Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 16. März 2016 - 10 K 3231/13
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks L.-----weg 11 in E. , Gemarkung M. , Flur 2, Flurstück a. Dieses Grundstück ist mit einem Wohnhaus mit Satteldach bebaut. Das Wohnhaus befindet sich am Ende der Straße L.-----weg und liegt auf dessen östlicher Seite ca. 11 m von der Straße zurückversetzt. Das Wohngebäude weist eine Firsthöhe von 121,32 m üNN auf. Das Grundstück der Kläger ist ca. 44 m breit; in Höhe des Wohnhauses ist es ca. 22 m tief, weiter nördlich ist das Grundstück ca. 16 m tief; die Fläche des Grundstücks beträgt ca. 780 m².
3Der Beigeladene ist u.a. Eigentümer des südlich vom klägerischen Grundstück gelegenen Grundstücks L.-----weg 9 in E. , Gemarkung M. , Flur 2, Flurstück b. Ursprünglich bestand das Flurstück b aus den Flurstücken c und d, die dann zu dem vorgenannten Flurstück verschmolzen wurden. Auf dem Grundstück des Beigeladenen befindet sich ein Wohnhaus ursprünglich mit einem Flachdach. Das Wohngebäude befindet sich ebenfalls östlich des L.°°°°°weges und ist ca. 6 m von der Straße zurückversetzt. Das Grundstück des Beigeladenen ist ca. 24 m tief und 28 m breit und weist eine Fläche von 619 m² auf.
4Die Gebäude der Kläger und des Beigeladenen weisen einen Abstand von ca. 11 m auf, das Gebäude des Beigeladenen ist von der klägerischen Grundstücksgrenze ca. 7 m entfernt.
5Das Gelände steigt in dem vorgenannten Bereich von Westen nach Osten an.
6Die Grundstücke der Kläger und des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des 1992 in Kraft getretenen Bebauungsplanes I. °°° – Im L1. H. -. Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan ließ der bestehende Bebauungsplan nur eine Straßenrandbebauung zu. Mit dem 1992 in Kraft getretenen Bebauungsplan sollte in erster Linie das Ziel verfolgt werden, Planungsrecht für die bauliche Nutzung auch des Innenbereichs zu schaffen vor dem Hintergrund der anhaltenden Nachfrage nach Wohnbauland in den südlichen E1. Stadtbezirken. Für den hier fraglichen Bereich trifft der Bebauungsplan die Festsetzung WR (reines Wohngebiet), II (Höchstgrenze der Vollgeschosse), 0,4 (Grundflächenzahl), 0,8 (Geschossflächenzahl), nur Einzelhäuser zulässig; darüber hinaus weist der vorgenannte Bebauungsplan auf den Grundstücken der Kläger und des Beigeladenen Baugrenzen in Form von Baufenstern auf.
7Im November 2012 beantragte der Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Erweiterung des vorhandenen Wohnhauses um ein Dachgeschoß mit einem Satteldach - Dachneigung von 40° - und einen Treppenhausanbau auf der westlichen Gebäudeseite; darüber hinaus sollte auf der südwestlichen Gebäudeseite eine Loggia im Dachgeschoss errichtet werden. Zudem beantragte der Beigeladene eine Befreiung betreffend die Überschreitung der Baugrenze mit dem Anbau des neuen Treppenhauses. Hierzu trug der Beigeladene vor, dass die Baugrenzen bei der Erstellung des gültigen Bebauungsplanes entsprechend den Kubaturen der vorhandenen Gebäude festgelegt worden seien. Im Laufe der Zeit habe es in der benachbarten Bebauung einige Umbauten u. a. auch betreffend das direkte Nachbargebäude L.-----weg 11 gegeben. Das vorgenannte Gebäude verfüge über einen Anbau für das Treppenhaus und einen Wintergarten, die die Baugrenzen in ähnlicher Weise und Dimensionierung überschritten. Danach füge sich das Gebäude des Beigeladenen mit dem geplanten Anbau in die angrenzende Bebauung ein.
8Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen für das Bauvorhaben Umbau und Erweiterung des Wohnhauses eine Baugenehmigung. Der Befreiungsbescheid vom 10. Juni 2013 sei Bestandteil der Baugenehmigung. Mit Bescheid vom 10. Juni 2013 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen für das vorgenannte Bauvorhaben eine Befreiung von den Festsetzungen des seit 1992 rechtsverbindlichen Bebauungsplanes I. °°° betreffend die Überschreitung der westlichen Baugrenze durch das neue Treppenhaus. Der vorgenannte Befreiungsbescheid und die Baugenehmigung wurden den Klägern am 19. Juni 2013 zugestellt.
9Die Kläger haben am 12. Juli 2013 Klage erhoben.
10Der Beigeladene hat mit dem von der Beklagten genehmigten Umbau seines Wohnhauses am 1. Juli 2013 begonnen. Im September 2013 haben sich die Kläger an die Beklagte gewandt und vorgetragen, dass anstelle des genehmigten Satteldaches mit einer Neigung von 40° ein Satteldach mit einer Neigung von 45° ausgeführt worden sei. Ebenso sei die ursprüngliche Traufhöhe bereits falsch. Die tatsächliche Traufhöhe liege bei 117,8 m üNN, die bereits eingebaute Firsthöhe liege bei 122,72 m üNN und nicht bei genehmigten 122,61 m üNN. Dies führe zu einer Neuberechnung der Geschossfläche im Dachgeschoss. Danach handele es sich bei dem Dachgeschoss um ein Vollgeschoss. Dies entspreche nicht der Baugenehmigung; um ein Einschreiten werde gebeten. Am 11. Oktober 2013 hat die Beklagte sodann eine Bauzustandsbesichtigung vor Ort durchgeführt. Ausweislich ihres Vermerkes hat die Beklagte eine geringfügig veränderte Bauausführung festgestellt, so sind die Trauf- und Firsthöhen gegenüber den genehmigten Höhen und die Öffnungen in den Außenwänden zum Teil geändert worden. Der Architekt habe zugesagt, Bauvorlagen für die veränderte Ausführung einzureichen. Ausweislich der Bescheinigung des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs X. vom 14. Oktober 2013 stellte sich die Höhenlage nach Überprüfung – die obere Dachhaut war im Zeitpunkt der Messung noch nicht fertiggestellt - wie folgt dar: Haupthaus Traufhöhe 118,81 m üNN, Anbau 120,61 m üNN, Firsthöhe Haupthaus 122,66 m üNN, Anbau 120,77 m üNN. Ende November 2013 hat der Beigeladene hinsichtlich der von der Beklagten festgestellten veränderten Bauausführung die entsprechenden Bauvorlagen vorgelegt. Ausweislich dieser vorgelegten neuen Bauvorlagen verfügt das vorgesehene Dachgeschoss über eine Dachneigung von 40°. Damit ergibt sich eine neue Traufhöhe von 118,88 m üNN und eine neue Firsthöhe von 122,73 m üNN. Der Treppenhausanbau befindet sich nach den Bauvorlagen mittig auf der westlichen Gebäudeseite und weist eine Traufhöhe von 120,67 m üNN sowie eine Firsthöhe von 120,83 m üNN auf. Auf der südwestlichen Gebäudeseite befindet sich im Dachgeschoss eine Loggia. Nach Norden weist das Dachgeschoss zwei Fenster auf; der neue Treppenhausanbau verfügt nach Norden unterhalb des Dachgeschosses über eine Fensteröffnung.
11Unter dem 3. Dezember 2013 hat die Beklagte sodann auf der Grundlage dieser neuen Bauvorlagen dem Beigeladenen eine Nachtragsgenehmigung zu seinem Vorhaben Umbau und Erweiterung des Wohnhauses erteilt; die First- und Traufhöhen sind geringfügig verändert worden, zum Teil sind die Öffnungen in den Außenwänden geändert worden; weiter wurde darauf hingewiesen, dass die übrigen Bedingungen, Auflagen und Hinweise der Baugenehmigung vom 10. Juni 2013 weiterhin Gültigkeit haben und zu beachten sind. Die Nachtragsgenehmigung ist den Klägern von der Beklagten nicht zugestellt worden.
12Nachdem die Kläger Anfang Januar 2014 Einsicht in die Verwaltungsvorgänge der Beklagten genommen hatten, haben sie ihre Klage mit Schriftsatz vom 16. Januar 2014 auch auf die vorgenannte Genehmigung der Beklagten vom 3. Dezember 2013 erstreckt.
13Ende April 2014 hat der Beigeladenen sein Vorhaben fertiggestellt.
14Die Kläger tragen zur Begründung ihrer Klage vor, sie seien durch die erteilten Genehmigungen in ihren Rechten verletzt. Die Erweiterung des Gebäudes um das Dachgeschoss führe zu einem dreigeschossigen Vorhaben. Sämtliche eingereichte Unterlagen und Berechnungen zur Vollgeschossigkeit seien fehlerhaft. Tatsächlich sei die ursprünglich beantragte Planung ausgeführt worden. Die Berechnungen der Beklagten seien nicht nachvollziehbar. Die Berechnung für die teilunterkellerte Ebene fehle. Die Dachgeschossberechnung werde ohne den Treppenhausanbau vorgenommen. Bei Einbeziehung dieses Anbaus ergäben sich größere Flächen. Die eigentliche Traufhöhe sei nicht bei 118,13 m üNN, sondern bei 117,87 m üNN anzusetzen. Auch seien die Höhenpunkte nicht korrekt angesetzt worden. Der Wandaufbau mit dem Wärmeverbundsystem werde danach ebenfalls falsch berücksichtigt. Zunächst sei die Außenwand in der Planung 30 cm stark gewesen, nunmehr 35 cm; tatsächlich könnten aber nur 17 cm angenommen werden. Die Beklagte lege entsprechend den Bauvorlagen im Dachgeschoss den Abstand zwischen der Wand und dem Ansatz einer Deckenhöhe von 2,30 m für die Flächenberechnung mit 1,57 m zugrunde, richtig seien lediglich 0,96 m. Das Dachgeschoss sei ein Vollgeschoss. Auch das Obergeschoss habe tatsächlich eine Höhe von 2,85 m. Ebenso sei die Breite des Gebäudes aus den Planungen nicht ablesbar. Eine Breite von 9,26 m dürfte korrekt sein. Auf die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung infolge der drei Vollgeschosse könnten sie sich auch berufen. Die Begrenzung auf zwei Vollgeschosse mit dem hier maßgeblichen Bebauungsplan solle verhindern, dass im maßgeblichen reinen Wohngebiet Mietblöcke entstünden und so diesem Gebiet die planerisch gestaltete Wohnintimität genommen werde. Es sollten dort nur kleinere Wohnbauten zu finden sein. Daher sei die Festsetzung der Geschossflächenzahl auch für die Bewohner des Gebietes drittschützend. Im Übrigen bestehe die Vermutung, dass die Maße nach Belieben so dargestellt würden, dass das Dachgeschoss kein Vollgeschoss sei. Ordnungsgemäße Bauvorlagen lägen nicht vor. Die Baugenehmigung sei unbestimmt und verstoße damit gegen § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Diese Unbestimmtheit beziehe sich auf nachbarrechtsrelevante Merkmale und verletze sie damit auch in ihren Rechten. Erklärungsbedürftig sei, warum die Maße in den Zeichnungen vom 16. Mai 2013 andere seien als in denen, die zur Nachtragsgenehmigung gereicht worden seien. Teilweise seien Maße handschriftlich korrigiert worden. Die Maße seien geändert worden, nachdem bekannt geworden sei, dass die Loggia in die Dachflächenberechnung mit einzubeziehen sei. In den Zeichnungen für die Nachtragsgenehmigung sei die Gebäudebreite geändert worden, die einzelnen Geschosse wiesen untereinander sowohl vorne als auch hinten unterschiedliche Maße auf. Die Vollgeschossigkeitsberechnung der Beklagten aus ihrer Klageerwiderung entspreche nicht der in den Verwaltungsvorgängen. Schließlich seien die Maße im Rahmen der Abstandflächenberechnung nicht angepasst worden, diese enthielten noch die alten Maße der Loggia. Auch die Tiefe des Treppenhauses variiere. Offensichtlich würden die Maße nicht so genau genommen werden. Ohne korrekte Bauzeichnungen und Baugenehmigungsunterlagen sei es ihnen nicht möglich zu überprüfen, ob und in welchem Umfang sie durch das Bauvorhaben in ihren Rechten verletzt seien. Schließlich sei die Ausnahmegenehmigung betreffend die Überschreitung der festgesetzten Baugrenzen unzulässig. Aus einem Luftbild ergebe sich letztlich, warum der Bebauungsplan hier die Baugrenzen so gezogen habe. Die Häuser auf der westlichen Seite des L.°°°°°weges (L.-----weg 6 – 12) wiesen einen erheblichen Schattenwurf auf. Aufgrund der Erhöhung des Gebäudes des Beigeladenen um das Dachgeschoss und der Erweiterung mit dem Treppenhaus über die festgesetzten Baugrenzen hinaus treffe sie ein entsprechender Schattenwurf. Nur bei Einhaltung der Baugrenze wäre ein solch störender Schattenwurf, der von dem Bebauungsplan I. °°° berücksichtigt worden sei, von ihnen hinzunehmen. Aufgrund der Überschreitung der Baugrenze und aufgrund des dritten Vollgeschosses würden sie bei entsprechenden Lichtverhältnissen im Dunkeln stehen. Es liege ein Ermessensfehler vor, da diese Umstände verkannt worden seien. Ein Ermessensfehler ergebe sich schließlich auch daraus, dass der Vergleich mit der näheren Umgebung nicht ergebe, dass die Ausnahmegenehmigung hätte erteilt werden können. Zum Vergleich seien nur die Gebäude heranzuziehen, die sich in dieser konkreten Festsetzung befänden. Hier sei ein reines Wohngebiet festgesetzt worden, so dass auch nur diese Gebäude zum Vergleich herangezogen werden könnten. Danach sei die Ausnahmegenehmigung nicht zu erteilen, da die Vergleichbarkeit mit dem maßgeblichen Gebiet nicht trage. Die Festsetzungen betreffend die Baugrenzen seien im Rahmen des Gebietserhaltungsanspruches nachbarschützend.
