtschieflage von mindestens 30 mm/m beziehungsweise eine gemittelte Schieflage von 25 mm/m zu erwarten ist. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 22/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 32, (Fürstenhausen), unter Verweis auf gutachterliche Stellungnahmen)

2.2.3.3 Für das Betriebsgrundstück B-Straße 1 in Körprich der Antragstellerin sind nach den Berechnungen der Beigeladenen nur vergleichsweise geringe Beeinträchtigungen durch die Bodenverformung prognostiziert, (vgl. zum Umfang eines Beteiligungsrechts (nur) bei über leichte und mittlere Schäden hinausgehenden Beeinträchtigungen des Eigentums im Anschluss an die Neufassung der Sätze 2 und 3 des § 48 Abs. 2 BBergG auf der Grundlage des sog. „Moers-Kapellen-Urteils des BVerwG aus dem Jahre 1989 etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 1.9.1998 – 2 R 4/98 –, SKZ 1999, 123, Leitsatz Nr. 65, zum Abbau im Westfeld des ehemaligen Verbundbergwerks West (Warndt/Luisenthal)) wobei – wie gesagt – dahingestellt bleiben kann, in welchem Ausmaß diese für den Gesamtabbau in der Primsmulde Süd zwischen Saarwellingen, Körprich und Reisbach ermittelten Werte dem hier nur in Rede stehenden Abbau der Strebe Prims 1 und Prims 2 zugeordnet werden können. Ausweislich der bei den Planunterlagen befindlichen Kartenwerke liegt das Anwesen der Antragstellerin bezogen auf den Abbau dieser beiden Strebe zwar innerhalb der Senkungsgrenze, jedoch außerhalb des auf der Grundlage des § 2 EinwirkungsBergV (vgl. Artikel 2 der Verordnung über bergbauliche Unterlagen, Einwirkungsbereiche und die Bergbau-Versuchsstrecke vom 11.11.1982, BGBl. 1553, 1558) ermittelten Einwirkungsbereichs.

Nach den die von der Sofortvollzugsanordnung noch nicht erfassten Strebe Prims 3 und 4 einschließenden Berechnungen sind insgesamt durch den Abbau aller vier Strebe für das Anwesen der Antragstellerin eine maximale Senkung von 18 cm, eine maximale Schieflage von 0,9 mm/m, eine Zerrung bis 1,2 mm/m sowie eine Pressung bis minus 0,1 mm/m zu erwarten. (vgl. hierzu die Detailangaben auf Seite 9 des Widerspruchsbescheids vom 18.8.2006 – II ENPS/662/06-4 –) Diese Auswirkungen stellen sich im Vergleich als geringfügige Beeinträchtigungen dar. (vgl. in dem Zusammenhang auch die Ausführungen auf Seite 12 der Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005, wonach durch den Abbau insgesamt eine maximale Schieflage von 5 mm/m zu erwarten ist, dazu auch Seite 7 oben der Sofortvollzugsanordnung vom 30.8.2006) Derartige Bodenbewegungs- und Verformungswerte sind für sich genommen nicht geeignet, schwerwiegende Gebäudeschäden hervorzurufen.

Dem Sachvortrag der Antragstellerin lassen sich keine sachlich begründeten Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass der Antragsgegner bei der Ermittlung dieser voraussichtlichen Bergbauauswirkungen auf ihr Anwesen unzutreffende oder fachlich nicht nachvollziehbare Daten zugrunde gelegt oder die Ergebnisse „geschönt“ hätte. Das Oberbergamt hat in dem Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 die Ermittlung der Werte nach dem von der Beigeladenen benutzten Programm „CadBerg“ (Getec) und deren Überprüfung durch den Antragsgegner, der mit dem selben Programm arbeitet, dargestellt. Sollte die Antragstellerin konkrete sachliche Erkenntnisse haben, aus denen sich eine Unrichtigkeit der Berechnungen ergibt, so hätte es ihr oblegen, diese zum Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens zu machen.

Nach dem mit Blick auf den räumlichen Bezug des Betriebsgeländes der Antragstellerin einerseits zu den (deutlich entfernteren) Streben Prims 1 und Prims 2 und den erst ab dem Jahre 2009 – und dann auch von Westen nach Osten – zum Abbau vorgesehenen Streben Prims 3 und Prims 4 ohne weiteres nachvollziehbaren Darlegungen, wonach durch den jetzt stattfindenden Abbau der beiden ersten Strebe allenfalls sehr geringe Bodenverformungen im Bereich der messtechnischen Nachweisgrenze ausgelöst werden, nämlich Senkungen < 1 cm sowie Schieflage und Längenänderungen von jeweils < 0,1mm/m, wird im Übrigen deutlich, dass insoweit durch den gegenwärtig tatsächlich stattfindenden Abbau aller Voraussicht nach nicht ernsthaft mit Beeinträchtigungen gerechnet werden muss. Das soll aber hier nicht vertieft werden. (vgl. zur Lage des Grundstücks speziell in Bezug auf die Auswirkungen des Abbau (nur) der Strebe Prims 1 und Prims 2 die Anlage 1 zu der wiederum in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt B-Straße 1“ vom 9.9.2006)

2.2.3.4 Bei der rechtlichen Bewertung am Maßstab des § 48 Abs. 2 BBergG ist ferner zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner durch den Erlass mehrerer Nebenbestimmungen zur Sonderbetriebsplanzulassung mehrere besondere Vorsorge- und Sicherungsmaßnahmen angeordnet hat. So wurde die Beigeladene verpflichtet, im Einwirkungsbereich des Bergbauvorhabens entlang der Straßen innerhalb der Wohnbebauung ein Messnetz anzulegen, das die Erfassung von Höhenänderungen an der Oberfläche ermöglicht (Nr. 1). Das Anwesen B-Straße 1 in Körprich der Antragstellerin (Parzelle Nr. 101/149) ist unter den Objekt Nrn. 4580 bis 4649 (Betrieb der Antragstellerin) bzw. den Nummern 4650 bis 4670 (Fa. Plakoma) ausweislich der Bereiche mit bekannten oder vermuteten Unstetigkeitszonen betreffenden Auflage Nr. 4 während des Einwirkungszeitraums „besonders“ regelmäßig in Augenschein zu nehmen. (vgl. hierzu aber den Untersuchungsbericht des Erdbaulaboratoriums Saar (ELS) vom 15.3.2005 zur „Erkundung einer tektonischen Störung auf dem Betriebesgelände“ der Antragstellerin und der Fa. Plakoma, wonach die Störung durch 3 Kernbohrungen nicht nachgewiesen werden konnte) Erforderlichenfalls sind danach frühzeitig Schaden mindernde Maßnahmen einzuleiten und gegebenenfalls in Abstimmung mit den Antragstellerin lokale Maßnahmen zur Verhütung schwerwiegender Schadensfälle und Totalschäden zu ergreifen (Auflage Nr. 5). Da aus Sicht des Antragsgegners nicht völlig ausgeschlossen werden kann, dass sich beim Abbau insbesondere im Zusammenhang mit Unstetigkeitszonen Bergschäden größeren Ausmaßes entwickeln, wurden in der Zulassungsentscheidung (weitere) Anordnungen zur Sicherung der betroffenen Objekte ausdrücklich vorbehalten (Auflage Nr. 7). Damit hat der Antragsgegner bei seiner Entscheidung diese Problematik erkannt und darauf aus damaliger Sicht angemessen reagiert. (vgl. dazu auch den Erfahrungsbericht der Ingenieurgesellschaft Jung und Partner mbH vom 6.5.2003, Blatt 141 der Gerichtsakte, die sich auf nachträgliche Sicherungsmaßnahmen im Gefährdungsbereich tektonischer Störungen spezialisiert hat und diese seit Jahrzehnten in Bergbaurevieren betreibt)

Entsprechendes gilt entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch mit Blick auf die von ihr geschilderte besondere Situation ihres Unternehmens und die in diesem zum Einsatz gelangenden empfindlichen Fertigungsmaschinen und Transporteinrichtungen . Speziell für das Unternehmen der Antragstellerin, aber auch die ebenfalls auf ihrem Grundstück ansässige Firma Plakoma wurde in der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung angeordnet, dass spätestens zu Beginn des Abbaus alle empfindlich auf Bodenbewegungen reagierenden Maschinen mit geeigneten, entsprechend ihren Genauigkeitsanforderungen auszuwählenden Messverfahren auf Bewegung hin zu überwachen sind. Ferner sind empfindlich auf bergbauliche Einwirkungen reagierende Betriebseinrichtungen zu sichern und so auszurichten, dass Produktionsausfälle vermieden werden. Schließlich sind danach die innerbetrieblichen Transportvorgängen dienenden Kranbahnen nicht nur vor Abbaubeginn zu untersuchen, sondern auch unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einwirkungen auf ihre Gebrauchstauglichkeit hin „zu ertüchtigen und messtechnisch zu überwachen“, wobei die Erfüllung aller Auflagen zwangsläufig unter dem Vorbehalt der notwendigen Mitwirkung der betroffenen Eigentümer, hier also der Antragstellerin, stehen (vgl. die Nebenbestimmung Nr. 9). Nach den von der Antragstellerin nicht bestrittenen Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 (Seiten 9/10) hatte die Beigeladene bereits damals, also vor Abbaubeginn, „umfangreiche Messsysteme“ in dem Betrieb der Antragstellerin installiert, um auch geringe Bodenverformungen und Bewegungen rechtzeitig registrieren und gegebenenfalls zur Vermeidung von Betriebsunterbrechungen ihrerseits „Regulierungs- und Justierungsmaßnahmen“ durchführen zu können. Mehr war nach dem Erkenntnisstand bei Zulassung des Sonderbetriebsplans nicht zu regeln.

Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Antragstellerin vor dem Hintergrund auch aus der allgemein formulierten Nebenbestimmung Nr. 8 zur Rahmenbetriebsplanzulassung vom 31.7.1990, nach der bei bergbaulichen Einwirkungen auf Industrieanlagen „vorab“ mit den Betreibern „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Anlagen und der Sicherheit der Beschäftigten zu treffen“ und „den Sonderbetriebsplänen beizufügen“ waren, keine weiter gehenden Abwehrrechte herleiten kann. Es ist nicht ersichtlich, welche über die nun in der Sonderbetriebsplanzulassung vorgegebenen umfangreichen Sicherungsmaßnahmen hinausgehenden „Vereinbarungen“ hier hätten getroffen werden sollen. Dabei mag richtig sein, dass – wie die Antragstellerin nun vorträgt – „Vereinbarungen“ allgemein auf übereinstimmenden Willenserklärungen beruhen. Ebenso sicher ist aber auch, dass es nicht Sinn einer solchen Vorgabe sein konnte und kann, den betroffenen Betrieben über das Institut privatautonomer Gestaltung ihrer Rechtsbeziehungen im Wege des Nichtabschlusses solcher „Vereinbarungen“ letztlich einen Anspruch darauf einzuräumen, die Ausführung eines nach den Vorschriften des Bundesberggesetzes grundsätzlich zu genehmigenden Abbauvorhabens (nunmehr) der Beigeladenen zu verhindern. Die Festlegung der inhaltlichen Einzelheiten der „Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Industrieanlagen“ in der Sonderbetriebsplanzulassung selbst war nicht erforderlich.

Abseits dieser theoretischen Diskussionen ist – wie bereits erwähnt – jedenfalls nach dem Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 davon auszugehen, dass tatsächlich Messeinrichtungen im dem Betrieb installiert worden sind und dass trotz des nun seit über einem Jahr ins Werk gesetzten Abbauvorgangs auch angesichts der inzwischen zu verzeichnenden Bodenerschütterungen dem Vortrag der Antragstellerin keinerlei Hinweise dafür entnommen werden können, das es bisher zu irgendwelchen, geschweige denn gravierenden Betriebsstörungen gekommen ist. Die Antragstellerin selbst hat bereits mit der Antragsschrift umfangreiche auf konkrete Maschinen, speziell das eingesetzte Fräs-/Bohrwerk Colgar FRAL 400 bezogene technische Protokolle der seitens der Beigeladenen mit den Überwachungsmaßnahmen betrauten Firma Position Control Messtechnik GmbH (Ingenieurgesellschaft für Bauwerks- und Maschinenüberwachung) aus Sulzbach/Saar zu den Akten gereicht. Daraus ergibt sich beispielsweise, dass das Fundament speziell dieser Maschine bereits seit Oktober 2005 zusätzlich durch drei zweiachsige Inklinometer (Neigungsmesser) überwacht wird. Die Beigeladene hat der Antragstellerin danach ferner bereits im Mai 2006 beziehungsweise Juni 2006 eine von der erwähnten Firma erstellte Ausarbeitung der messtechnischen Überwachung der genannten Maschine beziehungsweise betriebszugehöriger Gebäude (01-11) mit ihren maschinellen Einrichtungen übersandt, das im Anschluss an eine Besprechung auf dem Betriebsgelände der Antragstellerin am 7.7.2006 auch noch einmal überarbeitet wurde. (vgl. dazu die in der Anlage 17 zur Antragsschrift zur Akte gereichte „Messtechnische Überwachung“ der Position Control GmbH (Stand: 17.7.2006)) Der in einem Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin vom 2.8.2006 enthaltene pauschale Vortrag, dass das Konzept untauglich zur frühzeitigen Erkennung von bergbaubedingten Einwirkungen auf den Betrieb sei, kann so nicht nachvollzogen werden. Welche konkreten Sicherungsmaßnahmen, deren Fehlen hier beispielsweise beanstandet wird, zu ergreifen sind, hängt aber letztlich erst von den messtechnischen Feststellungen ab. Dass die eingeleiteten Überwachungsmaßnahmen untauglich wären, die Vorgaben der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung sinnvoll umzusetzen, lässt sich dem jedenfalls nicht entnehmen.

Die von der Antragstellerin vorgelegte gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. Ing. habil. H. Tudeshki vom 9.9.2006 (vgl. dazu die in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt B-Straße 1“ vom 9.9.2006, hier Seite 6 („Zielsetzung“)) enthält eine „Beurteilung der Schadenswahrscheinlichkeit an Bauobjekten sowie technischen Einrichtungen“ der Antragstellerin, bezieht lediglich einen – wie gesagt – damals schon zeitlich überholten Messbericht vom April 2006 ein und beschreibt den Betrieb und dessen Einrichtungen sowie denkbare bergbaubedingte Einflussfaktoren. Jenseits besonderer, im Weiteren noch einer Betrachtung zu unterziehender Szenarien aus der Erdbebenforschung lässt sich auch diesem Gutachten entnehmen, dass das Fundament des als besonders empfindlich angesehenen, 2002 errichteten Fräs-/Bohrwerks Colgar FRAL 400 „speziell gegen Bergschäden gesichert“ wurde und dass in Protokollen dokumentierte Messungen, die durch die Erschütterungsereignisse aufgrund des Abbaus im Dilsburgfeld (Ost) veranlasst waren, bezüglich Neigungsänderungen der Maschine in Richtung der x- beziehungsweise der y-Achse Werte bis 0,05 mm/m ergeben hätten. Diesen Ausführungen – die Richtigkeit der Werte einmal unterstellt – ist zumindest insoweit zu entnehmen, dass ein taugliches Messsystem installiert wurde. Der anschließende Streit zwischen den Beteiligten beziehungsweise ihren jeweiligen Sachverständigen betrifft dann vielmehr nur die Frage der bergbau- oder anderweitig bedingten Verursachung. Das hat aber mit der Frage der Installation eines tauglichen Messsystems im Sinne der Nebenbestimmung Nr. 8 zur Sonderbetriebsplanzulassung nichts zu tun. Dabei geht es nicht um die damals auch nicht mehr aktuellen technischen Werte, sondern um die Interpretation der Ereignisse unter Kausalitätsaspekten.

Der Antragsgegner erhebt selbstverständlich, wie schon die Formulierungen eindeutig belegen, nicht den Anspruch, dass schwerwiegende Schäden – wie von der Antragstellerin gefordert – von vorneherein sicher ausgeschlossen werden können. Es geht bei der Betriebsplanzulassung um eine angemessene Gegensteuerung für einen Eventualfall und die wurde vorliegend im Rahmen des vorab Möglichen angeordnet. Allein der in der Natur der Sache liegende Umstand, dass Schäden nicht ausgeschlossen werden können, rechtfertigt nicht die Annahme der „Ungeeignetheit“ der Nebenbestimmungen oder einer „Untätigkeit“ der Beigeladenen oder der Genehmigungsbehörde. Eine Vorhersage darüber, welche Schäden aufgrund der mit dem Bergbau einhergehenden Bodenbewegungen und -verformungen zu erwarten sind, ist allenfalls typisierend auf der Grundlage von Beobachtungen und Erfahrungen an anderer Stelle in vergleichbaren Situationen möglich, da das Schadensbild im Einzelfall von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. (vgl. hierzu etwa OVG des Saarlandes, Urteil vom 1.9.1998 – 2 R 4/98 –, SKZ 1999, 123, Leitsatz Nr. 65, zum Abbau im sog. Westfeld des ehemaligen Verbundbergwerks West (Warndt/Luisenthal))

2.2.3.5 Der Gesichtspunkt prognosetypischer Unsicherheiten gilt in besonderem Maße wegen des insoweit noch eingeschränkteren „Erfahrungsschatzes“ für die Prognostizierbarkeit von durch die Abbauführung ausgelösten Erderschütterungen („Beben“) . Aussagen über derartige Beeinträchtigungen durch ein untertägig geführtes Bergbauvorhaben können im Zeitpunkt der Betriebsplanzulassung ebenfalls nur prognostisch getroffen werden. Auch dabei kann es nicht darum gehen, jegliche Schäden zu verhindern. Wollte man diesen Maßstab an eine bergrechtliche Betriebsplanzulassung anlegen, wäre Bergbau nicht möglich und das ist offensichtlich nicht die Konzeption des Bundesberggesetzes.

Vor diesem Hintergrund ist die von dem Antragsgegner in der Betriebsplanzulassung, nunmehr in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Oberbergamts vom 23.8.2006, getroffene Prognoseentscheidung nicht geeignet, eine subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin durch diesen Verwaltungsakt zu begründen. Sowohl der Antragsgegner als auch die Widerspruchsbehörde gingen damals allerdings noch davon aus, dass Erderschütterungen, wie sie im Zuge des Abbaus in den Streben 8.9/8.10-Ost im Flöz Schwalbach und im Streb 20.3-Ost im Flöz Grangeleisen (Feld Dilsburg/Ost) hervorgerufen worden waren, vorliegend „nicht zwangsläufig auftreten“ müssten, aber auch „nicht gänzlich ausgeschlossen werden“ könnten. (vgl. dazu die Ausführungen auf Seite 11 oben des Widerspruchsbescheids vom 23.8.2006) In dieser Situation hat der Antragsgegner die Beigeladene in der Nebenbestimmung Nr. 2 zur Sonderbetriebsplanzulassung vom 25.11.2005 zur Einrichtung eines Seismographennetzes verpflichtet und sich nachträgliche Auflagen „im Ereignisfall“ ausdrücklich vorbehalten. Das zeigt, dass der Antragsgegner nicht von vorneherein unzutreffend von einem Ausschluss derartiger Auswirkungen des Abbaus ausgegangen ist und dass sich nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts aufgetretene und derzeit anhaltende Erderschütterungen, auf die die Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 19.11.2007 unter Vorlage von entsprechenden Übersichten und Zeitungsartikeln aus den letzten Tagen hinweist, daher grundsätzlich im „Erwartungshorizont“ des Antragsgegners bewegten. Dass der in der Auflage Nr. 7 zur Sonderbetriebsplanzulassung enthaltene Vorbehalt nachträglicher Maßnahmen durchaus ernst zu nehmen ist, belegt eine in dem Schriftsatz ferner angesprochene Aufforderung des Antragsgegners an die Beigeladene, zu einer Vermeidung bergbehördlicher Anordnungen bis zum 21.11.2007 ein Konzept zur Verringerung von Anzahl und Stärke der Erderschütterungen vorzulegen. Dass es durch die Ereignisse zu Schäden im Betrieb der Antragstellerin gekommen wäre, wird in dem Schriftsatz im Übrigen nicht ansatzweise behauptet.

Vor dem Hintergrund bot die Nebenbestimmung Nr. 2 als solche keine Grundlage, um gegebenenfalls im Wege der „Amtsermittlung“ (§ 24 SVwVfG) schon vorab eine weitere Aufklärung des Sachverhalts zu betreiben wie die von den Antragstellerin angesprochene technische Norm DIN 4150 (Teil 3, Erschütterungen im Bauwesen, Einwirkungen auf bauliche Anlagen). Maßgebend für die Ordnungsmäßigkeit der Prognoseentscheidung der Bergbehörde kann nach der Rechtsprechung des Senats allein die Sachlage im Zeitpunkt der (letzten) Verwaltungsentscheidung, hier also bei Ergehen des Widerspruchsbescheids, sein. Die gerichtliche Kontrolle einer derartigen Prognoseentscheidung beschränkt sich im Klageverfahren auf eine Überprüfung, ob die Bergbehörde den ihrer Prognose zu Grunde gelegten Sachverhalt in den Grenzen seiner Erkennbarkeit zutreffend ermittelt und ob sie korrekte Methoden der Vorausschau angewandt hat. Auf spätere, von der Prognose abweichende Ereignisse kommt es hingegen in dem Zusammenhang nicht an. (vgl. etwa OVG des Saarlandes, Beschlüsse vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 –, SKZ 2002, 164, Leitsatz Nr. 51, und vom 20.1.2004 – 2 W 59/03 –, SKZ 2005, 73 Leitsatz Nr. 31) Im konkreten Fall hatte der Antragsgegner in der Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 auf „Erkenntnisse aus dem früheren Abbau in westlichen Lagerstättenbereich am Standort Ensdorf“ verwiesen, wonach aus seiner Sicht Erderschütterungen „eher unwahrscheinlich“ seien; im Übrigen wurde auf das bereits beschriebene Kontrollszenario in den Auflagen Bezug genommen. Auch im Widerspruchsbescheid vom 23.8.2006 wurde davon ausgegangen, dass Bodenerschütterungen nicht ausgeschlossen werden könnten (Seite 11).

Deswegen ist es im Übrigen verfehlt, wenn die Antragstellerin dem Verwaltungsgericht eine Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) vorwerfen. Im Ergebnis doppelt unrichtig ist es, wenn die Antragstellerin unter Verweis auf § 55 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BBergG die Forderung erhebt, das Verwaltungsgericht habe im Rahmen des Eilrechtsschutzverfahrens ermitteln müssen, ob durch das Abbauvorhaben erhebliche bergbaulicher Erschütterungswirkungen zu erwarten seien. Aus diesem Grund besteht aus Sicht des Senats im Rahmen des vorliegenden Verfahrens auch überhaupt keine Veranlassung, für die seitens der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.11.2007 beantragte Beiziehung der „Aktenvorgänge des Antragsgegners zu den jüngsten Erdbebenereignissen“.

Da der Antragsgegner von Erschütterungsereignissen im Zeitpunkt der Betriebsplanzulassung nicht zwingend ausgehen musste, spielen diese nachträglichen Erscheinungen bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zulassungsentscheidung und damit für den vorliegenden Aussetzungsantrag keine Rolle. Dadurch werden die Betroffenen allerdings nicht schutzlos gestellt. Ob und in welcher Form auf die nun aufgetretenen Erschütterungen zu reagieren ist, ist keine Frage der Rechtmäßigkeit der Zulassung des Betriebsplans. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass die aus der Natur der Sache folgende Einschränkung der gerichtlichen Überprüfbarkeit bergrechtlicher Betriebsplanzulassungen über die Zubilligung notwendiger Spielräume bei der prognostischen Abschätzung künftiger Entwicklungen und Auswirkungen eines Bergbauvorhabens für die entscheidenden Behörden nicht zur Folge hat, dass später erst im Zuge seiner Ausführung auftretende erhebliche Gefahren aufgrund einer von der Prognose abweichenden Entwicklung von den Betroffenen „unabänderlich“ oder „schicksalhaft“ hingenommen werden müssen. (vgl. hierzu zuletzt etwa OVG des Saarlandes, Beschluss vom 17.10.2005 – 2 W 13/05 –, SKZ 2006, 50 Leitsatz Nr. 34, betreffend den letztlich erfolglosen Antrag eines Oberflächeneigentümers auf sofortige Einstellung des Bergwerks Ensdorf wegen gesundheitlicher Auswirkungen bergbaubedingter Erderschütterungen) Aus der Erkenntnis, dass der regelmäßig in erheblicher Tiefe stattfindende Steinkohlebergbau mit Blick auf geologische und tektonische Unwägbarkeiten für den Bergbauberechtigten (Unternehmer) und auch für eine die Zulassungsentscheidung treffende Bergaufsichtsbehörde in seinen Auswirkungen auf die Erdoberfläche nur begrenzt im Vorhinein „planbar“ ist, hat der Bundesgesetzgeber die Genehmigungsentscheidungen mit einer im Vergleich zu anderen Rechtsbereichen geringeren Bindungswirkung ausgestattet, (vgl. zu der sich aus § 57a Abs. 4 BBergG i.V.m. § 75 SVwVfG ergebenden lediglich formellen Konzentrationswirkung der in Form bergrechtlicher Planfeststellungsbeschlüsse ergehenden Betriebsplanzulassungsentscheidungen auch OVG des Saarlandes, Urteil vom 21.4.2004 – 2 R 22/03 –, SKZ 2005, 73, Leitsatz Nr. 32, unter anderem unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialen betreffend die Einführung des Planfeststellungserfordernisses durch die Bergrechtsnovelle 1990) um der Dynamik vor allem des untertägigen Steinkohlebergbaus Rechnung zu tragen, und über die allgemeine bergaufsichtsbehördliche Anordnungsbefugnis (§ 71 BBergG) hinaus in § 56 Abs. 1 Satz 2 BBergG nachträgliche Auflagen zur Betriebsplanzulassung unter den dort genannten Voraussetzungen ausdrücklich für zulässig erklärt. (vgl. in dem Zusammenhang Stüer, Handbuch des Bau- und Fachplanungsrechts, 3. Auflage 2005, RNr. 3599, wonach für über die in einem Betriebsplan gestellten Anforderungen hinausgehende bergaufsichtliche Anordnungen auf der Grundlage des § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG nur insoweit Raum ist, als der Zweck solcher Anordnungen nicht im Betriebsplanverfahren einschließlich nachträglicher Änderungen und Ergänzungen zugelassener Betriebspläne erreicht werden kann, die Anordnungsbefugnis nicht weiter reicht als die die Voraussetzungen für die Betriebsplanzulassung (§ 55 BBergG) und von daher keinen allgemeinen Sachgüterschutz umfasst) Der § 71 Abs. 1 Satz 2 BBergG sieht die Möglichkeit nachträglicher, vorliegend in der Nebenbestimmung Nr. 2 zur Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 ausdrücklich auch vorbehaltener Anordnungen vor, die zum Schutz unter anderem von Leben und Gesundheit Dritter erforderlich sind, was bei unmittelbaren Gefahren gemäß § 71 Abs. 2 BBergG in Ausnahmefällen sogar die Anordnung einer vorläufigen Betriebseinstellung zum Gegenstand haben kann. (vgl. hierzu OVG des Saarlandes, Beschluss vom 22.8.2001 – 2 W 1/01 -, SKZ 2002, 164, Leitsatz Nr. 51, ZfB 2001, 287, ebenso Stüer a.a.O., RNr. 3600) Diese Maßnahme, die wohl das von der Antragstellerin verfolgte Ziel sein dürfte, kann freilich auch nach dieser gesetzlichen Konstruktion, mit Blick auf die Rechtsstellung des bergbauberechtigten Unternehmens und auch wegen der sehr weit reichenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und sozialen Folgen einer kurzfristigen Betriebseinstellung allenfalls als letztes Mittel (ulitima ratio) in Betracht kommen. Bei der im für ihre Beantwortung zuständigen politischen Raum seit Jahren diskutierten Frage der Erhaltung eines eigenen „Standbeins“ in der Rohstoffversorgung handelt es sich um eine letztlich vom Bundesgesetzgeber zu treffende Entscheidung. Der Gesetzgeber geht gegenwärtig nach wie vor vom Bestehen eines nicht von den jeweiligen Marktverhältnissen abhängigen öffentlichen Interesses an der Sicherstellung einer Versorgung mit einheimischer Steinkohle aus. § 1 Nr. 1 BBergG verdeutlicht das Anliegen des Bundesgesetzgebers, zur „Sicherung einer Rohstoffversorgung“ das Aufsuchen von Bodenschätzen – hier von Steinkohle – zu ordnen und zu fördern. Damit hat er die Erhaltung (auch) des einheimischen Steinkohlebergbaus als gewichtiges energiepolitisches Ziel anerkannt. Diese Entscheidung ist freilich nicht unabänderlich, ihre Änderung obliegt allerdings sicher nicht den Verwaltungsgerichten.

Das Verwaltungsgericht hat in der erstinstanzlichen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass auch nach den Erfahrungen mit den zahlreichen und weitaus stärkeren Erderschütterungen infolge des erwähnten vorhergehenden Abbaus im Feld Dilsburg mit gemessenen Schwinggeschwindigkeiten bis zu 71,28 mm/s nicht damit gerechnet werden kann, dass diese nach den Maßstäben des Bundesverwaltungsgerichts „gewichtige“, das heißt über leichte bis mittlere Schäden hinausgehende Beeinträchtigungen des Oberflächeneigentums zur Folge haben. Auch im Gefolge der zwischenzeitlich durch den hier zur Rede stehenden Abbau ausgelösten Erderschütterungen ist es, wenn man den Vortrag der Beteiligten und einschlägige Berichte in den Medien zugrunde legt, offenbar nicht zu gravierenden Schäden am Eigentum oder gar zu den von der Antragstellerin angeführten, aus der Erdbebenforschung bekannten Phänomenen gekommen. Die erwähnte DIN 4150 (Teil 3, Erschütterungen im Bauwesen, Einwirkungen auf bauliche Anlagen) mag geeignet sein, erschütterungsbedingte Schäden an Bauwerken auszuschließen beziehungsweise sicher zu stellen, dass solche „nicht auftreten“. Allerdings geht aus ihr nach eigenem Vortrag der Antragstellerin hervor, dass eine Überschreitung der Werte nicht bedeutet, dass Schäden voraussehbar auftreten und selbst deutliche Überschreitungen bieten lediglich Anlass für „weitere Untersuchungen“. Dem entsprechend heißt es in der von den Antragstellerin vorgelegten Untersuchung des Prof. Dr. Ing. habil. H. Tudeshki vom 9.9.2006 (vgl. dazu die in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt B-Straße 1“ vom 9.9.2006, Seite 9) und in deren Sachvortrag, diese technische Norm beziehe sich allgemein zwar auf Erschütterungseinwirkungen aller Art, enthalte allerdings keine Befassung mit den Spezifika „bergbaubedingter Beben“ sowie mit standortbezogenen Schadensfaktoren.

Die DIN 4150 („Erschütterungen im Bauwesen“) enthält eine Anleitung für die Vorermittlung bei Erschütterungen, die eine Vorhersage von Werten der Erschütterungsgrößen zum Ziel hat. Schon in der Vorbemerkung zum Anwendungsbereich (Teil 1, „Vorermittlung von Schwingungsgrößen“) wird ausdrücklich auf das Erfordernis von Einzelfallbegutachtungen hingewiesen. Im Abschnitt 5 (Teil 1) wird bei der Differenzierung nach Erschütterungsquellen ausgeführt, dass Erschütterungen aus „Einzelereignissen“ (5.1), das heißt bei hinsichtlich ihrer Wirkungen zeitlich nicht zusammentreffenden, vielmehr „aufeinander folgenden“ Ereignissen in der Regel „nicht zu ausgeprägten Resonanzen von Gebäuden und Bauteilen führen“ (5.1.1). In der Folge (5.1.2) werden als Beispielsfälle hierfür unvermeidbare Erschütterungen mit punktförmigen, impulshaltigen Quellen bei Sprengungen zur Zerlegung von Gesteinen etwa in Steinbrüchen und Bergwerken als Beispielsfälle benannt. Im Teil 3 („Einwirkungen auf bauliche Anlagen“) wird ebenfalls schon einleitend klargestellt, das es dabei um „Anhaltswerte“ gehe, bei deren Einhaltung Schäden im Sinne einer Verminderung des Gebrauchswertes von Bauwerken (im Fettdruck hervorgehoben:) „nicht“ eintreten. Das ist allerdings nicht der im Bergrecht geltende Maßstab. Darüber hinaus rechtfertigt gerade bei „kurzzeitige Erschütterungen“ der hier zur Rede stehenden Art die Überschreitung der Anhaltswerte nicht die Annahme, dass Schäden auftreten und erst bei „deutlichen Überschreitungen“ geht die Norm vom Erfordernis weiterer Untersuchungen aus. ( Speziell mit den (zusätzlichen) Anforderungen an die Bausicherheit (Tragwerksberechnung und Standsicherheit) in deutschen Erdbebengebieten befasst sich im Übrigen die DIN 4149 („Bauten in deutschen Erdbebengebieten – Lastannahmen, Bemessung und Ausführung üblicher Hochbauten“) vom April 2005. ) Nach der von der Beigeladenen in der Parallelsache 2 B 176/07 vorgelegten Aufstellung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für Bergschäden Dipl. Ing. Johannes Schürken (vgl. den vorgelegten Auszug aus Drisch/Schürken, Bewertung von Bergschäden und Setzungsschäden an Gebäuden, Seite 243, Blatt 159 der Gerichtsakte) kann bei bergbaubedingten Beben, deren Frequenz regelmäßig unter 10 Hz liegt, erst bei Schwinggeschwindigkeiten über 100 mm/s mit einem Einsturz von Wänden gerechnet werden. Diesen Erkenntnissen entspricht es, dass die seit dem Jahre 2004 im Zuge des Abbaus im Dilsburgfeld verzeichneten insgesamt 2.699 bergbauinduzierten Erderschütterungen, (Nach einer Aufstellung der DMT sind bei den bergbaubedingten Erschütterungen insgesamt in 91 % der Fälle Schwinggeschwindigkeiten unter 1 mm/s, in 99,48 % solche unterhalb 20 mm/s und lediglich in 14 Fällen (etwa 0,5 %) größere Schwinggeschwindigkeiten registriert worden (vgl. Blatt 150 der Gerichtsakte)) von denen die große Mehrheit Schwinggeschwindigkeiten unter 1 mm/s aufwies und nur 14 Fälle mehr als 20 mm/s erreichten, in keinem bekannten Fall schwere Bergschäden an der Oberfläche verursacht haben. Hinsichtlich des von der Antragstellerin benannten Erschütterungsschadens, des Herabfallens eines Schornsteins in Eidenborn am 10.5.2005, räumt diese selbst eine mögliche, nicht behobene Vorschädigung ein. Insoweit hat die Beigeladene im Übrigen auf eine zwischenzeitlich erfolgte einvernehmliche (anteilige) Regulierung hingewiesen. Dass es gar gerade aufgrund von Erschütterungen zu einem „Totalschaden“ bei ihrem Anwesen kommen wird, ist daher nicht zu erwarten. Selbst wenn die gegenwärtig auftretenden Erschütterungsereignisse, etwa die von der Antragstellerin im Schriftsatz vom 19.11.2007 erwähnten, am 19.11.2007 an der Messstelle C-Stadt/Körprich mit einer maximalen Schwinggeschwindigkeit von 22,5 mm/s beziehungsweise am 10.11.2007 an der Messstelle Saarwellingen-Hessbach mit 36,26 mm/s gemessenen Erschütterungen, dem Antragsgegner vor dem Hintergrund der DIN 4150 Anlass bieten sollten, über die „Messungen“ hinaus zusätzliche Untersuchungen hinsichtlich der Ursachen und der Möglichkeiten der Einschränkung oder gar Vermeidbarkeit einzuleiten oder der Beigeladenen solche aufzugeben, beträfe das die (objektiv-rechtliche) Frage angemessener nachträglicher Reaktion, nicht aber die Rechtmäßigkeit der hier allein streitgegenständlichen Sonderbetriebsplanzulassung in Bezug auf die Rechtsposition der Antragstellerin. Das hätte insbesondere auch für von der Prognose abweichende gravierende Auswirkungen auf den Gewerbebetrieb der Antragstellerin zu gelten.

Bezogen auf die Rechtsstellung der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren ist ferner anzumerken, dass diese zwar wiederholt auf Erschütterungsereignisse hinweist, aber nicht geltend macht, dass es ungeachtet der im Gutachten des Dr. Tudeshki beschriebenen geologischen Verhältnisse und Effekte, etwa einer Energieabsorption oder einer geologisch bedingten Erhöhung der Schwingungsamplitude durch dieses oder die übrigen „Beben“ der jüngeren Vergangenheit zu abbaubedingten Beschädigungen ihres Eigentums oder gar zu der vom Gutachter weiter angeführten, aus der Erdbebenforschung bekannten „Liquefaction“ („Bodenverflüssigung“) (vgl. dazu die in Anlage 2 zur Antragsschrift vorgelegte „Fachgutachterliche Stellungnahme zur Bergschadensprognose Objekt Enzenbachstraße 37“ vom 31.8.2006, ab Seite 10, Abschnitt 1.2 („Bodenveränderungen“)) aufgrund des geologischen Aufbaus des Untergrundes gekommen ist. Nach der bei den Akten befindlichen Stellungnahme der Fachstelle für Erschütterungsmessungen bei der Deutschen Montan Technologie (DMT) (vgl. die Stellungnahme zu „Sackungen und Bodenverflüssigungen durch Erderschütterungseinwirkung“ vom 9.10.2006) kann das auch ohne weiteres nachvollzogen werden, da selbst die stärkste Erschütterung durch den Betrieb des (nunmehr) Bergwerks Saar mit 3,3 (Die Angabe – nach Richterskala – bezieht sich auf die am 17.2.2006, 18.51 Uhr gemessene Erschütterung, für die an dem Messpunkt Falscheid/Dorfstraße 7a eine maximale Schwinggeschwindigkeit von 71,28 mm/s in horizontaler Richtung registriert wurde, deren Signalfrequenz in der dominierenden Phase bei etwa 5 Hz lag und die einen Einwirkungszeitraum im Sekundenbereich aufwies.) nicht annähernd die für Liquefactionserscheinungen erforderliche Amplitude von mindestens 4,8 erreicht hat und von der Dauer der Belastung – allenfalls 2 Sekunden gegenüber oft mehreren Minuten bei echten Erdbeben – nicht geeignet sind, derartige Phänomene hervorzurufen. (Nach dem zuvor genannten Gutachten lag die seismische Energie des Roermond-Bebens in Holland um das 8.000-fache über derjenigen der stärksten gemessenen bergbaubedingten Erschütterung vom 17.2.2006.) Das gilt unabhängig davon, ob diese Phänomene, wenn sie denn auftreten, durch weitere geophysikalische und –mechanische Eigenschaften des Untergrundes begünstigt werden oder nicht. (vgl. dazu die ergänzende Stellungnahme des Dr. Tudeshki vom 12.12.2006, Seite 11, Blatt 315 der Gerichtsakte) Die Beigeladene hat nach ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag indes auf mehr als 70 Bohrungen des Erdbaulaboratoriums Saar (ELS) im Zuge von Baugrunduntersuchungen entlang der Prims verwiesen, wobei die entsprechenden Bohrkerne eine starke Durchmischung unterschiedlicher Korngrößen, nicht aber die von Dr. Tudeshki angesprochenen besonderen „verflüssigungsgefährdeten Kornverteilungen“ aufwiesen. (vgl. dazu im Einzelnen die Ausführungen auf Seite 347 der Gerichtsakte) Der Hinweis der Antragstellerin, dass „verflüssigungsgefährdete Bereiche lokal begrenzt und sehr kleinräumig auftreten“ könnten, mag für sich genommen ganz allgemein zutreffen. Allein deswegen kann aber sicher nicht auf eine unsachgerechte Ermittlung des Prognosematerials in dem Zusammenhang durch den Antragsgegner beziehungsweise die Beigeladene geschlossen werden. Vor dem Hintergrund stellt sich vorliegend auch nicht die Frage der „Beweislast“.

Allenfalls in dem Zusammenhang können die Aussagen des von der Antragstellerin beauftragten Gutachters Bedeutung erlangen, wobei der Eintritt der darin beschriebenen möglichen Begleitphänomene eines bergbaulichen Vorhabens bezogen auf den von dem Antragsgegner unter dem 25.11.2005 zugelassenen Abbau in den Streben Prims 1 und Prims 2 für den Senat wenig realistisch ist. Derartiges mag vorkommen beziehungsweise in der Vergangenheit anderen Ortes vorgekommen und nicht gänzlich ausgeschlossen sein. (vgl. hierzu beispielsweise die Darstellung „umgekippter“ Hochhäuser in Japan im Anschluss an das sog. Niigata-Beben im Jahre 1964 mit Zentrum im Japanischen Meer auf Seiten 28/29 des Gutachtens „August 2006“, oder die Fotos zum Roermond-Beben im deutsch-niederländischen Grenzgebiet (1992)) Dass der Antragsgegner deswegen allerdings in der Prognose bei der Beurteilung des Zulassungsbegehrens der Beigeladenen nach den §§ 48 Abs. 2, 55 BBergG derartige Ereignisse, etwa im Bereich von Hoyerswerda („Schwarze Pumpe“) (vgl. dazu die ergänzende Stellungnahme des Dr. Tudeshki vom 12.12.2006, Seite 12, Blatt 316 der Gerichtsakte mit Bild (Abb. 2, Grundbruch an einer Landstraße in Hoyerswerda)) oder allgemein in ehemaligen Braunkohletagebaugebieten aufgetretene Erscheinungen einer „Bodenverflüssigung“ als wahrscheinliche Folge des Kohleabbaus in der Primsmulde in seine Betrachtungen hätte einstellen müssen, ist ungeachtet der Frage der von der Antragstellerin angesprochenen Reichweite richterlicher Sachkunde zu verneinen. Bezüglich der nachträglichen Bewertung der inzwischen aufgetretenen Erschütterungen bleibt jedenfalls festzuhalten, dass weder die Antragstellerin noch sonst jemand im Einwirkungsbereich des streitigen Abbauvorhabens offenbar mit den vom Gutachter beschriebenen Konsequenzen konfrontiert worden ist. Im Übrigen wurde bereits in anderem Zusammenhang erwähnt, dass weder die Beigeladene noch der Antragsgegner davon ausgegangen sind, dass es – was bei derartigen Unternehmungen realistischerweise mit „Gewissheit“ auch gar nicht möglich wäre – nicht in Einzelfällen aufgrund von Besonderheiten auch zum Eintritt bergbaubedingter Totalschäden kommen kann. Entgegen der Einlassung der Antragstellerin hat auch das Verwaltungsgericht nicht verkannt, dass die Nebenbestimmungen ungeeignet seien, „schwerwiegende Bergschäden zu Lasten des Grund- und Produktionseigentums“ der Antragstellerin zu verhindern“. Soweit die Antragstellerin geltend macht, dass durch die Nebenbestimmungen „nicht ausgeschlossen“ werde, dass durch klassische Bergbauauswirkungen der Bodenverformung oder durch Erderschütterungen „erhebliche Bergschäden“ auftreten könnten, so liegt es in der Natur der Sache, dass ein sicherer Ausschluss von Schäden durch Einwirkungen eines Bergbaubetriebs auf die darüber befindliche Tagesoberfläche nur nach Maßstäben der Wahrscheinlichkeit prognostiziert beziehungsweise – mit den Worten der Antragstellerin – „gemutmaßt“, aber sicher nicht „ausgeschlossen“ werden können. Der Sinn nachträglicher Auflagenvorbehalte (wie hier in der Nr. 2) liegt darin, derartigen nachträglichen Entwicklungen im Zuge des Abbaus begegnen zu können. Ab welchem Grad der individuellen Betroffenheit ein subjektiver Anspruch gegen die Bergbehörde auf Ergreifen solcher Maßnahmen mit Blick auf konkrete Entwicklungen besteht, ist dabei eine ganz andere, sich in dem vorliegenden Verfahren nicht stellende Frage.

2.2.3.6 Die Richtigkeit der Prognose des Antragsgegners in der Sonderbetriebsplanzulassung, dass sich aufgrund des zugelassenen Vorhabens weder bei dem sog. 50-jährlichen noch bei dem 20-jährlichen Hochwasser (HQ 50 bzw. HQ 20 ) Verschlechterungen des Hochwasserablaufs gegenüber dem Ist-Zustand ergeben, wird von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt. (vgl. dazu die Seite 36 (oben) des Schriftsatzes der Antragstellerin vom 14.9.2007; ausführlich zu diesem Thema der Beschluss des Senats vom heutigen Tage in der Parallelsache 2 B 176/07) Weiterer Ausführungen dazu bedarf es daher vorliegend nicht. (vgl. zu diesem Thema ausführlich OVG des Saarlandes, Beschluss vom heutigen Tag in der Parallelsache 2 B 176/07)

Was die von den Antragstellerin angeführten Vernässungen durch oberflächennahes Grundwasser anbelangt, gilt im Ergebnis nicht anderes. Der Antragsgegner hat darauf hingewiesen, dass seit 1999 mehrere wissenschaftliche Untersuchungen und Simulationen zu diesem Thema durchgeführt worden sind. Nach deren Ergebnis ist kein bergbaubedingter Einfluss auf das flache Grundwasser in den jungen Talauesedimenten erkennbar. (vgl. hierzu die Aufstellung der durchgeführten Untersuchungen Blätter 202/203 der Gerichtsakte) Selbst wenn man unterstellen wollte, dass der bisherige Grundwasserspiegel bei der zu erwartenden Absenkung des Geländes unverändert bleibt, also – wie das in einem von der Antragstellerin in Bezug genommenen Gutachten des Dr. Tudeshki vom Dezember 2006 (vgl. die „Stellungnahme zu den Schriftsätzen der Rechtsanwälte Kümmerlein, Simon & Partner vom 9.10.2006 und 2.11.2006 …“ vom 14.12.2006 in der Parallelsache VG 5 F 21/06, Bl. 332 der Gerichtsakte (1. Instanz) Seite 10/18) angeführt wird – bezogen auf die Tagesoberfläche entsprechend (relativ) „ansteigt“, wäre angesichts des geringen Ausmaßes der prognostizierten Senkung für das südlich der Prims gelegene Grundstück der Antragstellerin von maximal – bezogen auf alle vier Strebe in der Primsmulde Süd – 18 cm keine wesentliche zusätzliche „Vernässung“ an der Tagesoberfläche zu erwarten. Hinsichtlich der Auswirkungen (allein) der beiden gegenwärtig Abbau befindlichen beiden von der Sofortvollzugsanordnung erfassten Strebe Prims 1 und Prims 2 ist das bezogen auf die Höhenänderung von voraussichtlich weniger als 1 cm, sofern eine solche überhaupt messbar stattfindet, sicher auszuschließen. Auf die von der Antragstellerin unter Gehörsgesichtpunkten immer wieder reklamierten, im Übrigen bei den Akten befindlichen, und daher den Prozessbevollmächtigten jederzeit zugänglichen Untersuchungen des Büros Dr. Marx (vgl. die „Bewertung der Grundwasserstandsmessungen aus dem Bereich Reisbach im Hinblick auf bergbauinduzierte Veränderungen“ vom 14.12.2005) kommt es daher nicht an.

2.2.3.7 Auf vorgetragene psychische Folgen aus dem Erleben von Erschütterungsereignissen durch die betroffene Bevölkerung in der Umgebung des Abbauvorhabens kann sich die Antragstellerin als juristische Person und Kapitalgesellschaft „naturgemäß“ nicht berufen.

2.3 Eines Eingehens auf die Ausführungen zum Gebot effektiver Rechtsschutzgewährung (Art. 19 Abs. 4 GG), mit denen die Antragstellerin eine aus ihrer Sicht „überlange“ Dauer des gerichtlichen Eilrechtsschutzverfahrens beanstandet und meint, argumentativ die durchschnittliche statistische Dauer von Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor dem Verwaltungsgericht des Saarlandes bemühen zu können, bedarf es nicht. Es liegt auf der Hand, dass dieser Gesichtspunkt für die Frage der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Antragsgegners über die Betriebsplanzulassung vom 25.11.2005 ohne Belang ist. Anzumerken ist aber insoweit, dass – nur beispielsweise – der nun im Schriftsatz vom 19.11.2007 gestellte Antrag auf Beiziehung weiteren umfangreichen Aktenmaterials, auf dessen Inhalt es, wie gesagt, übrigens für die vorliegende Entscheidung nicht ankommt, sowie auf Gewährung von Einsichtnahme auch hierin, wenn ihm zu folgen wäre, eine weitere ganz wesentliche Verzögerung des Verfahren zur Folge hätte.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO, 100 ZPO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren auch hinsichtlich des Rechtsmittelverfahrens für erstattungsfähig zu erklären, da diese einen eigenen Antrag gestellt und damit Kostenrisiken übernommen hat (§§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO).

Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3, 52 Abs. 1, 47 GKG, wobei die Erhöhung des Streitwerts durch das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin veranlasst ist und auch im vorliegenden Fall die für den vorläufigen Rechtsschutz übliche Halbierung vorzunehmen ist.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

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Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

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Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

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Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

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b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

91

Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

94

Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

95

Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

98

b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

Gründe

1

Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. Die Grundsatzrügen dringen nicht durch.

3

a) Die Fragen,

"Ist die in einem Planfeststellungsbeschluss enthaltene artenschutzrechtliche Ausnahmezulassung mit dem Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. dem Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) nach § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 vereinbar, wenn die Anzahl der im Trassenbereich tatsächlich vorhandenen Exemplare einer streng bzw. besonders geschützten Art erheblich - vorliegend um den Faktor 20 - unterschätzt wurde?

Wenn nein: Hat ein Verstoß der zuständigen Behörde gegen das Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. das Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) notwendig die Rechtswidrigkeit der erteilten artenschutzrechtlichen Ausnahme zur Folge oder kann der Verstoß durch eine eigenständige gerichtliche Prüfung der Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 geheilt werden?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

4

Hinsichtlich der ersten Frage ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Bestandsaufnahme auch für den Fall als fachlich vertretbar angesehen, dass der Bestand der Bachmuscheln im Mühlbach unterschätzt wurde. Intensität und Tragweite einer artenschutzrechtlichen Beeinträchtigung dieser Bachmuscheln könnten mit Blick auf die geplante Umsiedlungsmaßnahme auch ohne eine erschöpfende Ermittlung der Population hinreichend sicher erfasst werden. Danach sollten die von der Verlegung des Mühlbachs auf einem 460 m langen Abschnitt betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in den Oberlauf des Mühlbachs umgesetzt werden. Diese Maßnahme sei nach Auffassung sowohl des Gutachters der Klägerseite als auch des Beklagten durchführbar, ohne dass es auf die Anzahl der umzusetzenden Exemplare ankomme und ohne dass einzelne Exemplare der Bachmuschel in nennenswertem Umfang getötet oder verletzt würden. Auch sollten sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden, was auch für den Fall möglich sei, dass ihre Anzahl zunächst unterschätzt worden sei. Die bereits im Oberlauf des Mühlbachs lebenden Bachmuscheln träten auch nicht in Konkurrenz mit den umgesetzten Exemplaren, weil die Muscheln jeweils "ihre Nische" suchten (UA S. 26 f., 60 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb es ungeachtet dieser tatsächlichen Feststellungen geboten sein sollte, die Anzahl der umzusetzenden Exemplare möglichst exakt zu erfassen. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs machen im Übrigen deutlich, dass es von den Umständen des Einzelfalles abhängt, welche Anforderungen an eine "ausreichende" Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 54) zu stellen sind. Die aufgeworfene Frage kann daher in einem Revisionsverfahren nicht fallübergreifend geklärt werden.

5

Die zweite Frage ist so formuliert ("wenn nein"), dass sie nicht selbständig, sondern nur dann zum Zuge kommt, wenn die erste Frage in einem Revisionsverfahren - negativ - zu beantworten ist. Das ist nicht der Fall.

6

b) Die weitere Frage,

"Kann eine artenschutzrechtliche Ausnahme bei Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art schon dann gemäß § 43 Abs. 8 S. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zugelassen werden, wenn vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabensbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art nicht bestehen, darüber hinaus "außergewöhnliche Umstände" im Sinne des Urteils des EuGH vom 14.06.2007, C-342/05, Rn. 29 aber nicht festgestellt werden?"

bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren und auch keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV.

7

Dies gilt allerdings nicht mit Blick auf die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Randnummer 29 des Urteils des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs (Slg. 2007, I - 4713 ff.), die wie folgt lautet:

"Bei dieser Sachlage sind solche Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können."

8

Bei dieser Formulierung spricht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs einiges dafür, dass das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustandes der Populationen der betroffenen Art darstellt. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, wenn die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides kann jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig verneint werden. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

9

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler, worauf der Beklagte in seiner Erwiderung zu Recht hingewiesen hat. Sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 in zweifacher Weise, nämlich zum Einen, indem sie den Schluss nahe legt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes seien nur alternativ einzuhalten, und zum Anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu. Davon ist im Ergebnis zu Recht auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen.

10

c) Hinsichtlich der Frage,

"Ist es zulässig, eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen einer Art im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 zu verneinen bzw. ein Verweilen in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zu bejahen,

wenn

- sich die Populationen dieser Art bundesweit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden,

- das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG 2007) mangels weiterreichender generativer oder vegetativer Vermehrungsbeziehungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006, 4 A 1075/04, Rn. 571) nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht

Und

- dieses Verbreitungsgebiet vorhabensbedingt erheblich - vorliegend um etwa 30% - verkleinert wird, ohne dass kurz- oder mittelfristig - vorliegend nicht vor Ablauf von 30 Jahren - eine quantitativ und qualitativ gleichwertige Wiederbesiedlung neu geschaffener Habitate zu erwarten wäre?"

ist ein Klärungsbedarf nicht hinreichend dargetan. In rechtlicher Hinsicht ist geklärt, dass der Verlust eines lokalen Reviers nicht gleichbedeutend ist mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art. Dass einzelne Siedlungsräume im Zuge der Verwirklichung eines Vorhabens verloren gehen, schließt nicht aus, dass die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn geeignete Ausweichhabitate orts- und zeitnah in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt werden (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572 f.). Hiervon ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen (UA S. 63 f.) und hat im Einzelnen ausgeführt, weshalb die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von etwa 460 m infolge der geplanten Maßnahme zur Umsiedlung der davon betroffenen Bachmuscheln keine nennenswerten Verluste zur Folge haben wird (UA S. 26 f., 60 f.). Für die Frage des Erhaltungszustands der Population sei deshalb unerheblich, ob das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt werde, ob es mindestens 30 Jahre dauere, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschelpopulation der Größe und Qualität entwickeln werde, wie sie vor der Verlegung bestanden habe, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs überhaupt möglich sei und ob die geplanten Wiederansiedlungsversuche im Appenweiler Mühlbach gelingen könnten (UA S. 64 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass und weshalb mit Blick auf diese tatsächlichen Feststellungen Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen sollte. Im Übrigen macht der vorliegende Fall deutlich, dass keine generelle Grenze angegeben werden kann, ab der ein Verlust lokaler Siedlungsräume mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art einhergeht. Diese Frage kann vielmehr nur artspezifisch und bezogen auf die besonderen Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Soweit sich die aufgeworfene Frage darauf bezieht, dass "das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen ... nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht", ist sie außerdem nicht entscheidungserheblich, weil sich dem angegriffenen Urteil eine solche Feststellung nicht entnehmen lässt.

11

d) Auch die Fragen,

"Ist nach Ergehen der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL noch möglich?

Wenn ja: Kommt es zur Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Gebiet gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist, auf den subjektiven Kenntnisstand der zuständigen Fachbehörden zum Zeitpunkt der letzten Nachmeldung an die Europäische Kommission oder auf die objektive Ausstattung des Gebiets mit Arten und/oder Lebensraumtypen zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der angegriffenen Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt an?

Wenn letzteres: Liegt eine ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets (EuGH, Urt. v. 14.09.2006, C-244/05, Rn. 46) erst dann vor, wenn die Meldung des betreffenden Gebiets an die Europäische Kommission ohne Einbeziehung der vorhabensbedingt beeinträchtigten Teilfläche vereitelt würde? Oder genügt für eine solche ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets schon eine erhebliche Verringerung der Fläche des Habitats der die Meldewürdigkeit begründenden Art?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

12

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat die angegriffene Entscheidung nicht allein auf die Feststellung gestützt, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist und nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen (UA S. 69 ff.). Er hat daneben unterstellt, dass insoweit ein potentielles FFH-Gebiet vorliegt, aber eine Verletzung von FFH-Recht gleichwohl verneint, weil die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von 460 m die Schutzwürdigkeit des Gebiets nicht derart beeinträchtigt, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet vereitelt wird (UA S. 78 f.). Damit hängt der Ausgang des Rechtsstreits nicht von der Beantwortung der Frage ab, ob die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets noch möglich ist. Dasselbe gilt für die zweite Frage, die auf eine Klärung bestimmter Voraussetzungen für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets zielt.

13

Die dritte Frage, die sich auf die für den Schutz potentieller FFH-Gebiete geltenden Maßstäbe bezieht, wurde ausdrücklich nur für den Fall gestellt, dass die ersten beiden Fragen in einem Revisionsverfahren zu klären sind. Das ist nicht der Fall. Sie dringt indes auch dann nicht durch, wenn im Hinblick auf die weitere Beschwerdebegründung (S. 41) von einer "alternativ formulierten" Frage ausgegangen wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156 f.>, vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <257> und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <104>) angenommen, dass potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre unterliegen, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebiete das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liege, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt würden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kämen; dies sei nur dann der Fall, wenn der Schutz eines FFH-Gebietes als Ganzes ohne Einbeziehung der streitigen Teilfläche vereitelt würde. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht "unmittelbar berührt", weil diese sich nur auf bereits gemeldete Gebiete beziehe. Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet durch die Verlegung eines nur 460 m langen Bachabschnitts nicht vereitelt werde; denn auch nach den Angaben des Gutachters der Kläger betrage der Anteil der von dem Vorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln im Mühlbach (mindestens) 70% (UA S. 78 f.).

14

Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend auseinander (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie macht geltend, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften habe in den Urteilen vom 13. Januar 2005 (Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I - 167) und vom 14. September 2006 (Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I - 8445) abweichend von der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, Schutzmaßnahmen zur Wahrung der ökologischen Bedeutung potentieller FFH-Gebiete zu ergreifen, bzw. keine Eingriffe zulassen dürften, die die ökologischen Merkmale solcher Gebiete "ernsthaft beeinträchtigen" könnten. Dieses Vorbringen übersieht jedoch, dass der Verwaltungsgerichtshof die Aussagen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 13. Januar 2005 für den vorliegenden Fall als nicht maßgeblich erachtet hat, weil sie ein bereits gemeldetes Gebiet betrafen, während der Mühlbach nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei; für die Fälle noch nicht gemeldeter potentieller FFH-Gebiete ohne prioritäre Lebensraumtypen oder Arten sei daher nach wie vor von der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass dieser rechtliche Ansatz zweifelhaft sein könnte. Sie rügt zwar, dass der Verwaltungsgerichtshof insoweit das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. September 2006 nicht berücksichtigt habe, lässt dabei jedoch außer Acht, dass auch dieses Urteil bereits gemeldete potentielle FFH-Gebiete betrifft (a.a.O. Rn. 21, 23) und das Gericht seine Aussagen zum Schutzniveau ausdrücklich auf solche Gebiete bezieht (a.a.O. Rn. 44 ff.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, welche Gründe dafür sprechen könnten, diese Aussagen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auf potentielle FFH-Gebiete zu übertragen, die - wie hier - noch nicht gemeldet wurden.

15

e) Nicht durchzudringen vermag schließlich auch die auf folgende Fragen bezogene Grundsatzrüge:

"Kann eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann auf der Grundlage von § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alternative 1 BNatSchG 2007 ("im Interesse der Gesundheit des Menschen") zugelassen werden, wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient?

Folgt aus Art. 20a GG zumindest so lange ein Überwiegen der artenschutzrechtlichen Belange in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007, wie das Vorhaben nicht seinerseits dem Schutz verfassungsrechtlich geschützter Güter dient, namentlich eine verfassungsrechtlich relevante Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG durch die bisherige Verkehrssituation ausschließen soll?

Ist es zulässig, im Rahmen der Interessenabwägung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 zugunsten des Vorhabens zu berücksichtigen, dass in dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art festgesetzt wurden?"

16

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Zum einen hat der Verwaltungsgerichtshof die Erteilung einer Ausnahme nicht allein auf der Grundlage des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 für zulässig erachtet, sondern angenommen, dass die Ausnahmeentscheidung auch nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 tragfähig ist (UA S. 32 f.). Zum anderen ist der Verwaltungsgerichtshof weder ausdrücklich noch sinngemäß davon ausgegangen, dass eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 zugelassen werden kann, "wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient". Er hat vielmehr eine hinreichende Darlegung durch den Beklagten angenommen und insoweit ausgeführt, dass die Lärm- und Schadstoffbelastung dadurch reduziert werde, dass umfangreiche Stadtbezirke von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen entlastet würden. Zur näheren Begründung hat er auf den Planfeststellungsbeschluss (S. 35 bis 44) Bezug genommen. Angesichts der dortigen Ausführungen zur aktuellen Überlastung der vorhandenen B 31 im Raum Friedrichshafen mit steigender Tendenz, zu den damit zusammenhängenden Verkehrsverlagerungen in das nachgeordnete Netz sowie zu den mit dem Vorhaben angestrebten Entlastungen liegt ohne weiteres auf der Hand, dass das Vorhaben die Lärm- und Schadstoffbelastung der Bevölkerung reduzieren wird.

17

Davon abgesehen geht der Hinweis der Beschwerde auf das Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 4 C 2.99 - (BVerwGE 110, 302 <312 ff.>) fehl. Danach sind bei einer Abweichung nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes strenge Anforderungen an den Nachweis von Art und Umfang der mit dem Vorhaben in dieser Hinsicht erzielbaren Wirkungen zu stellen. Der Senat hat im Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 Rn. 160) bereits entschieden, dass diese strengen Anforderungen dem besonderen Schutzregime zugunsten prioritärer Lebensraumtypen und Arten geschuldet sind und sich daher nicht auf den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL - und damit erst recht nicht auf eine Abweichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen - übertragen lassen (ebenso Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 125 f.).

18

Die zweite Frage ist in dieser Allgemeinheit nicht entscheidungserheblich. Sie ist so formuliert, dass sie hinsichtlich aller in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände einheitlich zu beantworten ist. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nur die in § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände zur Anwendung gebracht hat (UA S. 32 f.).

19

Im Übrigen zeigt die Beschwerde einen Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass die vom Beklagten angeführten Gründe - gesetzliche Bedarfsfestlegung, Gesundheitsschutz, Verkehrssicherheit, Bewältigung steigenden Verkehrsaufkommens, Bündelung der Verkehre - ihrer Art nach sowohl einzeln als auch kumulativ eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten rechtfertigen können. Diese Annahme steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 158 bis 160, 239 und vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 125; vgl. auch Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 13 ff. zu Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL). Die Beschwerde legt nicht hinreichend dar, dass diese Rechtsprechung mit Blick auf Art. 20a GG einer Überprüfung bedarf. Wird geltend gemacht, Art. 20a GG gebiete ein bestimmtes Handeln des Normgebers, bedarf es einer vertieften Darlegung, woraus sich eine solche Verpflichtung des Normgebers gerade zu dieser Regelung im Einzelnen ergeben soll (Beschluss vom 5. November 2001 - BVerwG 9 B 50.01 - juris Rn. 7 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn - wie hier - die Auffassung vertreten wird, eine Vorschrift müsse wegen Art. 20a GG in bestimmter Weise verfassungskonform ausgelegt werden. Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Ihre Ansicht, Art. 20a GG enthalte eine "Gewichtungsvorgabe" in dem Sinne, dass die Belange des Naturschutzes nur zu dem Zweck zurückgestellt werden dürften, eine Beeinträchtigung verfassungsrechtlich geschützter Güter zu verhindern, begründet sie nicht näher.

20

Schließlich kann auch die dritte Frage die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Die Beschwerde macht insoweit geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei davon ausgegangen, dass im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur solche Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden dürften, die tatsächlich das Gewicht eines Verstoßes gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände mindern, sondern auch solche, die allein dem Zweck dienten, mittelfristig eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der betroffenen Art zu verhindern, wie hier die beabsichtigte Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts und die geplante Ansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach. Daher sei zu klären, ob die zuletzt genannten Ausgleichsmaßnahmen allein der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2 BNatSchG 2007 zuzuordnen seien oder außerdem auch noch das Gewicht der artenschutzrechtlichen Belange im Rahmen der nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 vorzunehmenden Interessenabwägung mindern könnten. Dieses Vorbringen verfehlt die maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat nicht angenommen, dass die von der Beschwerde genannten Ausgleichsmaßnahmen das Gewicht des in den Verbotstatbeständen zum Ausdruck kommenden Artenschutzinteresses mindern, obwohl sie die Realisierung der Verbote nicht beeinflussen. Die Bezugnahme auf diese Ausgleichsmaßnahmen steht vielmehr im Zusammenhang mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird. Dies habe der Beklagte nicht verkannt, sondern mit Blick darauf besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (UA S. 34 f.). Die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung, dass im Falle eines bundesweit ungünstigen Erhaltungszustands der betroffenen Art nicht nur "weitergehende Anforderungen" für die Zulassung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL gelten (UA S. 56 f.), sondern dem Artenschutzinteresse insoweit auch im Rahmen der Interessenabwägung ein gesteigertes, über die Verbotstatbestände hinaus reichendes Gewicht zukommt, dem mit auf eine langfristige Sicherung des Erhaltungszustands gerichteten Maßnahmen Rechnung getragen werden kann, greift die Beschwerde nicht an.

21

2. Auch die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

22

a) Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zum einen als wahr unterstellt, dass es nicht möglich sei, eine fachlich fundierte Aussage darüber zu treffen, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird", zum anderen jedoch auch angenommen, dass die Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offen, mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen aber "insgesamt erfolgversprechend" sei. Eine Maßnahme, deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich sei, könne jedoch nicht gleichzeitig als erfolgversprechend bezeichnet werden. Daher beruhe die Sachverhaltswürdigung auf einem Verstoß gegen Denkgesetze. Diese Rüge kann schon deshalb nicht durchdringen, weil der Verwaltungsgerichtshof die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf beide Annahmen gestützt hat. Die Frage, ob eine überwiegende Erfolgsaussicht für die geplante Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach besteht, hat er vielmehr ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich bezeichnet, weil sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation auch im Falle eines Scheiterns der Wiederansiedlungsversuche nicht verschlechtern werde (UA S. 65). Im Übrigen ist die Feststellung, eine Maßnahme sei "insgesamt erfolgversprechend", auch nicht schlechthin unvereinbar mit der weiteren Feststellung, es könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob diese Maßnahme "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich" sein werde.

23

b) Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel auch darin, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatznachlass eingeräumt habe, ohne dass die Voraussetzungen gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 Satz 1 ZPO vorgelegen hätten. Der Verwaltungsgerichtshof habe dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2009 die Möglichkeit gegeben, bis zum 31. Juli 2009 schriftsätzlich vorzutragen, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet nachgemeldet worden sei, obwohl die Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung bzw. unmittelbar davor nichts Neues vorgebracht hätten und der Beklagte keinen Schriftsatznachlass beantragt habe. Durch die prozesswidrig erfolgte Einräumung des Schriftsatzrechts sei dem Kläger zu 4 die Möglichkeit genommen worden, über das nachgelassene Vorbringen des Beklagten mündlich zu verhandeln und weitere Beweisanträge zu stellen. Die angegriffene Entscheidung kann jedoch nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von FFH-Recht nicht nur mit der Begründung verneint, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei und auch nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Vielmehr hat er alternativ zu dieser Erwägung die Eigenschaft des Mühlbachs als potentielles FFH-Gebiet unterstellt, weil die Verlegung eines Abschnitts des Mühlbachs auch in diesem Fall mit Blick auf den dann geltenden vorläufigen Schutzstatus mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei (UA S. 78 f.). Hinsichtlich dieser selbständig tragenden Erwägung war das Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz ohne Bedeutung.

24

c) Die Beschwerde macht ferner geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe den Beweisantrag Nr. 6 auf Einholung einer amtlichen Auskunft der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg - LUBW - zu Bachmuschelpopulationen in ausgewiesenen FFH-Gebieten in Baden-Württemberg, zur relativen Bedeutung des Vorkommens im Mühlbach und zu den Kriterien der Gebietsauswahl mit der Begründung abgelehnt, dass es hierauf im Hinblick auf die mit dem Schriftsatzrecht noch vorzutragenden Tatsachen nicht entscheidungserheblich ankomme. Dies sei unzulässig. Ein Schriftsatznachlass könne nur zu entscheidungserheblichen Tatsachen eingeräumt werden; dann könne ein auf Feststellung derselben Tatsachen gerichteter Beweisantrag nicht wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt werden. Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde damit einen Verfahrensmangel bezeichnet hat, weil die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf einem solchen Mangel beruht. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht unabhängig davon verneint, ob der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist oder nicht. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof den Beweisantrag Nr. 6 auch deshalb abgelehnt, weil sich die beantragte Beweiserhebung nicht auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt beziehe und außerdem der Mühlbach mit Blick auf den bei der Auswahl von FFH-Gebieten gegebenen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum auch dann nicht zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen vorliegen sollten (UA S. 77 f.).

