Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 02. Aug. 2016 - 5 L 1352/16
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
2. Der Streitwert wird auf 5.000,00 € festgesetzt
1
Gründe:
2Der (sinngemäße) Antrag der Antragstellerin,
3die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die zugunsten der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sowie den Befreiungsbescheid der Antragsgegnerin vom 00.00.0000 (5 K 3582/16) anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
6Hat eine Klage gegen einen Verwaltungsakt, wie hier nach § 212 a Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) keine aufschiebende Wirkung, so kann das Gericht der Hauptsache deren aufschiebende Wirkung gemäß § 80 a Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen.
7In dem wegen der Eilbedürftigkeit nur summarischen Verfahren hat es dabei nicht unmittelbar die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes zu prüfen, sondern zu untersuchen, ob das Interesse an dessen sofortiger Vollziehung das Interesse des Dritten an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Gegenstand dieser Abwägung ist das Interesse des Nachbarn an der Aussetzung der Vollziehung einerseits und das Interesse des begünstigten Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung andererseits. Da sich beide Interessen im Grundsatz gleichwertig gegenüberstehen, orientiert sich die vorzunehmende Abwägung im Wesentlichen an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Ein überwiegendes Interesse des Bauherrn ist demnach grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Umgekehrt ist dem Interesse des Nachbarn grundsätzlich der Vorrang einzuräumen, wenn er durch das genehmigte Vorhaben in seinen Rechten verletzt und die Nachbarklage daher mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zur Aufhebung der Baugenehmigung führen wird.
8Hinsichtlich des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs gilt dabei, dass im baurechtlichen Nachbarstreit – und auch im Verfahren des zugehörigen vorläufigen Rechtsschutzes – keine Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung vorzunehmen, sondern allein zu fragen ist, ob der angefochtene Verwaltungsakt den Rechtsbehelfsführer in seinen subjektiven Rechten verletzt.
9Gemessen an diesem Maßstab geht vorliegend die Interessenabwägung insgesamt zu Lasten der Antragstellerin aus. Die Klage der Antragstellerin wird voraussichtlich keinen Erfolg haben. Denn die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung sowie der Befreiungsbescheid vom 00.00.0000 verstoßen nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts und verletzen die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.
10Eine Verletzung subjektiver Rechte der Antragstellerin folgt zunächst weder aus einem Verstoß gegen § 20 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) noch gegen § 39 VwVfG NRW. Unabhängig davon, ob die angefochtenen Bescheide wegen Mitwirkung ausgeschlossener Personen nach § 20 Abs. 1 Nr. 5 VwVfG NRW oder wegen fehlender Begründung nach § 39 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW formell rechtwidrig sind, führte ein solcher Verstoß jedenfalls gemäß § 44 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW nicht zur Nichtigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bzw. wäre nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG NRW jedenfalls bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens heilbar. Bei den Vorschriften, deren Verletzung die Antragstellerin rügt, handelt es sich zudem allein um Verfahrensvorschriften, die nicht drittschützend sind und etwaige Verstöße dagegen die Antragstellerin damit von vornherein nicht in ihren Rechten verletzen.
11Die angefochtene Baugenehmigung vom 00.00.0000 verstößt auch nicht gegen die grundsätzlich drittschützenden Abstandflächenvorschriften des § 6 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW). Dabei ist zunächst zu beachten, dass die Antragstellerin, die Eigentümerin des auf der schräg gegenüberliegenden Straßenseite liegenden Grundstücks (L.-----straße 12) ist, sich hier – wenn überhaupt - allein gegen eine mögliche Überschreitung der durch die zur L.-----straße gerichteten Hauswand ausgelösten Abstandfläche wenden kann. Insofern kann sich der Eigentümer eines Grundstücks, das durch eine öffentliche Verkehrsfläche von dem zu bebauenden Grundstück getrennt wird, zur Wehr setzen, wenn die Abstandfläche die Mitte der öffentlichen Fläche überschreitet. Denn nach dem Grundgedanken des § 6 Abs. 2 Satz 2 BauO NRW soll jeder der gegenüberliegenden Nachbarn die öffentliche Fläche zur Hälfte mit der Abstandfläche seines Gebäudes in Anspruch nehmen können.
12Vgl. Gädtke / Temme / Heintz / Czepuck, BauO NRW Kommentar, 11. Auflage 2008, § 6 Rn. 47a.