15Die Kläger beantragen,
16die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 10. Juni 2013 und die Nachtragsgenehmigung vom 3. Dezember 2013 sowie die unter dem 10. Juni 2013 erteilte Befreiung zugunsten des Beigeladenen zum Umbau und zur Erweiterung des Wohnhauses auf dem Flurstück b, Flur 2, Gemarkung M. , aufzuheben.
17Die Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Zur Begründung weist sie darauf hin, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzten, insbesondere verstießen die Bescheide nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungs- und des Bauordnungsrechts. Zunächst handele es sich bei dem Dachgeschoss nicht um ein Vollgeschoss. Genehmigt worden sei ein zweigeschossiges Gebäude. Das Kellergeschoss sei kein Vollgeschoss, da die Deckenoberkante des Kellergeschosses nicht mehr als 1,60 m über die Geländeoberfläche hinausrage. Das Dachgeschoss sei ebenfalls kein Vollgeschoss. Die Grundfläche des Dachgeschosses betrage 137,84 m². Die 2,30 m-Linie liege in einem Abstand von 1,54 m von der Außenwand. Danach betrage die Fläche des Dachgeschosses in 2,30 m Höhe 102,51 m² – ohne Berücksichtigung der Loggia – und damit weniger als ¾ der gesamten Fläche des Dachgeschosses. Die Nachweise zur Vollgeschossigkeit seien nachvollziehbar und umfassten auch die Fläche für den Treppenhausanbau. Die Traufhöhe sei nicht falsch angesetzt worden, die Lagepläne seien korrekt. Die von den Klägern angesetzte Traufhöhe von 117,87 m üNN stelle die Oberkante Fußboden der Obergeschossdecke dar. Nicht ersichtlich sei weiter, warum in die Berechnung des Vollgeschosses die Höhe des Obergeschosses mit einzubeziehen sei. Ferner sei die Verschmelzung von zwei oder mehreren Flurstücken rechtmäßig. Die entstandene Grundstücksfläche sei Grundlage für die Berechnung der Grundflächen- und Geschossflächenzahl nach §§ 19 und 20 BauNVO. Die von den Klägern geltend gemachte Unbestimmtheit der Baugenehmigung vermöge ebenfalls nicht zu überzeugen. Aufgrund der geringfügigen Änderungen während der Bauausführung (geänderte Trauf- und Firsthöhen, Abmessung des Gebäudes) seien neue Bauvorlagen eingereicht worden, insofern sei die Nachtragsgenehmigung vom 3. Dezember 2013 ergangen. Bestandteil dieser Nachtragsgenehmigung sei der neue amtliche Lageplan, die neue Abstandflächenberechnung, die neuen Bauzeichnungen und die neue Vollgeschossigkeitsberechnung. Schließlich sei auch der Befreiungsbescheid rechtmäßig. Die Befreiung sei ermessensgerecht und unter den Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BauGB erteilt worden. Die Befreiung sei städtebaulich vertretbar und mit den nachbarlichen Interessen vereinbar. Eine Verschattung des klägerischen Gebäudes sei nicht erkennbar. Die Abstandflächen lägen auf dem Grundstück des Beigeladenen.
20Der Beigeladene beantragt,
21die Klage abzuweisen.
22Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen der Beklagten.
23Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
24E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
25Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet.
26Die dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen der Beklagten vom 10. Juni 2013 und vom 3. Dezember 2013 sowie der Befreiungsbescheid der Beklagten vom 10. Juni 2013 verstoßen nicht zu Lasten der Kläger gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts und verletzen sie nicht in ihren Rechten, vgl.§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
27In Verfahren des baurechtlichen Nachbarstreits ist nicht Gegenstand der rechtlichen Prüfung, ob das genehmigte Vorhaben allen Vorschriften des öffentlichen Baurechts entspricht. Ein Nachbar kann vielmehr nur dann erfolgreich gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung vorgehen, wenn sie gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt und eine Befreiung von diesen Vorschriften nicht vorliegt bzw. bei Berücksichtigung nachbarlicher Belange nicht hätte erteilt werden dürfen. Nachbarschützend in diesem Sinne sind Normen, wenn sie nicht nur die Interessen der Allgemeinheit und damit faktisch auch die Interessen des Einzelnen schützen, sondern nach ihrer Zweckbestimmung zumindest auch auf den Schutz gerade dieser Individualinteressen gerichtet sind.
28Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2007 - 10 B 2675/06 -, BauR 2007, 1550 ff.
29Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei der von der Beklagten als „Nachtragsgenehmigung“ bezeichneten Genehmigung vom 3. Dezember 2013 nicht um eine solche handelt, sondern um eine eigenständige Baugenehmigung.
30Eine erteilte Baugenehmigung kann ergänzt oder geändert werden durch eine sogenannte Nachtragsbaugenehmigung, soweit dadurch das Vorhaben nicht in seinem Wesen verändert wird. Die Nachtragsbaugenehmigung ist zwar ein Verwaltungsakt, der eine eigene Regelung mit Außenwirkung beinhaltet, sie modifiziert aber nur die ursprünglich erteilte Baugenehmigung und rechtfertigt – für sich genommen – die Verwirklichung des Vorhabens nicht. Sie betrifft kleinere Änderungen, darf aber inhaltlich nicht ein von dem Genehmigungsgegenstand wesensverschiedenes Vorhaben – „aliud“ – regeln. Die Nachtragsbaugenehmigung ist als akzessorischer Verwaltungsakt abhängig von der Wirksamkeit der zugrundeliegenden Ursprungsgenehmigung. Dementsprechend stellt die Nachtragsgenehmigung keinen selbständig anfechtbaren Streitgegenstand dar; sie kann nur zusammen mit der ursprünglichen Baugenehmigung angegriffen werden.
31Ein aliud ist dagegen anzunehmen, wenn sich das neue Vorhaben in Bezug auf baurechtlich relevante Kriterien von dem ursprünglich genehmigten Vorhaben unterscheidet. Ein baurechtlich relevanter Unterschied zwischen dem ursprünglich genehmigten und dem abgewandelten Bauvorhaben ist immer dann anzunehmen, wenn sich für das abgewandelte Bauvorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen neu stellt.
32Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Mai 2004 – 10 A 1476/04 -, juris; Boeddinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand Dezember 2015, § 75 Rdnr. 306 ff.
33Zwar ist die Baugenehmigung vom 3. Dezember 2013 im Bauschein ausdrücklich als „Nachtragsgenehmigung“ bezeichnet worden, diese erweist sich nach den vorstehenden Grundsätzen jedoch als ein aliud.
34Bei einem Vergleich der den jeweiligen Genehmigungen zugrundeliegenden Lagepläne vom 16. Mai 2013 und vom 19. November 2013 ergeben sich insbesondere Änderungen betreffend die Trauf- und Firsthöhe des Treppenhausanbaus sowie die Trauf- und Firsthöhe des Daches, die sich so auch in den geänderten und grüngestempelten Grundrissen, Schnitten und Ansichten wiederfinden. Darüber hinaus ergeben sich ausweislich der neuen Bauvorlagen Änderungen betreffend die Tiefe und Breite des Gebäudes des Beigeladenen; schließlich wurde die Ansicht West, die Ansicht Nord und Ost geändert.
35Zwar ist der Beklagten zuzugeben, dass sich die Trauf- bzw. Firsthöhen des Treppenhausanbaus und des Daches nur geringfügig geändert haben. Gleichwohl unterscheidet sich das „neue“ Vorhaben in Bezug auf baurechtlich relevante Kriterien von dem ursprünglich genehmigten Vorhaben. Aufgrund der vorgenannten neuen Höhen ergeben sich baurechtlich relevante Unterschiede zu dem ursprünglich genehmigten Vorhaben. Dies wird insbesondere daran deutlich, dass sich mit den geänderten Höhen auch die Berechnung der Abstandflächen ändert. Danach wird also die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen der geänderten tatsächlichen Verhältnisse neu gestellt. Dementsprechend wurde auch eine neue Abstandflächenberechnung erstellt und zum Gegenstand der neuen Genehmigung gemacht.
36Danach handelt es sich bei der streitgegenständlichen Genehmigung vom 3. Dezember 2013 ungeachtet der von der Beklagten gewählten Bezeichnung um eine eigenständige Baugenehmigung. Danach ist ausschließlich auf die dieser Genehmigung zugrundeliegenden Bauvorlagen abzustellen, die entsprechenden Bauvorlagen für die Genehmigung vom 10. Juni 2013 haben keine Bedeutung mehr.
37Eine Erledigung der Baugenehmigung vom 10. Juni 2013 ist trotz der ihr gegenüber planabweichenden Ausführung und des neuen Bauantrages des Beigeladenen nicht eingetreten, da ausweislich der Baugenehmigung vom 3. Dezember 2013 die übrigen Bedingungen, Auflagen und Hinweise der Genehmigung vom 10. Juni 2013 weiterhin Gültigkeit haben und zu beachten sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass Gegenstand der hier vorzunehmenden Prüfung ausschließlich die der Baugenehmigung vom 3. Dezember 2013 zugrundeliegenden Bauvorlagen sind, die die der Baugenehmigung vom 10. Juni 2013 komplett ersetzt haben.
381.
39Die dem Beigeladenen erteilten Baugenehmigungen vom 10. Juni 2013 und vom 3. Dezember 2013 sind zunächst nicht in nachbarrechtsrelevanter Weise unbestimmt.
40Eine Baugenehmigung muss inhaltlich bestimmt sein, vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG NRW. Sie muss Inhalt, Reichweite und Umfang der mit der Baugenehmigung getroffenen Regelungen und Feststellungen eindeutig erkennen lassen, damit der Bauherr die Bandbreite der für ihn legalen Nutzungen und Drittbetroffene das Maß der für sie aus der Baugenehmigung erwachsenden Betroffenheit zweifelsfrei feststellen können. Eine solche dem Bestimmtheitsgebot genügende Aussage muss dem Bauschein selbst - ggf. durch Auslegung - entnommen werden können, wobei die mit Zugehörigkeitsvermerk versehenen Bauvorlagen bei der Ermittlung des objektiven Erklärungsinhalts der Baugenehmigung herangezogen werden müssen. Andere Unterlagen oder sonstige Umstände sind angesichts der zwingend vorgeschriebenen Schriftform der Baugenehmigung (§ 75 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW) für den Inhalt der erteilten Baugenehmigung regelmäßig nicht relevant.
41Vgl. die ständige Rechtsprechung OVG NRW, Urteile vom 15. Mai 2013 – 2 A 3009/11 – und vom 20. September 2007 - 10 A 4372/05 -, BRS 71 Nr. 152 sowie Beschluss vom 23. März 2009 – 10 B 263/09 – , jeweils juris.
42Das Bestimmtheitsgebot des § 37 Abs. 1 VwVfG NRW in seiner nachbarrechtlichen Ausprägung verlangt, dass sich der Baugenehmigung und den genehmigten Bauvorlagen mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen lassen muss, dass nur solche Nutzungen erlaubt sind, die Nachbarrechte nicht beeinträchtigen können. Ist eine Baugenehmigung in dieser Hinsicht inhaltlich nicht hinreichend bestimmt, führt dies zu einem Abwehrrecht des Nachbarn, wenn sich die Unbestimmtheit gerade auf solche Merkmale des Vorhabens bezieht, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung nachbarschützender Vorschriften auszuschließen und – zusätzlich – wenn die insoweit mangelhafte Baugenehmigung aufgrund dessen ein Vorhaben zulässt, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat. Wie weit das nachbarrechtliche Bestimmtheitserfordernis im Einzelnen reicht, beurteilt sich nach dem jeweils anzuwendenden materiellen Recht.
43Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18. Februar 2013 – 2 A 2135/11 – und vom 29. Oktober 2012 – 2 A 723711 –, jeweils juris.
44Soweit die Kläger die Maße aus den ursprünglichen Bauvorlagen mit denen aus den „neuen“ und nunmehr geltenden Bauvorlagen vergleichen und daraus eine Unbestimmtheit der Baugenehmigung herleiten wollen, führt dies nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung. Infolge des vollständigen Austausches der Bauvorlagen sind allein maßgeblich nunmehr nur die Bauvorlagen der Genehmigung vom 3. Dezember 2013. Dass Abweichungen zu den Zahlen der ursprünglichen Bauvorlagen bestehen ist Folge der abweichenden Bauausführung, führt aber nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung.
45Den Klägern ist zuzugeben, dass im – neuen – Grundriss Dachgeschoss die Tiefe der Loggia mit 2,45 m angegeben worden ist und ihre Breite mit 4,72 m, während im Lageplan eine Tiefe von 2,385 m ausgewiesen ist. Insofern liegt eine Abweichung zwischen Lageplan und Grundriss Dachgeschoss vor. Dies führt jedoch nicht zur Unbestimmtheit der Baugenehmigung in nachbarrechtsrelevanter Weise. Denn zunächst sind die Ausmaße der Loggia (Breite und Tiefe) für die Berechnung der Abstandfläche ohne Belang. Im Übrigen löst eine Loggia, die im Sinne eines hinter die Außenwand zurückgenommenen nach außen offenen Gebäudeteils verstanden wird, keine gesonderte Abstandfläche aus. Die Loggia ist nicht vorgelagert, vgl. auch § 6 Abs. 7 Satz 2 BauO NRW.