25

d) Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge, dass der Verwaltungsgerichtshof nach Eingang des nachgelassenen Schriftsatzes des Beklagten vom 31. Juli 2009 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO hätte beschließen müssen, weil dieser Schriftsatz neues und für die Entscheidung relevantes Vorbringen enthalte. Das Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz bezieht sich auf die Frage, ob der Mühlbach wegen des dortigen Bachmuschelvorkommens zwingend als FFH-Gebiet hätte nachgemeldet werden müssen. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen FFH-Recht jedoch auch für den Fall verneint, dass der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sein sollte. Daher beruht die angegriffene Entscheidung nicht auf dem Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1 1/2, der Kläger zu 2 1/4, der Kläger zu 3 1/16 und der Kläger zu 4 3/16.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27.06.2008 für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... im Bauabschnitt II B J...........-X........... K 7739 von Bau-km 0+432 bis Bau-km 7+555.
Die vorgesehene Baumaßnahme schließt bei Bau-km 0+432 im Bereich J.........../Grenzhof an die bestehende B 31 an. Sie folgt dann zunächst bis zur Brunnisach der bestehenden Bahnlinie, schwenkt bei T........ nach Norden, durchquert das Waldgebiet „Buchschach“, schwenkt sodann in einem weiten Bogen nach Südwesten, durchschneidet nordöstlich von U......... auf einer Länge von ca. 300 m einen Waldbereich, führt bei X........... durch einen 600 m langen, zweiröhrigen Tunnel und endet bei Bau-km 7+555 an dem bereits ausgebauten Knotenpunkt D........straße in G.........-X..........., wo sie an die bestehende B 31 anschließt. Insgesamt werden die Orte H........, T........ und U......... - jeweils Teilorte der Stadt G......... - nördlich umfahren.
Über die gesamte Streckenlänge von 7,122 km hinweg ist eine zweibahnige (vierspurige) Straße vorgesehen, wobei zur Verringerung des Flächenbedarfs der kleinste nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen, Querschnittsgestaltung (RAS-Q) zulässige Sonderquerschnitt SQ 24 gewählt wurde. Anschlüsse an das nachgeordnete Straßennetz sollen südlich von L........ (AS L......../T........) sowie östlich von U......... (AS U.........) erfolgen. Dort wird die L 328b jeweils kreuzungsfrei angeschlossen.
Die Baumaßnahme ist im derzeit gültigen Bedarfsplan für den Ausbau von Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf ausgewiesen und Teil der raumordnerisch empfohlenen Variante 7.5 im Rahmen des Planungsfalls 7.5. Dieser zielt auf eine langfristige Neuordnung des Straßennetzes am nördlichen Bodenseeufer. Er sieht vor, den gesamten Ost-West-Verkehr im Raum G......... - unter Verzicht auf einen Ausbau der B 33 (V......-Ravensburg) - auf der B 31 (neu) zu bündeln. Zu diesem Zweck soll die B 31 zwischen V...... und G......... zweibahnig aus- bzw. neugebaut und im weiteren Verlauf am sog. Löwentalknoten in G......... an eine zweibahnige B 30 (G.........-Ravensburg) angeschlossen werden. Ein erster Schritt zur Verkehrsbündelung ist das streitgegenständliche Bauvorhaben, das vor allem den Stadtbereich von G......... entlasten und eine Verringerung von Fahrzeiten und Betriebskosten der Nutzer bewirken soll. Der Planungsfall 7.5 sieht weiter vor, eine K 7743 (neu) mit Ortsumgehungen von Markdorf, Lipbach, L........ und Efrizweiler zu bauen, die an der vorgesehenen Anschlussstelle L......../T........ an die B 31 (neu) angeschlossen werden soll. Daneben sind als L 205 eine Ortsumgehung von C.......... und als K 7742 (neu) eine Ortsumgehung von U......... vorgesehen, welche bei der vorgesehenen Anschlussstelle U......... an die B 31 angeschlossen werden soll. Weiterer Bestandteil des Planungsfalls 7.5 ist der vierspurige Ausbau des - derzeit nur zweispurigen - Riedleparktunnels in G........., womit eine vierspurige Weiterführung der B 31 in Richtung Löwentalknoten gewährleistet sein soll (vgl. zum Planungsfall 7.5 Anlage 1 des Planfeststellungsbeschlusses).
Mit Antrag vom 15.11.2002 beantragte die Straßenbauverwaltung die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für die o.g. Trasse zwischen J........... und D........straße. Der Antrag wurde am 24.05.2003 in der Schwäbischen Zeitung und im Südkurier bekannt gemacht. Die Auslegung der Planunterlagen erfolgte in der Zeit vom 26.05.2003 bis einschließlich 25.06.2003. Am 13. und 14.12.2005 wurden die eingegangenen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Naturschutzverbände, u.a. auch des Klägers zu 4, erörtert. Die übrigen Einwendungen, u.a. der Kläger zu 1 bis 3, wurden in der Zeit von 26.04.2006 bis 28.04.2006 erörtert. Im Anschluss daran überarbeitete der Vorhabensträger seine Planung u.a. in Bezug auf Lärmschutz, Ergänzungen des Wegenetzes und den landschaftspflegerischen Begleitplan. Die Änderungsplanung wurde im Amtsblatt der Gemeinde J........... am 16.02.2007 sowie im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung am 17.02.2007 bekannt gemacht. Eine erneute Auslegung erfolgte in der Zeit von 19.02.2007 bis einschließlich 19.03.2007 in G......... und J............ Auf eine Erörterung der zur Änderungsplanung eingegangenen Einwendungen wurde gem. § 17a Abs. 5 Satz 1, § 24 Abs. 2 FStrG verzichtet. Zur erneuten Planergänzung wegen Verbesserung der Leistungsfähigkeit des bestehenden Knotens „D........straße/S......-straße“ wurden der Stadt G........., den betroffenen Trägern öffentlicher Belange sowie den Naturschutzverbänden mit Schreiben vom 19.09.2007 erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zu einer weiteren Änderung des landschaftspflegerischen Begleitplans wurde den Genannten mit Schreiben vom 17.12.2007 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Schwerpunkt Obstbau auf Hof H... - zwischen Efrizweiler und H........ - mit einer Größe von insgesamt 36 ha, wovon 18 ha verpachtet sind. Er betreibt auf seinem Hof zusätzlich eine Pferdepension und beabsichtigt dort die Eröffnung von Ferienwohnungen. Die geplante Trasse verläuft ca. 180 m südlich seiner Hofstelle. Dort ist eine Querung des Eichenmühlwegs sowie der Brunnisach vorgesehen. Die Planung nimmt 46.536 qm (ca. 4,65 ha) seiner Grundstücksfläche unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 1 erhob mit Schreiben vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 26.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe, gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken sowie gegen Beeinträchtigungen bei der Haltung von Pensionspferden richteten.
Der Kläger zu 2 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Obstbaubetriebs im Außenbereich, etwa 350 m nördlich von X............ Die Gesamtbetriebsfläche beträgt 11,6 ha (davon 6,35 ha Pachtflächen). Die geplante Trasse verläuft ca. 200 m südlich seiner Hofstelle. Die Planung nimmt 14.037 qm (ca. 1,40 ha) seiner Eigentumsflächen und 3.798 qm ( ca. 0,38 ha) seiner Pachtflächen unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenführung, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 3 ist Eigentümer eines kleineren landwirtschaftlichen Mischbetriebes mit Milchviehhaltung, Obstbau und Sägewerk zwischen Efrizweiler und H......... Die Betriebsfläche beträgt 13,5 ha auf Eigenflächen. Die geplante Trasse verläuft etwa 300 m nördlich seiner Hofstelle. Von der Planung werden unmittelbar 11.597 qm (ca. 1,16 ha) in Anspruch genommen. Mit Schreiben vom 04.07.2003 und 26.03.2007 erhob er Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Eingriffe in Natur- und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm- und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 4 ist ein nach § 60 BNatSchG anerkannter Naturschutzverein. Er erhob mit Schreiben vom 29.07.2003 (samt Anlage), 30.03.2007 (samt Anlagen), 10.10.2007 und vom 11.01.2008 Einwendungen gegen die Planung (vgl. Ordner 2), mit denen er sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe und Eingriffe in Natur und Landschaft wandte.
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Mit Beschluss vom 27.06.2008 stellte der Beklagte die Planung für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... fest. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt die im Rahmen des Planungsfalles 7.5 raumordnerisch empfohlene Variante 7.5 zugrunde. Diverse Trassenalternativen („Amtstrasse“; Südumfahrung U.........; Variante 1 mit äußerer Querspange; Nullvariante; „Steigwiesentrasse“ und „Bauerntrasse“) sowie Alternativen zur Anschlussstellenplanung wurden erwogen, aber verworfen. Die vorgenommene Abschnittsbildung sei sachgerecht und führe nicht zu einer Zwangspunktbildung. Eine Verletzung zwingender materiellrechtlicher Vorschriften liege nicht vor; die vorgenommenen Eingriffe in Natur und Landschaft seien unvermeidlich. In Bezug auf festgestellte Vorkommen der Bachmuschel sei teilweise bereits kein direkter artenschutzrechtlicher Eingriff anzunehmen; soweit ein Eingriff anzunehmen sei, lägen die Ausnahmevoraussetzungen des § 43 Abs. 8 BNatSchG vor. Demgemäß umfasst der Planfeststellungsbeschluss unter A.III.9. u.a. eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG. Eigentümern und Pächtern landwirtschaftlich genutzter Grundstücke wird unter A.III.1. dem Grunde nach eine angemessene Entschädigung für den durchschnittlichen Ertrag der von ihnen in einem Abstand bis zu 10 m vom äußersten Fahrbandrand angebauten Produkte zuerkannt, soweit diese aufgrund der Schadstoffbelastungen in dem planfestgestellten Abschnitt nicht mehr vermarktungsfähig sind. Hinsichtlich bestimmter Gebäude werden passive Schallschutzmaßnahmen bzw. Außenwohnbereichsentschädigungen festgesetzt (unter A.III.3, 4 , 5 und 6). Gebäude der Kläger finden sich darunter nicht. Unter A.III.8. wird festgestellt, dass die Verlegung des Mühlbaches sowie sonstige Gewässerverlegungen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG als notwendige Folgemaßnahmen von dem Planfeststellungsbeschluss umfasst sind. Unter A.V.3 finden sich gesonderte Nebenbestimmungen zur Landwirtschaft. In Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus) bestimmt A.V.7.8:
11 
„Für unio crassus ist im Hinblick auf die wasserwirtschaftliche Unsicherheit der geplanten Maßnahmen ein Monitoring gemäß den Vorgaben im 4. Teil der Anpassung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrages vorzusehen. Details des Monitorings, welches im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde zu planen ist, bleiben der landschaftspflegerischen Ausführungsplanung vorbehalten. Soweit sich herausstellen sollte, dass einzelne vorgesehene Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeigen, liegen über die Erfassung des Bachmuschelbestandes im Rahmen dieses Planfeststellungsverfahrens sowie über die von H... (2005) getätigte Untersuchung gute Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand im Umfeld sowie zu Fließgewässerstrecken vor. Insbesondere in der von H... durchgeführten Untersuchung werden konkrete Maßnahmenvorschläge benannt, die im Falle eines nicht oder nur eingeschränkten Erfolges der hier vorgesehenen Maßnahmen kurzfristig aufgegriffen und verwirklicht werden können (vgl. H... (2005), S. 7f.)“.
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Unter A.VI. i.V.m. B.X des Planfeststellungsbeschlusses werden die noch offen gebliebenen und nicht anderweitig geregelten Einwendungen u.a. der privaten Einwender und Naturschutzverbände zurückgewiesen. Hierzu gehören auch der Kläger zu 1. (EWNr. 02, S. 220f des Planfeststellungsbeschlusses), der Kläger zu 2 (EWNr. 07, S. 225 des Planfeststellungsbeschlusses) und der Kläger zu 3 (EWNr. 03, S. 222f des Planfeststellungsbeschlusses).
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Am 21.08.2008 haben sämtliche Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az: 5 S 2358/08) beantragt. Zur Begründung ihrer Klage führen sie im Wesentlichen aus: Die Planfeststellungsbehörde habe ihrer Entscheidung den Planungsfall 7.5 des raumordnerischen Verfahrens zugrunde gelegt, dessen Verwirklichung aber an unüberwindlichen rechtlichen Hürden scheitere: Die im Planungsfall 7.5 vorgesehenen Umfahrungen Markdorf und L........ (K 7743 neu) verstießen gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der planenden Verwaltung, da diese Umfahrungen nach ihrer Verkehrsfunktion Aufgaben einer Bundes- bzw. Landesstraße übernehmen sollten. Über die geplanten Umfahrungen C.........., Markdorf und L........ als notwendige Folgemaßnahmen eines Ausbaus der B 31 (neu) hätte zudem - unter Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung - im Planfeststellungsbeschluss entschieden werden müssen, was unterblieben sei. Zudem sei die dem Planfeststellungsverfahren zugrunde liegende Verkehrsprognose des Gutachtens von Mx-... ... fehlerhaft und leide an einer Vielzahl methodischer Mängel: Das Untersuchungsgebiet sei zu klein und eine Verkehrsbefragung unterblieben; der Verkehrsanalyse 2005 lägen zu hohe Belastungen insbesondere der B 31 (alt) zugrunde; der Verkehrszuwachs bezogen auf 2020 sei deutlich zu hoch angesetzt; großräumige Verkehrsverlagerungen seien nicht berücksichtigt. Dies alles führe dazu, dass die Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 und die Entlastungswirkung des geplanten Vorhabens jeweils zu hoch angesetzt worden seien. Zudem stehe spätestens seit der Mitteilung der Landesregierung zur Priorisierung von Straßenbauprojekten vom 22.06.2007 fest, dass der Planungsfall 7.5 in seinen wesentlichen Teilen erst nach 2025 realisiert werden könne. Auch werde es im Jahr 2020 keinen zweibahnigen Riedleparktunnel geben mit der Konsequenz, dass der durch das Vorhaben in die Stadt G......... hineingeleitete Verkehr dort katastrophale Folgen haben werde. Zu Unrecht sei eine Untersuchung des Planungsfalls ohne Ausbau des Riedleparktunnels unterblieben. Fehlerhaft sei auch die Planung der erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft auslösenden Anschlussstellen. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde eine Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... als mit dem Planungskonzept unvereinbar abgelehnt. Entgegen ihrer Auffassung dränge sich auf, die bereits bestehende K 7742 - unter Verzicht auf die Anschlussstelle L......../T........ - an die B 31 (neu) anzuschließen. Zur Netzergänzung seien dann weder der Neubau der L 207 bzw. K 7743 noch die Umfahrung von U......... notwendig, deren Realisierung jeweils nicht absehbar sei. Insgesamt bestehe die Gefahr, dass die 4-spurige B 31 (neu) zwischen J........... und G......... ein Planungstorso bleibe. Auch bei isolierter Betrachtung sei die Maßnahme planerisch nicht gerechtfertigt, die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus jedenfalls bis zur Verwirklichung des Gesamtkonzepts nicht begründet. Alternativ kämen eine 2-3-spurige Lösung sowie eine längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau in Betracht. Der Planfeststellungsbeschluss sei auch mit Blick darauf abwägungsfehlerhaft, dass die Planung der Anschlussstelle L......../T........ zu einer erheblichen Verkehrszunahme und gesundheitsschädigenden Lärmimmissionen in den Ortsdurchfahrten L........, T........ und Lipbach führe. Diese Folgen entfielen nur beim Bau entsprechender Ortsumfahrungen (L 207/K 7743 neu), die im Planungsfall 7.5 zwar enthalten, aber nicht wie erforderlich zugleich mit der B 31 (neu) planfestgestellt würden. Die Planung beschwöre damit Konflikte herauf ohne sie - entsprechend dem Gebot der Konfliktbewältigung - zu lösen. Die von der Planfeststellungsbehörde auch schon vorläufig - ohne den Bau der genannten Ortsumfahrungen - erwartete Entlastung der Ortsdurchfahrten T........, U......... und L........ durch die geplante Anschlussstelle werde nicht eintreten. Diese Anschlussstelle stelle andererseits einen Zwangspunkt für den Neubau der L 207/K 7743 (neu) dar. Die Planfeststellungsbehörde verneine dies zwar mit Blick auf die theoretische Möglichkeit eines Verzichts auf diesen Neubau und die ersatzweise Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) über eine Anschlussstelle bei U.......... Dann aber stehe die Planrechtfertigung für die geplante Anschlussstelle L......../T........ in Frage.
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Der Planfeststellungsbeschluss sei auch in Bezug auf die drohende Existenzgefährdung der Kläger abwägungsfehlerhaft. Beim Kläger zu 2 habe die Planfeststellungsbehörde zwar die Existenzgefährdung als wahr unterstellt, hierbei aber das Ausmaß seiner Beeinträchtigung nicht hinreichend erfasst. Die von ihm erzielten und zukünftig geminderten Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien überhaupt nicht, die Ertragslage der Landwirtschaft fehlerhaft berücksichtigt worden. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei obstbaulich ungeeignet und behebe die Existenzgefährdung nicht. Beim Kläger zu 3 habe die Planfeststellungsbehörde zu Unrecht bereits aktuell eine Existenzgefährdung angenommen und eine Kausalität des Vorhabens hierfür verneint. Die Existenzfähigkeit seines Betriebs habe der Kläger zu 3 bereits dadurch unter Beweis gestellt, dass er ihn seit Jahren in der jetzigen Form führe. Allerdings führe die vorhabenbedingte Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken zu einer Existenzgefährdung. Schließlich habe die Planfeststellungsbehörde auch beim Kläger zu 1 zu Unrecht eine planfeststellungsbedingte Existenzgefährdung mit Hinweis darauf verneint, dass er bisher verpachtete Betriebsflächen wieder in Eigennutzung nehmen könne. Eine kurzfristige Kündigung der Pachtverträge sei nicht möglich, außerdem fehle in diesem Fall der Pachtzins zur teilweisen Existenzsicherung. Die angebotenen Ersatzflächen seien weder als Obstbaufläche noch als Ackerland geeignet und damit für den Kläger zu 1 nicht brauchbar. Die zukünftigen Beeinträchtigungen der Pferdepension und die vorhabenbedingt notwendige Neuanschaffung im Straßenverkehr zugelassener Landmaschinen seien überhaupt nicht berücksichtigt worden. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch gegen Vorschriften des Artenschutzrechts. Im Lipbach, im Mühlbach und in der Brunnisach komme die Bachmuschel (unio crassus) vor, eine streng geschützte und durch Verschmutzungen des Gewässers bzw. Veränderungen des Bachbetts bedrohte heimische Muschelart. Nördlich von H........ überquere das planfestgestellte Vorhaben die Brunnisach. Zu Unrecht gehe die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass insoweit ein direkter Eingriff unterbleibe. Denn die Errichtung der geplanten zwei Brücken sei ohne Eingriff nicht möglich, auch greife die planfestgestellte Straße direkt in den Uferbereich ein. Schließlich komme es baubedingt zu Stoffeinträgen in den Bach und damit zu einer Minderung der Habitatfunktion. Ein Eingriff i.S.v. § 42 Abs. 1 BNatSchG liege jedenfalls vor. Die von dem Beklagten vorgesehenen Schutzmaßnahmen seien unzureichend. In Bezug auf die Bachmuschelbestände im Mühlbach komme es durch die geplante Verlegung des Baches auf einer Strecke von 460 m zu direkten, wegen des baubedingten Eintrags von Schwebstoffen aber auch zu indirekten Eingriffen. Letztere habe die Planfeststellungsbehörde aber gar nicht weiter geprüft. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme vom Eingriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen. Die Ausnahmevoraussetzungen fehlten schon deshalb, weil zumutbare Alternativen zum planfestgestellten Vorhaben bestünden. So sei die - einen Eingriff in Bachmuschelbestände bewirkende - Errichtung der Anschlussstelle U......... nicht erforderlich, auch kämen als zumutbare Alternativen eine Zusammenlegung der Anschlussstellen U......... und L......../T........ sowie ein nur zweispuriger Ausbau der Strecke in Betracht. Mit Blick auf den Artenschutz seien grundsätzlich auch Abstriche am Grad der Zielerfüllung in Kauf zu nehmen. Unzumutbar sei eine Alternative nur dann, wenn die vom Vorhabensträger beabsichtigten Ziele überhaupt nicht mehr erreicht werden könnten. Dies sei nicht der Fall. Auch die Ausnahmevoraussetzung der (fehlenden) Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der Bachmuschel liege nicht vor. Die Bachmuschel gehöre zu den vom Aussterben bedrohten Arten, wobei das Verbreitungsgebiet im Bodenseeraum - und hier im Mühlbach und in der Brunnisach - zu den bundesweit bedeutendsten Vorkommen zähle. Die Art habe deshalb von vornherein keinen günstigen Erhaltungszustand. Vorhabenbedingt werde es zu einer weiteren Verschlechterung des Erhaltungszustands dieser Population kommen. Die Wirksamkeit der von der Planfeststellungsbehörde zur Sicherung des Erhaltungszustands angeordneten Maßnahmen (Umsiedlung der Bestände im Bereich der Anschlussstelle U......... in den Oberlauf des Mühlbachs, Wiederbesetzung nach erfolgter Verlegung des Mühlbachs, Wiederansiedlung im Appenweiler Mühlbach) sei höchst zweifelhaft. Die Umsiedlung erfasse zwangsläufig nur wenige Tiere, sei praktisch kaum durchführbar und stelle zudem keine fachlich erprobte und anerkannte Maßnahme dar. So seien z.B. entsprechende Versuche einer Wiederansiedlung im Kanton Zürich nicht geglückt. Die im Planfeststellungsbeschluss angesprochenen Erfahrungen mit Notumsiedlungen seien weder belegt noch nachvollziehbar. Das angeordnete Monitoring täusche nicht darüber hinweg, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsiedlung bzw. Wiederansiedelung nicht geprüft worden seien. Schließlich fehle es an den Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb, weil angesichts der aufgezeigten Planalternativen kein zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG vorliege. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße schließlich auch gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts (§ 38 NatSchG BW), denn das Vorhaben führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des potentiellen FFH-Gebiets „Mühlbach“ östlich von U........., wo sich vermutlich mehr als 50 % der Bachmuschelbestände im Alpenvorraum und mindestens 15 % der Bachmuschelpopulation in Südwürttemberg befänden. Dieses Gebiet sei vom Land Baden-Württemberg bzw. der Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht nicht als Gebiet von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung an die Europäische Kommission gemeldet worden; aufgrund seiner ökologischen Bedeutung im Zusammenhang mit dem Vorkommen der Bachmuschel, die sich auch aus den Planfeststellungsunterlagen (FFH-Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002) ergebe, unterliege das genannte Gebiet aber dennoch dem europarechtlichen Schutzregime, das jedenfalls zur Erhaltung der maßgeblichen ökologischen Merkmale des Gebiets verpflichte. Dies habe die Planfeststellungsbehörde vollständig verkannt. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen stellten nicht den erforderlichen Kohärenzausgleich im Sinne des Habitatschutzrechts sicher.
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Die Kläger beantragen,
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den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27. Juni 2008 zur Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... (BAB II B J...........-X........... K 7739) aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klagen abzuweisen.
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Zur Begründung führt er zunächst aus, die Voraussetzungen der Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO lägen im Verhältnis der Kläger zu 1 bis 3 einerseits und zum Kläger zu 4 andererseits nicht vor, weil dieser - anders als jene - nicht im Wege der enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffen sei und keine subjektiven Rechte, sondern eine objektive Überprüfung auf der Basis eines Verbandsklagerechts geltend mache. Es fehle daher an der Gleichartigkeit der jeweils geltend gemachten Ansprüche. Im Übrigen sei der Vortrag der Kläger zu 1 bis 4 in unterschiedlichem, teilweise erheblichem Umfang präkludiert. Unabhängig davon verteidigt der Beklagte die angefochtene Entscheidung in der Sache. Die Klage der Kläger zu 1 bis 3 sei von vornherein insoweit unbegründet, als sie sich auf die öffentliche Belange „Naturschutz“, „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ und „Zwangspunkt“ nicht berufen könnten. Denn selbst bei Beachtung dieser Belange wären sie weiterhin in ihrem Grundeigentum betroffen. Entgegen der Klagebegründung verstoße die Planung nicht gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung. Die Frage der straßenrechtlichen Einstufung der Umfahrung Markdorf (K 7743 neu) sei nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Die K 7743 (neu) habe auch nicht als notwendige Folgemaßnahme mit planfestgestellt werden müssen, weil der Bau der B 31 (neu) auch ohne die übrigen Bestandteile des Planungsfalls 7.5 notwendig und planerisch gerechtfertigt sei. Aus diesem Grund habe für Netzverbindungen auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Bei der Planung sei nicht verkannt worden, dass das Bauvorhaben in erheblichem Maß Flächen in Anspruch nehme und Eingriffe in Natur und Landschaft bewirke; dies sei zur Bewältigung der prognostizierten Verkehrsmengen im Interesse der angestrebten Bündelung des Verkehrs und der Entlastung des Stadtbereichs von G......... und seiner Ortsteile aber hinzunehmen. Alternativtrassen seien erwogen, aber zu Recht nicht weiter verfolgt worden. Auch ein vierstreifiger Ausbau der B 31 (neu) sei nach der von M... ... ermittelten und hochgerechneten Verkehrsbelastung erforderlich. Die in der Klage gegen dieses Gutachten vorgetragenen Kritikpunkte gingen allesamt fehl und übersähen, dass mithilfe einer Verkehrsuntersuchung kein zu 100 % stimmiges Modell, sondern eine belastbare Aussage zur Größenordnung getroffen werden solle. Insoweit erfasse das Gutachten M... ... die Verkehrsbelastung zutreffend. Auch die Einwendungen der Kläger gegen den zugrunde gelegten Prognosehorizont 2020 seien nicht stichhaltig. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Planungsfall 7.5 im Jahre 2020 (teilweise) verwirklicht sei. Für die Umfahrung C.......... (L 205 neu) lägen bereits konkrete Planungen vor; für die K 7743 (neu) solle das Planfeststellungsverfahren noch in 2009 eingeleitet werden. Auch aus der erwähnten Mitteilung der Landesregierung lasse sich für eine fehlende Realisierung der einzelnen Maßnahmen nichts ableiten. Jedenfalls sei mit einer auch für sich genommen planerisch gerechtfertigten Realisierung der B 31 (neu) bis 2020 zu rechnen. Auf den von den Klägern problematisierten Ausbau des Riedleparktunnels komme es nicht an, da die Baumaßnahme auch ohne eine Tunnelerweiterung verkehrlich wirksam und planerisch gerechtfertigt sei. Zudem sei der im vordringlichen Bedarf des Bundes ausgewiesene Tunnel auch mit den Folgewirkungen der B 31 (neu) ausreichend leistungsfähig. Entgegen der Auffassung der Kläger sei der für die Planung gewählte Prognosehorizont 2020 nicht zu beanstanden, der von ihnen verlangte Prognosehorizont 2035 hingegen nicht darstellbar. Auch die Kritikpunkte gegen die Analyse der Leistungsfähigkeit des Anschlusses D........straße und der Ortsdurchfahrten L........ bzw. Hagnau gingen fehl. Die Planung hinsichtlich der Anschlussstellen L......../T........ und U......... sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese erfüllten ihre Verkehrsfunktion unabhängig davon, ob die K 7743 (neu) gebaut werde oder nicht. Von einer Präjudizierung der Planung der Zubringer könne keine Rede sein. Die von den Klägern problematisierte Entlastung der Ortsdurchfahrt L........ sei nicht Gegenstand des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens. Ein Verzicht auf eine der Anschlussstellen bzw. eine Zusammenlegung sei erwogen, aber u.a. aus naturschutzrechtlichen Gründen verworfen worden. Auch ein Ausbau der K 7742 sei erwogen worden, aber weder unter verkehrlichen noch unter naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten als besser zu bewerten.
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Ein Abwägungsmangel bestehe auch nicht in Bezug auf die geltend gemachten Existenzgefährdungen der Kläger zu 1 bis 3. Beim Kläger zu 2 seien die Erträge aus der Landwirtschaft fachgerecht ermittelt worden; Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien von ihm aber nie behauptet worden und tauchten auch in den Buchabschlüssen nicht auf. Ferienwohnungen seien auch baurechtlich nicht genehmigt. Außerdem liege die Hofstelle 221 m von der geplanten Trasse entfernt; die nach der 16. BImSchV zulässigen Lärmgrenzwerte seien weit unterschritten. Es sei nicht erkennbar, inwiefern der Kläger zu 2 infolge der Wahrunterstellung seiner Existenzgefährdung durch den Planfeststellungsbeschluss belastet sein könnte. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei jedenfalls geeignet, eine Existenzgefährdung auszuschließen. Nach Stellungnahmen der Landwirtschaftsbehörden seien sie für den Obstbau geeignet. Der Betrieb des Klägers zu 3 sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt existenzgefährdet. Dies sei nach zwar betriebsbezogenen, aber objektiven Kriterien zu beurteilen; auf eine etwaige sehr genügsame Lebensweise des Klägers zu 3 komme es nicht an. Auch der Betrieb des Klägers zu 1 sei bereits im jetzigen Zeitpunkt als existenzgefährdet zu beurteilen und nicht erst durch das Vorhaben bedroht. Da aber ein Grenzfall vorliege, habe man eine durch das Planfeststellungsvorhaben ausgelöste Existenzgefährdung unterstellt und ein Ersatzlandangebot an den Kläger so aufgebaut, dass die in Anspruch genommenen Flächen entsprechend ihrer Nutzung als Obstbau- und Grünflächen ungefähr flächengleich ersetzt würden. Bezüglich der Pensionspferdehaltung sei nicht feststellbar, dass die planfestgestellte Maßnahmen zu Mindereinnahmen führe. Die Ausrittmöglichkeiten blieben ungeschmälert; Ferienwohnungen auf dem Hof seien aktuell noch nicht vorhanden. Der Kläger zu 1 sei auch nicht vorhabenbedingt gezwungen, im Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge zu erwerben, da er auch bereits bisher von ihm bewirtschaftete Flächen nur auf öffentlichen Verkehrswegen erreichen könne. Entgegen der Auffassung der Kläger liege auch kein Abwägungsfehler in Bezug auf die Anschlussstelle L......../T........ im Zusammenhang mit den Verkehrslärmbelästigungen in der Ortsdurchfahrt L........ vor. Unter A.III.5 des Planfeststellungsbeschlusses werde betroffenen Eigentümern ein Anspruch für passiven Lärmschutz zuerkannt, auch sei ausreichend gewährleistet, dass es zu keinen lärmbedingten Gesundheitsgefährdungen im Bereich der Ortsdurchfahrt komme. Eine Mehrbelastung der Anwohner in der Ortsdurchfahrt werde zumindest bis zum Neubau einer Ortsumfahrung in Kauf genommen; die Kläger irrten, wenn sie davon ausgingen, dass die Anschlussstelle der Entlastung der Ortsdurchfahrt diene. Sie diene vielmehr dazu, den Verkehr auf der B 31 neu zu bündeln. Daher sei die vorläufige Hinnahme einer Mehrbelastung nicht abwägungsfehlerhaft, zumal aufgrund der Bündelungsfunktion der Anschlussstelle im nachgeordneten Netz eine Entlastung eintrete und sich die Frage der Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, L........ und Lipbach aufgrund der im Prognosenullfall erwarteten Verkehrsbelastung von 24.000 Kfz/24h auch ohne einen Neubau der B 31 (neu) stelle. Die Anschlussstelle L......../T........ stelle auch keinen Zwangspunkt für einen Neubau der K 7743 entlang der Bahnlinie Markdorf-G......... dar. Der Hinweis im Planfeststellungsbeschluss, dass die Zuführung des Verkehrs aus Richtung Markdorf auch über die K 7742 an einer dritten Anschlussstelle erfolgen könne, diene nur der Verdeutlichung, dass es für eine Entlastung der betroffenen Ortsdurchfahrten auch Alternativen gebe. Darüber habe jedoch im Planfeststellungsbeschluss für die B 31 (neu) nicht entschieden werden müssen. Auch im Falle einer dritten Anschlussstelle an die B 31 (neu) zur Anbindung der K 7742 werde die Anschlussstelle L......../T........ jedenfalls nicht überflüssig. Der Planfeststellungsbeschluss leide auch im Hinblick auf das Artenschutzrecht an keinem Mangel. Soweit sich das Vorbringen des Klägers zu 4 auf die Brunnisach beziehe, sei er damit bereits präkludiert. Unabhängig davon sei bei der Brunnisach lediglich eine potentielle Gefährdung der Bachmuschelbestände aufgrund baubedingter Beeinträchtigungen anzunehmen, die durch die vorgesehenen Schutzmaßnahmen (Spritzschutz auf der Brücke zur Verhinderung diffuser Einträge, Fachbauleitung zur Koordination und Überwachung von Schutzmaßnahmen während der Bauphase) aber vermieden werden sollten. Ein direkter Eingriff in das Bachbett der Brunnisach erfolge nicht. Zudem sei nur ein in geringer Dichte von der Bachmuschel besiedelter kurzer Abschnitt der Brunnisach potentiell betroffen. Hinsichtlich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach seien nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Einwirkungen durch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge während der Bauphase gesehen und gewürdigt worden. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme von dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG lägen vor. Es fehle an einer zumutbaren Alternative. Die Möglichkeit sog. „holländischer Rampen“ komme ebensowenig in Betracht wie eine kleinräumige Verlegung der Anschlussstelle, weil auch dadurch Eingriffe in die Bachmuschelbestände bzw. in den Mühlbach nicht ausgeschlossen werden könnten. Ein Verzicht auf die Anschlussstelle komme nicht in Betracht, weil dann in unzumutbarem Maß Abstriche am Zielerfüllungsgrad der mit dem Vorhaben bezweckten Planung (Bündelung des Verkehrs und Entlastung des Umlands) in Kauf genommen werden müssten. Außerdem müsse der Mühlbach auch ohne die Anschlussstelle U......... auf ca. 200 m Länge verlegt werden. Aus diesem Grund sei auch die Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... keine Alternative. Ein nur zweistreifiger Ausbau der B 31 (neu) komme ebenfalls nicht in Betracht, weil dann die mit der Planung verfolgte Zielsetzung nicht mehr realisiert werden könne. Entgegen dem Klagevorbringen werde der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel infolge der Maßnahme nicht verschlechtert. Die von der Verlegung des Mühlbachs betroffenen Bestände (3,8 % der erfassten lebenden Tiere, über 90 % hiervon würden von der Verlegung nicht betroffen) würden umgesiedelt; die verlegten Teile würden nach Abschluss der Baumaßnahme wieder besetzt. Zusätzlich werde die Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach wieder angesiedelt; eine Wiederansiedlung sei entgegen der Auffassung der Kläger auch erfolgversprechend. Insgesamt sei festzustellen, dass sich der größte Teil des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach oberhalb der Neubaustrecke befinde; mit einem spürbaren vorhabenbedingten Verlust an Beständen sei deshalb nicht zu rechnen. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch nicht gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts. Ein potentielles FFH-Gebiet am Mühlbach bestehe nicht. Zwar sei der streitgegenständliche Bereich im Rahmen der im September 2002 durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfung rein vorsorglich als zur Übernahme in die Natura-2000-Kulisse geeignetes Gebiet betrachtet worden. Mittlerweile sei das Meldeverfahren aber - ohne diesen Gebietsabschnitt - abgeschlossen und habe die EU-Kommission keinen Nachmeldebedarf festgestellt. Die Frage sei deshalb, ob die Gerichte überhaupt noch befugt seien, die Gebietsabgrenzung im Hinblick auf FFH-Gebiete zu prüfen. Weder der FFH-Richtlinie noch der Rechtsprechung des EuGH lasse sich entnehmen, dass bereits gemeldete FFH-Gebiete fortlaufend ergänzt oder angepasst werden müssten. Selbst dann, wenn das betroffene Gebiet aber als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei, stehe es dem planfestgestellten Vorhaben nicht entgegen. Die Ergebnisse der artenschutzrechtlichen Prüfung zu §§ 42 und 43 BNatSchG könnten auf die habitatschutzrechtliche Prüfung nach § 38 NatSchG BW übertragen werden. Von etwaigen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets i.S.v. § 38 Abs. 2 NatSchG BW könne gem. § 38 Abs. 3 NatSchG BW eine habitatschutzrechtliche Ausnahme erteilt werden. Soweit die Kläger schließlich noch Lärmbetroffenheit gelten machten, sei ihr Vortrag unsubstantiiert. Weder bei den Klägern zu 1 noch bei den Klägern zu 2 und 3 komme es direkt oder mittelbar zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen; beim Kläger zu 3 würden sogar die Lärmgrenzwerte für allgemeine Wohngebiete eingehalten.
21 
Dem Senat liegen die einschlägigen umfangreichen Planungsakten des Regierungspräsidiums vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten (im Übrigen) Bezug genommen. Zudem wird auf das Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (5 S 2358/08) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
68 
(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
70 
(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
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(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
77 
(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
68 
(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
70 
(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
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(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
77 
(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

91

Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

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Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

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Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

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b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

Gründe

1

Die auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde kann keinen Erfolg haben.

2

1. Die Grundsatzrügen dringen nicht durch.

3

a) Die Fragen,

"Ist die in einem Planfeststellungsbeschluss enthaltene artenschutzrechtliche Ausnahmezulassung mit dem Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. dem Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) nach § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 vereinbar, wenn die Anzahl der im Trassenbereich tatsächlich vorhandenen Exemplare einer streng bzw. besonders geschützten Art erheblich - vorliegend um den Faktor 20 - unterschätzt wurde?

Wenn nein: Hat ein Verstoß der zuständigen Behörde gegen das Gebot einer ausreichenden Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume bzw. das Gebot einer Ermittlung von Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie ihrer Lebensstätten im Planbereich (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008, 9 A 14/07, Rn. 54) notwendig die Rechtswidrigkeit der erteilten artenschutzrechtlichen Ausnahme zur Folge oder kann der Verstoß durch eine eigenständige gerichtliche Prüfung der Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 geheilt werden?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

4

Hinsichtlich der ersten Frage ist ein Klärungsbedarf nicht erkennbar. Der Verwaltungsgerichtshof hat die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Bestandsaufnahme auch für den Fall als fachlich vertretbar angesehen, dass der Bestand der Bachmuscheln im Mühlbach unterschätzt wurde. Intensität und Tragweite einer artenschutzrechtlichen Beeinträchtigung dieser Bachmuscheln könnten mit Blick auf die geplante Umsiedlungsmaßnahme auch ohne eine erschöpfende Ermittlung der Population hinreichend sicher erfasst werden. Danach sollten die von der Verlegung des Mühlbachs auf einem 460 m langen Abschnitt betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in den Oberlauf des Mühlbachs umgesetzt werden. Diese Maßnahme sei nach Auffassung sowohl des Gutachters der Klägerseite als auch des Beklagten durchführbar, ohne dass es auf die Anzahl der umzusetzenden Exemplare ankomme und ohne dass einzelne Exemplare der Bachmuschel in nennenswertem Umfang getötet oder verletzt würden. Auch sollten sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden, was auch für den Fall möglich sei, dass ihre Anzahl zunächst unterschätzt worden sei. Die bereits im Oberlauf des Mühlbachs lebenden Bachmuscheln träten auch nicht in Konkurrenz mit den umgesetzten Exemplaren, weil die Muscheln jeweils "ihre Nische" suchten (UA S. 26 f., 60 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, weshalb es ungeachtet dieser tatsächlichen Feststellungen geboten sein sollte, die Anzahl der umzusetzenden Exemplare möglichst exakt zu erfassen. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs machen im Übrigen deutlich, dass es von den Umständen des Einzelfalles abhängt, welche Anforderungen an eine "ausreichende" Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Tierarten und ihrer Lebensräume (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 54) zu stellen sind. Die aufgeworfene Frage kann daher in einem Revisionsverfahren nicht fallübergreifend geklärt werden.

5

Die zweite Frage ist so formuliert ("wenn nein"), dass sie nicht selbständig, sondern nur dann zum Zuge kommt, wenn die erste Frage in einem Revisionsverfahren - negativ - zu beantworten ist. Das ist nicht der Fall.

6

b) Die weitere Frage,

"Kann eine artenschutzrechtliche Ausnahme bei Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art schon dann gemäß § 43 Abs. 8 S. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zugelassen werden, wenn vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabensbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art nicht bestehen, darüber hinaus "außergewöhnliche Umstände" im Sinne des Urteils des EuGH vom 14.06.2007, C-342/05, Rn. 29 aber nicht festgestellt werden?"

bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren und auch keiner Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV.

7

Dies gilt allerdings nicht mit Blick auf die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Randnummer 29 des Urteils des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs (Slg. 2007, I - 4713 ff.), die wie folgt lautet:

"Bei dieser Sachlage sind solche Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können."

8

Bei dieser Formulierung spricht entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs einiges dafür, dass das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustandes der Populationen der betroffenen Art darstellt. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, wenn die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides kann jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig verneint werden. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

9

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler, worauf der Beklagte in seiner Erwiderung zu Recht hingewiesen hat. Sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 in zweifacher Weise, nämlich zum Einen, indem sie den Schluss nahe legt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes seien nur alternativ einzuhalten, und zum Anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu. Davon ist im Ergebnis zu Recht auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen.

10

c) Hinsichtlich der Frage,

"Ist es zulässig, eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen einer Art im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 zu verneinen bzw. ein Verweilen in einem günstigen Erhaltungszustand im Sinne des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL zu bejahen,

wenn

- sich die Populationen dieser Art bundesweit in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinden,

- das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen (§ 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG 2007) mangels weiterreichender generativer oder vegetativer Vermehrungsbeziehungen (vgl. BVerwG, Urt. v. 16.03.2006, 4 A 1075/04, Rn. 571) nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht

Und

- dieses Verbreitungsgebiet vorhabensbedingt erheblich - vorliegend um etwa 30% - verkleinert wird, ohne dass kurz- oder mittelfristig - vorliegend nicht vor Ablauf von 30 Jahren - eine quantitativ und qualitativ gleichwertige Wiederbesiedlung neu geschaffener Habitate zu erwarten wäre?"

ist ein Klärungsbedarf nicht hinreichend dargetan. In rechtlicher Hinsicht ist geklärt, dass der Verlust eines lokalen Reviers nicht gleichbedeutend ist mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art. Dass einzelne Siedlungsräume im Zuge der Verwirklichung eines Vorhabens verloren gehen, schließt nicht aus, dass die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn geeignete Ausweichhabitate orts- und zeitnah in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestellt werden (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572 f.). Hiervon ist auch der Verwaltungsgerichtshof ausgegangen (UA S. 63 f.) und hat im Einzelnen ausgeführt, weshalb die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von etwa 460 m infolge der geplanten Maßnahme zur Umsiedlung der davon betroffenen Bachmuscheln keine nennenswerten Verluste zur Folge haben wird (UA S. 26 f., 60 f.). Für die Frage des Erhaltungszustands der Population sei deshalb unerheblich, ob das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt werde, ob es mindestens 30 Jahre dauere, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschelpopulation der Größe und Qualität entwickeln werde, wie sie vor der Verlegung bestanden habe, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs überhaupt möglich sei und ob die geplanten Wiederansiedlungsversuche im Appenweiler Mühlbach gelingen könnten (UA S. 64 f.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, dass und weshalb mit Blick auf diese tatsächlichen Feststellungen Anlass zur Fortentwicklung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehen sollte. Im Übrigen macht der vorliegende Fall deutlich, dass keine generelle Grenze angegeben werden kann, ab der ein Verlust lokaler Siedlungsräume mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Art einhergeht. Diese Frage kann vielmehr nur artspezifisch und bezogen auf die besonderen Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Soweit sich die aufgeworfene Frage darauf bezieht, dass "das Verbreitungsgebiet der von dem Vorhaben betroffenen Populationen ... nicht wesentlich über das Plangebiet hinausreicht", ist sie außerdem nicht entscheidungserheblich, weil sich dem angegriffenen Urteil eine solche Feststellung nicht entnehmen lässt.

11

d) Auch die Fragen,

"Ist nach Ergehen der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL noch möglich?

Wenn ja: Kommt es zur Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Gebiet gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 1 S. 4 und Art. 3 Abs. 1 sowie i.V.m. Erwägungsgrund 9 FFH-RL als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist, auf den subjektiven Kenntnisstand der zuständigen Fachbehörden zum Zeitpunkt der letzten Nachmeldung an die Europäische Kommission oder auf die objektive Ausstattung des Gebiets mit Arten und/oder Lebensraumtypen zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der angegriffenen Verwaltungsentscheidung maßgeblichen Zeitpunkt an?

Wenn letzteres: Liegt eine ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets (EuGH, Urt. v. 14.09.2006, C-244/05, Rn. 46) erst dann vor, wenn die Meldung des betreffenden Gebiets an die Europäische Kommission ohne Einbeziehung der vorhabensbedingt beeinträchtigten Teilfläche vereitelt würde? Oder genügt für eine solche ernsthafte Beeinträchtigung der ökologischen Merkmale eines potentiellen FFH-Gebiets schon eine erhebliche Verringerung der Fläche des Habitats der die Meldewürdigkeit begründenden Art?"

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision.

12

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Der Verwaltungsgerichtshof hat die angegriffene Entscheidung nicht allein auf die Feststellung gestützt, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist und nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen (UA S. 69 ff.). Er hat daneben unterstellt, dass insoweit ein potentielles FFH-Gebiet vorliegt, aber eine Verletzung von FFH-Recht gleichwohl verneint, weil die Verlegung des Mühlbachs auf einer Länge von 460 m die Schutzwürdigkeit des Gebiets nicht derart beeinträchtigt, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet vereitelt wird (UA S. 78 f.). Damit hängt der Ausgang des Rechtsstreits nicht von der Beantwortung der Frage ab, ob die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets noch möglich ist. Dasselbe gilt für die zweite Frage, die auf eine Klärung bestimmter Voraussetzungen für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets zielt.

13

Die dritte Frage, die sich auf die für den Schutz potentieller FFH-Gebiete geltenden Maßstäbe bezieht, wurde ausdrücklich nur für den Fall gestellt, dass die ersten beiden Fragen in einem Revisionsverfahren zu klären sind. Das ist nicht der Fall. Sie dringt indes auch dann nicht durch, wenn im Hinblick auf die weitere Beschwerdebegründung (S. 41) von einer "alternativ formulierten" Frage ausgegangen wird. Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Rückgriff auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156 f.>, vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <257> und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <104>) angenommen, dass potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre unterliegen, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebiete das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liege, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt würden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kämen; dies sei nur dann der Fall, wenn der Schutz eines FFH-Gebietes als Ganzes ohne Einbeziehung der streitigen Teilfläche vereitelt würde. Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde durch die jüngere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht "unmittelbar berührt", weil diese sich nur auf bereits gemeldete Gebiete beziehe. Ausgehend davon hat der Verwaltungsgerichtshof angenommen, dass eine Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet durch die Verlegung eines nur 460 m langen Bachabschnitts nicht vereitelt werde; denn auch nach den Angaben des Gutachters der Kläger betrage der Anteil der von dem Vorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln im Mühlbach (mindestens) 70% (UA S. 78 f.).

14

Mit diesen Erwägungen setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend auseinander (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie macht geltend, der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften habe in den Urteilen vom 13. Januar 2005 (Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I - 167) und vom 14. September 2006 (Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I - 8445) abweichend von der vom Verwaltungsgerichtshof in Bezug genommenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet seien, Schutzmaßnahmen zur Wahrung der ökologischen Bedeutung potentieller FFH-Gebiete zu ergreifen, bzw. keine Eingriffe zulassen dürften, die die ökologischen Merkmale solcher Gebiete "ernsthaft beeinträchtigen" könnten. Dieses Vorbringen übersieht jedoch, dass der Verwaltungsgerichtshof die Aussagen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Urteil vom 13. Januar 2005 für den vorliegenden Fall als nicht maßgeblich erachtet hat, weil sie ein bereits gemeldetes Gebiet betrafen, während der Mühlbach nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei; für die Fälle noch nicht gemeldeter potentieller FFH-Gebiete ohne prioritäre Lebensraumtypen oder Arten sei daher nach wie vor von der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auszugehen. Die Beschwerde legt nicht dar, dass dieser rechtliche Ansatz zweifelhaft sein könnte. Sie rügt zwar, dass der Verwaltungsgerichtshof insoweit das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. September 2006 nicht berücksichtigt habe, lässt dabei jedoch außer Acht, dass auch dieses Urteil bereits gemeldete potentielle FFH-Gebiete betrifft (a.a.O. Rn. 21, 23) und das Gericht seine Aussagen zum Schutzniveau ausdrücklich auf solche Gebiete bezieht (a.a.O. Rn. 44 ff.). Die Beschwerde zeigt nicht auf, welche Gründe dafür sprechen könnten, diese Aussagen entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs auf potentielle FFH-Gebiete zu übertragen, die - wie hier - noch nicht gemeldet wurden.

15

e) Nicht durchzudringen vermag schließlich auch die auf folgende Fragen bezogene Grundsatzrüge:

"Kann eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann auf der Grundlage von § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alternative 1 BNatSchG 2007 ("im Interesse der Gesundheit des Menschen") zugelassen werden, wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient?

Folgt aus Art. 20a GG zumindest so lange ein Überwiegen der artenschutzrechtlichen Belange in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007, wie das Vorhaben nicht seinerseits dem Schutz verfassungsrechtlich geschützter Güter dient, namentlich eine verfassungsrechtlich relevante Beeinträchtigung des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG durch die bisherige Verkehrssituation ausschließen soll?

Ist es zulässig, im Rahmen der Interessenabwägung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 zugunsten des Vorhabens zu berücksichtigen, dass in dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss Maßnahmen zur Sicherung des Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art festgesetzt wurden?"

16

Die erste Frage ist nicht entscheidungserheblich. Zum einen hat der Verwaltungsgerichtshof die Erteilung einer Ausnahme nicht allein auf der Grundlage des § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 für zulässig erachtet, sondern angenommen, dass die Ausnahmeentscheidung auch nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 tragfähig ist (UA S. 32 f.). Zum anderen ist der Verwaltungsgerichtshof weder ausdrücklich noch sinngemäß davon ausgegangen, dass eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen auch dann nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 Alt. 1 BNatSchG 2007 zugelassen werden kann, "wenn nicht konkret dargelegt wird, in welcher Weise ein Vorhaben dem Schutz der menschlichen Gesundheit dient". Er hat vielmehr eine hinreichende Darlegung durch den Beklagten angenommen und insoweit ausgeführt, dass die Lärm- und Schadstoffbelastung dadurch reduziert werde, dass umfangreiche Stadtbezirke von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen entlastet würden. Zur näheren Begründung hat er auf den Planfeststellungsbeschluss (S. 35 bis 44) Bezug genommen. Angesichts der dortigen Ausführungen zur aktuellen Überlastung der vorhandenen B 31 im Raum Friedrichshafen mit steigender Tendenz, zu den damit zusammenhängenden Verkehrsverlagerungen in das nachgeordnete Netz sowie zu den mit dem Vorhaben angestrebten Entlastungen liegt ohne weiteres auf der Hand, dass das Vorhaben die Lärm- und Schadstoffbelastung der Bevölkerung reduzieren wird.

17

Davon abgesehen geht der Hinweis der Beschwerde auf das Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 4 C 2.99 - (BVerwGE 110, 302 <312 ff.>) fehl. Danach sind bei einer Abweichung nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 FFH-RL unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes strenge Anforderungen an den Nachweis von Art und Umfang der mit dem Vorhaben in dieser Hinsicht erzielbaren Wirkungen zu stellen. Der Senat hat im Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 Rn. 160) bereits entschieden, dass diese strengen Anforderungen dem besonderen Schutzregime zugunsten prioritärer Lebensraumtypen und Arten geschuldet sind und sich daher nicht auf den Anwendungsbereich des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL - und damit erst recht nicht auf eine Abweichung von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen - übertragen lassen (ebenso Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 125 f.).

18

Die zweite Frage ist in dieser Allgemeinheit nicht entscheidungserheblich. Sie ist so formuliert, dass sie hinsichtlich aller in § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände einheitlich zu beantworten ist. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch nur die in § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG 2007 normierten Ausnahmetatbestände zur Anwendung gebracht hat (UA S. 32 f.).

19

Im Übrigen zeigt die Beschwerde einen Klärungsbedarf nicht hinreichend auf. Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass die vom Beklagten angeführten Gründe - gesetzliche Bedarfsfestlegung, Gesundheitsschutz, Verkehrssicherheit, Bewältigung steigenden Verkehrsaufkommens, Bündelung der Verkehre - ihrer Art nach sowohl einzeln als auch kumulativ eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten rechtfertigen können. Diese Annahme steht in Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 158 bis 160, 239 und vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 125; vgl. auch Urteil vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 13 ff. zu Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL). Die Beschwerde legt nicht hinreichend dar, dass diese Rechtsprechung mit Blick auf Art. 20a GG einer Überprüfung bedarf. Wird geltend gemacht, Art. 20a GG gebiete ein bestimmtes Handeln des Normgebers, bedarf es einer vertieften Darlegung, woraus sich eine solche Verpflichtung des Normgebers gerade zu dieser Regelung im Einzelnen ergeben soll (Beschluss vom 5. November 2001 - BVerwG 9 B 50.01 - juris Rn. 7 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn - wie hier - die Auffassung vertreten wird, eine Vorschrift müsse wegen Art. 20a GG in bestimmter Weise verfassungskonform ausgelegt werden. Entsprechende Darlegungen enthält die Beschwerde nicht. Ihre Ansicht, Art. 20a GG enthalte eine "Gewichtungsvorgabe" in dem Sinne, dass die Belange des Naturschutzes nur zu dem Zweck zurückgestellt werden dürften, eine Beeinträchtigung verfassungsrechtlich geschützter Güter zu verhindern, begründet sie nicht näher.

20

Schließlich kann auch die dritte Frage die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Die Beschwerde macht insoweit geltend, der Verwaltungsgerichtshof sei davon ausgegangen, dass im Rahmen der Interessenabwägung nicht nur solche Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden dürften, die tatsächlich das Gewicht eines Verstoßes gegen die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände mindern, sondern auch solche, die allein dem Zweck dienten, mittelfristig eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der betroffenen Art zu verhindern, wie hier die beabsichtigte Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts und die geplante Ansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach. Daher sei zu klären, ob die zuletzt genannten Ausgleichsmaßnahmen allein der tatbestandlichen Voraussetzung für eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Alt. 2 BNatSchG 2007 zuzuordnen seien oder außerdem auch noch das Gewicht der artenschutzrechtlichen Belange im Rahmen der nach § 43 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG 2007 vorzunehmenden Interessenabwägung mindern könnten. Dieses Vorbringen verfehlt die maßgeblichen Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs. Dieser hat nicht angenommen, dass die von der Beschwerde genannten Ausgleichsmaßnahmen das Gewicht des in den Verbotstatbeständen zum Ausdruck kommenden Artenschutzinteresses mindern, obwohl sie die Realisierung der Verbote nicht beeinflussen. Die Bezugnahme auf diese Ausgleichsmaßnahmen steht vielmehr im Zusammenhang mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs, dass der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird. Dies habe der Beklagte nicht verkannt, sondern mit Blick darauf besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (UA S. 34 f.). Die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung, dass im Falle eines bundesweit ungünstigen Erhaltungszustands der betroffenen Art nicht nur "weitergehende Anforderungen" für die Zulassung einer Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 Halbs. 2 BNatSchG 2007 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 FFH-RL gelten (UA S. 56 f.), sondern dem Artenschutzinteresse insoweit auch im Rahmen der Interessenabwägung ein gesteigertes, über die Verbotstatbestände hinaus reichendes Gewicht zukommt, dem mit auf eine langfristige Sicherung des Erhaltungszustands gerichteten Maßnahmen Rechnung getragen werden kann, greift die Beschwerde nicht an.

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2. Auch die Verfahrensrügen greifen nicht durch.

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a) Die Beschwerde macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe zum einen als wahr unterstellt, dass es nicht möglich sei, eine fachlich fundierte Aussage darüber zu treffen, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird", zum anderen jedoch auch angenommen, dass die Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offen, mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen aber "insgesamt erfolgversprechend" sei. Eine Maßnahme, deren Erfolg nicht überwiegend wahrscheinlich sei, könne jedoch nicht gleichzeitig als erfolgversprechend bezeichnet werden. Daher beruhe die Sachverhaltswürdigung auf einem Verstoß gegen Denkgesetze. Diese Rüge kann schon deshalb nicht durchdringen, weil der Verwaltungsgerichtshof die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf beide Annahmen gestützt hat. Die Frage, ob eine überwiegende Erfolgsaussicht für die geplante Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach besteht, hat er vielmehr ausdrücklich als nicht entscheidungserheblich bezeichnet, weil sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation auch im Falle eines Scheiterns der Wiederansiedlungsversuche nicht verschlechtern werde (UA S. 65). Im Übrigen ist die Feststellung, eine Maßnahme sei "insgesamt erfolgversprechend", auch nicht schlechthin unvereinbar mit der weiteren Feststellung, es könne keine Aussage darüber getroffen werden, ob diese Maßnahme "mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich" sein werde.

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b) Die Beschwerde sieht einen Verfahrensmangel auch darin, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung einen Schriftsatznachlass eingeräumt habe, ohne dass die Voraussetzungen gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 Satz 1 ZPO vorgelegen hätten. Der Verwaltungsgerichtshof habe dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 27. Juli 2009 die Möglichkeit gegeben, bis zum 31. Juli 2009 schriftsätzlich vorzutragen, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet nachgemeldet worden sei, obwohl die Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung bzw. unmittelbar davor nichts Neues vorgebracht hätten und der Beklagte keinen Schriftsatznachlass beantragt habe. Durch die prozesswidrig erfolgte Einräumung des Schriftsatzrechts sei dem Kläger zu 4 die Möglichkeit genommen worden, über das nachgelassene Vorbringen des Beklagten mündlich zu verhandeln und weitere Beweisanträge zu stellen. Die angegriffene Entscheidung kann jedoch nicht auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel beruhen. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von FFH-Recht nicht nur mit der Begründung verneint, dass der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen nicht als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei und auch nicht zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Vielmehr hat er alternativ zu dieser Erwägung die Eigenschaft des Mühlbachs als potentielles FFH-Gebiet unterstellt, weil die Verlegung eines Abschnitts des Mühlbachs auch in diesem Fall mit Blick auf den dann geltenden vorläufigen Schutzstatus mit Gemeinschaftsrecht vereinbar sei (UA S. 78 f.). Hinsichtlich dieser selbständig tragenden Erwägung war das Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz ohne Bedeutung.

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c) Die Beschwerde macht ferner geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe den Beweisantrag Nr. 6 auf Einholung einer amtlichen Auskunft der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg - LUBW - zu Bachmuschelpopulationen in ausgewiesenen FFH-Gebieten in Baden-Württemberg, zur relativen Bedeutung des Vorkommens im Mühlbach und zu den Kriterien der Gebietsauswahl mit der Begründung abgelehnt, dass es hierauf im Hinblick auf die mit dem Schriftsatzrecht noch vorzutragenden Tatsachen nicht entscheidungserheblich ankomme. Dies sei unzulässig. Ein Schriftsatznachlass könne nur zu entscheidungserheblichen Tatsachen eingeräumt werden; dann könne ein auf Feststellung derselben Tatsachen gerichteter Beweisantrag nicht wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit abgelehnt werden. Es kann offen bleiben, ob die Beschwerde damit einen Verfahrensmangel bezeichnet hat, weil die angegriffene Entscheidung jedenfalls nicht auf einem solchen Mangel beruht. Der Verwaltungsgerichtshof hat eine Verletzung von Gemeinschaftsrecht unabhängig davon verneint, ob der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen ist oder nicht. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof den Beweisantrag Nr. 6 auch deshalb abgelehnt, weil sich die beantragte Beweiserhebung nicht auf den für die Beurteilung des Sachverhalts maßgeblichen Zeitpunkt beziehe und außerdem der Mühlbach mit Blick auf den bei der Auswahl von FFH-Gebieten gegebenen naturschutzfachlichen Beurteilungsspielraum auch dann nicht zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre, wenn die unter Beweis gestellten Tatsachen vorliegen sollten (UA S. 77 f.).