13Ob das Gebäude jedoch die Abstandflächen nach § 6 Abs. 5 BauO NRW einhält, kann – unabhängig von der Frage, ob sich die Antragstellerin aufgrund der Lage ihres Grundstücks vorliegend überhaupt auf eine Verletzung von Abstandflächen berufen kann - offen bleiben. Denn die Nutzungsänderung ist jedenfalls nach § 6 Abs. 15 BauO NRW zulässig. Danach sind bei Gebäuden, die ohne Einhaltung von Abstandflächen oder mit geringeren Tiefen der Abstandflächen als nach den Absätzen 5 und 6 bestehen, Änderungen innerhalb des Gebäudes (Nr. 1), Nutzungsänderungen, wenn der Abstand des Gebäudes zu den Nachbargrenzen mindestens 2,50 m beträgt (Nr. 2) und Änderungen, wenn der Abstand des Gebäudes zu den Nachbargrenzen mindestens 2,50 m beträgt, ohne Veränderung von Länge und Höhe der diesen Nachbargrenzen zugekehrten Wände und Dachflächen und ohne Einrichtung neuer Öffnungen oder Vergrößerung bestehender Öffnungen in diesen Wänden und Dachflächen (Nr. 3), zulässig.
14Selbst wenn das Gebäude L.-----straße 27 die erforderlichen Abstandflächen nicht einhielte, sind die hier erfolgten Änderungen innerhalb des Gebäudes nach § 6 Abs. 15 Satz 1 Nr. 1 BauO NRW und die Nutzungsänderung nach § 6 Abs. 15 Satz 1 Nr. 2 BauO NRW zulässig. Dafür, dass der Anwendungsbereich der Vorschrift beim Zusammentreffen von Umbau und Nutzungsänderung nicht eröffnet sein soll, liegen entgegen der Ansicht der Antragstellerin keine Anhaltspunkte vor. Weder der Wortlaut der Vorschrift, noch die Systematik oder der Zweck der Vorschrift gebieten eine solche Auslegung. Warum der Bauherr beim Zusammentreffen mehrerer Alternativen nicht in den Genuss der Privilegierung des § 6 Abs. 15 BauO NRW kommen soll, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Antragstellerin nicht argumentativ dargelegt.
15Die angefochtenen Bescheide vom 00.00.0000 verletzen die Antragstellerin auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme in ihren Rechten.
16Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
17Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 -, vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 - und vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. September 1999 - 10 B 1283/99 -, sowie zuletzt VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 13. November 2015 – 5 L 1900/15 -; jeweils zitiert nach juris.
18Dabei reichen bloße Lästigkeiten für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit.
19Vgl. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 26. Januar 2016 – 5 K 3162/11 – sowie Beschlüsse vom 17. Januar 2014 – 5 L 1469/13 – und vom 23. August 2013 – 6 L 737/13 - sowie Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 3451/13 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 12. Juli 2012 – 2 B 12.1211 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 – 2 S 50.10 -; jeweils zitiert nach juris.
20Dies zugrundegelegt erweist sich das Vorhaben der Antragstellerin gegenüber nicht als rücksichtslos im oben genannten Sinne. Soweit die Antragstellerin durch den Zuwachs der Anwohnerzahl einschließlich der Sicherheitskräfte sowie der sozialen Betreuer eine Vervielfachung des Ziel- und Quellverkehrs befürchtet, kann das Gericht hieraus eine Unzumutbarkeit nicht feststellen. Zum einen widerspricht es der Erfahrung, dass die in Flüchtlingsunterkünften wohnenden Asylbewerber über eigene Pkw verfügen, so dass sich die befürchtete Zunahme von Verkehr von vornherein allein auf denjenigen, der durch das an- und abreisende Personal verursacht wird, beschränkt. Zum anderen kann als Maßstab, was die Bewohner in diesem Bereich hinzunehmen haben, nicht der von einem leer stehenden Gebäude verursachte Verkehr herangezogen werden. Vielmehr diente das Gebäude ursprünglich als Schule bzw. als Bürogebäude, mit dem ein erheblich höheres Verkehrsaufkommen einhergeht, als mit dem nunmehr beabsichtigten Vorhaben. Dass das Gebäude in den vergangenen Jahren leer stand, führt nicht dazu, dass die Schwelle der Zumutbarkeit hierdurch herabgesetzt wurde.