46Darüber hinaus wären die Kläger selbst bei einer fehlerhaften Nichtberücksichtigung der Loggia nicht in ihren Rechten tangiert, da sich die Loggia im südwestlichen Gebäudebereich befindet, das klägerische Grundstück aber an die nördliche Grenze des Vorhabengrundstücks anschließt. Insofern sind keine konkret unzumutbaren Auswirkungen für die Kläger als Nachbarn festzustellen.
47Die Kläger weisen weiter darauf hin, dass das Treppenhaus in der Baugenehmigung vom 3. Dezember 2013 mit einer Tiefe von 2,335 m angegeben worden sei, tatsächlich sei das Treppenhaus nach den Messungen des Klägers aber 2,40 m tief, dieses Maß findet sich auch im grüngestempelten Lageplan. Ausweislich des Grundrisses Erdgeschoss beträgt die Tiefe auf der nördlichen Seite 2,40 m und auf der südlichen Seite 2,335 m; im Grundriss Obergeschoss ist die Tiefe – auf beiden Seiten - mit 2,33 m ausgewiesen. Eine Unbestimmtheit, die zudem die Kläger als Nachbarn im oben angeführten Sinn in ihren Rechten verletzt, ergibt sich hieraus aber ebenfalls nicht. Auch hier gilt, dass die Maße betreffend die Tiefe und Breite des Treppenhausanbaus, der zudem auf der westlichen Seite des Grundstücks des Beigeladenen liegt und damit nicht direkt an das klägerische Grundstück grenzt, für die Berechnung der Abstandfläche ohne Belang ist.
48Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Bauvorlagen in Bezug auf die Vollgeschossigkeitsberechnung, die im Übrigen nicht mit einem Zugehörigkeitsvermerk versehen ist, bestehen auch nicht. Richtig ist, dass die Beklagte in ihrer Klageerwiderung die Tiefe des Treppenhausanbaus mit 2,335 m (vgl. auch Grundriss Dachgeschoss) und nicht wie in der Berechnung im Verwaltungsverfahren mit 2,40 m angesetzt hat. Da die Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse im Bebauungsplan keine drittschützende Wirkung hat, wie im Folgenden ausgeführt ist, folgt auch insofern aus einer möglichen Unbestimmtheit der Bauvorlagen, die für die Berechnung der Vollgeschosse maßgebend sind, keine Rechtsverletzung der Kläger.
49Soweit die Kläger schließlich die Auffassung vertreten, dass allein die Tatsache, dass sich in den Bauvorlagen sich widersprechende Maße finden, zur Rechtswidrigkeit der streitgegenständlichen Baugenehmigungen und zu einer Verletzung in ihren Rechten als Nachbarn führt, dringt dieser Vortrag nicht durch. Ein Abwehrrecht eines Nachbarn besteht nicht bereits dann, wenn eine – wie auch immer geartete – Unbestimmtheit der Baugenehmigung festgestellt wird. Erforderlich ist vielmehr, dass diese Unbestimmtheit solche Merkmale des in Rede stehenden Vorhabens betrifft, deren genaue Festlegung erforderlich ist, um eine Verletzung von Baurechtsvorschriften auszuschließen, die auch dem Schutz des Nachbarn zu dienen bestimmt ist. Dies macht es – wie bereits ausgeführt - erforderlich, jede Unbestimmtheit einer Baugenehmigung auch daraufhin zu überprüfen, ob ein Vorhaben zugelassen wird, von dem der Nachbar konkret unzumutbare Auswirkungen zu befürchten hat.
502.
51In bauplanungsrechtlicher Hinsicht entspricht das streitige Vorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans I. °°°, soweit diesen nachbarschützende Wirkung zukommt (a); es verstößt im Übrigen nicht gegen das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO verankerte Gebot der Rücksichtnahme (b).
52a)
53Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens bemisst sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, da es im Geltungsbereich des Bebauungsplans I. °°° – Im L1°°°°° H. - der Stadt E. aus dem Jahr 1992 gelegen ist. Die Baunutzungsverordnung aus dem Jahr 1990 findet Anwendung.
54Das durch die Baugenehmigung vom 10. Juni 2013 und vom 3. Dezember 2013 genehmigte Bauvorhaben Umbau und Erweiterung eines Wohnhauses entspricht seiner Art nach der Festsetzung des Bebauungsplans reines Wohngebiet (WR) gemäß § 3 BauNVO.
55Soweit die Kläger geltend machen, das Vorhaben des Beigeladenen verstoße gegen die Festsetzung des Bebauungsplans zur Geschossigkeit - diese sieht hier zwei Vollgeschosse vor - führt dies jedenfalls nicht zu einer Verletzung der Kläger in ihren Rechten als Nachbarn.
56Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die von der Beklagten vorgenommene Berechnung der Vollgeschossigkeit betreffend das durch den Beigeladenen neu errichtete Dachgeschoss keinen Bedenken unterliegt, so dass das Vorhaben des Beigeladenen den Festsetzungen des Bebauungsplans entspricht.
57Selbst wenn das Vorhaben jedoch nicht nur über zwei, sondern drei Vollgeschosse verfügen sollte, ergibt sich hieraus gleichwohl keine Rechtsverletzung der Kläger, da sie hierdurch nicht in ihren Nachbarrechten verletzt sind.
58Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung, wie hier durch die Festsetzung von Geschossen durch Bebauungspläne, haben - anders als die Festsetzung von Baugebieten – kraft Bundesrechts grundsätzlich keine nachbarschützende Funktion. Diese Festsetzungen dienen wegen ihrer vorrangig städtebaulichen Ordnungsfunktion öffentlichen Belangen und nicht dem Nachbarschutz. Lediglich die Gemeinde hat es in der Hand, diesen Festsetzungen im Einzelfall drittschützende Wirkung zuzuweisen.
59Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 27. Januar 2014 – 2 A 1674/13 - und vom 17. Februar 2011 – 7 B 1803/10 -, jeweils juris.
60Eine drittschützende Wirkung solcher Festsetzungen ist nur dann anzunehmen, wenn sich aus den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans, seiner Begründung oder anderweitigen Materialien über die Willensbildung des zuständigen Beschlussorgans hinreichende Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Satzungsgeber eine solche Wirkung gewollt hat. Insoweit ist anhand einer einzelfallbezogenen Auslegung des Bebauungsplans festzustellen, ob die Gemeinde als Satzungsgeber die Festsetzung zur Geschossigkeit allein aus städtebaulichen Gründen oder auch im Sinne des Nachbarschutzes getroffen hat.
61Dabei steht es dem gemeindlichen Normgeber grundsätzlich frei, eine Festsetzung (auch) zum Schutze Dritter oder aber ausschließlich aus städtebaulichen Gründen zu treffen. Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob eine Festsetzung nach dem Willen des Normgebers nachbarschützende Wirkung haben soll, ist stets deren Zweckbestimmung im Regelungszusammenhang des jeweiligen Bebauungsplans, wie sie sich aus der Planbegründung oder den Umständen der Entstehung des Plans ergibt.
62Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 1995 - 4 B 52/95 - mit weiteren Nachweisen, BauR 1995, 823 f.
63Dem insoweit der Beurteilung zugrunde zulegende Bebauungsplan I. °°° sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Festsetzung zur Geschossigkeit hier zumindest auch im Interesse Dritter und nicht nur aus städtebaulichen Gründen erfolgte. Für einen entsprechenden Willen des Satzungsgebers ist in Bezug auf den hier in Rede stehenden Bereich nichts ersichtlich. Die Festsetzung zur Anzahl der Vollgeschosse dient vielmehr – wie regelmäßig – nur dem öffentlichen Interesse an einer geordneten städtebaulichen Entwicklung. Weder die Begründung des Bebauungsplans noch seine textlichen Festsetzungen noch sein Regelungsgehalt insgesamt lassen in Bezug auf die festgesetzte Anzahl der Geschosse eine zumindest auch drittschützende Tendenz erkennen.
64Der Bebauungsplan I. °°° löst den bestehenden Bebauungsplan X °°° ab. Letztgenannter ließ lediglich eine Straßenrandbebauung zu. Mit dem neuen Bebauungsplan wird in erster Linie der Zweck verfolgt, Planungsrecht für die bauliche Nutzung des Innenbereiches zu schaffen vor dem Hintergrund einer anhaltenden Nachfrage nach Wohnbauland im E1. Süden. Weiter wird in der Begründung (Ziffer 2.1 – Bauliche Nutzung) ausgeführt, dass entlang der P.-------straße ein allgemeines Wohngebiet festgesetzt worden sei; dies entspreche der vorhandenen Nutzung, es bestehe die Möglichkeit, Läden zur Deckung des täglichen Bedarfs unterzubringen. Alle übrigen Flächen seien als reines Wohngebiet geplant, da keine Notwendigkeit für weitere Einrichtungen der vorgenannten Art bestünde. Mit den Festsetzungen des vorliegenden Bebauungsplans könnten die noch freien Innenbereiche bebaut werden; diese Freifläche bilde ein wichtiges landschaftliches Element des Planbereichs, daher sei es erforderlich, den Eingriff in die Freiräume gering zu halten und hier den Rahmen sprengende Baumaßnahmen bzw. eine verdichtete Bebauung zu vermeiden. Dies solle durch die Festsetzung einer geeigneten Bauweise und Geschossigkeit sowie eine Beschränkung der Zahl der Wohnungseinheiten erreicht werden. Schließlich wird angeführt, dass im reinen Wohngebiet dem Gebäudebestand entsprechend offene Bauweise festgesetzt werde; Dachneigungen und Zahl der Vollgeschosse seien ebenfalls dem Bestand angepasst.
65Danach wird aus der Begründung deutlich, dass die Festsetzung zur Geschossigkeit aus städtebaulichen Gründen erfolgte und nicht auch im Interesse Dritter. Aufgrund des wichtigen landschaftlichen Elements des Planbereichs – der Freifläche – soll der Eingriff in die Freiräume gering gehalten werden und zwar über eine geeignete Bauweise und Geschossigkeit, so dass eine verdichtete Bebauung vermieden wird.
66Damit folgt aus einer möglichen Verletzung der Festsetzung zur Anzahl der Geschosse kein Abwehrrecht der Kläger.
67Soweit die Kläger in ihrer Klagebegründung vortragen, sie könnten sich insoweit auf die Rechtswidrigkeit der Baugenehmigung berufen, weil die Begrenzung auf zwei Vollgeschosse verhindern solle, dass Mietblöcke entstünden und damit diesem reinen Wohngebiet die Wohnintimität genommen werde, rechtfertigt dies keine andere rechtliche Bewertung. Anhaltspunkte für einen derartigen Willen der Gemeinde sind weder dem Bebauungsplan noch seinen Festsetzungen noch der Begründung – wie oben gezeigt – zu entnehmen.
68Hinsichtlich der im Bebauungsplan I. °°° vorgesehenen Baugrenzen weichen die Baugenehmigungen vom 10. Juni 2013 und vom 3. Dezember 2013 allerdings von dessen Vorgaben ab; der Treppenhausanbau auf der westlichen Seite des Gebäudes des Beigeladenen überschreitet die dort festgesetzte Baugrenze, die nach § 23 Abs. 3 BauNVO nicht überschritten werden darf. Diesbezüglich ist dem Beigeladenen aber unter dem 10. Juni 2013 eine Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB erteilt worden. Daraus können die Kläger jedoch kein Abwehrrecht gegen das streitgegenständliche Bauvorhaben herleiten, da auch die Festsetzung der Baugrenzen im maßgebenden Bebauungsplan keine Regelung darstellt, die ihnen gegenüber Drittschutz entfaltet und die erteilte Befreiung sich im Übrigen ihnen gegenüber nicht als rücksichtslos erweist.
69Auch den Festsetzungen eines Bebauungsplans zur überbaubaren Grundstücksfläche (Baugrenzen) kommt im Regelfall keine nachbarschützende Wirkung zu, weil diese in erster Linie wegen ihrer städtebaulichen Ordnungsfunktion öffentlichen Belangen dienen und nicht dem Nachbarschutz. Das schließt aber nicht aus, dass es im Einzelfall anders sein kann. Ob dieser Festsetzung neben ihrer städtebaulichen Ordnungsfunktion ausnahmsweise auch nachbarschützende Wirkung zukommt, ist im Einzelfall aus dem Inhalt und der Rechtsnatur der Festsetzung, der Planbegründung und den übrigen Umständen im Wege der Auslegung zu ermitteln.
70Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Dezember 2015 – 7 B 1085/15 - und vom 27. Januar 2014 – 2 A 1676/13 -, Urteil vom 25. Januar 2013 – 10 A 2269/10 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 29. Juli 2014 – 9 CS 14.1171 -, alle juris.
71Weder aus den textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans I. °°° noch aus seiner Begründung ist jedoch zu entnehmen bzw. wird deutlich, dass der Festsetzung der Baugrenze betreffend das Vorhabengrundstück ausnahmsweise neben ihrer städtebaulichen Ordnungsfunktion auch nachbarschützende Wirkung zukommen soll. Insofern wird auf die bereits oben angeführten Ziele und Zwecke der Planung ausweislich der Begründung des Bebauungsplans I. °°° Bezug genommen. Der noch freie Innenbereich sollte aufgrund der Nachfrage nach Wohnbauland baulich genutzt werden. Der Eingriff in die Freiräume sollte allerdings gering gehalten und eine verdichtete Bebauung verhindert werden. Hierzu sollen die vorgenommenen Festsetzungen dienen. Baugrenzen oder die überbaubare Grundstücksfläche sind ausdrücklich in der Begründung zum Bebauungsplan nicht erwähnt worden. Danach ist kein Wille des Plangebers dahingehend zu erkennen, dass auch Nachbarrechte mit der Festsetzung der Baugrenzen gewahrt werden sollten.