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d) Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge, dass der Verwaltungsgerichtshof nach Eingang des nachgelassenen Schriftsatzes des Beklagten vom 31. Juli 2009 die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO hätte beschließen müssen, weil dieser Schriftsatz neues und für die Entscheidung relevantes Vorbringen enthalte. Das Vorbringen im nachgelassenen Schriftsatz bezieht sich auf die Frage, ob der Mühlbach wegen des dortigen Bachmuschelvorkommens zwingend als FFH-Gebiet hätte nachgemeldet werden müssen. Wie bereits ausgeführt, hat der Verwaltungsgerichtshof einen Verstoß gegen FFH-Recht jedoch auch für den Fall verneint, dass der Mühlbach als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sein sollte. Daher beruht die angegriffene Entscheidung nicht auf dem Vorbringen des Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 1 1/2, der Kläger zu 2 1/4, der Kläger zu 3 1/16 und der Kläger zu 4 3/16.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27.06.2008 für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... im Bauabschnitt II B J...........-X........... K 7739 von Bau-km 0+432 bis Bau-km 7+555.
Die vorgesehene Baumaßnahme schließt bei Bau-km 0+432 im Bereich J.........../Grenzhof an die bestehende B 31 an. Sie folgt dann zunächst bis zur Brunnisach der bestehenden Bahnlinie, schwenkt bei T........ nach Norden, durchquert das Waldgebiet „Buchschach“, schwenkt sodann in einem weiten Bogen nach Südwesten, durchschneidet nordöstlich von U......... auf einer Länge von ca. 300 m einen Waldbereich, führt bei X........... durch einen 600 m langen, zweiröhrigen Tunnel und endet bei Bau-km 7+555 an dem bereits ausgebauten Knotenpunkt D........straße in G.........-X..........., wo sie an die bestehende B 31 anschließt. Insgesamt werden die Orte H........, T........ und U......... - jeweils Teilorte der Stadt G......... - nördlich umfahren.
Über die gesamte Streckenlänge von 7,122 km hinweg ist eine zweibahnige (vierspurige) Straße vorgesehen, wobei zur Verringerung des Flächenbedarfs der kleinste nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen, Querschnittsgestaltung (RAS-Q) zulässige Sonderquerschnitt SQ 24 gewählt wurde. Anschlüsse an das nachgeordnete Straßennetz sollen südlich von L........ (AS L......../T........) sowie östlich von U......... (AS U.........) erfolgen. Dort wird die L 328b jeweils kreuzungsfrei angeschlossen.
Die Baumaßnahme ist im derzeit gültigen Bedarfsplan für den Ausbau von Bundesfernstraßen im vordringlichen Bedarf ausgewiesen und Teil der raumordnerisch empfohlenen Variante 7.5 im Rahmen des Planungsfalls 7.5. Dieser zielt auf eine langfristige Neuordnung des Straßennetzes am nördlichen Bodenseeufer. Er sieht vor, den gesamten Ost-West-Verkehr im Raum G......... - unter Verzicht auf einen Ausbau der B 33 (V......-Ravensburg) - auf der B 31 (neu) zu bündeln. Zu diesem Zweck soll die B 31 zwischen V...... und G......... zweibahnig aus- bzw. neugebaut und im weiteren Verlauf am sog. Löwentalknoten in G......... an eine zweibahnige B 30 (G.........-Ravensburg) angeschlossen werden. Ein erster Schritt zur Verkehrsbündelung ist das streitgegenständliche Bauvorhaben, das vor allem den Stadtbereich von G......... entlasten und eine Verringerung von Fahrzeiten und Betriebskosten der Nutzer bewirken soll. Der Planungsfall 7.5 sieht weiter vor, eine K 7743 (neu) mit Ortsumgehungen von Markdorf, Lipbach, L........ und Efrizweiler zu bauen, die an der vorgesehenen Anschlussstelle L......../T........ an die B 31 (neu) angeschlossen werden soll. Daneben sind als L 205 eine Ortsumgehung von C.......... und als K 7742 (neu) eine Ortsumgehung von U......... vorgesehen, welche bei der vorgesehenen Anschlussstelle U......... an die B 31 angeschlossen werden soll. Weiterer Bestandteil des Planungsfalls 7.5 ist der vierspurige Ausbau des - derzeit nur zweispurigen - Riedleparktunnels in G........., womit eine vierspurige Weiterführung der B 31 in Richtung Löwentalknoten gewährleistet sein soll (vgl. zum Planungsfall 7.5 Anlage 1 des Planfeststellungsbeschlusses).
Mit Antrag vom 15.11.2002 beantragte die Straßenbauverwaltung die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens für die o.g. Trasse zwischen J........... und D........straße. Der Antrag wurde am 24.05.2003 in der Schwäbischen Zeitung und im Südkurier bekannt gemacht. Die Auslegung der Planunterlagen erfolgte in der Zeit vom 26.05.2003 bis einschließlich 25.06.2003. Am 13. und 14.12.2005 wurden die eingegangenen Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange und der Naturschutzverbände, u.a. auch des Klägers zu 4, erörtert. Die übrigen Einwendungen, u.a. der Kläger zu 1 bis 3, wurden in der Zeit von 26.04.2006 bis 28.04.2006 erörtert. Im Anschluss daran überarbeitete der Vorhabensträger seine Planung u.a. in Bezug auf Lärmschutz, Ergänzungen des Wegenetzes und den landschaftspflegerischen Begleitplan. Die Änderungsplanung wurde im Amtsblatt der Gemeinde J........... am 16.02.2007 sowie im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung am 17.02.2007 bekannt gemacht. Eine erneute Auslegung erfolgte in der Zeit von 19.02.2007 bis einschließlich 19.03.2007 in G......... und J............ Auf eine Erörterung der zur Änderungsplanung eingegangenen Einwendungen wurde gem. § 17a Abs. 5 Satz 1, § 24 Abs. 2 FStrG verzichtet. Zur erneuten Planergänzung wegen Verbesserung der Leistungsfähigkeit des bestehenden Knotens „D........straße/S......-straße“ wurden der Stadt G........., den betroffenen Trägern öffentlicher Belange sowie den Naturschutzverbänden mit Schreiben vom 19.09.2007 erneut Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Zu einer weiteren Änderung des landschaftspflegerischen Begleitplans wurde den Genannten mit Schreiben vom 17.12.2007 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.
Der Kläger zu 1 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes mit Schwerpunkt Obstbau auf Hof H... - zwischen Efrizweiler und H........ - mit einer Größe von insgesamt 36 ha, wovon 18 ha verpachtet sind. Er betreibt auf seinem Hof zusätzlich eine Pferdepension und beabsichtigt dort die Eröffnung von Ferienwohnungen. Die geplante Trasse verläuft ca. 180 m südlich seiner Hofstelle. Dort ist eine Querung des Eichenmühlwegs sowie der Brunnisach vorgesehen. Die Planung nimmt 46.536 qm (ca. 4,65 ha) seiner Grundstücksfläche unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 1 erhob mit Schreiben vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 26.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe, gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken sowie gegen Beeinträchtigungen bei der Haltung von Pensionspferden richteten.
Der Kläger zu 2 ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Obstbaubetriebs im Außenbereich, etwa 350 m nördlich von X............ Die Gesamtbetriebsfläche beträgt 11,6 ha (davon 6,35 ha Pachtflächen). Die geplante Trasse verläuft ca. 200 m südlich seiner Hofstelle. Die Planung nimmt 14.037 qm (ca. 1,40 ha) seiner Eigentumsflächen und 3.798 qm ( ca. 0,38 ha) seiner Pachtflächen unmittelbar in Anspruch. Der Kläger zu 2 erhob mit Schreiben vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007 Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenführung, die Eingriffe in Natur und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 3 ist Eigentümer eines kleineren landwirtschaftlichen Mischbetriebes mit Milchviehhaltung, Obstbau und Sägewerk zwischen Efrizweiler und H......... Die Betriebsfläche beträgt 13,5 ha auf Eigenflächen. Die geplante Trasse verläuft etwa 300 m nördlich seiner Hofstelle. Von der Planung werden unmittelbar 11.597 qm (ca. 1,16 ha) in Anspruch genommen. Mit Schreiben vom 04.07.2003 und 26.03.2007 erhob er Einwendungen gegen die Planung, die sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Eingriffe in Natur- und Landschaft, Beeinträchtigungen durch Lärm- und Luftschadstoffe sowie gegen die existenzgefährdende Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken richteten.
Der Kläger zu 4 ist ein nach § 60 BNatSchG anerkannter Naturschutzverein. Er erhob mit Schreiben vom 29.07.2003 (samt Anlage), 30.03.2007 (samt Anlagen), 10.10.2007 und vom 11.01.2008 Einwendungen gegen die Planung (vgl. Ordner 2), mit denen er sich im Wesentlichen gegen die Planrechtfertigung, die Trassenwahl, Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe und Eingriffe in Natur und Landschaft wandte.
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Mit Beschluss vom 27.06.2008 stellte der Beklagte die Planung für die Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... fest. Dem Planfeststellungsbeschluss liegt die im Rahmen des Planungsfalles 7.5 raumordnerisch empfohlene Variante 7.5 zugrunde. Diverse Trassenalternativen („Amtstrasse“; Südumfahrung U.........; Variante 1 mit äußerer Querspange; Nullvariante; „Steigwiesentrasse“ und „Bauerntrasse“) sowie Alternativen zur Anschlussstellenplanung wurden erwogen, aber verworfen. Die vorgenommene Abschnittsbildung sei sachgerecht und führe nicht zu einer Zwangspunktbildung. Eine Verletzung zwingender materiellrechtlicher Vorschriften liege nicht vor; die vorgenommenen Eingriffe in Natur und Landschaft seien unvermeidlich. In Bezug auf festgestellte Vorkommen der Bachmuschel sei teilweise bereits kein direkter artenschutzrechtlicher Eingriff anzunehmen; soweit ein Eingriff anzunehmen sei, lägen die Ausnahmevoraussetzungen des § 43 Abs. 8 BNatSchG vor. Demgemäß umfasst der Planfeststellungsbeschluss unter A.III.9. u.a. eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG. Eigentümern und Pächtern landwirtschaftlich genutzter Grundstücke wird unter A.III.1. dem Grunde nach eine angemessene Entschädigung für den durchschnittlichen Ertrag der von ihnen in einem Abstand bis zu 10 m vom äußersten Fahrbandrand angebauten Produkte zuerkannt, soweit diese aufgrund der Schadstoffbelastungen in dem planfestgestellten Abschnitt nicht mehr vermarktungsfähig sind. Hinsichtlich bestimmter Gebäude werden passive Schallschutzmaßnahmen bzw. Außenwohnbereichsentschädigungen festgesetzt (unter A.III.3, 4 , 5 und 6). Gebäude der Kläger finden sich darunter nicht. Unter A.III.8. wird festgestellt, dass die Verlegung des Mühlbaches sowie sonstige Gewässerverlegungen nach § 75 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG als notwendige Folgemaßnahmen von dem Planfeststellungsbeschluss umfasst sind. Unter A.V.3 finden sich gesonderte Nebenbestimmungen zur Landwirtschaft. In Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus) bestimmt A.V.7.8:
11 
„Für unio crassus ist im Hinblick auf die wasserwirtschaftliche Unsicherheit der geplanten Maßnahmen ein Monitoring gemäß den Vorgaben im 4. Teil der Anpassung des artenschutzrechtlichen Fachbeitrages vorzusehen. Details des Monitorings, welches im Einvernehmen mit der unteren Naturschutzbehörde zu planen ist, bleiben der landschaftspflegerischen Ausführungsplanung vorbehalten. Soweit sich herausstellen sollte, dass einzelne vorgesehene Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg zeigen, liegen über die Erfassung des Bachmuschelbestandes im Rahmen dieses Planfeststellungsverfahrens sowie über die von H... (2005) getätigte Untersuchung gute Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand im Umfeld sowie zu Fließgewässerstrecken vor. Insbesondere in der von H... durchgeführten Untersuchung werden konkrete Maßnahmenvorschläge benannt, die im Falle eines nicht oder nur eingeschränkten Erfolges der hier vorgesehenen Maßnahmen kurzfristig aufgegriffen und verwirklicht werden können (vgl. H... (2005), S. 7f.)“.
12 
Unter A.VI. i.V.m. B.X des Planfeststellungsbeschlusses werden die noch offen gebliebenen und nicht anderweitig geregelten Einwendungen u.a. der privaten Einwender und Naturschutzverbände zurückgewiesen. Hierzu gehören auch der Kläger zu 1. (EWNr. 02, S. 220f des Planfeststellungsbeschlusses), der Kläger zu 2 (EWNr. 07, S. 225 des Planfeststellungsbeschlusses) und der Kläger zu 3 (EWNr. 03, S. 222f des Planfeststellungsbeschlusses).
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Am 21.08.2008 haben sämtliche Kläger gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben und zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (Az: 5 S 2358/08) beantragt. Zur Begründung ihrer Klage führen sie im Wesentlichen aus: Die Planfeststellungsbehörde habe ihrer Entscheidung den Planungsfall 7.5 des raumordnerischen Verfahrens zugrunde gelegt, dessen Verwirklichung aber an unüberwindlichen rechtlichen Hürden scheitere: Die im Planungsfall 7.5 vorgesehenen Umfahrungen Markdorf und L........ (K 7743 neu) verstießen gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung der planenden Verwaltung, da diese Umfahrungen nach ihrer Verkehrsfunktion Aufgaben einer Bundes- bzw. Landesstraße übernehmen sollten. Über die geplanten Umfahrungen C.........., Markdorf und L........ als notwendige Folgemaßnahmen eines Ausbaus der B 31 (neu) hätte zudem - unter Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung - im Planfeststellungsbeschluss entschieden werden müssen, was unterblieben sei. Zudem sei die dem Planfeststellungsverfahren zugrunde liegende Verkehrsprognose des Gutachtens von Mx-... ... fehlerhaft und leide an einer Vielzahl methodischer Mängel: Das Untersuchungsgebiet sei zu klein und eine Verkehrsbefragung unterblieben; der Verkehrsanalyse 2005 lägen zu hohe Belastungen insbesondere der B 31 (alt) zugrunde; der Verkehrszuwachs bezogen auf 2020 sei deutlich zu hoch angesetzt; großräumige Verkehrsverlagerungen seien nicht berücksichtigt. Dies alles führe dazu, dass die Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 und die Entlastungswirkung des geplanten Vorhabens jeweils zu hoch angesetzt worden seien. Zudem stehe spätestens seit der Mitteilung der Landesregierung zur Priorisierung von Straßenbauprojekten vom 22.06.2007 fest, dass der Planungsfall 7.5 in seinen wesentlichen Teilen erst nach 2025 realisiert werden könne. Auch werde es im Jahr 2020 keinen zweibahnigen Riedleparktunnel geben mit der Konsequenz, dass der durch das Vorhaben in die Stadt G......... hineingeleitete Verkehr dort katastrophale Folgen haben werde. Zu Unrecht sei eine Untersuchung des Planungsfalls ohne Ausbau des Riedleparktunnels unterblieben. Fehlerhaft sei auch die Planung der erhebliche Eingriffe in Natur und Landschaft auslösenden Anschlussstellen. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde eine Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... als mit dem Planungskonzept unvereinbar abgelehnt. Entgegen ihrer Auffassung dränge sich auf, die bereits bestehende K 7742 - unter Verzicht auf die Anschlussstelle L......../T........ - an die B 31 (neu) anzuschließen. Zur Netzergänzung seien dann weder der Neubau der L 207 bzw. K 7743 noch die Umfahrung von U......... notwendig, deren Realisierung jeweils nicht absehbar sei. Insgesamt bestehe die Gefahr, dass die 4-spurige B 31 (neu) zwischen J........... und G......... ein Planungstorso bleibe. Auch bei isolierter Betrachtung sei die Maßnahme planerisch nicht gerechtfertigt, die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus jedenfalls bis zur Verwirklichung des Gesamtkonzepts nicht begründet. Alternativ kämen eine 2-3-spurige Lösung sowie eine längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau in Betracht. Der Planfeststellungsbeschluss sei auch mit Blick darauf abwägungsfehlerhaft, dass die Planung der Anschlussstelle L......../T........ zu einer erheblichen Verkehrszunahme und gesundheitsschädigenden Lärmimmissionen in den Ortsdurchfahrten L........, T........ und Lipbach führe. Diese Folgen entfielen nur beim Bau entsprechender Ortsumfahrungen (L 207/K 7743 neu), die im Planungsfall 7.5 zwar enthalten, aber nicht wie erforderlich zugleich mit der B 31 (neu) planfestgestellt würden. Die Planung beschwöre damit Konflikte herauf ohne sie - entsprechend dem Gebot der Konfliktbewältigung - zu lösen. Die von der Planfeststellungsbehörde auch schon vorläufig - ohne den Bau der genannten Ortsumfahrungen - erwartete Entlastung der Ortsdurchfahrten T........, U......... und L........ durch die geplante Anschlussstelle werde nicht eintreten. Diese Anschlussstelle stelle andererseits einen Zwangspunkt für den Neubau der L 207/K 7743 (neu) dar. Die Planfeststellungsbehörde verneine dies zwar mit Blick auf die theoretische Möglichkeit eines Verzichts auf diesen Neubau und die ersatzweise Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) über eine Anschlussstelle bei U.......... Dann aber stehe die Planrechtfertigung für die geplante Anschlussstelle L......../T........ in Frage.
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Der Planfeststellungsbeschluss sei auch in Bezug auf die drohende Existenzgefährdung der Kläger abwägungsfehlerhaft. Beim Kläger zu 2 habe die Planfeststellungsbehörde zwar die Existenzgefährdung als wahr unterstellt, hierbei aber das Ausmaß seiner Beeinträchtigung nicht hinreichend erfasst. Die von ihm erzielten und zukünftig geminderten Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien überhaupt nicht, die Ertragslage der Landwirtschaft fehlerhaft berücksichtigt worden. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei obstbaulich ungeeignet und behebe die Existenzgefährdung nicht. Beim Kläger zu 3 habe die Planfeststellungsbehörde zu Unrecht bereits aktuell eine Existenzgefährdung angenommen und eine Kausalität des Vorhabens hierfür verneint. Die Existenzfähigkeit seines Betriebs habe der Kläger zu 3 bereits dadurch unter Beweis gestellt, dass er ihn seit Jahren in der jetzigen Form führe. Allerdings führe die vorhabenbedingte Inanspruchnahme von Betriebsgrundstücken zu einer Existenzgefährdung. Schließlich habe die Planfeststellungsbehörde auch beim Kläger zu 1 zu Unrecht eine planfeststellungsbedingte Existenzgefährdung mit Hinweis darauf verneint, dass er bisher verpachtete Betriebsflächen wieder in Eigennutzung nehmen könne. Eine kurzfristige Kündigung der Pachtverträge sei nicht möglich, außerdem fehle in diesem Fall der Pachtzins zur teilweisen Existenzsicherung. Die angebotenen Ersatzflächen seien weder als Obstbaufläche noch als Ackerland geeignet und damit für den Kläger zu 1 nicht brauchbar. Die zukünftigen Beeinträchtigungen der Pferdepension und die vorhabenbedingt notwendige Neuanschaffung im Straßenverkehr zugelassener Landmaschinen seien überhaupt nicht berücksichtigt worden. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch gegen Vorschriften des Artenschutzrechts. Im Lipbach, im Mühlbach und in der Brunnisach komme die Bachmuschel (unio crassus) vor, eine streng geschützte und durch Verschmutzungen des Gewässers bzw. Veränderungen des Bachbetts bedrohte heimische Muschelart. Nördlich von H........ überquere das planfestgestellte Vorhaben die Brunnisach. Zu Unrecht gehe die Planfeststellungsbehörde davon aus, dass insoweit ein direkter Eingriff unterbleibe. Denn die Errichtung der geplanten zwei Brücken sei ohne Eingriff nicht möglich, auch greife die planfestgestellte Straße direkt in den Uferbereich ein. Schließlich komme es baubedingt zu Stoffeinträgen in den Bach und damit zu einer Minderung der Habitatfunktion. Ein Eingriff i.S.v. § 42 Abs. 1 BNatSchG liege jedenfalls vor. Die von dem Beklagten vorgesehenen Schutzmaßnahmen seien unzureichend. In Bezug auf die Bachmuschelbestände im Mühlbach komme es durch die geplante Verlegung des Baches auf einer Strecke von 460 m zu direkten, wegen des baubedingten Eintrags von Schwebstoffen aber auch zu indirekten Eingriffen. Letztere habe die Planfeststellungsbehörde aber gar nicht weiter geprüft. Zu Unrecht habe die Planfeststellungsbehörde gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme vom Eingriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen. Die Ausnahmevoraussetzungen fehlten schon deshalb, weil zumutbare Alternativen zum planfestgestellten Vorhaben bestünden. So sei die - einen Eingriff in Bachmuschelbestände bewirkende - Errichtung der Anschlussstelle U......... nicht erforderlich, auch kämen als zumutbare Alternativen eine Zusammenlegung der Anschlussstellen U......... und L......../T........ sowie ein nur zweispuriger Ausbau der Strecke in Betracht. Mit Blick auf den Artenschutz seien grundsätzlich auch Abstriche am Grad der Zielerfüllung in Kauf zu nehmen. Unzumutbar sei eine Alternative nur dann, wenn die vom Vorhabensträger beabsichtigten Ziele überhaupt nicht mehr erreicht werden könnten. Dies sei nicht der Fall. Auch die Ausnahmevoraussetzung der (fehlenden) Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population der Bachmuschel liege nicht vor. Die Bachmuschel gehöre zu den vom Aussterben bedrohten Arten, wobei das Verbreitungsgebiet im Bodenseeraum - und hier im Mühlbach und in der Brunnisach - zu den bundesweit bedeutendsten Vorkommen zähle. Die Art habe deshalb von vornherein keinen günstigen Erhaltungszustand. Vorhabenbedingt werde es zu einer weiteren Verschlechterung des Erhaltungszustands dieser Population kommen. Die Wirksamkeit der von der Planfeststellungsbehörde zur Sicherung des Erhaltungszustands angeordneten Maßnahmen (Umsiedlung der Bestände im Bereich der Anschlussstelle U......... in den Oberlauf des Mühlbachs, Wiederbesetzung nach erfolgter Verlegung des Mühlbachs, Wiederansiedlung im Appenweiler Mühlbach) sei höchst zweifelhaft. Die Umsiedlung erfasse zwangsläufig nur wenige Tiere, sei praktisch kaum durchführbar und stelle zudem keine fachlich erprobte und anerkannte Maßnahme dar. So seien z.B. entsprechende Versuche einer Wiederansiedlung im Kanton Zürich nicht geglückt. Die im Planfeststellungsbeschluss angesprochenen Erfahrungen mit Notumsiedlungen seien weder belegt noch nachvollziehbar. Das angeordnete Monitoring täusche nicht darüber hinweg, dass die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsiedlung bzw. Wiederansiedelung nicht geprüft worden seien. Schließlich fehle es an den Voraussetzungen für eine Ausnahme nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb, weil angesichts der aufgezeigten Planalternativen kein zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG vorliege. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße schließlich auch gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts (§ 38 NatSchG BW), denn das Vorhaben führe zu einer erheblichen Beeinträchtigung des potentiellen FFH-Gebiets „Mühlbach“ östlich von U........., wo sich vermutlich mehr als 50 % der Bachmuschelbestände im Alpenvorraum und mindestens 15 % der Bachmuschelpopulation in Südwürttemberg befänden. Dieses Gebiet sei vom Land Baden-Württemberg bzw. der Bundesrepublik Deutschland zu Unrecht nicht als Gebiet von gemeinschaftsrechtlicher Bedeutung an die Europäische Kommission gemeldet worden; aufgrund seiner ökologischen Bedeutung im Zusammenhang mit dem Vorkommen der Bachmuschel, die sich auch aus den Planfeststellungsunterlagen (FFH-Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002) ergebe, unterliege das genannte Gebiet aber dennoch dem europarechtlichen Schutzregime, das jedenfalls zur Erhaltung der maßgeblichen ökologischen Merkmale des Gebiets verpflichte. Dies habe die Planfeststellungsbehörde vollständig verkannt. Die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen stellten nicht den erforderlichen Kohärenzausgleich im Sinne des Habitatschutzrechts sicher.
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Die Kläger beantragen,
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den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums S......... vom 27. Juni 2008 zur Verlegung der B 31 zwischen J........... und G......... (BAB II B J...........-X........... K 7739) aufzuheben.
17 
Der Beklagte beantragt,
18 
die Klagen abzuweisen.
19 
Zur Begründung führt er zunächst aus, die Voraussetzungen der Streitgenossenschaft nach § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO lägen im Verhältnis der Kläger zu 1 bis 3 einerseits und zum Kläger zu 4 andererseits nicht vor, weil dieser - anders als jene - nicht im Wege der enteignungsrechtlichen Vorwirkung betroffen sei und keine subjektiven Rechte, sondern eine objektive Überprüfung auf der Basis eines Verbandsklagerechts geltend mache. Es fehle daher an der Gleichartigkeit der jeweils geltend gemachten Ansprüche. Im Übrigen sei der Vortrag der Kläger zu 1 bis 4 in unterschiedlichem, teilweise erheblichem Umfang präkludiert. Unabhängig davon verteidigt der Beklagte die angefochtene Entscheidung in der Sache. Die Klage der Kläger zu 1 bis 3 sei von vornherein insoweit unbegründet, als sie sich auf die öffentliche Belange „Naturschutz“, „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ und „Zwangspunkt“ nicht berufen könnten. Denn selbst bei Beachtung dieser Belange wären sie weiterhin in ihrem Grundeigentum betroffen. Entgegen der Klagebegründung verstoße die Planung nicht gegen den Grundsatz der Gesetzesbindung. Die Frage der straßenrechtlichen Einstufung der Umfahrung Markdorf (K 7743 neu) sei nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Die K 7743 (neu) habe auch nicht als notwendige Folgemaßnahme mit planfestgestellt werden müssen, weil der Bau der B 31 (neu) auch ohne die übrigen Bestandteile des Planungsfalls 7.5 notwendig und planerisch gerechtfertigt sei. Aus diesem Grund habe für Netzverbindungen auch keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden müssen. Bei der Planung sei nicht verkannt worden, dass das Bauvorhaben in erheblichem Maß Flächen in Anspruch nehme und Eingriffe in Natur und Landschaft bewirke; dies sei zur Bewältigung der prognostizierten Verkehrsmengen im Interesse der angestrebten Bündelung des Verkehrs und der Entlastung des Stadtbereichs von G......... und seiner Ortsteile aber hinzunehmen. Alternativtrassen seien erwogen, aber zu Recht nicht weiter verfolgt worden. Auch ein vierstreifiger Ausbau der B 31 (neu) sei nach der von M... ... ermittelten und hochgerechneten Verkehrsbelastung erforderlich. Die in der Klage gegen dieses Gutachten vorgetragenen Kritikpunkte gingen allesamt fehl und übersähen, dass mithilfe einer Verkehrsuntersuchung kein zu 100 % stimmiges Modell, sondern eine belastbare Aussage zur Größenordnung getroffen werden solle. Insoweit erfasse das Gutachten M... ... die Verkehrsbelastung zutreffend. Auch die Einwendungen der Kläger gegen den zugrunde gelegten Prognosehorizont 2020 seien nicht stichhaltig. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Planungsfall 7.5 im Jahre 2020 (teilweise) verwirklicht sei. Für die Umfahrung C.......... (L 205 neu) lägen bereits konkrete Planungen vor; für die K 7743 (neu) solle das Planfeststellungsverfahren noch in 2009 eingeleitet werden. Auch aus der erwähnten Mitteilung der Landesregierung lasse sich für eine fehlende Realisierung der einzelnen Maßnahmen nichts ableiten. Jedenfalls sei mit einer auch für sich genommen planerisch gerechtfertigten Realisierung der B 31 (neu) bis 2020 zu rechnen. Auf den von den Klägern problematisierten Ausbau des Riedleparktunnels komme es nicht an, da die Baumaßnahme auch ohne eine Tunnelerweiterung verkehrlich wirksam und planerisch gerechtfertigt sei. Zudem sei der im vordringlichen Bedarf des Bundes ausgewiesene Tunnel auch mit den Folgewirkungen der B 31 (neu) ausreichend leistungsfähig. Entgegen der Auffassung der Kläger sei der für die Planung gewählte Prognosehorizont 2020 nicht zu beanstanden, der von ihnen verlangte Prognosehorizont 2035 hingegen nicht darstellbar. Auch die Kritikpunkte gegen die Analyse der Leistungsfähigkeit des Anschlusses D........straße und der Ortsdurchfahrten L........ bzw. Hagnau gingen fehl. Die Planung hinsichtlich der Anschlussstellen L......../T........ und U......... sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Diese erfüllten ihre Verkehrsfunktion unabhängig davon, ob die K 7743 (neu) gebaut werde oder nicht. Von einer Präjudizierung der Planung der Zubringer könne keine Rede sein. Die von den Klägern problematisierte Entlastung der Ortsdurchfahrt L........ sei nicht Gegenstand des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens. Ein Verzicht auf eine der Anschlussstellen bzw. eine Zusammenlegung sei erwogen, aber u.a. aus naturschutzrechtlichen Gründen verworfen worden. Auch ein Ausbau der K 7742 sei erwogen worden, aber weder unter verkehrlichen noch unter naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten als besser zu bewerten.
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Ein Abwägungsmangel bestehe auch nicht in Bezug auf die geltend gemachten Existenzgefährdungen der Kläger zu 1 bis 3. Beim Kläger zu 2 seien die Erträge aus der Landwirtschaft fachgerecht ermittelt worden; Einnahmen aus der Vermietung von Ferienwohnungen seien von ihm aber nie behauptet worden und tauchten auch in den Buchabschlüssen nicht auf. Ferienwohnungen seien auch baurechtlich nicht genehmigt. Außerdem liege die Hofstelle 221 m von der geplanten Trasse entfernt; die nach der 16. BImSchV zulässigen Lärmgrenzwerte seien weit unterschritten. Es sei nicht erkennbar, inwiefern der Kläger zu 2 infolge der Wahrunterstellung seiner Existenzgefährdung durch den Planfeststellungsbeschluss belastet sein könnte. Die ihm angebotene Ersatzfläche sei jedenfalls geeignet, eine Existenzgefährdung auszuschließen. Nach Stellungnahmen der Landwirtschaftsbehörden seien sie für den Obstbau geeignet. Der Betrieb des Klägers zu 3 sei bereits zum jetzigen Zeitpunkt existenzgefährdet. Dies sei nach zwar betriebsbezogenen, aber objektiven Kriterien zu beurteilen; auf eine etwaige sehr genügsame Lebensweise des Klägers zu 3 komme es nicht an. Auch der Betrieb des Klägers zu 1 sei bereits im jetzigen Zeitpunkt als existenzgefährdet zu beurteilen und nicht erst durch das Vorhaben bedroht. Da aber ein Grenzfall vorliege, habe man eine durch das Planfeststellungsvorhaben ausgelöste Existenzgefährdung unterstellt und ein Ersatzlandangebot an den Kläger so aufgebaut, dass die in Anspruch genommenen Flächen entsprechend ihrer Nutzung als Obstbau- und Grünflächen ungefähr flächengleich ersetzt würden. Bezüglich der Pensionspferdehaltung sei nicht feststellbar, dass die planfestgestellte Maßnahmen zu Mindereinnahmen führe. Die Ausrittmöglichkeiten blieben ungeschmälert; Ferienwohnungen auf dem Hof seien aktuell noch nicht vorhanden. Der Kläger zu 1 sei auch nicht vorhabenbedingt gezwungen, im Straßenverkehr zugelassene Fahrzeuge zu erwerben, da er auch bereits bisher von ihm bewirtschaftete Flächen nur auf öffentlichen Verkehrswegen erreichen könne. Entgegen der Auffassung der Kläger liege auch kein Abwägungsfehler in Bezug auf die Anschlussstelle L......../T........ im Zusammenhang mit den Verkehrslärmbelästigungen in der Ortsdurchfahrt L........ vor. Unter A.III.5 des Planfeststellungsbeschlusses werde betroffenen Eigentümern ein Anspruch für passiven Lärmschutz zuerkannt, auch sei ausreichend gewährleistet, dass es zu keinen lärmbedingten Gesundheitsgefährdungen im Bereich der Ortsdurchfahrt komme. Eine Mehrbelastung der Anwohner in der Ortsdurchfahrt werde zumindest bis zum Neubau einer Ortsumfahrung in Kauf genommen; die Kläger irrten, wenn sie davon ausgingen, dass die Anschlussstelle der Entlastung der Ortsdurchfahrt diene. Sie diene vielmehr dazu, den Verkehr auf der B 31 neu zu bündeln. Daher sei die vorläufige Hinnahme einer Mehrbelastung nicht abwägungsfehlerhaft, zumal aufgrund der Bündelungsfunktion der Anschlussstelle im nachgeordneten Netz eine Entlastung eintrete und sich die Frage der Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, L........ und Lipbach aufgrund der im Prognosenullfall erwarteten Verkehrsbelastung von 24.000 Kfz/24h auch ohne einen Neubau der B 31 (neu) stelle. Die Anschlussstelle L......../T........ stelle auch keinen Zwangspunkt für einen Neubau der K 7743 entlang der Bahnlinie Markdorf-G......... dar. Der Hinweis im Planfeststellungsbeschluss, dass die Zuführung des Verkehrs aus Richtung Markdorf auch über die K 7742 an einer dritten Anschlussstelle erfolgen könne, diene nur der Verdeutlichung, dass es für eine Entlastung der betroffenen Ortsdurchfahrten auch Alternativen gebe. Darüber habe jedoch im Planfeststellungsbeschluss für die B 31 (neu) nicht entschieden werden müssen. Auch im Falle einer dritten Anschlussstelle an die B 31 (neu) zur Anbindung der K 7742 werde die Anschlussstelle L......../T........ jedenfalls nicht überflüssig. Der Planfeststellungsbeschluss leide auch im Hinblick auf das Artenschutzrecht an keinem Mangel. Soweit sich das Vorbringen des Klägers zu 4 auf die Brunnisach beziehe, sei er damit bereits präkludiert. Unabhängig davon sei bei der Brunnisach lediglich eine potentielle Gefährdung der Bachmuschelbestände aufgrund baubedingter Beeinträchtigungen anzunehmen, die durch die vorgesehenen Schutzmaßnahmen (Spritzschutz auf der Brücke zur Verhinderung diffuser Einträge, Fachbauleitung zur Koordination und Überwachung von Schutzmaßnahmen während der Bauphase) aber vermieden werden sollten. Ein direkter Eingriff in das Bachbett der Brunnisach erfolge nicht. Zudem sei nur ein in geringer Dichte von der Bachmuschel besiedelter kurzer Abschnitt der Brunnisach potentiell betroffen. Hinsichtlich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach seien nicht nur die direkten, sondern auch die indirekten Einwirkungen durch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge während der Bauphase gesehen und gewürdigt worden. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Ausnahme von dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 BNatSchG gem. § 43 Abs. 8 BNatSchG lägen vor. Es fehle an einer zumutbaren Alternative. Die Möglichkeit sog. „holländischer Rampen“ komme ebensowenig in Betracht wie eine kleinräumige Verlegung der Anschlussstelle, weil auch dadurch Eingriffe in die Bachmuschelbestände bzw. in den Mühlbach nicht ausgeschlossen werden könnten. Ein Verzicht auf die Anschlussstelle komme nicht in Betracht, weil dann in unzumutbarem Maß Abstriche am Zielerfüllungsgrad der mit dem Vorhaben bezweckten Planung (Bündelung des Verkehrs und Entlastung des Umlands) in Kauf genommen werden müssten. Außerdem müsse der Mühlbach auch ohne die Anschlussstelle U......... auf ca. 200 m Länge verlegt werden. Aus diesem Grund sei auch die Zusammenlegung der Anschlussstellen L......../T........ und U......... keine Alternative. Ein nur zweistreifiger Ausbau der B 31 (neu) komme ebenfalls nicht in Betracht, weil dann die mit der Planung verfolgte Zielsetzung nicht mehr realisiert werden könne. Entgegen dem Klagevorbringen werde der Erhaltungszustand der Population der Bachmuschel infolge der Maßnahme nicht verschlechtert. Die von der Verlegung des Mühlbachs betroffenen Bestände (3,8 % der erfassten lebenden Tiere, über 90 % hiervon würden von der Verlegung nicht betroffen) würden umgesiedelt; die verlegten Teile würden nach Abschluss der Baumaßnahme wieder besetzt. Zusätzlich werde die Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach wieder angesiedelt; eine Wiederansiedlung sei entgegen der Auffassung der Kläger auch erfolgversprechend. Insgesamt sei festzustellen, dass sich der größte Teil des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach oberhalb der Neubaustrecke befinde; mit einem spürbaren vorhabenbedingten Verlust an Beständen sei deshalb nicht zu rechnen. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße auch nicht gegen Vorschriften des Habitatschutzrechts. Ein potentielles FFH-Gebiet am Mühlbach bestehe nicht. Zwar sei der streitgegenständliche Bereich im Rahmen der im September 2002 durchgeführten FFH-Verträglichkeitsprüfung rein vorsorglich als zur Übernahme in die Natura-2000-Kulisse geeignetes Gebiet betrachtet worden. Mittlerweile sei das Meldeverfahren aber - ohne diesen Gebietsabschnitt - abgeschlossen und habe die EU-Kommission keinen Nachmeldebedarf festgestellt. Die Frage sei deshalb, ob die Gerichte überhaupt noch befugt seien, die Gebietsabgrenzung im Hinblick auf FFH-Gebiete zu prüfen. Weder der FFH-Richtlinie noch der Rechtsprechung des EuGH lasse sich entnehmen, dass bereits gemeldete FFH-Gebiete fortlaufend ergänzt oder angepasst werden müssten. Selbst dann, wenn das betroffene Gebiet aber als potentielles FFH-Gebiet anzusehen sei, stehe es dem planfestgestellten Vorhaben nicht entgegen. Die Ergebnisse der artenschutzrechtlichen Prüfung zu §§ 42 und 43 BNatSchG könnten auf die habitatschutzrechtliche Prüfung nach § 38 NatSchG BW übertragen werden. Von etwaigen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets i.S.v. § 38 Abs. 2 NatSchG BW könne gem. § 38 Abs. 3 NatSchG BW eine habitatschutzrechtliche Ausnahme erteilt werden. Soweit die Kläger schließlich noch Lärmbetroffenheit gelten machten, sei ihr Vortrag unsubstantiiert. Weder bei den Klägern zu 1 noch bei den Klägern zu 2 und 3 komme es direkt oder mittelbar zu unzumutbaren Lärmbeeinträchtigungen; beim Kläger zu 3 würden sogar die Lärmgrenzwerte für allgemeine Wohngebiete eingehalten.
21 
Dem Senat liegen die einschlägigen umfangreichen Planungsakten des Regierungspräsidiums vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten (im Übrigen) Bezug genommen. Zudem wird auf das Vorbringen im vorläufigen Rechtsschutzverfahren (5 S 2358/08) verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
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(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
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(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
76 
(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
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(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
22 
Die auf eine umfassende Aufhebung bzw. auf Feststellung der Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses gerichteten Klagen sind statthaft und auch sonst zulässig.
I.
23 
Der Verwaltungsgerichtshof ist gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 VwGO für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für den Bau von Bundesfernstraßen betreffen, zuständig. Ein Katalogfall, der ausnahmsweise die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts begründete (§ 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, § 17e Abs. 1 FStrG i.V.m. Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG), liegt nicht vor, denn das Bauvorhaben ist in der erwähnten Anlage zu § 17e Abs. 1 FStrG nicht genannt.
II.
24 
Der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens bedurfte es gem. §§ 17 Sätze 3 und 4, 17b Abs. 1 FStrG, 74 Abs. 1 Satz 2 VwVfG, 70 VwVfG nicht.
III.
25 
Die Klagen wurden innerhalb der einmonatigen Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) erhoben. Die Zustellung des Planfeststellungsbeschluss wurde gem. § 17 Sätze 3 und 4 FStrG, § 74 Abs. 5 VwVfG durch die öffentliche Bekanntmachung ersetzt. Die Auslegungsfrist endete am 21.07.2008, die Klagefrist damit am 21.08.2008. An diesem Tag ist die Klage beim Verwaltungsgerichtshof eingegangen.
IV.
26 
Die Kläger zu 1 bis 3 sind aufgrund der enteignungsrechtlichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses in ihrem Grundrecht auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und damit jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt in eigenen Rechten betroffen und klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die Antragsbefugnis des Klägers zu 4, eines durch das Land Baden-Württemberg anerkannten (vgl. dazu Rohlf/Albers, Naturschutzgesetz Baden-Württemberg, § 67 Rdnr. 5) Naturschutzvereins, ergibt sich aus § 61 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 BNatSchG, § 67 Abs. 1 und 3 NatSchG BW. Unerheblich ist es, dass der Kläger zu 4 möglicherweise noch unter Geltung der Vorgängerregelung des § 29 BNatSchG in der bis zum 03.04.2002 geltenden Fassung vom Beklagten anerkannt worden wäre. Denn die frühere Anerkennung gilt auch im neuen Recht fort (§ 67 Abs. 3 NatSchG BW). Die Überleitung der Anerkennung in das neue Recht ohne erneute Einzelfallprüfung unterliegt keinen rechtlichen Bedenken (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 23). Der Kläger zu 4 beruft sich auf eine Verletzung des Bundesnaturschutzgesetzes, des Naturschutzgesetzes Baden-Württemberg und des bei der Planfeststellung gerade auch Belange von Naturschutz und Landschaftspflege berücksichtigenden rechtstaatlichen Abwägungsgebots. Insoweit handelt es sich jeweils um rügefähige Rechtsvorschriften i.S.d. § 61 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG.
V.
27 
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten können die Kläger auch als Streitgenossen auftreten. Die Streitgenossenschaft ist - ein Fall des § 64 VwGO i.V.m. § 59 ZPO liegt hier ersichtlich nicht vor - gem. § 64 VwGO i.V.m. § 60 ZPO zulässig, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Die Vorschrift verlangt nicht, dass diese Ansprüche bzw. Verpflichtungen identisch sind. Es reicht vielmehr aus, wenn sie ihrem abstrakten Inhalt nach übereinstimmen und ein im Wesentlichen gleichartiger Tatsachenstoff und Rechtsgrund zugrunde liegt (Schoch/Schmidt-Assmann/Pietzner, VwGO § 64 Rdnr. 7). Es liegt auf der Hand, dass diese Voraussetzungen bei den Klägern zu 1 bis 3, die jeweils vergleichbar von den enteignungsgleichen Vorwirkungen des Planfeststellungsbeschlusses betroffen sind, gegeben sind. Aber auch im Verhältnis zum Kläger zu 4 liegen gleichartige Ansprüche vor. Die Anträge sämtlicher Kläger sind inhaltsgleich auf dasselbe Ziel der Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtet. Sowohl die Kläger zu 1 bis 3 als auch der Kläger zu 4 berufen sich zu diesem Zweck auf die im Wesentlichen gleichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe (fehlende Erforderlichkeit der gewählten Planung, der Trasse und der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen, Verstoß gegen artenschutz- und naturschutzrechtliche Vorschriften). Dass der Sachvortrag der Kläger zu 1 bis 3 noch mit individuellen, nur sie betreffenden Einwänden angereichert ist, ändert hieran nichts. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 4 als Naturschutzverein nur die Verletzung objektiven Rechts rügen kann, nimmt seinem Klagebegehren nicht die (wesentliche) Gleichartigkeit mit dem der Kläger zu 1 bis 3. Denn auch diese haben als durch enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses Betroffene grundsätzlich Anspruch auf eine umfassende, nicht auf ihre subjektiven Rechtspositionen beschränkte Überprüfung, ob bei der Abwägung öffentliche Belange hinreichend beachtet worden sind (BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Umweltrecht Nr. 33, juris Rdnr. 9). Solche öffentlichen Belange sind hier gerade der Schwerpunkt ihrer Rügen. Unabhängig davon sieht die Rechtsprechung sogar Planbetroffene, die sich mit ganz unterschiedlichen, jeweils subjektiv-öffentliche Rechte betreffenden Rügen gemeinsam gegen einen Planfeststellungsbeschluss wenden, als einfache Streitgenossen an (BayVGH, Besch. v. 24.11.1983 - 20 C 81 D.102 -, BayVBl. 1984, 212). Für die Kläger, deren Rügen sich - wie aufgezeigt - weitgehend decken, muss dasselbe gelten. Der Senat sieht daher keinen Anlass, das Verfahren des Klägers zu 4 von dem der übrigen Kläger abzutrennen.
B.
28 
Die zulässigen Klagen sind aber nicht begründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem erheblichen Rechtsfehler, der seine vollständige oder teilweise Aufhebung bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit oder Nichtvollziehbarkeit erfordern würde. Er verletzt die Kläger auch nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 VwGO, § 17e Abs. 6 FStrG).
29 
Wegen der enteignungsrechtlichen Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 ist eine umfassende objektiv-rechtliche Prüfung geboten; ausgenommen wären insoweit nur Rechtsmängel, die für die enteignende Inanspruchnahme der Grundstücke dieser Kläger nicht kausal sind (BVerwG, Beschl. v. 10.07.1995 - 4 B 94.95 - NVwZ-RR 1996, 188; Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 2008, S. 495). Es kann dahingestellt bleiben, ob - wie der Beklagte meint - im Falle der Kläger zu 1, 2 und 3 eine Prüfung der von ihnen geltend gemachten Belange „Artenschutz“, „Habitatschutz“ und „Anzahl und Lage der Anschlussstellen“ deshalb unterbleiben muss, weil ihr Grundeigentum unabhängig davon in jedem Falle (teilweise) in Anspruch genommen würde. Mit Blick darauf, dass der Kläger zu 4 jene Belange in jedem Fall geltend machen kann, gibt der Senat die Entscheidungsgründe im Folgenden einheitlich im Zusammenhang wieder:
I.
30 
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgrund eines Verfahrensmangels zustande gekommen.
31 
1. Der gerügte Verstoß gegen die Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung liegt nicht vor. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907, juris Rdnr. 18) ist konstituierendes Merkmal für das Erfordernis der Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVPG - wie auch nach der UVP-Richtlinie - der Begriff des Vorhabens (Projekts). „Vorhaben“ ist hier die in Natur und Landschaft eingreifende Maßnahme (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1c UVPG) des Neubaus der B 31 zwischen Immenstaad und Friedrichshafen. Dies ergibt sich aus § 3b Abs. 1 UVPG i.V.m. Nrn. 14.4 und 14.5 der Anlage 1, wonach hinsichtlich der Durchführung der Umweltverträglichkeitsprüfung auf den „Bau“ einer vier- oder mehrstreifigen Bundesstraße abzustellen ist, ohne dass es auf deren Einbettung in das übrige Straßen- bzw. Zubringernetz ankäme. Die K 7743 (neu) wird von diesem Vorhaben nicht erfasst. Sie ist auch nicht über § 3b Abs. 2 UVPG bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für die B 31 (neu) zu berücksichtigen. Es ist bereits zweifelhaft, ob es sich bei der B 31 (neu) einerseits und der K 7743 (neu) andererseits um Vorhaben „derselben Art“ handelt, die in einem „engen Zusammenhang“ miteinander stehen. Jedenfalls fehlt es an einer gleichzeitigen Verwirklichung, weil das Planfeststellungsverfahren für die K 7743 (neu) erst noch eingeleitet werden muss.
32 
2. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hinsichtlich der K 7743 (neu) war auch nicht im Hinblick darauf geboten, dass es sich um eine notwendige Folgemaßnahme (§ 75 Abs. 1 VwVfG) zum Bau der B 31 (neu) handelt. Unter Folgemaßnahmen sind alle Regelungen außerhalb des eigentlichen Vorhabens zu fassen, die für eine angemessene Entscheidung über die durch die Baumaßnahme aufgeworfenen Konflikte erforderlich sind. Das damit angesprochene Problem der Konfliktbewältigung rechtfertigt es allerdings nicht, andere Planungen mitzuerledigen, wenn diese ihrerseits ein eigenes Planungskonzept erfordern. Der Begriff der notwendigen Folgemaßnahmen unterliegt insoweit wegen seiner Kompetenz erweiternden Wirkung räumlichen und sachlichen Beschränkungen. Damit die für andere Vorhaben bestehende originäre Planungskompetenz nicht in ihrem Kern angetastet wird, dürfen Folgemaßnahmen über den Anschluss und die Anpassung anderer Anlagen bzw. Straßenwege nicht wesentlich hinausgehen (BVerwG, Urt. v. 26.05.1994 - 7 A 21.93 -, juris Rdnr. 18 = UPR 1994, 342; Urt. v. 01.07.1999 - 4 A 27.98 -, DVBl. 1999, 1519, juris Rdnr. 25; Stüer/Probstfeld, Die Planfeststellung, Rdnr. 120). Bei der K 7743 (neu) handelt es sich ungeachtet der Tatsache, dass sie ebenso wie die B 31 (neu) Gegenstand des Planungsfalls 7.5 und damit einer übergeordneten Verkehrskonzeption ist, um eine Maßnahme, die ein eigenständiges Planungskonzept erfordert. Dies ergibt sich bereits aus Umfang und Länge der beabsichtigten Streckenführung. Es ist offensichtlich, dass die Einbeziehung des K 7743 (neu) über eine Anpassung bzw. einen Anschluss an die B 31 (neu) weit hinausgehen würde. Entgegen der Rechtsauffassung der Kläger wird die Notwendigkeit für die Planung einer Ortsumfahrung Lipbach, Kluftern und Efrizweiler als K 7743 (neu) und damit das Bedürfnis nach entsprechender Konfliktbewältigung im Zuge der Planung der B 31 (neu) nicht durch das streitgegenständliche Bauvorhaben ausgelöst. Denn die B 31 (neu) kann den aus Richtung Markdorf kommenden Verkehr an der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen auch ohne den Neubau der K 7743 (neu) aufnehmen und so die ihr zugedachte Bündelungs- und Entlastungsfunktion erfüllen.
33 
Bezogen auf das streitgegenständliche Vorhaben B 31 (neu) wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Diese Prüfung umfasste insbesondere auch die hierdurch möglicherweise ausgelöste zusätzliche Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Lipbach, Kluftern, Efrizweiler (Ordner 6 Unterlage 1aA S. 7, 21 bis 24).
34 
Im Übrigen sind Verfahrensfehler weder vorgetragen noch ersichtlich.
II.
35 
Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an einem zu seiner (teilweisen) Aufhebung oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit bzw. Nichtvollziehbarkeit führenden materiellrechtlichen Mangel.
36 
1. Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Dass es diesem in § 17 Abs. 1 FStrG verwurzelten (ungeschriebenen) Erfordernis (vgl. allgemein zur Fachplanung BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116ff, juris RdNr. 179 f.) entspricht, ergibt sich bereits aus dem gesetzlichen Bedarfsplan für den Bundesfernstraßenbau. In der Anlage zum Fünften Gesetz zur Änderung des Fernstraßenausbaugesetzes (FStrAbG) vom 04.10.2004 (BGBl. I, 2574, zuletzt geändert durch Gesetz vom 09.12.2006, BGBl. 2006, 2852; Anlageband zum BGBl. Teil I Nr. 54 v. 15.10.2004), die als Karte gestaltet ist, wird der vierstreifige Aus- und Neubau der B 31 im Abschnitt Immenstaad-Friedrichshafen dem vordringlichen Bedarf zugeordnet. Diese Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung nach § 17 FStrG verbindlich (§ 1 Abs. 2 Satz 2 FStrAbG; vgl. BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, NVwZ 1999, 528; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, NuR 2007, 336, juris Rdnr. 23 ff.).
37 
Dies gilt auch für die im Bedarfsplan vorgesehene Dimensionierung (Kapazität) der Straße (BVerwG, Urt. v. 21.03.1996 - 4 C 19.94 -, DVBl. 1996, 907 = BVerwGE 100, 370; Urt. v. 26.03.1998 - 4 A 7.97 -, NuR 1998, 605; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 26). Die gesetzliche Feststellung des Bedarfs in diesem Umfang stellen die Kläger nicht ausdrücklich in Frage (vgl. zur gerichtlichen Überprüfbarkeit in einem solchen Fall BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1ff, juris RdNr. 24 f.). Ihre Einwände zu den Verkehrsprognosen gelten im Wesentlichen zum einen den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses zur Frage, ob sich eine andere Alternative als vorzugswürdig aufdrängt und zum anderen der Frage, ob eine geringere Dimensionierung mit nur zwei Streifen nicht aus Gründen des Naturschutzrechts geboten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 35ff und 80 ff dieses Urteils wird verwiesen.
38 
2. Vorschriften des Artenschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis entgegen.
39 
a) Die Prüfung, ob Zugriffsverbote nach § 42 Abs. 1 BNatSchG bestehen, setzt eine ausreichende Ermittlung und Bestandsaufnahme der im Trassenbereich vorhandenen Arten und ihrer Lebensräume voraus. Die Untersuchungstiefe hängt freilich von den naturräumlichen Gegebenheiten im Einzelfall ab. Ermittlungen ins Blaue hinein sind nicht veranlasst; die Ermittlungsergebnisse müssen die Planfeststellungsbehörde aber in die Lage versetzen, die tatbestandlichen Voraussetzungen der Verbotstatbestände zu prüfen. Hierfür benötigt sie jedenfalls Daten, denen sich in Bezug auf das Plangebiet die Häufigkeit und Verteilung der geschützten Arten sowie deren Lebensstätten entnehmen lassen. Regelmäßig wird deshalb eine Bestandserfassung vor Ort sowie eine Auswertung bereits vorhandener Erkenntnisse und Fachliteratur erforderlich sein. Die Notwendigkeit bestimmter Einzelmaßnahmen richtet sich nach dem Maßstab praktischer Vernunft; die artenschutzrechtliche Prüfung - bei der Erfassung und Bewertung möglicher Betroffenheiten - hat dabei nach ausschließlich wissenschaftlichen Kriterien zu erfolgen (zum Ganzen BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 10.07 -, NuR 1008, 495ff, juris Rdnr. 33; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 55 bis 75).
40 
Diesen Anforderungen werden die im Auftrag des Beklagten durchgeführten Untersuchungen gerecht. Die Arbeitsgruppe für Tierökologie und Planung (T... et al., F...) hat bezogen auf die Jahre 1993 bis 2006 eine Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006 (Ordner 9, Abschnitt 12.0A) erstellt, die auf Ortsbegehungen, gezielten Suchen bzw. Untersuchungen im Bereich des Planfeststellungsvorhabens sowie auf der Auswertung vorhandener Daten bzw. Literatur beruht. Die Ergebnisse wurden im Jahre 2007 aktualisiert bzw. ergänzt und sind in den artenschutzfachlichen Fachbeitrag vom 30.12.2007 (ergänzter Stand 31.01/06.02.2008) eingeflossen.
41 
Anhaltspunkte dafür, dass die Ermittlung und Bewertung des jeweiligen Tierbestandes unvollständig oder methodisch fehlerhaft sein könnten, vermag der Senat weder in Bezug auf die Bachmuschel noch Bezug auf andere von dem Planvorhaben betroffene Tierarten zu erkennen. Anlass zu näherer Erörterung besteht angesichts des Beteiligtenvortrags lediglich in Bezug auf die Bachmuschel (unio crassus). Bei diesem Tier handelt es sich um eine „streng geschützte Art“ i.S.v. Art. 12 i.V.m. Anhang IV Buchstabe a) der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 206 vom 22.7.1992, S. 7 - im Folgenden: FFH-Richtlinie), die dem Zugriffsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG unterliegt (vgl. § 10 Abs. 11 b) BNatSchG). Unio crassus gehört zugleich zu den die Verbote des § 42 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG auslösenden „besonders geschützten Arten“ (§ 10 Abs. 10 b) BNatSchG).
42 
Das Vorkommen der Bachmuschel wurde durch T... et al. in den drei Hauptbachsystemen Lipbach, Mühlbach und Brunnisach sowie im Ober- und Mittellauf des Manzeller Bachs (auch außerhalb des Trassenabschnitts) getrennt nach Lebendfunden, Alter und Länge sowie bezogen auf einzelne Gewässerabschnitte umfassend erhoben (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, Tab. A2). Wegen der besonderen naturschutzrechtlichen Relevanz der Bachmuschelvorkommen wurden auch Erhebungen über den Eingriffsraum hinaus getätigt (Artenschutzfachlicher Beitrag, S. 3). Ziel war, die Gewässer möglichst über ihre Gesamtausdehnung hin auf vorhandene Bachmuschelbestände zu kontrollieren. Zu diesem Zweck wurden Gewässerabschnitte abgegangen und der Gewässergrund visuell abgesucht, z.T. mit Hilfe eines Sichtrohrs. Zusätzlich wurden Siebkescherfänge durchgeführt. Auf diese Weise wurden etwa 35 km Gewässerlänge kartiert, die in 171 Gewässerabschnitte eingeteilt wurden. Die Länge der Einzelabschnitte variierte je nach der Strukturvielfalt der Gewässer: In Gewässern ohne Bachmuschelbestände wurde nur bei Vorliegen deutlicher struktureller Unterschiede eine Untereinteilung vorgenommen. In mäßig bis dicht besiedelten Teilbereichen wurden dagegen auch geringere strukturelle Unterschiede berücksichtigt, um so zu kürzeren Abschnitten zu kommen (Untersuchung zu streng geschützten Arten 2006, S. 7). Auf diese Weise ermittelten T... et al. für den Mühlbach einen Bachmuschelgesamtbestand von 1500 - 2000 Tieren, für die Brunnisach einen Gesamtbestand von 1000 Tieren, für den Lipbach keinen Bestand. Der Senat hat den Gutachter T... in der mündlichen Verhandlung informatorisch gehört. Dieser hat die von ihm angewandte Ermittlungs- und Bewertungsmethode nachvollziehbar erläutert und dabei ausgeführt, dass es sich bei der von ihm angewandten Übersichtsbegehung um eine fachlich übliche „Schwerpunktmethode“ handele, die insbesondere zur Feststellung unterschiedlicher Besiedlungsdichten und zur Dokumentation von Bestandsveränderungen geeignet sei. Die ebenfalls auf einer Übersichtskartierung basierenden Untersuchungen von H... (Untersuchungen zum aktuellen Bestand der kleinen Flussmuschel auf der Gemarkung Friedrichshafen, 2005) sei in die Ermittlung und Bewertung des Bachmuschelvorkommens eingeflossen. Allerdings könne der konkrete Bestand an Tieren zuverlässig nur durch Ertasten festgestellt werden. Bei dieser Methode sei ein flächendeckendes Ertasten, u.U. auch „Durchwühlen“ des Bachbetts nach Muscheln erforderlich. Die Methode könne angemessen sein, wenn ein kleinräumiger Abschnitt beurteilt werden müsse. Sie sei aber äußerst aufwändig und werde allgemein nicht angewandt, wenn es um Untersuchungen der hier vorliegenden Größenordnung (mehr als 30 km Gewässerlänge) gehe. Der ebenfalls informatorisch gehörte Sachverständige der Klägerseite, P..., hat diese Angaben in der mündlichen Verhandlung bestätigt und die von T... und H... angewandte Übersichtskartierung als „klassische Vorgehensweise“ bezeichnet. Sie sei bei einem Bearbeitungsumfang von mehr als 30 km Gesamtlänge angemessen, führe aber dazu, dass die Bestandserhebung mit erheblichen Unsicherheiten behaftet sei. Der konkrete Bestand von Tieren könne zuverlässig nur bei individuellem Ertasten jedes Exemplars festgestellt werden. Nach den insoweit übereinstimmenden Ausführungen beider Gutachter geht der Senat davon aus, dass die von T... et al. gewählte Methode guter fachlicher Übung entspricht, wissenschaftlich anerkannt ist und jedenfalls dann, wenn es - wie hier - darum geht, Gewässerabschnitte in der Größenordnung von 30 km großräumig zu erfassen, fachlich nicht beanstandet werden kann. Es widerspräche dem Maßstab praktischer Vernunft, wollte man bei der Beurteilung von Gewässerabschnitten solchen Umfangs ein händisches Ertasten der einzelnen Bachmuscheln verlangen. Eine solche Vorgehensweise ist in der Praxis kaum leistbar und steht trotz ihrer größeren Zielgenauigkeit nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dem dadurch bewirkten Erkenntnisgewinn. Denn eine erschöpfende Ermittlung der Population ist regelmäßig nicht erforderlich, um Intensität und Tragweite einer Beeinträchtigung hinreichend sicher erfassen zu können (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 243). Sie ist insbesondere auch nicht notwendig, um die Realisierbarkeit der Umsiedlung einer größeren Anzahl bestimmter Tiere von einem Bachabschnitt zum anderen beurteilen zu können. Beide Gutachter haben in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend angegeben, dass die Durchführbarkeit einer Umsiedlung nicht von der Anzahl der Tiere abhängt. Mit anderen Worten können sämtliche in einem bestimmten Bachabschnitt tatsächlich aufgefundenen Tiere auch dann umgesiedelt werden, wenn ihre zunächst (nur) im Wege der Schwerpunktmethode ermittelte Anzahl unterschätzt wurde.
43 
b) Die Planfeststellungsbehörde ist aufgrund der methodisch nicht zu beanstandenden Bewertung des Bachmuschelbestandes in der Brunnisach im Anschluss an den Artenschutzfachlichen Beitrag der Arbeitsgruppe T... et al. (dort S. 27 und 29) nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass die Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG in Bezug auf die Brunnisach nicht erfüllt sind. Der Planfeststellungsbeschluss geht deshalb davon aus, dass ein direkter Eingriff in das Gewässer unterbleibe; durch Spritzschutz auf der Brücke und eine entsprechende Fachbauleitung werde sichergestellt, dass es auch während der Bauphase nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Bachmuschelbestände durch Sedimenteinträge komme (Planfeststellungsbeschluss S. 162).
44 
aa) Mit ihrem Vorbringen, das Planvorhaben führe zu einem Zugriffsverbot in das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach, weil in dieses Gewässer eben doch direkt eingegriffen werde und zum anderen die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vorkehrungen zur Verhinderung von Sedimenteinträgen unzureichend seien, sind die Kläger materiell präkludiert. Für die Kläger zu 1 bis 3 ergibt sich dies aus § 17a Nr. 7 FStrG i.V.m. § 73 VwVfG. Die Planunterlagen wurden in der Zeit vom 26.05.2003 bis 26.06.2003 und erneut in der Zeit vom 19.02.2007 bis 19.03.2007 ausgelegt. Die Auslegung wurde jeweils ortsüblich - durch Veröffentlichung im Südkurier und in der Schwäbischen Zeitung - bekannt gemacht. Hierbei wurde jeweils auf den Lauf der zweiwöchigen Einwendungsfrist und die Folge der Präklusion bei Versäumung der Frist hingewiesen (§ 73 Abs. 4 VwVfG, § 17a Nr. 7 FStrG). Die Einwendungsfrist endete gemäß § 73 Abs. 4 VwVfG zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, mithin am 10.07.2003 bzw. am 02.04.2007 (§ 31 Abs. 1 VwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 1, 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB). Innerhalb dieser Fristen haben die Kläger zu 1 bis 3 zwar jeweils Einwendungen erhoben (Kl. zu 1: Schriftsätze vom 04.07.2003, vom 25.03.2007 und vom 02.04.2007; Kl. zu 2: Schriftsätze vom 07.07.2003 und vom 22.03.2007; Kl. zu 3: Schriftsätze vom 04.07.2003 und vom 26.03.2007), jedoch nicht in Bezug auf eine etwaige Gefährdung des Bachmuschelvorkommens in der Brunnisach. Soweit der Kläger zu 2 in seinem Schreiben vom 22.03.2007 auf die Einwendungen der Eheleute S... in deren Schreiben vom 18.03.2007 Bezug nimmt, finden sich dort zwar Ausführungen zum Bachmuschelvorkommen im Mühlbach, nicht aber zu dem in der Brunnisach. Einer solchen Konkretisierung der Einwendung gerade auf die Brunnisach hätte es aber - zur Vermeidung der Präklusionsfolge insoweit - bereits im Einwendungsverfahren bedurft. Zwar dürfen die Anforderungen an die Substantiierung - gerade bei anwaltlich nicht vertretenen Einwendern - nicht überspannt werden. Das Einwendungsvorbringen muss aber wenigstens so konkret sein, dass die Planfeststellungsbehörde erkennen kann, welchen Belangen sie in welcher Weise nachgehen soll (BVerwG, Urt. v. 21.06.2006 - 9 A 28.05 -, BVerwGE 126, 166, 172). Anzuknüpfen ist dabei an die ausgelegten Planunterlagen. Je konkreter diese sind, desto umfangreicher und detaillierter müssen die Darlegungen im Einwendungsverfahren sein (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 49). Hier erfassten die ausgelegten Planunterlagen (Ordner 1 bis 10) auch den in Ordner 9 enthaltenen Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan, in dem (dort S. 52 und Abbildung 7.3) ausdrücklich von „Bachmuschelvorkommen in unterschiedlicher Dichte in Abschnitten des Mühlbachs und der Brunnisach“ die Rede ist und der zwischen diesen Bachläufen differenziert. Da diese Bachmuschelvorkommen dort auch bereits einer - unterschiedlichen - qualitativen Bewertung unterzogen werden, genügt der Hinweis des Klägers zu 2 im Einwendungsverfahren darauf, dass durch das Planvorhaben die Bachmuschelvorkommen „im Mühlbach“ beeinträchtigt werden, nicht, um ihm auch spätere Einwendungen bezüglich der Brunnisach offen zu halten. Entsprechende Darlegungen bezüglich der Brunnisach wären den Klägern zu 1 bis 3 nach dem Ausgeführten auch ohne weiteres möglich gewesen, zumal die geplante Überquerung der Brunnisach durch Brückenbauwerke, die vorgesehene Aufweitung des Bachdurchlasses und die dadurch bedingten Gefährdungen des Bachmuschelbestandes Gegenstand des ausgelegten Erläuterungsberichts (Ordner 9, S. 33, Maßnahme Nrn. 5.1., 5.2. und 5.6. mit den dazugehörigen Plänen) waren. Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern zu 1 bis 3 hinsichtlich der dargelegten Versäumung der Einwendungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren gewesen wäre - mit der Konsequenz, dass sie im Klageverfahren nunmehr so zu stellen wären wie sie ohne Präklusion stünden (BVerwG, Urt. v. 30.07.1998 - 4 A 1.98 -, NVwZ-RR 1999, 162, 163) - sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
45 
bb) Auch der Kläger zu 4 ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen der Brunnisach präkludiert. Dies ergibt sich in seinem Fall aus § 61 Abs. 3 BNaSchG. Nach dieser Präklusionsvorschrift ist ein anerkannter Naturschutzverein im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die er im Verwaltungsverfahren hätte geltend machen können, aber nicht geltend gemacht hat. Diese Voraussetzungen liegen vor. Dem Kläger zu 4 wurden mit Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.05.2003, 18.06.2003, 01.03.2007 im Verwaltungsverfahren die Planunterlagen mit der Bitte um Stellungnahme übersandt. Außerdem wurde der Kläger zu 4 auf die Auslegung dieser Unterlagen hingewiesen. In den daraufhin erfolgten Stellungnahmen des Klägers zu 4 vom 29.07.2003 und 30.03.2007 wird das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht angesprochen. Entsprechende Einwendungen finden sich auch nicht in der - als Anlage zu dem Schreiben vom 30.03.2007 beigefügten - Stellungnahme der BUND-Ortsgruppe Friedrichshafen, wo zwar von der Schutzwürdigkeit der Brunnisach-Aue, nicht aber von der Brunnisach selbst und einer drohenden Gefährdung der dortigen Bachmuschelvorkommen die Rede ist. Aus dem Schreiben vom 30.03.2007 selbst ergibt sich andererseits eindeutig (dort S. 4), dass dem Kläger zu 4 der bereits erwähnte Erläuterungsbericht zum landschaftspflegerischen Begleitplan - und damit dessen Hinweis auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach, die vorgesehene Querung der Brunnisach und die zum Schutz der Brunnisach-Aue vorgesehenen Maßnahmen - bekannt war. Zudem beschäftigt sich der Kläger zu 4 an gleicher Stelle mit den Untersuchungen von T..., in denen ebenfalls die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach problematisiert werden. Dem Kläger zu 4 wäre es deshalb ohne weiteres möglich gewesen, auch die Gefährdung der Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach - insbesondere die zum Schutz dieses Vorkommens aus seiner Sicht notwendigen Maßnahmen - zum Gegenstand seiner Einwendungen zu machen. Die Tatsache, dass das Schreiben vom 30.03.2007 auf die Untersuchung von H... vom 02.09.2005 (GA, Anlage K 10) Bezug nimmt und sich in dieser Untersuchung auch Bezüge auf Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach finden, ändert nichts daran, dass die Brunnisach nicht Gegenstand der Einwendungen des Klägers zu 4 war. Denn die Bezugnahmen auf die Untersuchung von H... stehen eindeutig nur im Zusammenhang mit den Ausführungen zum Mühlbach in dem Schreiben vom 30.03.2007. Auch von dem Kläger zu 4 war aber zu verlangen, dass er bereits im Einwendungsverfahren konkret darlegt, welches Schutzgut durch welche Beeinträchtigungen in welcher räumlichen Zuordnung betroffen ist (BVerwG, Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 4.03 -, DVBl. 2004, 655, juris Rdnr. 26f). Die Grundlinien seines Klagevorbringens müssen sich bereits seinem Vortrag während des Verwaltungsverfahren entnehmen lassen. (zu diesem Maßstab BVerwG, Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, BVerwGE 116, 254, juris Rdnr. 16). Wie aufgezeigt, ist dies ist in Bezug auf das Bachmuschelvorkommen in der Brunnisach nicht der Fall.
46 
c) Aus den Ausführungen zu b) ergibt sich zugleich, dass jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 mit ihren Einwendungen bezüglich der Gefährdung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach nicht präkludiert sind. Insoweit ist deshalb zu prüfen, ob Vorschriften des Artenschutzrechts dem Planfeststellungsvorhaben als gesetzliche Planungsgrenze entgegen stehen. In Bezug auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach greift - wie von dem Beklagten angenommen - zwar der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 BNatSchG ein (dazu aa)), auch kann die Tatbestandsverwirklichung nicht mit Hilfe des § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneint werden (dazu bb)); der Beklagte hat jedoch zu Recht nach § 43 Abs. 8 BNatSchG eine Ausnahme von den Verboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zugelassen (dazu cc)).
47 
aa) Zu Recht geht der Planfeststellungsbeschluss davon aus, dass es zu einem direkten Eingriff in die Bachmuschelbestände des Mühlbachs kommt, soweit der Bach auf einem 460 m langen vorkommenrelevanten Abschnitt verlegt wird (ersichtlich aus Ordner 9, Unterlage 12.0A, Abb. 7.3) und die betroffenen Bachmuscheln vor Baubeginn in geeignete Bachabschnitte oberhalb der Baustelle umgesiedelt werden sollen (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Ordner 3, Unterlage 12.0, Maßnahme 14.1). Denn diese Umsiedlung wird möglicherweise nicht ohne eine - unbeabsichtigte - Tötung bzw. Verletzung einzelner Tiere vonstatten gehen können. Weiterhin besteht die Gefahr, dass es baubedingt zu Beeinträchtigungen von Bachmuschelvorkommen im Unterlauf des Baches kommen kann. Insoweit geht der Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar von einem Eingreifen der Zugriffsverbote des § 42 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BNatSchG aus (Planfeststellungsbeschluss S. 162/163). Unschädlich ist es, dass die Planfeststellungsbehörde hierbei nicht näher zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 42 BNatSchG differenziert hat (zu diesem Erfordernis BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 88). Denn zum einen sieht sie auf S. 163 des Planfeststellungsbeschlusses die Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 3 kumulativ als erfüllt an, zum anderen ergibt sich dies unabhängig davon hinreichend klar auch aus dem vom Planfeststellungsbeschluss in Bezug genommenen Artenschutzfachlichen Beitrag (dort S. 29 und 30). Dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Bestimmtheits- und Begründungsgebot ist damit genügt (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 a.a.O.).
48 
Die Rüge der Kläger, bezüglich der Bachmuschelbestände oberhalb der geplanten Anschlussstelle Schnetzenhausen sei ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 BNatSchG infolge baubedingter Beeinträchtigungen nicht geprüft worden, geht fehl. Auf S. 29 des Artenschutzfachlichen Beitrags wird auf diesen Gesichtspunkt gesondert hingewiesen und festgestellt, Prognoseunsicherheiten hinsichtlich beeinträchtigender Sedimenteinträge könnten durch ein Konzept zur Überwachung, Kontrolle und Durchführung ggf. ergänzender Maßnahmen in Abstimmung mit der Naturschutzverwaltung angemessen berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang wurde die Einrichtung von Spritzschutz auf der Brücke und die Einrichtung einer entsprechenden Fachbauleitung genannt, wodurch ggf. beeinträchtigende Sedimenteinträge zu vermeiden seien. Diesen Erwägungen des Gutachters ist die Planfeststellungsbehörde gefolgt (S. 162/163). Dementsprechend sieht der landschaftspflegerische Begleitplan (LBP) als Maßnahme Nr. 10 (Ordner 3, Unterlage 12.0, S. 105) betreffend „Maßnahmen nördlich Schnetzenhausen“ im Zusammenhang mit den Baumaßnahmen zur Querung des Mühlbaches die Maßnahmen 10.1 und 10.4. („Schutz des Bachlaufs während der Bauphase gegenüber Verunreinigungen gemäß RAS-LP 4 zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des unio-crassus-Vorkommens bei Schnetzenhausen“, vgl. auch Pläne 5A und 6A in Ordner 9, Unterlage 12.4A) vor.
49 
bb) Soweit damit die Zugriffstatbestände nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG anzunehmen sind, lässt sich die Tatbestandsverwirklichung auch nicht mit Blick auf § 42 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG verneinen. Nach dieser Vorschrift liegt ein Verstoß gegen § 42 Abs. 1 Nr. 1 und § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG bei bestimmten in Abschnitt IVa der FFH-Richtlinie genannten Tierarten, u.a. der Bachmuschel, nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt sind. Wie der Planfeststellungsbeschluss auf S. 163 zu Recht ausführt, können diese Voraussetzungen hier nicht angenommen werden, weil die durch die Umsiedlung betroffenen Bachabschnitte vorübergehend als Fortpflanzungs- und Ruhestätten verlorengehen und erst mit - nicht kompensierbarer - zeitlicher Verzögerung wiederhergestellt werden können.
50 
cc) Der Beklagte hat in dem Planfeststellungsbeschluss zugleich (vgl. A. III. 9 des verfügenden Teils und Begründung S. 172ff) zu Recht eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG getroffen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahme von den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG bezüglich des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach liegen vor: Die Ausnahme erfolgt hier aus Gründen, die eine Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 und 5 BNatSchG tragen (dazu (a)). Eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG existiert nicht (dazu (b)); auch führt der Eingriff in Verbotstatbestände des § 42 Abs. 1 BNatSchG hier nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG (dazu (c)).
51 
(a) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG können im Einzelfall Ausnahmen „im Interesse der Gesundheit des Menschen“ zugelassen werden. Der Begriff wird im BNatSchG nicht definiert, beruht jedoch auf Art. 16 Abs. 1 c) der FFH-Richtlinie, wonach die Mitgliedsstaaten von den artenschutzrechtlichen Vorschriften der Art. 12, 13 und 14 der Richtlinie u.a. „zum Schutz der Volksgesundheit (…) oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses (…)“ abweichen können. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei der Volksgesundheit um einen Teilausschnitt der „zwingenden Gründe des überwiegenden Interesses“ handelt. In diesem Sinne sind auch die Auslegungshinweise der EU-Kommission zu der - insoweit mit Art. 16 Abs. 1 c) vergleichbaren - Vorschrift des § 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie (Ziffer 1.8.2.) zu verstehen. Das Bundesverwaltungsgericht geht in Bezug auf die vergleichbare Vorschrift des § 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie ebenfalls von diesem Verständnis aus (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 38). Dies rechtfertigt es, § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Gleichlauf zu § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zu interpretieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlangen „zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 es nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Zu verlangen ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, juris Rdnr. 39; Urt v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 153). Dies bedingt, dass die Gegebenheiten des Einzelfalles näher ermittelt werden und eine der Ermittlung des überwiegenden öffentlichen Interesses dienende Abwägung, keine nur pauschale Betrachtungsweise angestellt wird (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O. Rdnr. 153ff; auch Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07, BVerwGE 131, 274, juris Rdnr. 122ff; BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131). Die in den genannten Urteilen entwickelten Voraussetzungen beziehen sich zwar auf das Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 der FFH-Richtlinie, § 34 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 1 NatSchG), das Bundesverwaltungsgericht hat aber ausdrücklich festgestellt, dass sich artenschutzrechtlich keine strengeren Anforderungen ergeben (Urt. v. 12.02.2008, a.a.O., Rdnr. 239; Urt. v. 09.07.2008 a.a.O., Rdnr. 124ff, 127) und prüft in Bezug auf den Artenschutz dieselben Gesichtspunkte.
52 
Bei Anlegung dieser Maßstäbe wiegen artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen der Bachmuschel hier nicht so schwer, dass ihnen gegenüber den mit dem Vorhaben verfolgten Zielen von vornherein größere Durchschlagskraft zukäme. Bereits die gesetzliche Bedarfsfeststellung (s.o.) verleiht dem Planvorhaben - und damit dem öffentlichen Interesse - einen besonderen Stellenwert (BVerwG, Urt. v. 12.03.2008, a.a.O., juris Rdnr. 159). Zudem hat die Planfeststellungsbehörde als Gründe für die Ausnahmeentscheidung den Gesundheitsschutz (Entlastung umfangreicher Stadtbereiche von Friedrichshafen von erheblichen Verkehrsmengen, dadurch bewirkte Reduzierung der Lärm- und Schadstoffbelastung), die Erhöhung der Verkehrssicherheit durch vierspurigen Ausbau, die funktionsgerechte Bewältigung zu erwartender steigender Verkehrsaufkommen sowie die Bündelung der Verkehre unter Verzicht auf Aus- und Neubaumaßnahmen auf der B 33 angeführt (Planfeststellungsbeschluss S. 173/174 i.V.m. S. 35 bis 44). Hierbei handelt es sich einzeln und kumulativ um ihrer Art nach tragfähige Belange für eine Ausnahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 - a.a.O., juris Rdnr. 158-160). Anhaltspunkte für eine Fehlgewichtung der ihrer Art nach tragfähigen Abweichungsgründe sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in Bezug auf den Artenschutz insbesondere nicht verkannt, dass die von ihm angeführten Gründe nicht ohne weiteres, sondern nur nach Maßgabe einer Abwägung mit dem in den Zugriffsverboten des § 42 Abs. 1 BNatSchG zum Ausdruck kommenden besonderen Artenschutzinteresse eine Abweichung rechtfertigen können. Ohne Rechtsfehler ist er im Ergebnis davon ausgegangen, dass für den Artenschutz keine unwiederbringlichen Einbußen entstehen. In Bezug auf unio crassus wurde in diesem Zusammenhang nicht verkannt, dass der Erhaltungszustand dieser Population in Deutschland insgesamt als ungünstig bzw. kritisch eingestuft wird; mit Blick darauf wurden besondere Sicherungsmaßnahmen ergriffen (Umsiedlung der Bachmuscheln im in Anspruch genommenen Abschnitt des Mühlbachs; Infektion von Fischen mit Muschellarven aus dem Mühlbach, Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs, Monitoring, vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag S. 28 und 30; A.V.7.8. des verfügenden Teils des Planfeststellungsbeschlusses, dazu im Einzelnen s.u.).
53 
(b) Ohne Rechtsfehler ist die Planfeststellungsbehörde weiter davon ausgegangen, dass eine zumutbare Alternative zum planfestgestellten Bau der B 31 (neu) i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht besteht. Anders als die fachplanerische Alternativenprüfung ist die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung nicht Teil der planerischen Abwägung. Der Planfeststellungsbehörde ist für den Alternativenvergleich kein Ermessen eingeräumt, weshalb diese einer uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (BVerwG, Urt. v. 27.01.2000 - 4 C 2.99 -, BVerwGE 110, 302, 310; Urt. v. 12.03.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169).
54 
(aa) Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheidet als zumutbare Alternative bereits deshalb aus, weil für das Vorhaben zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses streiten (s.o. und BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 142). Es bleibt aber zu prüfen, ob es zumutbar ist, auf Standort- oder Ausführungsalternativen auszuweichen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Alternativenprüfung beim Habitatschutzrecht (Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie - „Alternativlösung nicht vorhanden“- und § 34 Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, § 38 Abs. 3 Nr. 2 NatSchG - „zumutbare Alternativen nicht vorhanden“ -) geht dahin, dass Alternativen, die nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden können, außer Betracht bleiben dürfen und das zumutbare Maß an Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen darf. Bei der Trassenwahl können nicht nur verkehrstechnische Gesichtspunkte, sondern auch finanzielle Erwägungen ausschlaggebende Bedeutung erlangen. Der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann es auch rechtfertigen, selbst naturschutzfachlich vorzugswürdige Alternativen aus gewichtigen naturschutzexternen Gründen auszuscheiden. Zumutbar ist eine Alternative auch dann nicht mehr, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger zulässig verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten; Abstriche an den mit dem Vorhaben erstrebten Planungszielen muss er aber ggf. hinnehmen (BVerwG, Urt. v. 12.2.2008 - 9 A 3.06 -, NuR 2008, 633, juris Rdnr. 169ff; Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 140ff). Für die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG gelten vergleichbare Anforderungen (BVerwG, Urt. v. 12.02.2008 - 9 A 3.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 240; Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O., juris Rdnr. 124ff, insbes. 127). Allerdings hat das Bundesverwaltungsgericht offen gelassen (BVerwG, Urt. v. 09.07.2008 - 9 A 14.07 -, a.a.O. juris Rdnr. 122), ob die Einschränkung, dass der Vorhabensträger ggf. Abstriche von den mit dem Vorhaben angestrebten Planungszielen hinnehmen muss, auch dann gilt, wenn es - wie hier - um eine artenschutzrechtliche Alternativenprüfung außerhalb der Gebiete des Natura-2000-Netzes geht. Diese Frage kann auch hier dahingestellt bleiben. Denn die von der Planfeststellungsbehörde angestellte Alternativenprüfung ist auch dann nicht zu beanstanden, wenn man davon ausgeht, dass der Vorhabensträger hier im Grundsatz Abstriche am Erreichungsgrad der mit dem Vorhaben angestrebten Planungsziele hinnehmen muss.
55 
(bb) Die Planfeststellungsbehörde hat zahlreiche Trassenvarianten untersucht und in rechtlich nicht zu beanstandender Weise verworfen. So führt die sog. „Amtstrasse“ im Vergleich zur planfestgestellten „Bahntrasse“ zu höheren ökologischen Risiken, weil sie erstmals die als relativ störungsarm angesehene Fischbacher Senke sowie weitere Entwicklungsräume durchschneidet. Auch verläuft die bei dieser Variante in gleicher Weise erforderlich werdende Querung der Brunnisach in einem Bereich, der hinsichtlich Bestand und Entwicklungspotential höher einzuschätzen ist als der bei der Bahntrasse betroffene Bereich (Planfeststellungsbeschluss S. 28f und Umweltverträglichkeitsstudie, S. 241). Die Alternative „Südumfahrung Schnetzenhausen“ wurde u.a. deshalb verworfen, weil sie in einen Abschnitt des Mühlbaches eingreifen würde, der die individuenreichsten Bestände der Bachmuschel aufweist (Planfeststellungsbeschluss S. 50) und in größerem Maße als die gewählte Nordumfahrung von Schnetzenhausen geschützte Biotope i.S.v. § 24a NatSchG BW tangiert (Umweltverträglichkeitsstudie S. 242). Die ebenfalls untersuchte „Variante 1 mit äußerer Querspange“ ist gerade in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht weniger problematisch als die planfestgestellte Bündelungsvariante, weil sie weitere Waldflächen zwischen L 328b und K 7739 in Anspruch nehmen, reliktische, entwicklungsfähige Grünlandflächen beeinträchtigen und in das FFH-Gebiet „Rotachtal Bodensee“ eingreifen würde (Planfeststellungsbeschluss S. 53/54). Die weiterhin untersuchte, aber bereits im vorangegangenen Raumordnungsverfahren nach Grobkriterien ausgeschiedene „Steigwiesentrasse“ weist bezüglich aller betrachteten Schutzgüter gegenüber der planfestgestellten Variante Nachteile auf und würde insbesondere zu einer nahezu vollständigen Entwertung der Fischbacher Senke führen, die den einzigen noch größeren Bereich mit entwicklungsfähigem Grünland im Untersuchungsbereich der B 31 darstellt (Stellungnahme Dipl. Ing. S... v. 12.12.2006 als Teil des Gutachtens Nr. XIII A - Ergänzende Stellungnahme der Straßenbauverwaltung vom 09.01.2007). Schließlich durfte auch die „Bauerntrasse“ als ungeeignete Alternative verworfen werden, weil sie zu einer völligen Entwertung des bisher relativ ungestörten, hochwertigen Landschaftsraumes nördlich der Linie Kluftern/Efrizweiler/Unterraderach führen, das FFH-Gebiet „Hepbacher/Leimbacher Ried“ tangieren und entlang des Waldzuges Buchschach sowie im Mühlbachtal Eingriffe in einem Bereich verursachen würde, der von der Naturausstattung her zu den hochwertigsten Flächen im betrachteten Naturraum gehört (Planfeststellungsbeschluss S. 57f, insb. S. 60).
56 
(cc) Entgegen der Auffassung der Kläger kommt auch ein Verzicht auf einen 4-spurigen Neubau der B 31 zugunsten einer nur zweispurigen Variante als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dem steht bereits entgegen, dass der vierspurige Ausbau als gesetzlicher Bedarf im Fernstraßenausbaugesetz verbindlich festgelegt ist (s.o.). Unabhängig davon würde diese Lösung darauf hinauslaufen, dass sich die mit dem Vorhaben verfolgten Ziele nicht erreichen lassen, zumindest aber der Vorhabensträger in einem nicht mehr zumutbaren Umfang Abstriche an dem Grad der Zielerreichung machen müsste: Mit dem angestrebten vierspurigen Ausbau möchte der Vorhabensträger die Leistungsfähigkeit der B 31 für den zwischenörtlichen, überörtlichen und überregionalen Verkehr verbessern. Beabsichtigt ist eine Entlastung des Stadtbereichs Friedrichhafen und seiner Ortsteile vom Durchgangsverkehr, eine Erhöhung der Verkehrsicherheit durch vierspurigen Ausbau und eine Bündelung des Nord-Süd und Ost-West-Verkehrs im Bodenseeraum. Zu diesem Zweck soll - unter weitgehendem Verzicht auf einen Neu- und Ausbau der B 33 - der von Nordwesten aus Richtung Markdorf kommende und nach Süden bzw. Osten fließende Verkehr an die B 31 (neu) angebunden und auf dieser gebündelt weitergeleitet werden. Wesentlich für die Erreichung der Bündelungsfunktion - insbesondere für den überörtlichen Verkehr mit Fahrtziel Ravensburg - ist, dass die Strecke im Endausbau durchgehend zweibahnig mit 130 km/h befahren werden kann (S. 35/36 des Planfeststellungsbeschlusses). Unter Zugrundelegung des Verkehrsgutachtens der M... ... ... ... vom 30.11.2005 (mit ergänzenden Stellungnahmen zu den Themen „Anschlussvarianten“ vom 30.03.2006, „Leistungsfähigkeit Anschlussstelle Colsmannstraße und Riedleparktunnel“ vom 26.10.2006 und „K 7742 neu Ortsumfahrung Schnetzenhausen“ vom 27.09.2006), auf dessen Prognoseergebnisse sich die Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der künftigen Verkehrsentwicklung gestützt hat, liegt die Verkehrsbelastung auf der B 31 (neu) zwischen dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein und dem Anschluss an die B 30 (neu) bei Löwental nach Vollendung des Planfalls 7.5 (B 31 (neu) vierspurig ab Überlingen bis zur Anbindung an die B 30 (neu) vierspurig bei der AS Löwental, Riedleparktunnel vierspurig, L 205 neu, K 7743 neu, K 7742 neu) bezogen auf das Jahr 2020 zwischen 46.100 und 55.200 Kfz/24h (Gutachten, Plan 36/37). Im Planfall Zwischenstufe 2 (wie Planungsfall 7.5, aber ohne vierspurigen Ausbau der B 31 von Immenstaad bis Überlingen) werden für den genannten Abschnitt zwischen 41.200 und 51.800 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten, Plan 26/27). Im Planfall Zwischenstufe (Riedleparktunnel nur zweispurig wie im Bestand, nur B 31 (neu) vierspurig von Immenstaad bis Friedrichshafen) liegen die entsprechenden Zahlen zwischen 26.300 und 39.400 Kfz/24h (Gutachten Plan 16/17). Selbst für den Prognosenullfall werden auf der B 31 (alt) zwischen Fischbach und Friedrichshafen Zentrum bei Manzell 38.000 Kfz/24h prognostiziert (Gutachten Plan 8). Nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Querschnitte“ (RAS-Q 96) ist aber jedenfalls ab ca. 30.000 Kfz/24h ein vierspuriger Ausbau mit zwei Standstreifen erforderlich. Hieraus ergibt sich, dass ein lediglich zweispuriger Ausbau der B 31 (neu) schon in den Zwischenstufen - erst Recht im Planungsfall 7.5 - die erwarteten Verkehrsmengen nicht hinreichend aufnehmen kann. Die Bündelungsfunktion - als Kernstück des Planungsziels - würde daher bei einem nur zweispurigen Ausbau nicht erreicht werden, weil Autofahrer bei nicht hinreichendem Verkehrsfluss aller Erfahrung nach auf andere Strecken ausweichen werden. Dadurch stünde auch die Entlastungsfunktion des Vorhabens komplett in Frage. Unabhängig davon würden die mit der Vierspurigkeit bezweckte Erhöhung der Verkehrssicherheit in jedem Fall nicht erreicht werden können.
57 
Die Kläger haben gegen die Verkehrsprognose von M... ... und die von der Planfeststellungsbehörde hierauf gestützte Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus allerdings Einwendungen erhoben. Diese sind hier nicht bereits deshalb unbeachtlich, weil die Notwendigkeit des vierspurigen Ausbaus mit Blick auf die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung feststeht (s.o.) und Angriffe gegen die den Ausbau begründende Verkehrsprognose deshalb ins Leere gingen. Denn die gesetzliche Bindungswirkung präjudiziert eine auf der Ebene der Planfeststellung erforderliche Abweichungsprüfung nach § 34 Abs. 3 BNatSchG nicht in jeder Hinsicht (BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - , BVerwGE 128, 1, juris Rdnr. 131ff, 135ff). In Bezug auf die Ausnahmeprüfung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG gilt nichts anderes. Auch insoweit ist anhand der konkreten Planungssituation zu ermitteln, mit welchem Gewicht der vom Gesetzgeber festgestellte Bedarf in Konkurrenz mit gegenläufigen Belangen zu Buche schlägt. Durchschlagende Angriffe gegen die Verkehrsprognose mindern möglicherweise das Gewicht der zugunsten der Planung streitenden öffentlichen Interessen.
58 
Die maßgeblich auf das Gutachten von R... ... vom 18.09.2008 (GA, Anlage K 2a) gestützten Einwendungen der Kläger gegen die der Planfeststellung zugrunde liegende Verkehrsprognose greifen hier nicht durch. Das Gericht hat insoweit - bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der (letzten) Behördenentscheidung - nur zu prüfen, ob die Prognose mit den zu jener Zeit verfügbaren Erkenntnismitteln unter Beachtung der für sie erheblichen Umstände sachgerecht erarbeitet worden ist. Es überprüft die Wahl einer geeigneten fachspezifischen Methode, die zutreffende Ermittlung des Sachverhalts und ob das Ergebnis einleuchtend begründet worden ist. Ferner ist zu fragen, ob die mit jeder Prognose verbundene Ungewissheit künftiger Entwicklungen in einem angemessenen Verhältnis zu den Eingriffen steht, die mit ihr gerechtfertigt werden sollen. Es ist hingegen nicht Aufgabe der Gerichte, das Ergebnis einer auf diese Weise sachgerecht ermittelten Prognose darauf zu überprüfen, ob die mit Sicherheit oder größerer bzw. geringerer Wahrscheinlichkeit prognostizierte Entwicklung eintreten wird oder durch die spätere Entwicklung bestätigt oder widerlegt ist (zu diesem Prüfungsmaßstab BVerwG, Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 -, juris Rdnr. 41, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 53.97 -, BVerwGE 107, 142, juris Rdnr. 25). Bei Anwendung dieser Maßstäbe erweist sich die Verkehrsprognose von M... ... nicht als fehlerhaft:
59 
(aaa) Grundlage der Verkehrsprognose von M... ... sind - wie sich aus dem Gutachten vom 30.11.2005, aus der vorhergehenden Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 vom 29.02.2002 sowie aus den Ausführungen des vom Senat informatorisch gehörten Gutachters S... in der mündlichen Verhandlung ergibt - Verkehrsdaten, die von M... ... seit 1979 im Bereich des nördlichen Bodenseeufers (Markdorf - Überlingen - Meersburg - Immenstaad - Friedrichshafen -Salem - Ravensburg) im Rahmen verschiedener Raumordnungs- und Planungsverfahren jeweils ermittelt und sodann aktuell fortgeschrieben wurden. Zu diesem Zweck wurden kontinuierlich mehrtägige Verkehrszählungen (7 Tage à 4 Stunden an Werktagen, Sonntagen und Ferientagen) durchgeführt. Die Zählergebnisse wurden sodann hochgerechnet auf das Jahresmittel. Ergänzend wurden in dem Untersuchungsraum kontinuierlich Verkehrsbefragungen durchgeführt; nach den Angaben des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung fand die letzte Befragung in Friedrichshafen im Jahre 1998 statt. Auf diese Weise konnte M... ... im Laufe der Zeit eine auf den Gesamtraum Überlingen - Markdorf - Immenstaad - Friedrichshafen - Ravensburg bezogene Matrix der kleinräumigen Verkehrsbeziehungen aufbauen. Unter Verwendung eines von der TU München entwickelten und von den Klägern nicht substantiiert angegriffenen, fachlich anerkannten EDV-Umlegungsmodells, das laufend neuesten Erkenntnissen angepasst wurde, wurde bei der Erstellung der erwähnten Matrix die spezielle Infrastruktur (Siedlungsverteilung, Hauptverkehrsstraßennetz) im Bodenseekreis, im Hinterland, im Landkreis Ravensburg bzw. in der Region mittleres Schussental sowie in den östlich angrenzenden Gebieten (Landkreis Lindau) berücksichtigt. Zu diesem Zweck wurde der Untersuchungsraum in knapp 300 Verkehrszellen eingeteilt, wobei jede Verkehrszelle das individuelle räumliche Verkehrsaufkommen mit je nach Lage unterschiedlichen Anteilen des Ziel-, Quell- und Binnenverkehrs abbildet. Auf diese Weise wurde eine Fahrtenanzahl von insgesamt knapp 400.000 Kfz/24 h im Untersuchungsraum über eine Gesamtzahl von über 800 Einspeisungspunkten in das Umlegungsmodell eingebracht.
60 
Unter Rückgriff auf das beschriebene Modell wurde von M... ... anhand der von den Kommunen zur Verfügung gestellten Entwicklungsdaten (Flächennutzungspläne etc.) sowie der 1998 prognostizierten allgemeinen Verkehrszuwachsdaten (Motorisierungs- und Mobilitätsentwicklung) zunächst im Wege der Modellprognose eine Verkehrsprognose für das Jahr 2010 erstellt. Diese Prognose wurde sodann im Jahr 2002 unter Beachtung der Tendenzen, die z.B. über amtliche DTV-Zählungen festgestellt werden konnten, sowie unter Berücksichtigung lokaler Verkehrserzeuger (Bodensee-Center, Neue Messe Friedrichshafen) im Wege der Trendprognose auf das Jahr 2015 fortgeschrieben (Gutachten „Aktualisierung der Verkehrsdaten 2002 - Fortschreibung der Verkehrsprognose 2015 vom 29.08.2002). Für diese Fortschreibung wurden am 23.07.2002 an verschiedenen Stellen in Friedrichshafen Zählungen durchgeführt. Die letzte Aktualisierung fand im Jahre 2005 statt. Zu diesem Zweck wurden am 05.07.2005, einem „Normaldienstag“ außerhalb der Ferien zur Dokumentation des Verkehrsaufkommens im Istzustand Verkehrszählungen im Untersuchungsraum durchgeführt (zur Lage der Zählstellen vgl. Gutachten vom 30.11.2005, Pläne 1 und 2). Ausgehend von der Datenbasis des Verkehrsaufkommens 2005 wurde die bereits erwähnte Matrix der Verkehrsbeziehungen erneut auf das Jahr 2005 fortgeschrieben.
61 
(bbb) Der Einwand der Kläger, dass die am 05.07.2005 ermittelten werktäglichen Belastungen nicht auf das Wochenmittel umgerechnet worden seien, ist zwar richtig, aber nicht stichhaltig. Wie ausgeführt, wurden die am 05.07.2005 ermittelten Daten lediglich zur Fortschreibung bereits vorhandenen Datenmaterials verwendet, in das aber zahlreiche Verkehrszählungen (u.a. auch die amtlichen DTV-Zählungen) und damit auch die Verkehrssituation am Wochenende eingeflossen sind.
62 
(ccc) Der Einwand, dass das Untersuchungsgebiet zu klein gewählt worden sei, greift ebenfalls nicht durch. Die Kläger vermissen hier eine Berücksichtigung großräumiger Verkehrsverlagerungen, z.B. von Autobahnverkehren (A 8 Karlsruhe-München) und von der A 8 auf die B 31 (neu). Insoweit weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass solche großräumigen Betrachtungen kaum sinnvoll und zuverlässig erbracht werden können und sich hier vielfach gegenläufige Entwicklungen überlagern und ausgleichen. Auch das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... zeigt insoweit nicht auf, inwiefern solche großräumigen Verkehre sinnvoll erfasst werden könnten und beschränkt sich auf ein unsubstantiiertes Bestreiten (dort S. 3/4). Vor allem aber ist dem Gutachten von M... ... vom 30.11.2005 zu entnehmen (S. 4), dass naheliegende Fernbeziehungen, z.B. bis in den Raum Ulm, über ein „in den Randbereichen vereinfachtes Netzmodell“ in die Berechnung eingeflossen sind.
63 
(ddd) Ohne Erfolg bleibt ferner der Einwand, dass ausschließlich Verkehrsmengenzählungen und keine Verkehrsbefragungen nach Quellen und Zielen durchgeführt worden seien (Gutachten R... ... S. 4). Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung unwiderlegt ausgeführt hat, wurden im Rahmen der langjährigen Verkehrsuntersuchungen von M... ... im Bodenseeraum regelmäßig Verkehrsbefragungen durchgeführt. Bezogen auf Friedrichshafen hat die letzte Befragung zwar bereits 1998 stattgefunden; das von M... ... angewandte, oben dargestellte Umlegungsmodell zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass es - aufgrund der kleinräumigen Erfassung der Verkehre in Verkehrszellen - den Ziel- und Quellverkehr differenziert erfasst und sich nicht auf eine bloße Verkehrsmengenbetrachtung beschränkt. Das von M... ... verwendete Modell bringt es mit sich - wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt hat - , dass in den einzelnen Verkehrszellen unterschiedlich hohe Verkehrsaufkommen entsprechend der jeweils unterschiedlichen Anteile an Verkehrsarten jeweils unterschiedlich hochgerechnet wurden. Eine individuelle Bewertung des Ziel- und Quellverkehrs - auf dessen Erfassung eine Verkehrsbefragung gerade zielt - ist deshalb unabhängig von einer (aktuellen) Verkehrszählung gewährleistet. Der Senat vermag nicht zu erkennen - auch das Vorbringen der Kläger gibt insoweit keine Hinweise -, dass und inwiefern ein auf Verkehrsbefragungen beruhendes Modell dem von M... ... verwendeten Umlegungsmodell methodisch in einem Maße überlegen wäre, dass aussagekräftige Aussagen zur Verkehrsentwicklung nur auf der Basis von Verkehrsbefragungen zustande kommen könnten.
64 
(eee) Soweit die Kläger - und der von ihnen in die mündliche Verhandlung gestellte Sachverständige W... - kritisieren, ein Vergleich der im M... ...-...-Gutachten vom 30.11.2005 zugrunde gelegten Straßenbelastung (im Analyse-Nullfall 2005) ergebe signifikante Abweichungen von den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung 2005, kann dem nicht schon - wie der Beklagte meint - entgegen gehalten werden, dass die Zählergebnisse erst 2007 herausgegeben worden seien und im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens vom 30.11.2005 noch nicht vorgelegen hätten. Denn sie standen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zur Verfügung. Aufgrund der Ausführungen des Gutachters in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats aber fest, dass die von den Klägern und dem Sachverständigen W... kritisierte Abweichung auf grundlegenden Unterschieden bei der Erhebungsmethodik beruhen, weshalb ein Vergleich der von M... ... ermittelten Verkehrsbelastung 2005 mit den Ergebnissen der amtlichen Straßenverkehrszählung schon im Ansatz nicht möglich ist.
65 
Der Gutachter S... hat in der mündlichen Verhandlung unwidersprochen ausgeführt, dass die an den Zählpunkten der Amtlichen Straßenverkehrszählung ermittelten Verkehrszahlen - allein in Baden-Württemberg gebe es 4000 Zählpunkte - bundesweit und bundeseinheitlich in Aachen aufbereitet, d.h. anhand raumspezifischer Faktoren gewichtet und auf einen Jahreszeitraum umgerechnet würden. Die sich hieraus ergebende durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung (DTV) gebe nur die Verkehrsmenge an einem bestimmten Zählpunkt wieder. Nicht berücksichtigt sei in den DTV-Werten die Art des Verkehrs und die Aufteilung nach Verkehrsbeziehungen. Insbesondere der kleinräumige Binnenverkehr sei in den DTV-Werten nicht erfasst. Dagegen begnüge sich die von M... ... verwendete Verkehrsmatrix nicht mit Aussagen zur Verkehrsmenge, sondern differenziere weiter nach der Art des Verkehrs. Sie bilde gerade kleinräumige Verkehrsbeziehungen unter Einschluss des Binnenverkehrs ab. Nachvollziehbar und widerspruchsfrei hat der Gutachter in der mündlichen Verhandlung dargestellt, dass die von M... ... verwendete Methode zu - auch signifikant - höheren Verkehrszahlen als die amtliche Straßenverkehrszählung führen kann, weil bei der verkehrszellenbezogenen kleinräumigen Erfassung der Verkehrströme auch solche Verkehre abgebildet werden, die z.B. vor Erreichen der amtlichen Zählstelle abbiegen oder erst nach der Zählstelle in die betreffende Straße einfahren, ohne die Zählstelle selbst zu passieren. Den Ausführungen des Sachverständigen zu diesen methodischen Unterschieden sind die Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht substantiiert entgegen getreten. Auch der Sachverständige W... hat die aufgezeigten methodischen Unterschiede nicht grundsätzlich bestritten. Er hat allerdings in Frage gestellt, dass es einer kleinräumigen Betrachtung des Untersuchungsraums überhaupt bedurfte. Nach Auffassung des Senats liegt es jedoch auf der Hand - und ist ohne weiteres plausibel -, dass die B 31 (neu) nicht nur hauptsächlich von Durchgangsverkehr, sondern in erheblichem Umfang auch von Binnenverkehr mit Fahrtzielen in der Innenstadt von Friedrichshafen befahren werden wird. Die gesonderte kleinräumige Erfassung dieser Binnenverkehre - entsprechend der von M... ... angewandten Methode - mag rechtlich nicht zwingend geboten sein, insbesondere mag es zur Erfassung der gegebenen Verkehrsbelastung bzw. zur Erstellung einer Verkehrsprognose sogar ausreichen, einen gröberen Maßstab zu wählen. Umgekehrt ist es aber nicht zu bestanden, sondern sachgerecht, wenn sich der Verkehrsgutachter - und ihm folgend die Planfeststellungsbehörde - um eine möglichst differenzierte Erfassung der tatsächlichen bzw. zu erwartenden Verkehrsströme bemüht.
66 
Soweit der Sachverständige W... und ihm folgend die Kläger darauf abheben, dass die von M... ... zum Analysenullfall ermittelten Zahlen einerseits und die von der amtlichen Straßenverkehrszählung zum Analysenullfall erhobenen Verkehrsdaten andererseits (vgl. Gutachten von R... ..., S. 4) zwischen -23 % und + 40% von einander abwichen und damit in einer nicht mehr hinnehmbaren Größenordnung schwankten, ist zunächst auf die dargestellte unterschiedliche Berechnungsmethodik zu verweisen. Darüber hinaus ist zu der signifikantesten Abweichung bei der Zählstelle Nr. 8322 1103 (Manzell), wo die Kläger den von M... ... ermittelten 33.500 Kfz/24h (dort Plan 4) 14.171 Kfz/24h aus der amtlichen Verkehrszählung gegenüberstellen, zu sagen, dass sich diese Zahlen auf unterschiedliche Zählabschnitte beziehen und auch deshalb nicht miteinander vergleichbar sind (vgl. GA, Anlage B 2). Außerdem handelt es sich - entgegen der Annahme der Kläger (vgl. Gutachten R... ..., Anlage K 2a, S. 4) um keine Zählstrecke der freien Strecke, sondern um eine innerörtliche Zählstelle (GA, Anlage B 1 „OD“ = Ortsdurchfahrt). In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige W... zugestanden, dass die Zählabschnitte nicht identisch sind. Soweit er sich sodann ergänzend auf den Standpunkt gestellt hat, in dem von M... ... herangezogenen Streckenabschnitt betrage der DTV-Wert 25.000 Kfz/24h und damit immer noch 8.500 Kfz/24h weniger als von M... ... ermittelt (vgl. die von ihm in der mündlichen Verhandlung übergebene und zu Protokoll genommene Karte „Verkehrsprognose“), hat der Sachverständige S... dem überzeugend entgegen gehalten, dass es sich bei den 25.000 Kfz/24h um bereits im Jahre 2000 erhobene, nicht aktuelle Werte handele, die eben deshalb mit einem Klammerzusatz versehen seien. Soweit der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - schließlich noch darauf abheben, dass die (niedrigeren) DTV-Werte auch von den Verkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen bestätigt würden, ist dem ebenfalls die oben dargestellte unterschiedliche Erhebungsmethodik entgegenzuhalten. Auch die Straßenverkehrszählungen der Stadt Friedrichshafen erfassen lediglich die Verkehrsmengen an einer bestimmten Zählstelle. Die Zählergebnisse können deshalb nicht mit den auf dem Umlegungsverfahren beruhenden, auch die Verteilung des Verkehrs berücksichtigenden Ergebnissen von M... ... verglichen werden.
67 
(fff) Die von dem Sachverständigen W... und den Klägern weiter erhobene Rüge, M... ... verzichte zu Unrecht auf eine Berücksichtigung des induzierten Verkehrs, begründet kein zu einem methodischen Mangel des Gutachtens führendes Ermittlungsdefizit. Soweit es um sekundär induzierten (durch siedlungsstrukturelle Veränderungen bedingten) Verkehr geht, ist dieser berücksichtigt. Ausweislich S. 3 und 4 des Gutachtens vom 30.11.2005 sind siedlungsstrukturell bedingte Verkehrsveränderungen in die Berechnung mit eingeflossen. Dies wurde bereits bei der Darstellung der von M... ...-... herangezogenen Ermittlungs- und Bewertungsmethode ausgeführt (oben (aaa)). Bezüglich primär induzierter Verkehre hat der Sachverständige S...-... in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Gutachten M... ... vom 30.11.2005 (S. 16) im Einzelnen begründet, dass es hierzu sehr wenig empirisch gestützte Untersuchungen gebe, Untersuchungsergebnisse zu diesem Thema aber belegt hätten, dass der Einfluss primär induzierten Verkehrs im Prognosezeitraum 2005 bis 2020 bei etwa 1 % und damit im vernachlässigbaren Bereich liege. Aus dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a) ergeben sich keine substantiierten gegenteiligen Anhaltspunkte. Der Sachverständige W... hat in der mündlichen Verhandlung hierzu zwar allgemein ausgeführt, entgegen den Ausführungen von M... ... gebe es zur Einflussgröße von primär induziertem Verkehr wissenschaftliche Untersuchungen, jedoch die Auffassung von M... ... bestätigt, dass der Einfluss dieses Verkehrs auf die Verkehrsprognose „mit 1 % bis 5 % gering sein mag“. Nachdem die Sachverständigen übereinstimmend davon ausgehen, dass der Einfluss des primär induzierten Verkehrs auf die Verkehrsprognose - unabhängig davon, ob dieser Einfluss mit 1 % oder 5 % zu bewerten ist - , sich jedenfalls im geringfügigen Bereich bewegt, vermag der Senat kein Ermittlungsdefizit zu erkennen, das die Aussagekraft der Verkehrsprognose im Ganzen in Zweifel zieht.
68 
(ggg) Fachlich nicht zu beanstanden ist weiter die Annahme von M... ...-..., der Verkehrszuwachs betrage bis 2020 durchschnittlich 20 %. Das von den Klägern vorgelegte Gutachten von R... ... bestätigt zwar einen überproportionalen Anstieg des motorisierten Personenverkehrs bis 2020 grundsätzlich, hält aber unter Hinweis auf eine neuere deutschlandweite Untersuchung von Intraplan (ITP) und der Beratergruppe für Verkehr und Umwelt (BVU) nur eine Zunahme von 10 bis maximal 15 % für realistisch (dort S. 12). Die Ansätze von M... ... beruhen allerdings nicht nur auf einer Prognose zur allgemeinen (deutschlandweiten) Motorisierungsentwicklung und zum Güterschwerverkehr, sondern berücksichtigen zudem die Besonderheiten der Bevölkerungsentwicklung im Bodenseekreis und der dort gegen eine Verminderung des Individualverkehrs sprechenden Altersstruktur (Gutachten S. 13-17). Vor allem aber sind in die von M... ... ermittelten Zahlen gezielt siedlungsstrukturelle Daten des Bodenseeraums im Allgemeinen und des Gebiets Friedrichshafen im Besonderen eingeflossen (s.o. die Darstellung unter (a.a.a.)). Dies hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung an dieser Stelle nochmals nachvollziehbar ausgeführt. Der Beklagte hat in diesem Zusammenhang die Raumordnungsprognose 2025/2050 des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (Berichte, Band 29) vorgelegt, aus der sich bestätigend ergibt, dass für den Bereich Friedrichshafen bis 2025 allein schon eine Bevölkerungszunahme von 10 % erwartet wird. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die von M... ... zugrunde gelegte Prognose des Verkehrszuwachses - selbst dann, wenn sie eher großzügig bemessen sein sollte - fachlich fehlerhaft zustande gekommen ist. Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass das Gutachten von R... ... die von M... ... gewählten Ansätze an sich nicht in Frage stellt, sondern aus ihnen lediglich einen geringeren Zuwachs ableitet (dort S. 10-14). Dies begründet noch keinen Mangel des Gutachtens vom 30.11.2005.
69 
(hhh) Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Gutachten von M... ... - und ihm folgend der Planfeststellungsbeschluss - als Prognosehorizont das Jahr 2020 wählt (Planfeststellungsbeschluss S. 37, 38, 52). Normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen. Anhaltspunkte dafür, dass der Prognosehorizont 2020 zeitlich zu kurz gewählt worden oder Ausdruck einer unsachlichen Erwägung wäre (vgl. dazu BVerwG, Beschl. v. 25.05.2005 - 9 B 41.04 -, juris Rdnr. 20), sind ebenfalls nicht zu erkennen. Im Gegenteil dürfte der gewählte Prognosehorizont mit Blick darauf sachgerecht sein, dass sich nach aller Erfahrung im Planfeststellungsrecht bezogen auf einen 15-Jahreszeitraum noch zuverlässige Abschätzungen treffen lassen. Soweit die Kläger meinen, richtigerweise sei „beispielsweise das Jahr 2035“ zugrunde zu legen gewesen, hält dem der Beklagte zu Recht entgegen, dass bezogen auf einen so langen Zeitraum kaum brauchbare Prognosen erstellt werden können (so auch HessVGH, Beschl. v. 15.01.2009 - 11 B 254/08.T -, DöV 2009, 337, juris Rdnr. 82). Entgegen der Auffassung der Kläger greift der Planungshorizont 2020, auf den das Gutachten von M... ... und der Planfeststellungsbeschluss gleichermaßen abstellen, auch nicht deshalb zu kurz, weil die Verwirklichung der Planung bis zu diesem Zeitpunkt unrealistisch wäre. Anders als sie meinen, ergibt sich aus der Stellungnahme der Landesregierung gegenüber dem Landtag Baden-Württemberg vom 22.07.2007 (LT-Drs. 14/1426; GA, Anlage K 2b) nicht, dass das planfestgestellte Vorhaben erst nach 2025 realisiert sein wird. Im Gegenteil: Die B 31 (neu) ist in Anlage 1.1. , Teil A, lfd. Nr. 61 der LT-Drs. als Vorhaben erwähnt, das bis ca. 2015 abgeschlossen werden soll. Zwar sind weitere Straßenbauprojekte, die - wie das planfestgestellte Vorhaben - ebenfalls Bestandteil des Planungsfalls 7.5 sind (z.B. B 31 (neu) zwischen Friedrichshafen-Waggershausen bis Friedrichshafen-Löwental, lfd. Nr. 124, und B 31 (neu) zwischen Überlingen-Ost und Oberuhldingen, lfd. Nr. 111) als Vorhaben eingestuft, deren Weiterplanung wegen nicht absehbarer Finanzierung zurückzustellen ist. Hierauf kommt es aber nicht an, weil das planfestgestellte Vorhaben nicht erst mit Realisierung des gesamten Planungsfalls 7.5, sondern bereits bei isolierter Betrachtung für sich genommen verkehrswirksam und plangerechtfertigt ist. Unabhängig davon handelt es sich bei der Stellungnahme der Landesregierung lediglich um einen Bericht über die Priorisierung von Straßenbauprojekten, der eine „Momentaufnahme“ darstellt und unter Änderungsvorbehalt steht. So wird auf S. 4 darauf hingewiesen, dass die Priorisierungstabelle ggf. angepasst werden müsste, sofern der Bund deutlich mehr als die unterstellten Investitionsmittel in Höhe von 200 Mio EUR im Jahr bereitstellt. Vor diesem Hintergrund ist der Bericht von vornherein nicht geeignet, präzise Aussagen zur Realisierbarkeit des Planungsfalls 7.5 zu treffen. Daher kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass - wie die Kläger meinen - der Verkehrsprognose ein Straßennetz zugrunde liegt, das nicht vor den Jahren 2030 - 2040 verwirklicht werden wird. Der Beklagte hat unwidersprochen darauf hingewiesen, dass die Planungen für die Ortsumfahrung Bermatingen (L 205 neu), die Ortsumfahrung Markdorf (K 7743 neu) und die Ortsumfahrung Kluftern (K 7743 neu) bereits teilweise erarbeitet werden. Für die OD Markdorf soll noch 2009 das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden; der im Planungsfall 7.5 ebenfalls vorgesehene Riedleparktunnel ist im vordringlichen Bedarf für den Bundesfernstraßenbau enthalten.
70 
(iii) Die Einwände der Kläger gegen die Leistungsfähigkeitsanalyse von Mx-... ...t greifen ebenfalls nicht durch. Die Kläger meinen, dass ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) deshalb nicht notwendig sei, weil M... ...-... und der Planfeststellungsbeschluss von völlig unrealistischen Verkehrsbelastungen der Straßen im Analysenullfall bzw. Prognosenullfall ausgingen (GA, Bl. 83). Auch insoweit ist zu beachten, dass die Notwendigkeit eines vierspurigen Ausbaus aufgrund der bindenden Feststellungen des Fernstraßenausbaugesetzes fest steht (s.o.). Unabhängig davon sind die Einwände der Kläger nicht stichhaltig. Soweit sie unter Berufung auf das Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 25) die von M... ... für den Analyse-Nullfall 2005 ermittelte Verkehrsbelastung von 33.500 Kfz/24h mit dem Argument anzweifeln, dass auf zweispurigen Straßen überhaupt nur 26.300 Kfz/24h abgewickelt werden könnten (GA Bl. 83), ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die Stadt Friedrichshafen über die Zählschleifen im Bereich der Lichtsignalanlagen auf der B 31 (alt) zwischen Manzell und Friedrichshafen für das Jahr 2008 eine mittlere normalwerktägliche Belastung von 27.600 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von über 31.000 Kfz/24 h ermittelt hat (GA, Anlage B3). Die von M... ... ermittelten Zahlen werden damit der Größenordnung nach bestätigt. Soweit die Kläger die im Prognosenullfall erwartete Verkehrsbelastung der Ortsdurchfahrten Kluftern (18.000 Kfz/24h) und Hagnau (23.000 Kfz/24h) mit dem Argument bezweifeln, dass die Kapazitätsgrenze zwischen 10.000 und 15.000 Kfz/24h liege (GA Bl. 83), so stellen sie damit die Richtigkeit der Prognose nicht in Frage. Denn die erwartete Verkehrsbelastung hängt nicht davon ab, ob die von den Klägern für realistisch gehaltene Kapazitätsgrenze überschritten wird oder nicht.
71 