21Ebenso verhält es sich mit den befürchteten durch das Vorhaben der Beigeladenen hervorgerufenen Lärmimmissionen. Die Antragstellerin beschränkt sich hier auf bloße Behauptungen, ohne darzulegen, welche konkreten Immissionen durch allein in dem Gebäude wohnende Asylbewerber zu erwarten sind. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es durchaus durch die hohe Anzahl der Bewohner zu mehr Lärm im Vergleich zu dem bislang leer stehenden Gebäude kommen wird. Warum sich dieser jedoch der Antragstellerin gegenüber als rücksichtslos erweisen sollte, ist nicht im Ansatz ersichtlich.
22Weitere Umstände, die durch die Umsetzung des Vorhabens zu einem Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme führen könnten, wurden weder vorgetragen, noch liegen sonstige Anhaltspunkte dafür vor.
23Schließlich verletzt der Befreiungsgbescheid vom 00.00.0000 nicht wegen eines Ermessensausfalls die Antragstellerin in ihren Rechten. Dass die Antragsgegnerin in rechtswidriger Weise bei der Erteilung der Befreiung die nachbarlichen Belange nicht berücksichtigt haben soll, ist nicht ersichtlich. Der bloße Umstand, dass eine Auseinandersetzung mit nachbarlichen Belangen in dem Bescheid als solchem nicht ausdrücklich erfolgt ist, führt nicht bereits zur Annahme eines Ermessensausfalls.
24Im Übrigen ist ein Verstoß der angefochtenen Bescheide vom 00.00.0000 gegen sonstige nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts nicht ersichtlich und wurde auch sonst nicht vorgetragen.
25Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da diese keinen eigenen Antrag gestellt und sich damit nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
26Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und orientiert sich an der von dem Vorhaben zu erwartenden Beeinträchtigung des Wohngrundstücks der Antragstellerin unter Berücksichtigung des bei sogenannten Nachbarstreitigkeiten regelmäßig in Ansatz zu bringenden Rahmens von 1.500,00 € bis 15.000,00 € (vgl. Ziff. 7.a) des Streitwertkataloges der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen). Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist dieser Wert zu halbieren (vgl. Ziff. 1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Beschluss, 02. Aug. 2016 - 5 L 1352/16
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden,
- 1.
wer selbst Beteiligter ist; - 2.
wer Angehöriger eines Beteiligten ist; - 3.
wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt; - 4.
wer Angehöriger einer Person ist, die einen Beteiligten in diesem Verfahren vertritt; - 5.
wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen Anstellungskörperschaft Beteiligte ist; - 6.
wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit und für die Abberufung von ehrenamtlich Tätigen.
(3) Wer nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, darf bei Gefahr im Verzug unaufschiebbare Maßnahmen treffen.
(4) Hält sich ein Mitglied eines Ausschusses (§ 88) für ausgeschlossen oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind, ist dies dem Vorsitzenden des Ausschusses mitzuteilen. Der Ausschuss entscheidet über den Ausschluss. Der Betroffene darf an dieser Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren Beratung und Beschlussfassung nicht zugegen sein.
(5) Angehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 4 sind:
- 1.
der Verlobte, - 2.
der Ehegatte, - 2a.
der Lebenspartner, - 3.
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, - 4.
Geschwister, - 5.
Kinder der Geschwister, - 6.
Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, - 6a.
Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, - 7.
Geschwister der Eltern, - 8.
Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
- 1.
in den Fällen der Nummern 2, 3 und 6 die die Beziehung begründende Ehe nicht mehr besteht; - 1a.
in den Fällen der Nummern 2a, 3 und 6a die die Beziehung begründende Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 2.
in den Fällen der Nummern 3 bis 7 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist; - 3.
im Falle der Nummer 8 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
(1) In einem Verwaltungsverfahren darf für eine Behörde nicht tätig werden,
- 1.
wer selbst Beteiligter ist; - 2.
wer Angehöriger eines Beteiligten ist; - 3.
wer einen Beteiligten kraft Gesetzes oder Vollmacht allgemein oder in diesem Verwaltungsverfahren vertritt; - 4.
wer Angehöriger einer Person ist, die einen Beteiligten in diesem Verfahren vertritt; - 5.
wer bei einem Beteiligten gegen Entgelt beschäftigt ist oder bei ihm als Mitglied des Vorstands, des Aufsichtsrates oder eines gleichartigen Organs tätig ist; dies gilt nicht für den, dessen Anstellungskörperschaft Beteiligte ist; - 6.
wer außerhalb seiner amtlichen Eigenschaft in der Angelegenheit ein Gutachten abgegeben hat oder sonst tätig geworden ist.