72Infolge des fehlenden Drittschutzes der Festsetzung der Baugrenzen im Bebauungsplan I. °°° steht den Klägern kein Abwehrrecht gegen die angegriffenen Baugenehmigungen allein wegen der Überschreitung der westlichen Baugrenze zu.
73Es kann damit dahinstehen, ob die mit Bescheid vom 10. Juni 2013 erteilte Befreiung von der festgesetzten westlichen Baugrenze insgesamt objektiv rechtlich mit § 31 Abs. 2 BauGB zu vereinbaren ist. Denn bei der Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von einer – wie hier - nicht nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans, hat der Nachbar über den Anspruch auf die Würdigung seiner nachbarlichen Interessen hinaus keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde.
74Gegen die Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung im Bebauungsplan kann ein Nachbar somit nur mit Erfolg vorgehen, wenn seine nachbarlichen Interessen bei der insoweit zu treffenden Ermessensentscheidung nicht hinreichend berücksichtigt sind. Alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat.
75Vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 1998 – 4 B 64.98 -, BauR 1998, 1206; OVG NRW, Beschlüsse vom 18. Dezember 2015 – 7 B 1085/15 - und vom 17. Februar 2011 – 7 B 1803/10 -, jeweils juris.
76Selbst wenn die Befreiung von nicht dem Nachbarschutz dienenden Vorschriften nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erteilt wurde, sind Nachbarrechte damit nur dann verletzt, wenn die Befreiung gemäß § 31 Abs. 2 BauGB unter entsprechender Berücksichtigung der nachbarrechtlichen Interessen wegen Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot nicht hätte erteilt werden dürfen.
77Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Juli 2003 - 10 B 629/03 -, BauR 2004, 646, m.w.N.
78Bei der nach den Grundsätzen des Gebots der Rücksichtnahme vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Schutzwürdigkeit des betroffenen Nachbarn, sein Interesse an der Einhaltung des Bebauungsplans und damit an einer Verhinderung von Beeinträchtigungen und Nachteilen sowie die Intensität der Beeinträchtigungen einerseits mit den Interessen des Bauherrn an der Erteilung der Befreiung andererseits abzuwägen. Der Nachbar kann umso mehr an Rücksichtnahme verlangen, je empfindlicher seine Stellung durch eine an die Stelle der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung tretende andersartige Nutzung berührt werden kann. Umgekehrt braucht derjenige, der die Befreiung in Anspruch nehmen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Maßgeblich kommt es darauf an, was nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten zuzumuten ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass derjenige, der sich auf den Bebauungsplan berufen kann, bei der Interessenabwägung grundsätzlich einen gewissen Vorrang hat.
79Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 2. August 2010 – 7 B 678/10 -, m.w.N.
80Unbeschadet dieses Vorrangs bedarf es für die Annahme eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot einer qualifizierten Störung des Nachbarn; bloße Lästigkeiten reichen nicht aus.
81Vgl. BVerwG, Urteil vom 6. Oktober 1989 – 4 C 14.87 -, juris.
82Über den Anspruch auf die Würdigung der nachbarlichen Interessen hinaus hat der Nachbar keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Baugenehmigungsbehörde.
83Nach den vorgenannten Maßstäben stellt sich die dem Beigeladenen erteilte Befreiung von der mit dem Bebauungsplan I. °°° festgesetzten westlichen Baugrenze nicht als rücksichtslos dar. Die Schwelle der Unzumutbarkeit wird für die Kläger nicht überschritten, denn die Situation ihres Grundstücks wird durch die die Befreiung ermöglichte überbaubare Grundstücksfläche nicht derart verschlechtert, dass sich diese Veränderung gegenüber den Klägern als rücksichtslos darstellt. Zunächst ist festzuhalten, dass bei der Beantwortung der Frage, ob die Befreiung die Kläger in ihren Rechten rücksichtslos beeinträchtigt, ausschließlich der Treppenhausanbau in die Betrachtung einzustellen ist, nur insoweit wurde eine Befreiung erteilt.
84Der die Baugrenze überschreitende Treppenhausanbau befindet sich auf der westlichen Seite des Grundstücks des Beigeladenen und liegt damit nicht direkt an der klägerischen Grundstücksgrenze. Die beiden Gebäude liegen ca. 11 m auseinander, der Treppenhausanbau ist knapp 15 m von dem klägerischen Gebäude entfernt. Davon ausgehend ist eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht ersichtlich. Insbesondere unter dem von den Klägern geltend gemachten Gesichtspunkt der Verschattung bzw. Besonnung kommt eine unzumutbare Beeinträchtigung der Kläger nicht in Betracht. Von dem genehmigten Treppenhausanbau allein geht keine Verschattung aus, die als für die Kläger unzumutbar zu bezeichnen wäre. Entsprechendes gilt für die Frage der Besonnung. Der Treppenhausanbau dürfte die Besonnung aus südwestlicher Richtung einschränken allenfalls geringfügig und deshalb nicht in unzumutbarer Weise.
85b)
86Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstößt auch im Übrigen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO.
87Dabei kann dahinstehen, inwieweit das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme im Geltungsbereich eines Bebauungsplan überhaupt noch geltend gemacht werden kann.
88Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 4 C 8/12 -, juris und Beschluss vom 27. Dezember 1984 – 4 B 278/84 -, juris.
89Denn das Bauvorhaben des Beigeladenen erweist sich gegenüber den Klägern nicht als rücksichtslos. Das Vorhaben des Beigeladenen führt zwar zu gewissen Beeinträchtigungen; die von den Klägern geltend gemachten Beeinträchtigungen überschreiten die Grenze zur Rücksichtslosigkeit jedoch nicht.
90Eine erdrückende Wirkung des Bauvorhabens auf ihr Grundstück ist zunächst nicht gegeben.
91Eine erdrückende Wirkung ist nach der Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich "die Luft nimmt", wenn für den Nachbarn das Gefühl des "Eingemauertseins" entsteht oder wenn die Größe des "erdrückenden" Gebäudes auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls - und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen - derartig übermächtig ist, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem "herrschenden" Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird.
92Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2014 - 7 B 1776/13 - und Urteil vom 19. Juli 2010 ‑ 7 A 3199/08 -, jeweils juris.
93Eine solche Wirkung ist angesichts der konkreten Lage und Größe der betroffenen Gebäude bzw. Grundstücke in dem von dem Bebauungsplan festgesetzten reinen Wohngebiet nicht anzunehmen. Entscheidend für die Beurteilung ist zunächst die Entfernung zwischen den Wohnhäusern von ca. 11 m. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass das Grundstück der Kläger eine Breite von ca. 44 m aufweist. Das Vorhaben des Beigeladenen befindet sich an der südlichen Schmalseite des Grundstücks der Kläger, die eine Tiefe von 22 m aufweist. Insbesondere der gesamte Bereich nördlich des Gebäudes der Kläger ist danach von Bebauung frei und bleibt als angrenzender Gartenbereich erhalten. Zwar wird das Grundstück der Kläger nach Norden schmaler, weist dort aber noch eine Breite von rund 14 m auf. Damit verbleibt nördlich des Gebäudes der Kläger noch ein von Bebauung freier Bereich. Zwar bleibt darüber hinaus die Firsthöhe des Gebäudes der Kläger nach dem Umbau des Gebäudes des Beigeladenen etwas hinter der des Gebäudes des Beigeladenen zurück (121,32 m üNN gegenüber 122,73 m üNN), dies allein reicht jedoch unter Berücksichtigung der dargelegten Grundstücks- und Gebäudesituation nicht aus, um von einer erdrückenden Wirkung im vorgenannten Sinne auszugehen.
94Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots folgt auch nicht unter dem Aspekt von – neuen – Einblickmöglichkeiten. Im neuen Dachgeschoss des Beigeladenen sind Richtung Norden, d.h. in Richtung des klägerischen Grundstücks zwei Fenster vorgesehen, im Erdgeschoss des Treppenhausanbaus ein Fenster. Im bebauten innerstädtischen Bereich gehört es zur Normalität, dass von benachbarten Grundstücken und Wohnhäusern aus Einsicht in das eigene Grundstück genommen werden kann. Die in diesem Zusammenhang sich ergebenden wechselseitigen Beeinträchtigungen müssen sowohl von den Klägern als auch von dem Beigeladenen grundsätzlich hingenommen werden und bedeuten aus sich heraus keine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme.
95Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 2015 – 7 B 1031/15 – und vom 29. August 2011 – 2 B 940/11 -, jeweils juris.
96Insoweit ist zudem darauf hinzuweisen, dass sich die neuen Einblickmöglichkeiten lediglich auf Teilflächen des klägerischen Grundstücks und Gebäudes beziehen. Den Klägern verbleiben Rückzugsmöglichkeiten auf ihrem Grundstück und in ihrem Haus, um sich gegen unerwünschte Einblickmöglichkeiten zu schützen.
97Eine Rücksichtslosigkeit ergibt sich ebenfalls nicht im Hinblick auf eine Einschränkung der Besonnung und Verschattung. Zwar ist hier aufgrund der Tatsache, dass sich das Gebäude des Beigeladenen südlich des klägerischen Wohnhauses und Grundstücks befindet, in gewissem Umfang eine Verschlechterung der Besonnung und eine entsprechende Verschattung, insbesondere bei tiefstehender Sonne zu erwarten. Es gibt jedoch keinen nachbarlichen Anspruch auf ungehinderte Besonnung eines Grundstücks.
98Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. Januar 2014 – 7 B 1776/13 -, Urteil vom 29. August 2005 – 10 A 3138/02 – und Beschluss vom 15. Mai 2002 – 7 B 558/02 -, jeweils juris.
99Dem Wohnhaus der Kläger und ihrem Grundstück bleibt jedenfalls die Besonnung aus östlicher und südöstlicher Richtung erhalten. Soweit die Kläger darauf hinweisen, sie würden künftig bei entsprechenden Lichtverhältnissen „im Dunkeln stehen müssen“, kann dies nicht nachvollzogen werden.
100Eine Verletzung von sonstigen nachbarschützenden Vorschriften des Bauplanungsrechts ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
1013.
102Ein Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts ist schließlich nicht ersichtlich. Eine Verletzung nachbarlicher Rechte der Kläger lässt sich vorliegend insbesondere nicht aus einem Verstoß gegen § 6 BauO NRW herleiten. Das Vorhaben des Beigeladenen hält zu dem Grundstück der Kläger die erforderlichen Abstandflächen ein (T 2 – Giebelwand nach Norden - und T 5 – Treppenhausanbau nach Norden).
103Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO. Es entspricht billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da er sich infolge des eigenen Antrags auf Klageabweisung einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat, §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO.
104Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 16. März 2016 - 10 K 3231/13
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 16. März 2016 - 10 K 3231/13
Referenzen - Gesetze
Referenzen - Urteile
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Urteil, 16. März 2016 - 10 K 3231/13 zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Die Grundflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Grundfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des Absatzes 3 zulässig sind.
(2) Zulässige Grundfläche ist der nach Absatz 1 errechnete Anteil des Baugrundstücks, der von baulichen Anlagen überdeckt werden darf.
(3) Für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die im Bauland und hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Straßenbegrenzungslinie liegt. Ist eine Straßenbegrenzungslinie nicht festgesetzt, so ist die Fläche des Baugrundstücks maßgebend, die hinter der tatsächlichen Straßengrenze liegt oder die im Bebauungsplan als maßgebend für die Ermittlung der zulässigen Grundfläche festgesetzt ist.
(4) Bei der Ermittlung der Grundfläche sind die Grundflächen von
- 1.
Garagen und Stellplätzen mit ihren Zufahrten, - 2.
Nebenanlagen im Sinne des § 14, - 3.
baulichen Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche, durch die das Baugrundstück lediglich unterbaut wird,
- 1.
bei Überschreitungen mit geringfügigen Auswirkungen auf die natürlichen Funktionen des Bodens oder - 2.
wenn die Einhaltung der Grenzen zu einer wesentlichen Erschwerung der zweckentsprechenden Grundstücksnutzung führen würde.
(5) Soweit der Bebauungsplan nichts anderes festsetzt, darf die zulässige Grundfläche in Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten durch die Grundflächen von Anlagen zur Erzeugung von Strom und Wärme aus solarer Strahlungsenergie und Windenergie überschritten werden.
(1) Als Vollgeschosse gelten Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind oder auf ihre Zahl angerechnet werden.
(2) Die Geschossflächenzahl gibt an, wieviel Quadratmeter Geschossfläche je Quadratmeter Grundstücksfläche im Sinne des § 19 Absatz 3 zulässig sind.
(3) Die Geschossfläche ist nach den Außenmaßen der Gebäude in allen Vollgeschossen zu ermitteln. Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass die Flächen von Aufenthaltsräumen in anderen Geschossen einschließlich der zu ihnen gehörenden Treppenräume und einschließlich ihrer Umfassungswände ganz oder teilweise mitzurechnen oder ausnahmsweise nicht mitzurechnen sind.
(4) Bei der Ermittlung der Geschossfläche bleiben Nebenanlagen im Sinne des § 14, Balkone, Loggien, Terrassen sowie bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen (seitlicher Grenzabstand und sonstige Abstandsflächen) zulässig sind oder zugelassen werden können, unberücksichtigt.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.