(jjj) Schließlich schlagen die Einwendungen der Kläger gegen die Verkehrsprognose auch insoweit nicht durch, als die Machbarkeit einer Verlagerung des Durchgangsverkehrs von der B 33 auf die B 31 (neu) bezweifelt wird. In dem Gutachten von R... ... (GA, Anlage K 2a, S. 22ff) werden diesbezügliche Zweifel aus den Plänen 11, 12, 42 und 43 des Gutachtens M... ... zur Stromverfolgung 2020 (Prognose Nullfall und Planungsfall 7.5) hergeleitet. Auch in der mündlichen Verhandlung haben der Sachverständige W... - und ihm folgend die Kläger - diese Einwendung aufrecht erhalten. Dabei verkennen sie jedoch, dass die Pläne zur Stromverfolgung in Bezug auf die prognostizierte Straßenbelastung 2020 keine Aussagekraft haben. Wie der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt hat, kann den Plänen zur Stromverfolgung nicht entnommen werden, wie sich der Bau der B 31 (neu) auf das übrige Straßennetz auswirkt, insbesondere, ob sich dadurch auf anderen Straßen eine Zu- oder Abnahme des Verkehrs ergibt. Die Pläne zur Stromverfolgung betrachten lediglich isoliert den Verkehr zwischen Punkt A und Punkt B ohne Berücksichtigung der Verlagerungseffekte, die sich aufgrund des Neubaus der B 31 (neu) ergeben. Die Verlagerungseffekte ergeben sich vielmehr aus Plänen 7 und 8 (Straßenbelastung im Prognose-Nullfall), Plan 18 (Planungsfall Zwischenstufe), Plan 28 (Planungsfall Zwischenstufe 2) sowie Plan 38 (Planungsfall 7.5) des Gutachtens M... ... vom 30.11.2005. Hieraus ist zu entnehmen, dass schon im Planungsfall Zwischenstufe eine Verkehrsverlagerung von der B 33 (Stetten-Ittendorf, Ittendorf-Markdorf und Markdorf-Ravensburg) auf die B 31 (neu) in der Größenordnung bis 1.500 Kfz/24 h zu erwarten ist. Im Planungsfall Zwischenstufe 2 beträgt die Verkehrsverlagerung bis zu 5.900 Kfz/24h. Im Planungsfall 7.5 ist die Verlagerung von der B 33 mit bis zu 6.700 Kfz/24 h im Abschnitt Markdorf-Ravensburg signifikant. Die von den Klägern für verwunderlich gehaltene geringe Zahl des Durchgangsverkehrs auf der B 33 erklärt sich nachvollziehbar daraus, dass das Verkehrsaufkommen im Untersuchungsraum durch Eigenverkehr der Kommunen bzw. deren Verkehrsaustausch untereinander bestimmt wird und der Be-griff Durchgangsverkehr stark variiert je nachdem, wie weit man den Untersuchungsbereich zieht (M... ..., Gutachten 30.11.2005, S. 7/8).
72 
Die von M... ... prognostizierte Verkehrsverlagerung von der B 33 auf die B 31 (neu) ist nach Auffassung des Senats plausibel, wenn man bedenkt, dass sich der Weg von Meersburg nach Ravensburg-Weissenau (über die B 31 neu) im Planungsfall 7.5 zwar um ca. 5,5 km verlängert, sich die Fahrzeit aber gleichwohl verkürzt. Der Umweg über eine vierspurig ausgebaute Schnellstraße - auch schon vor Realisierung des Planungsfalls 7.5 in den Zwischenstufen der Teilverwirklichung - ist für den nach Ravensburg orientierten Verkehr nach der allgemeinen Lebenserfahrung allemal eine Alternative zu der B 33 mit ihren vielen Ortsdurchfahrten.
73 
Den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 7, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass dem Verkehrsgutachten von M... ... vom 30.11.2005 für die B 31 Manzell (Analyseverkehr) um bis zu 30 % überhöhte Verkehrszahlen zugrunde liegen, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis auf vorhandene eigene Sachkunde abgelehnt. Im Rahmen der umfangreichen, zweitägigen Verhandlung hat sich der Senat in der ausgiebigen Diskussion mit den Gutachtern S... und ... hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der Frage verschafft, ob das herangezogene Sachverständigengutachten nach den oben dargelegten Maßstäben methodisch einwandfrei zustande gekommen ist und ob die darin zugrunde gelegten Verkehrszahlen geeignet sind, den von der Planung zu bewältigenden Konflikt angemessen zu erfassen. Gleiches gilt in Bezug auf die Beurteilung der Frage, ob die in der Verkehrsprognose von M... ... für die B 31 im Bereich Manzell (Analyseverkehr) zugrunde gelegten Verkehrszahlen als „überhöht“ angesehen werden müssen. Im Rahmen der zweitägigen Diskussion, die unter den Sachverständigen größtenteils kontrovers geführt wurde, sind die jeweils unterschiedlichen Ansätze im methodischen Vorgehen und die sich daraus ergebenden Unterschiede bei der Ermittlung, beim Zustandekommen und bei der Bewertung der Verkehrszahlen offenbar geworden. Für den Senat und die Beteiligten war ohne weiteres erkennbar, dass die unterschiedlichen Verkehrszahlen auf einer jeweils unterschiedlichen Herangehensweise beruhen, die auf S. 39 ff. (insbes. S. 44) dieses Urteils bereits im Einzelnen dargestellt wurde. Aufgrund dessen war der Senat in der Lage, die Frage, ob die von M... ... verwendeten Verkehrszahlen als „überhöht“ anzusehen sind, ohne Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu beurteilen.
74 
Nach alldem bestehen gegen die von M... ... vorgenommene Verkehrsprognose und die hierauf gestützte Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, ein vierspuriger Ausbau der B 31 (neu) sei notwendig, keine Bedenken. Ein nur zweispuriger Ausbau ist keine zumutbare Alternative.
75 
(dd) Die von den Klägern weiter ins Spiel gebrachte Alternative, auf den Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zu verzichten und diese unter Anbindung der K 7742 nördlich von Schnetzenhausen mit einer nach Westen verschobenen Anschlussstelle Schnetzenhausen zusammen zu legen, kommt entgegen ihrer Auffassung ebenfalls nicht als zumutbare Alternative in Betracht. Anders als die Kläger meinen, hat es die Planfeststellungsbehörde nicht unterlassen, diese Variante ernsthaft zu untersuchen. Die aufgezeigte Planungsalternative ist Gegenstand eines Ergänzungsgutachtens „Anschlussvarianten“ der M... ... GmbH vom 30.03.2006, wo zwei Anschlussvarianten der Anbindung der K 7742 (Variante 1: direkte Anbindung an die B 31 (neu); Variante 2: Anbindung unter Verknüpfung mit der L 328b an die B 31 (neu)) untersucht wurden. Zudem wurde diese Alternative von der Arbeitsgruppe Tierökologie und Planung (T... et al.) naturschutzfachlich und artenschutzrechtlich gewürdigt (Stellungnahme vom 30.01.2008, GA Bl. 463). Die Ergebnisse der Untersuchung haben Eingang in den Planfeststellungsbeschluss gefunden (S. 61 - 66).
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(aaa) Von M... ... wird dargelegt, dass eine neue Verkehrsachse über den Straßenzug K 7739 - K 7737 - K 7725 via Köstenbach, Ittenhausen und Ailingen geschaffen würde, die zu einer unerwünschten Verdrängung von Verkehr ins nachgeordnete Straßennetz und zu beträchtlichen Verkehrszunahmen in den genannten Ortsdurchfahrten führen würde. Ebenso gerieten die Ortsdurchfahrten Unterraderach, Manzell und Schnetzenhausen unter Druck. Insgesamt sei die Entlastungswirkung im Bereich von Friedrichshafen deutlich geringer als im Planungsfall 7.5. Zudem sei die K 7742 wegen des Straßenquerschnitts, der Trassierungselemente und der Unstetigkeit der Linie nicht geeignet, mehr Verkehre aufzunehmen. Bereits aus diesen Gründen ergibt sich, dass die aufgezeigte Alternative nicht zumutbar i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 1. Alt. BNatSchG ist. Der Senat hat keinen Grund, die Richtigkeit der gutachterlichen Einschätzung anzuzweifeln. Auch die Kläger haben hiergegen keine substantiierten Einwendungen erhoben. Für den Senat liegt es auf der Hand, dass das Planungsziel der Bündelung des aus Nordwesten fließenden Verkehrs auf der B 31 neu - und damit eine Entlastung des Straßennetzes in der Fläche - nur erreicht werden kann, wenn dieser Verkehr so weit westlich wie möglich auf die B 31 (neu) geleitet wird. Denn je weiter östlich sich die Anschlussstelle befindet, desto weniger attraktiv wird es für die von Westen kommenden Verkehrsteilnehmer mit Fahrtziel Friedrichshafen sein, die schnellere, aber u.U. weitere Strecke über die B 31 (neu) zu befahren. Ein Verzicht auf die Anbindung der K 7743 (neu) bei Kluftern/Spaltenstein zugunsten einer Anbindung bei Schnetzenhausen würde deshalb zu nicht mehr hinnehmbaren Abstrichen an den mit der Planung verfolgten Zielen führen.
77 
(bbb) Unabhängig davon liegt eine zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG auch deshalb nicht vor, weil der bei einer Anbindung der K 7742 notwendige Ausbau dieser Straße nordwestlich von Raderach zu erheblichen Beeinträchtigungen des beidseitig der K 7742 gelegenen FFH-Gebiets Nr. 8221/243 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und der beidseitig dieser Straße liegenden Naturschutzgebiete „Ried“ und „Großried“ führen würde (T... et al v. 30.01.2008 S. 2 und Planfeststellungsbeschluss S. 65). Zudem löst die vorgeschlagene Alternative eine Vielzahl neuer naturschutzrechtlicher Konflikte aus (Eingriff in den Hinglenwald, Inanspruchnahme von laubbaumreichen Mischwaldbeständen, Verlust an Nahrungshabitaten und potentiellen Quartieren bei Fledermäusen, Zerschneidung von Fledermausflugstraßen (T... et al, a.a.O., S. 3). Diese Eingriffe und Konflikte werden bei der vorgesehenen Planung vermieden.
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(ccc) Die von den Klägern vorgeschlagene Variante kommt auch aus spezifisch artenschutzrechtlichen Gründen nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht. T... et al. haben in ihrer Stellungnahme vom 30.01.2008 im Einzelnen ausgeführt, dass die vorgeschlagene Anbindung der K 7742 neue artenschutzrechtliche Konflikte auslöst, die sich bei der streitgegenständlichen Planvariante nicht stellen. So werden Brutplätze des streng geschützten Wespenbussards, von dem aktuell nur wenige Brutpaare im Bodenseeraum bekannt sind, zerstört (§ 42 Abs. 1 Nrn. 2 und 3 BNatSchG). Artenschutzrechtliche Konflikte ergeben sich auch in Bezug auf die Fledermaus und die Haselmaus, wobei eine Berührung von Verbotstatbeständen i.S.v. § 42 BNatSchG nach Einschätzung des Gutachters ggf. vermieden werden könnte (T... et al. a.a.O., S. 4/5). Der Senat hat keinen Anlass, die Angaben der Gutachter bzw. das methodisch einwandfreie Zustandekommen des Gutachtens in Zweifel zu ziehen. Die Kläger haben zwar darauf verwiesen, dass dem örtlichen Ornithologen K. das Vorkommen des Wespenbussards im Hinglenwald nicht bekannt sei. Dieser Einwand stellt allerdings die Einschätzung von T... et al. nicht in Frage. Die Bewertung von T... et al. beruht auf einer - von den Klägern methodisch nicht angegriffenen - flächendeckenden Erhebung, die R... et al. (Fachbeitrag zum Arten- und Biotopschutz vom Dezember 2006, von dem Beklagten mit Schreiben vom 21.07.2009 vorgelegt) im Frühjahr 2006 im Bereich des Hinglenwaldes vorgenommen haben. Die Revierkartierung beruht auf vier Begehungen, wobei im Bereich des Hinglenwaldes (R... et al., S. 6, 15 und Karte 3 Gebiet „VG“) der Wespenbussard nachgewiesen werden konnte. Entgegen der Kritik der Kläger beruht die Stellungnahme von T... et al. damit gerade nicht auf Mutmaßungen und pauschalen Abschätzungen. Auch die Tatsache, dass T... et al. nach Auffassung der Kläger „die Auswirkungen der bei der Realisierung des planfestgestellten Vorhabens mit Sicherheit zu erwartenden Ortsumfahrung Kluftern“ nicht in den Blick genommen haben, ist nicht zu beanstanden. Bereits oben wurde ausgeführt, dass die Ortsumfahrung Kluftern nicht Gegenstand der vorliegenden Planung - und demgemäß auch nicht des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses - ist.
79 
(ddd) Schließlich kommt die von den Klägern vorgeschlagene Variante mit Blick auf den Artenschutz auch deshalb nicht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG in Betracht, weil sich die Eingriffe in das Bachmuschelvorkommen des Mühlbachs selbst bei Verwirklichung der vorgeschlagenen Alternative nicht vermeiden ließen. Für den Bau der Hauptstrecke muss der Mühlbach auf etwa 200 m auch im Falle eines Verzichts auf die planfestgestellte Anschlussstelle Schnetzenhausen verlegt werden (T... et al., Stellungnahme vom 30.01.2008, S. 6 und 8).
80 
(ee) Ein vollständiger Verzicht auf die Anschlussstellen Kluftern/Spaltenstein und Schnetzenhausen kommt als zumutbare Alternative ebenfalls nicht in Betracht. Das von dem Beklagten verfolgte Verkehrskonzept der Bündelung des Ost-West-Verkehrs (unter angestrebter Entlastung der Ortsdurchfahrten Efrizweiler, Kluftern und Lipbach bei Umsetzung des Planungsfalls 7.5) steht und fällt damit, dass die aufkommenstarken Verkehre aus den nordwestlichen Bereichen (Markdorf, Bermatingen und Salem) auf die B 31 (neu) geleitet und dort nach Friedrichshafen bzw. nach Osten weitergeführt werden. Ein Verzicht auf eine Anbindung würde deshalb die Sinnhaftigkeit des Planungskonzepts als Ganzes in Frage stellen und sich nicht mehr im Bereich zumutbarer Abstriche vom Zielerreichungsgrad bewegen. Ergänzend wird auf S. 61 und 62 des Planfeststellungsbeschlusses verwiesen.
81 
(ff) Auch eine kleinräumige Verlegung des Trassenverlaufs im Bereich der Anschlussstelle Schnetzenhausen steht als zumutbare Alternative i.S.v. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht zur Verfügung. Die Planfeststellungsbehörde hat eine Verschiebung des Knotens/der Trasse geprüft. Um den Mühlbach komplett aus der Planung auszusparen, wäre eine Achsverlegung um ca. 200 m nach Nord-Ost erforderlich. Dies kollidiert mit dem südlich von Heiseloch und dem Hermannsberg vorhandenen Drumlinshügel (vgl. Verträglichkeitsstudie gem. § 34 BNatSchG, Ordner 4, Abschnitt 12.6, S. 16 und Planfeststellungsbeschluss S. 164). Nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung müsste dieser Hügel etwa in der Mitte durchschnitten werden. Es entstünde eine etwa 90 m breite und 14 m tiefe Schneise, in der die Fahrbahn verliefe. In der Konsequenz würde der Drumlinshügel weitgehend abgetragen. Die Vertreter des Beklagten haben in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen ausgeführt, dass es dadurch zu Erdmassenüberschüssen in der Größenordnung von 100.000 m 3 komme, deren Unterbringung nicht gewährleistet sei. Zudem seien Mehrkosten von mindestens 1 Mio EUR (vgl. auch GA, Beklagtenschriftsatz vom 22.07.2009, S. 12) zu erwarten. Bei dieser Sachlage kann die vorgeschlagene Trassenverschiebung nur mit außergewöhnlichem Aufwand verwirklicht werden. Sie steht damit außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zwischen dem damit erzielbaren Gewinn für Natur und Umwelt, zumal sich die durch die Verlegung des Mühlbachs betroffene Bachmuschelpopulation, wie im Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand dieser Population (§ 43 Abs. 8 Satz 2 2. Alt BNatSchG) noch näher auszuführen sein wird, nach den insoweit übereinstimmenden Angaben der Gutachter in der mündlichen Verhandlung ohne nennenswerte Verluste umsetzen lassen wird.
82 
(gg) Aus den unter (cc), dd) und ff) genannten Gründen kommt auch die von den Klägern vorgeschlagene Kumulation dieser Maßnahmen (Verlegung der Anschlussstelle Schnetzenhausen, nur zweispuriger Trassenausbau und Verschiebung der Trasse im Bereich der dann entfallenden Anschlussstelle Schnetzenhausen nach Norden) nicht als zumutbare Alternative in Betracht.
83 
(c) Die weitere Ausnahmevoraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG, dass sich der Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern darf, soweit nicht Art. 16 Abs. 1 der FFH-Richtlinie weitergehende Anforderungen enthält, ist ebenfalls gegeben. Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie verlangt bezüglich der in Anhang IV zur FFH-Richtlinie gelisteten Arten, zu denen auch die Bachmuschel (unio crassus) gehört, dass die „Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“. Da der günstige Erhaltungszustand nach der Rechtsprechung des EuGH (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v. 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28) aber im Grundsatz zu den „unabdingbaren Voraussetzungen für die Zulassung der in Art 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen“ gehört, liegen jedenfalls im rechtlichen Ausgangspunkt in Bezug auf die Bachmuschel „weitergehende Anforderungen“ i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 a.E. BNatSchG vor, die im nationalen Recht zusätzlich zu beachten sind (vgl. Meßerschmitt, Bundesnaturschutzrecht, § 43 Rdnr. 71; Gellermann, NuR 2007, 783ff, 789).
84 
Ob diese Ausnahmevoraussetzung vorliegt, bestimmt sich nach dem Erhaltungszustand einer Art und nicht in Bezug auf einzelne Exemplare. Nach der Begriffsbestimmung in Art. 1 lit. i) Satz 1 der FFH-Richtlinie ist der Erhaltungszustand einer Art nach der Gesamtheit der Einflüsse zu beurteilen „die sich langfristig auf die Verbreitung und die Größe der Populationen der betreffenden Arten in dem in Artikel 2 bezeichneten Gebiet auswirken können“. In Bezug auf den Begriff der „Population“ ist mit dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, juris Rdnr. 571) auf Art. 2 lit. i) der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 09.12.1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) abzustellen, der sich wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG wiederfindet. „Population“ ist demnach eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen. Mit dem Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) ist der Populationsbegriff so zu verstehen, dass die Individuen derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebiets in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen müssen (vgl. auch Schuhmacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 10 Rdnr. 48). Bei diesem Verständnis ist nicht ausgeschlossen, dass einzelne Siedlungsräume einer Art infolge der Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens verloren gehen, die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, aber als lebensfähiges Element erhalten bleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 572). Werden etwa aufgrund von Ausgleichsmaßnahmen Ausweichhabitate zur Verfügung gestellt, so ist ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass die betroffene Population in einem günstigen Erhaltungszustand verbleibt (BVerwG, a.a.O. Rdnr. 573). Zudem ist zu berücksichtigen, ob die Möglichkeit besteht, dass betroffene Arten auf Siedlungsräume ausweichen, die ohne gezielte Aufwertung aufgrund ihrer naturräumlichen Ausstattung die Voraussetzungen für eine Besiedlung bieten. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population ist etwa dann anzunehmen, wenn die Zahl der die Population bildenden Individuen wesentlich verkleinert wird (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, NuR 2008, 181, juris Rdnr. 193). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gehört der „günstige Erhaltungszustand“ zwar zu den „unabdingbaren Voraussetzungen“ für die Zulassung der in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie vorgesehenen Ausnahmen (Urt. v. 10.05.2007 - C-508/04 -, NuR 2007, 403 ff, Rdnr. 115; Urt. v 14.06.2007 - C-342/05 -, NuR 2007, 477 ff, Rdnr. 28). Jedoch hat der EuGH in dem Urteil vom 14.06.2007 (a.a.O. Rdnr. 29) zugleich festgestellt, dass auch bei ungünstigem Erhaltungszustand Ausnahmen unter außergewöhnlichen Umständen zugelassen werden können. Voraussetzung ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können. Dies ist insbesondere der Fall bei „neutralen“ Maßnahmen, bei denen sich etwa die Tötung einer Reihe von Exemplaren auf das in Art. 16 Abs. 1 FFH-Richtlinie genannte Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirkt (EuGH, a.a.O. RdNr. 29). Aus den vom EuGH in diesem Zusammenhang angeführten „außergewöhnlichen Umständen“ (a.a.O. Rdnr. 29) ergibt sich keine weitere selbständige Einschränkung für die Zulassung einer Ausnahme. In dem genannten Urteil vom 14.06.2007 lässt der EuGH offen, wann „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen. Aus den Entscheidungsgründen ist jedoch zu entnehmen, dass die Zulassung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands einer Population weder eine Gefährdung bestimmter Rechtsgüter noch die Verfolgung bestimmter Planungsziele voraussetzt, sondern bereits dann zulässig ist, wenn „hinreichend nachgewiesen“ ist, dass die Ausnahme den ungünstigen Erhaltungszustand einer Population nicht verschlechtern bzw. die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 01.04.2009 - 4 B 62.08 -, NuR 2009, 414ff). In dem Begriff „außergewöhnliche Umstände“ kommt damit lediglich zum Ausdruck, dass beim Vorliegen eines ungünstigen Erhaltungszustands an den Nachweis der Neutralität des Eingriffs besondere Anforderungen zu stellen sind, die bereits in der Zulassung der Ausnahme selbst enthalten sein müssen (so auch Sobotta, NuR 2007, 642, 647).
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Der Beklagte hat den bundesweiten Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen im Planfeststellungsbeschluss zwar als kritisch und den Erhaltungszustand der Population im Mühlbach als „günstig bis ungünstig“ eingestuft, ist im weiteren aber unter Hinweis auf die Entscheidung des EuGH vom 14.06.2007 davon ausgegangen, dass sich die im Wege der Ausnahme zugelassenen Eingriffe in die Tatbestandsverwirklichung des § 42 Abs. 1 BNatSchG als „neutrale“ Maßnahme auf das Ziel der Bewahrung eines günstigen Erhaltungszustands nicht auswirken (Planfeststellungsbeschluss S. 164 - 166). Dies ist nicht zu beanstanden. Auch das Gericht ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere aufgrund der eingehenden, unter Beteiligung der Gutachter T... und P... geführten Diskussion in der mündlichen Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass die im Planfeststellungsbeschluss in Bezug auf die Bachmuschel-Population im Mühlbach vorgesehenen Gefahrenvermeidungs-, Gefahrenminimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen ausreichen, um vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art auszuschließen (zum Maßstab des Ausschlusses vernünftiger Zweifel vgl. BVerwG, Urt. v. 13.05.2009 - 9 A 73.07 - Rdnr. 59):
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(aa) Der Mühlbach wird auf ca. 460 m in einem Abschnitt verlegt, in dem von T... et al. (Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.01.2008 und Stellungnahme vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16, S. 1) lediglich 3,8 % der im Mühlbach lebend erfassten Individuen registriert wurden. Mehr als 90 % aller 2006 von T... et al. vorgefundenen lebenden Tiere (640) siedeln oberhalb der Verlegungsstrecke und werden durch die Baumaßnahme nicht betroffen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist die Ermittlung und Bewertung der Bachmuschelbestände durch T... et al. methodisch nicht zu beanstanden. Soweit die Kläger unter Bezugnahme auf eine Untersuchung von H... (2005) darauf verweisen, dass die Bestandszahlen der Bachmuschel im Mühlbach deutlich höher seien (4.800 anstatt der von T... et al. anhand der vorgefundenen Anzahl von 640 nach Erfahrungswerten geschätzten 1.500 - 2.000 Tiere), vermögen sie damit die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... et al. nicht in Frage zu stellen. Die Angaben von H... beruhen lediglich auf einer Hochrechnung auf Basis einzelner Probestrecken und nicht auf einem weitgehend vollständigen Begang des Mühlbachs wie im Falle des zudem noch aktuelleren Gutachtens von T... Den Ergebnissen von H... liegt damit eine andere methodische Vorgehensweise zugrunde, die zwar für sich genommen nicht zu beanstanden sein mag, die Zulässigkeit und Plausibilität der von T... et. al angewandten Methode aber jedenfalls nicht in Frage stellt. Soweit die Kläger auf die Ergebnisse der Untersuchung von P... vom Juli 2009 (GA, Anlage K 20) verweisen, der den Bachlauf des Mühlbachs am 04. und 10. Juli 2009 abschnittsweise durch Abtasten mit der Hand, teilweise auch im Wege des Durchwühlens des Bachbettes abgesucht hat und zu weit höheren Bestandszahlen als T... et al. gekommen ist, vermögen sie die methodische Richtigkeit der Vorgehensweise von T... ebenfalls nicht zu erschüttern. Dies wurde oben (unter 2. a)) bereits ausgeführt. Unabhängig davon können die Kläger die im Rahmen des Verwaltungsverfahrens durchgeführten artenschutzrechtlichen Ermittlungen und Bewertungen von T... et al. auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht mit erst nach dem Ergehen des Planfeststellungsbeschlusses angestellten eigenen Ermittlungen erschüttern (BVerwG, Urt. v. 12.08.2009 - 9 A 64.07 -, Pressemitteilung Nr. 50/2009). Denn der Senat hat die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Bewertungen bzw. Ermittlungen bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses zu prüfen. Spätere Veränderungen der Sachlage stellen die Rechtmäßigkeit der Entscheidung dann grundsätzlich nicht mehr in Frage.
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(bb) Die von der Verlegung des Baches betroffenen Tiere sollen in Bereiche des Oberlaufs des Baches (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14.1, Ordner 3, Abschnitt 12.0) umgesiedelt werden. Nach den übereinstimmenden und nachvollziehbaren Ausführungen der Sachverständigen T... und P... in der mündlichen Verhandlung können Bachmuscheln ohne weiteres - insbesondere ohne dass es deshalb zu einem Absterben einzelner Exemplare in nennenswertem Umfang kommt - in geeignete Habitate umgesetzt werden. Da eine Umsetzung in den Oberlauf des Mühlbachs erfolgen soll, in dem bereits Bachmuscheln leben, bestehen keine Zweifel an der Geeignetheit des Habitats (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA Anlage B 16, S. 1). Der Sachverständige P... hat dies in der mündlichen Verhandlung bestätigt und ergänzend ausgeführt, dass die bereits im Oberlauf lebenden Bachmuscheln mit den umgesetzten auch nicht in Konkurrenz träten, weil die Muscheln jeweils „ihre Nische“ suchten. Die Durchführbarkeit einer Umsetzung - ohne nennenswerte Verluste - hängt nach den insoweit ebenfalls übereinstimmenden Angaben der Sachverständigen auch nicht von der Anzahl der umzusetzenden Exemplare ab. Dies ist plausibel, weil die Umsetzung zeitlich gestaffelt und bereits ausgegrabene Tiere eine gewisse Zeit zwischengelagert („gehältert“) werden können. Mit Blick darauf ist es für die Frage des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation auch nicht von Bedeutung, ob abweichend von der ursprünglichen Bewertung von T... et al. entsprechend den - wie ausgeführt rechtlich schon aus anderen Gründen nicht maßgeblichen - Untersuchungsergebnissen von P... ggf. ca. 2000 Tiere umgesetzt werden müssen. Zwar haben die Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass zu einer Umsetzung in dieser Größenordnung bislang noch keine Erfahrungen vorliegen, Zweifel an der Durchführbarkeit der Maßnahme haben sie aber übereinstimmend nicht geäußert. Im Hinblick darauf hat der Senat den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 2, gerichtet auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 2200 Exemplare der Bachmuschel leben (a.), dass es sich dabei um ca. 30 % der Gesamtpopulation im Mühlbach handelt (b) und dass die Annahme des der Planfeststellung zugrunde liegenden Gutachtens zur Bestandsgröße dieser Population in dem vorhabenbedingt zu verlegenden Abschnitt (…) den tatsächlichen Bestand mindestens um den Faktor 20 unterschätzt (c), mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Sämtliche Teilfragen a) und b) können als wahr unterstellt werden und sind nach dem Ausgeführten für die Frage der Durchführbarkeit der Umsetzung von Bachmuscheln unerheblich. Die Teilfrage c) bedarf zudem keiner Klärung durch ein Sachverständigengutachten, sondern kann durch das Gericht aufgrund der schriftlichen Äußerungen der Sachverständigen T... und P... beantwortet werden, zumal die von P... aufgrund einer anderen Vorgehensweise im Juli 2009 ermittelte Populationsgröße (dazu s.o.) von T... in der mündlichen Verhandlung als realistisch anerkannt worden ist. Auch den Beweisantrag Nr. 4, Teilfrage a), gerichtet auf die Tatsache, dass es keine bisher dokumentierten Fälle gibt, in denen ein Bachmuschelbestand von mindestens 2200 Exemplaren erfolgreich in einen anderen, ebenfalls bereits mit Bachmuscheln besiedelten Abschnitt desselben Gewässers umgesiedelt worden wären, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass die Beweisfrage als wahr unterstellt werden kann. Die Antwort ergibt sich zudem aus den o.g. übereinstimmenden und nachvollziehbaren Abgaben der Sachverständigen T... und P...
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(cc) Zusätzlich soll der verlegte Mühlbachabschnitt in einen für eine Wiederbesiedelung günstigen Zustand versetzt werden (Landschaftspflegerischer Begleitplan, Maßnahme 14). Zu diesem Zweck werden die durch die Verlegung beanspruchten Gewässerabschnitte unter besonderer Berücksichtigung der Lebensraumansprüche der Bachmuschel naturnah gestaltet (Maßnahme 14.1). Zur Wiederherstellung der Biotopvernetzung werden kombinierte Bach- und Kleintierdurchlässe mit Trockenwetterbermen im Bereich der Gewässerquerungen eingebaut (Maßnahme 14.2). Als Schutz gegenüber Schadstoffeinträgen wird am Mühlbach ein Gewässerrandstreifen angelegt (Maßnahmen 14.4 und 17). Als spezielle Schutzvorkehrungen während des Baubetriebs sind Schutzmaßnahmen nach RAS-LP 4 vorgesehen (Maßnahmen 10.1 und 10.4). Die RAS-LP 4 wiederum enthalten detaillierte Maßnahmen zur Verminderung zum Staub- und Sichtschutz, zum Schutz vor Einschwemmungen in Gewässer, zur Planung von Bauabläufen und zum Schutz von Gewässern vor Verunreinigungen (RAS-LP 4, Ziff. 2.2.). Zur Koordinierung und Überwachung der Schutzmaßnahmen für die Bachmuschelpopulation im Mühlbach sieht Maßnahme 14.1 die Einrichtung einer speziellen Fachbauleitung vor. Maßnahme Nr. 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans zielt - als Ersatzmaßnahme - auf eine Wiederbesiedelung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel. Zu diesem Zweck sollen Wirtsfische mit Muschellarven aus dem Mühlbach infiziert und in den Appenweiler Mühlbach eingebracht werden. Schließlich ordnet der Planfeststellungsbeschluss in A.V.7.8. des verfügenden Teils unter Bezugnahme auf den 4. Teil des Artenschutzfachlichen Fachbeitrags vom 30.12.2007 ein zehnjähriges Monitoring zur Wirksamkeit der dargestellten Maßnahmen mit dem Ziel der ggf. notwendigen Nachsteuerung an.
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In der mündlichen Verhandlung haben die Sachverständigen T... und P... übereinstimmend ausgeführt, dass eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts möglich und wahrscheinlich ist angesichts des Umstands, dass in den jeweils im Oberlauf bzw. im Unterlauf anschließenden Abschnitten vitale Populationen vorhanden seien. Entscheidend sei, dass der verlegte Abschnitt den speziellen Lebensbedingen der Bachmuschel entsprechend wiederhergestellt werde. Genau dies sieht Maßnahme 14.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans vor. Nach Einschätzung des Sachverständigen T... ist realistischerweise mit einer Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts innerhalb von 5 Jahren zu rechnen. Der Sachverständige P... hat ausgeführt, dass auch er eine Wiederbesiedelung dieses Abschnitts für sehr wahrscheinlich halte, auf eine zeitliche Einordnung wolle er sich aber nicht festlegen. Der Senat geht mit Blick auf die Äußerungen der Sachverständigen davon aus, dass sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation im Mühlbach auch dann, wenn eine Wiederbesiedelung des verlegten Abschnitts nicht innerhalb von 5 Jahren gelingen sollte, jedenfalls nicht verschlechtert. Denn es sollen sämtliche in dem verlegten Abschnitt befindlichen Tiere geborgen und umgesetzt werden. Der Sachverständige T... hat in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass bei den Verlegungsmaßnahmen die erfolgreiche Bergung sämtlicher Tiere im Vordergrund stehe. Der Senat hat keinen Anlass, die Ernsthaftigkeit dieser Absicht und die fachgerechte Durchführung der Umsetzung zu bezweifeln, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass unbeabsichtigt doch einzelne Tiere bei der Bergung übersehen und infolgedessen getötet werden. Darauf, dass das Habitat der Bachmuschelpopulation im Mühlbach infolge der Verlegung - vorübergehend - möglicherweise um 460 m verkürzt wird, kommt es für die Frage des Erhaltungszustands der Population nicht entscheidend an. Ob die Ausnahmevoraussetzungen nach § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 16 Abs. 1, Art. 1 Buchstabe i) der FFH-Richtlinie vorliegen, hängt nicht vom Erhalt jedes lokalen Lebensraums ab, sofern - wie hier - geeignete Ausweichquartiere zur Verfügung stehen und so das Überleben der betroffenen (lokalen) Population langfristig gesichert ist. Dies gilt selbst dann, wenn im Zuge der Verwirklichung des Planvorhabens - unbeabsichtigt - einzelne Exemplare der Population verloren gehen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 16.03.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125,116, juris Rdnr. 571ff zum Parallelproblem bei der Vogelschutzrichtlinie). Mit Blick darauf konnte der Senat - mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - den Beweisantrag Nr. 1 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), ablehnen. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können im vorliegenden Zusammenhang (sowie im Zusammenhang mit der Frage, ob der Mühlbach ein potentielles FFH-Gebiet angesehen werden muss, dazu s.u.) als wahr unterstellt werden. Mit Blick darauf, dass es auf eine Wiederbesiedlung des verlegten Bachabschnitts nicht entscheidungserheblich ankommt, hat der Senat - wiederum mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss - auch den Beweisantrag Nr. 3 der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass es mindestens fünf Jahre dauert, bis die an den bisherigen oberstromigen Bachlauf angrenzenden Teilabschnitte des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln wieder besiedelt werden (a), dass es mindestens 30 Jahre dauert, bis sich in dem verlegten Abschnitt des Mühlbachs wieder eine Bachmuschel-Population der Größe und Qualität entwickelt hat, wie sie in dem von der Verlegung betroffenen Abschnitt des bisherigen Bachlaufs zu finden ist (b) und dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob eine Wiederansiedlung des verlegten Abschnitts des Mühlbachs durch die oberstromig lebenden bzw. dorthin versetzten Bachmuscheln überhaupt stattfindet, nicht möglich ist (c), abgelehnt. Gleiches gilt in Bezug auf den Beweisantrag Nr. 5 a), gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass die Größe des Habitats der Bachmuschel im Mühlbach bei Schnetzenhausen vorhabenbedingt um mindestens 460 m Bachstrecke abnehmen und erst langsam und mit großen Unsicherheiten eine Wiederausbreitung der verbleibenden bzw. umgesetzten Bachmuscheln stattfinden würde, den der Senat ebenfalls mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt hat. Unabhängig davon, dass die mit den Beweisanträgen Nrn. 1, 3 und 5 a) unter Beweis gestellten Tatsachen als wahr unterstellt werden können bzw. nicht entscheidungserheblich sind, verfügt das Gericht aufgrund der eingehenden, im Wesentlichen einmütigen Diskussion mit den Sachverständigen auch über hinreichende Sachkunde zur Beurteilung der jeweils unter Beweis gestellten Fragen.
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Zu Maßnahme 19 des landschaftspflegerischen Begleitplans (Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach) haben die Sachverständigen T... und P... im Wesentlichen übereinstimmend ausgeführt, dass keine sicheren Aussagen zu einem Erfolg der Wiederansiedlungsmaßnahmen getroffen werden können. Der Sachverständige T... hat jedoch - unwidersprochen - dargelegt, dass die Voraussetzungen im Appenweiler Mühlbach insgesamt nicht ungünstig seien. Es hätten dort früher Bachmuscheln gelebt, die jedoch durch ein Einzelereignis vernichtet worden seien. Das Verschwinden der Bachmuschel beruhe insbesondere nicht darauf, dass die Habitatbedingungen dort nicht geeignet seien. Wirtsfische hätten im Appenweiler Mühlbach nachgewiesen werden können. Der Senat folgt diesen Einschätzungen der Sachverständigen und hält einen Erfolg des Wiederansiedlungsversuchs für offen, aber nicht unwahrscheinlich. Den Beweisantrag Nr. 4 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass eine fachlich belastbare und durch Erfahrungswissen untermauerte Aussage darüber, ob die planfestgestellte Maßnahme zur Wiederbesiedlung des Appenweiler Mühlbachs mit der Bachmuschel mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein wird, nicht möglich ist, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss abgelehnt. Die unter Beweis gestellten Tatsachen können als wahr unterstellt werden. Auf eine überwiegende Erfolgswahrscheinlichkeit der Wiederansiedlungsversuchs im Appenweiler Mühlbach kommt es im Zusammenhang mit der Entscheidung über den Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation zudem nicht entscheidungserheblich an. Denn der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulation wird sich auch dann, wenn die Wiederansiedlungsversuche im Appenweier Mühlbach scheitern sollten, wie oben ausgeführt jedenfalls nicht verschlechtern.
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Dem Einwand der Kläger, dass frühere Umsiedlungsbemühungen am Bampfen erfolglos gewesen seien und deshalb nicht den Schluss auf eine erfolgreiche Wiederbesiedelung des Mühlbachs bzw. des Appenweiler Mühlbachs zuließen, sind die Ausführungen von T... (Vergleichsuntersuchung Bampfen, Ordner 24, Bl 353) entgegen zu halten, wonach das langfristige Gelingen der Wiederbesiedlung zwar unklar sei, eine leicht positive Wiederbesiedelungstendenz aber angenommen werden könne. Der Beklagte weist zudem darauf hin, dass die Umsiedlung am Bampfen - anders als im Falle des Mühlbachs vorgesehen - direkt in den verlegten Abschnitt bei unerwartet ungünstigen Substratbedingungen erfolgt sei. Nach Einschätzung von T... vom 07.07.2008 (GA, Anlage B16 S. 2) bestehen am Mühlbach grundsätzlich andere und wesentlich günstigere Voraussetzungen und sind selbst am Bampfen mittlerweile erste Hinweise auf die Neuetablierung von Bachmuscheln im damals verlegten Abschnitt zu erkennen. Soweit die Kläger weiter auf fehlgeschlagene Bemühungen im Kanton Zürich verweisen, Bachmuschelbestände auf weitere Gewässer auszuweiten, überzeugt dies ebenfalls nicht. In dem Bericht der Fachstelle Naturschutz des Kantons Zürich (GA, Anlage K13, S. 18) wird als wahrscheinlichste Ursache für den ausgebliebenen Erfolg angegeben, dass das gewählte Gewässer sich nicht für die Ansiedlung von Bachmuscheln geeignet habe. Von einer vergleichbaren Nichteignung ist wie aufgezeigt weder beim Mühlbach noch beim Appenweiler Mühlbach auszugehen. Soweit die Kläger auf das Auftreten des Bisams verweisen, ist ihnen entgegen zu halten, dass auch die vorhandenen Bachmuschelbestände durch Bisamfraß gefährdet sind. Ein genereller Einwand gegen die Erfolgsaussicht einer Verlegung bzw. Wiederansiedlung von Bachmuschelbeständen kann daraus nicht abgeleitet werden. Soweit die Kläger schließlich die Wirksamkeit des angeordneten Monitorings (A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses) bestreiten, verkennen sie, dass die ständige Beobachtung des Bestandes und der Wirksamkeit der angeordneten Maßnahmen eine frühestmögliche Gegen- bzw. Nachsteuerung bei Fehlentwicklungen ermöglicht. Ihnen ist zwar zuzugeben, dass ein Monitoring nur sinnvoll ist, wenn vorhandene Bachmuschelpopulationen nicht vernichtet werden. Von einer teilweisen oder gar vollständigen Vernichtung der Bachmuschelpopulation ist nach dem Ausgeführten aber gerade nicht auszugehen. Ihr weiterer Einwand, die Planfeststellungsbehörde hätte bei der Anordnung des Monitorings nicht pauschal auf die ihrerseits nicht planfestgestellte Untersuchung von H..., 2005, verweisen dürfen, geht fehl. A.V.7.8. des Planfeststellungsbeschlusses verweist hinsichtlich der Durchführung des Monitorings auf die entsprechenden Ausführungen des artenschutzfachlichen Beitrags und die dort aufgezeigten Erkenntnisse und Methoden. Der Hinweis auf die Untersuchung von H... stellt lediglich klar, dass insoweit noch weitere verwertungsfähige Erkenntnisse zum Bachmuschelbestand und zu konkreten Maßnahmenvorschlägen vorliegen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde die im Rahmen des Monitorings zu ergreifenden Maßnahmen nicht bereits im Planfeststellungsbeschluss konkret festgelegt hat, denn dies ist im Vorhinein weder möglich noch sinnvoll. Sinn des Monitorings ist es, zunächst Erkenntnisse über die zukünftige Entwicklung des Bachmuschelbestandes zu gewinnen und hierauf ggf. zu reagieren. Die geeigneten Handlungsmöglichkeiten konkretisieren sich damit zwangsläufig erst in der Zukunft.
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Das im Planfeststellungsbeschluss vorgesehene Schutzkonzept von Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen vermag zur Überzeugung des Senats sowohl bei isolierter Betrachtungsweise als auch - erst recht - bei kumulativer Betrachtungsweise jedenfalls eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Bachmuschelpopulation im Mühlbach und damit eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt hinreichend sicher auszuschließen. Unter Berücksichtigung der - hinsichtlich ihrer Erfolgsaussicht zwar offenen, aber mit Rücksicht auf die Habitatbedingungen insgesamt erfolgversprechenden - Wiederansiedlung der Bachmuschel im Appenweiler Mühlbach dürfte sich der Erhaltungszustand der Bachmuschelpopulationen insgesamt sogar verbessern. Erkennbar ist für den Senat nach allem auch nicht, dass durch die im Planfeststellungsbeschluss zugelassenen Eingriffe die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der Populationen dieser Art insgesamt verhindert würde.
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Den Beweisantrag Nr. 5 b) der Kläger, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass durch die vorgesehenen Ausgleichs- und Minimierungsmaßnahmen eine Verbesserung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach nicht erreicht werden kann, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem Beschluss unter Hinweis darauf abgelehnt, dass es sich bei der gestellten Beweisfrage um eine Rechtsfrage handelt. Soweit ihr - in Bezug auf die fachwissenschaftliche Einschätzung des Erhaltungszustands der Bachmuschel im Mühlbach - ein dem Beweis zugänglicher Tatsachenkern zugrunde liegt, hat der Senat zur Beurteilung dieser Tatsache aufgrund der detaillierten, im Wesentlichen übereinstimmenden Ausführungen der Gutachter in der mündlichen Verhandlung eigene Sachkunde. Beide Sachverständigen haben in der mündlichen Verhandlung zudem übereinstimmend ausgeführt, dass der Erhaltungszustand der Bachmuschel im Mühlbach bereits jetzt als günstig beurteilt werden kann. Unabhängig davon ist die unter Beweis gestellte Rechtsfrage für die Entscheidung auch unerheblich. Denn Bezugsgegenstand der Ausnahmeprüfung i.S.d. § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG i.V.m. Art. 1 und 16 der FFH-Richtlinie ist - wie bereits ausgeführt - nicht der Erhaltungszustand der lokalen Bachmuschelpopulation gerade im Mühlbach, sondern der Erhaltungszustand der „Bachmuschelpopulationen einer Art“.
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3. Vorschriften des Habitatschutzrechts stehen dem Planfeststellungsvorhaben nicht als rechtliches Hindernis bzw. als Planungsgrenze entgegen. Jedenfalls die Kläger zu 2 und 4 sind mit ihrem hierauf bezogenen Klagevorbringen nicht präkludiert. Die maßgeblichen Gesichtspunkte haben der Kläger zu 2 bereits mit Schreiben vom 22.03.2007 (i.V. m. dem Schreiben der Eheleute S... vom 18.03.2007) und der Kläger zu 4 mit Schreiben vom 30.03.2007 im Verwaltungsverfahren vorgetragen.
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a) Der Planfeststellungsbeschluss geht davon aus (S. 90-93), dass die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung vom 30.09.2002 (Ordner 4, Abschnitt 12.6) näher untersuchten FFH-Gebiete Nr. 8221/342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ und Nr. 8322-342 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“ durch das Bauvorhaben nicht direkt tangiert werden und eine erhebliche indirekte Beeinträchtigung dieser FFH-Gebiete durch bau- und verkehrsbedingte Immissionen ausgeschlossen werden kann. Dies ist auf S. 91 bis 93 des Planfeststellungsbeschlusses näher ausgeführt. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Einschätzung in Zweifel zu ziehen. Auch die Kläger tun dies nicht.
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b) Entgegen ihrer Auffassung liegt ein Verstoß gegen zwingende Vorschriften des Habitatschutzrechts auch nicht deshalb vor, weil der Mühlbach zwischen Schnetzenhausen und Waggershausen (der fragliche Bereich ist in Abb. 4 der Verträglichkeitsprüfung, Ordner 4, Abschnitt 12.6 dargestellt) aufgrund des dortigen Bachmuschelvorkommens als potentielles FFH-Gebiet anzusehen und zu Unrecht nicht bei der Meldung von FFH-Gebieten berücksichtigt worden wäre.
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aa) Die FFH-Richtlinie zielt auf die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung „Natura 2000“. Dieses Netz besteht aus Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen (Art. 3 Abs. 1 FFH-Richtlinie). Die Bachmuschel (unio crassus) ist in Anhang II als (nicht prioritäre) Tierart von gemeinschaftlichem Interesse benannt. Zur Schaffung von Natura 2000 sieht die Richtlinie in Art. 4 ein zweiphasiges Verfahren vor: Zunächst legen die Mitgliedsstaaten der Kommission eine anhand der in Anhang III festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Information erstellte Liste mit Gebieten vor, in der die Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II enthalten sind (Art. 4 Abs. 1, Phase 1). Auf Basis der von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Listen wählt die Kommission sodann im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten die Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung aus, leitet die Gesamtliste mit den ausgewählten Gebieten sodann dem Habitatsausschuss (Art. 21) zu und teilt den Mitgliedsstaaten - nach erfolgter Zustimmung des Habitatsausschusses - die beschlossene Liste (sog. „Gemeinschaftsliste“) mit (Art. 4 Abs. 2, Phase 2). Phase 2 ist mit der Entscheidung der Kommission vom 13.11.2007 gemäß der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Verabschiedung der ersten aktualisierten Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region (im folgenden: Entscheidung zur Gemeinschaftsliste) inzwischen abgeschlossen. In dieser Entscheidung hat die Kommission die erste aktualisierte Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung festgelegt (Art. 1) und ihre frühere Entscheidung 2004/798/EG vom 07.12.2004, in der noch ein Überarbeitungsvorbehalt unter Berücksichtigung weiterer Vorschläge der Mitgliedsstaaten aufgenommen war (dort Art. 1 Abs. 2), aufgehoben (Art. 2). Ein erneuter Überarbeitungsvorbehalt entsprechend Art. 1 Abs. 2 der Entscheidung vom 07.12.2004 wurde nicht mehr getroffen. Zwar ergibt sich aus den Erwägungsgründen 13 und 14 der Entscheidung, dass die Meldungen der Mitgliedsstaaten immer noch teilweise unzureichend sind und sich hieraus weiterer Überarbeitungsbedarf ergeben wird. Dieser bezieht sich aber (Erwägungsgrund Nr. 14) nur auf die in Anhang I der FFH-Richtlinie genannten Lebensraumtypen und bestimmte in Anhang II der FFH-Richtlinie genannte Arten. Die hier in Rede stehende Art (unio crassus) gehört nicht dazu. Hieraus ist abzuleiten, dass die Entscheidung der Kommission jedenfalls im Hinblick auf die hier relevanten Arten endgültig ist. Soweit die Kommissionsentscheidung in Erwägungsgrund 12 darauf hinweist, dass die Kenntnisse über Existenz und Verteilung natürlicher Lebensraumtypen und Arten sich aufgrund der Überwachung gem. Art. 11 der FFH-Richtlinie weiterentwickeln, wird damit zwar ein dynamischer Prozess beschrieben (vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 4), zugleich aber klargestellt, dass dieser im Rahmen des von der FFH-Richtlinie selbst vorgesehenen Aktualisierungsverfahrens stattzufinden hat: Für den Fall, dass ein Mitgliedsstaat nach Abschluss des Meldeverfahrens im Rahmen der ihm obliegenden Überwachung der Erhaltungszustände von Lebensraumtypen und Arten (vgl. Art. 11 der FFH-Richtlinie) zu der Einschätzung kommt, ein zunächst nicht gemeldetes Gebiet sei doch schutzwürdig, ist das Verfahren nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 FFH-Richtlinie vorgesehen, wonach der Mitgliedsstaat eine Anpassung der nationalen Gebietsliste beantragt. Für den umgekehrten Fall, dass die Kommission ein vom Mitgliedsstaat nicht gemeldetes Gebiet für schutzwürdig hält, sieht die FFH-Richtlinie das Konzertierungsverfahren nach Art. 5 vor, das entweder durch eine Einigung zwischen Mitgliedsstaat und Kommission oder aber durch eine einstimmig zu fassende Ratsentscheidung endet.
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Für die Annahme eines potentiellen FFH-Gebiets ist nach Ergehen der Kommissionsentscheidung vor dem aufgezeigten Hintergrund grundsätzlich kein Raum mehr (so auch OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 08.11.2007 - 8 C 11523/06 -, juris Rdnr. 114 und Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, § 32 Rdnr. 61; offen gelassen von BVerwG, Beschl. v. 13.03.2008 - 9 VR 9.07 -, Buchholz 451.91 Europäisches Naturschutzrecht Nr. 33, juris Rdnr. 22 und BVerwG, Beschl. v. 17.07.2008 - 9 B 15.08 -, NuR 2008, 659, juris Rdnr. 18). Denn mit der Rechtsfigur sog. potentieller FFH-Gebiete (und parallel hierzu: faktischer Vogelschutzgebiete) hat die Rechtsprechung dem Umstand Rechnung getragen, dass die Bundesrepublik Deutschland die FFH-Richtlinie - durch Einreichung einer zunächst nur unvollständigen Gebietsliste - verspätet umgesetzt hatte und aus diesem Versäumnis keinen rechtlichen Vorteil zulasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes erhalten sollte (BVerwG, Urt. v. 21.07.2000 - 4 C 2.99 - DVBl. 2000, 814 und Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388; EuGH, Urt. v. 02.08.1993 - Rs C 355/90 -, NuR 1994, 521). Zu diesem Zweck wurden die Vorwirkungen der FFH-Richtlinie gemäß Art. 10 Abs. 1 EG auf sog. potentielle FFH-Gebiete erstreckt. Demgemäß setzt die Anerkennung eines potentiellen FFH-Gebiets kumulativ voraus, dass 1. für das Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art. 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie erfüllt sind, 2. die Aufnahme in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten sich aufdrängt oder zumindest nahe liegt und 3. der Mitgliedsstaat die FFH-Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt hat (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 = juris Rdnr. 78). Zur vollständigen Umsetzung muss der Mitgliedsstaat die Richtlinie normativ umgesetzt und die Liste nach § 4 Abs. 1 FFH-Richtlinie der EU-Kommission zugeleitet haben (BVerwG, Urt. v. 19.05.1998 - 4 C 11.96 -, UPR 1998, 388). Diese Voraussetzungen sind inzwischen erfüllt, nachdem die gesetzgeberische Umsetzung der FFH-Richtlinie in §§ 32f BNatSchG sowie in §§ 36-40 NatSchG BW erfolgt ist und die Kommission über die von den Mitgliedsstaaten gemeldeten Gebiete sogar schon eine Entscheidung in Form der Gemeinschaftsliste getroffen hat.
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Aus der Rechtsprechung des EuGH ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht zu entnehmen, dass die Rechtsfigur der potentiellen FFH-Gebiete auch noch nach Vorliegen einer Gemeinschaftsliste zwingend Anwendung finden müsste. Zwar stellt der EuGH in dem Urteil vom 23.03.2006 (- C 209/04 -, NuR 2006, 429, Rdnr. 43) fest, dass „es mit dem Ziel wirksamen Vogelschutzes kaum vereinbar wäre, herausragende Gebiete für die Erhaltung der zu schützenden Arten nur deshalb nicht unter Schutz zu stellen, weil sich ihre herausragende Eignung erst nach Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie herausgestellt hat“. Diese Ausführungen sind aber mit den Besonderheiten der Vogelschutzrichtlinie zu erklären. Die Vogelschutzrichtlinie kennt kein gemeinschaftsrechtliches Ausweisungsverfahren gem. § 4 der FFH-Richtlinie, kein Verfahren zur nachträglichen Anpassung der Gebietsmeldungen der Mitgliedsstaaten (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 der FFH-Richtlinie) und auch kein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen Kommission und Mitgliedsstaat nach § 5 der FFH-Richtlinie. Vielmehr beruhen die Vogelschutzgebiete auf einer - konstitutiven - Erklärung der Mitgliedsstaaten gegenüber der Kommission. Aus diesem Grund gibt die Vogelschutzrichtlinie den Mitgliedsstaaten auch einen besonders strengen inhaltlichen Prüfungsmaßstab an die Hand. Denn diese haben gem. Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2 der Vogelschutzrichtlinie die „zahlen- und flächenmäßiggeeignetsten Gebiete“ zu Schutzgebieten zu erklären und nicht nur - wie bei der FFH-Richtlinie - „geeignete Gebiete“ zu benennen. Bei dieser Rechtslage kann die Verpflichtung des Mitgliedsstaats zur Ausweisung der „geeignetsten Gebiete“ im Interesse eines wirksamen Vogelschutzes in der Tat nicht davon abhängen, wann die Schutzwürdigkeit des betreffenden Gebiets entdeckt wurde. Bei der Ausweisung von FFH-Gebieten liegt die Entscheidung über die Auswahl der geeigneten Schutzgebiete hingegen bei der Kommission, der die Mitgliedsstaaten die auf ihrem Gebiet und aus ihrer Sicht in Betracht kommenden geeigneten Schutzgebiete mitzuteilen haben. Mit Blick auf die o.g. besonderen Verfahrensvorschriften der FFH-Richtlinie, die gerade auch dem Gesichtspunkt sich nachträglich ergebender Abweichungen von den nationalen Meldelisten Rechnung tragen, sind die Ausführungen des EuGH zur Vogelschutzrichtlinie nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar.
100 
bb) Ob vorliegend möglicherweise etwas anders gilt, weil das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bereits im Jahre 2002 „entdeckt“ wurde, dem Beklagten aufgrund der Feststellungen im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens (Planunterlage 12.0 unter 11.; S 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.06, S. 13) bereits in diesem Jahr bekannt war, dass eine Aufnahme des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach in die FFH-Meldekulisse zumindest in Betracht kam und er damit bereits vor Abschluss des Meldeverfahrens und vor Ergehen der Kommissionsentscheidung vom 13.07.2007 Kenntnis von den für eine eventuelle Nachmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet maßgeblichen Umständen hatte, kann offen bleiben.
101 
cc) Es bestehen nämlich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet hätte gemeldet werden müssen. Maßgebend für die Auswahl der Gebiete sind die fachlichen Kriterien des Anhangs III (Phase 1, B unter Berücksichtigung der Kriterien nach Phase 2) der FFH-Richtlinie, bezüglich derer den Mitgliedsstaaten ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht (BVerwG, Urt. v. 24.08.2000 - 6 B 23.00 -, NuR 2001, 216; Urt. v. 31.01.2002 - 4 A 15.01 -, DVBl. 2002, 994, juris Rdnr. 48; Urt. v. 27.02.2003 - 4 A 59.01 -, NuR 2003, 686; Urt. v. 12.03.2008 a.a.O., juris Rdnr. 51; EuGH, Urt. v. 11.09.2001 - C 1/99 -, NuR 2002, 151).
102 
Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass dieser naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist und zwingend zu einer Meldung des Mühlbachs hätte führen müssen:
103 
(1) Eine Meldung des Mühlbachs war und ist hier nicht zum Schutz einer - besonders berücksichtigungsbedürftigen - prioritären Art. i.S.v. Art. 11 und Anhang III (Phase 2 Nr. 1) der FFH-Richtlinie zwingend geboten. Die Bachmuschel ist keine prioritäre Art, weil sie in Anhang II der FFH-Richtlinie nicht als solche gekennzeichnet ist.
104 
(2) Eine Verpflichtung zur zwingenden Meldung des Mühlbachs ergibt sich auch nicht aus der Größe der dort vorhandenen Bachmuschelpopulation. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und dem Vortrag der Beteiligten in den nachgelassenen Schriftsätzen vom 31.07.2009, 05.08.2009 und 10.08.2009 stellt sich die Sachlage wie folgt dar:
105 
(aa) Eine erste Kulisse von FFH-Gebieten wurde vom Land Baden-Württemberg bereits im Jahre 2001 an die EU gemeldet. Zum damaligen Zeitpunkt hatten die für die Auswahl der Gebiete zuständigen Behörden (Landesanstalt für Umweltschutz, Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege) von etwaigen Bachmuschelvorkommen im Mühlbach noch keine Kenntnis. Erst im Zuge des hier streitgegenständlichen Planfeststellungsverfahrens wurde dieses Vorkommen bekannt. Der landschaftspflegerische Begleitplan vom September 2002 (Planunterlagen 12.0 unter „11. Gutachten zur Aktualisierung tierökologischer Daten“ S. 5) geht insoweit davon aus, dass in dem nach damaligen Erkenntnissen besiedelten Bachabschnitt etwa 420 bis 430 Tiere leben. Mit Blick darauf, dass die an die EU-Kommission bis dahin gemeldeten Gebiete von dieser weder geprüft noch abschließend festgestellt waren, kamen die Gutachter (T... et al.) zu dem Ergebnis, dass das nun dokumentierte Vorkommen, „wäre es früher bekannt gewesen, aus fachlichen Gründen in der FFH-Meldekulisse zu berücksichtigen gewesen wäre“ (Planunterlage 12.0 unter 11., S. 10 und Verträglichkeitsprüfung nach § 34 BNatSchG vom September 2002, Planunterlage 12.6, S. 13). Der Beklagte weist in diesem Zusammenhang aber zu Recht darauf hin, dass diese Einschätzung des Gutachters mit ausschließlichem Blick auf das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach getroffen wurde ohne Quervergleich mit der gesamten Meldekulisse des Landes Baden-Württemberg. In der Zeit vom 11. bis 13. November 2002 hat dann eine Expertenkonferenz der EU zur kontinentalen Region stattgefunden, in der die Meldungen der Länder fachlich bewertet wurden. Die fachliche Bewertung durch Experten der EU führte zu dem Ergebnis, dass die Meldung der Bundesrepublik Deutschland für die Bachmuschel (unio crassus) zwar in Bezug auf Bayern, Schleswig-Holstein und Thüringen unzureichend war. Die Meldung Baden-Württembergs für die Bachmuschel wurde jedoch als ausreichend erachtet. Das Nachmeldeverfahren, das bis 2005 in enger Abstimmung mit der EU-Kommission durchgeführt wurde, hat demgemäß seitens der EU in Bezug auf die Bachmuschelvorkommen in Baden-Württemberg zu keinen Beanstandungen geführt. Zum Schutz der Bachmuschel hat das Land Baden-Württemberg u.a. folgende FFH-Gebiete an die EU-Kommission gemeldet: FFH-Gebiet Nr. 8020-341 „Ablach, Baggerseen und Waltere Moor“; FFH-Gebiete Nr. 8220-341 Bodanrück und westlicher Bodensee; Nr. 8023-341 Feuchtgebiete in Altshausen; Nr. 8122-342 Pfrunger Ried und Seen bei Ilmensee; Nr. 8124-341 Altdorfer Wald; Nr. 8323-341 Schussenbecken und Schmalegger Tobel; Nr. 8324-342 Obere Argen und Seitentäler und Nr. 8126-341 Ach und Dürrenbach; FFH Gebiet Nr. 8221-342 „Bodenseehinterland zwischen Salem und Markdorf“ sowie FFH-Gebiet Nr. 8322-341 „Bodenseeufer westlich Friedrichshafen“; FFH-Gebiet 7622-341 „Großes Lautertal und Landgericht“; FFH-Gebiet „Neckartal zwischen Rottweil und Sulz“ (vgl. BA, Bl. 80ff und Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 (GA, Anlage K 19). Soweit in dem Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 11.02.2009 teilweise davon die Rede ist, dass keine aktuellen Fundpunkte bekannt sind, hat der Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf das Schreiben des Regierungspräsidiums Tübingen vom 24.07.2009 (GA, Bl 689) nachvollziehbar damit erklärt, dass es sich um im Februar 2009 aktuelle Bestandszahlen und nicht um jene Bestandszahlen handelt, die der Meldung zugrunde lagen. Den Äußerungen des Sachverständigen T... (Schreiben vom 22.07.2009, GA, Bl. 637) ist insoweit zu entnehmen, dass Abweichungen von Erfassungen - insbesondere in unterschiedlichen Jahren - auf eine ganze Reihe von Ursachen zurückgeführt werden können, u.a. methodische Unterschiede bei der Erfassung und tatsächliche Bestandsveränderungen im Lauf mehrerer Jahre (z.B. passive Ortsveränderungen, Prädation, Trockenjahre).
106 
(bb) Die für die Gebietsmeldung zuständige Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) hat mitgeteilt, dass ihr seit September 2006 auch das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach bekannt war. Demgemäß fand dieses Vorkommen Eingang in die von der LUBW erstellte Verbreitungskarte und war auch Bestandteil des Teilberichts des Landes zum Bericht der Bundesrepublik Deutschland (vgl. die Ausführungen der LUBW in dem Schreiben vom 29.07.2009 und in der E-Mail vom 31.07.2009, die als Anlage zu dem dem Beklagten nachgelassenen Schreiben vom 31.07.2009 vorgelegt wurden). Die Nichtmeldung des Mühlbachs an die EU-Kommission ist vor diesem Hintergrund als bewusste naturschutzfachliche Auswahlentscheidung zu qualifizieren. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung und den vorliegenden schriftlichen Stellungnahmen hierzu ersichtlich davon aus, dass aus Sicht der EU-Kommission genügend Gebiete gemeldet wurden und auch das zwischenzeitlich bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach keinen Anlass zu einer Nachmeldung gibt. Seiner naturschutzfachlichen Beurteilung hat der Beklagte dabei einen Gesamtbestand des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach zwischen 1500 und 2000 Tieren zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu beanstanden, denn diese Zahlen entsprachen sowohl im Zeitpunkt der Meldung als auch noch im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses im Juni 2008 dem jeweils aktuellen Erkenntnisstand. Demgemäß durfte auch die Planfeststellungsbehörde - bezogen auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses - von diesen Zahlen ausgehen (vgl. Artenschutzfachlicher Beitrag vom 30.12.2007, ergänzter Stand 31.01.2008/06.02.2008). Entgegen der Auffassung der Kläger ist es im vorliegenden Zusammenhang daher unerheblich, dass der tatsächliche Bachmuschelbestand im Mühlbach nach den erst im Juli 2009 gewonnenen Erkenntnissen deutlich höher liegt als bisher angenommen (Gutachten P... vom Juli 2009, GA Anlage 20). Denn diese Erkenntnis ändert nichts daran, dass die Planfeststellungsbehörde bei ihrer Entscheidung davon ausgehen durfte, das Land Baden-Württemberg habe genügend FFH-Gebiete zum Schutz der Bachmuschel gemeldet und das bis Juli 2008 bekannte Bachmuschelvorkommen im Mühlbach ergebe keine Veranlassung zu einer Nachmeldung. Der Senat konnte deshalb den von den Klägern gestellten Beweisantrag Nr. 1, gerichtet auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass im Mühlbach bei Schnetzenhausen mindestens 8.600 Exemplare der Bachmuschel leben (a) und dass es sich hierbei um eine vitale und reproduzierende Population handelt (b), auch im vorliegenden Zusammenhang (zum Artenschutz s.o.) unter Hinweis darauf, dass dies als wahr unterstellt werde, ablehnen.
107 
(cc) Anhaltspunkte dafür, dass angesichts der bereits erfolgten Gebietsmeldungen gerade eine Nachmeldung des Bachmuschelvorkommens im Mühlbach aufgrund des rechtlich maßgeblichen Bestandes von 1500 bis 2000 Tieren zwingend geboten gewesen wäre, sieht der Senat nicht. Dem Beklagten wurde in der mündlichen Verhandlung das Recht eingeräumt, zu der Frage, aus welchen Gründen der Mühlbach nach Bekanntwerden der dortigen Bachmuschelvorkommen nicht als FFH-Gebiet gemeldet worden sei, Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 31.07.2009 hat der Beklagte u.a. ausgeführt, dass das Bachmuschelvorkommen im Mühlbach erhebliche Gefährdungsfaktoren aufweise und dass es sich bei dem Mühlbach um ein stark isoliertes, kleines und kurzes Gewässer ohne Kontakt zu anderen Fließgewässern im Sinne einer Fortpflanzungsgemeinschaft handele, das zudem auch nicht in ein flächenhaftes Schutzgebiet eingebettet bzw. einem solchen benachbart sei. Diese naturschutzfachlichen Erwägungen sind aus Sicht des Senats nachvollziehbar und lassen es jedenfalls plausibel und vertretbar erscheinen, von einer Meldung des Mühlbachs abzusehen. Den Beweisantrag Nr. 6 der Kläger, gerichtet auf Einholung einer amtlichen Auskunft der LUBW zu zahlreichen Teilfragen bezüglich der fachlichen Einstufung von FFH-Gebieten und der Meldepraxis der LUBW, hat der Senat mit in der mündlichen Verhandlung verkündetem und begründetem Beschluss mit Hinweis auf die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieser Fragen abgelehnt. Die Teilfragen 6 a), 6 b), 6 c) und 6 f) zielen auf eine Einschätzung des Meldebestandes von FFH-Gebieten und des Populationsbestandes der Bachmuschel in Baden-Württemberg bezogen auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung. Es wurde bereits ausgeführt, dass und weshalb es auf diesen Zeitpunkt vorliegend nicht ankommt. Unabhängig davon ist die Kenntnis der in einem Bachmuschelbestand zu einem bestimmten Zeitpunkt vorhandenen Exemplare, deren Anzahl - wie ebenfalls bereits ausgeführt worden ist - schwanken kann, nicht entscheidungserheblich bei der Prüfung der Frage, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum überschritten ist oder nicht. Dieser Beurteilungsspielraum bringt es im Hinblick auf den in Anhang III (Phase 1, B) genannten Kriterienkatalog mit sich, dass der Populationsgröße nicht zwangsläufig maßgebliche Bedeutung beigemessen werden muss. Aus diesem Grund ist auch die Beantwortung der Teilfrage 6 e) für die Entscheidung unerheblich. Teilfrage 6 d) stellt unter Beweis, dass die Auswahl der FFH-Gebiete durch die LUBW jeweils nach dem Kriterium des besten Gebiets eines Naturraums erfolgt ist. Auch diese Beweisfrage ist für die Beurteilung, ob der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten ist oder nicht, entscheidungsunerheblich. Denn auch dann, wenn man sie bejahend beantwortet, führt dies noch nicht dazu, dass der Mühlbach zwingend als FFH-Gebiet anzuerkennen wäre. Die Einholung einer amtlichen Auskunft bei der LUBW zu den unter 6a) bis 6 f) genannten Beweisfragen erweist sich zudem auch nicht als erforderlich, nachdem der Senat den Beklagten bereits zuvor in der mündlichen Verhandlung unter Gewährung eines Schriftsatzrechts zu einer Mitteilung der Gründe aufgefordert hatte, die für eine Nichtmeldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet - nach Entdeckung der dortigen Bachmuschelvorkommen - leitend waren.
108 
dd) Selbst wenn sich feststellen ließe, dass der naturschutzfachliche Beurteilungsspielraum hier überschritten wäre und der Mühlbach - nachträglich - in die Gebietskulisse hätte aufgenommen werden müssen, unterläge er keinem vorwirkenden Gebietsschutz. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die von der sich nur auf gemeldete Gebiete beziehenden jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof unmittelbar nicht berührt wird und durch die der vorläufige Schutzstatus von potentiellen FFH-Gebieten eher abgeschwächt wird (EuGH, Urt. v. 13.01.2005 - C-117/03 - NVwZ 2005, 311, und hierzu BVerwG, Beschl. v. 07.09.2005 - 4 B 49.05 -, NVwZ 2006, 823), unterliegen potentielle FFH-Gebiete, die - wie hier - nur über nicht prioritäre Lebensraumtypen oder Arten verfügen, keiner Veränderungssperre, die einer Vorwegnahme von Art. 6 Abs. 2 FFH-RL gleichkommt. Vielmehr gebietet das Gemeinschaftsrecht lediglich ein Schutzregime, durch das verhindert wird, dass Gebiete, deren Schutzwürdigkeit nach der FFH-Richtlinie auf der Hand liegt, zerstört oder anderweitig so nachhaltig beeinträchtigt werden, dass sie als Ganzes für eine Meldung nicht mehr in Betracht kommen; das soll nur der Fall sein, wenn mit ihrer Einbeziehung ein FFH-Gebiet steht oder fällt, wenn also sein Schutz als Ganzes ohne die streitige Teilfläche vereitelt würde (BVerwG, Urt. v. 27.10.2000 - 4 A 18.99 -, NVwZ 2001, 67; Urt. v. 17.05.2002 - 4 A 28.01 -, NVwZ 2002, 1243; Urt. v. 15.1.2004 - 4 A 11.02 -, BVerwGE 120, 1; Urt. v. 22.01.2004 - 4 A 32.02 -, BVerwGE 120, 87). Dies ist hier nicht der Fall, nachdem sich die Verlegung des Mühlbachs auf nur 460 m erstreckt und damit - bezogen auf den maßgeblichen Erkenntnisstand im Juli 2008 - von der Verlegung entsprechend den Angaben von T... nur rund 3,8 % des Bachmuschelbestandes direkt betroffen sind, während 90 % aller lebend aufgefundenen Tiere oberhalb der Verlegungsstrecke liegen und von der Maßnahme unberührt bleiben (Stellungnahme T... vom 07.07.2008, GA, Anlage B 16). Legt man - entsprechend der oben (S. 61) vorgenommenen Wahrunterstellung - die von P... ermittelten Bestandszahlen vom Juli 2009 zugrunde, so ergibt sich nichts anderes. Nach den - von den Klägern nicht angegriffenen - Ausführungen von T... in der mündlichen Verhandlung beträgt der Anteil der von dem Planvorhaben nicht betroffenen Bachmuscheln dann 70 % anstatt 90 %. Angesichts dessen kann keine Rede davon sein, dass die von den Klägern für richtig gehaltene Meldung des Mühlbachs als FFH-Gebiet ohne die Einbeziehung der hier in Rede stehenden, von der Verlegung betroffenen Teilstrecke vereitelt würde.
109 
4. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an einem erheblichen Abwägungsmangel. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (§ 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG). Mängel der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind jedoch nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (§ 17 Abs. 6c Satz 1 FStrG).
110 
a) Die der Planfeststellung zugrunde liegende Prognose der künftigen Verkehrsentwicklung, der konkrete verkehrliche Bedarf für das Neubauvorhaben also, ist einer der zentralen Angriffspunkte der Kläger. Da die Prognose der zukünftigen Verkehrsentwicklung ein wesentliches Kriterium im Rahmen der fachplanerischen Abwägung bei der Gewichtung der für das Vorhaben streitenden Belange ist, können erhebliche Fehler bei der Bewertung des Verkehrsbedarfs einen erheblichen Abwägungsmangel i.S.v. § 17e Abs. 6 FStrG begründen. Die Bindungswirkung der gesetzlichen Bedarfsfeststellung hindert deshalb auch im vorliegenden Zusammenhang (zur artenschutzrechtlichen Ausnahmeprüfung siehe bereits oben) nicht die Berücksichtigung entsprechender Einwände, die jedenfalls von dem Kläger zu 4 in den Grundzügen auch bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragen wurden (Schreiben vom 29.07.2003, Anlage 1). Die Angriffe gegen die Verkehrsprognose greifen allerdings in der Sache nicht durch. Dies wurde bereits ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
111 
b) Auch bei der Trassenwahl ist dem Beklagten kein Abwägungsfehler unterlaufen. Die Planfeststellungsbehörde handelt nicht schon dann abwägungsfehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen planerischer Gestaltungsfreiheit sind erst dann überschritten, wenn eine andere als die gewählte Linienführung sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere darstellen würde, sich mit anderen Worten diese Lösung der Behörde hätte aufdrängen müssen. Trassenvarianten, die sich auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erweisen, können schon in einem frühen Verfahrensstadium oder auf vorangegangenen Planungsebenen ausgeschieden werden. Die jeweilige Untersuchungstiefe hängt vor allem vom Grad der Beeinträchtigung öffentlicher und privater Belange ab; je schwerwiegender die Beeinträchtigung anderer Belange ist, umso weitgehender sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung. Dies gilt auch für Alternativen, die sich nicht „auf den ersten Blick“ anbieten oder aufdrängen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 14.11.2002 - 4 A 15.02 - , BVerwGE 117, 149 = NVwZ 2003, 485; Urt. v. 09.06.2004 - 9 A 11.03 -, NVwZ 2004, 1487; Urt. v. 24.11.2004 - 9 A 42.03 - , juris).
112 
Entgegen der Auffassung der Kläger drängt sich keine der von ihnen angeführten Alternativen als vorzugswürdig auf. Neben der planfestgestellten Variante sind die sog. Amtstrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 48 und Erläuterungsbericht S. 22 und 30ff), die Südumfahrung von Schnetzenhausen (Planfeststellungsbeschluss S. 49f, Erläuterungsbericht S. 23/23 und 30ff), die Variante 1 mit äußerer Querspange (Planfeststellungsbeschluss S. 51ff, Erläuterungsbericht 23 und S. 30ff), die Nullvariante (Planfeststellungsbeschluss S. 54), die Steigwiesentrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 56) und die sog. Bauerntrasse (Planfeststellungsbeschluss S. 57ff; Erläuterungsbericht S. 24, 30ff) geprüft worden. Die Kläger halten keine dieser Alternativtrassen für vorzugswürdig. Sie wenden vielmehr ein, es gebe noch weitere Planungsalternativen, die entweder nicht geprüft oder nicht hinreichend in den Blick gelangt seien. Dies ist indessen voraussichtlich nicht der Fall:
113 
aa) Die in dem Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 39) aufgezeigte Möglichkeit, anstatt der Verwirklichung des Bündelungskonzepts des Planungsfalls 7.5 durch Neubau der B 31 einzelne Ortsumfahrungen im Zuge der B 33 auszubauen, stellt schon im Ansatz keine Planungsalternative mehr dar, sondern bildet ein qualitativ anderes Vorhaben, mit dem die der Planung vorgegebenen Ziele (Bündelung des West-Ost-Verkehrs, Entlastung des Stadtgebiets von Friedrichshafen) nicht mehr erreicht werden können. Von einer dem Vorhabensträger zumutbaren Alternative kann aber dann nicht mehr die Rede sein, wenn eine Planungsvariante auf ein anderes Projekt hinausläuft, weil die vom Vorhabensträger in zulässiger Weise verfolgten Ziele nicht mehr verwirklicht werden könnten (vgl. zur insoweit vergleichbaren Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL, BVerwG, Urt. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128,1, juris Rdnr. 143; vgl. schon BVerwG, Urt. v. 15.01.2004 - 4 A 11. 02 - , BVerwGE 120, 1 = NVwZ 2004, 732 m.w.N.).
114 
bb) Auch ein Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau der B 31 kommt als zumutbare Alternative nicht in Betracht. Dies wurde in Bezug auf die artenschutzrechtliche Alternativenprüfung bereits ausgeführt. Da im vorliegenden Zusammenhang nichts anderes gilt, wird hierauf verwiesen. Unabhängig davon drängte sich diese Lösung, selbst wenn es sich um eine grundsätzlich taugliche Alternative handelte, hier jedenfalls nicht als vorzugswürdig auf.
115 
cc) Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K2a, S. 41) die Planung der Anschlussstelle Schnetzenhausen „in Form eines einseitigen Anschlusses mit einer Querspange auf eine parallele Straße“ (gemeint ist die L 328b) für verkehrlich nicht sinnvoll halten, wird nicht aufgezeigt, inwiefern sich eine andere Lösung als vorzugswürdig aufdrängt. Der Klägereinwand gegen die Anschlussstelle Schnetzenhausen steht in Zusammenhang mit der von ihnen favorisierten Alternative „Müllstraße“, d.h. der Anbindung der K 7742 an die B 31 (neu) bei Schnetzenhausen. Im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung wurde bereits aufgeführt, dass und weshalb es sich hierbei nicht um eine zumutbare Alternative zu dem streitgegenständlichen Vorhaben handelt. Diese Erwägungen gelten hier entsprechend. Ihre auf das Gutachten von R... ... (GA Anlage K 2a, S. 41 bis 45) gestützten weiteren Argumente für die Alternative „Müllstraße“ führen jedenfalls nicht dazu, dass sich diese Lösung aufdrängt. Soweit behauptet wird, diese Variante sei ökologisch vorzugswürdig, wird dies nicht - erst recht nicht in Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses - begründet. Soweit behauptet wird, die vorgeschlagene Variante führe zu einer im Vergleich zum Planungsfall 7.5 größeren Bündelung, sind die in Bezug genommenen Pläne 10 und 36 des Gutachtens von M... ... vom 30.06.2006 („Anschlussvarianten“) zur „Stromverfolgung“ nicht aussagekräftig. Es wurde bereits dargelegt, weshalb den Stromverfolgungskarten keinerlei Aussagen zu den Verlagerungseffekten entnommen werden kann (s.o.). Legt man stattdessen die maßgeblichen Pläne zur prognostizierten Straßenbelastung (Plan 6 für Planungsfall 7.5; Plan 16 für die Anschlussvariante 1; Plan 28 für Anschlussvariante 2) und die hierauf fußenden Pläne 19, 20, 31 und 32 (Differenz zum Planfall 7.5) zugrunde, zeigt sich im direkten Vergleich zum Planungsfall 7.5, dass beide Anschlussvarianten zu einer höheren Straßenbelastung im nachgeordneten Bereich, v.a. aber zu einer höheren Belastung der B 31 (alt) führen. Soweit behauptet wird, die von M... ... angenommene stärkere Bündelungswirkung des Planungsfalls 7.5 beruhe auf dem unterstellten, tatsächlich aber nicht mehr geplanten Zubringer Manzell, hat der Sachverständige S... in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass M... ... mit ergänzender Stellungnahme vom 27.09.2006 (in der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereicht und den Klägervertretern übergeben) zu den Auswirkungen des Verzichts auf den Zubringer Manzell Stellung genommen habe; insgesamt sei festzustellen, dass sich der Verzicht auf diesen Zubringer zwar auf die Ortsdurchfahrt Manzell auswirke, auf die Belastungen außerhalb von Manzell aber nur von untergeordnetem Einfluss sei. Die Kläger und der Sachverständige W... haben gegen diese Ausführungen keine Einwendungen erhoben. Soweit die Kläger weiter behaupten, die Alternative „Müllstraße“ führe nur auf einzelnen überörtlichen Verkehrsstrecken zu hohen Verkehrsbelastungen, ergibt sich das Gegenteil aus den Plänen 19, 20 (Anschlussvariante 1) bzw. 31, 32 (Anschlussvariante 2) des Gutachtens von M... ... vom 30.03.2006, wonach eine erhebliche Verkehrszunahme in Kluftern, Efrizweiler, Unterraderach sowie in Innenstadtbereichen von Friedrichshafen zu erwarten ist. Soweit die Kläger mit R... ... (dort S. 45) noch eine Ergänzung der Variante Müllstraße um eine Querspange von der K 7743 (neu) zur K 7742 bei Riedheim ins Spiel bringen, um die Ortsdurchfahrten Kluftern, Efrizweiler und Spaltenstein zu entlasten, ergibt sich aus den Plänen 40 und 41 des erwähnten Gutachtens, dass die dadurch bewirkte Verkehrsverlagerung von der K 7743 (neu) auf die K 7742 sich in der Größenordnung 900-1000 Kfz/24 h. bewegt. Auch unter Berücksichtigung dessen werden jedenfalls in den Ortsdurchfahrten Kluftern und Spaltenstein immer noch mehr Verkehrsmengen erwartet als im Planungsfall 7.5. Soweit die Kläger schließlich noch davon ausgehen, dass die K 7742 bereits jetzt zur Aufnahme des bei einem Anschluss an die B 31 (neu) zu erwartenden Verkehrs ausreichend dimensioniert ist, stellen sie damit die gegenteilige Feststellung der Planfeststellungsbehörde und des Verkehrsgutachtens (M... ... v. 30.03.2006 S. 2, 3 und 4) nicht substantiiert in Frage.
116 
dd) Ein Verzicht auf die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein drängt sich als vorzugswürdige Alternativplanung ebenfalls nicht auf. Dies wurde bereits im Zusammenhang mit der artenschutzrechtlichen Alternativenprüfung ausgeführt. Hierauf wird verwiesen.
117 
ee) Schließlich scheidet auch die von den Klägern unter Berufung auf R... ... (GA Anlage K 2a S. 37/38) vorgeschlagene längsgeteilte Bauabschnittsbildung mit zunächst nur einbahnigem Ausbau als vorzugswürdige Alternativlösung aus. Da diese Variante ebenfalls darauf hinauslaufen würde, auf einen vierspurigen Ausbau - wenn auch nur vorläufig - zu verzichten, kann auf die Ausführungen zum Verzicht auf einen vierspurigen Ausbau verwiesen werden.
118 
c) Ohne Erfolg machen die Kläger als Abwägungsfehler geltend, dass die geplante vierspurige B 31 (neu) zwischen Immenstaad und Friedrichshafen angesichts der Unwägbarkeiten bei der Realisierung des Planungsfalls 7.5 einen Torso ohne nachhaltigen Verkehrswert darstelle.
119 
aa) Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung bei der Planung von Verkehrswegen ist eine richterrechtlich anerkannte Ausprägung des fachplanerischen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Erwägung zugrunde, dass Planungsträger ein planerisches Gesamtkonzept häufig nur in Teilabschnitten verwirklichen können. Dementsprechend ist die Aufspaltung eines Gesamtvorhabens in Teilabschnitte - als Instrument der planerischen Konfliktbewältigung - grundsätzlich zulässig. Um die Entstehung eines Planungstorsos zu verhindern, darf sich die Teilplanung aber nicht soweit verselbständigen, dass von der Gesamtplanung ausgelöste Probleme voraussichtlich unbewältigt bleiben. Dies verlangt eine vorausschauende Bewertung nachfolgender Bauabschnitte im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ dergestalt, dass der Verwirklichung des Gesamtvorhabens keine von vornherein unüberwindlichen Hindernisse entgegen stehen (BVerwG, Beschl. v. 23.11.2007 - 9 B 38.07 -, NuR 2008, 176, juris Rdnr. 20, Urt. v. 19.05.1998 - 4 A 9.97 -, BVerwGE 107, 1, juris).
120 
bb) Nach diesen Maßstäben stellt sich die Verwirklichung des streitgegenständlichen Vorhabens - als Teilplanung zur Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 - nicht als unzulässige, zu einem Planungstorso führende Abschnittsbildung dar. Denn das Vorhaben hat eigenständige Verkehrsbedeutung auch ohne Verwirklichung des Planfalls 7.5. Der Planfeststellungsbeschluss geht - unter Bezugnahme auf die Verkehrsprognose von M... ... vom 30.11.2005 - auf S. 40 und 42 davon aus, dass bereits im Planfall Zwischenstufe, d.h. wenn es nur zum Bau der B 31 neu im streitgegenständlichen Abschnitt kommt, die Straße ihre Entlastungsfunktion für Friedrichshafen entfalten kann, weil der Verkehr von der B 31 alt auf die B 31 neu verlagert wird. Die Entlastung beträgt in Manzell 65 %, westlich von Fischbach 72 % (vgl. M... ..., Plan 8 - Prognosenullfall - und Plan 17 - Planfall Zwischenstufe -). Aus den genannten Plänen ist zudem zu entnehmen, dass auch die erstrebte Bündelungsfunktion bereits im Planfall Zwischenstufe greift. Bei einem Vergleich der Pläne 7 und 16 zeigt sich, dass es bereits im Planfall Zwischenstufe zu Verkehrsverlagerungen des von Friedrichshafen nach Markdorf orientierten Verkehrs kommt, der nicht mehr über die K 7742 (Unterraderach-Markdorf), sondern über die Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein fließen wird.
121 
Insbesondere zur Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass diese Anschlussstelle ihre verkehrliche Bedeutung (Bündelung des aus Nordwesten kommenden Verkehrs und Anbindung an die B 31 (neu)) unabhängig davon erfüllen kann, ob die K 7743 (neu) gebaut wird oder nicht. Denn die Bündelungsfunktion wird bereits auf der alten Trasse über die Ortsdurchfahrt Kluftern erreicht. Der Bau einer Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein zieht deshalb nicht notwendigerweise den Bau einer K 7743 (neu) nach sich und präjudiziert diese Anschlussvariante auch nicht (vgl. Planfeststellungsbeschluss s. 46). Die Planfeststellungsbehörde hat nicht übersehen, sondern vielmehr im Wege eines „vorläufig positiven Gesamturteils“ vorausschauend bewertet (Planfeststellungsbeschluss S. 40/41), dass es während der Zwischenstufe teilweise zu deutlichen Verkehrszunahmen (insbesondere in den Ortsdurchfahrten Lipbach/Kluftern, Efrizweiler und Schnetzenhausen) kommen wird, gelangt aber zu dem Ergebnis, dass diese Mehrbelastungen zumindest vorläufig (Planfeststellungsbeschluss S. 62) zumutbar sind, weil sie mit zunehmender Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 abnehmen und sodann (insbesondere in Bezug auf die Ortsdurchfahrt Kluftern nach dem Bau der K 7743 neu) in eine Entlastung umschlagen. Dies ist nicht abwägungsfehlerhaft, zumal die Planfeststellungsbehörde die sich als Folge der Baumaßnahmen ergebenden mittelbaren Verkehrslärmbelastungen für diese Ortsdurchfahrten gesehen (Planfeststellungsbeschluss S. 132-135) und für Gebäude, an denen die Lärmgrenzwerte der Gesundheitsgefährdung (60 dB(A) nachts und 70 dB(A) tagsüber) nicht eingehalten werden können, einen Anspruch auf Kostenerstattung für passive Lärmschutzmaßnahmen incl. Außenwohnbereichsentschädigung festgesetzt hat (Planfeststellungsbeschluss S. 11, verfügender Teil unter A III.5). Der Behauptung der Kläger, dass der Planfeststellungsbeschluss die Anwohner der Ortsdurchfahrten in Efrizweiler, Kluftern und Lipbach letztlich mit ihrer Lärmbelastung alleine lasse, vermag sich der Senat deshalb nicht anzuschließen. Nicht zu beanstanden ist in diesem Zusammenhang die Überlegung des Planfeststellungsbeschlusses (S. 62), dass sich die zuständigen Straßenbaulastträger für den Fall der Nichtverwirklichung der K 7743 (neu) im Hinblick auf die dann dauerhaft in den Ortsdurchfahrten verbleibenden Verkehrsmengen zusätzliche Lösungsmöglichkeiten zur Immissionsschutzproblematik überlegen müssten.
122 
cc) Das Bauvorhaben stellt schließlich auch nicht deshalb, weil der vierspurige Ausbau des Riedleparktunnels nicht zugleich mitgeplant wurde, einen zu einem unzulässigen Planungstorso führenden Bauabschnitt dar. Die Kläger meinen - unter Berufung auf R... ... (GA, Anlage K 2a S. 21) -, dass der Bündelungsverkehr zwischen B 31 (neu) und B 30 (neu) ohne den (im Planungsfall 7.5. allerdings vorgesehenen) vierspurigen Bau des Riedleparktunnels nicht verkehrsgerecht abgewickelt werden könne, weil es bei der Zusammenführung des Verkehrs auf eine Fahrbahn im Innenstadtbereich zu Staus komme. Auch insoweit ist zu beachten, dass der streitgegenständliche Bauabschnitt für sich genommen verkehrswirksam ist und nicht erst beim gleichzeitigen Bau eines vierspurigen Riedleparktunnels seine Bündelungs- und Entlastungsfunktion entfaltet (s.o). Die Planfeststellungsbehörde hat auch das „Nadelöhrproblem“ vorausschauend erkannt und eine ergänzende Stellungnahme von M... ... vom 26.10.2006 eingeholt. Danach kann aufgrund zahlreicher Beispiele aus dem In- und Ausland ein zweispuriger Tunnel eine Verkehrsmenge von 1.200 bis 1.300 Kfz/h ohne Beeinträchtigungen der Verkehrsqualität bzw. ohne Staubildungen pro Fahrtrichtung bewältigen. Ausgehend von der im Planungsfall Zwischenstufe (Bau nur der streitgegenständlichen B 31 (neu)) prognostizierten 24.000 Kfz/24 h kommt der Gutachter nachvollziehbar zu einer hinreichenden Leistungsfähigkeit des Tunnels (Gutachten M... ... vom 30.11.2005, Plan 17 und vom 26.10.2006, S. 12). Soweit die Kläger unter Berufung auf R... ... (dort S. 25) von einem prognostizierten Verkehrsaufkommen von insgesamt 39.400 Kfz/24 h ausgehen, wird übersehen, dass sich diese Zahl nicht auf das im Tunnel erwartete Verkehrsaufkommen bezieht, sondern auf das Verkehrsaufkommen am Knoten Colsmannstraße, das allerdings in wesentlichen Teilen vor dem Riedleparktunnel nach Norden, Süden und Osten abfließt und nicht in diesen gelangt (vgl. M... ..., Gutachten vom 30.11.2005, Plan 17).
123 
d) Anhaltspunkte dafür, dass die mit dem Vorhaben verbundenen Belastungen für Natur und Landschaft nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die fachplanungsrechtliche Abwägungsentscheidung Eingang gefunden haben, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus den Ausführungen auf S. 71 bis 176 und 266 des Planfeststellungsbeschlusses ergibt sich eine umfassende Berücksichtigung dieser Belange. Eine Fehlgewichtung ist nicht zu erkennen.
124 
e) Die Planfeststellungsbehörde hat gesehen und bei der Abwägung berücksichtigt, dass das Vorhaben in großem Umfang (78 ha) land- bzw. forstwirtschaftlich genutzte Flächen beansprucht (Planfeststellungsbeschluss S. 191-196). Die umfassend begründete Abwägungsentscheidung lässt keine Abwägungsfehler erkennen. Insbesondere ist auch insoweit nicht zu beanstanden, dass die Planfeststellungsbehörde Trassenvarianten, die zu einer geringeren Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Flächen geführt hätten, verworfen hat (zur Trassenwahl s.o.). Durch das Vorhaben werden lediglich zwei Landwirte in ihrer Existenz gefährdet; Landwirte, die nicht existenzgefährdet sind, werden für planbedingte Beeinträchtigungen entschädigt. Der Planfeststellungsbeschluss spricht den Betroffenen auf S. 10 (Verfügender Teil, A.III.1 und A.III.2.) dem Grunde nach Entschädigungsansprüche zu und enthält auf S. 19 (unter A. V. 3) weitere eingriffsmildernde Festsetzungen zugunsten der Landwirtschaft.
125 
f)Abwägungsfehler liegen nicht vor in Bezug auf Belange des Klägers zu 1. Der Planfeststellungsbeschluss verneint mit einer rechtlich tragfähigen Begründung in einem ersten Schritt, dass die Existenz des Betriebs des Klägers zu 1 wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde und geht zulässig in einem zweiten Schritt davon aus, dass dem Kläger zu 1 gleichwohl zur Abmilderung der Auswirkungen des Straßenbauvorhabens auf seinen Betrieb geeignete Ersatzflächen angeboten worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 220, der Kläger zu 1 ist der Einwender Nr. 02).
126 
aa) Der Beklagte stützt sich bei der Beurteilung der Existenzfähigkeit des Betriebes des Klägers zu 1 auf das Gutachten G... vom 08.12.2004 (Ordner 7, Bl. 58, S. 15). Dieses kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinstehende Kläger zu 1 zwar vorhabenbedingt über 4 ha der von ihm genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche (davon 1,35 ha Obstbaufläche, ca. 0,5 ha Ackerfläche und ca. 2 ha Wiese) verliere, dies aber nicht Auslöser einer Existenzgefährdung sei. Zum einen habe er die Hälfte der Eigentumsflächen verpachtet und könne diese grundsätzlich wieder in Eigenbewirtschaftung nehmen. Zum anderen liege die Nettorentabilität des Betriebs aufgrund relativ extensiver Bewirtschaftung nur bei 53 %, wobei sie bei existenzfähigen Betrieben mindestens 70 % betragen solle. Diese Bewertung wurde vom Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 4) bestätigt. Es ist nicht erkennbar, dass diese Bewertung fehlerhaft sein könnte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Beschl. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) und des Senats (Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, UPR 2008, 240, juris Rdnr. 47) ist die Existenzfähigkeit eines Betriebes danach zu beurteilen, ob in ihm außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden kann. Dabei darf zwar die besondere Struktur und Arbeitsweise des einzelnen Betriebes nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Jedoch können die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Landwirte nicht ausschlaggebend sein. Von diesem Maßstab ist der Gutachter ersichtlich (vgl. Scheiben vom 30.11.2007, Ordner 21, Blatt 299) ausgegangen und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittlicher Gewinn von 15.000 EUR pro Jahr (vgl. Schreiben vom 16.09.2007, Ordner 21, Bl. 272, S. 4), der einem Stundenlohn von 4,60 EUR entspreche (vgl. Schreiben vom 12.12.2008, GA Anlage B 5, S. 8) keine Existenzsicherung zulasse, zumal die Jahresabschlüsse 2004/2005 und 2005/2006 Eigenkapitalverluste aufwiesen (Schreiben vom 12.12.2008, S. 8). Dies ist ohne weiteres plausibel.
127 
Auf die vom Kläger zu 1 in der Klage problematisierte Frage, ob es realisierbar und zumutbar ist, verpachtete Flächen wieder in Eigenbewirtschaftung zurück zu nehmen, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Der Kläger könnte hierdurch zwar die Existenz seines Betriebes in der Zukunft verbessern; dies ändert aber nichts daran, dass sein Betrieb im für die Beurteilung der Abwägung entscheidungserheblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses auch unter Berücksichtigung der erzielten Pachteinnahmen (vgl. Scheiben vom 12.12.2008, S. 8) bereits existenzgefährdet war.
128 
bb) Ungeachtet dessen wurden dem Kläger zu 1 Teilflächen der Grundstücke Flst. Nr. 308 (überwiegend Grünland) und Nr. 314 (obstbaufähige Fläche) als Ersatzflächen angeboten. Entgegen seiner Auffassung ist das Flst. Nr. 314 nach der Stellungnahme des Landratsamts Bodenseekreis (Landwirtschaftsamt, vgl. GA Anlage B 13, S. 3) obstbaulich geeignet. Der in der mündlichen Verhandlung gehörte landwirtschaftliche Gutachter F... hat hierzu nachvollziehbar und unwidersprochen dargelegt, dass das Flurstück Nr. 314 sogar sehr gut obstbaugeeignet ist. Soweit der Kläger die Gleichwertigkeit des Flst. Nr. 308 anzweifelt, ist ihm entgegen zu halten, dass mit diesem Grundstück der Verlust von ca. 1,8 ha Grünland auf Flst. Nr. 163 und nicht der Verlust von Obstbaufläche ausgeglichen werden soll. Soweit der Kläger zu 1 den Erwerb des Flst. Nr. 314 für nach dem Grundstücksverkehrsgesetz nicht genehmigungsfähig hält, ist ihm entgegen zu halten, dass nach § 4 Nr. 1 GrdstVG keine Genehmigung erforderlich ist, weil der Bund als Vorhabensträger als Vertragsteil an der Veräußerung beteiligt ist. Unabhängig davon hat das Landwirtschaftsamt mit Schreiben vom 11.02.2009 (GA, Anlage B15, S. 1) die Erteilung einer Genehmigung in Aussicht gestellt, nachdem der Kläger zu 1 eine nach Norden vergrößerte Teilfläche des Flst. Nr. 314 erhalten soll.
129 
cc) Der Einwand des Klägers, dass in den Gutachten die Pensionspferdehaltung nicht ausreichend berücksichtigt worden sei, geht ebenfalls fehl. Der Gutachter G... hat zunächst drei, in der ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2007 sodann fünf Pensionspferde berücksichtigt. In der mündlichen Verhandlung hat er dies nochmals bestätigt. Auch unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Einnahmen wurde der Betrieb aber nachvollziehbar nicht als existenzfähig beurteilt. Unabhängig davon weist der Beklagte unter Berufung auf die Stellungnahme des Gutachters vom 12.12.2008 (GA, Anlage B 15, S. 8) auch zu Recht darauf hin, dass vorhabenbedingte Mindereinnahmen durch die Pensionspferdehaltung nicht feststellbar seien, weil die Ausrittmöglichkeiten nach wie vor bestünden und es auch nicht zu einer Überschreitung der maßgeblichen Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV komme. Soweit der Kläger zu 1 darauf abhebt, dass sein Hof die Attraktivität als Standort für Pensionspferde und Ferienwohnungen verliere, beruft er sich nicht auf bereits aktuell konkretisierte und damit nicht in den Anwendungsbereich des Art. 14 Abs. 1 GG fallende Erwerbschancen. Denn mit der Klage trägt er zugleich vor, dass er die Eröffnung von Ferienwohnungen und den Aufbau eines professionellen Reitbetriebs auf dem Hof beabsichtige. Von einer im Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses hinreichend verfestigten Erwerbsmöglichkeit ist deshalb nicht auszugehen.
130 
dd) Schließlich geht auch der Einwand des Klägers zu 1 ins Leere, es sei nicht berücksichtigt worden, dass er vorhabenbedingt nicht mehr sämtliche bewirtschaftete Grundstücke auf eigenen Flächen erreichen könne und deshalb erstmals gezwungen sei, im Straßenverkehr zugelassene landwirtschaftliche Fahrzeuge anzuschaffen. Aus den von dem Beklagten vorgelegten Plänen (GA, Anlage B 14) in Verbindung mit den gegenüber dem Gutachter gemachten Angaben ergibt sich, dass der Kläger zu 1 bereits derzeit auch solche Grundstücke bewirtschaftet, die nur über den - öffentlichen - Eichenmühlweg erreichbar sind (Flst. Nrn. 167/5; 167/6; 163; 189/1). In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger an diesem Einwand nicht mehr festgehalten.
131 
ee) Es ist nicht erkennbar, dass der Planfeststellungsbeschluss wegen einer nicht hinreichenden Berücksichtigung der durch das Vorhaben ausgelösten Lärmbelastung der Hofstelle des Klägers abwägungsfehlerhaft wäre. Der Kläger zu 1 trägt in diesem Zusammenhang selbst vor (GA, Bl. 19), dass für die südlichen Gebäude der Hofstelle eine Immissionsbelastung von 61 dB(A) bzw. 62 dB(A) tags und 54 dB(A) nachts zu erwarten ist. Die immissionsschutzrechtliche Schutzwürdigkeit von baulichen Anlagen im Außenbereich ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 der 16. BImSchV zu beurteilen (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 der 16. BImSchV). Hier liegt es nahe, als Vergleichsmaßstab die Schutzbedürftigkeit einer baulichen Anlage im Dorfgebiet heranzuziehen, in dem landwirtschaftliche Gebäude typischerweise zulässig sind. Die hierfür maßgeblichen Grenzwerte von 64 dB(A) tagsüber und 54 dB(A) nachts können eingehalten werden.
132 
ff) Soweit in der Klage gerügt wird, die planfestgestellte Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein stelle einen Zwangspunkt für den Neubau der K 7743 entlang der Eisenbahntrasse Markdorf-Friedrichshafen dar, stellt sie keinen Bezug zu einem der grundstücksbetroffenen Kläger her. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abwägungsrelevanz eines durch die Planung geschaffenen Zwangspunkts hat jedoch den effektiven Rechtsschutz eines möglicherweise grundstücksbetroffenen Klägers gegen eine etwaige Anschlussplanung im Blick. Danach kann im Falle einer abschnittsweisen Verwirklichung eines Straßenbauvorhabens ein Grundstückseigentümer den Planfeststellungsbeschluss für einen vorangegangenen Straßenabschnitt mit der Begründung anfechten, dass sein Grundstück im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig, d.h. unausweichlich betroffen sein wird (BVerwG, Beschl. v. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, DVBl. 1993, 161, juris Rdnr. 2; Beschl. v. 01.07.2003 - 4 VR 1.03, 4 A 1.03 -, Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 3, juris Rdnr. 3).
133 
Hier ist weder dargelegt noch erkennbar, ob und inwiefern der Kläger zu 1 als Grundstückseigentümer von der Verwirklichung des Planungsfalls 7.5 zwangsläufig betroffen sein könnte mit der Konsequenz, dass er bereits die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein als unzulässigen Zwangspunkt rügen könnte. Insbesondere legt der Kläger zu 1 nicht dar, welche seiner Grundstücke bei dem - im Planungsfall 7.5 vorgesehenen - Anschluss der K 7743 (neu) an diese Anschlussstelle zwangsläufig in Anspruch genommen werden müssten. Selbst wenn ihm aber bei Verwirklichung der K 7743 (neu) eine konkrete Inanspruchnahme drohte, stellte die Planung der Anschlussstelle Kluftern/Spaltenstein keinen Zwangspunkt dar. Zwar ließe sich dies nicht schon mit der Überlegung verneinen, dass die Fortführung der Planung in Bezug auf den Bau der K 7743 (neu) nicht feststehe. Denn ein Teilabschnitt darf bei der Zwangspunktbetrachtung nicht aus dem Gesamtzusammenhang des übergreifenden Planungskonzepts - hier des Planungsfalls 7.5 - herausgelöst werden (vgl. BVerwG, Beschl. 02.11.1992 - 4 B 205.92 -, a.a.O. juris Rdnr. 4). Es steht jedoch eine Planalternative in Form eines Anschlusses der K 7742 an die Anschlussstelle Schnetzenhausen zur Verfügung (Planfeststellungsbeschluss S. 46/47). Die Tatsache, dass der Vorhabensträger diese Alternativlösung nicht verfolgt und stattdessen in rechtlich nicht zu beanstandender Weise die Variante eines Anschlusses der K 7743 (neu) bei der Anschlussstelle Kluftern/Schnetzenhausen favorisiert (dazu s.o.), ändert nichts daran, dass diese Anschlussstelle nicht im Sinne der genannten Rechtsprechung unausweichlich zu einer Flächeninanspruchnahme beim Kläger zu 1 führt. Entgegen den Ausführungen in der Klageschrift argumentiert die Planfeststellungsbehörde weder zirkulär noch widersprüchlich, wenn sie einerseits den Anschlussknoten Kluftern/Spaltenstein mit Blick auf einen denkbaren Anschluss der K 7742 bei Schnetzenhausen für nicht präjudiziert hält, andererseits in dem genannten Anschluss aber keine zumutbare Planungsalternative zu dem Anschluss Kluftern/Spaltenstein sieht. Denn die auf den ersten Blick nicht miteinander zu vereinbaren Argumentationen treffen verschiedene rechtliche Ebenen und haben unterschiedliche Anknüpfungspunkte: Im Rahmen der artenschutzrechtlichen bzw. fachplanungsrechtlichen Alternativenprüfung kann die Entscheidung für eine bestimmte Planung bereits damit begründet werden, dass es mögliche planerische Alternativen zwar gibt, diese aber unzumutbar oder aus anderen Gründen nicht vorzugswürdig sind. Dagegen setzt die Annahme eines Zwangspunkts i.S. der genannten Rechtsprechung voraus, dass es nicht nur keine zumutbare oder vorzugwürdige Alternative, sondern überhaupt keine Alternative gibt.
134 
g) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 2 geht. Für das Bauvorhaben werden seine Flurstücke Nr. 117 und 118 sowie eine 1,3 ha große Teilfläche seines Flurstücks Nr. 113/1 in Anspruch genommen. Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt eine Existenzgefährdung des Betriebes des Klägers zu 2 als gegeben und kommt mit einer rechtlich tragfähigen Begründung zu dem Ergebnis, dass diese Auswirkung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind (Planfeststellungsbeschluss S. 225-227 und 266; der Kläger zu 2 ist der Einwender Nr. 07).
135 
aa) Zunächst ist entgegen dem Vorbringen des Klägers zu 2 nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss eine Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebs unterstellt und auf dieser Grundlage eine Abwägungsentscheidung getroffen hat. Denn damit hat die Planfeststellungsbehörde die unterstellten Eingriffe in die Existenz des Betriebs - im Wege einer worst-case-Betrachtung - mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Die Zulässigkeit dieser Vorgehensweise entspricht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats. Die Planfeststellungsbehörde hat die dabei zu beachtenden Voraussetzungen beachtet, wozu insbesondere gehört, dass die Frage der Existenzgefährdung sachverständig untersucht werden muss (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 - NVwZ 2001, 1154; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.07.2007 - 5 S 130/06 -, a.a.O., juris Rdnr. 53; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.12.2000 - 5 S 2716/99 - VBlBW 2001, 362). Die Grenzen einer zulässigen Wahrunterstellung sind erst überschritten, wenn der für die Abwägung maßgebende Sachverhalt mit einer Wahrunterstellung in Wirklichkeit nicht in sachdienlicher Weise erfasst werden kann, sei es etwa, dass der zu unterstellende Sachverhalt die Gesamtkonzeption der Planung in einem wesentlichen Punkt betrifft, oder sei es, dass die Feststellung des in Rede stehenden Sachverhalts ohne eine gleichzeitige Wertung der festzustellenden tatsächlichen Umstände nicht möglich ist, insbesondere wenn die Bedeutung eines privaten Belangs im Verhältnis zu den ihm widerstreitenden öffentlichen Belangen nur bei näherer Kenntnis aller ihn betreffenden Einzelheiten hinreichend erfasst werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.03.1980 - 4 C 34.78 - NJW 1981, 241). Mit dieser Einschränkung soll verhindert werden, dass sich die Planung durch Unterstellungen zu weit von der Realität entfernt bzw. dass die Gesamtkonzeption des Vorhabens - gerade auch im Bereich eines öffentlichen Belangs, wie etwa der Landwirtschaft als solcher - auf Unterstellungen aufgebaut ist. So liegt es hier indessen nicht. Die Behörde hat die Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens auf die landwirtschaftlichen Betriebe des Kläger zu 2 und anderer Landwirte nicht einfach ohne jegliche Prüfung unterstellt. Vielmehr hat die Planfeststellungsbehörde zu diesem Zweck ein Gutachten des landwirtschaftlichen Gutachters G... zur Existenzfähigkeit der betreffenden Betriebe vom 08.12.2004 (Gutachten G..., Ordner 7, Bl. 58, S. 5) sowie eine ergänzende Stellungnahme des Gutachters G... vom 16.07.2007 (Ordner 21, Bl. 272, S. 2 und 3) eingeholt. Es bestehen deshalb keine Anhaltspunkte dafür, dass ein für die Gesamtabwägung maßgeblicher Sachverhalt, nämlich der Frage einer Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Betriebe und damit der Betroffenheit der Landwirtschaft als solcher (auch als öffentlicher Belang), ausgeblendet oder in seiner Bedeutung verkannt worden ist. Dagegen sprechen auch die auf S. 214 des Planfeststellungsbeschlusses angestellten Erwägungen.
136 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 2 durfte die Planfeststellungsbehörde in einem zweiten Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, dass die - als wahr unterstellte - Existenzgefährdung durch das Angebot geeigneter Ersatzflächen vermieden werden kann und verbleibende Beeinträchtigungen zumutbar sind. Der Kläger ist dieser Annahme entgegen getreten und hat unter Vorlage des von ihm vorgelegten Existenzgefährdungsgutachtens des Dr. B... (GA, Anlage K 3) u.a. die Obstbaueignung der angebotenen arrondierten Teilfläche des Flurstücks 149/1 bestritten. Die Obstbaueignung dieser Fläche konnte in der mündlichen Verhandlung auch nach ausgiebiger Anhörung der landwirtschaftlichen Gutachter Dr. B... und F... nicht abschließend geklärt werden. Jedoch hat die Planfeststellungsbehörde die verbleibenden Unklarheiten zum Anlass genommen, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, dass das Flurstück Nr. 149/1, soweit es dem Kläger als Tauschgrundstück angeboten wird, nach den Vorgaben des Sachverständigen S..., Konstanz, obstbautauglich hergerichtet wird. Ob - wie der Kläger zu 2 meint - das Flst. Nr. 149/1 auch noch nach Durchführung dieser Maßnahme als Ersatzlandangebot ungeeignet ist, braucht im Rahmen des vorliegenden Planfeststellungsverfahrens nicht geklärt zu werden. Denn das Bereitstellen von Ersatzland ist lediglich eine besondere Art der enteignungsrechtlichen Entschädigung, die in der Planfeststellung grundsätzlich nicht abschließend erörtert und beschieden werden muss. §§ 19 und 19a FStrG weisen sie vielmehr dem nachfolgenden Enteignungsverfahren zu (BVerwG, Urt. v. 11.01.2001 - 4 A 13.99 -, a.a.O.). Unabhängig davon vermag der Senat nicht festzustellen, dass die Planfeststellungsbehörde bei der in Einzelheiten unterschiedlichen Bewertung der Ersatzlandtauglichkeit des Flst. Nr. 149/1 von einem im Grundsatz fehlerhaften Sachverhalt ausgegangen wäre. Die weiteren Einzelheiten, insbesondere die Frage, ob wegen verbleibender Nachteile des Flst. Nr. 149/1 eine Entschädigungspflicht besteht, durfte sie dem Enteignungsverfahren überlassen (Planfeststellungsbeschluss S. 214/215).
137 
cc) Aus den genannten Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses (S. 214/215) ist im Übrigen zu entnehmen, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme von Privatgrundstücken unabhängig vom Vorhandensein geeigneten Ersatzlandes für unverzichtbar hält, um den Planungserfolg nicht zu gefährden. Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass sie die Planung - und demgemäß eine Inanspruchnahme der Grundstücke des Klägers zu 2 - nur vornehmen wollte, wenn es gleichzeitig gelingt, mit Hilfe eines entsprechend aufgebauten Ersatzlandangebots die Enteignungswirkungen sicher zu vermeiden. Selbst wenn man also im Zusammenhang mit der Existenzgefährdung des Klägers zu 2 zu einem Abwägungsmangel käme, wäre dieser in jedem Falle nicht auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG).
138 
dd) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 2 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 58 dB(A) tagsüber und 51 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 27). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit im vorliegenden Falle s.o. beim Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
139 
h) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht abwägungsfehlerhaft, soweit es um die Berücksichtigung der individuellen Belange des Klägers zu 3 geht. Auch insoweit verneint der Planfeststellungsbeschluss mit einer rechtlich tragfähigen Begründung, dass die Existenz des Betriebs des Klägers wegen der vorhabenbedingten Flächenverluste gefährdet würde.
140 
aa) Die Planfeststellungsbehörde geht davon aus (Planfeststellungsbeschluss S. 222 und 223; der Kläger zu 3 ist der Einwender Nr. 03), dass die Inanspruchnahme der Flurstücke Nr. 184/4, 190, 184, 188/2 und 190/3 des Klägers zu 3 als Ausgleichsfläche nicht zu einer vorhabenbedingten Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes (Obstbau und Milchviehhaltung mit Schwerpunkt Milchviehhaltung) führe. Sie stützt sich bei dieser Einschätzung auf das Gutachten G... vom 8.12.2004 (Ordner 7, Blatt 58 S. 12) und vom 30.10.2007 (Ordner 21, Bl. 299, S. 1), wonach der Betrieb des alleinstehenden Klägers zu 3 bereits unabhängig von dem Bauvorhaben existenzgefährdet sei, weil Betriebsgröße und -ausstattung bei objektivierter Betrachtungsweise zu gering seien, um einem Betriebsleiter und seiner Familie ein ausreichendes Einkommen zu erwirtschaften und darüber hinaus noch Rücklagen bilden zu können. Diese Bewertung ist methodisch nicht zu beanstanden (s.o.); die vom Kläger zu 3 vorgebrachten Einwände greifen nicht durch:
141 
(1) Zwar wurde die Existenzfähigkeit des Betriebes in dem Gutachten vom 08.12.2004 zumindest auch damit begründet, dass der Kläger zu 3 am Ende seines Beruflebens stehe; auch hat der Senat in dem Urt. v. 17.07.2007 (- 5 S 130.06 -, a.a.O., juris Rdnr. 47) festgestellt, dass hierauf nicht abgestellt werden dürfe. In der vom Gutachter verfassten Stellungnahme vom 30.10.2007 wurde jedoch nachvollziehbar ausgeführt, dass es an einer Existenzfähigkeit auch bei objektivierter Betrachtungsweise und unabhängig vom Alter des Klägers zu 3 fehle.
142 
(2) Soweit der Kläger zu 3 die genannten gutachterlichen Stellungnahmen für widersprüchlich hält, weil in dem Gutachten vom 08.12.2004 - anders als in der Stellungnahme vom 30.10.2007 - noch davon ausgegangen sei, dass die Betriebseinnahmen für den Kläger zu 3 zum Lebensunterhalt reichten, ist ihm entgegen zu halten, dass es sich um einen Scheinwiderspruch handelt. Zwar mag der alleinstehende Kläger seinen Unterhalt aus den erwirtschafteten Erträgen (Gewinn in 2004: 7.405 EUR) bestreiten können. Nach der bereits oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats kommt es hierauf aber nicht entscheidend an und ist die Existenzfähigkeit eines konkreten landwirtschaftlichen Betriebes vielmehr nach objektivierenden Kriterien daraufhin zu beurteilen, ob außer einem angemessenen Lebensunterhalt für den Betriebsleiter und seine Familie auch ausreichende Rücklagen für die Substanzerhaltung und für Neuanschaffungen erwirtschaftet werden können. Dies ist nach den Ausführungen des Gutachters, denen der Kläger zu 3 im Übrigen nicht substantiiert entgegentritt, nicht der Fall. Unabhängig davon liegt angesichts des im Jahre 2004 erwirtschafteten Gewinns von 7.405 EUR für den Senat auf der Hand, dass hiervon - bei objektivierter Betrachtung - schon der Lebensunterhalt eines Betriebsleiters nicht erwirtschaftet werden kann. Erst Recht können hieraus Rücklagen nicht in dem erforderlichen Umfang gebildet werden.
143 
(3) Soweit der Kläger meint, die Existenzfähigkeit seines Betriebes stehe allein schon deshalb fest, weil er ihn über viele Jahre führe ohne zum Aufgeben gezwungen zu seien, beruft er sich zu Unrecht auf die Rechtsprechung des Senats in dem Urteil vom 02.04.1990 - 5 S 2128/89 - (insoweit gleichlautend Urt. v. 05.04.1990 - 5 S 2129/89 -, NVwZ-RR 1991, 6, juris Rdnr. 32). Zwar hat der Senat dort ausgeführt, dass die Existenzfähigkeit eines langjährig bestehenden landwirtschaftlichen Betriebes nicht allein aufgrund einer pauschalen Einschätzung „am grünen Tisch“ in Frage gestellt werden kann und es vielmehr einer präzisen Untersuchung über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Betriebes bedarf. Hier liegt jedoch keine ungenügende pauschale Einschätzung „am grünen Tisch“ vor. Aus der Stellungnahme des Gutachters G... vom 12.12.2008 (GA, B5 S. 9) ergibt sich, dass im Betrieb des Klägers zu 3 keine Buchführung eingerichtet und vorhanden war, weshalb der Betriebsbeurteilung einerseits Durchschnittszahlen anderer vergleichbarer Betriebe und andererseits die vom Kläger zu 3 gemachten Angaben zugrunde gelegt wurden. Das für 2004 ermittelte Einkommen ist damit betriebsindividuell ermittelt worden. Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 31.10.1990 - 4 C 25.90, 4 ER 302.90 -, juris Rdnr. 24) die Tatsache, dass ein Betrieb über eine längere Zeit besteht, für die Beurteilung der Existenzfähigkeit eines Betriebes nicht ausschlaggebend ist.
144 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers zu 3 lässt auch die Tatsache, dass der Beklagte sich in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, auf eine Enteignung der Grundstücke des Klägers zu verzichten, sofern dieser einer vertraglich zu vereinbarenden Nutzungsbeschränkung zustimmt, nicht auf einen Abwägungsfehler des Planfeststellungsbeschlusses schließen. Die Grundstücke werden als Ausgleichsfläche zur Sicherung und Entwicklung der Brunnisach als bedeutsamer Lebensraum für Tiere und Pflanzen benötigt. Zu diesem Zweck sieht der landschaftspflegerische Begleitplan vor, die landwirtschaftliche Nutzung zu extensivieren, die Bachgehölze auszudehnen und Nassstandorte zu entwickeln. Da die Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen als Bestandteil der Gesamtplanung dauerhaft gesichert sein muss, ist die Planfeststellungsbehörde rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass eine Enteignung der Grundstücke jedenfalls dann notwendig ist, wenn der Kläger zu 3 die aus Gründen des Naturschutzes erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen und -erschwernisse (gegen Zahlung einer entsprechenden Entschädigung) nicht akzeptiert. Da der Kläger zu 3 hierzu nicht bereit war, durfte die Planfeststellungsbehörde bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Ergehens des Planfeststellungsbeschlusses abwägungsfehlerfrei davon ausgehen, dass damit eine Enteignung der Grundstücke notwendig ist (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 114). Den darin liegenden Eingriff in das Eigentumsgrundrecht des Klägers hat die Planfeststellungsbehörde damit mit dem ihm zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
145 
cc) Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist schließlich auch nicht mit Blick auf die Lärmbelastungen abwägungsfehlerhaft, denen die Hofstelle des Klägers zu 3 vorhabenbedingt ausgesetzt wird. Nach seinem Vortrag sind Lärmwerte von 57 dB(A) tagsüber und 49 dB(A) nachts zu erwarten (GA, Bl. 33). Die Immissionsgrenzwerte für eine bauliche Anlage im Dorfgebiet (zu deren Maßgeblichkeit s.o. die Ausführungen zum Kläger zu 1) können damit eingehalten werden.
146 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Kostenanteile folgen dabei dem im nachstehenden Beschluss bestimmten jeweils unterschiedlichen Streitwert der Klagen.
147 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
148 
Beschluss vom 19.10.2009
149 
Der Streitwert wird endgültig auf 88.389,- EUR festgesetzt.
150 
Gründe
151 
Der Streitwert des Verfahrens bemisst sich nach der sich aus dem Antrag ergebenden Bedeutung der Sache für den Kläger (§ 52 Abs. 1 GKG). Die Werte mehrerer Streitgegenstände sind zusammenzurechnen (§ 39 Abs. 1 GKG).
152 
Was die Kläger zu 1 bis 3 betrifft, so schätzt der Senat das wirtschaftliche Interesse auf insgesamt 73.389,00 EUR. Entsprechend den Angaben der Kläger in dem Schriftsatz vom 24.11.2008, denen der Beklagte nicht entgegen getreten ist, bemisst der Senat das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu 1 auf 46.536,00 EUR, das des Klägers zu 2 auf 21.055.00 EUR und das des Klägers zu 3 auf 5.798,00 EUR.
153 
Für die Klage des Klägers zu 4 beträgt der anzusetzende Einzelstreitwert 15.000 EUR. (Ziff. 1.2. des Streitwertkatalogs 2004).
154 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2

Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3

Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4

Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie "vordringlicher Bedarf" aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5

Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 "Werra- und Wehretal" geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 "Reichenbacher Kalkberge" mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" ist eine vorher zum FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet "Meißner", das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6

Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7

Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8

In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet "Reichenbacher Kalkberge". Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9

In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete "Werra- und Wehretal" und "Reichenbacher Kalkberge" sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10

Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11

Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12

Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge". Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13

Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14

Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15

Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die "Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet 'Werra- und Wehretal'" vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17

Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18

Der Kläger beantragt,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

20

Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

Entscheidungsgründe

21

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22

A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23

Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24

Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25

Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26

B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27

1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28

a) Für das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29

aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30

bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31

cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32

(1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein "Gebiet" als "einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche" und unter Buchstabe l ein "besonderes Schutzgebiet" als "ein... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden". Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33

Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34

Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 ) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie "geeignete Schutzmaßnahmen" geboten, "um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten" (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35

Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36

Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37

(2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38

Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39

Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet "Werra- und Wehretal" bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40

Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet "Reichenbacher Kalkberge" zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41

Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42

Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43

Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44

Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45

Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46

Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47

(3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung "vorsorglich" auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48

Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49

dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50

Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der "besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse" einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51

Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52

Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53

Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54

Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55

Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum "Hainsimsen-Buchenwald" ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56

ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57

Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von "Managementmaßnahmen" einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58

(1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59

(a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60

Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61

Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62

Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63

(b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64

(c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65

Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66

Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67

Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als "in ihrer Wirkungsweise belegt" und "zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet" (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen "Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse", Dezember 2008 ). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept "nachjustieren" zu können.

68

Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69

Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für "sonstige Unterführungen" bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70

Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71

Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72

Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73

Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74

Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75

Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76

Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77

Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78

Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie "Langer Berg" ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79

Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80

Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche "relevante negative Abweichungen" von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen "die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen" oder wenn "das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können" (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das "Ob" und "Wie" von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81

Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen "Verdichtung der bisherigen Bepflanzung" umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82

Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83

(d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am "Langer Berg" von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am "Langer Berg" von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84

(2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85

(a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86

(b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87

Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 , S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ).

88

Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89

Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 ).

90

Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

91

Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der "Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete" des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

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Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL "rohe" wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

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Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

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Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., "Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland"). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

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Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/ha*a, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/ha*a und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/ha*a und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/ha*a. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

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(3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens "Vögel und Verkehrslärm" ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf "November 2007" datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

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(4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

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b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets "Reichenbacher Kalkberge" sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220*) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0*) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99

c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet "Meißner" durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 ; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100

Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen "Langer Berg" und "Lochmannsberg" gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" geschützten Fledermausarten nicht an.

101

Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102

d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets "Lichtenauer Becken" auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 ), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103

2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines "vorläufigen positiven Gesamturteils" begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104

3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105

a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106

An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107

Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 ). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 ). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 ). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 ), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108

Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109

b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110

Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 ). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111

aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bechsteinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112

(1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113

Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 ) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114

Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115

(2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116

Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117

Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118

Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119

(3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120

Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes "Wehrebogen" als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exemplars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121

Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122

(4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123

Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124

(5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125

(6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126

Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127

Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128

Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129

bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130

(1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131

(a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132

Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des "Transeuropäischen Verkehrsnetzes" (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 ). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133

Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134

(b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135

(aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136

Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137

Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Glimmerode und Hambach" widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene "Große Südumfahrung" zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138

Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139

Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140

Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 ) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur "unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können". Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen "außergewöhnlicher Umstände" stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen "ausnahmsweise" (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142

Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme "außergewöhnliche Umstände" verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143

(bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 und vom 12. März 2008 a.a.O. ). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 ).

144

Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145

Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146

(2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147

Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

Für dieses Gesetz gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
Oberirdische Gewässer
das ständig oder zeitweilig in Betten fließende oder stehende oder aus Quellen wild abfließende Wasser;
2.
Küstengewässer
das Meer zwischen der Küstenlinie bei mittlerem Hochwasser oder zwischen der seewärtigen Begrenzung der oberirdischen Gewässer und der seewärtigen Begrenzung des Küstenmeeres; die seewärtige Begrenzung von oberirdischen Gewässern, die nicht Binnenwasserstraßen des Bundes sind, richtet sich nach den landesrechtlichen Vorschriften;
2a.
Meeresgewässer
die Küstengewässer sowie die Gewässer im Bereich der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und des Festlandsockels, jeweils einschließlich des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes;
3.
Grundwasser
das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht;
4.
Künstliche Gewässer
von Menschen geschaffene oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
5.
Erheblich veränderte Gewässer
durch den Menschen in ihrem Wesen physikalisch erheblich veränderte oberirdische Gewässer oder Küstengewässer;
6.
Wasserkörper
einheitliche und bedeutende Abschnitte eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers (Oberflächenwasserkörper) sowie abgegrenzte Grundwasservolumen innerhalb eines oder mehrerer Grundwasserleiter (Grundwasserkörper);
7.
Gewässereigenschaften
die auf die Wasserbeschaffenheit, die Wassermenge, die Gewässerökologie und die Hydromorphologie bezogenen Eigenschaften von Gewässern und Gewässerteilen;
8.
Gewässerzustand
die auf Wasserkörper bezogenen Gewässereigenschaften als ökologischer, chemischer oder mengenmäßiger Zustand eines Gewässers; bei als künstlich oder erheblich verändert eingestuften Gewässern tritt an die Stelle des ökologischen Zustands das ökologische Potenzial;
9.
Wasserbeschaffenheit
die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers eines oberirdischen Gewässers oder Küstengewässers sowie des Grundwassers;
10.
Schädliche Gewässerveränderungen
Veränderungen von Gewässereigenschaften, die das Wohl der Allgemeinheit, insbesondere die öffentliche Wasserversorgung, beeinträchtigen oder die nicht den Anforderungen entsprechen, die sich aus diesem Gesetz, aus auf Grund dieses Gesetzes erlassenen oder aus sonstigen wasserrechtlichen Vorschriften ergeben;
11.
Stand der Technik
der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt; bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage 1 aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen;
12.
EMAS-Standort
diejenige Einheit einer Organisation, die nach § 32 Absatz 1 Satz 1 des Umweltauditgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. September 2002 (BGBl. I S. 3490), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2509) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung in das EMAS-Register eingetragen ist;
13.
Einzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einer einzigen Flussmündung, einem Ästuar oder einem Delta ins Meer gelangt;
14.
Teileinzugsgebiet
ein Gebiet, aus dem über oberirdische Gewässer der gesamte Oberflächenabfluss an einem bestimmten Punkt in ein oberirdisches Gewässer gelangt;
15.
Flussgebietseinheit
ein als Haupteinheit für die Bewirtschaftung von Einzugsgebieten festgelegtes Land- oder Meeresgebiet, das aus einem oder mehreren benachbarten Einzugsgebieten, dem ihnen zugeordneten Grundwasser und den ihnen zugeordneten Küstengewässern im Sinne des § 7 Absatz 5 Satz 2 besteht;
16.
Wasserdienstleistungen sind folgende Dienstleistungen für Haushalte, öffentliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art:
a)
Entnahme, Aufstauung, Speicherung, Behandlung und Verteilung von Wasser aus einem Gewässer;
b)
Sammlung und Behandlung von Abwasser in Abwasseranlagen, die anschließend in oberirdische Gewässer einleiten;
17.
Wassernutzungen sind alle Wasserdienstleistungen sowie andere Handlungen mit Auswirkungen auf den Zustand eines Gewässers, die im Hinblick auf die Bewirtschaftungsziele nach den §§ 27 bis 31, 44 und 47 signifikant sind.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim.
Auf der Bahnstrecke Rudersberg - Welzheim stellte die Deutsche Bundesbahn den öffentlichen Personenverkehr im Jahre 1980 aus wirtschaftlichen Gründen ein und betrieb die Strecke nur noch im Güterverkehr sowie im Sonderzugverkehr an Sonn- und Feiertagen. Im Jahre 1988 wurde der Streckenabschnitt als Folge einer Rutschung im Bereich von Bahn-km 12+900 (Grauhaldenhof) für den Bahnbetrieb gesperrt und auf Grund der hohen Sanierungskosten nicht wieder aufgenommen. Mit der Regionalisierung der Wieslauftalbahn übernahm der Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn die Strecke Schorndorf - Rudersberg - Welzheim von der Deutschen Bahn AG. Heute betreibt der Zweckverband - unter Betriebsführung der Württembergischen Eisenbahngesellschaft mbH (WEG) - im öffentlichen Personennahverkehr von montags bis samstags den Streckenabschnitt Schorndorf - Rudersberg-Nord (mit geplanter Verlängerung bis Rudersberg-Oberndorf); an mehreren Sonn- und Feiertagen im Jahr fährt hier der Wieslauftalexpress im Touristikverkehr mit einer Dampflokomotive und historischen Wagen.
Um eine der landschaftlich am reizvollsten erachteten Strecken Württembergs, die als Kulturdenkmal nach § 2 DSchG geschützt ist, zu erhalten, wurde im Jahre 1998 der Stadt Welzheim und dem Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn ein Konzept zur Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord - Welzheim als Touristikbahn vorgelegt. Unterhaltung und Betrieb sollen durch die Beigeladene (als Pächterin) erfolgen. Diese erhielt antragsgemäß mit Bescheid des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 31.07.2003 die Genehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur im Personen- und Güterverkehr (befristet bis 31.12.2010).
Voraussetzung für die geplante Reaktivierung der Strecke Rudersberg - Welzheim sind die (bauliche) Wiederherstellung der Bahnübergänge und deren technische Sicherung sowie Maßnahmen am Gleiskörper und an den Bauwerken. Im Hinblick auf die im Jahre 1988 erfolgte (Hang-)Rutschung erstellte das Baugrundinstitut S & P unter dem 15.10.1993 ein „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“, das zu dem Ergebnis kam, dass die kostengünstigste Lösung der Einbau von Tiefensickerungen längs und quer zum Gleiskörper darstelle, mit denen der Rutschkörper entwässert und stabilisiert werde.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht neben der Gleissanierung zwischen Bahn-km 12+671 und Bahn-km 13+100 auch eine Rutschsanierung zwischen Bahn-km 12+840 und Bahn-km 12+930 vor: durch Einbau einer gleisparallelen Tiefensickerung bergseits der Trasse auf einer Länge von ca. 90 m, durch Herstellen von 10 Stütz- und Sickerscheiben im Abstand von 7 m unter dem Gleiskörper senkrecht zur gleisparallelen Tiefensickerung und durch Ableitung bzw. Anschluss der Tiefensickerung an die vorhandene Querdole mit Sammelschacht, die in ein Auslaufbauwerk einmündet, an das sich ein bestehender Wassergraben anschließt; dieser ist teilweise (als Flst.Nr. 822) abgemarkt und führt im weiteren Verlauf unvermarkt bis zur L 1080, wo er an einen Muldeneinlauf angeschlossen ist.
Die Kläger sind Eigentümer des auf Grundstück Flst.Nr. 918/1 der Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen „Kirschhaldenhofs“, den sie mit ihren fünf Kindern bewohnen. Ferner gehören ihnen die angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1.
Das in östlicher Richtung auf Gemarkung Rudersberg-Klaffenbach gelegene Grundstück Flst.Nr. 298 ist zugunsten der Kläger mit einer Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 belastet, welche die Entnahme und Ableitung von (Trink-)Wasser aus der als Brunnen „Herrmann“ bezeichneten, im Lageplan (Unterlage 4 Blatt 1) eingetragenen „Quellfassung“ gestattet. Dies stellt die ausschließliche Wasserversorgung für den „Kirschhaldenhof“ dar.
Zudem sind die Kläger Pächter u.a. einer Teilfläche des auf Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen, im Eigentum des Zweckverbands Verkehrsverband Wieslauftalbahn stehenden Grundstücks Flst.Nr. 950, auf dem sich eine im Jahre 1998 errichtete Schilfkläranlage (in einem Abstand von 2,50 m zur Bahnstrecke) befindet, über die allein die Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer vorgenommen wird.
Die Verkehrserschließung des „Kirschhaldenhofs“ erfolgt über einen von der L 1080 abzweigenden und über die Bahnstrecke führenden, bituminös befestigten Feldweg.
10 
Dem Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses liegt folgendes Verfahren zugrunde: Mit Schreiben vom 14.11.2003 beantragte die Stadt Welzheim namens und im Auftrag der Beigeladenen die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem mit Screening-Entscheidung vom 04.11.2003 festgestellt worden war, dass auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden können. Mit Schreiben vom 19.11.2003 beteiligte das Regierungspräsidium Stuttgart (als Planfeststellungsbehörde) die Träger öffentlicher Belange. Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 15.12.2003 bis 14.01.2004 bei der Stadt Welzheim und bei der Gemeinde Rudersberg zur Einsichtnahme durch jedermann aus.
11 
Mit Schreiben vom 27.01.2004, eingegangen am 28.01.2004, erhoben die Kläger Einwendungen: Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Bedürfnis für die Nutzung der Bahnstrecke, da kein öffentlicher Personennahverkehr abgewickelt werden solle, es sich vielmehr bei der geplanten Tourismusbahn nur um eine Spaßveranstaltung handele; Sicherheit über die möglichen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf den Wasserhaushalt der Umgebung, insbesondere auf den Brunnen „Herrmann“, könne nur ein - bisher fehlendes - hydrogeologisches Gutachten geben; die Maßnahmen könnten bei ungünstigen klimatischen Bedingungen und/oder bei einer zu erwartenden Versinterung der geplanten Dränagen mittelfristig auch eine räumlich ausgedehnte Aktivierung des labilen Hangs oberhalb der „Sicherungsstrecke“ bis hin zu ihren Grundstücken zur Folge haben; sie befürchteten einen irreparablen Ausfall ihrer Wasserversorgung infolge der vorgesehenen Entwässerungsmaßnahmen, eine irreparable Zerstörung ihrer Kläranlage und eine irreparable Gefährdung ihres - auf instabilem Baugrund stehenden - Wohnhauses durch die Baumaßnahmen und die mit dem regelmäßigen Bahnverkehr verbundenen Erschütterungen sowie eine Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des „Kirschhaldenhofs“ während der Baumaßnahmen, durch die auch für spätere Zeit der Gemeindeweg zerstört und damit als Zufahrt ungeeignet werde. Kritisiert wurden auch das Sanierungsgutachten und die vom Gutachter verfassten Nachträge: Der Beurteilungshorizont der geplanten Maßnahmen bzw. die prognostizierte Dauer ihrer Wirksamkeit betrage lediglich zehn Jahre; die historische Dimension des gesamten Rutschhanges sei nur unzureichend recherchiert und in ihrer Bedeutung für mögliche Auswirkungen der geplanten Maßnahmen unterschätzt worden; die Tiefe der gegenwärtig aktiven Gleitfläche im gesamten engeren Rutschbereich und darüber hinaus sei nicht exakt ermittelt worden; die Standsicherheitsuntersuchungen erfassten lediglich den Hangabschnitt zwischen der Trasse und der L 1080 und belegten mit angenommenen Rechenwerten für einen wasserfreien Boden eine ausreichende Standsicherheit, daneben aber auch, dass hohe Grundwasserstände im Hang eine Rutschung auslösen könnten; diese Bewertung müsse unbedingt auf den Hang oberhalb der Trasse übertragen werden, der sich im Schichtaufbau und in der Gesamtneigung nicht vom erdstatisch untersuchten Gelände unterhalb der Bahnstrecke unterscheide. Ferner wurden Einwendungen geäußert zum Sanierungsvorschlag mit Entwässerung und zur geplanten Bauausführung.
12 
Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung fand die Erörterungsverhandlung am 27.01.2005 in Rudersberg statt.
13 
Mit Beschluss vom 28.07.2005 stellte das Regierungspräsidium Stuttgart antragsgemäß den Plan für die Gleis- und Rutschsanierung mit folgenden Maßgaben fest:
14 
III. Nebenbestimmungen:
15 
1. Bahnaufsicht / Eisenbahntechnik: ...
16 
1.7 Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen ist über den gesamten Sanierungsbereich ein Messprogramm zur Beobachtung der Gleislage und zur weiteren Beobachtung des Rutschungsbereichs anzulegen.
17 
Dem LfB ist zur eisenbahntechnischen Abnahme das Messprogramm und die Nullmessung vorzulegen....
18 
1.12 Im Bereich der Hangrutschung „Grauhaldenhof“ ist auf Sicht zu fahren. ...
19 
4. Wasserwirtschaftliche Belange: ...
20 
4.12 Die Entwässerungseinrichtungen einschließlich der Dränageleitungen sind wartungsfrei herzustellen, damit sie jederzeit gespült werden können. ...
21 
5. Geotechnische Belange: ...
22 
5.2 Die Sickerschlitze sind abschnittsweise (maximal 8-10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen....
23 
5.5 Im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisses ist im Benehmen mit dem Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung 9, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), Albertstraße 5 in 79104 Freiburg zu prüfen und zu entscheiden, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von der derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist.
24 
Die Ausschreibung hat eine Massenmehrung von derzeit 90 m auf ggf. 140 m Baulänge zu berücksichtigen. ...
25 
9. Grundstückseigentum und sonstige private Belange: ...
26 
9.3 Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung entsprechende Zusage Ziff. 5.15 in Betracht kommt. ...
27 
IV .            Zusagen:
28 
Die Antragstellerin hat folgende Zusagen abgegeben....
29 
5. Grundstückseigentümer und sonstige private Belange:
30 
5.1 Die Zufahrt über den Gemeindeweg zum Kirschhaldenhof und dem angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 298 ist auch während der Baumaßnahmen gewährleistet....
31 
5.4 Der Baustellentransport erfolgt vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse.
32 
5.5 Der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage erfolgt nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse....
33 
5.9 Hinsichtlich des Grundstücks Flst.Nr. 298 wird vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen eine Beweissicherung durch Fotodokumentation durchgeführt.
34 
5.10 Vor Beginn der Maßnahme wird eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorgenommen.
35 
Bestandteil der Beweissicherung sind Zufahrtswege, Schilfkläranlage, Gebäude und Nebenanlagen....
36 
5.15 Für den Brunnen „Herrmann“ wird ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt.
37 
5.16 Sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, ist die Schwäbische Waldbahn GmbH bereit, den Kirschhaldenhof aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen....
38 
7. Wasserwirtschaftliche Belange:
39 
7.1 Die Einbindung der Sickerschlitze in den angewitterten Gipskeuper bzw. in die wasserführende Schicht ist vorgesehen.
40 
Die tatsächlich erforderliche Tiefe der Schlitze wird bei der Ausführung gemeinsam mit dem Baugrundgutachter vor Ort festgelegt.
41 
In den Gründen heißt es im Wesentlichen: Die Planrechtfertigung sei gegeben. Mit dem Betrieb der Tourismusbahn von Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim würden eine wichtige Infrastruktureinrichtung zur Förderung eines umweltschonenden Tourismus- und Freizeitverkehrs im Schwäbischen Wald geschaffen und gleichzeitig die beiden Viadukte der denkmalgeschützten Wieslauftalbahn in ihrem Bestand und in ihrer Funktion als Eisenbahnanlage auf Dauer gesichert. Jährlich sei ein Fahrgastaufkommen von 15.000 bis 20.000 Personen zu erwarten. Mangels förmlicher Entwidmung sei die Wieslauftalbahn auch im Streckenabschnitt Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim trotz jahrelanger Unterbrechung des Bahnbetriebs eine bestandsgeschützte Strecke. Die geplanten Maßnahmen könnten die seit alters her vorhandenen Hangbewegungen nicht aufhalten. Der Trassenbereich werde hinsichtlich der Sicherheit des Bahnbetriebs ausreichend stabilisiert, was verhindere, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Alternativlösungen gebe es nicht. - Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz der Strecke erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass eine angemessene Grundstücksnutzung schwer und unerträglich beeinträchtigt werde, lägen nicht vor. Für die Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord bis Welzheim werde - wie in der Vergangenheit - eine Achslast von 20 t zugrunde gelegt. - In wasserwirtschaftlicher Hinsicht bestünden keine Bedenken. Vorgesehen sei lediglich die Entwässerung des Rutschkörpers im Bahnbereich. Ziel des Sanierungskonzepts sei es, künftig den Einstau von Niederschlagswasser in die Rutschmassen zu vermeiden und dadurch die Standsicherheit der labilen Geländeformation zu erhöhen. Hierzu seien eine Absenkung des Wasserstands in den Rutschmassen und eine Drainierung der Rutschmassen erforderlich. Die Ziele, einerseits den Rutschhang optimal zu stabilisieren und andererseits die hydrologischen Verhältnisse des Hanges unverändert zu belassen, ließen sich nicht miteinander vereinbaren. Aus heutiger Sicht seien die technischen Voraussetzungen für einen längerfristigen (über zehn Jahre hinausgehenden) Betrieb der Tourismusbahn gegeben. - Auch in geotechnischer Hinsicht bestünden keine Bedenken. Der Gutachter habe die Ursachen der Rutschung im Gleisbereich beim Grauhaldenhof erkundet und wirksame Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs erforderlich seien. Es solle verhindert werden, dass witterungsbedingt Wassermengen in den Rutschhang eingestaut würden. Die vorgesehenen Maßnahmen der Längs- und Quersickerungen im Bereich des Gleiskörpers seien so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten unter dem Rutschkörper im Gleisbereich erfasst würden. Zwar könne eine Aktivierung des oberen Hangbereichs bei ungünstigen klimatischen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden. Doch könne der Gefahr einer Mobilisierung von Rutschmassen im weiteren Umfeld der Gleisanlage dadurch begegnet werden, dass ein geordneter Oberflächenabfluss sichergestellt werde. Nach den gutachterlichen Aussagen und fachbehördlichen Stellungnahmen führten die geforderten weitergehenden (hydrogeologischen) Untersuchungen nicht zu den gewünschten Erkenntnissen hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Auch mit Blick auf entstehende unverhältnismäßige Kosten seien die bisherigen Gutachten und Untersuchungen ausreichend. Der Kirschhaldenhof befinde sich westlich des besonders stark von Kriechbewegungen betroffenen Geländeabschnitts; die bislang bekannten Kriechbewegungen im Bereich des Kirschhaldenhofs seien um den Faktor 10 geringer als in der Kernzone. Eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs infolge der geplanten Maßnahmen sei nicht zu befürchten. Im Bereich der Rutschung stelle das Fahren auf Sicht kein Problem dar. - Eine Gefährdung des auf instabilem Baugrund stehenden Wohngebäudes der Kläger durch die umfangreichen Baumaßnahmen sei nicht zu befürchten; auf den ursprünglich angedachten Baustellentransport per Lkw sei verzichtet worden. Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz erfasst und daher (als zumutbar) hinzunehmen. Die Erreichbarkeit des Kirschhaldenhofs während und nach Abschluss der Bauarbeiten sei gewährleistet. Diese führten nicht zu einem Hangrutsch und damit zu einer Beeinträchtigung der Hofstelle und der angrenzenden Grundstücke der Kläger. Eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung der Schilfkläranlage sei weder im Zusammenhang mit dem Baustellenverkehr, der auf der bestehenden Gleistrasse abgewickelt werde, noch durch den geplanten Bahnbetrieb zu besorgen. Die Kläranlage selbst sei mit einer Teichfolie ausgelegt und stelle somit ein flexibles Bauwerk dar. Ein Ausfall der Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs durch Auswirkungen der geplanten (Entwässerungs-)Maßnahmen auf den Brunnen „Herrmann“ sei nicht zu befürchten. Die Sanierungsmaßnahmen beschränkten sich auf den Gleiskörper und bezweckten ausschließlich die Entwässerung und Stabilisierung des Rutschkörpers im Gleisbereich. Eine Absenkung des Hangwasserspiegels sei nicht beabsichtigt und auch nicht zu erwarten. Ein etwa 25 bis 30 m hangabwärts unterhalb des Brunnens angeordneter Sickerschlitz habe bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und könne sich daher auf die höher liegenden und von oberhalb gespeisten Quellen nicht auswirken. Die geplanten Entwässerungsmaßnahmen wirkten maximal 10 m hangaufwärts und beträfen somit ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ bereits vorbeigelaufen seien. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung werde insoweit in Kauf genommen. Auch wenn die Kläger wohl ein altes Wasserbenutzungsrecht hätten, das nach § 123 WG aufrechterhalten bleibe, stelle § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG klar, dass sich daraus kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit ergebe; das Grundeigentum vermittle hierfür keine Anspruchsposition. Da die Kläger nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen seien und sie ihren gesamten Wasserbedarf aus dem Brunnen bezögen, sei bei Ausfall der häuslichen Wasserversorgung oder bei einer Minderung, die den „Mindestwasserbedarf“ nicht mehr decke, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit zu bejahen. Insoweit werde für den Brunnen ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. Aus den dabei vorgesehenen Pumpversuchen werde man Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Brunnens und zum Einzugsgebiet erhalten; insoweit könnte man auch mit einem hydrogeologischen Gutachten keine metergenaue Abgrenzung erreichen. Über den Ablauf des Arbeitsprogramms seien die Kläger informiert. Aus dem Beweissicherungsverfahren lasse sich eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen der Rutschhangsanierung auf den Brunnen „Herrmann“ gewinnen. Für den Fall, dass wider Erwarten eine schwere und unerträgliche Betroffenheit in der Weise auftrete, dass der „Mindestwasserbedarf“ der Kläger vorhabenbedingt nicht mehr sichergestellt sei, werde dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt. Insoweit komme primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung in Betracht. Die bei der Errichtung eines Ersatzbrunnens entstehenden hohen Kosten für Bohrarbeiten seien mit dem Risiko behaftet, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers, wobei für diese Lösung eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich sei. Bei einem Trockenfallen des Brunnens „Herrmann“ sei der Anschluss des „Kirschhaldenhofs“ an die öffentliche Wasserversorgung aus Gründen der Versorgungssicherheit den anderen Maßnahmen der Ersatzversorgung vorzuziehen. Eine kurzfristige Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung könne durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt werden.
42 
Gegen den ihnen am 30.07.2005 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 30.08.2005 Klage erhoben und diese am 11.10.2005 begründet.
43 
Sie machen geltend: Da die Stadt Welzheim „namens und im Auftrag“ der Beigeladenen die Planfeststellung beantragt habe, fehle es solange an einem rechtswirksamen Antrag, bis die Stadt Welzheim ihre Bevollmächtigung nachgewiesen habe. Die erforderliche Planrechtfertigung sei nicht gegeben, da die Finanzierung des Projekts nicht gesichert sei. Die Planung leide an erheblichen Abwägungsmängeln. Vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Hangrutschung nur auf Sicht gefahren werden dürfe, sei ein Verzicht auf die Hangentwässerung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung die eindeutig bessere Alternative, da diese mit keiner Gefährdung ihrer Wasserversorgung und ihres Anwesens verbunden und für die Belange des Naturschutzes wie auch in finanzieller Hinsicht für den Vorhabenträger vorteilhafter wäre. Die zum Schutz der Wasserversorgung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorgesehenen Auflagen seien nicht ausreichend. Zwar gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht von einer schweren und unerträglichen Betroffenheit aus, wenn der Mindestwasserbedarf nicht mehr aus dem Brunnen „Herrmann“ sichergestellt sei. Die Bereitschaft der Beigeladen, unter Tragung der Kosten ihr Anwesen an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, falls der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen sollte, genüge insoweit aber nicht, da ein „Trockenfallen“ etwas anderes sei als das Unterschreiten eines „Mindestwasserbedarfs“. In der Planungsentscheidung hätte daher gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG exakt festgelegt werden müssen, wie für letzteren Fall ihre Wasserversorgung bis zu einem (aufwändigen) Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zu erfolgen habe. Der Planfeststellungsbeschluss lege auch nicht fest, wie und in welchem Umfang die für den Brunnen „Herrmann“ zugesagte Beweissicherung durchzuführen sei. Alternativ hätte für den Fall eines Nachlassens der Schüttung zu ihren Gunsten eine Umkehr der Beweislast angeordnet werden müssen. Die Überlegungen der Beigeladenen und ihres Gutachters reichten nicht aus, um längerfristige Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung berücksichtigen zu können. Für ihr Anwesen habe die Beigeladene die Durchführung einer Beweissicherung nur hinsichtlich einer Rutschgefahr während der Bauphase zugesagt, nicht auch hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung.
44 
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 5 S 1916/06 haben die Kläger (ergänzend) vorgetragen: Selbst wenn man mit der Behörde davon ausgehe, dass sie keinen Anspruch auf Erhalt der bisherigen Brunnenschüttung hätten, sei die Planungsentscheidung rechtswidrig. Wegen der auch nach Meinung der Behörde nicht auszuschließenden Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung hätte die Möglichkeit von Auflagen oder eines Ausgleichs i. S. von § 8 Abs. 3 WHG geprüft werden müssen. Als möglicher und zumutbarer Ausgleich für den Verlust des Brunnens hätte der Beigeladenen aufgegeben werden müssen, am besten vor Durchführung der Maßnahmen einen neuen Brunnen (als Ersatz) zu erkunden. Demgegenüber würden sie nur auf eine unzureichende Entschädigung verwiesen. Die Entschädigungsregelung sei zu unbestimmt, da sie mit „Trockenfallen“ an eine völlig unbestimmte Zustandsbeschreibung der Wasserführung des Brunnens anknüpfe. Die Entschädigungsregelung sei unvollständig, da sie eine Entschädigung für die Kosten des Wasserbezugs nicht vorsehe. Darüber hinaus sei die Entschädigungsregelung undurchführbar, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den Kirschhaldenhof an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusicherung der Beigeladenen stelle insoweit keinen Ausgleich i. S. von § 8 Abs. 3 WHG dar, da sie nicht etwas anderes Gleichwertiges, sondern eine unvollständige Entschädigung erhielten. Der Verweis hierauf sei nur zulässig, wenn das beeinträchtigende Vorhaben aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sei. Das könne bei einem privaten Betrieb der Tourismusbahn nicht angenommen werden, zumal wegen der geringen Ausstattung der Beigeladenen mit Finanzmitteln nicht einmal ein dauerhafter Betrieb sichergestellt sei. Obwohl ihr Wohnhaus erst 1920, also nach Fertigstellung der Bahnstrecke, als Ersatzgebäude für den ursprünglichen, nur wenige Meter entfernt abgerutschten Hof errichtet worden sei, habe die Behörde die Auswirkungen der umstrittenen Maßnahme auf die Standsicherheit ihres Wohnhauses nicht geprüft. Das Gutachten aus dem Jahre 1993 untersuche ausdrücklich nur einen Zeithorizont von 10 Jahren. Gleichwohl seien dessen Erkenntnisse in den Stellungnahmen des Gutachters im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens einfach fortgeschrieben worden, obwohl eine erneute geologische und hydrogeologische Untersuchung des Hangs erforderlich gewesen wäre. Eingriffe in eine geologische Konstellation wie die vorliegende würden immer die Gefahr in sich bergen, dass Rutschungen im Hang entstünden, die weder durch sonstige Baumaßnahmen kontrollierbar noch in ihrem Ausmaß vorhersehbar seien. Ob die bis zur Einstellung des Bahnbetriebs im Jahre 1988 wegen der bis dahin aufgetretenen (leichten) Rutschungen im Hang durchgeführten, kostengünstigen und offensichtlich tauglichen (Auffüll-)Maßnahmen auch für den beabsichtigten Betrieb der Tourismusbahn ausgereicht hätten, sei im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden, obwohl bei einem Unterlassen der Rutschsanierung jegliche negative Auswirkungen auf ihre Grundstücke und ihre Wasserversorgung vermieden würden.
45 
Die Kläger beantragen,
46 
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juli 2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim der Schwäbischen Waldbahn GmbH aufzuheben,
47 
hilfsweise,
48 
den Beklagten zu verpflichten, über die zur Sicherung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung ihres Anwesens sowie des Anwesens selbst erforderlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
49 
Der Beklagte beantragt,
50 
die Klagen abzuweisen.
51 
Er trägt vor: Ein rechtswirksamer Antrag auf Planfeststellung liege vor; die Stadt Welzheim sei als Gesellschafterin der Beigeladenen bevollmächtigt gewesen, den Antrag zu stellen. Die Finanzierung des Projekts sei durch verschiedene Zuwendungen sowie durch Eigenleistung der Beigeladenen gesichert. Ein Verzicht auf die Hangentwässerung stelle gegenüber dem planfestgestellten Konzept nicht die vorzugswürdige Alternative dar. Durch die Rutschsanierung verbessere sich die Situation des Hanges insgesamt dergestalt, dass die Gefahr von Rutschungen vermindert werde. Eine Beeinträchtigung des Brunnens bis hin zum Ausfall der Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger sei nach Aussage des Gutachters sowie sämtlicher Fachbehörden nicht zu erwarten. Hinsichtlich des Brunnens hätten die Kläger mangels geschützter Rechtsposition kein Abwehrrecht gegen die geplante Rutschsanierung. Gleichwohl sei für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf für die Kläger und ihre Familie planbedingt nicht mehr gewährleistet sei, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit angenommen und den Klägern eine Entschädigung dem Grunde nach zuerkannt worden. Dies genüge im Rahmen der Planungsentscheidung. Art und Umfang einer etwaigen Entschädigung seien separat in einem nachfolgenden Verfahren festzulegen. Dies beträfe auch die Bohrung nach einem anderen Brunnen. Soweit die Kläger rügten, dass der Umfang des Beweissicherungsverfahrens bezüglich des Brunnens nicht festgelegt worden sei, werde auf das entsprechende Arbeitsprogramm vom 04.02.2005, ergänzt um die beiden Stellungnahmen vom 10.03.2005, verwiesen; hierzu hätten sich die Kläger mehrfach geäußert. Bei einem kurzfristigen Ausfall des Brunnens (im Zuge der Bauausführung) sei eine hinreichende Ersatzversorgung der Kläger durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt. Das Wohngebäude der Kläger sei im Jahre 1920 (als Ersatz für ein abgerutschtes Gebäude) gerade außerhalb der Kernzone des Rutschhangs errichtet worden, so dass schon aus diesem Grunde eine Gefährdung durch die geplante Rutschsanierung auszuschließen sei. Auch am Anwesen der Kläger werde eine Beweissicherung durchgeführt, verbunden mit einem Messprogramm über den gesamten Sanierungsbereich. Die Erstellung eines hydrogeologischen Gutachtens - wie von den Klägern gefordert - werde nach Aussagen sämtlicher Fachbehörden keine weiterführenden Erkenntnisse bringen und sei daher auch im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand unverhältnismäßig. Nach Einschätzung aller Fachbehörden werde sich durch die geplante Sanierungsmaßnahme die Standsicherheit des Hangs insgesamt gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verbessern. Auch der Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht habe als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs eine ordnungsgemäße Hangsicherung gefordert. Die von den Klägern vorgeschlagenen, bis zum Jahre 1988 praktizierten Sicherungsmaßnahmen hätten sich gerade als ungeeignet erwiesen, den Rutschhang dauerhaft zu sichern. Sie seien daher keine taugliche Alternative.
52 
Die Beigeladene beantragt,
53 
die Klagen abzuweisen.
54 
Sie führt aus: Die Stadt Welzheim sei befugt gewesen, die Planfeststellung zu beantragen. Die Finanzierung des Vorhabens sei abgesichert. Ein Verzicht auf die Rutschsanierung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung hätten sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt, da mit der Planung die Bahnstrecke stabilisiert und verhindert werde, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Selbst wenn es in der Vergangenheit „gut gegangen“ sei, müsse dies nicht bedeuten, dass auf eine Hangsicherung verzichtet werden könne. Die verfügten Schutzauflagen seien ausreichend. Für den Brunnen „Herrmann“ bestehe durch die Baumaßnahmen keine Gefahr. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung begründeten keinen Anspruch auf weitere Nebenbestimmungen zum Schutze des Brunnens. Im Übrigen stelle die bestehende Trinkwasserversorgung (durch die Quelle) lediglich eine Chance dar, den häuslichen Wasserbedarf auf diese Weise zu decken. Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass die hydrogeologischen Verhältnisse außerhalb ihrer Grundstücke unverändert blieben. Neben der Zusicherung eines Beweissicherungsverfahrens seien für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf nicht mehr sichergestellt sei, dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt und zudem die Zusage für verbindlich erklärt worden, das Anwesen der Kläger an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen. Dadurch würden die Kläger zusätzlich abgesichert, ohne dass insoweit ein Anspruch bestünde. Welche Maßnahmen ggf. zur Beseitigung eines Wasserversorgungsmangels zu ergreifen bzw. objektiv erforderlich seien, könne ohne Eintritt eines erst dann bestimmbaren Wassermangels nicht entschieden werden. Die Kläger legten nicht substantiiert dar, weshalb für ihr Anwesen planbedingt eine Rutschgefahr bestehen sollte. Zu weiteren kostenintensiven (hydrogeologischen) Erkundungen bestehe keine Verpflichtung.
55 
Dem Senat liegen die einschlägigen Planungsakten des Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Eilverfahrens 5 S 1916/06 wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Durch die Planfeststellung wird die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt; neben der Planfeststellung sind andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Durch die Planfeststellung werden alle öffentlich-rechtlichen Beziehungen zwischen dem Träger des Vorhabens und den durch den Plan Betroffenen rechtsgestaltend geregelt.

(1a) Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange sind nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 bleiben unberührt.

(2) Ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden, so sind Ansprüche auf Unterlassung des Vorhabens, auf Beseitigung oder Änderung der Anlagen oder auf Unterlassung ihrer Benutzung ausgeschlossen. Treten nicht voraussehbare Wirkungen des Vorhabens oder der dem festgestellten Plan entsprechenden Anlagen auf das Recht eines anderen erst nach Unanfechtbarkeit des Plans auf, so kann der Betroffene Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen verlangen, welche die nachteiligen Wirkungen ausschließen. Sie sind dem Träger des Vorhabens durch Beschluss der Planfeststellungsbehörde aufzuerlegen. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so richtet sich der Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld. Werden Vorkehrungen oder Anlagen im Sinne des Satzes 2 notwendig, weil nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens auf einem benachbarten Grundstück Veränderungen eingetreten sind, so hat die hierdurch entstehenden Kosten der Eigentümer des benachbarten Grundstücks zu tragen, es sei denn, dass die Veränderungen durch natürliche Ereignisse oder höhere Gewalt verursacht worden sind; Satz 4 ist nicht anzuwenden.

(3) Anträge, mit denen Ansprüche auf Herstellung von Einrichtungen oder auf angemessene Entschädigung nach Absatz 2 Satz 2 und 4 geltend gemacht werden, sind schriftlich an die Planfeststellungsbehörde zu richten. Sie sind nur innerhalb von drei Jahren nach dem Zeitpunkt zulässig, zu dem der Betroffene von den nachteiligen Wirkungen des dem unanfechtbar festgestellten Plan entsprechenden Vorhabens oder der Anlage Kenntnis erhalten hat; sie sind ausgeschlossen, wenn nach Herstellung des dem Plan entsprechenden Zustands 30 Jahre verstrichen sind.