(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.
(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.
(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Reine Wohngebiete dienen dem Wohnen.
(2) Zulässig sind
(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden
- 1.
Läden und nicht störende Handwerksbetriebe, die zur Deckung des täglichen Bedarfs für die Bewohner des Gebiets dienen, sowie kleine Betriebe des Beherbergungsgewerbes, - 2.
sonstige Anlagen für soziale Zwecke sowie den Bedürfnissen der Bewohner des Gebiets dienende Anlagen für kirchliche, kulturelle, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
(4) Zu den nach Absatz 2 sowie den §§ 2, 4 bis 7 zulässigen Wohngebäuden gehören auch solche, die ganz oder teilweise der Betreuung und Pflege ihrer Bewohner dienen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die von dem Kläger vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch ergeben sie besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) oder deren grundsätzliche Bedeutung gemäߧ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.). Ebenso wenig ergibt sich (4.) aus ihnen eine Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, auf der das Urteil beruht (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
41. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
7die den Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 4. Oktober 2012 aufzuheben,
8im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Baugenehmigung verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteile sich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit dem Bebauungsplan III/4/11.01 in der Fassung der 5. Änderung vom 13. November 1978. Diesen Vorgaben entspreche das Vorhaben mit Ausnahme der rückwärtig geplanten Balkonanlage, die die hintere Baugrenze um ca. 2,50 m überschreite. Insoweit sei eine Befreiung gemäß § 31Abs. 2 BauGB erteilt worden. Es sei nicht erkennbar, dass die Festsetzung einer hinteren Baugrenze hier aus sich heraus nachbarschützende Wirkung habe. Regelmäßig liege die Annahme nahe, der Plangeber habe mit dieser Festsetzung allein im öffentlichen Interesse städtebauliche Absichten verfolgt. Greifbare Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall eine anderslautende Auslegung rechtfertigen würden, seien nicht erkennbar. Angesichts der örtlichen Verhältnisse spreche vielmehr alles dafür, dass der Satzungsgeber mit der Festsetzung aus Gründen der städtebaulichen Gestaltung des Wohngebiets eine Begrenzung der rückwärtigen Bautiefe und damit auch der Größe der Baukörper habe vorgeben wollen. Auch bei der Erteilung der Befreiung habe die Beklagte das Rücksichtnahmegebot nicht zum Nachteil des Klägers verletzt. Die negativen Auswirkungen des Bauvorhabens der Beigeladenen gingen nicht über das Maß des Zumutbaren hinaus.
9Die dagegen von dem Kläger erhobenen Einwände haben keinen Erfolg.
10Das Verwaltungsgericht hat unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Gerichts zutreffend dargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Festsetzung einer hinteren Baugrenze in einem Bebauungsplan (ausnahmsweise) nachbarschützende Wirkung haben kann.
11Vgl. dazu zunächst nur das von dem Verwaltungsgericht zitierte BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995- 4 B 215.95 -, BRS 57 Nr. 219 = juris Rn. 3.
12Dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts lässt keinen Raum für Zweifel. Es bezieht sich mit der Aussage, § 30 BauGB begründe aus sich heraus keine subjektiv- öffentlichen Rechte zugunsten des Nachbarn ausdrücklich auch auf § 23 BauNVO und die überbaubare Grundstücksfläche. Der von dem Zulassungsantrag angesprochene Leitsatz zu diesem Urteil, ob Festsetzungen eines Bebauungsplans über das Maß der baulichen Nutzung und über die überbaubaren Grundstücksflächen drittschützend sind, hängt vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab, ist eindeutig. Er kann nur so verstanden werden, dass die besagten Festsetzungsarten regelmäßig nicht drittschützend sind und lediglich die Gemeinde es in der Hand hat, ihnen im Einzelfall eine drittschützende Wirkung zuzuweisen.
13Auf derselben Linie liegt das im Zulassungsantrag in Bezug genommene Urteil des 10. Senats vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, BauR 2013,1239 = juris Rn. 99 ff. Auch dort wird ausgeführt, dass Festsetzungen eines Bebauungsplans zur überbaubaren Grundstücksfläche im Regelfall keine nachbarschützende Wirkung zukommt, weil diese Festsetzungen wegen ihrer vorrangig städtebaulichen Ordnungsfunktion öffentlichen Belangen dienen und nicht dem Nachbarschutz. Ob eine planerische Festsetzung neben ihrer städtebaulichen Ordnungsfunktion ausnahmsweise nachbarschützende Wirkung hat - heißt es weiter - ist im jeweiligen Einzelfall aus dem Inhalt und der Rechtsnatur der Festsetzung, der Planbegründung und den übrigen Umständen im Wege der Auslegung zu ermitteln.
14Auch der beschließende Senat hat sich in jüngerer Zeit in seinen Beschlüssen vom 8. Mai 2013 - 2 A 1715/12 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks, und vom 2. August 2012 ‑ 2 B 851/12 -, S. 7 des amtlichen Umdrucks, auf diesen Standpunkt gestellt
15Warum dieser in ständiger Rechtsprechung etablierte und zudem ausgewogene Prüfungsansatz im vorliegenden Fall zu einer anderslautenden Entscheidung führen müsste, legt der Zulassungsantrag nicht dar. Mit dem Willen des Plangebers setzt er sich nicht im Einzelnen auseinander. Seine Ausführungen zielen vielmehr darauf, das auch von dem Verwaltungsgericht angewandte Regel-Ausnahme-Schema grundsätzlich zu revidieren.
16Allerdings zeigt der Zulassungsantrag trotz des Verweises auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. März 1995 - 3 S 3321/94 -, BRS 57 Nr. 211 = juris Rn. 6, sowie den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Mai 1994 - Bs II 18/94 -, BRS 56 Nr. 155 = juris Rn. 9, nicht auf, dass eine derartige Revision nunmehr vorgenommen werden müsste.
17Falls ein Plangeber durch die Bestimmung von Baugrenzen und Baulinien faktisch einzuhaltende Grenzabstände festsetzte und er damit explizit denselben nachbarschützenden Zweck verfolgte wie die Abstandsflächenbestimmung des § 6 BauO NRW, würde dies auch nach der hier vertretenen Auffassung (ausnahmsweise) zur Annahme einer nachbarschützenden Wirkung hinterer Baugrenzen führen. Jedoch ist es vor dem Hintergrund der generell nur objektiven städtebaulichen Funktion von Maßfestsetzungen nach §§ 16 ff. BauNVO und von Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche gemäß § 23 BauNVO auch aus Gründen des Nachbarrechtsschutzes nicht gerechtfertigt, einen solchen Planungswillen in jedweder Planungssituation systemwidrig zu fingieren und so der Sache nach den Gebietsgewährleistungsanspruch über die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung hinaus zu erweitern. Lücken im baurechtlichen Nachbarschutzsystem entstehen dadurch nicht. Die im Zulassungsantrag thematisierten verschiedenen nachbarlichen Interessen, die auch im Hintergrund des § 6 BauO NRW stehen, bleiben - wie das Verwaltungsgericht gesehen hat - ungeachtet der Reichweite des Nachbarschutzes in Festsetzungen eines Bebauungsplans im Rahmen der Befreiungsentscheidung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu beachten.
18Dass das Verwaltungsgericht die nachbarlichen Interessen des Klägers bei der Überprüfung der Befreiung verkannt hätte, macht der Zulassungsantrag nicht deutlich.
19Seine Bewertung, die negativen Auswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen gingen nicht über das Maß des Zumutbaren hinaus, hat das Verwaltungsgericht, das die Örtlichkeit im Rahmen eines Ortstermins am 13. Dezember 2012 in Augenschein genommen hat, nachvollziehbar damit begründet, das Vorhaben halte in Richtung auf das Grundstück des Klägers bezüglich des Hauptgebäudes die nach § 6 BauO NRW geforderten Abstandflächen ein. Der Carport sei mit den geplanten Maßen nach § 6 Abs. 11 BauO NRW an der Grenze zulässig. Die Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen rücke auch durch die rückwärtige Balkonanlage nicht unzumutbar nah an das Grundstück des Klägers heran. Die Balkonanlage befinde sich nur vor dem Erdgeschoss des Vorhabens der Beigeladenen und erreiche damit - bedingt durch die Hängigkeit des Geländes - nur etwa eine Geschosshöhe über dem vorhandenen Geländeniveau. Sie sei überdies nicht in Richtung auf das Grundstück des Klägers, sondern nach Nordosten gelegen. Unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des Klägers eröffne sie nicht. Mit solchen Einsichtnahmemög-lichkeiten sei in einem bebauten innerstädtischen Gebiet ohnehin allgemein zu rechnen sei. Aus entsprechenden Gründen komme die Annahme einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht.
20Dem setzt der Zulassungsantrag nichts Substantielles entgegen.
21Er beschränkt sich im Zusammenhang mit der nachbarschützenden Wirkung hinterer Baugrenzen auf allgemeine Ausführungen zum Sinn und Zweck des Abstandsflächenrechts und macht im Übrigen geltend, genehmigt sei eine Balkonanlage, die einen vollständigen Überblick, gleichsam wie von einem Aussichtsturm, auf das Grundstück des Klägers ermögliche. Woran der Zulassungsantrag diese Einschätzung abgesehen von dem Ausmaß der Überschreitung der Baugrenze konkret anknüpft und wie er sie im Kontext des § 31 Abs. 2 BauGB gewichtet, legt er nicht offen.
222. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.
23Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dass der Ausgang des Rechtsstreits in dem vorgenannten Sinn offen ist, lässt sich auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens aus den unter 1. genannten Gründen nicht feststellen. Besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten wirft die Sache auch ansonsten nicht auf. Die Frage der nachbarschützenden Wirkung hinterer Baugrenzen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Gerichts geklärt.
243. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
26Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Die von ihm aufgeworfene Frage,
27„ob rückwärtige Baugrenzen regelmäßig nachbarschützende Wirkung haben und die Behörde im Einzelfall den Nachweis zu führen hat, dass entsprechende Festsetzungen ausschließlich städtebauliche Gründe haben“,
28muss nicht erst in einem Berufungsverfahren beantwortet werden. Sie ist, dies sei wiederholt, anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Gerichts zu verneinen. Einen weitergehenden Klärungsbedarf lässt der Zulassungsantrag in Anbetracht dessen auch unter dem Gesichtspunkt vereinzelter divergierender Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts nicht hervortreten.
294. Der Kläger legt schließlich den Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 124Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht dar.
30Hierzu muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht.
31Einen solchen Rechtssatz benennt der Kläger nicht. Divergenzfähig sind nur die Entscheidungen des im Instanzenzug übergeordneten Berufungsgerichts, hier also des beschließenden Gerichts.
32Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 Rn. 162, m. w. N.
33Der Kläger beruft sich jedoch nur auf abweichende Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts.
34Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
35Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
36Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
37Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.
(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.
(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller zu 1. trägt die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens, die Antragsteller zu 2. und 3. tragen als Gesamtschuldner die weitere Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens; die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt dieser selbst.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Verfahren beider Rechtszüge auf 7.500 Euro festgesetzt.
1
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
2Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 15.5.2015 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Interessenabwägung falle zum Nachteil der Antragsteller aus, weil nicht erkennbar sei, dass die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung Nachbarrechte der Antragsteller als Eigentümer der nördlich bzw. südlich gelegenen Grundstücke verletze.
3Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung dieser Entscheidung.
4Der Senat geht im Rahmen der vorliegend allein gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass der Bebauungsplan „P.--ring “ der Antragsgegnerin nicht offensichtlich unwirksam ist. Inwieweit ein Bebauungsplan unwirksam ist, ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts nur anhand des Maßstabs der Offensichtlichkeit zu beurteilen.
5Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19.1.2009
6- 10 B 1687/08 -, BRS 74 Nr. 29 = BauR 2009, 771 m. w. N.
7Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unwirksamkeit des Plans sind hier nicht vorgetragen und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
8Soweit die Antragsteller der Sache nach rügen, die Baugenehmigung sei nachbarrechtswidrig, weil bei ihrer Erteilung in rechtswidriger Weise eine Ausnahme von der Festsetzung geschlossener Bauweise zum P.--ring hin, Befreiungen von nachbarschützenden Festsetzungen zu einer Baulinie am P.--ring sowie zu einer Grundflächenzahl von 0,5 und eine Abweichung von einer gestalterischen Festsetzung durch Zulassung weißen Verblendmauerwerks erteilt worden seien, erschüttern sie nicht die Begründung des Verwaltungsgerichts, das ausgeführt hat, es sei in diesem Zusammenhang nicht von nachbarschützenden Planfestsetzungen auszugehen. Ob eine Festsetzung eines Bebauungsplans neben ihrer städtebaulichen Funktion auch nachbarschützende Wirkung hat, ist in jedem Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln.
9Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19.2.2009
10- 7 B 1899/08 -, juris, m. w. N.
11Die Antragsteller haben hier auch mit Blick auf die in Bezug genommenen Abschnitte der Begründung des Bebauungsplans nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt, dass von einer nachbarschützenden Wirkung der in Rede stehenden Festsetzungen auszugehen ist.
12Soweit die Antragsteller der Sache nach möglicherweise ferner für den Fall, dass die in Rede stehenden Festsetzungen nicht nachbarschützend sind, vorsorglich geltend machen, die auch bei der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB gebotene Würdigung ihrer nachbarlichen Interessen sei unterblieben, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. § 31 Abs. 2 BauGB hat zwar mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen drittschützende Wirkung. Das bedeutet aber lediglich, dass nur bei einer fehlerhaften Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans stets ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben ist, dass also bei nachbarschützenden Festsetzungen jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung führen muss. Demgegenüber besteht Drittschutz des Nachbarn bei einer rechtswidrigen Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung nur dann, wenn seine nachbarlichen Interessen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind; alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2014
14- 7 B 1416/13 -, juris. m. w. N.
15Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist hier indes nicht hinreichend dargelegt. Einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vermag der Senat auch unter dem Aspekt der Schaffung von Einsichtnahmemöglichkeiten bzw. Verschattung insbesondere des nördlichen Grundstücks weder im Zusammenhang mit der Befreiung von der Baulinie noch sonst zu erkennen. Die zusätzlichen Einsichtnahmemöglich-keiten und die weitere Verschattung bewegen sich vielmehr im Rahmen dessen, was in bebauten innerörtlichen Bereichen regelmäßig hinzunehmen ist.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.2.2009
17- 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 = BauR 2009, 775.
18Auch im Zusammenhang mit der Ausnahme von der geschlossenen Bauweise an der südlichen Grundstücksgrenze ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht zu erkennen. Das gleiche gilt, soweit die Antragsteller eine Befreiung von der festgesetzten Grundflächenzahl beanstanden.
19Der Einwand der Antragsteller, die Baulinie sei im Lageplan falsch eingetragen, trifft zwar in der Sache zu. Dass sich - angesichts des ungeachtet dessen eindeutig festgelegten Vorhabenstandorts - daraus eine Verletzung von Rechten der Antragsteller ergeben könnte, vermag der Senat indes nicht zu erkennen.
20Soweit die Antragsteller eine Abweichung von Vorgaben des Abstandrechts an der nördlichen Grenze des Grundstücks des Beigeladenen rügen, hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es mit Blick auf die Vorgaben zur geschlossenen Bauweise insoweit einer Abstandfläche nicht bedurfte. Ob eine hinreichende Beteiligung im Hinblick auf eine nach Ansicht der Antragsteller erforderliche Zustimmung zur Beseitigung bzw. Umgestaltung einer im nördlichen Grenzbereich des Vorhabengrundstücks gelegenen Grenzmauer - die nach Einschätzung der Antragsteller teilweise auf dem Grundstück des Antragstellers zu 1. steht - stattgefunden hat, ist für die Entscheidung unerheblich. Denn die ordnungsgemäße Beteiligung des Nachbarn im Baugenehmigungsverfahren betrifft keine Vorschriften, die öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz vermitteln.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2014
22- 7 B 1416/13 -, juris.
23Darauf, ob das Verwaltungsgericht bereits am 2.9.2015 entscheiden durfte, nachdem dem Antragsteller die Aufforderung zur Stellungnahme ohne Benennung einer Frist am 1.9.2015 zugegangen war, kommt es schon deshalb nicht an, weil ein etwaiger Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, ohnehin mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens geheilt worden wäre.
24Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 und 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten des Beigeladenen nicht den Antragstellern aufzuerlegen, weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertentscheidung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG sowie § 63 Abs. 3 GKG.
25Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
Tenor
I.
In Abänderung der Nummern 1 und 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2014 wird die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung des Landratsamts Erlangen-Höchstadt vom 24. Februar 2014 angeordnet.
II.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
II.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller zu 1. trägt die Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens, die Antragsteller zu 2. und 3. tragen als Gesamtschuldner die weitere Hälfte der Kosten des Beschwerdeverfahrens; die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen trägt dieser selbst.
Der Wert des Streitgegenstands wird für das Verfahren beider Rechtszüge auf 7.500 Euro festgesetzt.
1
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
2Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung vom 15.5.2015 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Interessenabwägung falle zum Nachteil der Antragsteller aus, weil nicht erkennbar sei, dass die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung Nachbarrechte der Antragsteller als Eigentümer der nördlich bzw. südlich gelegenen Grundstücke verletze.
3Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grundsätzlich beschränkt ist, führen nicht zu einer Änderung dieser Entscheidung.
4Der Senat geht im Rahmen der vorliegend allein gebotenen summarischen Prüfung davon aus, dass der Bebauungsplan „P.--ring “ der Antragsgegnerin nicht offensichtlich unwirksam ist. Inwieweit ein Bebauungsplan unwirksam ist, ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gemäß der ständigen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts nur anhand des Maßstabs der Offensichtlichkeit zu beurteilen.
5Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19.1.2009
6- 10 B 1687/08 -, BRS 74 Nr. 29 = BauR 2009, 771 m. w. N.
7Anhaltspunkte für eine offensichtliche Unwirksamkeit des Plans sind hier nicht vorgetragen und im Übrigen auch nicht ersichtlich.
8Soweit die Antragsteller der Sache nach rügen, die Baugenehmigung sei nachbarrechtswidrig, weil bei ihrer Erteilung in rechtswidriger Weise eine Ausnahme von der Festsetzung geschlossener Bauweise zum P.--ring hin, Befreiungen von nachbarschützenden Festsetzungen zu einer Baulinie am P.--ring sowie zu einer Grundflächenzahl von 0,5 und eine Abweichung von einer gestalterischen Festsetzung durch Zulassung weißen Verblendmauerwerks erteilt worden seien, erschüttern sie nicht die Begründung des Verwaltungsgerichts, das ausgeführt hat, es sei in diesem Zusammenhang nicht von nachbarschützenden Planfestsetzungen auszugehen. Ob eine Festsetzung eines Bebauungsplans neben ihrer städtebaulichen Funktion auch nachbarschützende Wirkung hat, ist in jedem Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln.
9Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 19.2.2009
10- 7 B 1899/08 -, juris, m. w. N.
11Die Antragsteller haben hier auch mit Blick auf die in Bezug genommenen Abschnitte der Begründung des Bebauungsplans nicht hinreichend substantiiert aufgezeigt, dass von einer nachbarschützenden Wirkung der in Rede stehenden Festsetzungen auszugehen ist.
12Soweit die Antragsteller der Sache nach möglicherweise ferner für den Fall, dass die in Rede stehenden Festsetzungen nicht nachbarschützend sind, vorsorglich geltend machen, die auch bei der Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB gebotene Würdigung ihrer nachbarlichen Interessen sei unterblieben, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. § 31 Abs. 2 BauGB hat zwar mit dem Gebot der Würdigung nachbarlicher Interessen drittschützende Wirkung. Das bedeutet aber lediglich, dass nur bei einer fehlerhaften Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans stets ein nachbarlicher Abwehranspruch gegeben ist, dass also bei nachbarschützenden Festsetzungen jeder Fehler bei der Anwendung des § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung führen muss. Demgegenüber besteht Drittschutz des Nachbarn bei einer rechtswidrigen Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung nur dann, wenn seine nachbarlichen Interessen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind; alle übrigen denkbaren Fehler einer Befreiung machen diese und die auf ihr beruhende Baugenehmigung zwar objektiv rechtswidrig, vermitteln dem Nachbarn aber keinen Abwehranspruch, weil seine eigenen Rechte nicht berührt werden. Unter welchen Voraussetzungen eine Befreiung die Rechte des Nachbarn verletzt, ist dabei nach den Maßstäben zu beantworten, die das Bundesverwaltungsgericht zum Gebot der Rücksichtnahme entwickelt hat.
13Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2014
14- 7 B 1416/13 -, juris. m. w. N.
15Eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots ist hier indes nicht hinreichend dargelegt. Einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot vermag der Senat auch unter dem Aspekt der Schaffung von Einsichtnahmemöglichkeiten bzw. Verschattung insbesondere des nördlichen Grundstücks weder im Zusammenhang mit der Befreiung von der Baulinie noch sonst zu erkennen. Die zusätzlichen Einsichtnahmemöglich-keiten und die weitere Verschattung bewegen sich vielmehr im Rahmen dessen, was in bebauten innerörtlichen Bereichen regelmäßig hinzunehmen ist.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9.2.2009
17- 10 B 1713/08 -, BRS 74 Nr. 181 = BauR 2009, 775.
18Auch im Zusammenhang mit der Ausnahme von der geschlossenen Bauweise an der südlichen Grundstücksgrenze ist eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht zu erkennen. Das gleiche gilt, soweit die Antragsteller eine Befreiung von der festgesetzten Grundflächenzahl beanstanden.
19Der Einwand der Antragsteller, die Baulinie sei im Lageplan falsch eingetragen, trifft zwar in der Sache zu. Dass sich - angesichts des ungeachtet dessen eindeutig festgelegten Vorhabenstandorts - daraus eine Verletzung von Rechten der Antragsteller ergeben könnte, vermag der Senat indes nicht zu erkennen.
20Soweit die Antragsteller eine Abweichung von Vorgaben des Abstandrechts an der nördlichen Grenze des Grundstücks des Beigeladenen rügen, hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es mit Blick auf die Vorgaben zur geschlossenen Bauweise insoweit einer Abstandfläche nicht bedurfte. Ob eine hinreichende Beteiligung im Hinblick auf eine nach Ansicht der Antragsteller erforderliche Zustimmung zur Beseitigung bzw. Umgestaltung einer im nördlichen Grenzbereich des Vorhabengrundstücks gelegenen Grenzmauer - die nach Einschätzung der Antragsteller teilweise auf dem Grundstück des Antragstellers zu 1. steht - stattgefunden hat, ist für die Entscheidung unerheblich. Denn die ordnungsgemäße Beteiligung des Nachbarn im Baugenehmigungsverfahren betrifft keine Vorschriften, die öffentlich-rechtlichen Nachbarschutz vermitteln.
21Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2014
22- 7 B 1416/13 -, juris.
23Darauf, ob das Verwaltungsgericht bereits am 2.9.2015 entscheiden durfte, nachdem dem Antragsteller die Aufforderung zur Stellungnahme ohne Benennung einer Frist am 1.9.2015 zugegangen war, kommt es schon deshalb nicht an, weil ein etwaiger Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, ohnehin mit der Durchführung des Beschwerdeverfahrens geheilt worden wäre.
24Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 und 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die Kosten des Beigeladenen nicht den Antragstellern aufzuerlegen, weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO). Die Streitwertentscheidung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. § 52 Abs. 1 GKG sowie § 63 Abs. 3 GKG.
25Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
Tatbestand
- 1
-
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Baugenehmigung für einen bordellartigen Betrieb in .... Hilfsweise begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr bei bzw. in einem näher bezeichneten Zeitraum vor dem Inkrafttreten der während des Berufungsverfahrens erlassenen Veränderungssperre ein Anspruch auf Neubescheidung ihres Bauantrags zustand.
- 2
-
Auf dem Vorhabengrundstück wurde in den 1960er Jahren ein siebengeschossiges Gebäude errichtet, das als Hauptfiliale einer Handelskette für Foto- und Radiogeräte genutzt wurde. Im Bebauungsplan aus dem Jahre 1993 war das Grundstück als Kerngebiet festgesetzt, Wohnungen oberhalb des ersten Vollgeschosses waren allgemein zulässig. Angestoßen durch Pläne, auf dem Grundstück ein neues Büro- und Geschäftsgebäude zu errichten, beschloss das zuständige Bezirksamt des Beklagten im Jahre 1995 die Aufstellung eines Änderungs-Bebauungsplans, der im Jahre 2006 für rechtsverbindlich erklärt wurde. Er weist das Grundstück ebenfalls als Kerngebiet aus, lässt aber einen geänderten Baukörper mit bis zu acht Vollgeschossen zu. Nach den textlichen Festsetzungen des Änderungs-Bebauungsplans sind im Kerngebiet Spielhallen unzulässig, in der ersten Ebene unter der Geländeoberfläche sind nur Einzelhandelsbetriebe und Tiefgaragen zulässig, Wohnungen sind oberhalb des sechsten Vollgeschosses allgemein zulässig.
- 3
-
Bereits vor Inkrafttreten des Änderungs-Bebauungsplans - im Jahre 2005 - meldete die Foto- und Radio-Handelskette Insolvenz an; in das Erdgeschoss und das erste Obergeschoss des bestehenden Gebäudes zog ein Erotikkaufhaus mit angeschlossenem Kino ein. In der Umgebung des Vorhabengrundstücks findet Straßenprostitution statt.
- 4
-
Im Mai 2007 beantragte die Klägerin eine Baugenehmigung für die Änderung der Nutzung des zweiten bis fünften Obergeschosses des bestehenden Gebäudes in ein "Laufhaus/Zimmervermietung/bordellartiger Betrieb". Nach den Eingabeplänen sind 48 Zimmer vorgesehen, die an Prostituierte vermietet werden, die in den Öffnungszeiten (11 bis 6 Uhr) jeweils vor den Zimmern auf ihre Kunden warten. Das Bezirksamt lehnte den Bauantrag ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg.
- 5
-
Das Verwaltungsgericht hat die Versagungsgegenklage der Klägerin abgewiesen, weil das Vorhaben im Kerngebiet gegen das in § 15 Abs. 1 BauNVO verankerte Rücksichtnahmegebot verstoße. Es führe zu einem sog. Trading-Down-Effekt des gesamten Gebiets mit der Folge einer Verdrängung bereits ansässiger Betriebe und der Wohnbevölkerung. Mit dem Laufhaus komme aufgrund seiner Größe Prostitution in einem Umfang hinzu, der angesichts der bereits vorhandenen Belastung des Baugebiets nicht mehr tragbar sei.
- 6
-
Während des Berufungszulassungsverfahrens - im Mai 2011 - beschloss das zuständige Bezirksamt des Beklagten die Aufstellung des Bebauungsplans 7-50B, mit dem das Vorhabengrundstück sowie weitere, daran angrenzende Grundstücke nunmehr als Mischgebiet ausgewiesen werden sollten. Im September 2011 erließ das Bezirksamt eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplan-Entwurfs, die am 1. Oktober 2011 in Kraft trat.