(4) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft. Als Beginn der Durchführung des Plans gilt jede erstmals nach außen erkennbare Tätigkeit von mehr als nur geringfügiger Bedeutung zur plangemäßen Verwirklichung des Vorhabens; eine spätere Unterbrechung der Verwirklichung des Vorhabens berührt den Beginn der Durchführung nicht.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim.
Auf der Bahnstrecke Rudersberg - Welzheim stellte die Deutsche Bundesbahn den öffentlichen Personenverkehr im Jahre 1980 aus wirtschaftlichen Gründen ein und betrieb die Strecke nur noch im Güterverkehr sowie im Sonderzugverkehr an Sonn- und Feiertagen. Im Jahre 1988 wurde der Streckenabschnitt als Folge einer Rutschung im Bereich von Bahn-km 12+900 (Grauhaldenhof) für den Bahnbetrieb gesperrt und auf Grund der hohen Sanierungskosten nicht wieder aufgenommen. Mit der Regionalisierung der Wieslauftalbahn übernahm der Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn die Strecke Schorndorf - Rudersberg - Welzheim von der Deutschen Bahn AG. Heute betreibt der Zweckverband - unter Betriebsführung der Württembergischen Eisenbahngesellschaft mbH (WEG) - im öffentlichen Personennahverkehr von montags bis samstags den Streckenabschnitt Schorndorf - Rudersberg-Nord (mit geplanter Verlängerung bis Rudersberg-Oberndorf); an mehreren Sonn- und Feiertagen im Jahr fährt hier der Wieslauftalexpress im Touristikverkehr mit einer Dampflokomotive und historischen Wagen.
Um eine der landschaftlich am reizvollsten erachteten Strecken Württembergs, die als Kulturdenkmal nach § 2 DSchG geschützt ist, zu erhalten, wurde im Jahre 1998 der Stadt Welzheim und dem Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn ein Konzept zur Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord - Welzheim als Touristikbahn vorgelegt. Unterhaltung und Betrieb sollen durch die Beigeladene (als Pächterin) erfolgen. Diese erhielt antragsgemäß mit Bescheid des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 31.07.2003 die Genehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur im Personen- und Güterverkehr (befristet bis 31.12.2010).
Voraussetzung für die geplante Reaktivierung der Strecke Rudersberg - Welzheim sind die (bauliche) Wiederherstellung der Bahnübergänge und deren technische Sicherung sowie Maßnahmen am Gleiskörper und an den Bauwerken. Im Hinblick auf die im Jahre 1988 erfolgte (Hang-)Rutschung erstellte das Baugrundinstitut S & P unter dem 15.10.1993 ein „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“, das zu dem Ergebnis kam, dass die kostengünstigste Lösung der Einbau von Tiefensickerungen längs und quer zum Gleiskörper darstelle, mit denen der Rutschkörper entwässert und stabilisiert werde.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht neben der Gleissanierung zwischen Bahn-km 12+671 und Bahn-km 13+100 auch eine Rutschsanierung zwischen Bahn-km 12+840 und Bahn-km 12+930 vor: durch Einbau einer gleisparallelen Tiefensickerung bergseits der Trasse auf einer Länge von ca. 90 m, durch Herstellen von 10 Stütz- und Sickerscheiben im Abstand von 7 m unter dem Gleiskörper senkrecht zur gleisparallelen Tiefensickerung und durch Ableitung bzw. Anschluss der Tiefensickerung an die vorhandene Querdole mit Sammelschacht, die in ein Auslaufbauwerk einmündet, an das sich ein bestehender Wassergraben anschließt; dieser ist teilweise (als Flst.Nr. 822) abgemarkt und führt im weiteren Verlauf unvermarkt bis zur L 1080, wo er an einen Muldeneinlauf angeschlossen ist.
Die Kläger sind Eigentümer des auf Grundstück Flst.Nr. 918/1 der Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen „Kirschhaldenhofs“, den sie mit ihren fünf Kindern bewohnen. Ferner gehören ihnen die angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1.
Das in östlicher Richtung auf Gemarkung Rudersberg-Klaffenbach gelegene Grundstück Flst.Nr. 298 ist zugunsten der Kläger mit einer Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 belastet, welche die Entnahme und Ableitung von (Trink-)Wasser aus der als Brunnen „Herrmann“ bezeichneten, im Lageplan (Unterlage 4 Blatt 1) eingetragenen „Quellfassung“ gestattet. Dies stellt die ausschließliche Wasserversorgung für den „Kirschhaldenhof“ dar.
Zudem sind die Kläger Pächter u.a. einer Teilfläche des auf Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen, im Eigentum des Zweckverbands Verkehrsverband Wieslauftalbahn stehenden Grundstücks Flst.Nr. 950, auf dem sich eine im Jahre 1998 errichtete Schilfkläranlage (in einem Abstand von 2,50 m zur Bahnstrecke) befindet, über die allein die Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer vorgenommen wird.
Die Verkehrserschließung des „Kirschhaldenhofs“ erfolgt über einen von der L 1080 abzweigenden und über die Bahnstrecke führenden, bituminös befestigten Feldweg.
10 
Dem Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses liegt folgendes Verfahren zugrunde: Mit Schreiben vom 14.11.2003 beantragte die Stadt Welzheim namens und im Auftrag der Beigeladenen die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem mit Screening-Entscheidung vom 04.11.2003 festgestellt worden war, dass auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden können. Mit Schreiben vom 19.11.2003 beteiligte das Regierungspräsidium Stuttgart (als Planfeststellungsbehörde) die Träger öffentlicher Belange. Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 15.12.2003 bis 14.01.2004 bei der Stadt Welzheim und bei der Gemeinde Rudersberg zur Einsichtnahme durch jedermann aus.
11 
Mit Schreiben vom 27.01.2004, eingegangen am 28.01.2004, erhoben die Kläger Einwendungen: Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Bedürfnis für die Nutzung der Bahnstrecke, da kein öffentlicher Personennahverkehr abgewickelt werden solle, es sich vielmehr bei der geplanten Tourismusbahn nur um eine Spaßveranstaltung handele; Sicherheit über die möglichen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf den Wasserhaushalt der Umgebung, insbesondere auf den Brunnen „Herrmann“, könne nur ein - bisher fehlendes - hydrogeologisches Gutachten geben; die Maßnahmen könnten bei ungünstigen klimatischen Bedingungen und/oder bei einer zu erwartenden Versinterung der geplanten Dränagen mittelfristig auch eine räumlich ausgedehnte Aktivierung des labilen Hangs oberhalb der „Sicherungsstrecke“ bis hin zu ihren Grundstücken zur Folge haben; sie befürchteten einen irreparablen Ausfall ihrer Wasserversorgung infolge der vorgesehenen Entwässerungsmaßnahmen, eine irreparable Zerstörung ihrer Kläranlage und eine irreparable Gefährdung ihres - auf instabilem Baugrund stehenden - Wohnhauses durch die Baumaßnahmen und die mit dem regelmäßigen Bahnverkehr verbundenen Erschütterungen sowie eine Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des „Kirschhaldenhofs“ während der Baumaßnahmen, durch die auch für spätere Zeit der Gemeindeweg zerstört und damit als Zufahrt ungeeignet werde. Kritisiert wurden auch das Sanierungsgutachten und die vom Gutachter verfassten Nachträge: Der Beurteilungshorizont der geplanten Maßnahmen bzw. die prognostizierte Dauer ihrer Wirksamkeit betrage lediglich zehn Jahre; die historische Dimension des gesamten Rutschhanges sei nur unzureichend recherchiert und in ihrer Bedeutung für mögliche Auswirkungen der geplanten Maßnahmen unterschätzt worden; die Tiefe der gegenwärtig aktiven Gleitfläche im gesamten engeren Rutschbereich und darüber hinaus sei nicht exakt ermittelt worden; die Standsicherheitsuntersuchungen erfassten lediglich den Hangabschnitt zwischen der Trasse und der L 1080 und belegten mit angenommenen Rechenwerten für einen wasserfreien Boden eine ausreichende Standsicherheit, daneben aber auch, dass hohe Grundwasserstände im Hang eine Rutschung auslösen könnten; diese Bewertung müsse unbedingt auf den Hang oberhalb der Trasse übertragen werden, der sich im Schichtaufbau und in der Gesamtneigung nicht vom erdstatisch untersuchten Gelände unterhalb der Bahnstrecke unterscheide. Ferner wurden Einwendungen geäußert zum Sanierungsvorschlag mit Entwässerung und zur geplanten Bauausführung.
12 
Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung fand die Erörterungsverhandlung am 27.01.2005 in Rudersberg statt.
13 
Mit Beschluss vom 28.07.2005 stellte das Regierungspräsidium Stuttgart antragsgemäß den Plan für die Gleis- und Rutschsanierung mit folgenden Maßgaben fest:
14 
III. Nebenbestimmungen:
15 
1. Bahnaufsicht / Eisenbahntechnik: ...
16 
1.7 Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen ist über den gesamten Sanierungsbereich ein Messprogramm zur Beobachtung der Gleislage und zur weiteren Beobachtung des Rutschungsbereichs anzulegen.
17 
Dem LfB ist zur eisenbahntechnischen Abnahme das Messprogramm und die Nullmessung vorzulegen....
18 
1.12 Im Bereich der Hangrutschung „Grauhaldenhof“ ist auf Sicht zu fahren. ...
19 
4. Wasserwirtschaftliche Belange: ...
20 
4.12 Die Entwässerungseinrichtungen einschließlich der Dränageleitungen sind wartungsfrei herzustellen, damit sie jederzeit gespült werden können. ...
21 
5. Geotechnische Belange: ...
22 
5.2 Die Sickerschlitze sind abschnittsweise (maximal 8-10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen....
23 
5.5 Im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisses ist im Benehmen mit dem Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung 9, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), Albertstraße 5 in 79104 Freiburg zu prüfen und zu entscheiden, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von der derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist.
24 
Die Ausschreibung hat eine Massenmehrung von derzeit 90 m auf ggf. 140 m Baulänge zu berücksichtigen. ...
25 
9. Grundstückseigentum und sonstige private Belange: ...
26 
9.3 Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung entsprechende Zusage Ziff. 5.15 in Betracht kommt. ...
27 
IV .            Zusagen:
28 
Die Antragstellerin hat folgende Zusagen abgegeben....
29 
5. Grundstückseigentümer und sonstige private Belange:
30 
5.1 Die Zufahrt über den Gemeindeweg zum Kirschhaldenhof und dem angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 298 ist auch während der Baumaßnahmen gewährleistet....
31 
5.4 Der Baustellentransport erfolgt vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse.
32 
5.5 Der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage erfolgt nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse....
33 
5.9 Hinsichtlich des Grundstücks Flst.Nr. 298 wird vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen eine Beweissicherung durch Fotodokumentation durchgeführt.
34 
5.10 Vor Beginn der Maßnahme wird eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorgenommen.
35 
Bestandteil der Beweissicherung sind Zufahrtswege, Schilfkläranlage, Gebäude und Nebenanlagen....
36 
5.15 Für den Brunnen „Herrmann“ wird ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt.
37 
5.16 Sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, ist die Schwäbische Waldbahn GmbH bereit, den Kirschhaldenhof aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen....
38 
7. Wasserwirtschaftliche Belange:
39 
7.1 Die Einbindung der Sickerschlitze in den angewitterten Gipskeuper bzw. in die wasserführende Schicht ist vorgesehen.
40 
Die tatsächlich erforderliche Tiefe der Schlitze wird bei der Ausführung gemeinsam mit dem Baugrundgutachter vor Ort festgelegt.
41 
In den Gründen heißt es im Wesentlichen: Die Planrechtfertigung sei gegeben. Mit dem Betrieb der Tourismusbahn von Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim würden eine wichtige Infrastruktureinrichtung zur Förderung eines umweltschonenden Tourismus- und Freizeitverkehrs im Schwäbischen Wald geschaffen und gleichzeitig die beiden Viadukte der denkmalgeschützten Wieslauftalbahn in ihrem Bestand und in ihrer Funktion als Eisenbahnanlage auf Dauer gesichert. Jährlich sei ein Fahrgastaufkommen von 15.000 bis 20.000 Personen zu erwarten. Mangels förmlicher Entwidmung sei die Wieslauftalbahn auch im Streckenabschnitt Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim trotz jahrelanger Unterbrechung des Bahnbetriebs eine bestandsgeschützte Strecke. Die geplanten Maßnahmen könnten die seit alters her vorhandenen Hangbewegungen nicht aufhalten. Der Trassenbereich werde hinsichtlich der Sicherheit des Bahnbetriebs ausreichend stabilisiert, was verhindere, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Alternativlösungen gebe es nicht. - Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz der Strecke erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass eine angemessene Grundstücksnutzung schwer und unerträglich beeinträchtigt werde, lägen nicht vor. Für die Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord bis Welzheim werde - wie in der Vergangenheit - eine Achslast von 20 t zugrunde gelegt. - In wasserwirtschaftlicher Hinsicht bestünden keine Bedenken. Vorgesehen sei lediglich die Entwässerung des Rutschkörpers im Bahnbereich. Ziel des Sanierungskonzepts sei es, künftig den Einstau von Niederschlagswasser in die Rutschmassen zu vermeiden und dadurch die Standsicherheit der labilen Geländeformation zu erhöhen. Hierzu seien eine Absenkung des Wasserstands in den Rutschmassen und eine Drainierung der Rutschmassen erforderlich. Die Ziele, einerseits den Rutschhang optimal zu stabilisieren und andererseits die hydrologischen Verhältnisse des Hanges unverändert zu belassen, ließen sich nicht miteinander vereinbaren. Aus heutiger Sicht seien die technischen Voraussetzungen für einen längerfristigen (über zehn Jahre hinausgehenden) Betrieb der Tourismusbahn gegeben. - Auch in geotechnischer Hinsicht bestünden keine Bedenken. Der Gutachter habe die Ursachen der Rutschung im Gleisbereich beim Grauhaldenhof erkundet und wirksame Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs erforderlich seien. Es solle verhindert werden, dass witterungsbedingt Wassermengen in den Rutschhang eingestaut würden. Die vorgesehenen Maßnahmen der Längs- und Quersickerungen im Bereich des Gleiskörpers seien so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten unter dem Rutschkörper im Gleisbereich erfasst würden. Zwar könne eine Aktivierung des oberen Hangbereichs bei ungünstigen klimatischen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden. Doch könne der Gefahr einer Mobilisierung von Rutschmassen im weiteren Umfeld der Gleisanlage dadurch begegnet werden, dass ein geordneter Oberflächenabfluss sichergestellt werde. Nach den gutachterlichen Aussagen und fachbehördlichen Stellungnahmen führten die geforderten weitergehenden (hydrogeologischen) Untersuchungen nicht zu den gewünschten Erkenntnissen hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Auch mit Blick auf entstehende unverhältnismäßige Kosten seien die bisherigen Gutachten und Untersuchungen ausreichend. Der Kirschhaldenhof befinde sich westlich des besonders stark von Kriechbewegungen betroffenen Geländeabschnitts; die bislang bekannten Kriechbewegungen im Bereich des Kirschhaldenhofs seien um den Faktor 10 geringer als in der Kernzone. Eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs infolge der geplanten Maßnahmen sei nicht zu befürchten. Im Bereich der Rutschung stelle das Fahren auf Sicht kein Problem dar. - Eine Gefährdung des auf instabilem Baugrund stehenden Wohngebäudes der Kläger durch die umfangreichen Baumaßnahmen sei nicht zu befürchten; auf den ursprünglich angedachten Baustellentransport per Lkw sei verzichtet worden. Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz erfasst und daher (als zumutbar) hinzunehmen. Die Erreichbarkeit des Kirschhaldenhofs während und nach Abschluss der Bauarbeiten sei gewährleistet. Diese führten nicht zu einem Hangrutsch und damit zu einer Beeinträchtigung der Hofstelle und der angrenzenden Grundstücke der Kläger. Eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung der Schilfkläranlage sei weder im Zusammenhang mit dem Baustellenverkehr, der auf der bestehenden Gleistrasse abgewickelt werde, noch durch den geplanten Bahnbetrieb zu besorgen. Die Kläranlage selbst sei mit einer Teichfolie ausgelegt und stelle somit ein flexibles Bauwerk dar. Ein Ausfall der Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs durch Auswirkungen der geplanten (Entwässerungs-)Maßnahmen auf den Brunnen „Herrmann“ sei nicht zu befürchten. Die Sanierungsmaßnahmen beschränkten sich auf den Gleiskörper und bezweckten ausschließlich die Entwässerung und Stabilisierung des Rutschkörpers im Gleisbereich. Eine Absenkung des Hangwasserspiegels sei nicht beabsichtigt und auch nicht zu erwarten. Ein etwa 25 bis 30 m hangabwärts unterhalb des Brunnens angeordneter Sickerschlitz habe bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und könne sich daher auf die höher liegenden und von oberhalb gespeisten Quellen nicht auswirken. Die geplanten Entwässerungsmaßnahmen wirkten maximal 10 m hangaufwärts und beträfen somit ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ bereits vorbeigelaufen seien. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung werde insoweit in Kauf genommen. Auch wenn die Kläger wohl ein altes Wasserbenutzungsrecht hätten, das nach § 123 WG aufrechterhalten bleibe, stelle § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG klar, dass sich daraus kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit ergebe; das Grundeigentum vermittle hierfür keine Anspruchsposition. Da die Kläger nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen seien und sie ihren gesamten Wasserbedarf aus dem Brunnen bezögen, sei bei Ausfall der häuslichen Wasserversorgung oder bei einer Minderung, die den „Mindestwasserbedarf“ nicht mehr decke, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit zu bejahen. Insoweit werde für den Brunnen ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. Aus den dabei vorgesehenen Pumpversuchen werde man Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Brunnens und zum Einzugsgebiet erhalten; insoweit könnte man auch mit einem hydrogeologischen Gutachten keine metergenaue Abgrenzung erreichen. Über den Ablauf des Arbeitsprogramms seien die Kläger informiert. Aus dem Beweissicherungsverfahren lasse sich eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen der Rutschhangsanierung auf den Brunnen „Herrmann“ gewinnen. Für den Fall, dass wider Erwarten eine schwere und unerträgliche Betroffenheit in der Weise auftrete, dass der „Mindestwasserbedarf“ der Kläger vorhabenbedingt nicht mehr sichergestellt sei, werde dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt. Insoweit komme primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung in Betracht. Die bei der Errichtung eines Ersatzbrunnens entstehenden hohen Kosten für Bohrarbeiten seien mit dem Risiko behaftet, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers, wobei für diese Lösung eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich sei. Bei einem Trockenfallen des Brunnens „Herrmann“ sei der Anschluss des „Kirschhaldenhofs“ an die öffentliche Wasserversorgung aus Gründen der Versorgungssicherheit den anderen Maßnahmen der Ersatzversorgung vorzuziehen. Eine kurzfristige Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung könne durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt werden.
42 
Gegen den ihnen am 30.07.2005 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 30.08.2005 Klage erhoben und diese am 11.10.2005 begründet.
43 
Sie machen geltend: Da die Stadt Welzheim „namens und im Auftrag“ der Beigeladenen die Planfeststellung beantragt habe, fehle es solange an einem rechtswirksamen Antrag, bis die Stadt Welzheim ihre Bevollmächtigung nachgewiesen habe. Die erforderliche Planrechtfertigung sei nicht gegeben, da die Finanzierung des Projekts nicht gesichert sei. Die Planung leide an erheblichen Abwägungsmängeln. Vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Hangrutschung nur auf Sicht gefahren werden dürfe, sei ein Verzicht auf die Hangentwässerung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung die eindeutig bessere Alternative, da diese mit keiner Gefährdung ihrer Wasserversorgung und ihres Anwesens verbunden und für die Belange des Naturschutzes wie auch in finanzieller Hinsicht für den Vorhabenträger vorteilhafter wäre. Die zum Schutz der Wasserversorgung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorgesehenen Auflagen seien nicht ausreichend. Zwar gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht von einer schweren und unerträglichen Betroffenheit aus, wenn der Mindestwasserbedarf nicht mehr aus dem Brunnen „Herrmann“ sichergestellt sei. Die Bereitschaft der Beigeladen, unter Tragung der Kosten ihr Anwesen an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, falls der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen sollte, genüge insoweit aber nicht, da ein „Trockenfallen“ etwas anderes sei als das Unterschreiten eines „Mindestwasserbedarfs“. In der Planungsentscheidung hätte daher gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG exakt festgelegt werden müssen, wie für letzteren Fall ihre Wasserversorgung bis zu einem (aufwändigen) Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zu erfolgen habe. Der Planfeststellungsbeschluss lege auch nicht fest, wie und in welchem Umfang die für den Brunnen „Herrmann“ zugesagte Beweissicherung durchzuführen sei. Alternativ hätte für den Fall eines Nachlassens der Schüttung zu ihren Gunsten eine Umkehr der Beweislast angeordnet werden müssen. Die Überlegungen der Beigeladenen und ihres Gutachters reichten nicht aus, um längerfristige Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung berücksichtigen zu können. Für ihr Anwesen habe die Beigeladene die Durchführung einer Beweissicherung nur hinsichtlich einer Rutschgefahr während der Bauphase zugesagt, nicht auch hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung.
44 
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 5 S 1916/06 haben die Kläger (ergänzend) vorgetragen: Selbst wenn man mit der Behörde davon ausgehe, dass sie keinen Anspruch auf Erhalt der bisherigen Brunnenschüttung hätten, sei die Planungsentscheidung rechtswidrig. Wegen der auch nach Meinung der Behörde nicht auszuschließenden Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung hätte die Möglichkeit von Auflagen oder eines Ausgleichs i. S. von § 8 Abs. 3 WHG geprüft werden müssen. Als möglicher und zumutbarer Ausgleich für den Verlust des Brunnens hätte der Beigeladenen aufgegeben werden müssen, am besten vor Durchführung der Maßnahmen einen neuen Brunnen (als Ersatz) zu erkunden. Demgegenüber würden sie nur auf eine unzureichende Entschädigung verwiesen. Die Entschädigungsregelung sei zu unbestimmt, da sie mit „Trockenfallen“ an eine völlig unbestimmte Zustandsbeschreibung der Wasserführung des Brunnens anknüpfe. Die Entschädigungsregelung sei unvollständig, da sie eine Entschädigung für die Kosten des Wasserbezugs nicht vorsehe. Darüber hinaus sei die Entschädigungsregelung undurchführbar, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den Kirschhaldenhof an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusicherung der Beigeladenen stelle insoweit keinen Ausgleich i. S. von § 8 Abs. 3 WHG dar, da sie nicht etwas anderes Gleichwertiges, sondern eine unvollständige Entschädigung erhielten. Der Verweis hierauf sei nur zulässig, wenn das beeinträchtigende Vorhaben aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sei. Das könne bei einem privaten Betrieb der Tourismusbahn nicht angenommen werden, zumal wegen der geringen Ausstattung der Beigeladenen mit Finanzmitteln nicht einmal ein dauerhafter Betrieb sichergestellt sei. Obwohl ihr Wohnhaus erst 1920, also nach Fertigstellung der Bahnstrecke, als Ersatzgebäude für den ursprünglichen, nur wenige Meter entfernt abgerutschten Hof errichtet worden sei, habe die Behörde die Auswirkungen der umstrittenen Maßnahme auf die Standsicherheit ihres Wohnhauses nicht geprüft. Das Gutachten aus dem Jahre 1993 untersuche ausdrücklich nur einen Zeithorizont von 10 Jahren. Gleichwohl seien dessen Erkenntnisse in den Stellungnahmen des Gutachters im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens einfach fortgeschrieben worden, obwohl eine erneute geologische und hydrogeologische Untersuchung des Hangs erforderlich gewesen wäre. Eingriffe in eine geologische Konstellation wie die vorliegende würden immer die Gefahr in sich bergen, dass Rutschungen im Hang entstünden, die weder durch sonstige Baumaßnahmen kontrollierbar noch in ihrem Ausmaß vorhersehbar seien. Ob die bis zur Einstellung des Bahnbetriebs im Jahre 1988 wegen der bis dahin aufgetretenen (leichten) Rutschungen im Hang durchgeführten, kostengünstigen und offensichtlich tauglichen (Auffüll-)Maßnahmen auch für den beabsichtigten Betrieb der Tourismusbahn ausgereicht hätten, sei im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden, obwohl bei einem Unterlassen der Rutschsanierung jegliche negative Auswirkungen auf ihre Grundstücke und ihre Wasserversorgung vermieden würden.
45 
Die Kläger beantragen,
46 
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juli 2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim der Schwäbischen Waldbahn GmbH aufzuheben,
47 
hilfsweise,
48 
den Beklagten zu verpflichten, über die zur Sicherung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung ihres Anwesens sowie des Anwesens selbst erforderlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
49 
Der Beklagte beantragt,
50 
die Klagen abzuweisen.
51 
Er trägt vor: Ein rechtswirksamer Antrag auf Planfeststellung liege vor; die Stadt Welzheim sei als Gesellschafterin der Beigeladenen bevollmächtigt gewesen, den Antrag zu stellen. Die Finanzierung des Projekts sei durch verschiedene Zuwendungen sowie durch Eigenleistung der Beigeladenen gesichert. Ein Verzicht auf die Hangentwässerung stelle gegenüber dem planfestgestellten Konzept nicht die vorzugswürdige Alternative dar. Durch die Rutschsanierung verbessere sich die Situation des Hanges insgesamt dergestalt, dass die Gefahr von Rutschungen vermindert werde. Eine Beeinträchtigung des Brunnens bis hin zum Ausfall der Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger sei nach Aussage des Gutachters sowie sämtlicher Fachbehörden nicht zu erwarten. Hinsichtlich des Brunnens hätten die Kläger mangels geschützter Rechtsposition kein Abwehrrecht gegen die geplante Rutschsanierung. Gleichwohl sei für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf für die Kläger und ihre Familie planbedingt nicht mehr gewährleistet sei, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit angenommen und den Klägern eine Entschädigung dem Grunde nach zuerkannt worden. Dies genüge im Rahmen der Planungsentscheidung. Art und Umfang einer etwaigen Entschädigung seien separat in einem nachfolgenden Verfahren festzulegen. Dies beträfe auch die Bohrung nach einem anderen Brunnen. Soweit die Kläger rügten, dass der Umfang des Beweissicherungsverfahrens bezüglich des Brunnens nicht festgelegt worden sei, werde auf das entsprechende Arbeitsprogramm vom 04.02.2005, ergänzt um die beiden Stellungnahmen vom 10.03.2005, verwiesen; hierzu hätten sich die Kläger mehrfach geäußert. Bei einem kurzfristigen Ausfall des Brunnens (im Zuge der Bauausführung) sei eine hinreichende Ersatzversorgung der Kläger durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt. Das Wohngebäude der Kläger sei im Jahre 1920 (als Ersatz für ein abgerutschtes Gebäude) gerade außerhalb der Kernzone des Rutschhangs errichtet worden, so dass schon aus diesem Grunde eine Gefährdung durch die geplante Rutschsanierung auszuschließen sei. Auch am Anwesen der Kläger werde eine Beweissicherung durchgeführt, verbunden mit einem Messprogramm über den gesamten Sanierungsbereich. Die Erstellung eines hydrogeologischen Gutachtens - wie von den Klägern gefordert - werde nach Aussagen sämtlicher Fachbehörden keine weiterführenden Erkenntnisse bringen und sei daher auch im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand unverhältnismäßig. Nach Einschätzung aller Fachbehörden werde sich durch die geplante Sanierungsmaßnahme die Standsicherheit des Hangs insgesamt gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verbessern. Auch der Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht habe als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs eine ordnungsgemäße Hangsicherung gefordert. Die von den Klägern vorgeschlagenen, bis zum Jahre 1988 praktizierten Sicherungsmaßnahmen hätten sich gerade als ungeeignet erwiesen, den Rutschhang dauerhaft zu sichern. Sie seien daher keine taugliche Alternative.
52 
Die Beigeladene beantragt,
53 
die Klagen abzuweisen.
54 
Sie führt aus: Die Stadt Welzheim sei befugt gewesen, die Planfeststellung zu beantragen. Die Finanzierung des Vorhabens sei abgesichert. Ein Verzicht auf die Rutschsanierung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung hätten sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt, da mit der Planung die Bahnstrecke stabilisiert und verhindert werde, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Selbst wenn es in der Vergangenheit „gut gegangen“ sei, müsse dies nicht bedeuten, dass auf eine Hangsicherung verzichtet werden könne. Die verfügten Schutzauflagen seien ausreichend. Für den Brunnen „Herrmann“ bestehe durch die Baumaßnahmen keine Gefahr. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung begründeten keinen Anspruch auf weitere Nebenbestimmungen zum Schutze des Brunnens. Im Übrigen stelle die bestehende Trinkwasserversorgung (durch die Quelle) lediglich eine Chance dar, den häuslichen Wasserbedarf auf diese Weise zu decken. Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass die hydrogeologischen Verhältnisse außerhalb ihrer Grundstücke unverändert blieben. Neben der Zusicherung eines Beweissicherungsverfahrens seien für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf nicht mehr sichergestellt sei, dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt und zudem die Zusage für verbindlich erklärt worden, das Anwesen der Kläger an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen. Dadurch würden die Kläger zusätzlich abgesichert, ohne dass insoweit ein Anspruch bestünde. Welche Maßnahmen ggf. zur Beseitigung eines Wasserversorgungsmangels zu ergreifen bzw. objektiv erforderlich seien, könne ohne Eintritt eines erst dann bestimmbaren Wassermangels nicht entschieden werden. Die Kläger legten nicht substantiiert dar, weshalb für ihr Anwesen planbedingt eine Rutschgefahr bestehen sollte. Zu weiteren kostenintensiven (hydrogeologischen) Erkundungen bestehe keine Verpflichtung.
55 
Dem Senat liegen die einschlägigen Planungsakten des Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Eilverfahrens 5 S 1916/06 wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
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Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewässerbenutzungen, die der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit dienen, sofern der drohende Schaden schwerer wiegt als die mit der Benutzung verbundenen nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften. Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die Benutzung zu unterrichten.

(3) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen ferner bei Übungen und Erprobungen für Zwecke der Verteidigung oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit

1.
das vorübergehende Entnehmen von Wasser aus einem Gewässer,
2.
das Wiedereinleiten des Wassers in ein Gewässer mittels beweglicher Anlagen und
3.
das vorübergehende Einbringen von Stoffen in ein Gewässer,
wenn durch diese Benutzungen andere nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu erwarten ist. Die Gewässerbenutzung ist der zuständigen Behörde rechtzeitig vor Beginn der Übung oder der Erprobung anzuzeigen.

(4) Ist bei der Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung nichts anderes bestimmt worden, geht die Erlaubnis oder die Bewilligung mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt worden ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim.
Auf der Bahnstrecke Rudersberg - Welzheim stellte die Deutsche Bundesbahn den öffentlichen Personenverkehr im Jahre 1980 aus wirtschaftlichen Gründen ein und betrieb die Strecke nur noch im Güterverkehr sowie im Sonderzugverkehr an Sonn- und Feiertagen. Im Jahre 1988 wurde der Streckenabschnitt als Folge einer Rutschung im Bereich von Bahn-km 12+900 (Grauhaldenhof) für den Bahnbetrieb gesperrt und auf Grund der hohen Sanierungskosten nicht wieder aufgenommen. Mit der Regionalisierung der Wieslauftalbahn übernahm der Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn die Strecke Schorndorf - Rudersberg - Welzheim von der Deutschen Bahn AG. Heute betreibt der Zweckverband - unter Betriebsführung der Württembergischen Eisenbahngesellschaft mbH (WEG) - im öffentlichen Personennahverkehr von montags bis samstags den Streckenabschnitt Schorndorf - Rudersberg-Nord (mit geplanter Verlängerung bis Rudersberg-Oberndorf); an mehreren Sonn- und Feiertagen im Jahr fährt hier der Wieslauftalexpress im Touristikverkehr mit einer Dampflokomotive und historischen Wagen.
Um eine der landschaftlich am reizvollsten erachteten Strecken Württembergs, die als Kulturdenkmal nach § 2 DSchG geschützt ist, zu erhalten, wurde im Jahre 1998 der Stadt Welzheim und dem Zweckverband Verkehrsverband Wieslauftalbahn ein Konzept zur Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord - Welzheim als Touristikbahn vorgelegt. Unterhaltung und Betrieb sollen durch die Beigeladene (als Pächterin) erfolgen. Diese erhielt antragsgemäß mit Bescheid des Ministeriums für Umwelt und Verkehr Baden-Württemberg vom 31.07.2003 die Genehmigung nach § 6 AEG zum Betreiben einer Eisenbahninfrastruktur im Personen- und Güterverkehr (befristet bis 31.12.2010).
Voraussetzung für die geplante Reaktivierung der Strecke Rudersberg - Welzheim sind die (bauliche) Wiederherstellung der Bahnübergänge und deren technische Sicherung sowie Maßnahmen am Gleiskörper und an den Bauwerken. Im Hinblick auf die im Jahre 1988 erfolgte (Hang-)Rutschung erstellte das Baugrundinstitut S & P unter dem 15.10.1993 ein „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“, das zu dem Ergebnis kam, dass die kostengünstigste Lösung der Einbau von Tiefensickerungen längs und quer zum Gleiskörper darstelle, mit denen der Rutschkörper entwässert und stabilisiert werde.
Der Planfeststellungsbeschluss sieht neben der Gleissanierung zwischen Bahn-km 12+671 und Bahn-km 13+100 auch eine Rutschsanierung zwischen Bahn-km 12+840 und Bahn-km 12+930 vor: durch Einbau einer gleisparallelen Tiefensickerung bergseits der Trasse auf einer Länge von ca. 90 m, durch Herstellen von 10 Stütz- und Sickerscheiben im Abstand von 7 m unter dem Gleiskörper senkrecht zur gleisparallelen Tiefensickerung und durch Ableitung bzw. Anschluss der Tiefensickerung an die vorhandene Querdole mit Sammelschacht, die in ein Auslaufbauwerk einmündet, an das sich ein bestehender Wassergraben anschließt; dieser ist teilweise (als Flst.Nr. 822) abgemarkt und führt im weiteren Verlauf unvermarkt bis zur L 1080, wo er an einen Muldeneinlauf angeschlossen ist.
Die Kläger sind Eigentümer des auf Grundstück Flst.Nr. 918/1 der Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen „Kirschhaldenhofs“, den sie mit ihren fünf Kindern bewohnen. Ferner gehören ihnen die angrenzenden Grundstücke Flst.Nr. 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1.
Das in östlicher Richtung auf Gemarkung Rudersberg-Klaffenbach gelegene Grundstück Flst.Nr. 298 ist zugunsten der Kläger mit einer Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 belastet, welche die Entnahme und Ableitung von (Trink-)Wasser aus der als Brunnen „Herrmann“ bezeichneten, im Lageplan (Unterlage 4 Blatt 1) eingetragenen „Quellfassung“ gestattet. Dies stellt die ausschließliche Wasserversorgung für den „Kirschhaldenhof“ dar.
Zudem sind die Kläger Pächter u.a. einer Teilfläche des auf Gemarkung Rudersberg-Oberndorf gelegenen, im Eigentum des Zweckverbands Verkehrsverband Wieslauftalbahn stehenden Grundstücks Flst.Nr. 950, auf dem sich eine im Jahre 1998 errichtete Schilfkläranlage (in einem Abstand von 2,50 m zur Bahnstrecke) befindet, über die allein die Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer vorgenommen wird.
Die Verkehrserschließung des „Kirschhaldenhofs“ erfolgt über einen von der L 1080 abzweigenden und über die Bahnstrecke führenden, bituminös befestigten Feldweg.
10 
Dem Erlass des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses liegt folgendes Verfahren zugrunde: Mit Schreiben vom 14.11.2003 beantragte die Stadt Welzheim namens und im Auftrag der Beigeladenen die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens, nachdem mit Screening-Entscheidung vom 04.11.2003 festgestellt worden war, dass auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet werden können. Mit Schreiben vom 19.11.2003 beteiligte das Regierungspräsidium Stuttgart (als Planfeststellungsbehörde) die Träger öffentlicher Belange. Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung lagen die Planunterlagen in der Zeit vom 15.12.2003 bis 14.01.2004 bei der Stadt Welzheim und bei der Gemeinde Rudersberg zur Einsichtnahme durch jedermann aus.
11 
Mit Schreiben vom 27.01.2004, eingegangen am 28.01.2004, erhoben die Kläger Einwendungen: Es bestehe kein ausreichendes öffentliches Bedürfnis für die Nutzung der Bahnstrecke, da kein öffentlicher Personennahverkehr abgewickelt werden solle, es sich vielmehr bei der geplanten Tourismusbahn nur um eine Spaßveranstaltung handele; Sicherheit über die möglichen Auswirkungen der geplanten Baumaßnahmen auf den Wasserhaushalt der Umgebung, insbesondere auf den Brunnen „Herrmann“, könne nur ein - bisher fehlendes - hydrogeologisches Gutachten geben; die Maßnahmen könnten bei ungünstigen klimatischen Bedingungen und/oder bei einer zu erwartenden Versinterung der geplanten Dränagen mittelfristig auch eine räumlich ausgedehnte Aktivierung des labilen Hangs oberhalb der „Sicherungsstrecke“ bis hin zu ihren Grundstücken zur Folge haben; sie befürchteten einen irreparablen Ausfall ihrer Wasserversorgung infolge der vorgesehenen Entwässerungsmaßnahmen, eine irreparable Zerstörung ihrer Kläranlage und eine irreparable Gefährdung ihres - auf instabilem Baugrund stehenden - Wohnhauses durch die Baumaßnahmen und die mit dem regelmäßigen Bahnverkehr verbundenen Erschütterungen sowie eine Beeinträchtigung der Erreichbarkeit des „Kirschhaldenhofs“ während der Baumaßnahmen, durch die auch für spätere Zeit der Gemeindeweg zerstört und damit als Zufahrt ungeeignet werde. Kritisiert wurden auch das Sanierungsgutachten und die vom Gutachter verfassten Nachträge: Der Beurteilungshorizont der geplanten Maßnahmen bzw. die prognostizierte Dauer ihrer Wirksamkeit betrage lediglich zehn Jahre; die historische Dimension des gesamten Rutschhanges sei nur unzureichend recherchiert und in ihrer Bedeutung für mögliche Auswirkungen der geplanten Maßnahmen unterschätzt worden; die Tiefe der gegenwärtig aktiven Gleitfläche im gesamten engeren Rutschbereich und darüber hinaus sei nicht exakt ermittelt worden; die Standsicherheitsuntersuchungen erfassten lediglich den Hangabschnitt zwischen der Trasse und der L 1080 und belegten mit angenommenen Rechenwerten für einen wasserfreien Boden eine ausreichende Standsicherheit, daneben aber auch, dass hohe Grundwasserstände im Hang eine Rutschung auslösen könnten; diese Bewertung müsse unbedingt auf den Hang oberhalb der Trasse übertragen werden, der sich im Schichtaufbau und in der Gesamtneigung nicht vom erdstatisch untersuchten Gelände unterhalb der Bahnstrecke unterscheide. Ferner wurden Einwendungen geäußert zum Sanierungsvorschlag mit Entwässerung und zur geplanten Bauausführung.
12 
Nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung fand die Erörterungsverhandlung am 27.01.2005 in Rudersberg statt.
13 
Mit Beschluss vom 28.07.2005 stellte das Regierungspräsidium Stuttgart antragsgemäß den Plan für die Gleis- und Rutschsanierung mit folgenden Maßgaben fest:
14 
III. Nebenbestimmungen:
15 
1. Bahnaufsicht / Eisenbahntechnik: ...
16 
1.7 Nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen ist über den gesamten Sanierungsbereich ein Messprogramm zur Beobachtung der Gleislage und zur weiteren Beobachtung des Rutschungsbereichs anzulegen.
17 
Dem LfB ist zur eisenbahntechnischen Abnahme das Messprogramm und die Nullmessung vorzulegen....
18 
1.12 Im Bereich der Hangrutschung „Grauhaldenhof“ ist auf Sicht zu fahren. ...
19 
4. Wasserwirtschaftliche Belange: ...
20 
4.12 Die Entwässerungseinrichtungen einschließlich der Dränageleitungen sind wartungsfrei herzustellen, damit sie jederzeit gespült werden können. ...
21 
5. Geotechnische Belange: ...
22 
5.2 Die Sickerschlitze sind abschnittsweise (maximal 8-10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen....
23 
5.5 Im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisses ist im Benehmen mit dem Regierungspräsidium Freiburg, Abteilung 9, Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB), Albertstraße 5 in 79104 Freiburg zu prüfen und zu entscheiden, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von der derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist.
24 
Die Ausschreibung hat eine Massenmehrung von derzeit 90 m auf ggf. 140 m Baulänge zu berücksichtigen. ...
25 
9. Grundstückseigentum und sonstige private Belange: ...
26 
9.3 Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung entsprechende Zusage Ziff. 5.15 in Betracht kommt. ...
27 
IV .            Zusagen:
28 
Die Antragstellerin hat folgende Zusagen abgegeben....
29 
5. Grundstückseigentümer und sonstige private Belange:
30 
5.1 Die Zufahrt über den Gemeindeweg zum Kirschhaldenhof und dem angrenzenden Grundstück Flst.Nr. 298 ist auch während der Baumaßnahmen gewährleistet....
31 
5.4 Der Baustellentransport erfolgt vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse.
32 
5.5 Der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage erfolgt nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse....
33 
5.9 Hinsichtlich des Grundstücks Flst.Nr. 298 wird vor Beginn der Sanierungsmaßnahmen eine Beweissicherung durch Fotodokumentation durchgeführt.
34 
5.10 Vor Beginn der Maßnahme wird eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorgenommen.
35 
Bestandteil der Beweissicherung sind Zufahrtswege, Schilfkläranlage, Gebäude und Nebenanlagen....
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5.15 Für den Brunnen „Herrmann“ wird ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt.
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5.16 Sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, ist die Schwäbische Waldbahn GmbH bereit, den Kirschhaldenhof aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen....
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7. Wasserwirtschaftliche Belange:
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7.1 Die Einbindung der Sickerschlitze in den angewitterten Gipskeuper bzw. in die wasserführende Schicht ist vorgesehen.
40 
Die tatsächlich erforderliche Tiefe der Schlitze wird bei der Ausführung gemeinsam mit dem Baugrundgutachter vor Ort festgelegt.
41 
In den Gründen heißt es im Wesentlichen: Die Planrechtfertigung sei gegeben. Mit dem Betrieb der Tourismusbahn von Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim würden eine wichtige Infrastruktureinrichtung zur Förderung eines umweltschonenden Tourismus- und Freizeitverkehrs im Schwäbischen Wald geschaffen und gleichzeitig die beiden Viadukte der denkmalgeschützten Wieslauftalbahn in ihrem Bestand und in ihrer Funktion als Eisenbahnanlage auf Dauer gesichert. Jährlich sei ein Fahrgastaufkommen von 15.000 bis 20.000 Personen zu erwarten. Mangels förmlicher Entwidmung sei die Wieslauftalbahn auch im Streckenabschnitt Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim trotz jahrelanger Unterbrechung des Bahnbetriebs eine bestandsgeschützte Strecke. Die geplanten Maßnahmen könnten die seit alters her vorhandenen Hangbewegungen nicht aufhalten. Der Trassenbereich werde hinsichtlich der Sicherheit des Bahnbetriebs ausreichend stabilisiert, was verhindere, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Alternativlösungen gebe es nicht. - Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz der Strecke erfasst. Anhaltspunkte dafür, dass eine angemessene Grundstücksnutzung schwer und unerträglich beeinträchtigt werde, lägen nicht vor. Für die Reaktivierung des Abschnitts Rudersberg-Nord bis Welzheim werde - wie in der Vergangenheit - eine Achslast von 20 t zugrunde gelegt. - In wasserwirtschaftlicher Hinsicht bestünden keine Bedenken. Vorgesehen sei lediglich die Entwässerung des Rutschkörpers im Bahnbereich. Ziel des Sanierungskonzepts sei es, künftig den Einstau von Niederschlagswasser in die Rutschmassen zu vermeiden und dadurch die Standsicherheit der labilen Geländeformation zu erhöhen. Hierzu seien eine Absenkung des Wasserstands in den Rutschmassen und eine Drainierung der Rutschmassen erforderlich. Die Ziele, einerseits den Rutschhang optimal zu stabilisieren und andererseits die hydrologischen Verhältnisse des Hanges unverändert zu belassen, ließen sich nicht miteinander vereinbaren. Aus heutiger Sicht seien die technischen Voraussetzungen für einen längerfristigen (über zehn Jahre hinausgehenden) Betrieb der Tourismusbahn gegeben. - Auch in geotechnischer Hinsicht bestünden keine Bedenken. Der Gutachter habe die Ursachen der Rutschung im Gleisbereich beim Grauhaldenhof erkundet und wirksame Sanierungsmaßnahmen vorgeschlagen, die für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs erforderlich seien. Es solle verhindert werden, dass witterungsbedingt Wassermengen in den Rutschhang eingestaut würden. Die vorgesehenen Maßnahmen der Längs- und Quersickerungen im Bereich des Gleiskörpers seien so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten unter dem Rutschkörper im Gleisbereich erfasst würden. Zwar könne eine Aktivierung des oberen Hangbereichs bei ungünstigen klimatischen Bedingungen nicht ausgeschlossen werden. Doch könne der Gefahr einer Mobilisierung von Rutschmassen im weiteren Umfeld der Gleisanlage dadurch begegnet werden, dass ein geordneter Oberflächenabfluss sichergestellt werde. Nach den gutachterlichen Aussagen und fachbehördlichen Stellungnahmen führten die geforderten weitergehenden (hydrogeologischen) Untersuchungen nicht zu den gewünschten Erkenntnissen hinsichtlich des Umfangs der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Auch mit Blick auf entstehende unverhältnismäßige Kosten seien die bisherigen Gutachten und Untersuchungen ausreichend. Der Kirschhaldenhof befinde sich westlich des besonders stark von Kriechbewegungen betroffenen Geländeabschnitts; die bislang bekannten Kriechbewegungen im Bereich des Kirschhaldenhofs seien um den Faktor 10 geringer als in der Kernzone. Eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs infolge der geplanten Maßnahmen sei nicht zu befürchten. Im Bereich der Rutschung stelle das Fahren auf Sicht kein Problem dar. - Eine Gefährdung des auf instabilem Baugrund stehenden Wohngebäudes der Kläger durch die umfangreichen Baumaßnahmen sei nicht zu befürchten; auf den ursprünglich angedachten Baustellentransport per Lkw sei verzichtet worden. Die Erschütterungen, die beim Betrieb der Tourismusbahn entstünden, seien vom Bestandsschutz erfasst und daher (als zumutbar) hinzunehmen. Die Erreichbarkeit des Kirschhaldenhofs während und nach Abschluss der Bauarbeiten sei gewährleistet. Diese führten nicht zu einem Hangrutsch und damit zu einer Beeinträchtigung der Hofstelle und der angrenzenden Grundstücke der Kläger. Eine Beeinträchtigung oder gar Zerstörung der Schilfkläranlage sei weder im Zusammenhang mit dem Baustellenverkehr, der auf der bestehenden Gleistrasse abgewickelt werde, noch durch den geplanten Bahnbetrieb zu besorgen. Die Kläranlage selbst sei mit einer Teichfolie ausgelegt und stelle somit ein flexibles Bauwerk dar. Ein Ausfall der Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs durch Auswirkungen der geplanten (Entwässerungs-)Maßnahmen auf den Brunnen „Herrmann“ sei nicht zu befürchten. Die Sanierungsmaßnahmen beschränkten sich auf den Gleiskörper und bezweckten ausschließlich die Entwässerung und Stabilisierung des Rutschkörpers im Gleisbereich. Eine Absenkung des Hangwasserspiegels sei nicht beabsichtigt und auch nicht zu erwarten. Ein etwa 25 bis 30 m hangabwärts unterhalb des Brunnens angeordneter Sickerschlitz habe bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und könne sich daher auf die höher liegenden und von oberhalb gespeisten Quellen nicht auswirken. Die geplanten Entwässerungsmaßnahmen wirkten maximal 10 m hangaufwärts und beträfen somit ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ bereits vorbeigelaufen seien. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung werde insoweit in Kauf genommen. Auch wenn die Kläger wohl ein altes Wasserbenutzungsrecht hätten, das nach § 123 WG aufrechterhalten bleibe, stelle § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG klar, dass sich daraus kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit ergebe; das Grundeigentum vermittle hierfür keine Anspruchsposition. Da die Kläger nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen seien und sie ihren gesamten Wasserbedarf aus dem Brunnen bezögen, sei bei Ausfall der häuslichen Wasserversorgung oder bei einer Minderung, die den „Mindestwasserbedarf“ nicht mehr decke, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit zu bejahen. Insoweit werde für den Brunnen ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. Aus den dabei vorgesehenen Pumpversuchen werde man Aussagen zur Leistungsfähigkeit des Brunnens und zum Einzugsgebiet erhalten; insoweit könnte man auch mit einem hydrogeologischen Gutachten keine metergenaue Abgrenzung erreichen. Über den Ablauf des Arbeitsprogramms seien die Kläger informiert. Aus dem Beweissicherungsverfahren lasse sich eine ausreichende Datengrundlage für die Beurteilung der Auswirkungen der Rutschhangsanierung auf den Brunnen „Herrmann“ gewinnen. Für den Fall, dass wider Erwarten eine schwere und unerträgliche Betroffenheit in der Weise auftrete, dass der „Mindestwasserbedarf“ der Kläger vorhabenbedingt nicht mehr sichergestellt sei, werde dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt. Insoweit komme primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung in Betracht. Die bei der Errichtung eines Ersatzbrunnens entstehenden hohen Kosten für Bohrarbeiten seien mit dem Risiko behaftet, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers, wobei für diese Lösung eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich sei. Bei einem Trockenfallen des Brunnens „Herrmann“ sei der Anschluss des „Kirschhaldenhofs“ an die öffentliche Wasserversorgung aus Gründen der Versorgungssicherheit den anderen Maßnahmen der Ersatzversorgung vorzuziehen. Eine kurzfristige Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung könne durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt werden.
42 
Gegen den ihnen am 30.07.2005 zugestellten Planfeststellungsbeschluss haben die Kläger am 30.08.2005 Klage erhoben und diese am 11.10.2005 begründet.
43 
Sie machen geltend: Da die Stadt Welzheim „namens und im Auftrag“ der Beigeladenen die Planfeststellung beantragt habe, fehle es solange an einem rechtswirksamen Antrag, bis die Stadt Welzheim ihre Bevollmächtigung nachgewiesen habe. Die erforderliche Planrechtfertigung sei nicht gegeben, da die Finanzierung des Projekts nicht gesichert sei. Die Planung leide an erheblichen Abwägungsmängeln. Vor dem Hintergrund, dass im Bereich der Hangrutschung nur auf Sicht gefahren werden dürfe, sei ein Verzicht auf die Hangentwässerung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung die eindeutig bessere Alternative, da diese mit keiner Gefährdung ihrer Wasserversorgung und ihres Anwesens verbunden und für die Belange des Naturschutzes wie auch in finanzieller Hinsicht für den Vorhabenträger vorteilhafter wäre. Die zum Schutz der Wasserversorgung gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorgesehenen Auflagen seien nicht ausreichend. Zwar gehe der Planfeststellungsbeschluss zu Recht von einer schweren und unerträglichen Betroffenheit aus, wenn der Mindestwasserbedarf nicht mehr aus dem Brunnen „Herrmann“ sichergestellt sei. Die Bereitschaft der Beigeladen, unter Tragung der Kosten ihr Anwesen an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, falls der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen sollte, genüge insoweit aber nicht, da ein „Trockenfallen“ etwas anderes sei als das Unterschreiten eines „Mindestwasserbedarfs“. In der Planungsentscheidung hätte daher gemäß § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG exakt festgelegt werden müssen, wie für letzteren Fall ihre Wasserversorgung bis zu einem (aufwändigen) Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung zu erfolgen habe. Der Planfeststellungsbeschluss lege auch nicht fest, wie und in welchem Umfang die für den Brunnen „Herrmann“ zugesagte Beweissicherung durchzuführen sei. Alternativ hätte für den Fall eines Nachlassens der Schüttung zu ihren Gunsten eine Umkehr der Beweislast angeordnet werden müssen. Die Überlegungen der Beigeladenen und ihres Gutachters reichten nicht aus, um längerfristige Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung berücksichtigen zu können. Für ihr Anwesen habe die Beigeladene die Durchführung einer Beweissicherung nur hinsichtlich einer Rutschgefahr während der Bauphase zugesagt, nicht auch hinsichtlich der langfristigen Auswirkungen der geplanten Hangentwässerung.
44 
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 5 S 1916/06 haben die Kläger (ergänzend) vorgetragen: Selbst wenn man mit der Behörde davon ausgehe, dass sie keinen Anspruch auf Erhalt der bisherigen Brunnenschüttung hätten, sei die Planungsentscheidung rechtswidrig. Wegen der auch nach Meinung der Behörde nicht auszuschließenden Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung hätte die Möglichkeit von Auflagen oder eines Ausgleichs i. S. von § 8 Abs. 3 WHG geprüft werden müssen. Als möglicher und zumutbarer Ausgleich für den Verlust des Brunnens hätte der Beigeladenen aufgegeben werden müssen, am besten vor Durchführung der Maßnahmen einen neuen Brunnen (als Ersatz) zu erkunden. Demgegenüber würden sie nur auf eine unzureichende Entschädigung verwiesen. Die Entschädigungsregelung sei zu unbestimmt, da sie mit „Trockenfallen“ an eine völlig unbestimmte Zustandsbeschreibung der Wasserführung des Brunnens anknüpfe. Die Entschädigungsregelung sei unvollständig, da sie eine Entschädigung für die Kosten des Wasserbezugs nicht vorsehe. Darüber hinaus sei die Entschädigungsregelung undurchführbar, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den Kirschhaldenhof an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusicherung der Beigeladenen stelle insoweit keinen Ausgleich i. S. von § 8 Abs. 3 WHG dar, da sie nicht etwas anderes Gleichwertiges, sondern eine unvollständige Entschädigung erhielten. Der Verweis hierauf sei nur zulässig, wenn das beeinträchtigende Vorhaben aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sei. Das könne bei einem privaten Betrieb der Tourismusbahn nicht angenommen werden, zumal wegen der geringen Ausstattung der Beigeladenen mit Finanzmitteln nicht einmal ein dauerhafter Betrieb sichergestellt sei. Obwohl ihr Wohnhaus erst 1920, also nach Fertigstellung der Bahnstrecke, als Ersatzgebäude für den ursprünglichen, nur wenige Meter entfernt abgerutschten Hof errichtet worden sei, habe die Behörde die Auswirkungen der umstrittenen Maßnahme auf die Standsicherheit ihres Wohnhauses nicht geprüft. Das Gutachten aus dem Jahre 1993 untersuche ausdrücklich nur einen Zeithorizont von 10 Jahren. Gleichwohl seien dessen Erkenntnisse in den Stellungnahmen des Gutachters im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens einfach fortgeschrieben worden, obwohl eine erneute geologische und hydrogeologische Untersuchung des Hangs erforderlich gewesen wäre. Eingriffe in eine geologische Konstellation wie die vorliegende würden immer die Gefahr in sich bergen, dass Rutschungen im Hang entstünden, die weder durch sonstige Baumaßnahmen kontrollierbar noch in ihrem Ausmaß vorhersehbar seien. Ob die bis zur Einstellung des Bahnbetriebs im Jahre 1988 wegen der bis dahin aufgetretenen (leichten) Rutschungen im Hang durchgeführten, kostengünstigen und offensichtlich tauglichen (Auffüll-)Maßnahmen auch für den beabsichtigten Betrieb der Tourismusbahn ausgereicht hätten, sei im Planfeststellungsverfahren nicht geprüft worden, obwohl bei einem Unterlassen der Rutschsanierung jegliche negative Auswirkungen auf ihre Grundstücke und ihre Wasserversorgung vermieden würden.
45 
Die Kläger beantragen,
46 
den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. Juli 2005 für die Gleis- und Rutschsanierung beim Grauhaldenhof und Böschungssanierung in Bahn-km 18+560 der Tourismusbahn Rudersberg-Oberndorf bis Welzheim der Schwäbischen Waldbahn GmbH aufzuheben,
47 
hilfsweise,
48 
den Beklagten zu verpflichten, über die zur Sicherung der Wasserversorgung und der Abwasserentsorgung ihres Anwesens sowie des Anwesens selbst erforderlichen Maßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
49 
Der Beklagte beantragt,
50 
die Klagen abzuweisen.
51 
Er trägt vor: Ein rechtswirksamer Antrag auf Planfeststellung liege vor; die Stadt Welzheim sei als Gesellschafterin der Beigeladenen bevollmächtigt gewesen, den Antrag zu stellen. Die Finanzierung des Projekts sei durch verschiedene Zuwendungen sowie durch Eigenleistung der Beigeladenen gesichert. Ein Verzicht auf die Hangentwässerung stelle gegenüber dem planfestgestellten Konzept nicht die vorzugswürdige Alternative dar. Durch die Rutschsanierung verbessere sich die Situation des Hanges insgesamt dergestalt, dass die Gefahr von Rutschungen vermindert werde. Eine Beeinträchtigung des Brunnens bis hin zum Ausfall der Wasserversorgung für das Anwesen der Kläger sei nach Aussage des Gutachters sowie sämtlicher Fachbehörden nicht zu erwarten. Hinsichtlich des Brunnens hätten die Kläger mangels geschützter Rechtsposition kein Abwehrrecht gegen die geplante Rutschsanierung. Gleichwohl sei für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf für die Kläger und ihre Familie planbedingt nicht mehr gewährleistet sei, eine schwere und unerträgliche Betroffenheit angenommen und den Klägern eine Entschädigung dem Grunde nach zuerkannt worden. Dies genüge im Rahmen der Planungsentscheidung. Art und Umfang einer etwaigen Entschädigung seien separat in einem nachfolgenden Verfahren festzulegen. Dies beträfe auch die Bohrung nach einem anderen Brunnen. Soweit die Kläger rügten, dass der Umfang des Beweissicherungsverfahrens bezüglich des Brunnens nicht festgelegt worden sei, werde auf das entsprechende Arbeitsprogramm vom 04.02.2005, ergänzt um die beiden Stellungnahmen vom 10.03.2005, verwiesen; hierzu hätten sich die Kläger mehrfach geäußert. Bei einem kurzfristigen Ausfall des Brunnens (im Zuge der Bauausführung) sei eine hinreichende Ersatzversorgung der Kläger durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens sichergestellt. Das Wohngebäude der Kläger sei im Jahre 1920 (als Ersatz für ein abgerutschtes Gebäude) gerade außerhalb der Kernzone des Rutschhangs errichtet worden, so dass schon aus diesem Grunde eine Gefährdung durch die geplante Rutschsanierung auszuschließen sei. Auch am Anwesen der Kläger werde eine Beweissicherung durchgeführt, verbunden mit einem Messprogramm über den gesamten Sanierungsbereich. Die Erstellung eines hydrogeologischen Gutachtens - wie von den Klägern gefordert - werde nach Aussagen sämtlicher Fachbehörden keine weiterführenden Erkenntnisse bringen und sei daher auch im Hinblick auf den damit verbundenen Aufwand unverhältnismäßig. Nach Einschätzung aller Fachbehörden werde sich durch die geplante Sanierungsmaßnahme die Standsicherheit des Hangs insgesamt gegenüber dem bisherigen Zustand wesentlich verbessern. Auch der Landesbevollmächtigte für Bahnaufsicht habe als Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Bahnbetriebs eine ordnungsgemäße Hangsicherung gefordert. Die von den Klägern vorgeschlagenen, bis zum Jahre 1988 praktizierten Sicherungsmaßnahmen hätten sich gerade als ungeeignet erwiesen, den Rutschhang dauerhaft zu sichern. Sie seien daher keine taugliche Alternative.
52 
Die Beigeladene beantragt,
53 
die Klagen abzuweisen.
54 
Sie führt aus: Die Stadt Welzheim sei befugt gewesen, die Planfeststellung zu beantragen. Die Finanzierung des Vorhabens sei abgesichert. Ein Verzicht auf die Rutschsanierung und eine Beschränkung auf die Gleissanierung hätten sich nicht als eindeutig bessere Alternative aufgedrängt, da mit der Planung die Bahnstrecke stabilisiert und verhindert werde, dass die Trasse plötzlich und unerwartet wegrutsche. Selbst wenn es in der Vergangenheit „gut gegangen“ sei, müsse dies nicht bedeuten, dass auf eine Hangsicherung verzichtet werden könne. Die verfügten Schutzauflagen seien ausreichend. Für den Brunnen „Herrmann“ bestehe durch die Baumaßnahmen keine Gefahr. Das verbleibende geringe Restrisiko und die Gefahr einer möglichen Beeinträchtigung der Schüttung begründeten keinen Anspruch auf weitere Nebenbestimmungen zum Schutze des Brunnens. Im Übrigen stelle die bestehende Trinkwasserversorgung (durch die Quelle) lediglich eine Chance dar, den häuslichen Wasserbedarf auf diese Weise zu decken. Die Kläger hätten keinen Anspruch darauf, dass die hydrogeologischen Verhältnisse außerhalb ihrer Grundstücke unverändert blieben. Neben der Zusicherung eines Beweissicherungsverfahrens seien für den Fall, dass der Mindestwasserbedarf nicht mehr sichergestellt sei, dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt und zudem die Zusage für verbindlich erklärt worden, das Anwesen der Kläger an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen. Dadurch würden die Kläger zusätzlich abgesichert, ohne dass insoweit ein Anspruch bestünde. Welche Maßnahmen ggf. zur Beseitigung eines Wasserversorgungsmangels zu ergreifen bzw. objektiv erforderlich seien, könne ohne Eintritt eines erst dann bestimmbaren Wassermangels nicht entschieden werden. Die Kläger legten nicht substantiiert dar, weshalb für ihr Anwesen planbedingt eine Rutschgefahr bestehen sollte. Zu weiteren kostenintensiven (hydrogeologischen) Erkundungen bestehe keine Verpflichtung.
55 
Dem Senat liegen die einschlägigen Planungsakten des Beklagten vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Eilverfahrens 5 S 1916/06 wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
56 
Die ohne Durchführung eines Vorverfahrens (§§ 74 Abs. 1 Satz 2, 70 LVwVfG) zulässigen Klagen haben weder mit dem Hauptantrag noch mit dem Hilfsantrag Erfolg. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28.07.2005 verletzt keine eigenen Rechte der Kläger, so dass weder die begehrte Aufhebung der Planungsentscheidung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO - oder jedenfalls die Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit nach § 20 Abs. 7 Satz 2 AEG - noch die angestrebte Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung über die zur Sicherung der Wasserversorgung, der Abwasserentsorgung sowie des Anwesens der Kläger selbst erforderlichen Maßnahmen in Betracht kommt.
57 
Für das planfestgestellte Vorhaben werden weder die im Eigentum der Kläger stehenden Grundstücke Flst.Nr. 918/1 (mit dem „Kirschhaldenhof“), 918/2, 919 bis 923/2 und 959/1 noch das u.a. von ihnen teilweise gepachtete Grundstück Flst.Nr. 950 (mit der eigenen Schilfkläranlage) noch das Grundstück Flst.Nr. 298, das zugunsten der Kläger mit einem durch Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 gesicherten Recht zur Entnahme und Ableitung von Wasser aus dem Brunnen „Herrmann“ belastet ist, in Anspruch genommen (oder dinglich belastet). Als danach nicht mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung (§ 22 Abs. 1 und 2 AEG), sondern nur mittelbar Betroffene können die Kläger keine umfassende Planprüfung verlangen. Vielmehr kommt es nur darauf an, ob der geltend gemachte rechtliche Mangel auf einer Verletzung von Vorschriften beruht, die ihrerseits gerade Belange der Kläger als Grundstückseigentümer oder sonstige Berechtigte schützen (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1996 - 4 A 27.95 - NVwZ 1996, 1011).
58 
Als nur mittelbar Planbetroffene können die Kläger danach nicht mit Erfolg einwenden, dass es (verfahrensrechtlich) an einem wirksamen Antrag auf Planfeststellung durch die Beigeladene als Vorhabenträgerin fehle, weil die Stadt Welzheim, die den Antrag namens und im Auftrag der Beigeladenen gestellt habe, nicht die erforderliche Bevollmächtigung nachgewiesen habe (vgl. Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 - zur Rüge der fehlenden Antragsberechtigung bzw. rechtlichen Existenz des Vorhabenträgers). Ferner können die Kläger nicht die Prüfung verlangen, ob das Vorhaben unter dem Aspekt seiner Finanzierbarkeit - in erster Linie über (bewilligte) Fördermittel - von einer hinreichenden Planrechtfertigung getragen ist (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 08.07.1998 - 11 A 30.97 - NVwZ 1999, 70 sowie Senatsurt. v. 28.10.2005 - 5 S 1382/04 -).
59 
Aber auch mit Blick auf die allein wehrfähigen eigenen Belange der Kläger kann der Senat eine Rechtsverletzung nicht feststellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der - im Vordergrund des Rechtsstreits stehenden - Wasserversorgung wie auch hinsichtlich der Abwasserentsorgung und des Wohngebäudes der Kläger selbst.
60 
Soweit die Kläger vorhabenbedingt Beeinträchtigungen ihrer Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ befürchten, ist von Folgendem auszugehen:
61 
Das planfestgestellte Konzept zur Entwässerung des Rutschkörpers im unmittelbaren Bereich der Bahnstrecke kann zu einer Ableitung von Grundwasser führen. Dies ist auch der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erörterten Schnittzeichnung in der Unterlage 5 Blatt 2 (Detailplan) zu entnehmen, wonach die vorgesehene Tiefensickerung „in wasserführende Schichten einbindet“. Mithin ist der (Wasser-)Benutzungstatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG erfüllt. Über die Erteilung der hierfür nach § 2 Abs. 1 WHG erforderlichen Erlaubnis (§ 7 WHG) entscheidet - trotz der formellen Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses nach § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 LVwVfG - wegen der Sonderregelung des § 14 Abs. 1 WHG die Planfeststellungsbehörde. Die für die vorhabenbedingte Gewässerbenutzung erforderliche Erlaubnis hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch eine entsprechende „Ergänzung“ des Planfeststellungsbeschlusses erteilt.
62 
Ihre Einwände stützen die Kläger auf § 8 Abs. 3 WHG. Danach darf, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf das Recht eines anderen nachteilig einwirkt, und der Betroffene Einwendungen erhebt, die Bewilligung nur erteilt werden, wenn die nachteiligen Wirkungen durch Auflagen verhütet oder ausgeglichen werden (Satz 1); ist dies nicht möglich, so darf die Bewilligung gleichwohl aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden, wobei der Betroffene zu entschädigen ist (Satz 2). Ein Recht im Sinne dieser Regelung steht den Klägern jedoch nicht zu.
63 
Weder aus dem Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG noch aus dem einfachgesetzlich durch § 905 BGB geschützten Eigentum an dem Grundstück Flst.Nr. 298, auf dem sich der Brunnen „Herrmann“ (Quellfassung) befindet, können die Kläger - vermittels der zu ihren Gunsten bestehenden Grunddienstbarkeit aus dem Jahre 1992 - ein Recht herleiten, die Quelle in dem bisherigen Umfang nutzen zu können. Denn das Grundwasser wird vom Grundeigentum nicht umfasst. Vielmehr unterstellt das Wasserhaushaltsgesetz (i. V. m. dem dieses Rahmengesetz ausfüllenden Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg) das ober- und unterirdische Wasser einer vom Grundeigentum losgelösten öffentlich-rechtlichen Benutzungsordnung und ordnet es der Allgemeinheit zu (vgl. BVerfG, Beschl. v. 15.07.1981 - 1 BvL 77.78 - BVerfGE 58, 328). In Einklang hiermit bestimmt § 12 Halbs. 1 WG, dass das Grundwasser nicht der Verfügung des Grundeigentümers unterliegt.
64 
Ein Recht der Kläger auf Zufluss von (Grund-)Wasser bestimmter Menge und Güte - wie bisher - ergibt sich auch nicht aus § 123 Satz 3 WG. Danach bleiben die vor Inkrafttreten dieser Vorschrift durch tatsächliche Ausübung des Benutzungsrechts nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes begründeten Wasserbenutzungsrechte aufrechterhalten, soweit zu ihrer Ausübung bei Inkrafttreten dieser Vorschrift rechtmäßige Anlagen vorhanden sind, die vor dem 01.08.1959 errichtet oder begonnen wurden. Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes berechtigte den Eigentümer eines Grundstücks, ohne behördliche Erlaubnis auf seinem Grundstück Zisternen oder Brunnen anzulegen oder in anderer Weise unterirdisches Wasser zutage zu fördern sowie das durch solche Veranstaltungen oder durch Quellen gewonnene Wasser abzuleiten. Eine solche Berechtigung der Kläger - wiederum vermittelt durch die zu ihren Gunsten bestehende Grunddienstbarkeit - hat die Behörde im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss (S. 60) angenommen, da davon auszugehen sei, dass nach Errichtung des Gebäudes („Kirschhaldenhof“) bereits um das Jahr 1920 der Brunnen „Herrmann“ auch schon zu dieser Zeit für Zwecke der Trinkwasserversorgung genutzt worden sei. Ob die insoweit von der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifel berechtigt sind, kann dahin stehen. Denn ein Recht auf einen bestimmten Grundwasserstand oder eine bestimmte Grundwasserbeschaffenheit war auch mit einem - nach § 123 Satz 3 WG aufrechterhaltenen - Wasserrecht nach Art. 3 Abs. 1 des Württ. Wassergesetzes nicht verbunden (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1997 - 8 S 3188/96 - sowie Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Ki-bele, Wassergesetz für Baden-Württemberg, 3. Aufl., RdNr. 7 zu § 123 m. w. N.).
65 
Für ein Recht auf Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ können sich die Kläger auch nicht auf § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG berufen. Danach ist eine Erlaubnis oder eine Bewilligung nicht erforderlich für das Entnehmen, Zutagefördern, Zutageleiten oder Ableiten von Grundwasser u.a. für den Haushalt. Die Vorschrift begründet eine bloße (Nutzungs-)Befugnis des Grundstückseigentümers, durch welche er - bzw. vorliegend wegen der bereits erwähnten Grunddienstbarkeit die Kläger - von der grundsätzlichen Gestattungspflicht der Benutzung des Grundwassers nach § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 6 WHG befreit wird. Der Grundeigentümer darf bundesrechtlich das Grundwasser in diesem Rahmen nutzen, solange es vorhanden ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.11.1992 - 2 CS 92.1869 - NuR 1993, 283 = UPR 1993, 78). Ein Recht auf eine bestimmte Menge oder Beschaffenheit des Grundwassers oder auf einen bestimmten Grundwasserstand gewährt die erlaubnisfreie Benutzung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG jedoch nicht (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 8. Aufl., RdNr. 2 zu § 33). Diese Regelung lässt sich im Verhältnis zu § 3 WHG nicht als Ausdruck einer gesetzgeberischen Wertung deuten, dass erlaubnisfreie Benutzungen schutz- oder vorzugswürdiger wären als erlaubnispflichtige. Der Befreiungsregelung liegen ausschließlich verwaltungspraktische Erwägungen zugrunde. § 33 Abs. 1 WHG betrifft Vorgänge, die in der Regel von geringer wasserhaushaltsrechtlicher Bedeutung sind, im alltäglichen Leben vielfach aber eine erhebliche Rolle spielen. Der Gesetzgeber hält den gemessen am wasserwirtschaftlichen Erfolg großen Aufwand, den die Einbeziehung dieser Benutzungstatbestände in das behördliche Kontrollsystem erfordern würde, für unvertretbar. Es versteht sich daher von selbst, dass diese Entscheidung nichts für die Beantwortung der Frage hergibt, mit welchem Gewicht eine erlaubnisfreie Nutzung in der Kollision mit einer erlaubnispflichtigen Nutzung zu Buche schlägt (vgl. hierzu BVerwG, Beschl. v. 14.12.2001 - 4 B 80.01 - BauR 2002, 1359).
66 
Ihre Einwendungen können die Kläger auch nicht auf § 8 Abs. 4 WHG stützen. Danach können die Länder weitere Fälle bestimmen, in denen nachteilige Wirkungen einen anderen zu Einwendungen berechtigen (Satz 1); in diesen Fällen gilt Absatz 3 entsprechend, wobei die Länder bestimmen können, dass die Bewilligung auch erteilt werden darf, wenn der aus der beabsichtigten Benutzung zu erwartende Nutzen den für den Betroffenen zu erwartenden Nachteil erheblich übersteigt. In Ausfüllung dieser Ermächtigung bestimmt § 15 Satz 1 WG, dass Einwendungen auch erhoben werden können, wenn zu erwarten ist, dass die Benutzung auf die einem anderen erteilte Befugnis, ein Gewässer zu nutzen, nachteilig einwirkt. Damit lässt die Vorschrift die Erhebung von Einwendungen schon dann zu, wenn lediglich nachteilige Wirkungen für bestimmte Interessen zu erwarten sind, ohne dass ein Recht i. S. von § 8 Abs. 3 WHG betroffen ist. Das führt zu einer Erweiterung des Kreises derjenigen, deren Einwendungen im Bewilligungsverfahren zu berücksichtigen sind. § 16 WG dehnt die Abwehr- bzw. Einwendungsmöglichkeiten nach § 8 Abs. 3 WHG und § 15 WG (i. V. m. § 8 Abs. 4 WHG) auf das Erlaubnisverfahren aus. Als danach zur Erhebung von Einwendungen berechtigende Befugnis zur Gewässerbenutzung i. S. des § 15 Satz 1 WG gelten neben der Erlaubnis nach § 7 WHG auch das zu Gunsten der Kläger angenommene alte Wasserrecht sowie eine auf § 33 Abs. 1 WHG gestützte (gestattungsfreie) Berechtigung zur Grundwassernutzung (vgl. Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 56 zu § 8). Nach dem Wortlaut des § 15 Satz 1 WG berechtigt jede nachteilige Einwirkung (der beabsichtigten Nutzung auf die einem anderen zustehende Gewässernutzungsbefugnis) zur Erhebung von Einwendungen. Daraus könnte geschlossen werden, dass auch jede Veränderung (Vermehrung oder Verminderung) der zufließenden Wassermenge zu Einwendungen berechtigt. Ob eine solche Sichtweise mit § 2 Abs. 2 Satz 1 WHG in Einklang steht, wonach die Erlaubnis und die Bewilligung „kein Recht auf Zufluss von Wasser bestimmter Menge und Beschaffenheit“ geben - die Vorschrift gilt nach herrschender Meinung (vgl. Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 sowie Czychowski/Reinhardt, a. a. O., RdNr. 24 zu § 2 m. w. N.) auch für die Fälle, in denen der Wasserzufluss durch künstliche Maßnahmen, insbesondere auf Grund späterer Gestattung einer weiteren Gewässerbenutzung (wie der vorliegend geplanten Tiefensickerung), beeinflusst wird -, kann dahin stehen (verneinend Bulling/Finkenbeiner/Eckhardt/Kibele, a. a. O., RdNr. 12 zu § 15 m. w. N.).
67 
Denn nachteilige Einwirkungen auf die Wasserversorgung der Kläger sind nicht im Sinne der gesetzlichen Regelung zu erwarten. Von einer hierfür erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (nach allgemeiner Lebenserfahrung oder anerkannten fachlichen Regeln) hat sich der Senat nicht überzeugen können. Zu den Auswirkungen auf den Brunnen des „Kirschhaldenhofs“ heißt es in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 24.07.2003:
68 
„Die Wasserversorgung des Kirschhaldenhofs erfolgt aus einem Brunnenschacht, der aus dem gleichen Höhenbereich sein Wasser bezieht wie die im Lageplan eingetragenen Quellaustritte. Diese Quellen werden durch Wasser gespeist, das an der Basis der Rutschmassen oder Hangschutzdecken, auf dem verwitterten Gipskeuper, von oben zutritt. Ein etwa 25 m bis 30 m weiter hangabwärts, unterhalb des Brunnens, angeordneter Sickerschlitz hat bei der relativ geringen Durchlässigkeit der Deckschichten eine Reichweite von wenigen Metern und kann sich daher auf die höher liegenden und von oben gespeisten Quellen nicht auswirken (anders wäre dies, wenn Sickerschlitz und Quellen/Brunnen in einem nahezu horizontalen und ergiebigen Grundwasserleiter lägen).“
69 
Im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hat der Verfasser der Stellungnahme, Dipl.-Ing. R., ergänzend angegeben, dass die geplanten Entwässerungsmaßnahmen hangaufwärts mit Sicherheit unter 10 m greifen würden; die Entwässerung sei nur lokal und betreffe ausschließlich Wassermengen, die am Brunnen „Herrmann“ schon vorbeigelaufen seien; es sei daher nicht zu befürchten, dass der Brunnen beeinträchtigt werde, auch wenn eine Aussage, dass der Brunnen nicht beeinträchtigt werde, mit absoluter Sicherheit nicht möglich sei. Auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg, das in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 hinsichtlich der Frage einer Gefährdung des Brunnens durch die geplante Sanierungsmaßnahme noch weitere Datenerhebungen für notwendig erachtet hatte, hat im Erörterungstermin erklärt, dass durch die Baumaßnahme kein Eingriff im oberirdischen Einzugsgebiet des Brunnens erfolge, das hangaufwärts gelegen sei; die geplanten Entwässerungsmaßnahmen erfolgten deutlich unterhalb des Brunnens; diese Maßnahmen seien sicherlich nicht dafür geeignet, dass die Rutschung hangaufwärts so weit entwässert werde, dass der Brunnen trocken falle; sicher sei, dass die geplanten Maßnahmen deutlich unterhalb des Brunnens stattfänden und dieser auf Grund des hydraulischen Gefälles das Wasser von oberhalb beziehen müsse.
70 
Angesichts dieser plausiblen Sachverständigenbekundungen ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Behörde zur weiteren Abklärung des „Restrisikos“ für eine Beeinträchtigung des Brunnens und damit der Wasserversorgung der Kläger unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit nicht für die Einholung eines umfassenden hydrogeologischen Gutachtens entschieden hat, das nach der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 21.01.2005 angesichts der starken Gliederung des Geländes oberhalb der Bahnlinie und der komplexen hydrogeologischen Verhältnisse mit hohem personellen und finanziellen Aufwand verbunden wäre, ohne dass für die Situation des Brunnens ein konkreter Zugewinn an Erkenntnissen damit verbunden sein müsste. Mit Blick auf das rechtliche Gewicht des Interesses der Kläger an einer Aufrechterhaltung der bisherigen Wasserversorgung und das bleibende „Restrisiko“ für eine Beeinträchtigung der Brunnenschüttung begegnet es keinen Bedenken, dass die Behörde in der Planungsentscheidung unter Nr. 5.15 der übernommenen Zusagen der Beigeladenen verfügt hat, für den Brunnen „Herrmann“ ein Beweissicherungsverfahren durchzuführen. Ein solches hat Diplomgeologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Feststellung vorhabenbedingter Auswirkungen auf den Brunnen „Herrmann“ immer für erforderlich gehalten, d. h. auch für den Fall der Erstellung eines (umfassenden) hydrogeologischen Gutachtens, wie dies die Kläger gefordert haben. Inhalt und Umfang des Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ sind in einem detaillierten Arbeitsprogramm des Baugrundinstituts S & P vom 04.02.2005 festgehalten, wobei sich das Institut in einer Stellungnahme vom 10.03.2005 zu diesbezüglichen Einwendungen der Kläger geäußert hat (Ermittlung und Vergleich des Verbrauchs eines 7-Personen-Haushalts zur Schüttung der Quelle zuzüglich exakter Ermittlung der Brunnenschachttiefe sowie Unterbreitung eines Vorschlags für ein Beweissicherungsverfahren zur Quellschüttung, d. h. der Ermittlung der Schüttung vor, während und nach der Baumaßnahme). Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass verschiedene Punkte bzw. Aspekte des Beweissicherungsverfahrens, wie etwa die Möglichkeit einer zweiten Pumpversuchsstufe, abhängig sind von gefundenen „Zwischenergebnissen“. Dass das angeordnete Beweissicherungsverfahren nach Maßgabe des erstellten „Arbeitsprogramms“ untauglich wäre oder nicht umgesetzt würde, ist nicht ersichtlich. Es stellt daher keinen Rechtsmangel zu Lasten der Kläger dar, dass sich die Behörde sozusagen „dem Grunde nach“ auf die Anordnung der Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ beschränkt und nicht jedes Detail des hierzu erstellten „Arbeitsprogramms“ in den „verfügenden“ (Auflagen-)Teil der angefochtenen Entscheidung aufgenommen hat.
71 
Mit Blick auf eine nicht auszuschließende Beeinträchtigung der bisherigen Wasserversorgung hat die Behörde unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen eine weitere Regelung getroffen, um den Interessen der Kläger Rechnung zu tragen. Soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, ist hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen, ob eine Entschädigung gemäß Zusage Nr. 5.16 in Betracht kommt. Danach ist die Beigeladene bereit, sollte der Brunnen „Herrmann“ wider Erwarten trocken fallen, den „Kirschhaldenhof“ aus Gründen der Versorgungssicherheit auf ihre Kosten an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Mit ihren hiergegen erhobenen Einwänden können die Kläger nicht durchdringen.
72 
Mit „Trockenfallen“ ist ersichtlich der vollständige Ausfall der Wasserführung des Brunnens gemeint. Dass die Zusage der Beigeladenen nicht auch eine Übernahme der Kosten (Gebühren) des Wasserbezugs enthält, macht diese Regelung mit Blick auf die den Klägern zustehende „Rechtsposition“ an der bisherigen - insoweit kostenlosen - Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“ nicht defizitär. Fehl geht auch der Einwand, dass die Regelung undurchführbar sei, da die Beigeladene rechtlich nicht in der Lage sei, den „Kirschhaldenhof“ an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg anzuschließen. Die Zusage IV Nr. 5.16 ist der Sache nach so zu verstehen, dass die Beigeladene die Kläger von den Kosten eines (beantragten) Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Rudersberg freistellt. Eine weitergehende Sicherung dieses Anspruchs wegen der befürchteten mangelnden Bonität der - von der öffentlichen Hand getragenen - Beigeladenen, die unterkapitalisiert sei, können die Kläger nicht verlangen. Die eventuell anfallenden Anschlusskosten gehören zu den Kosten des Vorhabens. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzierung des Vorhabens (weitgehend über Fördermittel) ausgeschlossen oder nicht gewährleistet werden könnte.
73 
Betroffen wären die Kläger allerdings nicht nur bei einem „Trockenfallen“ des Brunnens „Herrmann“, sondern auch bei einer Beeinträchtigung der Brunnenschüttung, die sich negativ auf die bisherige Wasserversorgung auswirkte. Diesen Fall will die angefochtene Entscheidung mit der bereits erwähnten Regelung unter III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen erfassen, wonach, soweit aus der Beweissicherung erkennbar ist, dass der Brunnen „Herrmann“ beeinträchtigt wird, hinsichtlich der angesprochenen Varianten und der sich jeweils ergebenden Vor- und Nachteile im Rahmen des Entschädigungsverfahrens zu prüfen ist, ob eine Entschädigung entsprechend der Zusage unter IV Nr. 5.16 in Betracht kommt. Was eine „Beeinträchtigung“ des Brunnens „Herrmann“ i. S. dieser Nebenbestimmung ist, erschließt sich in Verbindung mit den Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63 f.). Mit „Beeinträchtigung“ ist danach gemeint, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie „ursächlich durch das Vorhaben nicht mehr sichergestellt“ ist. Für diesen - wider Erwarten eintretenden - Fall wird „dem Grunde nach eine Entschädigung festgesetzt“. Falls man in der Nebenbestimmung III Nr. 9.3 nicht schon auch die Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach sehen wollte, wäre eine solche - die Beigeladene verpflichtende - Regelung jedenfalls den Ausführungen in der Planfeststellungsentscheidung (S. 63) zu entnehmen, auch wenn es sich hierbei um deren „Begründung“ handelt. Auch „hinsichtlich der angesprochenen Varianten“ i. S. von III Nr. 9.3 der Nebenbestimmungen sind ergänzend die Ausführungen im Planfeststellungsbeschluss (S. 63) heranzuziehen. Als „Varianten“ einer Entschädigung für den Fall, dass der „Mindestwasserbedarf“ für die Kläger und ihre Familie nicht mehr sichergestellt ist, werden erwogen: primär der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, der „grundsätzlich machbar und auch im Hinblick auf die entstehenden Anschlusskosten für die Vorhabenträgerin zumutbar“ sei, ferner die Errichtung eines Ersatzbrunnens auf dem Grundstück der Kläger (verbunden mit hohen Kosten für Bohrarbeiten, die zudem mit dem Risiko behaftet seien, dass u. U. kein Wasser angetroffen werde) und schließlich als weitere Möglichkeit die Nutzung des im Hang zutage tretenden Wassers (das allerdings über fremde Grundstücke durch den gesamten Rutschhang herbeigeführt werden müsste, wobei zudem fraglich sei, ob überhaupt sauberes Wasser angetroffen werde, und wofür wohl eine hydrogeologische Untersuchung unumgänglich wäre). Hiergegen hat der Senat nichts zu erinnern.
74 
Ergänzend heißt es in der Planfeststellungsentscheidung (S. 64), dass, sollte der Brunnen „Herrmann“ bei Bauausführung trocken fallen, entsprechend der S & P Stellungnahme vom 10.03.2005 eine Ersatzversorgung im Rahmen der Bauausführung durch Absperren der Vliesquerschnitte und Bereitstellen eines Wasser-Tankwagens kurzfristig sichergestellt werden könne. Auch ohne eine entsprechende „Regelung“ im verfügenden Teil der Planungsentscheidung (bei den Nebenbestimmungen unter III oder bei den Zusagen unter IV) geht der Senat von einer entsprechenden Verpflichtung der Beigeladenen gegenüber den Klägern aus, die diese gegebenenfalls einfordern können.
75 
Da von Seiten der Beigeladenen nicht angefochten, kann dahin stehen, ob die - trotz Fehlens einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachteiliger Einwirkungen des Vorhabens auf die bisherige Wasserversorgung - zu Gunsten der Kläger verfügten Auflagen zur Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens für den Brunnen „Herrmann“ und zur Festsetzung einer Entschädigung dem Grunde nach in den genannten gesetzlichen Bestimmungen eine hinreichende Grundlage finden. Jedenfalls sind die Kläger dadurch nicht beschwert und können die Kläger insoweit keine weitergehenden Forderungen stellen.
76 
Im Übrigen ist auch weder das fachplanerische Abwägungsgebot des § 18 Abs. 1 Satz 2 AEG zu Lasten der Kläger verletzt noch können diese Schutzauflagen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG oder insoweit eine Verpflichtung des Beklagten zur Neubescheidung verlangen.
77 
Die Kläger sehen vorhabenbedingt auch den Betrieb und die Funktionsfähigkeit ihrer Schilfkläranlage (zur Entsorgung der auf dem „Kirschhaldenhof“ anfallenden Abwässer) gefährdet, die sie im Jahre 1998 auf dem teilweise gepachteten Grundstück Flst.Nr. 950 errichtet haben. Insoweit können die Kläger nicht mit Erfolg einwenden, dass ihnen gegenüber bei einem Gespräch mit der Genehmigungsbehörde im Jahre 1997 erklärt worden sei, dass hier niemals mehr eine Bahn fahren werde, und sie deshalb die Anlage bis auf 2,50 m an die Trasse herangerückt hätten, während sie sonst einen größeren Abstand (ca. 3,50 m) eingehalten und ein anderes Fundament angelegt hätten. Denn eine Entwidmung der - seit 1988 nicht mehr betriebenen - Bahnstrecke ist nicht erfolgt. Die beabsichtigte Aufnahme des Betriebs der Tourismusbahn ist daher dem Grunde nach „bestandsgeschützt“, was auch den Einwand der Kläger entkräftet, dass es sich im Bereich der Trasse nicht um gewachsenen Boden, sondern um Gelände handele, das beim Bahnbau im Jahre 1908 aufgefüllt worden sei. Vorhabenbedingte Erschütterungswirkungen machen reale Schutzvorkehrungen nach § 74 Abs. 2 Satz 2 LVwVfG nur erforderlich, wenn die vorhandene Vorbelastung in beachtlicher Weise erhöht wird und gerade dadurch für Betroffene eine unzumutbare Belastung eintritt (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 15.03.2000 - 11 A 42.97 - BVerwGE 110, 370 = NVwZ 2001, 71). Dies gilt auch, soweit erschütterungsbedingt Setzungen im Bereich der Kläranlage befürchtet werden, die zudem nicht aus Bauteilen besteht, die Eisenbahnverkehrslasten aufnehmen. Der geplante Betrieb der Tourismusbahn wird jedoch nicht über den bisher zulässigen - auch Güterverkehr erfassenden - Bahnbetrieb mit Achslasten bis 20 t hinausgehen. Da nach der Zusage IV Nr. 5.4 der Baustellentransport vom Bahnübergang her auf der Bahntrasse erfolgt und nach der Zusage IV Nr. 5.5 der Materialtransport entlang der Schilfkläranlage nicht per Lkw, sondern mittels gleisfahrbaren Geräten auf der bestehenden Gleistrasse vorgenommen wird, sind auch infolge des Baustellenverkehrs keine unzumutbaren Beeinträchtigungen zu befürchten. Gleichwohl ist nach der Zusage IV Nr. 5.10 auch hinsichtlich der Schilfkläranlage vor Beginn der Maßnahme eine umfassende Beweissicherung durch einen vereidigten Gutachter mittels Fotos, Höhenmarken usw. vorzunehmen.
78 
Auch für den „Kirschhaldenhof“ selbst sind keine vorhabenbedingten Beeinträchtigungen zu erwarten, welche die Kläger unzumutbar belasteten. Soweit solche Beeinträchtigungen auf Grund des beabsichtigten Betriebs der Tourismusbahn und / oder auf Grund des Baustellenverkehrs befürchtet werden, kann auf die Ausführungen zur Schilfkläranlage verwiesen werden. Hinzu kommt in tatsächlicher Hinsicht, dass der nach Aufnahme des Bahnbetriebs im Jahre 1920 errichtete „Kirschhaldenhof“ seither durch den jahrzehntelangen Bahnverkehr - bis zu dessen Einstellung im Jahre 1988 - offensichtlich weder gefährdet noch sonst beeinträchtigt worden ist.
79 
Die ist auch nicht auf Grund der planfestgestellten Baumaßnahme selbst - und dadurch ausgelöster Rutschungen - zu befürchten. Die vom Baugrundinstitut S & P im Auftrag der Stadt Welzheim vorgenommene technische (ingenieurgeologische) Erkundung und Kartierung des Rutschhangbereichs - unter Verwendung von Unterlagen, die die Deutsche Bundesbahn zur Verfügung gestellt hat - kommt nach dem „Sanierungsgutachten mit Kostenermittlung“ vom 25.10.1993 zu dem Ergebnis, dass die Rutschungen in diesem Hangbereich überwiegend auf starke Anstiege von Grundwasser als Folge extrem hoher Niederschlagsereignisse zurückzuführen sind. Es konnten aussagekräftige geologische Geländeschnitte konstruiert werden (Anlagen 3.1 bis 3.2), aus denen der Umfang der Rutschung und die Tiefenlage des Gleithorizonts ersichtlich sind. Das auf den durchgeführten Baugrundaufschlüssen basierende Sanierungskonzept zur Stabilisierung der rund 5 m mächtigen Rutschmassen des Hangs sieht - nicht reine (technische und kostspielige) Stützmaßnahmen, sondern - Maßnahmen vor, die durch Entwässerung des Hangs ein Ansteigen des Grundswassers auf ein kritisches Maß verhindern. Im Bereich der Rutschung handelt es sich um Grund- und Sickerwasser, das sich an der Basis der Rutschmassen auf dem stark verwitterten und wasserstauenden Gipskeuper hangabwärts bewegt (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003). Die bisher aufgetretenen Rutschungen lassen sich rechnerisch nur bei weitgehendem Einstau der Rutschmassen mit eingedrungenem Niederschlagswasser nachvollziehen; einen derartigen Einstau künftig zu vermeiden, ist Teil des Sicherungskonzepts (vgl. auch die Stellungnahme des Instituts vom 31.03.2004). Die Tiefenlage der Längs- und Querschlitze ist so konzipiert, dass die wasserführenden Schichten des Gleithorizonts unter dem Rutschkörper erfasst werden. Durch einen gleisparallelen Sickerschlitz bergseits der Trasse wird eine standsicherheitsgefährdende Wassersättigung der Rutschmassen bis zur Geländeoberfläche infolge anhaltender Niederschläge vermieden; in niederschlagsarmen Zeiten wird Wasser nur an der Basis der Rutschmassen in geringem Umfang dem Sickerschlitz zulaufen und abgeführt werden; darüber hinaus soll durch die stützende Wirkung von Stütz- und Sickerscheiben der Gleisbereich stabilisiert werden (vgl. die Stellungnahme des Instituts vom 24.07.2003).
80 
Die Tauglichkeit und Funktionsfähigkeit des planfestgestellten (Entwässerungs-)Konzepts zur Stabilisierung des Rutschhangs wird von den Klägern nicht (substantiiert) in Zweifel gezogen. Das Referat 52 (Wasserwirtschaft) des Regierungspräsidiums Stuttgart hat in seiner Stellungnahme vom 18.10.2004 die Eignung der geplanten Baumaßnahme „in bodenmechanischer Hinsicht zu einer Stabilisierung des Hangs“ bestätigt. Und auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat sich in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 dahingehend geäußert, dass die geplante Sicherungsmaßnahme bei sachgemäßer Ausführung und ausreichender Tiefe zu einer Stabilisierung und partiellen Entwässerung im Nahbereich der Gleisanlagen führen werde, so dass das Risiko neuerlicher Rutschungen verringert und die Standsicherheit im Nahbereich der Gleisanlagen erhöht würden. Ergänzend hat Dipl.-Geologe Dr. B. vom Baugrundinstitut S & P in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, dass im Rahmen der abschnittsweisen Durchführung der Sicherungsmaßnahme - wie dies in der Zusage IV Nr. 2.1 festgelegt ist - bereits der erste Schlitz, der in der Mitte gesetzt werde, stabilisierend wirke. Auf die Funktion der Schotterschlitze, auch als „Stützkörper“ zu dienen, hat auch ein Vertreter des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg im Erörterungstermin vom 27.01.2005 hingewiesen.
81 
Der „Kirschhaldenhof“ liegt außerhalb des - zu sanierenden - Rutschhangs. In der Stellungnahme des Baugrundinstituts vom 31.03.2004 heißt es, dass sich der Umfang der Rutschung anhand der Erkundung durch Bohrungen und Schürfe der Deutschen Bundesbahn (1988) und des eigenen Büros (1993) sowie anhand einer Luftbildauswertung eingrenzen lasse; in West-Ost-Richtung beginne die Rutschscholle bei km 12+823 und ende in Trassenachse bei km 12+933; während die beiden Anfang des letzten Jahrhunderts anscheinend wegen Rutschungen aufgegebenen Höfe jeweils am Rande dieser Rutschzone gelegen hätten, treffe dies für den als Ersatz des Grauhaldenhofs errichteten „Kirschhaldenhof“ nicht zu. Im Sanierungsgutachten 1993 ist u.a. die „Schichtenfolge der Kernbohrung“ im Bohrpunkt BK 1 (Anlage 2.1.1) und im Bohrpunkt BK 2 (Anlage 2.1.2) dargestellt. Während beim weiter östlich gelegenen Bohrpunkt BK 2 (etwa bei Bahn-km 12+852) zwischen dem Gleisschotter und dem stark verwitterten Gipskeuper eine ca. 3,50 m mächtige Rutschmasse angesiedelt ist, fehlt eine solche gänzlich beim westlich gelegenen Bohrpunkt BK 1 (etwa bei Bahn-km 12+808). Auch aus dem geologischen Geländeschnitt (Anlage 3.2) ergibt sich, dass der Bereich „Rutschmassen“ bereits (wenig) östlich des Bohrpunkts BK 1 endet. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat Dipl.-Geologe Dr. B. diesen Befund nochmals bekräftigt und ist der Befürchtung der Kläger zu einer Ausdehnung des Rutschhangs in westlicher Richtung über den Bohrpunkt BK 1 hinaus und damit in Richtung auf ihr Wohnanwesen plausibel unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass Rutschungen nicht seitwärts, sondern immer senkrecht erfolgten; von diesem so begrenzten (eigentlichen) Rutschbereich seien die Kriechbewegungen im Hangbereich außerhalb der Rinne zu unterscheiden, wie sie etwa auch im Messpunkt bei Bahn-km 12+671 (am Bahnübergang) mit einer Kriechgeschwindigkeit von weniger als 1 cm pro Jahr festgestellt worden seien; diese Kriechbewegungen seien jedoch auf den tonigen Untergrund zurückzuführen und eine gänzlich eigenständige Erscheinung gegenüber dem - zu sanierenden - Rutsch, der durch eine Senkenform (mit Rutschmassen) gekennzeichnet sei (vgl. auch den bereits erwähnten geologischen Geländeschnitt in Anlage 3.2 des Sanierungsgutachtens 1993). Angesichts dieses sachverständig hinreichend gesicherten Befunds sieht der Senat keine Veranlassung, entsprechend dem hilfsweisen Beweisantrag der Kläger ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass sich das Gebäude der Kläger innerhalb des Rutschhangs befinde und dass durch die bisherigen Probebohrungen der Gutachter S & P die Ausdehnung des Rutschhangs nicht zutreffend ermittelt werden könne.
82 
Unter Hinweis auf III Nr. 1.13 und Nr. 4.10 bis 4.13 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss geht die Behörde in nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass die geplanten Entwässerungseinrichtungen entsprechend ihrer Aufgabenstellung auch auf Dauer funktionieren und keinen Hangrutsch hervorrufen werden, der zu einer Beeinträchtigung der - zudem entfernt gelegenen - Hofstelle der Kläger führen könnte. Das Referat 52 des Regierungspräsidiums Stuttgart hat sich in der Stellungnahme vom 18.10.2004 dahingehend geäußert, dass eine räumliche Ausdehnung des Rutschbereichs in Folge der Maßnahme nicht zu befürchten sei. Auch das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau Baden-Württemberg hat in seiner Stellungnahme vom 11.11.2004 die geplanten Sanierungsmaßnahmen so eingeschätzt, dass sie insgesamt zu einer Verbesserung der momentanen Verhältnisse für den „Kirschhaldenhof“ führen würden.
83 
Zum „Einfluss der Bauarbeiten selbst“ wird in der Stellungnahme des Baugrundinstituts S & P vom 31.03.2004 plausibel ausgeführt, dass nur bei deren unsachgemäßer Ausführung das Risiko besteht, dass lokal eine Rutschung ausgelöst wird; dies auszuschließen ist Aufgabe der Planung und Ausschreibung sowie der Bauüberwachung. Entsprechend den vorgeschlagenen Einschränkungen wird unter den Zusagen IV zum Planfeststellungsbeschluss verfügt, dass das Zurückverlegen des Gleises in die ursprüngliche Lage nicht vorgesehen ist, vielmehr das Gleis im Sanierungsbereich neu trassiert wird (Nr. 5.13); die Arbeiten werden abschnittsweise durchgeführt, wobei der genaue Bauablauf bei der Ausführungsplanung bzw. der Ausschreibung festgelegt wird (Nr. 5.14); auch die Sanierungsmaßnahme wird abschnittsweise durchgeführt (Nr. 2.1). Nach III der Nebenbestimmungen sind die Sickerschlitze abschnittsweise (maximal 8 - 10 m) im Schutz von Verbauungseinrichtungen herzustellen (Nr. 5.2) und der Gleisschotter im Rahmen der Sanierungsmaßnahme abschnittsweise entsprechend den Abschnitten für die Herstellung der Längs- und Quersickerung abzutragen (Nr. 5.3).
84 
Ein „Heranrücken“ der geplanten Baumaßnahme an ihr Wohngebäude müssen die Kläger nicht befürchten. Zwar heißt es unter III Nr. 5.5 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss, dass im Rahmen der Bauausführung und des tatsächlichen Befunds der Untergrundverhältnisse zu prüfen und zu entscheiden ist, ob die Längenerstreckung des Quersammlers von den derzeit geplanten 90 m auf ggf. 140 m Baulänge anzupassen ist. Eine solche Verlängerung der Baumaßnahme bedürfte jedoch einer ergänzenden Planungsentscheidung, wie auch der Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, und könnte nicht allein auf der Grundlage des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses vorgenommen werden.
85 
Schließlich können die Kläger nicht als eindeutig vorzugswürdige - weil auch kostengünstigere - Alternative einwenden, völlig auf die vorgesehene Baumaßnahme (zur Hangentwässerung) zu verzichten und sich auf die - ebenfalls planfestgestellte - Gleissanierung zu beschränken, von der keinerlei Gefährdung, insbesondere für ihre Wasserversorgung über den Brunnen „Herrmann“, ausgehe. Zwar ist richtig, dass nach III Nr. 1.12 der Nebenbestimmungen zum Planfeststellungsbeschluss im Bereich der Hangrutschung auf Sicht zu fahren ist. Diese weitere „Vorsichtsmaßnahme“ lässt jedoch die umstrittene Baumaßnahme nicht als entbehrlich erscheinen, so dass sie sich wegen der von den Klägern befürchteten Auswirkungen als unverhältnismäßige Belastung und damit als abwägungsfehlerhaft erwiese. Die Planung zielt auf eine Stabilisierung im Nahbereich der Gleisanlage, um so deren Standsicherheit zu erhöhen und das Risiko neuerlicher Rutschungen zu verringern. Gemessen an dieser legitimen Zielsetzung stellt ein Unterlassen der geplanten Rutschsanierung (sozusagen als Null-Variante) keine echte Alternative dar.
86 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 und 162 Abs. 3 VwGO.
87 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
88 
Beschluss
89 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 15.000,- EUR festgesetzt.
90 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Bundesfernstraßen dürfen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eine Änderung liegt vor, wenn eine Bundesfernstraße