- 7
-
Trotz der Veränderungssperre hielt die Klägerin an der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Berufung fest. Sie stellte sich auf den Standpunkt, dass die Zeit der rechtswidrigen Verzögerung und Versagung der Baugenehmigung entsprechend § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre anzurechnen sei mit der Folge, dass die Veränderungssperre ihr gegenüber jedenfalls seit Januar 2012 hinfällig geworden sei. Die Klägerin beantragte, den Beklagten zu verpflichten, ihr die beantragte Nutzungsänderung zu genehmigen, hilfsweise, unter anderem festzustellen, dass der Beklagte bei bzw. in der Zeit vom 13. Februar 2008 bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre verpflichtet war, über ihren Bauantrag erneut zu entscheiden.
- 8
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung im Hauptantrag abgewiesen, in den Hilfsanträgen hat es ihr stattgegeben. Im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung könne die Klägerin weder die Erteilung der beantragten Baugenehmigung noch eine erneute Entscheidung darüber beanspruchen, denn die Veränderungssperre stehe der beabsichtigten Nutzungsänderung entgegen. Sie sei auch nicht in entsprechender Anwendung des § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB gegenüber der Klägerin unwirksam geworden, weil dies voraussetze, dass die - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen für eine förmliche Zurückstellung und der Erlass einer Veränderungssperre vorliegen. Erfolg hätten dagegen die Hilfsanträge der Klägerin. Der Beklagte sei bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre verpflichtet gewesen, die Sache hinsichtlich der noch fehlenden Prüfung des Brandschutznachweises spruchreif zu machen und auf dieser Grundlage über die Erteilung der Baugenehmigung zu entscheiden. Das in einem Kerngebiet allgemein zulässige und mit dessen Gebietscharakter vereinbare Vorhaben sei nicht nach § 15 BauNVO unzulässig. Ein Rückgriff auf § 15 BauNVO sei dem Beklagten verwehrt, soweit die Unzulässigkeit damit begründet werde, es komme durch das Zusammentreffen des geplanten Laufhauses mit dem bereits vorhandenen Erotikkaufhaus und -kino sowie der Straßenprostitution zu einer der planerischen Konzeption widersprechenden Strukturveränderung in Richtung auf einen "Rotlichtbezirk". Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sei nur eröffnet, wenn der Bebauungsplan bestimmte Konflikte in rechtmäßiger Weise habe offen lassen dürfen. Betroffenheiten, die der Plangeber in den Blick habe nehmen müssen, weil sie zum notwendigen Abwägungsprogramm gehören, und die sich als eine typische planbedingte Folge darstellen, könnten demgegenüber nicht mehr Gegenstand einer Nach- bzw. Feinsteuerung durch die Anwendung des § 15 BauNVO sein, denn sie seien durch die getroffene Abwägungsentscheidung gleichsam aufgezehrt. Die durch die störende Häufung des Prostitutions- und Sexgewerbes möglichen Nutzungskonflikte hätten vorliegend auf der Hand gelegen und zum Gegenstand der planerischen Abwägung gemacht werden müssen.
- 9
-
Beide Beteiligte haben von dem - hinsichtlich der Entscheidung über den Hauptantrag vom Oberverwaltungsgericht und hinsichtlich der Entscheidung über die Hilfsanträge vom Senat zugelassenen - Rechtsmittel der Revision Gebrauch gemacht.
- 10
-
Am 21. Dezember 2012 wurde die Verordnung über die Festsetzung des Bebauungsplans 7-50B verkündet. Als Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung ist der Tag nach der Verkündung bestimmt.
Entscheidungsgründe
- 11
-
Die zulässigen Revisionen der Klägerin und des Beklagten sind jeweils teilweise begründet. Dem Berufungsurteil ist teils aufgrund einer während des Revisionsverfahrens eingetretenen Rechtsänderung die Grundlage entzogen, teils steht es mit Bundesrecht nicht im Einklang. Da der Senat in der Sache nicht selbst entscheiden kann, ist das Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
- 12
-
1. Die Revision der Klägerin ist teilweise begründet, weil mit der Verkündung der Verordnung über die Festsetzung des Bebauungsplans 7-50B eine Rechtsänderung eingetreten ist, die zu berücksichtigen der Senat einerseits verpflichtet ist, auf deren Grundlage er andererseits aber nicht in der Lage ist, über den von der Klägerin geltend gemachten Verpflichtungsanspruch selbst abschließend zu entscheiden.
- 13
-
Das Oberverwaltungsgericht hat die Klage im Hauptantrag mit der Begründung abgewiesen, dass die während des Berufungszulassungsverfahrens erlassene Veränderungssperre der begehrten Nutzungsänderung entgegenstehe. Dieser Begründung ist die Grundlage dadurch entzogen, dass der Beklagte den durch die Veränderungssperre gesicherten Bebauungsplan 7-50B während des Revisionsverfahrens in Kraft gesetzt hat. Mit der das Planungsverfahren abschließenden Verkündung der Verordnung über die Festsetzung dieses Bebauungsplans (GVBl Berlin 2012 S. 526) ist die Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 5 BauGB außer Kraft getreten; auf die Wirksamkeit des mit der Verkündung in Kraft gesetzten Bebauungsplans kommt es insoweit nicht an (Beschluss vom 28. Februar 1990 - BVerwG 4 B 174.89 - Buchholz 406.11 § 17 BauGB Nr. 3
). Eine gegenüber der Klägerin wirksame Veränderungssperre lag folglich im Zeitpunkt der Revisionsentscheidung nicht mehr vor. Diese Rechtsänderung ist vom Revisionsgericht zu beachten, weil sie auch die Vorinstanz berücksichtigen müsste, wenn sie jetzt entschiede (vgl. Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 m.w.N.).
- 14
-
Ob der Klägerin nach Bekanntmachung des Bebauungsplans 7-50B ein Anspruch auf Genehmigung der beantragten Nutzungsänderung zusteht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), kann der Senat nicht selbst abschließend entscheiden. In dem nunmehr festgesetzten Mischgebiet ist das Vorhaben der Klägerin gemäß § 30 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich unzulässig, weil ein bordellartiger Betrieb - unabhängig davon, ob er als sonstiger Gewerbebetrieb im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BauNVO oder als Vergnügungsstätte im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO einzuordnen ist - mit der im Mischgebiet ebenfalls zulässigen Wohnnutzung unverträglich ist (allgemeine Meinung, vgl. z.B. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. 2008, Anm. 2.1 zu § 6 m.w.N. zur obergerichtlichen Rechtsprechung) und er deshalb den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht. Voraussetzung dieser Unzulässigkeits-Rechtsfolge ist allerdings, dass die Mischgebietsausweisung wirksam ist. Die Beurteilung der Rechtswirksamkeit eines Bebauungsplans ist grundsätzlich Aufgabe der Tatsachengerichte und dem Revisionsgericht vorliegend verwehrt. Der Senat kann die Rechtswirksamkeit der Mischgebietsausweisung auch nicht im Sinne einer alternativen Prüfung offen lassen. Wäre die Mischgebietsausweisung rechtswidrig und unwirksam, beurteilte sich die Zulässigkeit der beantragten Nutzungsänderung nach den Festsetzungen des Vorgänger-Bebauungsplans aus dem Jahre 2006. Ob dieser Bebauungsplan seinerseits rechtswirksam ist, kann der Senat wiederum nicht abschließend beurteilen. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass dieser Bebauungsplan wegen eines Verstoßes gegen das Konfliktbewältigungsgebot rechtswidrig, aber "im Hinblick auf die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB als wirksam zugrunde zu legen" sei. Andere mögliche Rechtsfehler des Bebauungsplans hat es indes nicht geprüft. Es ist deshalb nicht ausgeschlossen, dass auch der Änderungs-Bebauungsplan aus dem Jahre 2006 wegen anderer Rechtsverstöße unwirksam ist mit der Folge, dass die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens nach dem Bebauungsplan aus dem Jahre 1993 zu beurteilen wäre. Auch über dessen Rechtswirksamkeit könnte der Senat - infolge Fehlens entsprechender Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts - nicht abschließend befinden. Als Zulässigkeitsmaßstab für die beantragte Nutzungsänderung käme deshalb letztlich auch § 34 Abs. 1 oder 2 BauGB in Betracht. Die Anwendbarkeit des Rücksichtnahmegebots hat das Oberverwaltungsgericht zwar für den Änderungs-Bebauungsplan 2006, nicht aber für den Bebauungsplan 1993 oder für § 34 BauGB ausgeschlossen. Selbst unter Zugrundelegung der - wie sogleich zu zeigen sein wird: unzutreffenden - Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass § 15 Abs. 1 BauNVO aufgrund einer rechtswidrig unterbliebenen Konfliktbewältigung im Änderungs-Bebauungsplan 2006 "aufgezehrt" worden sei, könnte deshalb die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens von den Maßstäben des Rücksichtnahmegebots abhängen. Tatsächliche Feststellungen hierzu hat das Oberverwaltungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus konsequent - nicht getroffen. Auf die vom Verwaltungsgericht festgestellten Tatsachen kann der Senat nicht zurückgreifen, weil das Oberverwaltungsgericht nicht zu erkennen gegeben hat, dass es sich diese Feststellungen zu Eigen gemacht hätte (vgl. hierzu z.B. Kraft, in: Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 144 Rn. 18). Der Senat muss deshalb offen lassen, ob das klägerische Vorhaben auch im Falle der Unwirksamkeit der Mischgebietsausweisung unzulässig ist. Die hierfür erforderlichen Feststellungen wird das Oberverwaltungsgericht nachzuholen haben.
- 15
-
2. Die Revision des Beklagten ist ebenfalls teilweise begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit das Oberverwaltungsgericht auf die Hilfsanträge der Klägerin hin festgestellt hat, dass der Beklagte bei bzw. in einem näher bezeichneten Zeitraum vor Inkrafttreten der Veränderungssperre zur Bescheidung verpflichtet war. Revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden ist zwar die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die durch eine störende Häufung des Prostitutions- und Sexgewerbes möglichen Nutzungskonflikte hätten bereits auf der Planungsebene bewältigt werden müssen. Bundesrechtswidrig ist jedoch die hieraus gezogene Schlussfolgerung des Oberverwaltungsgerichts, dass dem Beklagten wegen der fehlerhaft unterbliebenen planerischen Konfliktbewältigung ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauNVO verwehrt sei.
- 16
-
a) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die durch eine störende Häufung des Prostitutions- und Sexgewerbes möglichen Nutzungskonflikte hätten vorliegend auf der Hand gelegen und bereits auf der Planungsebene bewältigt werden müssen, beruht nicht auf einer Verkennung von Bundesrecht.
- 17
-
Das im Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB wurzelnde Gebot der Konfliktbewältigung verlangt, dass jeder Bebauungsplan grundsätzlich die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener letztlich ungelöst bleiben (Beschluss vom 14. Juli 1994 - BVerwG 4 NB 25.94 - Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 75 S. 11 m.w.N.). Dies schließt eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bauleitplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln indes nicht aus. Festsetzungen eines Bebauungsplans können auch Ausdruck einer "planerischen Zurückhaltung" sein (Urteil vom 5. August 1983 - BVerwG 4 C 96.79 - BVerwGE 67, 334 <338> m.w.N.). Davon ist grundsätzlich auch im Hinblick auf Interessenkonflikte, die auf der Grundlage der Festsetzungen des Bebauungsplans im Einzelfall auftreten können, auszugehen. Dabei kommt dem in § 15 Abs. 1 BauNVO enthaltenen Rücksichtnahmegebot eine besondere Bedeutung zu. Es ergänzt die Festsetzungen des Bebauungsplans und bewirkt im Ergebnis, dass ein Bebauungsplan nicht schon deshalb als unwirksam angesehen werden muss, weil er selbst noch keine Lösung für bestimmte Konfliktsituationen enthält (Beschluss vom 6. März 1989 - BVerwG 4 NB 8.89 - Buchholz 406.11 § 30 BBauG/BauGB Nr. 27 S. 2). Die Gemeinde kann sich im Rahmen ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich deshalb auch mit der Festsetzung eines Baugebiets begnügen (Urteil vom 11. März 1988 - BVerwG 4 C 56.84 - Buchholz 406.11 § 9 BBauG Nr. 30 S. 4 ff.). Die Grenzen zulässiger Konfliktverlagerung auf die Ebene des Planvollzugs sind allerdings überschritten, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der offen gelassene Interessenkonflikt in einem nachfolgenden Verfahren nicht sachgerecht wird lösen lassen (Urteil vom 11. März 1988 a.a.O. und Beschluss vom 14. Juli 1994 a.a.O.). Im Übrigen richtet sich das erforderliche Maß der Konkretisierung der planerischen Festsetzungen danach, was nach den Umständen des Einzelfalls für die städtebauliche Ordnung erforderlich ist und dem Gebot gerechter Abwägung der konkret berührten privaten Interessen und öffentlichen Belange entspricht (Urteil vom 11. März 1988 a.a.O.). Je intensiver der Widerspruch zwischen plangemäßer Nutzung und Umgebungsnutzung wird, desto höhere Anforderungen sind auch an die Konfliktbewältigung im Rahmen der Bauleitplanung und damit an den Detaillierungsgrad der jeweiligen Festsetzungen zu stellen.
- 18
-
Von diesen rechtlichen Maßstäben hat sich das Oberverwaltungsgericht leiten lassen. Es hat festgestellt, dass der Bebauungsplan Wohnnutzung und kerngebietstypische Nutzungen in mehrfacher Hinsicht unmittelbar nebeneinander zulasse. Zudem seien dem Plangeber die bereits seit Jahrzehnten in wechselndem Ausmaß betriebene Straßenprostitution mit entsprechenden Belastungen für die Wohnnutzung sowie die im Jahre 2006 hinzukommende Nutzung des Vorhabengrundstücks durch das Erotikkaufhaus und -kino bekannt gewesen. Hinzu komme, dass das die Planung anstoßende ursprüngliche Vorhaben eines Büro- und Geschäftshauses über Jahre hinweg nicht mehr verfolgt worden sei, und auch andere Pläne nicht weiterverfolgt worden seien. Unter Würdigung dieser Umstände ist das Oberverwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine mögliche Strukturveränderung des Plangebiets zu einem "Rotlichtbezirk" bereits bei der Festsetzung des Änderungs-Bebauungsplans im Jahre 2006 auf der Hand gelegen habe und dass die sich hieraus ergebenden Nutzungskonflikte deshalb zur Vermeidung eines Abwägungsfehlers bereits im Rahmen der Planung hätten bewältigt werden müssen. Ein bundesrechtswidriges Rechtsverständnis liegt dieser Tatsachenwürdigung nicht zugrunde. Es ergibt sich auch nicht daraus, dass der Beklagte die konkreten Umstände anders würdigt.
- 19
-
b) Mit Bundesrecht nicht im Einklang steht demgegenüber die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 BauNVO nur eröffnet sei, wenn der Bebauungsplan bestimmte Konflikte im Hinblick auf das Gebot der Konfliktbewältigung in rechtmäßiger Weise offen lassen durfte, während Konflikte, die zum notwendigen Abwägungsprogramm gehören, auch dann nicht über § 15 Abs. 1 BauNVO gelöst werden dürften, wenn sie auf der Planungsebene tatsächlich unbewältigt geblieben sind.
- 20
-
Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats voraus, dass der Bebauungsplan für sie noch offen ist (z.B. Beschluss vom 6. März 1989 a.a.O.). Daran fehlt es, wenn der in Frage stehende Nutzungskonflikt bereits auf der Ebene des Bebauungsplans abgewogen worden ist; in diesem Fall ist das Rücksichtnahmegebot bereits in der den Festsetzungen des Bebauungsplans zugrunde liegenden Abwägung aufgegangen, es ist von der planerischen Abwägung gleichsam "aufgezehrt" (Beschluss vom 27. Dezember 1984 - BVerwG 4 B 278.84 - Buchholz 406.11 § 30 BBauG Nr. 21 S. 2 f.). Eine Konfliktbewältigung auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots ist ferner dann ausgeschlossen, wenn planerische Festsetzungen - ungeachtet einer bereits auf der Ebene der Bauleitplanung beabsichtigten Konfliktbewältigung - so weit konkretisiert sind, dass ein Ausgleich der durch die Planung aufgeworfenen Nutzungskonflikte im Baugenehmigungsverfahren auf eine Korrektur der planerischen Festsetzungen hinausliefe; je konkreter eine planerische Festsetzung, umso geringer ist der Spielraum für die Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO (Beschluss vom 6. März 1989 a.a.O. - Parkhaus -). In beiden Fällen hängen die für die Anwendung des § 15 Abs. 1 BauNVO verbleibenden Spielräume mithin davon ab, inwieweit die Gemeinde bereits eine positive planerische Entscheidung getroffen hat. Nur für den Fall einer tatsächlich getroffenen planerischen Entscheidung bedarf die Gemeinde des Schutzes vor einer unzulässigen Korrektur ihrer Entscheidung auf der Vollzugsebene. In allen anderen Fällen ist der Bebauungsplan für eine Konfliktbewältigung im Baugenehmigungsverfahren auf der Grundlage des Rücksichtnahmegebots dagegen noch offen.
- 21
-
Löst der Bebauungsplan - wie vorliegend vom Oberverwaltungsgericht angenommen - von ihm aufgeworfene Konflikte nicht, obwohl ein Konfliktlösungstransfer unzulässig ist, so führt dies zur Fehlerhaftigkeit der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB. Ein solcher Abwägungsfehler wird - vorbehaltlich der Vorschriften über die Planerhaltung gemäß §§ 214, 215 BauGB - grundsätzlich zur (Voll- oder Teil-)Unwirksamkeit des Bebauungsplans führen. Ein unwirksamer Bebauungsplan kann aber in Bezug auf das Rücksichtnahmegebot keine Sperrwirkung erzeugen. Es kommt dann darauf an, ob infolge der Unwirksamkeit des Bebauungsplans ein gegebenenfalls früherer Bebauungsplan wieder Geltung beansprucht, ob dieser seinerseits wirksam ist und ob er nunmehr in Bezug auf das Gebot der Rücksichtnahme in der konkreten Situation Sperrwirkung entfaltet. Ist letzteres nicht der Fall oder liegt überhaupt kein wirksamer Bebauungsplan vor, gibt es mithin keine planerische Entscheidung der Gemeinde, die des Schutzes vor einer unzulässigen Korrektur auf der Vollzugsebene bedarf, ist das Rücksichtnahmegebot, nach Maßgabe der vom Senat entwickelten Grundsätze (z.B. Urteil vom 29. November 2012 - BVerwG 4 C 8.11 - BVerwGE 145, 145 Rn. 16), anwendbar.
- 22
-
Nichts anderes kann gelten, wenn ein abwägungsfehlerhafter Bebauungsplan - wie hier vom Oberverwaltungsgericht, allerdings ohne jegliche Begründung, angenommen - im Hinblick auf die Planerhaltungsvorschriften der §§ 214, 215 BauGB wirksam bleibt. Auch im Falle der Unbeachtlichkeit des Abwägungsfehlers hat eine planerische Konfliktbewältigung, durch die das Rücksichtnahmegebot "aufgezehrt" worden sein könnte, nicht stattgefunden. Auch in diesem Fall existiert keine planerische Entscheidung über die Bewältigung des Konflikts, die des Schutzes vor einer unzulässigen Korrektur auf der Vollzugsebene bedürfte. Die unterbliebene planerische Konfliktlösung wird durch die Planerhaltungsvorschriften auch nicht etwa fingiert. Ein mangels planerischer Konfliktbewältigung zwar rechtsfehlerhafter, aber in seiner Geltung erhaltener Bebauungsplan ist deshalb für eine Konfliktbewältigung auf der Vollzugsebene grundsätzlich ebenfalls noch offen. Die vom Oberverwaltungsgericht vertretene gegenteilige Auffassung liefe zudem auf einen Wertungswiderspruch hinaus: Ist ein Bebauungsplan in beachtlicher Weise abwägungsfehlerhaft und deshalb unwirksam, ist das Rücksichtnahmegebot - wie dargelegt - grundsätzlich anwendbar mit der Folge, dass der Nutzungskonflikt im Baugenehmigungsverfahren bewältigt werden kann. Ist der Abwägungsfehler demgegenüber aufgrund der Planerhaltungsvorschriften unbeachtlich, bliebe der Nutzungskonflikt unter Zugrundelegung der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts gänzlich unbewältigt. Das im Rücksichtnahmegebot aufgefangene nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis kann indes nicht von dem aus Sicht des betroffenen Nachbarn gleichsam zufälligen Umstand der Planerhaltung abhängen.
- 23
-
Einer Konfliktbewältigung im Baugenehmigungsverfahren steht vorliegend auch der Konkretisierungsgrad der planerischen Festsetzungen nicht entgegen, denn der Plangeber hat hinsichtlich der streitgegenständlichen Nutzung - bordellartiger Betrieb - keine Festsetzungen getroffen, sondern es schlicht bei dem Nutzungskatalog des § 7 BauNVO belassen. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dem Beklagten sei vorliegend ein Rückgriff auf § 15 Abs. 1 BauNVO verwehrt, ist deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt mit Bundesrecht vereinbar.
- 24
-
c) Auch insoweit kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 VwGO). Dies gilt bereits deshalb, weil die Erfolgsaussichten der Hilfsanträge vom Erfolg des Hauptantrags abhängen, über die das Oberverwaltungsgericht erneut zu entscheiden hat. Im Übrigen fehlen - wie dargelegt - auch hinreichende tatrichterliche Feststellungen, die eine abschließende Prüfung des Rücksichtnahmegebots erlauben.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
3Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 15.6.2015 für das Vorhaben der Beigeladenen auf dem Grundstück B.------straße 37- 45 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Interessenabwägung falle zu ihren Lasten aus, die Klage stelle sich bei der gebotenen summarischen Prüfung jedenfalls als unbegründet dar, weil die Baugenehmigung die Antragstellerin nicht in ihren Rechten verletze; gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme werde durch das Vorhaben nicht zulasten des Grundstücks der Antragstellerin verstoßen; eine erdrückende Wirkung liege nicht vor.
4Die vorgebrachten Beschwerdegründe, auf deren Prüfung der Senat grundsätzlich beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Änderung dieses Beschlusses.
5Dass die geltend gemachte Verletzung des Rücksichtnahmegebots unter dem Aspekt einer „erdrückenden Wirkung“ der genehmigten Bebauung des Grundstücks B.------straße 37- 45 vorliegt, ist auch mit der Beschwerdebegründung nicht hinreichend aufgezeigt. Eine „erdrückende Wirkung“ wird angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt.
6Vgl. dazu näher: OVG NRW, Beschluss vom 16.1.2014 - 7 A 1776/13 -, juris, m. w. N.
7Das genehmigte Vorhaben führt indes nach der vorliegend allein gebotenen summarischen Beurteilung nach seinen Ausmaßen auch unter Berücksichtigung seiner Struktur als „L-Bau“ und unter Berücksichtigung der baulichen Gegebenheiten in der maßgeblichen Umgebung nicht zu einer solchen unangemessenen Benachteiligung des Grundstücks der Antragstellerin.
8Eine planungsrechtlich erhebliche Rücksichtslosigkeit resultiert ferner nicht aus den Einsichtnahmemöglichkeiten, die vom Vorhaben der Beigeladenen ausgehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass solche Beeinträchtigungen in einem innerörtlichen Bereich regelmäßig hinzunehmen sind.
9Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18.2.2014
10- 7 B 1416/13 -, juris, m. w. N.
11Ein durch die Einsichtnahme anzunehmender unzumutbarer Eingriff, wie er in der von der Antragstellerin zitierten Einzelfallentscheidung des Oberverwaltungsgerichts angenommen wurde, ist hier nicht aufgezeigt. Im Übrigen war das Grundstück, wie die Beigeladene zutreffend ausgeführt und durch die eingereichten Fotos veranschaulicht hat, ähnlichen Beeinträchtigungen bereits durch die Bestandsbebauung ausgesetzt.
12Ebensowenig führt danach die geltend gemachte Verschattung, insbesondere der Dachterrasse in den Morgen- und Vormittagsstunden, zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens.
13Vgl. zur Verschattung allg.: OVG NRW, Beschluss vom 16.1.2014 - 7 A 1776/13 -, juris, m. w. N.
14Soweit sich die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren erneut auf die Verletzung von Abstandsrecht beruft, greift auch dieser Einwand nicht durch. Nach der vorhandenen geschlossenen Bauweise ist die grenzständige Bebauung entgegen ihrer Annahme nicht zu beanstanden. Dass die Beigeladene - wie auch im bisherigen Bestand - grenzständig mehr Geschosse errichtet als auf dem Grundstück der Antragstellerin vorhanden sind, ist dafür unerheblich. Ergibt sich - wie hier - aus der näheren Umgebung, dass innerhalb der überbaubaren Flächen ohne Grenzabstand gebaut werden muss, so entfallen die Abstandflächen vor den Außenwänden der Gebäude grundsätzlich auch für die gesamte Bauhöhe.
15Vgl. Johlen, in Gädtke u. a., Bauordnung NRW, 12. Auflage, § 6 Rn. 154.
16Dies folgt daraus, dass in der geschlossenen Bauweise grundsätzlich alle Geschosse grenzständig zu errichten und auch Höhenversprünge möglich sind, wenn planerische Höhenfestsetzungen fehlen.
17Vgl. Blechschmidt, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB Kommentar, Rn. 38 f. zu § 22 BauNVO (Bearb. Januar 2013).
18Dass sich hier Abweichendes aus planungsrechtlich nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgeblichen faktischen Vorgaben zur Gebäudehöhe ergibt, lässt sich bei der vorliegend allein gebotenen summarischen Beurteilung nicht feststellen.
19Soweit das Vorhaben in Teilbereichen nördlich der Dachterrasse der Antragstellerin in etwa gleicher Höhe grenzständig und in weiteren Geschossen mit Grenzabstand errichtet werden soll, ist nicht aufgezeigt, dass eine dadurch geworfene Abstandfläche entgegen der detaillierten Darstellung in der Abstandflächenberechnung zu T 10 (auf dem am 15.6.2015 grün gestempelten Lageplan) auf das Grundstück der Antragstellerin fällt. Entsprechendes gilt mit Blick auf die durch die östlich des Grundstücks der Antragstellerin gelegenen Teile der genehmigten Bebauung (vgl. dazu die entsprechende Abstandflächenberechnung zu T 16 bzw. T 15) geworfene Abstandfläche.
20Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 162 Abs. 3 VwGO.
21Es entspricht der Billigkeit, dass die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die im Beschwerdeverfahren entstanden sind, der Antragstellerin auferlegt werden, denn die Beigeladene hat im Beschwerdeverfahren einen Sachantrag gestellt und sich damit selbst einem prozessualen Kostenrisiko ausgesetzt.
22Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
23Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.