1.
um einen oder mehrere durchgehende Fahrstreifen für den Kraftfahrzeugverkehr baulich erweitert wird oder
2.
in sonstiger Weise erheblich baulich umgestaltet wird.
Eine Änderung im Sinne von Satz 2 liegt insbesondere nicht vor, wenn sie im Zuge des Wiederaufbaus nach einer Naturkatastrophe erforderlich ist, um die Bundesfernstraße vor Naturereignissen zu schützen, und in einem räumlich begrenzten Korridor entlang des Trassenverlaufs erfolgt. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Maßgaben gelten entsprechend, soweit das Verfahren landesrechtlich durch ein Verwaltungsverfahrensgesetz geregelt ist.

(2) Ist das Planfeststellungsverfahren eingeleitet, kann die Planfeststellungsbehörde nach Anhörung der betroffenen Gemeinde eine vorläufige Anordnung erlassen, in der vorbereitende Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung festgesetzt werden,

1.
soweit es sich um reversible Maßnahmen handelt,
2.
wenn an dem vorzeitigen Beginn ein öffentliches Interesse besteht,
3.
wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Trägers des Vorhabens gerechnet werden kann und
4.
wenn die nach § 74 Absatz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigenden Interessen gewahrt werden.
In der vorläufigen Anordnung sind die Auflagen zur Sicherung dieser Interessen und der Umfang der vorläufig zulässigen Maßnahmen festzulegen. Sie ist den anliegenden Gemeinden sowie den Beteiligten zuzustellen oder ortsüblich bekannt zu machen. Sie ersetzt nicht die Planfeststellung. § 16a bleibt unberührt. Soweit die vorbereitenden Maßnahmen oder Teilmaßnahmen zum Bau oder zur Änderung durch die Planfeststellung für unzulässig erklärt sind, ordnet die Planfeststellungsbehörde gegenüber dem Träger des Vorhabens an, den früheren Zustand wiederherzustellen. Dies gilt auch, wenn der Antrag auf Planfeststellung zurückgenommen wurde. Der Betroffene ist durch den Träger der Straßenbaulast zu entschädigen, soweit die Wiederherstellung des früheren Zustands nicht möglich oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden oder ein Schaden eingetreten ist, der durch die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht ausgeglichen wird. Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung haben keine aufschiebende Wirkung; ein Vorverfahren findet nicht statt. Betrifft die vorläufige Anordnung ein Vorhaben im Sinne des § 17e Absatz 1, ist § 17e Absatz 1 und 5 in Bezug auf Rechtsbehelfe gegen die vorläufige Anordnung entsprechend anzuwenden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

Tatbestand

1

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. November 2007 und den Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009 für den Neubau der Autobahn 44 (A 44) von der Anschlussstelle Universitätsstraße bis ca. 510 m östlich der Schattbachstraße im Stadtgebiet von Bochum.

2

Die Kläger zu 1 bis 4 und zu 7, 9, 11 und 12 sind Eigentümer von Grundstücken, die teilweise für die Trasse selbst, teilweise für notwendige Änderungen im vorhandenen Straßennetz oder für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen in Anspruch genommen werden. Die Kläger zu 1 bis 4 bewirtschaften die historische Wasserburg "Haus L." als Veranstaltungsort und als Gästehaus und betreiben auf überwiegend im Trassenbereich gelegenen Flächen Landwirtschaft als Nebenerwerb sowie eine Pferdepensionshaltung. Die Wasserburg selbst und die sie umgebende Gräfte werden nicht durch das Vorhaben in Anspruch genommen. Die Kläger zu 5, 6 und 8 sind Eigentümer entlang der Trasse gelegener Grundstücke, die mit von ihnen selbst genutzten bzw. vermieteten Wohngebäuden bebaut sind. Diese Grundstücke werden nicht in Anspruch genommen. Der Kläger zu 10 bewohnt ein im Eigentum seiner Ehefrau stehendes Haus in Trassennähe. Das Grundstück des Klägers zu 13 befindet sich außerhalb des Planfeststellungsabschnitts. Im Einzelnen ergeben sich die Eigentumsverhältnisse und die Betroffenheiten der Kläger aus der Antragsschrift der Kläger vom 3. April 2008 und der Antragserwiderung des Beklagten vom 27. Mai 2008 im vorläufigen Rechtsschutzverfahren BVerwG 9 VR 15.08; auf sie wird verwiesen.

3

Die A 44 ist Bestandteil einer großräumigen West-Ost-Achse zwischen Aachen und Kassel und zugleich ein wichtiges Verbindungsglied zwischen dem Ruhrgebiet und den Ballungsräumen der Rheinschiene. Im Ruhrgebiet verläuft die A 44 durch das Stadtgebiet von Witten und endet auf Bochumer Stadtgebiet westlich des Kreuzes Bochum/Witten mit der A 43. Der Verkehr wird von dort über die B 226 (Wittener Straße) östlich des Opel-Werks auf den autobahnähnlich ausgebauten Außenring der Stadt Bochum (Nordhausen-Ring, Oviedo-Ring und Donezk-Ring) geleitet.

4

Mit dem planfestgestellten 3,320 km langen Abschnitt der A 44 wird das Autobahnkreuz Bochum/Witten mit dem Außenring Bochum südlich des Opel-Werks über die Anschlussstelle Universitätsstraße verbunden. Die geplante Querspange ist Teil der "Bochumer Lösung", die als weitere Ausbaumaßnahmen den sechsstreifigen Ausbau der A 40 von der Stadtgrenze Bochum/Essen zwischen den Anschlussstellen Gelsenkirchen und Bochum-Wattenscheid sowie die niveaufreie Verknüpfung der A 40 mit dem Außenring Bochum an der Anschlussstelle Bochum-Stahlhausen (Westkreuz) vorsieht. Hierdurch soll eine Verbindungsalternative für den West-Ost-Verkehr im Ruhrgebiet zu der auch nach dem sechsstreifigen Ausbau hoch belasteten A 40 geschaffen werden und das Gesamtverkehrssystem durch eine signifikante Anhebung der Leistungsfähigkeit eine größere Stabilität erhalten.

5

Im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) ist das Vorhaben als vordringlicher Bedarf ausgewiesen (lfd. Nr. 1573).

6

Der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen, Betriebssitz Gelsenkirchen, leitete mit Schreiben vom 20. Dezember 2001 der Bezirksregierung Arnsberg den von ihm aufgestellten Plan zu und beantragte die Durchführung des Anhörungsverfahrens. Die Bezirksregierung forderte die Behörden und Stellen, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme auf und veranlasste, dass der Plan nach vorheriger ortsüblicher Bekanntmachung, in der auf die Einwendungsfrist und den Ausschluss verspäteter Einwendungen hingewiesen wurde, vom 5. Februar 2002 bis zum 4. März 2002 in der Stadt Bochum auslag.

7

Sämtliche Kläger erhoben - teilweise mit gemeinsamen Einwendungsschreiben und teilweise unter Bezugnahme auf das umfangreiche Einwendungsschreiben der "Bürgerinitiative Bochum gegen die DüBoDo" - fristgerecht Einwendungen gegen das Vorhaben.

8

Aufgrund von Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange und Einwendungen Privater nahm der Vorhabenträger verschiedene Änderungen an der Planung vor, die er durch die Deckblätter I und II in das Verfahren einbrachte. Mit dem Deckblatt I wurde der Planfeststellungsabschnitt um ca. 70 m bis zu dem Anschluss an den gewidmeten und bereits unter Verkehr befindlichen Teil der A 44 verlängert, der landschaftspflegerische Begleitplan überarbeitet, die Entwässerungsplanung angepasst sowie eine Ergänzung der Unterlagen nach § 6 UVPG und eine Überarbeitung der lärmtechnischen Berechnungen vorgenommen. Das Deckblatt II trug dem Inkrafttreten der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) i.d.F. vom 11. September 2002 Rechnung und führte eine neue Schadstoffabschätzung unter Berücksichtigung der neuen Immissionsgrenzwerte in das Verfahren ein. Die geänderten Planunterlagen lagen nach ortsüblicher Bekanntmachung in der Zeit vom 10. Juni 2003 bis zum 7. Juli 2003 in der Stadt Bochum zur Einsichtnahme aus. Gegen die Deckblätter I und II haben alle Kläger, mit Ausnahme der Klägerin zu 12, rechtzeitig schriftlich Einwendungen erhoben.

9

Die geänderten Planunterlagen wurden, nach rechtzeitiger ortsüblicher Bekanntmachung des Termins und gesonderter Einladung der beteiligten Behörden, Stellen und Vereinigungen, in insgesamt drei Staffeln an insgesamt 26 Terminen im Juli, September und November 2004 in der Stadthalle Bochum bzw. in Räumlichkeiten der Ruhr-Universität Bochum erörtert. In Umsetzung der durch die Einwendungen und im Erörterungstermin gewonnenen Erkenntnisse überarbeitete der Vorhabenträger mit dem Deckblatt III den landschaftspflegerischen Begleitplan im Hinblick auf ein festgesetztes Landschaftsschutzgebiet. Auf Veranlassung der Planfeststellungsbehörde brachte der Vorhabenträger ein weiteres Deckblatt IV in das Verfahren ein, das die lärmtechnische Berechnung mit einem Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) für den auf den durchgehenden Fahrstreifen der A 44 aufzubringenden lärmmindernden Straßenoberflächenbelag enthält. Hinsichtlich der Deckblätter III und IV fand keine erneute Auslegung statt.

10

Mit Beschluss vom 28. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den "Neubau der Autobahn 44 (A 44) von Bau-km 19+980 - Anschlussstelle Universitätsstraße - (ca. 100 m westlich der K 3) bis Bau-km 23+300 (ca. 510 m östlich der Schattbachstraße)" fest. Der Plan enthält zahlreiche Nebenbestimmungen, die u.a. den Naturschutz, den Schutz des Grundwassers und die Bauausführung betreffen. Zur Minderung der Lärmbelastung wird dem Vorhabenträger aufgegeben, auf den durchgehenden Fahrbahnen einen lärmmindernden Straßenoberflächenbelag, der einen Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) erzielt, zu verwenden und auf den Fahrbahnen der Verbindungsrampen und der Anschlussstellenäste einen Straßenoberflächenbelag mit einem Korrekturwert DStrO von - 2 dB(A) aufzubringen. Den Klägerinnen zu 5 und 9 wird unter gleichzeitiger Ablehnung des Übernahmeantrags der Klägerin zu 5 für ihre Wohnhäuser Anspruch auf passiven Schallschutz und angemessene Entschädigung in Geld für die Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche zugesprochen.

11

Die Einwendungen der Kläger im Übrigen wies der Planfeststellungsbeschluss zurück:

12

Der Neubau der A 44 sei unabhängig von der gesetzlichen Bedarfsfeststellung geboten, weil die vorhandenen Straßen nicht mehr den regelmäßigen Verkehrsbedürfnissen im Planungsraum entsprächen. Hinsichtlich der Trassenführung habe aufgrund zahlreicher Zwangspunkte keine realistische Alternativlösung bestanden. Die Belastung mit Lärm und Schadstoffen sei auf der Grundlage einer tragfähigen Verkehrsprognose und auch im Übrigen fehlerfrei ermittelt worden. Den nach den Modellberechnungen der Gutachter mit der Verkehrsfreigabe möglichen geringfügigen Überschreitungen der Grenzwerte für Luftschadstoffe könne durch Maßnahmen der Luftreinhalteplanung wirksam begegnet werden. Die mit dem Bau des Vorhabens verbundenen Eingriffe in privates Grundeigentum und die Belastungen trassennaher Anwohner seien nicht zu vermeiden. Trotz der nicht zu verkennenden Belastungen durch den Neubau der A 44 sei eine Existenzgefährdung des Betriebes "Haus L." der Kläger zu 1 bis 4 nicht zu erwarten. Selbst wenn dies der Fall wäre, würde das Vorhaben daran aber nicht scheitern. Auf Grund der überragenden Bedeutung des Straßenbauvorhabens wäre ein Eingriff in die Eigentumsposition auch um den Preis, dass sich die geltend gemachten Beeinträchtigungen zu einer Existenzgefährdung oder gar -vernichtung verdichteten, hinzunehmen. Eine Beeinträchtigung der Grundwasserströme sei nicht zu befürchten, da die Trasse von einer Ausnahme abgesehen nahezu ausschließlich in Dammlage verlaufe. Das im Wasserbuch der Stadt Bochum eingetragene Wasserrecht zugunsten von "Haus L." werde daher nicht beeinträchtigt. Es sei gewährleistet, dass die Funktion des Isabella-Stollens erhalten bleibe.

13

Die Kläger haben am 3. April 2008 Klage erhoben und diese mit Schriftsätzen vom 15. Mai 2008 sowie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (BVerwG 9 VR 15.08) umfangreich begründet. Sie rügen zahlreiche Bekanntmachungs- und Auslegungsfehler und bestreiten, dass die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele erreicht werden könnten. Umfangreiche Einwendungen erheben sie gegen die Verkehrs-, Lärm- und Schadstoffprognosen. Die Verkehrsprognose beruhe auf veralteten und unvollständigen Daten und sei methodisch fehlerhaft. Insbesondere werde der durch das Vorhaben induzierte Verkehr in den Prognosen marginalisiert. Die der Lärmberechnung zugrunde gelegten Richtlinien RLS-90 seien stark veraltet und entsprächen nicht mehr dem Stand der Technik. Zahlreiche Lärmquellen, insbesondere der angestiegene Motorradverkehr, würden durch sie nicht oder nicht angemessen erfasst und die lärmmindernde Wirkung des vorgesehenen offenporigen Asphalts überschätzt. Das für die Schadstoffprognose verwendete Ausbreitungsmodell nach Gauß sei für die Ermittlung von Immissionen des Straßenverkehrs ungeeignet. Die ermittelten Prognosewerte seien daher nicht aussagekräftig. Tatsächlich müsse mit einer Überschreitung der Grenzwerte der 22. BImSchV gerechnet werden.

14

Hinsichtlich der Verkehrs- und Schadstoffprognose halten die Kläger weitere Sachaufklärung für erforderlich und haben in der mündlichen Verhandlung vorsorglich die mit Schriftsätzen vom 9. Juli 2009 und 8. April 2010 begründeten Beweisanträge gestellt.

15

Ende Juni 2009 reichte der Vorhabenträger auf der Grundlage eines in seinem Auftrag erstellten Artenschutzbeitrages, der zu dem Ergebnis kommt, dass das Vorhaben keine der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des Bundesnaturschutzgesetzes verwirklicht, bei der Bezirksregierung Arnsberg einen Antrag auf Planergänzung ein. Darin wird der Landschaftspflegerische Begleitplan um neue vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen für die Wasserralle, den Steinkauz, den Kleinspecht und die Schleiereule ergänzt und werden planfestgestellte Maßnahmen mit Blick auf den Kiebitz, die Wiesenschafstelze und die Feldlerche modifiziert.

16

Die von der Anhörungsbehörde zur Stellungnahme aufgeforderten Kläger erhoben mit Schreiben ihres gemeinsamen Prozessbevollmächtigten vom 6. August 2009 und die Kläger zu 1, 3 und 4 sowie der Kläger zu 2 mit weiteren Schreiben vom 3. und 7. August 2009 Einwendungen gegen die Planänderung.

17

Am 5. Oktober 2009 erließ der Beklagte den Planergänzungsbeschluss und wies die Einwendungen der Kläger zurück.

18

Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 30. November 2009 den Planergänzungsbeschluss in das Verfahren einbezogen. Sie rügen, das dem Ergänzungsbeschluss zugrunde liegende Artenschutzgutachten weise Widersprüche zwischen der eigentlichen Bestandsaufnahme und der Bewertung auf. Die vorgesehenen Maßnahmen seien nicht geeignet, Störungen zu vermeiden. Die Voraussetzungen einer Ausnahme seien zu Unrecht bejaht worden. Der Verzicht auf die Durchführung eines Erörterungstermins mache den Beschluss verfahrensfehlerhaft.

19

In der mündlichen Verhandlung am 19. Mai 2010 hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche naturschutzfachliche Kompensationsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen für den Isabella-Stollen ergänzt.

20

Die Kläger beantragen,

den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 28. November 2007 in der Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 5. Oktober 2009 und der in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebenen Planergänzungen aufzuheben,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um geeignete Maßnahmen zur Minderung negativer Auswirkungen der Planverwirklichung auf die Grundstücke der Kläger erneut zu entscheiden.

21

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

22

Er tritt dem Vortrag der Kläger im Einzelnen inhaltlich entgegen.

Entscheidungsgründe

23

A. Die Klage ist zulässig.

24

Namentlich ist das Bundesverwaltungsgericht nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. § 17e Abs. 1 Nr. 5 FStrG i.V.m. lfd. Nr. 21 der Anlage zum Fernstraßengesetz zur Entscheidung über diesen Rechtsstreit berufen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts bestehen nicht (Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 27 ff.).

25

Die Kläger konnten den Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009, ohne an die Einhaltung einer Klagefrist gebunden zu sein, mit Schriftsatz vom 30. November 2009 in das Verfahren einbeziehen (vgl. Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 31.07 - Buchholz 310 § 74 VwGO Nr. 15 Rn. 21 ff.).

26

B. Die Klage ist aber nicht begründet.

27

Der Planfeststellungsbeschluss in seiner zur gerichtlichen Prüfung gestellten Form einschließlich der in der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2010 zu Protokoll gegebenen Erklärungen des Beklagten leidet an keinem Rechtsfehler, der die Kläger in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und die Aufhebung des Beschlusses bzw. die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit rechtfertigt.

28

I. Dem Planfeststellungsbeschluss kommt, da er Grundlage der nachfolgenden Enteignung ist (§ 19 Abs. 1 FStrG), enteignungsrechtliche Vorwirkung zu. Daher haben die Kläger zu 1 bis 4, 7, 9, 11 und 12, deren durch Art. 14 Abs. 1 GG geschütztes Grundeigentum (teilweise) für das Planvorhaben in Anspruch genommen werden soll, einen Anspruch darauf, von einer Entziehung ihres Grundeigentums verschont zu bleiben, die nicht dem Wohl der Allgemeinheit dient, insbesondere nicht gesetzmäßig ist (Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG), und auf eine dahingehende umfassende gerichtliche Überprüfung des Planfeststellungsbeschlusses.

29

Der Anspruch des von der enteignungsrechtlichen Vorwirkung Betroffenen auf gerichtliche Überprüfung des Plans auf seine objektive Rechtmäßigkeit (sog. Vollüberprüfungsanspruch) unterliegt allerdings Einschränkungen. Danach führt nicht jeder objektiv-rechtliche Fehler, der einer Planung anhaftet, zur Aufhebung. Diese Rechtsfolge scheidet vielmehr aus, wenn der geltend gemachte Rechtsfehler für die Eigentumsbetroffenheit des Klägers aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht erheblich, insbesondere nicht kausal ist (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 24).

30

Die nicht durch die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke und damit nur mittelbar betroffenen Kläger zu 5, 6, 8, 10 und 13 können dagegen nur die Verletzung gerade sie schützender Normen des materiellen und Verfahrensrechts sowie eine nicht ordnungsgemäße Abwägung ihrer geschützten Privatbelange rügen, nicht aber eine insgesamt fehlerfreie Abwägung und Planung verlangen.

31

II. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss vom 28. November 2007 wie auch der Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009 leiden nicht an Verfahrensfehlern.

32

Die umfangreichen Rügen der Kläger hinsichtlich der Bekanntmachungen und der Auslegung der Planunterlagen zum Planfeststellungsbeschluss überzeugen den Senat nicht. Von einer näheren Darstellung und Auseinandersetzung mit diesen Rügen sieht der Senat im Hinblick darauf ab, dass die Kläger fristgerecht und umfassend Einwendungen erhoben haben. Unterstellte Auslegungs- und Bekanntmachungsfehler wären daher ohne Einfluss auf die Sachentscheidung geblieben und somit weder hinsichtlich der eigentumsbetroffenen noch der übrigen Kläger geeignet, zur (vollständigen oder teilweisen) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit zu führen (vgl. Urteil vom 12. August 2009 a.a.O. Rn. 23 und Rn. 31 m.w.N.).

33

Soweit die Kläger rügen, im Erörterungstermin seien zahlreiche Einwendungen des Klägers zu 8 nicht erörtert worden, zeigen sie einen beachtlichen Verfahrensmangel ebenfalls nicht auf. Ein Anspruch des Einwenders auf unbeschränkte Redezeit im Anhörungsverfahren lässt sich dem Gebot, eine substantielle Behandlung der berührten Belange und Interessen zu ermöglichen (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <227>), nicht entnehmen. Insbesondere wenn - wie hier - die Zahl der Einwender sehr groß ist, ist eine straffe Verhandlungsführung, die von allen Beteiligten, einschließlich der Einwender, eine Konzentration auf das Wesentliche verlangt, nicht zu beanstanden. Diesen Anforderungen ist die Anhörungsbehörde gerecht geworden. Sie hat ausweislich ihres Aktenvermerks vom 2. Dezember 2004 die Einwendungen in drei Staffeln im Juli, September und November 2004 an insgesamt 26 Verhandlungstagen ganztägig mit den Beteiligten intensiv erörtert und auch dem Kläger zu 8 an zwei Tagen knapp zehn Stunden Erörterungszeit zur Verfügung gestellt. Dass es ihm gleichwohl nicht möglich gewesen wäre, alle für ihn wesentlichen Einwendungen vorzubringen, ist nicht dargelegt.

34

Ein Verfahrensfehler liegt ferner nicht darin, dass die Anhörungsbehörde die nachträglich eingeholte Verkehrsuntersuchung über die Entwicklung des Lkw-Verkehrs aus dem Jahr 2004 nicht zum Gegenstand der Erörterung gemacht hat. Eine Pflicht, nachträglich eingeholte Gutachten in die Anhörung einzubeziehen und sie gegebenenfalls auszulegen, besteht nur dann, wenn die Behörde erkennt oder erkennen musste, dass ohne diese Unterlage Betroffenheiten nicht oder nicht vollständig geltend gemacht werden können (Urteil vom 8. Juni 1995 - BVerwG 4 C 4.94 - BVerwGE 98, 339 <344 f.>). Dies war hier offensichtlich nicht der Fall.

35

Auf die Durchführung eines Erörterungstermins für das ergänzende Planverfahren konnte die Anhörungsbehörde gemäß § 17d Satz 1 FStrG verzichten. Die ermessensleitende Überlegung, es sei angesichts der Einwendungen der Kläger nicht damit zu rechnen, dass es zu einem Interessenausgleich und einvernehmlichen Lösungen kommen werde, ist nicht zu beanstanden.

36

Die Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung wurden eingehalten. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung hat stattgefunden, die Öffentlichkeit wurde - wie dies nach § 9 Abs. 1 UVPG (Art. 6 Abs. 2 UVP-RL) bei Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist - zu den Umweltauswirkungen beteiligt. Soweit die Kläger die fehlende Bestandsaufnahme von Fauna und Flora gerügt haben, ist diesem Einwand durch die im Rahmen der Planergänzung erstellte artenschutzrechtliche Untersuchung Rechnung getragen worden, zu der sowohl die Kläger als auch die Träger öffentlicher Belange und die anerkannten Naturschutzvereine Stellung nehmen konnten. Hinsichtlich der weiteren Rügen im Zusammenhang mit den ausgelegten Unterlagen ist nicht dargetan und nicht erkennbar, dass etwaige Mängel auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Dies ist nur anzunehmen, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planungsbehörde ohne den behaupteten Fehler anders entschieden hätte (vgl. Urteile vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 38 ff. und vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <250>). Das ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

37

III. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem materiell-rechtlichen Fehler, der nach den oben dargestellten Prüfungsmaßstäben zum Erfolg der Anfechtungsklage führen könnte.

38

1. Die Planrechtfertigung ist für das planfestgestellte Vorhaben gegeben. Das Vorhaben ist im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen zum Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. vom 20. Januar 2005 (BGBl I S. 201) - FStrAbG - als Vorhaben des vordringlichen Bedarfs enthalten und damit gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 FStrAbG gemessen an der Zielsetzung des § 1 Abs. 1 FStrG vernünftigerweise geboten. Die gesetzliche Feststellung, dass ein verkehrlicher Bedarf besteht, ist für die Planfeststellung wie auch das gerichtliche Verfahren verbindlich (stRspr; vgl. etwa Urteile vom 8. Juni 1995 a.a.O. S. 345 ff. und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 43). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit seiner Bedarfsfeststellung für die A 44 im Stadtgebiet von Bochum die Grenzen seines gesetzgeberischen Ermessens überschritten hat, sind nicht ersichtlich. Davon ist nur auszugehen, wenn die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, wenn es also für das Vorhaben offenkundig keinerlei Bedarf gibt, der die Annahme des Gesetzgebers rechtfertigen könnte (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 C 11.96 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 138 S. 247, vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 32.02 - BVerwGE 120, 87 <100> und vom 12. März 2008 a.a.O.). Solche Gründe liegen nicht vor.

39

Die durchgeführten Verkehrsuntersuchungen, an deren methodischer Richtigkeit keine durchgreifenden Zweifel bestehen (vgl. unten unter 3 a)), haben beim Vergleich der Auslastungszustände ohne und mit Bau der Querspange eine Reduktion des Anteils überlasteter Autobahnen um 23 % ergeben. Erkennbar entlastet wird insbesondere die A 40. Gleichzeitig steigt der Anteil überlasteter Strecken des Außenrings deutlich an. Werden der zusätzlich belastete Außenring und die Autobahnen zusammen betrachtet, ergibt sich noch ein Rückgang der überlasteten niveaufreien Strecken um 12 %. Bei den Stadtstraßen ist bezogen auf das gesamte Straßennetz noch mit einem Rückgang von 7 % zu rechnen. Die Entlastung des vorhandenen Straßennetzes wird durch den Einwand der Kläger, die Querspange und die beiden weiteren Ausbaumaßnahmen der "Bochumer Lösung" könnten wegen des hohen Verkehrsaufkommens mit Staubildungen nicht zur Stabilisierung des Straßennetzes beitragen, nicht in Frage gestellt. Auch wenn es vorhersehbar streckenweise zu Überlastungen auf dem Außenring und der Querspange kommen wird, ändert dies nichts an der erheblichen Entlastung der A 40 und damit an einer Stabilisierung des Verkehrsgeschehens auf dieser Hauptverkehrsader im Raum Bochum. Entsprechendes gilt für die Hauptverbindungsstraßen des innerörtlichen Verkehrs. Mit 7 % sind die Entlastungen dort auch nicht so gering, dass ihnen keine den Verkehrsfluss erleichternde Wirkung zugeschrieben werden könnte.

40

2. Der Planfeststellungsbeschluss weist keine artenschutzrechtlichen Mängel auf, derentwegen die Kläger seine Aufhebung oder zumindest die Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit verlangen können.

41

a) Die Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände durch die Planfeststellungsbehörde beruht auf einer ordnungsgemäßen Bestandserfassung. Die zunächst unterbliebene notwendige Bestandsaufnahme ist im Rahmen des Verfahrens zum Erlass des Ergänzungsbeschlusses nachgeholt worden. Bedenken, dass diese Untersuchung der im Trassenbereich vorhandenen Arten, die in den Anwendungsbereich der Verbote fallen, und ihrer Lebensräume nicht methodisch fachgerecht durchgeführt wurde, bestehen nicht (vgl. zu den Anforderungen Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 54 ff. m.w.N.). Die Bestandsaufnahme beruht zum einen auf aus Anlass des Vorhabens vorgenommenen Untersuchungen vor Ort und zum zweiten auf ergänzend ausgewertetem Erkenntnismaterial anderen Ursprungs. Dass die Untersuchungen in ihrem methodischen Ansatz oder ihrer praktischen Durchführung nicht in einer den konkreten Verhältnissen vor Ort und dem sonstigen Erkenntnismaterial entsprechenden Art und Weise durchgeführt wurden, ist nicht ersichtlich.

42

Die in der mündlichen Verhandlung erstmals geäußerte Kritik am methodischen Vorgehen des Gutachters (ungenügende Zahl von Begehungen, Begehungen zur falschen Zeit, Suche nach Brutvorkommen am falschen Ort) bezieht sich auf die vom Beklagten nachgereichte Ausarbeitung vom 17. Mai 2010, wonach die Wasserralle gegenwärtig nicht mehr im Regenrückhaltebecken Höfestraße brütet. Ob dieser Ausarbeitung eine in allen Punkten den methodischen Standards entsprechende Untersuchung zugrunde lag, wie der Gutachter des Beklagten Dr. R. in der mündlichen Verhandlung betont hat, bedarf keiner abschließenden Klärung. Denn eine nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses und damit nach dem für die gerichtliche Überprüfung der Sach- und Rechtslage grundsätzlich maßgeblichen Zeitpunkt erfolgte Änderung der artenschutzrechtlichen Betroffenheiten wäre ausnahmsweise nur dann zu berücksichtigen, wenn mit hinreichender Sicherheit feststünde, dass - etwa wegen einer dauerhaft nachteiligen Änderung des Habitatpotenzials - eine zuvor vorhandene Lebensstätte endgültig verloren gegangen ist. Eine solche Feststellung trifft die ergänzende Ausarbeitung jedoch nicht. Hierfür ist auch nichts ersichtlich.

43

b) Auf der Grundlage der hiernach nicht zu beanstandenden Bestandsaufnahme hat der Beklagte zu Recht eine Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Artenschutzrecht bejaht. Zwar kann nicht in jeder Hinsicht ausgeschlossen werden, dass das Vorhaben Verbotstatbestände erfüllt. Insoweit greift aber die im Planergänzungsbeschluss erteilte Ausnahme.

44

Maßgeblich für die artenschutzrechtliche Prüfung der Verbotstatbestände sind die §§ 42, 43 BNatSchG in der Fassung, die sie durch Art. 1 Nr. 7 und 8 des Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) mit Wirkung vom 18. Dezember 2007 (Art. 3) erhalten haben (nachfolgend BNatSchG 2007). Obgleich sich der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss auf die bis zum 17. Dezember 2007 geltenden §§ 42, 43 BNatSchG a.F. stützt, ist die Neufassung anzuwenden; denn der Beklagte hat seine artenschutzrechtliche Prüfung in der Ersten Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 5. Oktober 2009 nicht nur bezogen auf die vorsorgliche Erteilung einer Ausnahme bzw. Befreiung, sondern ausweislich der Begründung des Änderungsbeschlusses auch bezogen auf das Eingreifen der Verbote aktualisiert. Die im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in Kraft getretenen §§ 44, 45 BNatSchG 2010 (BGBl I 2009 S. 2542) stimmen mit den einschlägigen Vorschriften des BNatSchG 2007 wörtlich überein und können daher das Beurteilungsergebnis nicht beeinflussen.

45

(1) Dass durch das Vorhaben bau- oder betriebsbedingt der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BNatSchG 2007 erfüllt wird, ist nicht zu befürchten. Durch das in diesem Verbotstatbestand u.a. enthaltene Tötungsverbot werden verkehrsbedingte Tierverluste durch Straßenneu- und -ausbaumaßnahmen allein dann erfasst, wenn sich das Kollisionsrisiko für Exemplare der betroffenen Arten in signifikanter Weise erhöht (Urteile vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 219 und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 58). Dies ist zu verneinen. Durch die festgesetzten Sperreinrichtungen und Überflughilfen (Lärmschutzwand und -wall bzw. Abzäunung) sowie die umfangreichen Gehölzpflanzungen sieht der Planergänzungsbeschluss die Kollisionsrisiken für die nachgewiesen kollisionsgefährdeten Vogelarten Schleiereule, Steinkauz, Waldkauz und Waldohreule als auf ein unbedenkliches Maß beschränkt an. Dass diese Einschätzung unzutreffend wäre, wird von den Klägern nicht behauptet und ist nicht ersichtlich.

46

(2) Eine Verwirklichung des Störungstatbestandes des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 kann dagegen für die Vogelart Wasserralle nicht völlig ausgeschlossen werden.

47

§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 verbietet es, wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt nach der Definition des 2. Halbsatzes vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert. Die darin zum Ausdruck kommende populationsbezogene Bestimmung der Erheblichkeitsschwelle steht mit Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - FFH-RL) und Art. 5 Buchst. d der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - VRL) im Einklang, die beide einen art- bzw. populationsbezogenen Schutzansatz verfolgen (vgl. Urteile vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 237 und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 89).

48

Der Begriff der Population ist Art. 2 Buchst. l der Verordnung EG Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl EG Nr. L 61 S. 1) entnommen und wortgleich in § 10 Abs. 2 Nr. 4 BNatSchG 2007 definiert. Er erfasst eine biologisch oder geographisch abgegrenzte Zahl von Individuen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass sie derselben Art oder Unterart angehören und innerhalb ihres Verbreitungsgebietes in generativen oder vegetativen Vermehrungsbeziehungen stehen. Eine lokale Population erfasst diejenigen (Teil-)Habitate und Aktivitätsbereiche der Individuen einer Art, die in einem für die Lebens(raum)ansprüche der Art ausreichenden räumlich-funktionalen Zusammenhang stehen (vgl. BTDrucks 16/5100 S. 11).

49

Der Störungstatbestand kann vor allem durch bau- und betriebsbedingte Beeinträchtigungen der geschützten Tierarten in Gestalt von akustischen und optischen Störwirkungen erfüllt werden (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 34 m.w.N.). Der Planergänzungsbeschluss geht in Übereinstimmung mit dem Fachgutachten zum Artenschutz davon aus, dass hinsichtlich der Vogelarten Gelbspötter, Teichhuhn, Teichrohrsänger, Wasserralle sowie Steinkauz und Schleiereule letzte Unsicherheiten verbleiben, ob durch die ergriffenen Maßnahmen zur Vermeidung und Verringerung insbesondere von Lärmbeeinträchtigungen während der Bauzeit (Bauzeitbeschränkungen für Baufeldfreiräumung und Trassenschüttung, Errichtung einer 700 m langen und 4 m hohen mobilen Lärmschutzwand auf der Südseite der Trasse) und durch die dauerhaften Maßnahmen aktiven Lärmschutzes (Lärmschutzwände und -wälle, offenporiger Asphalt) Störungen der Vogelarten, die zu Verlusten von Brutrevieren führen, verhindert werden können. Für die im Regenrückhaltebecken Höfestraße lebenden Vogelarten ordnet der Planergänzungsbeschluss als vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen die Optimierung des in südwestlicher Richtung angrenzenden Regenrückhaltebeckens Heintzmannstraße (Maßnahme 10ACEF), die Umwandlung einer Ackerfläche in beweidetes Grünland (Maßnahme 9ACEF) für den Steinkauz und die Errichtung eines Schuppens mit Nistkasten (Maßnahme 8ACEF) für die Schleiereule an. Die vorgesehenen Maßnahmen am Regenrückhaltebecken Heintzmannstraße werden für die Wasserralle und den Teichrohrsänger - bei denen der Artenschutzbeitrag schon bei Verlust nur eines Brutpaares von einer Verschlechterung der lokalen Population ausgeht - ergänzt durch die Anordnung eines Monitorings und eines Risikomanagements.

50

Ob die vorgesehenen Maßnahmen am Regenrückhaltebecken Heintzmannstraße eine Populationswirksamkeit des Vorhabens, insbesondere für die Wasserralle, vermeiden können, ist zwischen den Beteiligten streitig. Insoweit steht für den Senat auch nach den Erläuterungen durch den für den Artenschutzbeitrag verantwortlichen Gutachter Dr. R. in der mündlichen Verhandlung nicht mit der erforderlichen Überzeugung fest, dass die naturschutzfachlichen Einwände der Kläger gegen die Eignung der Maßnahmen, die sich insbesondere auf die geringe Entfernung von der geplanten Autobahntrasse, die zu erwartenden Störwirkungen durch die an das Regenrückhaltebecken unmittelbar angrenzende Markstraße und den südlich gelegenen Sportplatz mit Flutlichtanlage beziehen, widerlegt sind und deswegen eine Verschlechterung des Zustands der lokalen Population nicht zu besorgen ist.

51

Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es jedoch nicht. Denn jedenfalls aufgrund der von dem Beklagten vorsorglich im Planergänzungsbeschluss gemäß § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 erteilten Ausnahme vom Störungsverbot ist das Vorhaben insoweit zulässig.

52

(3) Nach § 43 Abs. 8 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG 2007 können die nach Landesrecht zuständigen Behörden im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des § 42 BNatSchG 2007 aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art zulassen. Darüber hinaus erfordert eine Ausnahme nach Satz 2, dass zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert; Art. 9 Abs. 2 VRL ist zu beachten.

53

(a) Art. 9 Abs. 1 VRL, der Abweichungen vom Störungsverbot des Art. 5 Buchst. d VRL unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässt, steht der Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 nicht entgegen. Der Störungstatbestand des Art. 5 Buchst. d VRL setzt voraus, dass sich die Störung der unter den Schutz der Vogelschutzrichtlinie fallenden Vogelarten auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt. Das ist mit Blick auf das Schutzziel der Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (vgl. die Präambel und Art. 1 VRL) sowie das Verschlechterungsverbot (Art. 13 VRL) nicht der Fall, wenn der aktuelle Erhaltungszustand der betroffenen Arten sichergestellt ist (vgl. Urteil vom 21. Juni 2006 a.a.O. Rn. 44). Art. 5 Buchst. d VRL enthält damit bereits auf der Tatbestandsebene einen umfassend populationsbezogenen Ansatz, während nach deutschem Recht der über die jeweiligen lokalen Populationen hinausgehende Zustand der "Populationen einer Art" erst auf der zweiten Prüfungsstufe im Rahmen der Ausnahmeentscheidung nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007 Bedeutung gewinnt. Für das mit dem Störungsverbot verfolgte Schutzziel spielt dies jedoch keine Rolle. Der Senat hat - ebenso wie beim Beschädigungs- und Zerstörungsverbot - keinen Zweifel daran, dass es dem nationalen Gesetzgeber mit Rücksicht auf den Spielraum, den gemeinschaftsrechtliche Richtlinien ihm bei der Wahl von Form und Mitteln zur Zielerreichung belassen und belassen müssen, frei stand, den gemeinschaftsrechtlich geforderten Schutzstandard auf dem gewählten Weg zu erreichen (vgl. zum Beschädigungs- und Zerstörungsverbot Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - a.a.O. Rn. 70).

54

(b) Das Planvorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen, die die Abweichung vom Verbot des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 rechtfertigen.

55

Voraussetzung ist insoweit nicht, dass Sachzwänge vorliegen, denen niemand ausweichen kann. Ausreichend ist ein durch Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O Rn. 153). Dabei dürfen die Anforderungen an das Vorliegen von Abweichungsgründen im allgemeinen Artenschutzrecht nicht überspannt werden. So kann es genügen, wenn das Vorliegen des Abweichungsgrundes im Planfeststellungsbeschluss bzw. in der in Bezug genommenen planfestgestellten Unterlage plausibel dargelegt wird oder augenscheinlich und für jedermann greifbar vorliegt (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 Rn. 125).

56

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Die für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange finden Ausdruck in seiner Einstufung als vordinglicher Bedarf in der gesetzlichen Bundesverkehrswegeplanung und verleihen dem Vorhaben einen besonderen Stellenwert. Die mit der Querspange verfolgte Verbindung des vorhandenen Außenrings um Bochum mit der A 43 wird zu einer Verbesserung der lokalen und überörtlichen Verkehre im Bereich Bochum/Witten führen und zusammen mit den weiteren Elementen der "Bochumer Lösung" zu einer Entlastung der derzeit hoch belasteten A 40 und damit zu einer Stabilisierung des Gesamtverkehrssystems im südlichen Ruhrgebiet beitragen. Diese Gründe überwiegen die eher in geringem Ausmaß betroffenen Belange des Artenschutzes.

57

(c) In seiner artenschutzrechtlichen Alternativenuntersuchung, die ebenso wie die FFH-rechtliche und damit anders als die fachplanerische Alternativenuntersuchung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 169), ist der Beklagte zu dem Ergebnis gelangt, es gebe keine nach dem Schutzkonzept des § 42 BNatSchG 2007 vorzugswürdige Standortalternative, die zu einer Reduzierung des Umfangs oder der Intensität der Verstöße gegen die Zugriffsverbote führe. Vorhabenträger und Planfeststellungsbehörde dürfen von einer Alternativlösung Abstand nehmen, die technisch an sich machbar und rechtlich zulässig ist, aber anderweitige, auch naturschutzexterne Nachteile aufweist, die außer Verhältnis zu dem mit ihr erreichbaren Gewinn für Natur und Umwelt stehen (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 119 zu Art. 9 Abs. 1 VRL).

58

Gemessen hieran verneint der Planergänzungsbeschluss eine zumutbare Alternative zu Recht. Ein Verzicht auf das Vorhaben (Nullvariante) scheide schon wegen der durch die Aufnahme in den vordringlichen Bedarf zum Ausdruck kommenden besonderen verkehrlichen Bedeutung der Querspange aus. Auch eine Verschiebung der Trasse nach Norden sei wegen des dort gelegenen Opel-Werks einschließlich der Opel-Bahn ausgeschlossen. Ebenso leuchtet es ein, wenn die Planfeststellungsbehörde im Planergänzungsbeschluss jede Verschiebung der Trasse nach Süden wegen des damit verbundenen Heranrückens an die Lebensräume der schutzwürdigen Tierarten ausschließt. Auch eine Gradientenabsenkung und verschiedene im Planfeststellungsbeschluss dargestellte Tunnellösungen stellen im Hinblick auf die damit verbundenen und im Planfeststellungsbeschluss näher dargelegten technischen Schwierigkeiten und hohen Bau-, Betriebs- und Unterhaltungskosten keine zumutbaren Alternativen dar. Abgesehen davon würden die baubedingten Störungen bei den die Trassenführung unverändert lassenden Lösungen nicht geringer ausfallen als bei der planfestgestellten Variante.

59

(d) Es liegt auch die weitere Voraussetzung des § 43 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG 2007 vor, dass sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtern darf.

60

Anders als beim Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 ist im Rahmen der Ausnahme nicht der Erhaltungszustand des von dem Vorhaben unmittelbar betroffenen lokalen Vorkommens maßgeblich, sondern eine gebietsbezogene Gesamtbetrachtung anzustellen, die auch die anderen (Teil-)Populationen der Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in den Blick nimmt (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 Rn. 44). Nicht jeder Verlust eines lokalen Vorkommens einer Art ist mit einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art gleichzusetzen. Dass einzelne Exemplare oder Siedlungsräume im Zuge der Verwirklichung eines Planvorhabens vernichtet werden oder verloren gehen, schließt nicht aus, dass die Population als solche in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet, das über das Plangebiet hinausreicht, als lebensfähiges Element erhalten bleibt (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572). Bei der Beurteilung, ob dies der Fall ist, ist der Planfeststellungsbehörde, da insoweit ornithologische Kriterien maßgeblich sind, ein Beurteilungsspielraum einzuräumen (Urteil vom 21. Juni 2006 a.a.O.). Dies gilt auch für die Entscheidung, an welchem Standort Maßnahmen zum Ausgleich des vorhabenbedingten Verlustes ergriffen werden sollen. Das Ziel, den Verlust von Individuen und Lebensstätten auszugleichen und den Erhaltungszustand der betroffenen Art zu stabilisieren, erfordert es nicht, dass die Ausgleichsmaßnahmen am Ort des Eingriffs ergriffen werden müssen. Die anzustellende gebietsbezogene Betrachtung erlaubt es dem Vorhabenträger und der Planfeststellungsbehörde vielmehr, das natürliche Verbreitungsgebiet der betroffenen Art großräumiger in den Blick zu nehmen und auch solche Orte für Ausgleichsmaßnahmen zu wählen, die keine unmittelbaren Rückwirkungen auf den von dem Vorhaben betroffenen Siedlungsraum erwarten lassen. Mit Blick auf den Zweck der Maßnahme ist daher jeder Standort innerhalb des natürlichen Verbreitungsgebietes der Art, an dem die Planfeststellungsbehörde durch entsprechende Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss den Kompensationserfolg herbeiführen kann, als geeignet anzusehen. Dies wird den räumlichen Bereich regelmäßig auf den jeweiligen Zuständigkeitsbereich der Planfeststellungsbehörde beschränken. Nicht ausgeschlossen ist aber auch, dass die Planfeststellungsbehörde durch entsprechende vertragliche Vereinbarung die Durchführung der Maßnahme außerhalb ihres Zuständigkeitsbereichs sicherstellt.

61

Gemessen hieran ist es nicht zu beanstanden, dass die vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung konkretisierte Kompensationsmaßnahme für die Wasserralle und andere am Wasser lebende Vögel am Hüller Bach rund 12 km vom Vorhabengebiet entfernt liegt.

62

(e) Auch die von den Klägern in ihrem nach Schluss der mündlichen Verhandlung bei Gericht eingegangenen Schriftsatz vom 31. Mai 2010 geäußerte Kritik an Lage und Geeignetheit der Maßnahme greift nicht durch. Dem gleichzeitig gestellten Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung war nicht zu entsprechen.

63

Nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO hat das Gericht die Möglichkeit, die bereits geschlossene mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Hierauf besteht zwar grundsätzlich kein Anspruch der Beteiligten, doch muss das Gericht im Rahmen seiner Ermessensentscheidung beachten, dass die Regelung u.a. auch dazu dienen soll, den Parteien die sachgerechte Wahrnehmung ihrer Rechte insbesondere durch mündlichen Vortrag zu dem aufgrund der mündlichen Verhandlung gewonnenen Gesamtergebnis des Verfahrens zu ermöglichen. § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO steht damit in enger Beziehung zu dem Anspruch der Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör mit der Folge, dass Bedeutung und Tragweite dieses Grundrechts die Ermessensfreiheit des Gerichts zu einer Wiedereröffnungspflicht verdichten kann (Urteil vom 11. April 1989 - BVerwG 9 C 55.88 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 23 S. 6 und Beschluss vom 19. März 1991 - BVerwG 9 B 56.91 - Buchholz 310 § 104 VwGO Nr. 25 S. 10). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Denn die Kläger hatten die Möglichkeit, in der mündlichen Verhandlung nach § 173 VwGO i.V.m. § 283 ZPO Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf das neue Vorbringen des Beklagten und ihres Gutachters zur Eignung des Hochwasserrückhaltebeckens Hüller Bach als Lebensstätte insbesondere der Wasserralle zu beantragen. Dies haben sie unterlassen.

64

Aus ihrem Vorbringen im Schriftsatz vom 31. Mai 2010 folgt für den Senat auch kein Bedürfnis nach weiterer Sachaufklärung, das die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO erforderlich machen würde. Selbst wenn die von den Klägern geäußerte Kritik am Kompensationskonzept hinsichtlich der Wasserralle und der anderen schutzwürdigen Vogelarten berechtigt sein sollte, stünde ihrem mit dem Hauptantrag verfolgten Begehren entgegen, dass artenschutzrechtliche Defizite, die durch schlichte Planergänzung behoben werden können, nicht zu einem Erfolg der Anfechtungsklage gegen den Planfeststellungsbeschluss führen können (Urteile vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 129 f. und vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 Rn. 93). Die von den Klägern mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 behaupteten Mängel gehen nach Art und Umfang über diesen Bereich nicht hinaus. Soweit die Kläger das Hochwasserrückhaltebecken aufgrund seiner Lage als grundsätzlich ungeeigneten Lebensraum erachten, vermag dies schon wegen des vorhandenen Brutvorkommens der Wasserralle in dem westlich unmittelbar an die Kompensationsfläche angrenzenden Naturraum nicht zu überzeugen. Das vorgesehene Gebiet ist auch nicht wegen seiner Funktion als künstliches Überschwemmungsgebiet generell ungeeignet. Schon in ihrem jetzigen Habitat an der Höfestraße ist die Wasserralle von schwallartigen Anstiegen des Wasserspiegels betroffen, was zu Brutverlusten und Verlusten bei Jungvögeln führen kann. Hochwasserereignisse, die zu einer Inanspruchnahme des Rückhaltebeckens führen, dürften aber jedenfalls nicht häufiger vorkommen als starke Regenfälle. Bei der Umgestaltung des Beckens wird der Vorhabenträger zudem den Folgen eines Hochwassers für die betroffenen Vogelarten durch eine entsprechende Geländemodellierung Rechnung tragen können. Entsprechendes gilt für die weiteren von den Klägern gerügten Punkte.

65

Die vorgesehenen Maßnahmen können auch zeitnah verwirklicht werden. Wie der Beklagte in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, ist über die Umgestaltung des Hochwasserrückhaltebeckens und die zukünftige Nutzung eine Vereinbarung mit der Eigentümerin, der Emschergenossenschaft, getroffen worden. Damit ist die erforderliche rechtliche Sicherung für eine zügige Realisierung gegeben. Die zwischen Verlust der Lebensstätte und Kompensation zwangsläufig eintretende zeitliche Lücke ist unbedenklich. Eine unmittelbare Funktionsnachfolge wie bei der individuenbezogenen Beschädigung oder Zerstörung von Lebensstätten ist bei den hier in Rede stehenden, auf den Erhaltungszustand der Population gerichteten Maßnahmen nicht zu fordern.

66

(f) Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass eine Optimierung des Hochwasserrückhaltebeckens nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, könnte dies nicht zum Erfolg der Klage führen. Für diesen als äußerst unwahrscheinlich bezeichneten Fall sieht der Planergänzungsbeschluss bestandsfördernde Maßnahmen für eine andere Population in der atlantischen Region vor. Als Maßnahmestandorte werden die Lippeaue zwischen Hamm und Lippstadt und das Vogelschutzgebiet Hellwegbörde am Südrand der Westfälischen Bucht genannt. Dadurch wird ein Maß an Kontinuität gewahrt, das genügend Gewähr dafür bietet, dass etwaige negative Auswirkungen auf die Teilpopulation im Bereich des Vorhabens, die auch nicht durch die Maßnahmen am Hüller Bach ausgeglichen werden können, jedenfalls durch die dann zu ergreifenden Maßnahmen in der Lippeaue oder der Hellwegbörde kompensiert werden und damit der Erhaltungszustand der Populationen erhalten bleibt (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 572 f.).

67

Erweisen sich die vorgesehenen Maßnahmen am Hochwasserrückhaltebecken Hüller Bach und die im Planergänzungsbeschluss aufgeführten weiteren Maßnahmen als geeignet, um sicherzustellen, dass sich der Erhaltungszustand der Populationen der Wasserralle nicht verschlechtert, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die von dem Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gegebene weitere Planergänzung für den Fall, dass die Maßnahmen am Hüller Bach "den rechtlichen Anforderungen nicht genügen", mit diesem Inhalt überhaupt zulässig sein kann.

68

(4) Auch das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007, wonach es untersagt ist, Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, steht dem Vorhaben nicht entgegen.

69

Eine unmittelbare Zerstörung der geschützten und aktuell genutzten Lebensstätten der Wasserralle und der anderen am Wasser lebenden Vogelarten durch die Baumaßnahmen ist nicht zu befürchten. Das Regenrückhaltebecken Höfestraße wird weder durch die geplanten Anlagen selbst noch baubedingt in Anspruch genommen. Als schädigende Eingriffe kämen allenfalls mittelbare Einwirkungen durch den Lärm der Bauarbeiten und den Verkehr nach Fertigstellung der Querspange in Betracht. Ungeachtet der Frage, ob und inwieweit solche mittelbaren Einwirkungen aufgrund funktionaler Erwägungen den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand erfüllen können, greift auch insoweit die erteilte Ausnahme nach § 43 Abs. 8 BNatSchG 2007.

70

Art. 9 Abs. 1 VRL, der Abweichungen von den in Art. 5 VRL enthaltenen Verbotstatbeständen nur unter eingeschränkten Voraussetzungen zulässt, steht der Ausnahme nicht entgegen. Der Zerstörungs- und Beschädigungstatbestand des Art. 5 Buchst. b VRL ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 und schützt nur das selbstgebaute, aktuell belegte Nest bzw. das Nest eines artbedingt auf die Wiederverwendung des konkreten Nestes angewiesenen Vogels. Der Schutz etwaiger bei Baubeginn belegter Nester wird durch die im Planfeststellungsbeschluss geregelten Bauzeitbeschränkungen für die Baufeldfreiräumung und die Trassenschüttung gewährleistet.

71

3. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss genügt auch dem in § 17 Satz 2 FStrG normierten Gebot, bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen (fachplanerisches Abwägungsgebot). Die Belange der Kläger, insbesondere ihr Schutz vor schädlichem Verkehrslärm und Luftschadstoffen sowie ihre Eigentumsbetroffenheiten, sind rechtsfehlerfrei abgewogen worden.

72

a) Es lässt sich nicht feststellen, dass der Planfeststellungsbehörde bei der Verkehrsprognose, auf der die Abwägung der Immissionsschutzbelange der Wohnbevölkerung im Allgemeinen und der Kläger im Besonderen beruht, Fehler unterlaufen sind, auf die das Anfechtungs- oder zumindest das hilfsweise verfolgte Feststellungsbegehren gestützt werden könnte. Die Kläger wenden gegen die lärmtechnische Berechnung und die darauf aufbauende Behandlung der Lärmschutzbelange zum einen ein, sie beruhten auf einer verfehlten Verkehrsprognose, in der die tatsächlich zu erwartende Verkehrsbelastung der A 44 weit unterschätzt worden sei, zum anderen rügen sie, die der Lärmberechnung zugrunde liegende Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) und die darin in Bezug genommenen Richtlinien (RLS-90) als veraltet. Träfen diese Einwände zu, so wäre die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, dass davon die konzeptionelle Planungsentscheidung einschließlich der Trassenwahl betroffen wird. Abwägungsdefiziten aufgrund einer fehlerhaften Verkehrsprognose könnte deshalb nicht durch eine Planergänzung um Schutzauflagen abgeholfen werden. Die Prognose der künftigen Verkehrsbelastung der A 44 ist jedoch nicht zu beanstanden.

73

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Sie sind lediglich daraufhin zu überprüfen, ob sie methodisch einwandfrei erarbeitet worden sind, nicht auf unrealistischen Annahmen beruhen und ob das Prognoseergebnis einleuchtend begründet worden ist (vgl. Urteile vom 27. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 1.97 - BVerwGE 107, 313 <326> m.w.N. und vom 24. November 2004 - BVerwG 9 A 42.03 - juris Rn. 41; Beschluss vom 2. Oktober 2002 - BVerwG 9 VR 11.02 - juris Rn. 14). Unter jedem dieser Gesichtspunkte üben die Kläger Kritik an den im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Verkehrsuntersuchungen der Ingenieurgruppe IVV Aachen (IVV) vom Dezember 1996 sowie den Aktualisierungen dieser Untersuchungen von August 1998/Januar 1999 und November 2004. Ihre Einwände greifen jedoch nicht durch.

74

(1) Entgegen der Auffassung der Kläger sind der gewählte Prognosehorizont und die gewählten Methoden der Prognoseerstellung nicht zu beanstanden. Die ursprüngliche, aus dem Jahr 1996 stammende Untersuchung über die "Verkehrliche Wirkung von Straßenbaumaßnahmen ("Bochumer Lösung") im Stadtgebiet Bochum" war zwar auf den Prognosehorizont 2010 bezogen. Indes ist sie durch die Ergänzung zum Verkehrsgutachten "Bochumer Lösung" von 1998/1999 ergänzt und auf Grundlage der damals aktuellen, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung erstellten Strukturdatenprognose auf den Zeithorizont 2015 fortgeschrieben worden. Hierbei kommt die IVV zu dem Ergebnis, dass die für das Jahr 2010 ausgewiesenen Verkehrsstärken im Wesentlichen auch für den Zeithorizont 2015 als maßgebend angesehen werden können. Ein methodischer Fehler ist nicht darin zu sehen, dass der Beklagte den Prognosehorizont nicht auf das Jahr 2020 ausgedehnt hat. Da normative Vorgaben für die Wahl des Prognosezeitpunkts fehlen, wäre die Entscheidung, auf das Jahr 2015 abzustellen, nur dann zu beanstanden, wenn sie sich als Ausdruck unsachlicher Erwägungen werten ließe (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 36). Das ist nicht der Fall. Die zeitliche Anknüpfung fügt sich in das Konzept ein, das dem Fernstraßenausbaugesetz i.d.F. des 5. Änderungsgesetzes zum Fernstraßenausbaugesetz vom 4. Oktober 2004 (BGBl I S. 2574) zugrunde liegt. Der durch dieses Gesetz verabschiedete Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen orientiert sich an der Verkehrsentwicklung, die der Bundesgesetzgeber bis zum Jahr 2015 erwartet. Vor diesem Hintergrund war es sachgerecht, sich für Vorhaben des vordringlichen Bedarfs bei der Verkehrsuntersuchung auf denselben Zeitpunkt zu beziehen, auch wenn im Zeitpunkt der Prognoseerstellung bereits die vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebene Verkehrsprognose 2025 vorlag. Eine laufende Anpassungspflicht der Planfeststellungsbehörde an neue Prognosen besteht ohnehin nicht (Beschluss vom 25. Mai 2005 - BVerwG 9 B 43.04 - juris Rn. 40).

75

Dass die aktualisierte Lkw-Untersuchung der IVV aus dem Jahr 2004 auf dem vom Bund vorgegebenen Integrationsszenario beruht, während die ursprüngliche Verkehrsuntersuchung von 1996 das durch die Landesverkehrsplanung in Nordrhein-Westfalen vorgegebene Szenario als ein beeinflusstes Trendszenario bezeichnet, begründet keinen methodischen Mangel. Allerdings kann die Verwendung verschiedener Szenarien die Vergleichbarkeit von Verkehrsprognosen einschränken und ist deswegen methodisch nicht ohne Weiteres unbedenklich. In der mündlichen Verhandlung ist der Gutachter des Beklagten Dipl.-Ing. B. diesem Vorwurf jedoch mit Hinweis darauf begegnet, dass es sich bei dem Integrationsszenario methodisch ebenfalls um ein Trendszenario handele. Die Bezeichnung als Integrationsszenario rühre daher, dass es die verschiedenen Verkehrsmittel integriere. Diese Ausführungen sind von der Klägerseite unwidersprochen geblieben.

76

(2) Mängel der Verkehrsuntersuchung lassen sich auch nicht unter dem Aspekt der in das Prognosemodell eingespeisten Grundlagendaten feststellen. Die IVV hat sich zur Verkehrsnachfrage und zu den Verkehrsbeziehungen insbesondere auf die im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr ermittelten Strukturdaten mit regionalisierten Informationen zur Entwicklung der Einwohner, der Erwerbstätigen und der Bruttowertschöpfung und die Straßennetzmodelle der Bundesverkehrswegeplanung 1992 und 2003 sowie zusätzlich auf Daten des Ministeriums für Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Bochum gestützt. Soweit die Kläger unter Berufung auf die Plausibilitätsprüfung der RegioConsult Verkehrs- und Umweltmanagement Wulf Hahn & Dr. Ralf Hoppe GbR (RegioConsult) die Datenlage deshalb als mangelhaft rügen, weil von der IVV ein stärkerer Bevölkerungsrückgang zugrunde gelegt wurde, als er von dem Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung in seiner Raumordnungsprognose erwartet wird, wird hierdurch die Validität der von der IVV in den verschiedenen Ausarbeitungen verwendeten Zahlen angesichts des prognostischen Charakters der Untersuchungen und der Spielräume bei der Wahl des methodischen Ansatzes nicht in Frage gestellt. Dass die von der IVV ausgewerteten Untersuchungen ihrerseits methodisch fehlerhaft konzipiert seien oder auf einer unzutreffenden Datenbasis beruhten, haben die Kläger nicht dargetan.

77

Für die Daten der Bundesverkehrswegeplanung spricht zudem, dass ihre Verwendung im Rahmen von Straßenplanungen durch das Bundesverkehrsministerium vorgegeben ist. Methodisch wäre es problematisch, dieses einheitliche Vorgehen für einzelne Projekte zu durchbrechen und mit abweichenden Daten zu arbeiten (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 110). Deshalb erweisen sich die Vorgaben jedenfalls so lange als sachgerecht, wie die vorgegebene Datenbasis nicht offenkundig durch neuere Erkenntnisse überholt ist. Dies ist - entgegen der Ansicht der Kläger - nicht schon dann der Fall, wenn im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses zu Teilbereichen der Strukturdatenbasis (Pkw-Fahrleistungen) aktualisierte Daten vorliegen. Angesichts des Umfangs des für die Erstellung einer neuen Strukturdatenbasis zu berücksichtigenden Datenmaterials und der Komplexität des anschließenden Bearbeitungsprozesses können laufende Aktualisierungen der bundesweiten Vorgaben aus methodischen und praktischen Gründen heraus nicht gefordert werden. Der Vorhabenträger und die Planfeststellungsbehörde sind daher erst recht nicht verpflichtet, selbst laufend die Datenbasis "unter Kontrolle zu halten". Sie werden sich vielmehr regelmäßig auf die bundesweiten Strukturdaten und Verkehrsuntersuchungen und die daraus entwickelten regionalisierten Informationen und Verkehrsmatrizen verlassen können, die - wie der Schlussbericht zur Verkehrsprognose 2015 vom April 2001 und die Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025 von Ende 2007 zeigen - laufend aktualisiert werden.

78

Soweit in der Verkehrsuntersuchung der IVV von 2004 selbst davon die Rede ist, die Daten der vorangegangenen Untersuchungen seien veraltet, ist dies insofern nachvollziehbar, als 2001 der erwähnte Schlussbericht zur Verkehrswegeplanung 2003 erschienen ist und damit eine neue bundesweite Datengrundlage vorlag, die eine Überprüfung der für das Vorhaben erstellten Verkehrsprognose erforderlich machte. Hinsichtlich des Umfangs der Überarbeitung hat der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, bei der Prüfung des Aktualisierungsbedarfs habe sich herausgestellt, dass sich die Datengrundlage in Bezug auf den Pkw-Verkehr, anders als die für den Güterverkehr, nicht in relevanter Weise geändert habe. Deswegen sei auf eine umfassende Neuberechnung verzichtet worden.

79

Die Rügen gegen diese Vorgehensweise überzeugen nicht. Die Methodik der vorgenommenen Teilnetzberechnung für den Lkw-Verkehr wird in der Untersuchung der IVV 2004 im Einzelnen beschrieben. Die 1998/1999 fortgeschriebene Gesamtprognose aus dem Jahr 1996 und die Teilnetzberechnung aus dem Jahr 2004 beruhen danach zwar auf verschiedenen Ausgangsdaten. Dies führt aber nicht zur Fehlerhaftigkeit der Verkehrsprognose. Methodisch bedenklich wäre es nur, wenn die unterschiedlichen Datengrundlagen bei der Auswertung und Bewertung der zu verschiedenen Zeiten erstellten Prognosen nicht berücksichtigt worden wären. Dies ist nicht der Fall, wie sich aus dem von RegioConsult selbst zitierten Passus aus der Teilnetzberechnung der IVV von 2004 ergibt. Danach sind die bereits mit der Untersuchung 1998/1999 auf das Prognosejahr 2015 fortgeschriebenen Datenbestände aus dem Jahr 1998 für die Teilnetzberechnung übernommen, im Rahmen der Teilnetzberechnung 2003 verifiziert und die verifizierten Matrizen anhand der dann aktuellen bundesweiten Leitdatenprognosen auf das Prognose-Bezugsjahr fortgeschrieben worden. Für den Vorwurf, die IVV habe nicht bestätigte Rohdaten der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) aus dem Jahr 2002 verwendet, fehlt es an der Darlegung, dass zum Zeitpunkt der Bearbeitung der Prognose schon aufbereitete Daten vorlagen. Die BASt-Berichte über die Verkehrsentwicklung an den Bundesfernstraßen liegen regelmäßig erst mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa zwei Jahren vor. Die weitere Rüge, es sei anzunehmen, die Verkehrszellen der Bundesverkehrswegeplanung stellten eine zu grobe Datenbasis für die Berechnung der Verkehrsbelastung dar, bleibt spekulativ. Gleiches gilt für die Rüge, es sei nicht erkennbar, ob die Teilnetze zutreffend abgegrenzt worden seien.

80

Die den Verkehrsuntersuchungen der IVV zugrunde liegende Datenbasis ist entgegen der Kritik der Kläger nicht auf eine "isolierte Betrachtung" der drei Städte Essen, Bochum und Dortmund beschränkt. Wie der Fortschreibung der Untersuchung von 1998/1999 ausdrücklich zu entnehmen ist, hat die IVV ihren Untersuchungen nicht nur die Daten für diese drei Städte zugrunde gelegt, sondern die regionalisierten Informationen der Strukturdatenprognose 2015 des Bundesministeriums für Verkehr zur Beurteilung des Verkehrsraums Bochum/Essen mit 2,676 Mio. Einwohnern sowie des Gesamtraums des Ruhrgebiets mit 10,142 Mio. Einwohnern herangezogen. Damit ist entgegen der Kritik von RegioConsult auch das in die Untersuchungen einbezogene Umlandnetz (noch) hinreichend genau bestimmt. Dass die Untersuchungen die regionalen Verkehrsbeziehungen berücksichtigt haben, hat zudem der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung als "selbstverständlich" bezeichnet. Der Hinweis in der Untersuchung von IVV aus dem Jahr 1996 auf die besondere Bedeutung des vorgesehenen vollständigen sechsstreifigen Ausbaus der Autobahnen A 1 und A 2 im Prognosefall bestätigt diese Aussage.

81

(3) Die Kritik der Klägerseite, die steigenden Pendlerströme im Ruhrgebiet seien nicht in der erforderlichen Weise berücksichtigt worden, überzeugt ebenfalls nicht. Zutreffend ist allerdings, dass die vom Beklagten in seiner schriftlichen Stellungnahme auf den Fragenkatalog des Gerichts als Grundlage der Ermittlung der Pendlerströme angegebene Ausarbeitung über die deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen aus dem Jahr 2007 nur bei den nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses erstellten Aktualisierungen der Verkehrsprognose durch die IVV Eingang gefunden haben kann. Dies bedeutet aber nicht, dass für die Berechnung der Pendlerströme in den dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Prognosen kein ausreichendes Datenmaterial vorgelegen hätte und insoweit ein Ermittlungsdefizit bestünde. So sind die Pendlerbewegungen auch in der Verkehrsprognose 2015 ausführlich behandelt und berücksichtigt worden. Der Gutachter des Beklagten Dipl.-Ing. B. hat in der mündlichen Verhandlung ergänzend darauf hingewiesen, dass zur Erfassung der Pendlerströme die speziellen Pendlerstatistiken der Bundesagentur für Arbeit herangezogen würden. Dass diese für die Entwicklung der Pendlerströme im Ruhrgebiet aussagekräftige Daten liefern, haben die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 9. Juli 2009 selbst so gesehen und sich auf diese bezogen.

82

(4) Ein methodischer Mangel liegt auch nicht bei der Bewertung des sogenannten induzierten Verkehrs vor.

83

(a) Soweit es um infolge einer Straßenbaumaßnahme erfolgte Umstrukturierungen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt und deren Rückwirkungen auf das Verkehrsnetz (sekundär induzierter Verkehr) geht, überzeugt der vom Sachbeistand S. der Kläger in der mündlichen Verhandlung wiederholte Vorwurf, diese Änderungen seien nicht ausreichend erfasst worden, nicht. Dass durch eine verbesserte Straßeninfrastruktur bedingte Änderungen der Ziel- und Standortwahl und hierdurch hervorgerufene siedlungsstrukturelle Änderungen mit ihren Rückwirkungen auf das Verkehrsaufkommen in den umfangreichen bundesweiten Strukturdatensammlungen regelmäßig Berücksichtigung finden, hat der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung im Rahmen seiner allgemeinen Darlegungen mit der beispielhaften Aufzählung von bei der Zusammenstellung der Strukturdaten berücksichtigten Themen und dem Hinweis, es würden alle für die Verkehrsentwicklung relevanten Faktoren bis hin zu den vorherrschenden Wertehaltungen in der Gesellschaft erfasst, anschaulich verdeutlicht.

84

(b) Die Verkehrsuntersuchungen der IVV haben den unmittelbar durch das Vorhaben selbst hervorgerufenen zusätzlichen Verkehr ohne Verkehrsverlagerungen und Verkehrsumlenkungen (primär induzierter Verkehr) bei der Prognose des zukünftigen Verkehrsaufkommens als zu vernachlässigende Größe behandelt. Der Beklagte hat zur Begründung seiner Einschätzung auf Berechnungen für eine große Zahl von Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans mit im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung entwickelten pauschalierten Zuschlagsfaktoren verwiesen (vgl. auch Sachverständigenrat für Umweltfragen, Sondergutachten Umwelt und Straßenverkehr BTDrucks 15/5900 S. 77), wonach der (primär) induzierte Mehrverkehr einen Wert von 0,5 % nicht übersteige. Es könne daher hinreichend verlässlich davon ausgegangen werden, dass eine Einbeziehung dieser Mengen in die Verkehrsuntersuchung die Aussagen der Gutachter kaum beeinflussen würde. Dass diese Einschätzung unvertretbar wäre, vermag der Senat auch unter Berücksichtigung der umfänglichen Kritik der Kläger nicht festzustellen.

85

Diese rügen eine nicht mehr dem Stand der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechende Marginalisierung des induzierten Verkehrs. Hierfür stützen sie sich insbesondere auf das Sondergutachten des Sachverständigenrates für Umweltfragen und die dort erwähnten Untersuchungen zum induzierten Verkehr. Gleichzeitig kritisieren sie den im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen für die Bundesverkehrswegeplanung von mehreren Forschungseinrichtungen erstellten Endbericht "Induzierter Verkehr - Verfahrensanpassung, Anwendungsfälle und Zuschlagfaktoren" vom 30. August 2000 (Steinbeis-Gutachten) als auf veralteten Daten und unzutreffenden Annahmen beruhend.

86

(aa) Dass in der verkehrswissenschaftlichen Diskussion z.T. erheblich höhere Anteile des (primär) induzierten Verkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen diskutiert werden, rechtfertigt nicht den Schluss, die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Verkehrsprognose beruhe auf einer methodisch fehlerhaften Grundlage. Unterschiedliche methodische Ansätze sind, jedenfalls solange sich kein allgemein anerkannter fachlicher Standard durchgesetzt hat, ebenso hinzunehmen wie Unterschiede bei der Einschätzung von Ausmaß und Entstehungsgrund des induzierten Verkehrs. Völlig deckungsgleiche Ansichten sind in der wissenschaftlichen Diskussion von vornherein nicht zu erwarten. Schon deswegen lässt allein der Umstand, dass die von der Klägerseite in Bezug genommenen Untersuchungen den Anteil des induzierten Verkehrs höher einschätzen, als das im Planfeststellungsbeschluss der Fall ist, nicht den Schluss zu, das der Bundesverkehrswegeplanung zugrunde liegende Steinbeis-Gutachten leide unter einem methodischen Fehler. Dies gilt umso mehr, als die klägerseits zitierten internationalen Studien zum einen "auf der Basis unterschiedlicher Schätzmodelle und Datenquellen" erstellt wurden (Sachverständigenrat für Umweltfragen, Sondergutachten Umwelt und Straßenverkehr a.a.O. S. 75), zum anderen in den englischsprachigen Untersuchungen der Begriff des induzierten Verkehrs nicht einheitlich definiert und teilweise als Bestandteil des u.a. auch Verkehrsverlagerungen und -umlenkungen enthaltenden Begriffs des "generated traffic" angesehen wird (vgl. die auch im Sondergutachten zitierten Ausarbeitungen von Litman <2004/2010> S. 3 und Noland <2001> S. 3.). Die von den Klägern genannten Studien beschäftigen sich auch anders als das Steinbeis-Gutachten nicht speziell mit den besonderen Verkehrsverhältnissen auf den Bundesfernstraßen in Deutschland. Dass sie auf einer annähernd vergleichbar breiten Datengrundlage basieren wie die Ausarbeitung von Steinbeis, ist ebenfalls nicht erkennbar und nicht dargetan.

87

Auch die Kritik, das Steinbeis-Gutachten habe den in der Zielwahl freien Verkehr mit 7,7 % zu niedrig angesetzt, greift nicht durch. Die Grundannahme des Gutachtens, dass der Berufs- und Ausbildungsverkehr in der Zielwahl wie auch der Wahl der Häufigkeit der Fahrten weitgehend als vorgegeben anzusehen sei und daher im Wesentlichen nur der Freizeit- und Einkaufsverkehr als zusätzlich induzierter Verkehr in Betracht komme, ist angesichts der Verkehrsverlagerungen und -umlenkungen ausschließenden Definition des primär induzierten Verkehrs nachvollziehbar. Diese Überlegung wird auch nicht durch das vom Sachbeistand S. der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragene Argument, der Ausbildungsverkehr sei in den letzten Jahren stark angestiegen, erschüttert. Es ist nicht erkennbar, dass der Ausbildungsverkehr einen erheblichen Anteil an Verkehr mit freier Zielwahl enthielte. Die Behauptung der Kläger, die Verkehrsanteile mit freier Zielwahl seien nur mit einem Fünftel des realistischen Wertes angesetzt, wird von ihnen nicht begründet. Entsprechendes gilt für die Bezugnahme der Kläger auf eine empirische Untersuchung zum Umfang des Neuverkehrs infolge des Ausbaus von Verkehrswegen in der Schweiz. Dass diese für das bundesdeutsche Autobahnnetz verwertbare Angaben über den der freien Zielwahl unterliegenden Freizeit- und Einkaufsverkehr enthält, legen die Kläger nicht dar; hierfür spricht auch nichts.

88

Dass das Steinbeis-Gutachten bei einzelnen der untersuchten Planfälle auf einen durch den induzierten Verkehr verursachten Zuwachs des durchschnittlichen täglichen Verkehrs werktags von 9 % kommt, der Planfeststellungsbeschluss den induzierten Mehrverkehr unter Hinweis auf den pauschalierten Ansatz der Bundesverkehrswegeplanung dagegen als zu vernachlässigende Größe behandelt, lässt ebenfalls nicht den Schluss auf einen methodischen Fehler bei Erstellung der Verkehrsprognose zu. So stehen in dem Gutachten den vier Planfällen mit einem auf den induzierten Verkehr zurückzuführenden Zuwachs zwischen (aufgerundet) 9 % bis 11,4 % fünfzehn Planfälle mit einem Zuwachs von zum Teil deutlich unter 1 % gegenüber. Bis auf einen Planfall betreffen die sehr hohen Zuwächse zudem Aus- und Neubauvorhaben bei Bundesstraßen und nicht - wie hier - Bundesautobahnen.

89

Soweit der Sachbeistand der Kläger in der mündlichen Verhandlung gerügt hat, der Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs sei überschätzt worden, hat er selbst darauf hingewiesen, dass der Grund hierfür in Vollzugsdefiziten der bestehenden Planungen liege. Dass diese durch den Vorhabenträger und den Beklagten hätten prognostiziert werden können, ist nicht dargelegt und nicht ersichtlich.

90

(bb) Mit der von der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung übergebenen Stellungnahme von Hochschullehrern des Verkehrswesens an deutschsprachigen Universitäten wird ein Methodenfehler bei der Ermittlung des induzierten Verkehrs ebenfalls nicht dargetan. Die Stellungnahme kritisiert die gegenwärtig zur Bewertung von Investitionen in den Bau von Verkehrswegen zur Verfügung stehenden drei Bewertungsverfahren als unzureichend, weil in ihnen monetäre bzw. monetarisierbare Größen die entscheidende Rolle spielten. Der induzierte Verkehr und sein Anteil am Verkehrsgeschehen werden in der Stellungnahme nicht erwähnt.

91

Aussagen hierzu enthält dagegen die von den Klägern nach der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 vorgelegte Stellungnahme von Prof. Dr. Be. vom 26. Mai 2010. In ihr wird die der Ermittlung des induzierten Verkehrs im Rahmen der Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2007 zugrunde liegende mathematische Formel, auf die der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch Überreichung von Auszügen der Verflechtungsprognose 2025 Bezug genommen hat, kritisiert. Auch diese Kritik vermag indes nicht zu überzeugen.

92

Abgesehen davon, dass die Kläger auch insoweit nicht gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO Schriftsatznachlass zur Erwiderung auf das neue Vorbringen des Beklagten beantragt haben, und abgesehen davon, dass die Verflechtungsprognose 2025 dem Planfeststellungsbeschluss nicht zugrunde gelegen hat, hat Prof. Dr. Be. bei seiner Kritik an der verwendeten Berechnungsformel die in der Prognose vorgenommene Unterscheidung zwischen den generalisierten Kosten der Reise selbst und den generalisierten Kosten der mit der Reise beabsichtigten (Gesamt-)Aktivität außer Ansatz gelassen, ohne dies nachvollziehbar zu begründen. Die in der Verflechtungsprognose für die Berücksichtigung des Anteils der reinen Fahrtkosten an den Gesamtkosten der Reise gegebene Erklärung, Reisezeitverbesserungen führten nicht im gleichen Maß z.B. zu mehr Urlaubsreisen, da Urlaubsreisen insgesamt in der Regel wesentlich länger dauerten und teurer seien als die Fahrten vom und zum Urlaubsort, erscheint einleuchtend, zumindest aber vertretbar. Entsprechendes gilt für die weitere Überlegung, bei der Festlegung des Anteils der generalisierten Reisekosten müsse je nach Verkehrsmittel, Fahrtzweck und Entfernung der Reiseziele differenziert werden. Mit den genannten Kriterien sind Maßstäbe vorgegeben, die eine Plausibilitätsprüfung der vorgenommenen Differenzierungen zulassen. Der Vorwurf in der Stellungnahme von Prof. Dr. Be. vom 26. Mai 2010, die Bestimmung der generalisierten Kosten stehe im nicht nachvollziehbaren freien Belieben der Bearbeiter der Prognose, vermag daher ebenfalls nicht zu überzeugen.

93

(5) Die Kläger können mit ihrem Vorwurf, die einzelnen von der IVV vorgenommenen Rechenschritte und -operationen seien nicht nachvollziehbar und nicht nachprüfbar, so dass es sich letztlich um ein "black-box-Verfahren" handele, keinen Erfolg haben. Die Angriffe der Kläger gegen die Tatsachenermittlung, Methodik und die Plausibilität der Ergebnisse sowohl der für die Verkehrsprognose selbst erstellten als auch der zu ihrer nachträglichen Überprüfung dienenden Gutachten haben sich sämtlich nicht als durchgreifend erwiesen. Bei dieser Sachlage besteht kein Anlass, an der Richtigkeit der Berechnungen allein deshalb zu zweifeln, weil die einzelnen Rechenvorgänge nicht den Gutachten zu entnehmen sind. Der Gutachter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass angesichts des Umfangs von etwa 1000 mal 1000 Raumeinheiten unvorstellbar große Datenmengen entstünden, die nur computergestützt zu be- und verarbeiten seien. Es habe kaum Aussagekraft und Informationswert, seitenlange Rechenprotokolle vorzulegen. Dies leuchtet dem Senat ein. Hinzu kommt, dass nach den Erfahrungen des Senats in anderen straßenrechtliche Planfeststellungen betreffenden Verfahren von den Planfeststellungsbehörden bei entsprechender Nachfrage regelmäßig Einsicht sowohl in die weiteren von den Gutachtern erstellten und an die Vorhabenträger mit dem Ergebnis der Untersuchung ausgehändigten Unterlagen als auch in die computergestützten Berechnungen gewährt wird (und zu gewähren ist). Der Vorwurf, hinsichtlich der Rechenverfahren sei eine Nachvollziehbarkeit nicht gegeben, wäre daher allenfalls dann berechtigt, wenn den Klägern trotz entsprechender Nachfrage bei der Planfeststellungsbehörde zusätzliche Informationen zu den Ausgangsdaten und gegebenenfalls den Rechenschritten vorenthalten worden wären. Dass dies der Fall war, behaupten die Kläger selbst nicht.

94

Die von dem Büro RegioConsult angestellte Berechnung zur "Überprüfung der Lkw-Fernverkehrsmatrix" ist deswegen nicht aussagekräftig, weil sie nicht erkennen lässt, welche Methodik ihr zugrunde liegt, insbesondere, welche methodischen Modifikationen gegenüber der IVV-Berechnung von RegioConsult vorgenommen wurden.

95

(6) Der Umstand, dass sich der für die Querspange prognostizierte Lkw-Anteil in den Untersuchungen 1998/1999, 2004 und 2009 trotz anderer Ausgangsdaten kaum geändert hat, gibt keinen Anlass zu Zweifeln an der methodengerechten Vorgehensweise der IVV. Die Kläger haben ihre gegenteilige Auffassung darauf gestützt, dass sich die demografischen und strukturellen Leitdaten zwischen den Untersuchungen "vollständig geändert" hätten und der plötzliche Rückgang des auf dem Außenring prognostizierten Verkehrsaufkommens willkürlich erscheine. Dem folgt der Senat nicht.

96

Änderungen in den Leitdaten sind in den verschiedenen Untersuchungen der IVV berücksichtigt worden. Beispielhaft kann hier auf die Angaben über die demografische Entwicklung der Region Bochum und des Landes Nordrhein-Westfalen von 2007 bis 2025 in der Untersuchung von 2009 und die Angaben über die Entwicklung der Strukturdaten zwischen 2010 und 2015 in der Untersuchung von 1998/1999 verwiesen werden. Auch das reduzierte Verkehrsaufkommen auf dem Außenring in der Untersuchung von 2009 hat der Gutachter des Beklagten schlüssig zu erklären vermocht. Ursprünglich sei bei der Realisierung der "Bochumer Lösung" der großzügige Ausbau des vierstreifigen Außenrings mit einer Erweiterung des Querschnitts von 26 m auf den für Autobahnen nach den Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q) geltenden Standardquerschnitt von 29,5 m vorgesehen gewesen. Hiervon sei zwischenzeitlich wegen der Kosten, die mit der erforderlichen Aufweitung des vorhandenen Tunnelbauwerks auf dem Ring verbunden gewesen wären, Abstand genommen worden. Dies sei erst bei den Berechnungen 2009 berücksichtigt worden. Eine Erweiterung des Querschnitts auf 29,5 m führe zu einer Kapazitätserhöhung um etwa 10 %.

97

Die in der mündlichen Verhandlung als weiterer Grund für die Übereinstimmung der Lkw-Anteile abgegebene Erklärung des Gutachters, die Querspange laufe bis an die Kapazitätsgrenze von etwa 10 000 Lkw/24 h mit Verkehr voll, ist entgegen der Auffassung der Kläger nicht unhaltbar. Dass auf der ebenfalls vierstreifig ausgebauten A 40 bei der Dauerzählstelle 4508/5113 im Jahr 2007 ein Lkw-Aufkommen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t von 11 574 gezählt worden sei, belegt dies nicht. Es ist schon nicht dargelegt, dass vergleichbare Querschnittsverhältnisse, wie sie für die Prognose im Jahr 2009 zugrunde gelegt wurden, für die Dauerzählstelle im Jahr 2007 galten. Die Heranziehung der Ergebnisse der Dauerzählstelle 4508/5113 in der Untersuchung 2004 erfolgte noch in der Annahme eines weiteren Ausbaus des Außenrings. Im Übrigen ist die Betrachtung der Zählstelle im Rahmen der Kalibrierung des Modells nicht auf ein Jahr beschränkt gewesen, sondern hat sich über einen Zeitraum von acht Jahren erstreckt. Zudem sind sowohl in dieser Untersuchung als auch in der Untersuchung 2009 nicht nur die Daten dieser Zählstelle, sondern alle für das Untersuchungsgebiet relevanten Daten der Straßenverkehrszählung 2005 ausgewertet worden. Der Gutachter des Beklagten hat schließlich darauf hingewiesen, dass für die rechnerische Beurteilung der Leistungsfähigkeit einer Verkehrsverbindung nicht isolierte Tageswerte, sondern statistische Vergleiche anhand der von der BASt vorgegebenen Systematik und der RAS-Q heranzuziehen und den Berechnungen zugrunde zu legen seien. Dies ist nicht zu beanstanden. Die Ermittlung der Beurteilungspegel nach der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) erfolgt rechnerisch und orientiert sich nicht an den möglichen Spitzenbelastungen der Verkehrswege (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 37). Dies ist unbedenklich. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV für Gebiete, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, stellen sicher, dass es auch in Zeiten überdurchschnittlicher Inanspruchnahme der Straße nicht zu Gesundheitsgefahren kommt (Urteil vom 20. Mai 1999 - BVerwG 4 A 12.98 - NVwZ 2000, 555 <559> § 17 fstrg nr. 154 nicht abgedruckt>).

98

(7) Den von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vorsorglich gestellten Beweisanträgen auf Einholung von Sachverständigengutachten zum Beweis dafür, dass die Prognosebelastung für das Jahr 2015 bzw. 2025 um mindestens 15 bzw. 20 % höher anzusetzen und aufgrund dessen auf der Querspange mit erhöhter Stauanfälligkeit zu rechnen sei, musste der Senat nicht nachkommen.

99

Liegen bereits Gutachten oder Auskünfte zu einer entscheidungserheblichen Tatsache vor, steht es nach § 98 VwGO, § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 404 Abs. 1, § 412 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts, ob es zusätzliche Auskünfte oder Sachverständigengutachten einholt; das Tatsachengericht kann sich dabei ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen, die von einer Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt wurden, stützen (Beschluss vom 23. August 2006 - BVerwG 4 A 1067.06 - juris Rn. 6 m.w.N.). Eine Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht nur dann, wenn sich die fehlende Eignung der vorliegenden Gutachten aufdrängt. Gutachten und fachtechnische Stellungnahmen sind dann ungeeignet, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sie von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Beschlüsse vom 4. Januar 2007 - BVerwG 10 B 20.06 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 353 Rn. 12 und vom 5. Dezember 2008 - BVerwG 9 B 28.08 - Buchholz 406.25 § 50 BImSchG Nr. 6 Rn. 4 m.w.N.). Dies ist nicht der Fall. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, halten die Verkehrsprognosen der umfangreichen, in der mündlichen Verhandlung und mit dem nachgereichten Schriftsatz vertieften Kritik der Kläger stand. Der Senat hat auch keinen Anlass, an der Sachkunde und Unparteilichkeit der IVV zu zweifeln. Die Ingenieurgruppe IVV ist ein seit vielen Jahren etabliertes Gutachterbüro, das über große Erfahrung in der Erstellung von Verkehrsuntersuchungen und -prognosen verfügt. Auch am Sachverstand und an der Unvoreingenommenheit des in der mündlichen Verhandlung ausführlich befragten und mit der Kritik an den Untersuchungen konfrontierten Gutachters Dipl.-Ing. B. hat der Senat keinen Zweifel. Anlass, dem Beklagten - wie von den Klägern gewünscht - aufzugeben, sämtlichen Schriftverkehr mit der IVV vorzulegen, hat der Senat daher nicht gesehen. Soweit in der Begründung des aktualisierten Beweisantrags mit Bezug auf die Verkehrsuntersuchung 2009 der IVV von einem groben und offensichtlichen Mangel und einer willkürlichen Sachverhaltswürdigung gesprochen wird, weil für den Außenring von der IVV reduzierte Verkehrsmengen eingesetzt wurden, hat der Gutachter Dipl.-Ing. B. dies - wie gerade dargestellt - mit der Veränderung des Straßenquerschnitts nachvollziehbar erklärt. Es besteht daher auch nicht der im Beweisantrag gerügte unlösbare Widerspruch im Gutachten.

100

b) Der Beklagte hat, aufbauend auf der nicht zu beanstandenden Verkehrsprognose, die Lärmbelastung der Bevölkerung im Allgemeinen und diejenige der Kläger im Besonderen mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung eingestellt. Mängel, die auf das Planungskonzept durchschlagen könnten, sind unter diesem Gesichtspunkt nicht ersichtlich. Das Vorgehen des Beklagten entspricht der Verkehrslärmschutzverordnung. Diese verweist für Straßen auf ihre Anlage 1. Dort wird wiederum auf die Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen, Ausgabe 1990 (RLS-90) Bezug genommen.

101

(1) Die Kläger verkennen nicht, dass die Maßgaben für die Berechnung der Beurteilungspegel in der Anlage zur 16. BImSchV und der dortigen Bezugnahmen auf Kapitel 4.0 der RLS-90 von der Planfeststellungsbehörde bei der Beurteilung der Lärmbelastung der Anwohner des Vorhabens zu beachten sind. Sie meinen jedoch, angesichts neuerer Erkenntnisse zu den Entstehungs- und Beeinflussungsmechanismen von Lärm genüge es nicht, sich ausschließlich und buchstabengetreu auf die Verkehrslärmschutzverordnung und die RLS-90 zu stützen. Dem kann nicht gefolgt werden.

102

Ziel der Verordnung und der RLS-90 ist es, Vorschriften für die Berechnungsverfahren zur quantitativen Darstellung der Lärmbelastung von Straßenbauvorhaben zur Verfügung zu stellen. Dadurch sollen die Planfeststellungsbehörden und andere Anwender der Richtlinien in die Lage versetzt werden, aufgrund einheitlicher, auf Erfahrungswerten beruhender Verfahrensvorgaben Aussagen zur Berücksichtigung und Abwägung der Belange des Lärmschutzes bei Straßenplanungen zu treffen, den Nachweis der Erforderlichkeit von Lärmschutzmaßnahmen zu führen, wirtschaftliche und wirkungsvolle Lösungen für den Lärmschutz zu entwickeln und Lärmschutzmaßnahmen zu bemessen und zu optimieren (so ausdrücklich RLS-90, Kapitel 1.0). Ausgehend hiervon ist eine einzelfallbezogene Modifikation der Berechnungsverfahren weder in der Richtlinie selbst noch in der Verkehrslärmschutzverordnung vorgesehen. Eine solche wäre methodisch problematisch und würde dem Regelungsauftrag an den Verordnungsgeber, für Rechtssicherheit und Gleichbehandlung bei der Beurteilung von Verkehrsimmissionen zu sorgen, zuwiderlaufen (vgl. zum Regelungsauftrag BVerfG, Beschluss vom 30. November 1988 - 1 BvR 1301/84 - BVerfGE 79, 174 <193 f.>). Dieser Auftrag verlangt im Gegenteil, dass sich Lärmbegutachtungen strikt an die Vorgaben der Verordnung und der in Bezug genommenen Richtlinien halten (Urteil vom 20. Dezember 2000 - BVerwG 11 A 7.00 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 36 S. 90).

103

Die von den Klägern vorgetragenen Argumente liefern keinen Grund für die Annahme, die Verkehrslärmschutzverordnung und die dort in Bezug genommenen RLS-90 seien nicht (mehr) ermächtigungskonform. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts steht dem Verordnungsgeber bei der Festlegung von Immissionsgrenzwerten, die eine abstrakt-generelle Abwägung widerstreitender Interessen erfordert, ein erheblicher Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der sich auch auf das Verfahren zur Ermittlung der Immissionsbelastung erstreckt (Urteile vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13 S. 38, vom 3. März 1999 - BVerwG 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 S. 25, vom 20. Dezember 2000 a.a.O. S. 89 und vom 14. November 2001 - BVerwG 11 A 31.00 - BVerwGE 115, 237 <242>). Vereinfachungen und Pauschalierungen sind dabei zulässig, auch wenn diese dazu führen, dass der tatsächliche Lärmpegel zu bestimmten Zeiten höher, zu anderen Zeiten niedriger als der Grenzwert liegt (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - a.a.O. S. 37 ff.). Der Wertungsspielraum wird erst dann überschritten, wenn die rechnerisch ermittelte Lärmbelastung die Wirklichkeit nicht oder nur noch völlig unzulänglich abbildet (Urteile vom 3. März 1999 a.a.O. und vom 20. Dezember 2000 a.a.O. S. 89).

104

(2) Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Anwendung des Berechnungsverfahrens der Verkehrslärmschutzverordnung i.V.m. der RLS-90 nicht zu beanstanden. Offensichtliche Mängel, die Zweifel an der grundsätzlichen Eignung des Berechnungsverfahrens begründen könnten, die voraussichtliche Lärmbelastung wirklichkeitsnah abzubilden, liegen nicht vor.

105

Der Rüge der Kläger, Motorräder würden in der Verkehrslärmschutzverordnung und den Lärmberechnungen nach den RLS-90 nicht berücksichtigt, trifft nicht zu. Die Kläger übersehen, dass Motorräder zu den Kraftfahrzeugen gehören und daher Eingang in die Verkehrszählungen ebenso wie in die Berechnung der Verkehrsstärken finden und damit im gleichen Umfang wie Pkw berücksichtigt werden. Dass sie trotz eines ähnlich lauten Motorengeräusches nicht mit den Lkw gleichgestellt und gesondert berücksichtigt werden, erklärt sich aus den nicht vergleichbaren Fahrleistungen von Lkw und Motorrädern. Der von den Klägern selbst zitierte Artikel weist darauf hin, dass der Anteil der Motorräder über das Jahresmittel relativ gering sei.

106

Mit ihren weiteren Kritikpunkten - unzureichende Berücksichtigung von Impulsgeräuschen und Reflexionen bei Brückenbauwerken, von Geräuschen des Lkw-Verkehrs im tiefen Frequenzspektrum und der Geräuschentwicklung an Knotenpunkten - zeigen die Kläger ebenfalls nicht auf, dass die ermittelte Lärmbelastung die Wirklichkeit nur noch völlig unzureichend abbildet. Die Kläger müssen es hinnehmen, dass die Verkehrslärmschutzverordnung nur bestimmte, vom Verordnungsgeber für die Geräuschentwicklung als besonders gewichtig angesehene Parameter in Form besonderer Lärmzuschläge berücksichtigt. Die Grenze gesundheitlicher Gefahren wird durch die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV in Gebieten, die durch eine Wohnnutzung geprägt sind, nicht erreicht. Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten der Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit enthält die Regelung der Grenzwerte ausreichende Reserven (vgl. Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 A 10.95 - a.a.O. S. 39).

107

(3) Entgegen der Ansicht der Kläger bestehen auch unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes keine durchgreifenden Bedenken gegen das Berechnungsverfahren. Die Grenze der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers bei der Festlegung der Grenzwerte und der Ausgestaltung der Lärmbelastungsermittlung ist erst dann erreicht, wenn das von ihm vorgegebene Berechnungsverfahren eine Lärmbelastung zulässt, die evident mit dem angestrebten Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen unvereinbar wäre, z.B. weil sie zu Gesundheitsgefahren führen könnte. Dies gebietet die in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG enthaltene Gewährleistung. § 41 Abs. 1 und § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG ermächtigt den Verordnungsgeber nicht, durch seine Berechnungsverfahren grundrechtswidrige Eingriffe zuzulassen (Urteil vom 21. März 1996 - BVerwG 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <10>). Diesen Maßstab verfehlen die Kläger mit ihren Ausführungen zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Diskussionen in der Lärmwirkungsforschung ebenso wie mit dem Hinweis auf die Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (ABl EG Nr. L 189 S. 12) und weitere gesetzliche Regelungen zum Gesundheitsschutz. Dass insbesondere unter Vorsorgegesichtspunkten gesundheitliche Auswirkungen von Lärmeinflüssen erforscht und niedrigere Grenzwerte diskutiert und für erstrebenswert erachtet werden, lässt nicht den Schluss zu, die Verkehrslärmschutzverordnung sei offensichtlich ungeeignet, den von Verfassungs wegen gebotenen Gesundheitsschutz zu gewährleisten (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 308 ff.).

108

(4) Die Kritik an der Art und Weise der Durchführung der lärmtechnischen Untersuchungen erschöpft sich in Vermutungen und Fragen. Dies genügt nicht, um die Lärmprognose zu erschüttern. Im Planfeststellungsbeschluss wird im Einzelnen dargelegt, dass bei den lärmtechnischen Berechnungen neben der zukünftigen Verkehrsbelastung einschließlich des Lkw-Anteils alle nach den normativen Vorgaben bedeutsamen Sachverhalte wie Geschwindigkeit, Lage der Autobahntrasse, Steigung, Straßenoberfläche, Reflexions- und Abschirmeffekte durch vorhandene Bebauung berücksichtigt worden seien (Planfeststellungsbeschluss S. 91 f.).

109

(5) Ohne Erfolg bleibt auch der Einwand der Kläger, die für den angeordneten lärmmindernden Belag angesetzten Korrekturwerte könnten nicht erreicht werden. Auszugehen ist von den Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser ordnet die Aufbringung eines Straßenbelages an, der sicherstellt, dass auf den durchgehenden Fahrbahnen ein Korrekturwert DStrO von - 5 dB(A) und auf den Fahrbahnen der Verbindungsrampen und der Anschlussstellenäste ein Korrekturwert DStrO von - 2 dB(A) erreicht wird. Welche Beläge zu verwenden sind, regelt der Planfeststellungsbeschluss nicht, sondern überlässt diesen für die Abwägung unerheblichen Aspekt der Bauausführung durch den Vorhabenträger.

110

Darüber hinaus wird der Vorhabenträger zugunsten der Anwohner für den Fall, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen sollten ("erforderlichenfalls"), verpflichtet, durch zusätzliche Maßnahmen, gegebenenfalls auch im Wege eines ergänzenden Planfeststellungsverfahrens, die Einhaltung der in der lärmtechnischen Berechnung genannten Pegelwerte bzw. der Immissionsgrenzwerte sicherzustellen. Der Planfeststellungsbeschluss gibt damit den Anwohnern eine vom Vorhabenträger einzulösende Lärmschutzgarantie.

111

Das Lärmschutzkonzept verlangt vom Vorhabenträger nichts bautechnisch Unmögliches; insbesondere sind die angesetzten Korrekturwerte erreichbar. Die Kläger weisen zwar auf eine Reihe technischer Schwierigkeiten bei Einbau, Unterhaltung und Erneuerung offenporigen Asphalts hin und werfen dem Beklagten vor, diese nicht hinreichend beachtet zu haben. Dass bei fachgerechter Bauausführung die vorgegebenen Lärmminderungswerte nicht erreicht werden können, ist damit jedoch nicht schlüssig dargetan. Soweit die Kläger kritisieren, in den "Einfädelungsbereichen" könne wegen der besonderen Belastungen nur Splittmastixasphalt zum Einsatz kommen, der einen deutlich geringeren Korrekturwert als offenporiger Asphalt besitze, übersehen sie, dass für die Verbindungsrampen und Anschlussäste niedrigere Korrekturwerte, die den Einsatz von Splittmastixasphalt erlauben, ausdrücklich vorgesehen sind. Auch die aus der erwähnten Lärmschutzgarantie ableitbare Verpflichtung des Vorhabenträgers, die Wirksamkeit des lärmmindernden Belags laufend zu kontrollieren und gegebenenfalls den Belag auszubessern oder sogar zu erneuern, berücksichtigen die Kläger bei ihrer Kritik nicht. Nicht zu überzeugen vermag ferner die Rüge, offenporiger Asphalt könne die tieffrequenten Geräusche von Lkw-Reifen nicht ausreichend mindern. Eine Unterscheidung zwischen lärmmindernden Faktoren von Lkw und Pkw bei der Berechnung des Gesamtbeurteilungspegels schlägt die von den Klägern selbst zitierte Untersuchung von Faulhammer/Richter ("Neue Messungen und Berechnungen zur Wirksamkeit von offenporigen Straßendeckschichten", November 2000) erst bei einem nennenswerten Lkw-Anteil von mehr als 20 % vor. Der prognostizierte Lkw-Anteil für die Querspange liegt in allen Untersuchungen des Verkehrsaufkommens darunter.

112

Für die Befürchtungen der Kläger, es könnten die Korrekturwerte bautechnisch nicht erreicht und nicht auf Dauer garantiert werden, spricht auch sonst nichts. Offenporige Asphalte werden seit mehr als 25 Jahren verwendet, erforscht und weiterentwickelt. Nach den Angaben des Beklagten erreichen moderne einschichtige offenporige Straßenbeläge anfängliche Lärmminderungen von - 8 dB(A) und zweischichtige von mehr als - 9 dB(A). Dies stimmt mit den Ergebnissen von Studien überein, die in der Abhandlung von Faulhammer/Richter ausgewertet werden. Demgegenüber werden im Planfeststellungsbeschluss lediglich Korrekturwerte von - 2 und - 5 dB(A) gefordert. Angesichts der damit vorhandenen Reserven hat der Senat keine Zweifel, dass der angesetzte Korrekturwert auch bei Berücksichtigung der voraussehbar starken verkehrlichen Belastung der Querspange erreicht werden kann. An Gewicht verliert bei der zu erwartenden hohen Anfangswirkung auch das von den Klägern angeführte Argument, es könne nicht von einer ausreichenden Langzeitwirkung des lärmmindernden Belags ausgegangen werden. Abgesehen davon greift bei einem relevanten, durch eine entsprechende Messung festgestellten (vgl. zum Messverfahren: Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen Heft l S. 57) Verlust des Wirkungsgrades des Straßenbelags die Sicherstellungsgarantie des Planfeststellungsbeschlusses, die auch bedeuten kann, den Straßenbelag erneuern zu müssen.

113

(6) Die Rüge der Kläger, auch für die Bauphase sei kein genügender Schutz vor unzumutbarem Lärm getroffen worden, was insbesondere den Kläger zu 8 und seine Familie belaste, wird dem Planfeststellungsbeschluss nicht gerecht. Darin ist festgelegt, dass der Baustellenverkehr überwiegend im Trassenverlauf abgewickelt und nur soweit dies nicht möglich ist, das öffentliche Straßennetz vorübergehend in Anspruch genommen werden soll (Nr. 5.3.14.5). Dies stellt der Sache nach eine verbindliche Vorgabe für den Vorhabenträger dar. Die Befürchtungen der Kläger, ein Großteil des Schwerlastverkehrs während der Erdarbeiten für die Trasse werde über die Höfestraße abgewickelt, sind daher nicht begründet.

114

(7) Der Planfeststellungsbeschluss und der Planergänzungsbeschluss haben die Anwendung der Verkehrslärmschutzverordnung auf den Kläger zu 13 mit zutreffender Begründung verneint. Wie sich aus § 1 der 16. BImSchV und der Entstehungsgeschichte der Verordnung ergibt, ist für deren Anwendbarkeit allein der von dem zu bauenden oder zu ändernden Abschnitt ausgehende Lärm maßgeblich. Lärm, der aufgrund der baulichen Veränderung des Verkehrsweges an anderer Stelle im Verkehrsnetz auftritt, wird von der Verkehrslärmschutzverordnung nicht berücksichtigt (Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <155>). Dies gilt auch dann, wenn die Lärmsteigerungen durch ein Vorhaben bedingt sind, das zusammen mit weiteren Vorhaben Teil einer räumlichen und konzeptionellen Gesamtplanung ist. Mittelbare Auswirkungen eines Teilvorhabens sind auch unter diesen Voraussetzungen nur dann in die Berechnungen nach der Lärmschutzverordnung einzubeziehen, wenn sie auf der zu bauenden oder zu ändernden Strecke des anderen Teilvorhabens entstehen (Urteil vom 23. November 2005 - BVerwG 9 A 28.04 - BVerwGE 124, 334 <339 f.>). Nimmt als Folge eines Vorhabens der Verkehr auf einer anderen, vorhandenen Straße zu, ist allerdings der von ihr ausgehende Lärmzuwachs im Rahmen der Abwägung nach § 17 Satz 2 FStrG zu berücksichtigen, wenn er mehr als unerheblich ist und ein eindeutiger Ursachenzusammenhang zwischen dem Vorhaben und der zu erwartenden Verkehrszunahme auf der anderen Straße besteht. Dieser Vorgabe trägt die Abwägung aber bereits dann Rechnung, wenn den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse genügt wird, wofür es ausreicht, die Immissionsgrenzwerte für Dorf- und Mischgebiete einzuhalten (Urteil vom 17. März 2005 a.a.O. S. 157 f.). Diese werden bezüglich des Klägers zu 13 deutlich unterschritten.

115

c) Das Vorhaben wirft keine Probleme für die Luftqualität auf, die im angefochtenen Planfeststellungsbeschluss hätten bewältigt werden müssen.

116

Die Einhaltung der Grenzwerte der Verordnung über Immissionswerte für Schadstoffe in der Luft (22. BImSchV) stellt keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung des Vorhabens dar. Rechtlicher Maßstab zur Beurteilung der mit dem Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen der Luftqualität ist vielmehr das planungsrechtliche Abwägungsgebot.

117

Die Grenzwerte, die die Verordnung für Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Stickstoffoxide, Partikel, Blei, Benzol und Kohlenmonoxid in der Luft festlegt, stehen in engem Zusammenhang mit dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 11 der 22. BImSchV). Mit diesem System hat der deutsche Gesetz- und Verordnungsgeber in Umsetzung der Vorgaben gemeinschaftsrechtlicher Luftqualitätsrichtlinien einen abgestuften Regelungsmechanismus vorgesehen, der Grenzwertüberschreitungen immissionsquellenunabhängig begegnen soll. Die durch das Gemeinschaftsrecht gewährte Freiheit, zwischen den zur Einhaltung der Grenzwerte geeigneten Mitteln zu wählen, wird durch die Regelungen des Bundesimmissionsschutzgesetzes und der 22. BImSchV jedoch nicht beschränkt. Sie schließt grundsätzlich eine Verpflichtung der Planfeststellungsbehörde aus, die Einhaltung der Grenzwerte vorhabenbezogen zu garantieren (Urteile vom 26. Mai 2004 - BVerwG 9 A 6.03 - BVerwGE 121, 57 <61>, vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 <28> und vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 115).

118

Das planungsrechtliche Abwägungsgebot erfordert aber, die Auswirkungen des Vorhabens auf die Luftqualität in der Planfeststellung zu berücksichtigen. Der Vorhabenträger ist grundsätzlich gehalten, die durch die Planungsentscheidung geschaffenen Konflikte zu bewältigen. Die Konfliktbewältigung kann allerdings auch darin bestehen, dass die Planfeststellungsbehörde die endgültige Problemlösung einem spezialisierten und verbindlichen, auf gesetzlichen Regelungen beruhenden Verfahren überlässt. Das Gebot der Konfliktbewältigung als Ausformung des Abwägungsgebotes ist erst verletzt, wenn die Planfeststellungsbehörde das Vorhaben zulässt, obgleich absehbar ist, dass seine Verwirklichung die Möglichkeit ausschließt, die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung in einer mit der Funktion des Vorhabens zu vereinbarenden Weise zu sichern. Das ist insbesondere der Fall, wenn die von einer planfestgestellten Straße herrührenden Immissionen bereits für sich genommen die maßgeblichen Grenzwerte überschreiten. Von diesem Fall abgesehen geht der Gesetzgeber davon aus, dass sich die Einhaltung der Grenzwerte mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung sichern lässt. Für die Annahme, dass dies nicht möglich ist, müssen deshalb besondere Umstände vorliegen, wie sie zum Beispiel an zentralen Verkehrsknotenpunkten gegeben sein können (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. S. 29 m.w.N.).

119

Diesen Grundsätzen wird der Planfeststellungsbeschluss gerecht.

120

(1) Das Vorgehen des Ingenieurbüros Lohmeyer GmbH u. Co. KG in den Schadstoffuntersuchungen vom März 2003 und Juli 2004, sich auf eine Prognose der durch den Straßenverkehr erzeugten Schadstoffe zu konzentrieren, begegnet keinen Bedenken (vgl. Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 201 Rn. 118 ).

121

Während die nach dem Prognoseverfahren PROKAS und unter Verwendung des vom Umweltbundesamt herausgegebenen Handbuchs für Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs durchgeführten Untersuchungen für Benzol zu dem Ergebnis gelangen, die Grenzwerte würden bei weitem nicht erreicht werden, stellen sie für Stickstoffdioxid teilweise deutliche Belastungen fest. Vor allem im östlichen Planungsabschnitt, insbesondere im Einmündungsbereich der B 226, komme es beim Jahresmittelwert zu flächenhaft ausgeprägten Bereichen mit deutlichen NO2-Belastungen und Grenzwertüberschreitungen, ohne dass allerdings Wohnnutzung betroffen sei. Der Grenzwert für die NO2-Kurzzeitbelastung werde dagegen nicht erreicht. Der Jahresmittelwert für PM10 wird den gutachterlichen Berechnungen nach in keinem Abschnitt des Vorhabens erreicht. Hingegen geht das Gutachten davon aus, dass der Tagesmittelwert an der nächstgelegenen Bebauung überwiegend eingehalten, aber teilweise erreicht wird. Auf dieser Grundlage besteht kein Handlungsbedarf, dem bereits in der Planfeststellung Rechnung getragen werden muss. Die Zusatzbelastung liegt zwar bei dem Jahresmittelwert für NO2 und dem Tagesmittelwert für PM10 teilweise im kritischen Bereich. Mit deutlichen Grenzwertüberschreitungen, die eine Problemlösung schon im Planfeststellungsbeschluss erfordert hätten, ist aber nicht zu rechnen. Zum einen sind die Grenzwertüberschreitungen im unmittelbaren Trassenbereich lokalisiert, in dem keine Beeinträchtigung von Wohngrundstücken droht. Zum anderen bestehen keine besonderen örtlichen Verhältnisse, die die Eignung von Maßnahmen der Luftreinhaltung zur Bewältigung der Gesamtbelastung ausschließen und daher ebenfalls schon eine Problemlösung in der Planfeststellung hätten gebieten können.

122

(2) Die Einwände der Kläger gegen die Ermittlung der dem Vorhaben zuzurechnenden Schadstoffkonzentrationen und damit gegen die Grundlage dieser Beurteilung greifen nicht durch.

123

(a) Der Kritik der Kläger, das für die lufthygienischen Untersuchungen verwendete Prognoseverfahren PROKAS, das seinerseits auf der VDI-Richtlinie 3782 Bl. 1 aufbaut, weise als Ausbreitungsmodell nach dem Gaußansatz Anwendungsgrenzen (Beschränkungen bei Quellhöhe, Quellentfernung sowie Rauigkeit, Nichtberücksichtigung von Kurzzeitüberschreitungswerten) auf, die es für die Schadstoffuntersuchung im Rahmen von Straßenplanungen ungeeignet machten, ist nicht zu folgen. Der Gutachter des Beklagten Dipl.-Geogr. N. vom Ingenieurbüro Lohmeyer hat in der mündlichen Verhandlung zwar bestätigt, dass das Gaußsche Fahnenmodell, das der VDI-Richtlinie 3782 Bl. 1 zugrunde liegt, auf Punktquellen zugeschnitten ist. Das Modell sei aber durch das Büro Lohmeyer so modifiziert worden, dass es auch bodennahe Linienquellen erfassen könne. Entsprechend hatte sich das Büro Lohmeyer bereits in seiner der Klageerwiderung beigefügten Stellungnahme vom 23. Juni 2008 geäußert. Anhaltspunkte dafür, dass die Modifikationen des Ausbreitungsmodells zum Zweck der Bestimmung von Schadstoffimmissionen durch den Straßenverkehr nicht möglich oder methodisch nicht fachgerecht erfolgt sind, liegen nicht vor. Solche haben auch die Kläger nicht aufgezeigt. In ihrer überarbeiteten Beweisantragsbegründung wiederholen sie lediglich die Rüge, die nach der VDI-Richtlinie 3782 Bl. 1 vorgegebenen Anwendungsgrenzen würden nicht beachtet.

124

Die Verwendung eines modifizierten Ausbreitungsmodells wird entgegen der Ansicht der Kläger durch die 22. BImSchV nicht ausgeschlossen. Die Anlage 1 zur 22. BImSchV enthält weder Vorgaben darüber, nach welchen Methoden die nach § 10 Abs. 2 und 3 der Verordnung vorgeschriebenen Messungen zur Beurteilung der Schadstoffkonzentrationen und der Luftqualität vorzunehmen sind, noch legt sie ein bestimmtes Verfahren bei der Anfertigung von Schadstoffprognosen im Rahmen von Planungsverfahren fest. Dass das Verfahren PROKAS in besonderer Weise geeignet ist, Lärmschutzbauten typisierend zu erfassen, und deswegen dem Verfahren nach MLuS in diesen Fällen vorzuziehen ist, hat der Senat bereits in einem früheren Verfahren festgestellt (Urteil vom 12. August 2009 - BVerwG 9 A 64.07 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 203 Rn. 110 ).

125

Es trifft auch nicht zu, dass das Ingenieurbüro Lohmeyer das Ausbreitungsmodell für das streitgegenständliche Vorhaben selbst für ungeeignet hielte. Die von den Klägern für diesen Einwand zitierte Ausarbeitung eines Mitarbeiters des Ingenieurbüros Lohmeyer zu so genannten Hotspots gibt für eine solche Aussage nichts her. Das dort erläuterte Beispiel aus Dresden betrifft den Ausbau einer innerörtlichen Straße, die eine "zweiseitig dichte Randbebauung" (S. 20 der Präsentation) als relevante Bebauung aufweist und deshalb eine andere Bebauungssituation betrifft, als sie vorliegend überwiegt. Dass bedeutsame klimarelevante Landschaftsgliederungen im Untersuchungsgebiet existieren, ist aus den Planunterlagen nicht erkennbar und durch den pauschalen Hinweis der Kläger auf "Nebellöcher" an der Schattbachstraße nicht substantiiert dargetan. Letztere führen auch für sich nicht zu erhöhten Immissionsansammlungen, sondern, wie aus der Stellungnahme des Ingenieurbüros Lohmeyer vom 23. Juni 2008 hervorgeht, nur bei bodennahen Emittenten in den Muldenlagen. Hierzu zählen die vorhandenen Straßen nicht.

126

Der Vorwurf, bei der Ermittlung der Vorbelastung werde bei dem Verfahren PROKAS die durch den vorhandenen Straßenverkehr hervorgerufene Belastung nicht berücksichtigt, beruht auf einem Missverständnis. Wie aus Ziffer 4 der Untersuchung des Ingenieurbüros Lohmeyer aus dem Jahr 2004 und aus der Stellungnahme vom 23. Juni 2008 hervorgeht, werden neben Immissionen aus Industrie und Hausbrand auch die Belastungen des Straßenverkehrs auf dem vorhandenen Straßennetz, einschließlich des weiter entfernt fließenden Verkehrs berücksichtigt. Lediglich die Verkehrsemissionen auf dem geplanten neuen Straßenabschnitt und den zuführenden, querenden und parallel verlaufenden Straßenabschnitten werden als Zusatzbelastung gesondert und zusätzlich zu der vorhandenen allgemeinen Vorbelastung erfasst. Ein gesonderter Rechenschritt, der die Vorbelastung um den Verkehrsanteil des betrachteten Straßennetzes bereinigt, erfolgt danach nicht. Eine solche Herausrechnung ist auch nicht erforderlich. Wie der Gutachter des Beklagten Dipl.-Geogr. N. bereits im Anhörungstermin verdeutlicht hat, geht es bei der Bestimmung der Vorbelastung um die Ermittlung der Immissionsbelastung des Untersuchungsgebietes durch die Auswertung von Daten vorhandener Messstationen, wobei die Quellen der gemessenen Emissionen nicht im Einzelnen unterschieden werden können. Zu dieser großräumigen, auch die Emissionen des Straßenverkehrs beinhaltenden Vorbelastung wird die rechnerisch ermittelte Zusatzbelastung addiert und so die Gesamtbelastung gebildet.

127

Die Eignung des Verfahrens PROKAS wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Kurzzeitbelastungen von NO2 und PM10 nicht mit dem gleichen Berechnungsverfahren wie die Jahresmittelwerte berechnet werden können. Das Ingenieurbüro Lohmeyer weist in seiner Untersuchung vom Juli 2004 darauf hin, dass aufgrund der linearen Abhängigkeit der Kurzzeitwerte von den Jahresmittelwerten und vorhandenen Messdaten insoweit die Möglichkeit einer zuverlässigen alternativen Berechnung bestehe. Dies entspricht der Vorgehensweise nach dem MLuS 02 und ist nicht zu beanstanden (vgl. MLuS 02 S. 11, Bild 3.2.2; Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 4 A 5.04 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 18 S. 95).

128

(b) Die Kritik der Kläger an den Einsatzfaktoren der Luftschadstoffgutachten rechtfertigt ebenfalls keine rechtlichen Beanstandungen.

129

Da für die Vorbelastung im Untersuchungsgebiet Messdaten nicht zur Verfügung standen, war es sachgerecht, auf die über Jahre hin erhobenen Messdaten anderer geeigneter Messstationen zurückzugreifen; angesichts dieser verfügbaren Daten war die Durchführung eigener, jahrelanger Messungen an Ort und Stelle vom Vorhabenträger nicht zu fordern (Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - a.a.O. Rn. 126 und vom 12. August 2009 a.a.O. Rn. 111). Anders als bei vorhabenbezogenen Messungen (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 a.a.O. S. 98) kann bei der Auswertung der Messergebnisse an vorhabenfremden Messstationen keine grundstücksbezogene Analyse der Vorbelastung gefordert werden. Allerdings genügt es auch nicht, eine ausschließlich gebiets- oder ballungsraumbezogene Betrachtung anzustellen. Die Auswahl der berücksichtigten Messstationen muss vielmehr den örtlichen Verhältnissen Rechnung tragen und gegebenenfalls bestehende deutliche Unterschiede der für die Vorbelastung im Plangebiet maßgeblichen Faktoren berücksichtigen.

130

Ob die hier vorgenommene Bildung eines einheitlichen Vorbelastungswertes diesen Anforderungen in jeder Hinsicht gerecht wird, ist angesichts des im westlichen Teil des planfestgestellten Vorhabens vorhandenen Außenrings einerseits und der im östlichen Teilabschnitt vorherrschenden landwirtschaftlichen Nutzung des künftigen Trassengeländes andererseits nicht zweifelsfrei. Es ist aber nicht erkennbar, dass sich ein etwaiger Fehler zu Lasten der Kläger oder sonstiger Betroffener ausgewirkt hätte. Bei der Auswahl der Messstationen sind die örtlichen Verhältnisse im östlichen Trassenabschnitt nicht vorbelastungsmindernd berücksichtigt worden. Neben den räumlich nächst gelegenen Messstationen in den umliegenden Städten wurden zur Verdeutlichung der großräumigen Belastungen weiter entfernt liegende Messstationen in Dortmund und Castrop-Rauxel sowie speziell zur Abbildung von Belastungen durch Industrie (Feinstaub) und Verkehr die Station Bochum-Stahlhausen und die Straßenmessstation Essen-Ost herangezogen. Damit hat die derzeitige landwirtschaftliche Nutzung im Bereich eines Teils der Trasse für die Querspange bei der Auswahl der Messstationen keine Berücksichtigung gefunden.

131

Die von den Klägern erhobene Forderung, auch die Daten der Messstation Essen-Hombrucher Straße heranzuziehen, erscheint verfehlt, da diese Station direkt an der hochbelasteten Autobahn A 40 gelegen ist und daher nicht die im Plangebiet vorhandene Vorbelastung, sondern die Belastung durch die geplante Autobahn selbst abgebildet würde. Die Verkehrsbelastung des Außenrings ist mit derjenigen auf der A 40 nicht vergleichbar und wird durch die an einer mehrstreifigen Hauptverkehrsstraße gelegene Straßenmessstation Essen-Ost bereits gezielt berücksichtigt.

132

Nicht gefolgt werden kann auch dem Einwand der Kläger, den Emissionen des benachbarten Opel-Werks und des westlich der Trasse gelegenen RWE-Kraftwerks Bochum sei bei der Ermittlung der Vorbelastung nicht hinreichend Rechnung getragen worden. Der Gutachter des Beklagten Dipl.-Geogr. N. ist dem in der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis entgegengetreten, Kaminableitungen wirkten sich nicht in der näheren Umgebung aus; sie und die sonstigen Emissionen der Werke fänden über die städtischen Vorbelastungswerte Eingang in die Berechnung. Das Argument der Kläger, der Binnenverkehr des Opel-Werks hätte Anlass zu einer gesonderten Betrachtung geben müssen, überzeugt angesichts der Größe des Betriebsgeländes und der erkennbaren Abschirmungsfunktion der zur Trassenseite hin errichteten hohen Werkshallen ebenfalls nicht.

133

(c) Dem Einwand der Kläger, die Daten der Messstationen für die Jahre 2004 bis 2006 belegten einen deutlichen Anstieg der Schadstoffwerte, der Anlass gegeben hätte, vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine neue Luftschadstoffuntersuchung in Auftrag zu geben, kann nicht gefolgt werden. So berücksichtigen die Kläger in ihrem Vortrag mehrere Stationen nicht, die von der IVV ausgewertet wurden, beziehen dafür aber zahlreiche weitere Stationen an zum Teil deutlich weiter entfernt liegenden Messorten im westlichen Ruhrgebiet (Duisburg, Oberhausen und Mühlheim) ein. Eine nachvollziehbare Erklärung für ihre Vorgehensweise liefern die Kläger nicht. Die Messergebnisse der von der IVV herangezogenen Messstellen belegen die Kritik der Kläger aber nicht. Sie lassen praktisch keinen Anstieg der Jahresmittelwerte bei NO2 erkennen. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den Jahresmittelwerten für PM10.

134

(d) Vor diesem Hintergrund und angesichts der nach dem aktuellen Luftreinhalteplan Ruhrgebiet, Teilplan Ruhrgebiet Ost der Bezirksregierung Arnsberg, (2008) im Bereich von Industrie, Hausbrand/Kleingewerbe und im Bereich Verkehr vorgesehenen Maßnahmen, insbesondere unter Berücksichtigung der Einschätzung in diesem Luftreinhalteplan, dass ausgehend vom Jahr 2006 für das Jahr 2010 im Gebiet Bochum, Dortmund und Herne mit einem leichten Sinken der regionalen Hintergrundbelastung um maximal 3 µg/m3 für PM10 und NO2 zu rechnen sei, erweist sich auch die Verwendung von Reduktionsfaktoren in den Schadstoffgutachten als eine jedenfalls vertretbare Prognoseentscheidung. Dass sich zwischen 2000 und 2006 an den ausgewählten Messstationen keine Reduktion feststellen lässt, stellt diese Prognose nicht in Frage.

135

(e) Dem von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vorsorglich gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass die Schadstoffbelastung durch NO2 und PM10 bereits ohne Berücksichtigung des planfestgestellten Vorhabens über den Immissionswerten der 22. BImSchV liege und die Prognosebelastung für das Jahr 2025 um mindestens 15 bzw. 20 % höher anzusetzen und nicht mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung beherrschbar sei, musste der Senat nicht nachkommen. Die von den Klägern gegen die Schadstoffgutachten vorgebrachten Einwände haben sich als nicht stichhaltig erwiesen. Gleiches gilt für ihre Behauptung, möglichen Grenzwertüberschreitungen könnte nicht mit den Mitteln der Luftreinhalteplanung begegnet werden. Die in der überarbeiteten Beweisantragsbegründung zum Beleg für diese Behauptung vorgelegten Berechnungen haben die Kläger selbst als wissenschaftlich nicht abgesichert bezeichnet. Sie beruhen zudem auf Annahmen zur Vorbelastung, denen aus den oben dargelegten Gründen nicht gefolgt werden kann. Sonstige Anhaltspunkte, an der fachlichen Eignung des mit der Erstellung der Schadstoffgutachten betrauten Ingenieurbüros zu zweifeln, bestehen nicht.

136

d) Mit ihrer Kritik an der Trassenwahl können die Kläger keinen Erfolg haben. Die am Maßstab des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes zu beurteilende Auswahlentscheidung leidet nicht an Mängeln, die für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind.

137

Soweit die Kläger in ihrem nach der mündlichen Verhandlung zu den Akten gereichten Schriftsatz vom 7. Juni 2010 ihrer Ansicht nach schadensmindernde Trassenvarianten auflisten, kann dieser Vortrag schon deswegen nicht berücksichtigt werden, weil die Kläger es unterlassen haben, nach § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO Schriftsatznachlass zu beantragen. Der genannte Vortrag gibt dem Gericht auch keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen.

138

Eine substantiierte Auseinandersetzung mit der ausführlichen Trassendiskussion im Planfeststellungsbeschluss findet sich weder hier noch an anderer Stelle des Vortrags der Kläger.

139

Die Kritik der Kläger an der Anschlussstelle Markstraße und der Verknüpfung der Universitätsstraße mit der A 44 greift nicht durch. Die am Maßstab des planungsrechtlichen Abwägungsgebotes zu beurteilende Auswahlentscheidung leidet nicht an Abwägungsmängeln. Der Verzicht auf die Anschlussstelle erweist sich unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange nicht eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere Lösung und musste sich deshalb der Planfeststellungsbehörde nicht als vorzugswürdig aufdrängen (vgl. Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 4 C 5.95 - BVerwGE 100, 238 <249 f.>; Beschluss vom 24. April 2009 - BVerwG 9 B 10.09 - NVwZ 2009, 986 <987> m.w.N.). Dass die Kläger die Verkehrsanbindung bestimmter Stadtteile Bochums abweichend von der Auffassung der Planfeststellungsbehörde für ausreichend erachten und deswegen auf diese Anschlussstelle verzichten wollen, genügt hierfür ebenso wenig wie der Hinweis darauf, dass das Opel-Werk nach Auffassung der Kläger voraussichtlich nicht viel länger als bis 2016 Bestand haben werde. Hinsichtlich des Anschlusses der Universitätsstraße an die Querspange haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, nach Maßgabe der aktualisierten Verkehrsuntersuchung 2009 und der ergänzenden Untersuchung 2010 sei die - von ihnen ursprünglich geforderte - Verbreiterung der Brücke an der Anschlussstelle und damit die Inanspruchnahme des Grundeigentums der Klägerin zu 12 nicht zu rechtfertigen. Dem kann schon deswegen nicht gefolgt werden, weil sich die von den Klägern herangezogene rückläufige Entwicklung der Verkehrszahlen nicht aus den für den Planfeststellungsbeschluss maßgeblichen Verkehrsgutachten, sondern aus den während des gerichtlichen Verfahrens erstellten und auf einen anderen Prognosezeitpunkt bezogenen Untersuchungen ergibt. Soweit die Kläger im Übrigen bemängeln, die Prognosewerte für 2010 in der Untersuchung der IVV von 1996 und 1998/1999 differierten ohne erkennbaren Grund um 8 000 Kfz, beruht dies offensichtlich auf einem Lesefehler. Bild 10 auf Seite 22 der Untersuchung von 1996, auf das sie sich zum Beleg ihrer These berufen, geht von 47 000 Kfz/24 h und nicht - wie die Kläger meinen - von 41 000 Kfz/24 h aus.

140

e) Der Planfeststellungsbeschluss weist auch bei der Behandlung des Gewässer- und Grundwasserschutzes keine Rechtsfehler auf. Die Belange der Kläger zu 1 bis 4, insbesondere der Wasserzufluss für die Gräfte von "Haus L." durch den so genannten Isabella-Stollen, sind in einer den rechtlichen Anforderungen des Abwägungsgebotes (§ 17 Satz 2 FStrG) genügenden Weise berücksichtigt worden.

141

Den Eigentümern der mit der historischen Wasserburg "Haus L." bebauten Grundstücke steht ein im Wasserbuch der Stadt Bochum eingetragenes Wasserrecht zur Entnahme von Grund- und Grubenwasser zur Speisung der Gräfte zu. Die Kläger rügen, der Beklagte habe die Grundwasserproblematik und die hydrogeologischen Verhältnisse nicht genügend ermittelt. Für die Standsicherheit der auf einem Eichenpfahlrost gegründeten Wasserburg und die dort betriebene Fischzucht sei ein gleichbleibend hoher Wasserspiegel von existentieller Bedeutung. Durch den Bau der Trasse sei eine Störung der den Wasserzufluss bisher sichernden Grundwasserströme und des Quellgebietes des Isabella-Stollens zu befürchten.

142

Der Beklagte hat im Planfeststellungsbeschluss diese Betroffenheit erkannt, die befürchteten Beeinträchtigungen aber unter Hinweis darauf zurückgewiesen, dass die Trasse fast überwiegend in Dammlage verlaufe und während der Bauphase alle Maßnahmen ergriffen würden, um Beschaffenheit und Menge des im Bereich des Isabella-Stollens austretenden Grund- und Grubenwassers nicht zu beeinträchtigen. Durch die in der mündlichen Verhandlung erklärte Planergänzung hat der Beklagte die in dem erdbautechnischen Streckengutachten für die Bauausführung vom 25. September 1998 vorgeschlagenen Maßnahmen zur Sicherung des Isabella-Stollens zum Inhalt des Planfeststellungsbeschlusses gemacht.

143

Jedenfalls in der Gestalt, die der Planfeststellungsbeschluss durch die Planergänzung gefunden hat, ist er nicht zu beanstanden. Durch die Verrohrung und Sicherung des Stollens im Bereich der Trasse wird sichergestellt, dass der Stollen nicht zerstört wird und der Gräfte weiter in dem erforderlichen, durch das Wasserrecht abgesicherten Umfang Gruben- und Grundwasser zufließt. Die Behauptung der Kläger, das Quellgebiet der Gräfte werde überbaut, trifft nicht zu. Der Gutachter des Beklagten Prof. Dr. P. ist dem in seiner zusammenfassenden fachtechnischen Stellungnahme vom 9. April 2010 überzeugend entgegen getreten. Er führt darin aus, dass der Stollen zur Entwässerung insbesondere der höher gelegenen Bergwerke (Zeche Dannenbaum) und Abbaufelder diente und auch heute noch als Wassersammler das zuströmende Grund- und Grubenwasser aus höher gelegenen Abbaufeldern abführe. Zusätzlich werde er durch Sickerwasser aus den Deckschichten des Karbons gespeist. Nach den vorliegenden Unterlagen über den Kanalbestand der Stadt Bochum könne der Gräfte stets Wasser aus dem Isabella-Stollen zufließen. Der Kritik der Kläger, die im erdbautechnischen Gutachten vorgesehene Verdichtung des Untergrunds im Trassenbereich werde die Grundwasserströme ablenken und die Trasse werde als Sperrriegel wirken, tritt die fachtechnische Stellungnahme mit dem Hinweis entgegen, durch die mittels Tiefenrüttlers erzeugten Hohlräume, in die z.B. Kies eingebaut werde, würden wasserdurchlässige Bodensäulen bis zur Karbonoberfläche entstehen. Im Übrigen weist die fachtechnische Stellungnahme darauf hin, dass die im erdbautechnischen Streckengutachten angesprochenen Sandbänder sich in den Deckschichten des grundwasserführenden Karbons befänden und dem Isabella-Stollen daher kein Wasser zuführten. Das Karbon bleibe von den Baumaßnahmen aber weitgehend unberührt.

144

Die Gegenäußerung der Kläger zu der fachtechnischen Stellungnahme vermag diese Aussagen nicht in Frage zu stellen. Auf die für den Fortbestand der Wasserversorgung zentrale Aussage der Stellungnahme, dass der Isabella-Stollen wesentlich durch das Grubenwasser im Bereich der ehemaligen Zeche Dannenbaum gespeist werde, gehen die Kläger nicht ein, sondern wiederholen im Wesentlichen ihr früheres Vorbringen (z.B. zum Quellgebiet des Isabella-Stollens, der Sperrfunktion der Trasse, den Sohlenhöhen und Grundwasserschichten) bzw. bleiben pauschal oder beschäftigen sich mit Einzelheiten der Höhe, Breite und Bauweise des Stollens, auf die es ebenso wenig ankommt wie auf solche der Bauausführung der für den Stollen vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen. Entscheidend ist allein, dass keine vernünftigen Zweifel daran bestehen, dass der Isabella-Stollen weiterhin das Grund- und Grubenwasser, insbesondere aus der ehemaligen Zeche Dannenbaum, sammeln und durch die vorgesehene teilweise Verrohrung zur Gräfte weitertransportieren kann. Dies ist der Fall, wie der Gutachter des Beklagten Prof. Dr. P. auch in der mündlichen Verhandlung noch einmal bestätigt hat. Zweifel an der technischen Realisierbarkeit bestehen nicht. Soweit die Kläger befürchten, die Funktion des Stollens könne durch die vorgesehenen Revisionsschächte beeinträchtigt werden, da es hierdurch zu einer Zerstörung des von ihnen in der Vergangenheit hergestellten Luftabschlusses des Stollens komme, ist nicht ersichtlich, dass die Einstiege zu den Revisionsschächten nicht ebenfalls luftdicht ausgestaltet werden könnten.

145

Die Rüge der Kläger, der Planfeststellungsbeschluss habe nicht beachtet, dass der Isabella-Stollen durch den Einbau des Rohres seine Funktion als Luftschutzstollen verliere, kann ebenfalls keinen Erfolg haben. Dass sie im Besitz einer baurechtlichen oder sonstigen Genehmigung zur Nutzung des Stollens als Luftschutzeinrichtung wären, behaupten die Kläger selbst nicht. Der Stollen ist nach dem eigenen Vorbringen der Kläger wegen des Luftabschlusses und seiner Erschütterungsempfindlichkeit auch nicht für diesen Zweck geeignet und nicht genehmigungsfähig.

146

Der Planfeststellungsbeschluss weist auch nicht deshalb einen Abwägungsfehler auf, weil er die von den Klägern behauptete Denkmalwürdigkeit des Isabella-Stollens nicht erkannt und nicht gewürdigt hat. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz - DSchG NRW) vom 11. März 1980, GV NRW S. 226, 716, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. April 2005, GV NRW S. 274, ist die Eintragung in die Denkmalliste für die Denkmaleigenschaft konstitutiv. Erst mit der Eintragung oder der vorläufigen Unterschutzstellung unterliegt eine bauliche oder sonstige Anlage dem Denkmalschutzgesetz. Eine Eintragung ist aber bisher nach dem eigenen Vortrag der Kläger nicht vorgenommen worden. Die Kläger behaupten auch nicht, eine solche als Eigentümer gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 DSchG NRW beantragt und etwa eine zu Unrecht erfolgte Ablehnung gerichtlich angegriffen zu haben.

147

f) Die von den Klägern zu 1, 2, 3 und 4 geltend gemachte Existenzgefährdung ist in einer den rechtlichen Anforderungen genügenden Weise berücksichtigt worden.

148

(a) Es ist grundsätzlich Aufgabe der Planfeststellungsbehörde, sich in Ausübung der ihr übertragenen planerischen Gestaltungsfreiheit darüber schlüssig zu werden, ob und in welchem Umfang sie zur Verwirklichung eines von ihr für erforderlich gehaltenen planfeststellungsbedürftigen Vorhabens außer in öffentliche Belange auch in Rechte Dritter eingreifen will, und das Gewicht der mit diesen Eingriffen verbundenen Nachteile den mit dem Vorhaben verbundenen Vorteilen selbständig abwägend gegenüberzustellen. Hierbei muss sie bei Flächeninanspruchnahmen auch die Möglichkeit einer Existenzvernichtung oder -gefährdung vorhandener landwirtschaftlicher oder gewerblicher Betriebe und Unternehmungen in ihre Betrachtung und Abwägung einbeziehen (Beschluss vom 31. Oktober 1990 - BVerwG 4 C 25.90, 4 ER 302.90 - juris Rn. 17; ausf. zum landwirtschaftlichen Betrieb Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 13.08 - juris Rn. 26 ff. m.w.N. ). Auch ohne direkte Inanspruchnahme muss sie das Interesse des Gewerbetreibenden an der Erhaltung der unter Umständen mit erheblichen Investitionen ausgenutzten Erwerbsquelle bei der hoheitlichen Planung berücksichtigen. Allerdings schützt auch Art. 14 Abs. 1 GG nicht gegen eine Minderung der Wirtschaftlichkeit. Eine Minderung der Rentabilität ist hinzunehmen. Dies gilt selbst dann, wenn die Ursächlichkeit der geminderten Wirtschaftlichkeit durch einen staatlichen Eingriff unzweifelhaft gegeben ist (Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 18 m.w.N.).

149

Eine nähere Auseinandersetzung mit dem Einwand der Existenzgefährdung ist nur dann entbehrlich, wenn die Planfeststellungsbehörde deutlich macht, dass sie die für das Vorhaben streitenden Belange für so gewichtig hält, dass es auch um den Preis einer Existenzgefährdung oder Existenzvernichtung des betroffenen Betriebes verwirklicht werden soll (vgl. Urteil vom 27. März 1980 - BVerwG 4 C 34.79 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 34 S. 109 f.). Wird die betriebliche Existenz weder vernichtet noch gefährdet, kann sich die Planfeststellungsbehörde grundsätzlich damit begnügen, den Eigentümer auf das nachfolgende Enteignungsverfahren zu verweisen.

150

(b) An diese Anforderungen des Abwägungsgebotes hat sich der Beklagte gehalten. Er hat sich insbesondere in den mehrtägigen Anhörungen darum bemüht, die von den Klägern in ihren Einwendungsschreiben geltend gemachten gewerblichen Interessen zu erfassen. Die im Planfeststellungsbeschluss aufgeführten sehr unterschiedlichen wirtschaftlichen Betätigungsfelder rund um das "Haus L." (Vermietung von Räumlichkeiten und Durchführung von Veranstaltungen, Gästehausbetrieb, Fischzucht, Pensionspferdehaltung, Landwirtschaft) und die Vielzahl der nach den Angaben der Kläger an diesen Geschäftsfeldern haupt- oder nebenberuflich beteiligten Personen machen deutlich, dass eine Überprüfung der behaupteten Existenzgefährdung einer nach objektiven Kriterien durchzuführenden Begutachtung des Betriebes durch einen Sachverständigen bedurfte (vgl. Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 13.08 - juris Rn. 27). Eine solche, den Klägern im Rahmen des Anhörungsverfahrens vorgeschlagene Begutachtung konnte wegen der Weigerung des Klägers zu 1, diese durch einen Mitarbeiter des Straßenbauamts des Beklagten vornehmen zu lassen und die dafür erforderlichen betriebswirtschaftlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, nicht durchgeführt werden.

151

Einen Anspruch darauf, dass die Begutachtung durch einen freiberuflich tätigen Gutachter erfolgt, haben die Kläger nicht. Die Planfeststellungsbehörde ist verpflichtet, das Verfahren mit der ihr eine gerechte Abwägung der widerstreitenden Belange ermöglichenden inneren Distanz und Neutralität zu allen Beteiligten durchzuführen. Sie hat die ihr übertragene Aufgabe in unparteiischer Weise wahrzunehmen und alles zu vermeiden, was ihr die Freiheit zu eigener planerischer Entscheidung jedenfalls faktisch nimmt oder doch weitgehend einschränkt. Dies ergibt sich auch aus dem rechtsstaatlichen Grundsatz fairer Verfahrensgestaltung, der in seinem Anwendungsbereich nicht auf das gerichtliche Verfahren beschränkt ist. In planungsrechtlichen Verfahren ist Unparteilichkeit auch dem Vorhabenträger gegenüber geboten (vgl. Urteil vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <230 f.> m.w.N). Diese Verpflichtung gilt auch für Mitarbeiter der Planfeststellungsbehörde, einschließlich derer, die aufgrund ihrer besonderen Sachkunde mit der Erstellung sachverständiger Stellungnahmen beauftragt werden. Die in § 20 VwVfG NRW getroffene Regelung über den Ausschluss bestimmter Personen vom Verfahren und die in § 21 VwVfG NRW normierte Möglichkeit, bei Besorgnis der Befangenheit ein Ablehnungsgesuch anzubringen, sichern, bezogen auf den einzelnen Amtsträger, die Neutralität der Amtsführung verfahrensmäßig ab.

152

Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, dass die Planfeststellungsbehörde die zur Ermittlung des Abwägungsmaterials erforderlichen sachverständigen Begutachtungen durch eigene, für die jeweilige Aufgabe und das jeweilige Fachgebiet besonders qualifizierte Mitarbeiter vornehmen lässt. Dies gilt umso mehr, als diese Mitarbeiter räumlich und organisatorisch getrennt von der Planfeststellungsbehörde arbeiten. Die Kläger haben von dem Angebot zur Begutachtung, ohne eine stichhaltige Begründung zu geben, keinen Gebrauch gemacht. Ihre Ablehnung, an der Sachverhaltsaufklärung durch die Planfeststellungsbehörde mitzuwirken, haben sie lediglich mit pauschalen Zweifeln an der Unparteilichkeit der Mitarbeiter der Planfeststellungsbehörde begründet. Dies genügt nach dem Dargelegten nicht.

153

Soweit landwirtschaftlich genutzte Flächen der Kläger zu 1 bis 4 in Anspruch genommen werden, hat der Beklagte den Umfang der Beeinträchtigung ebenfalls erkannt und bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Er hat insbesondere gesehen, dass die Gesamtinanspruchnahme von 6,75 ha (davon 1,31 ha vorübergehend und 1,46 ha dauernd beschränkt) mehr als 5 % der landwirtschaftlichen Betriebsfläche ausmacht und daher eine Existenzgefährdung nicht von der Hand zu weisen ist und näherer Prüfung bedarf (vgl. hierzu Urteil vom 14. April 2010 - BVerwG 9 A 13.08 - a.a.O.). Auch insoweit war allerdings angesichts der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft der Kläger zu 1 bis 4 eine Sachverhaltsaufklärung nicht möglich.

154

Dass der Planfeststellungsbeschluss in größerem Umfang Eigentum der Kläger zu 1 und 2 zum Ausgleich der eingriffsbedingten unvermeidbaren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft in Anspruch nimmt, lässt einen Rechtsfehler ebenfalls nicht erkennen. Dem bei der Inanspruchnahme von privatem Grund und Boden für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu beachtenden rechtsstaatlichen Übermaßverbot (vgl. hierzu Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 40.07 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 16 Rn. 26 ff.) hat der Beklagte durch eine Überprüfung des Kompensationskonzepts und eine daraus resultierende Reduzierung der dauernd zu beschränkenden Flächen der Kläger zu 1 bis 4 im Laufe des Planungsverfahrens Rechnung getragen. Soweit die Kläger die Restflächen nördlich und südlich der A 44 für (land-)wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll verwertbar erachten, weil dort insbesondere die bisherige Pensionspferdehaltung nicht mehr möglich sei, müssen sie sich die verweigerte Mitwirkung bei der Aufklärung der wirtschaftlichen Folgen der Eingriffe für das "Haus L." zurechnen lassen.

155

Die für die naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme 9ACEF im Planergänzungsbeschluss vom 5. Oktober 2009 in Anspruch genommene landwirtschaftlich genutzte Fläche ist für den Betrieb der Kläger nicht von erkennbarer existenzieller Bedeutung. Eine solche ist bezüglich dieser Fläche von den Klägern auch in der mündlichen Verhandlung nicht behauptet worden.

156

g) Hinsichtlich der Klägerin zu 5, deren Grundstück durch das Vorhaben nicht in Anspruch genommen wird, aber durch die bis auf 30 m an ihr Wohnhaus heranrückende Trasse mittelbar betroffen ist, hat der Planfeststellungsbeschluss das Vorliegen eines Übernahmeanspruchs (vgl. hierzu Beschluss vom 24. August 2009 - BVerwG 9 B 32.09 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 78) verneint. Aktiver Lärmschutz werde durch die Lärmschutzwand bzw. den Lärmschutzwall und die Verwendung offenporigen Asphalts gewährt. Die danach noch bei Verwirklichung des Vorhabens zu erwartenden Lärmwerte lägen für das Grundstück der Klägerin zu 5 unterhalb der Annäherungswerte von 72/62 dB(A), ab deren Erreichen für Dorf- und Mischgebiete eine unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigung nicht auszuschließen sei (vgl. hierzu Urteile vom 28. Oktober 1998 - BVerwG 11 A 3.98 - BVerwGE 107, 350 <358> und vom 12. April 2000 - BVerwG 11 A 25.98 - juris Rn. 49). Die Tageswerte lägen sogar weit unter diesen Schwellenwerten und würden die Grenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV für Dorf- und Mischgebiete nur geringfügig überschreiten. Wegen dieser Überschreitungen stünde der Klägerin zu 5 passiver Schallschutz sowie eine Entschädigung für die Außenwohnbereiche zu. Diese Überlegungen zeigen einen Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin zu 5 nicht auf, so dass es nicht darauf ankommt, ob solche Fehler überhaupt geeignet wären, das mit dem Hauptantrag verfolgte Begehren zu stützen.

157

Durch die Maßnahmen aktiven und passiven Lärmschutzes werden die zumutbaren Grenzen der Lärmbetroffenheit eingehalten. Dass eine weitere Nutzung ihres Hauses zu Wohnzwecken ausgeschlossen wäre und entsprechende Vermietungsbemühungen - gegebenenfalls nach Änderung des bisher auf Gäste aus dem Bereich der Universität ausgerichteten Vermietungskonzepts - ohne Erfolg bleiben müssten, ist nicht erkennbar und von der Klägerin zu 5 nicht substantiiert dargelegt worden. Es stellt auch keinen Fehler des Planfeststellungsbeschlusses dar, dass die von der Klägerin zu 5 vorgenommenen, in ihrem Einwendungsschreiben erwähnten Investitionen nicht ausdrücklich als abwägungserheblicher Belang gewürdigt wurden. Dass trotz der erheblichen Beeinträchtigungen, die der Bau der Autobahn für die direkt benachbarten Anwohner und deren Veranstaltungs- und Vermietungsbetriebe mit sich bringt, das öffentliche Interesse an der Realisierung der Querspange die privaten Belange überwiegt, hat der Planfeststellungsbeschluss hinreichend deutlich im Zusammenhang mit dem benachbarten, ebenfalls durch das Heranrücken der Trasse stark betroffene "Haus L." zum Ausdruck gebracht. Dafür, dass für die Klägerin zu 5 etwas anderes gelten könnte, spricht nichts. Im Übrigen musste der Klägerin zu 5 aufgrund der Lage ihres Hauses und der seit Jahrzehnten andauernden Planungsabsichten bewusst sein, dass es bei einer Realisierung der Planung zu einschneidenden Veränderungen ihres Lagevorteils kommen könnte. Darauf, dass von den Planungen endgültig Abschied genommen würde, konnte die Klägerin zu 5 ebenso wenig wie die anderen Betroffenen vertrauen.

158

Entsprechendes gilt für den Kläger zu 8. Auch er übersieht, dass nicht jede durch staatliches Verhalten ausgelöste Wertminderung ausgeglichen wird; das gilt selbst dann, wenn die Ursächlichkeit der geminderten Wirtschaftlichkeit durch einen staatlichen Eingriff unzweifelhaft gegeben ist (Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 19).

159

4. Soweit die Kläger mit ihrem Hilfsantrag den Anspruch verfolgen, den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss um Lärmschutzanordnungen zu ergänzen, muss der Klage ebenfalls der Erfolg versagt bleiben. Dies gilt insbesondere für den Kläger zu 13. Der Beklagte hat die Gewährung passiven Lärmschutzes für ihn abwägungsfehlerfrei abgelehnt. Er hat sich zulässigerweise an den Grenzwerten der Verkehrslärmschutzverordnung orientiert und darauf abgestellt, dass nach der für das vom Kläger zu 13 bewohnte Gebäude W. Straße ... angestellten schalltechnischen Berechnung die nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV für Dorf- und Mischgebiete geltenden Immissionsgrenzwerte von 64/54 dB(A) tags und nachts eingehalten werden und damit gesunde Wohnverhältnisse gewahrt bleiben (vgl. Urteil vom 17. März 2005 - BVerwG 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <158>).

160

Auch der Klägerin zu 5 steht kein Anspruch auf weiter gehende Lärmschutzanordnungen zu. Die Verkehrsprognosen und die Lärmberechnungen selbst sind - wie dargestellt - nicht zu beanstanden. Durch die Gewährung passiver Schallschutzmaßnahmen wird sichergestellt, dass die Zumutbarkeitsgrenze beim Aufenthalt im Gebäude eingehalten wird. Für die Außenwohnbereiche ist eine Entschädigung vorgesehen.

161

Eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Schutzauflagen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe kann die Klägerin zu 5 ebenfalls nicht verlangen. Hinsichtlich der voraussichtlichen Schadstoffbelastungen kann den dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Gutachten eine Überschreitung der Grenzwerte von NO2 und PM10 im Bereich des Grundstücks der Klägerin zu 5 nicht entnommen werden. Die prognostizierten Belastungen liegen dort vielmehr deutlich unterhalb der Grenzwerte der 22. BImSchV. Soweit die Klägerin zu 5 auf die Erschütterungsempfindlichkeit ihres Wohngebäudes hinweist, ist nicht erkennbar, dass sie diesbezügliche Einwendungen im Anhörungsverfahren bereits vorgebracht hat. Im Übrigen hat sie ihre Behauptung, das Wohnhaus Schattbachstraße sei besonders erschütterungsempfindlich, nicht weiter mit Fakten belegt.

162

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 2 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 450 000 € festgesetzt.

Gründe:

Bei der auf § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 2 GKG beruhenden, von der vorläufigen Streitwertfestsetzung durch Beschluss vom 10. April 2008 geringfügig abweichenden Streitwertfestsetzung hat der Senat entsprechend seiner ständigen, am Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom Juli 2004 orientierten Streitwertpraxis, wonach bei Beeinträchtigung eines Einfamilienhauses und sonstiger Beeinträchtigung 15 000 €, bei Mehrfamilienhäusern je nach Wohnungszahl bis zu 60 000 € und bei Gewerbebetrieben pauschal 60 000 € anzunehmen sind, folgende Streitwerte festgesetzt: Für die Kläger zu 6, 7, 10, 11, 12 und 13 je 15 000 €, für die Kläger zu 2, 3, 5 und 8 je 45 000 € und für die Kläger zu 1, 4 und 9 je 60 000 €.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Planfeststellungsbehörde stellt den Plan fest (Planfeststellungsbeschluss). Die Vorschriften über die Entscheidung und die Anfechtung der Entscheidung im förmlichen Verwaltungsverfahren (§§ 69 und 70) sind anzuwenden.

(2) Im Planfeststellungsbeschluss entscheidet die Planfeststellungsbehörde über die Einwendungen, über die bei der Erörterung vor der Anhörungsbehörde keine Einigung erzielt worden ist. Sie hat dem Träger des Vorhabens Vorkehrungen oder die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Sind solche Vorkehrungen oder Anlagen untunlich oder mit dem Vorhaben unvereinbar, so hat der Betroffene Anspruch auf angemessene Entschädigung in Geld.

(3) Soweit eine abschließende Entscheidung noch nicht möglich ist, ist diese im Planfeststellungsbeschluss vorzubehalten; dem Träger des Vorhabens ist dabei aufzugeben, noch fehlende oder von der Planfeststellungsbehörde bestimmte Unterlagen rechtzeitig vorzulegen.

(4) Der Planfeststellungsbeschluss ist dem Träger des Vorhabens, denjenigen, über deren Einwendungen entschieden worden ist, und den Vereinigungen, über deren Stellungnahmen entschieden worden ist, zuzustellen. Eine Ausfertigung des Beschlusses ist mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und einer Ausfertigung des festgestellten Plans in den Gemeinden zwei Wochen zur Einsicht auszulegen; der Ort und die Zeit der Auslegung sind ortsüblich bekannt zu machen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss gegenüber den übrigen Betroffenen als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen.

(5) Sind außer an den Träger des Vorhabens mehr als 50 Zustellungen nach Absatz 4 vorzunehmen, so können diese Zustellungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses, die Rechtsbehelfsbelehrung und ein Hinweis auf die Auslegung nach Absatz 4 Satz 2 im amtlichen Veröffentlichungsblatt der zuständigen Behörde und außerdem in örtlichen Tageszeitungen bekannt gemacht werden, die in dem Bereich verbreitet sind, in dem sich das Vorhaben voraussichtlich auswirken wird; auf Auflagen ist hinzuweisen. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Beschluss den Betroffenen und denjenigen gegenüber, die Einwendungen erhoben haben, als zugestellt; hierauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung kann der Planfeststellungsbeschluss bis zum Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von den Betroffenen und von denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden; hierauf ist in der Bekanntmachung gleichfalls hinzuweisen.

(6) An Stelle eines Planfeststellungsbeschlusses kann eine Plangenehmigung erteilt werden, wenn

1.
Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden oder die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben,
2.
mit den Trägern öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich berührt wird, das Benehmen hergestellt worden ist und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.
Die Plangenehmigung hat die Rechtswirkungen der Planfeststellung; auf ihre Erteilung sind die Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nicht anzuwenden; davon ausgenommen sind Absatz 4 Satz 1 und Absatz 5, die entsprechend anzuwenden sind. Vor Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage bedarf es keiner Nachprüfung in einem Vorverfahren. § 75 Abs. 4 gilt entsprechend.

(7) Planfeststellung und Plangenehmigung entfallen in Fällen von unwesentlicher Bedeutung. Diese liegen vor, wenn

1.
andere öffentliche Belange nicht berührt sind oder die erforderlichen behördlichen Entscheidungen vorliegen und sie dem Plan nicht entgegenstehen,
2.
Rechte anderer nicht beeinflusst werden oder mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen worden sind und
3.
nicht andere Rechtsvorschriften eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorschreiben, die den Anforderungen des § 73 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 bis 7 entsprechen muss.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des höheren Anspruchs maßgebend.

(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3 entsprechend anzuwenden.

(3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung über sie ergeht.

(4) Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich sind die Absätze 1 bis 3 entsprechend anzuwenden.

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.