(2) Absatz 1 gilt nicht für Wahlen zu einer ehrenamtlichen Tätigkeit und für die Abberufung von ehrenamtlich Tätigen.
(3) Wer nach Absatz 1 ausgeschlossen ist, darf bei Gefahr im Verzug unaufschiebbare Maßnahmen treffen.
(4) Hält sich ein Mitglied eines Ausschusses (§ 88) für ausgeschlossen oder bestehen Zweifel, ob die Voraussetzungen des Absatzes 1 gegeben sind, ist dies dem Vorsitzenden des Ausschusses mitzuteilen. Der Ausschuss entscheidet über den Ausschluss. Der Betroffene darf an dieser Entscheidung nicht mitwirken. Das ausgeschlossene Mitglied darf bei der weiteren Beratung und Beschlussfassung nicht zugegen sein.
(5) Angehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2 und 4 sind:
- 1.
der Verlobte, - 2.
der Ehegatte, - 2a.
der Lebenspartner, - 3.
Verwandte und Verschwägerte gerader Linie, - 4.
Geschwister, - 5.
Kinder der Geschwister, - 6.
Ehegatten der Geschwister und Geschwister der Ehegatten, - 6a.
Lebenspartner der Geschwister und Geschwister der Lebenspartner, - 7.
Geschwister der Eltern, - 8.
Personen, die durch ein auf längere Dauer angelegtes Pflegeverhältnis mit häuslicher Gemeinschaft wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind (Pflegeeltern und Pflegekinder).
- 1.
in den Fällen der Nummern 2, 3 und 6 die die Beziehung begründende Ehe nicht mehr besteht; - 1a.
in den Fällen der Nummern 2a, 3 und 6a die die Beziehung begründende Lebenspartnerschaft nicht mehr besteht; - 2.
in den Fällen der Nummern 3 bis 7 die Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch Annahme als Kind erloschen ist; - 3.
im Falle der Nummer 8 die häusliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, sofern die Personen weiterhin wie Eltern und Kind miteinander verbunden sind.
(1) Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist.
(2) Einer Begründung bedarf es nicht,
- 1.
soweit die Behörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift; - 2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Behörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist; - 3.
wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist; - 4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt; - 5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.
(1) Ein Verwaltungsakt ist nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist.
(2) Ohne Rücksicht auf das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 1 ist ein Verwaltungsakt nichtig,
- 1.
der schriftlich oder elektronisch erlassen worden ist, die erlassende Behörde aber nicht erkennen lässt; - 2.
der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt; - 3.
den eine Behörde außerhalb ihrer durch § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründeten Zuständigkeit erlassen hat, ohne dazu ermächtigt zu sein; - 4.
den aus tatsächlichen Gründen niemand ausführen kann; - 5.
der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht; - 6.
der gegen die guten Sitten verstößt.
(3) Ein Verwaltungsakt ist nicht schon deshalb nichtig, weil
- 1.
Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht eingehalten worden sind, außer wenn ein Fall des Absatzes 2 Nr. 3 vorliegt; - 2.
eine nach § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 6 ausgeschlossene Person mitgewirkt hat; - 3.
ein durch Rechtsvorschrift zur Mitwirkung berufener Ausschuss den für den Erlass des Verwaltungsaktes vorgeschriebenen Beschluss nicht gefasst hat oder nicht beschlussfähig war; - 4.
die nach einer Rechtsvorschrift erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde unterblieben ist.
(4) Betrifft die Nichtigkeit nur einen Teil des Verwaltungsaktes, so ist er im Ganzen nichtig, wenn der nichtige Teil so wesentlich ist, dass die Behörde den Verwaltungsakt ohne den nichtigen Teil nicht erlassen hätte.
(5) Die Behörde kann die Nichtigkeit jederzeit von Amts wegen feststellen; auf Antrag ist sie festzustellen, wenn der Antragsteller hieran ein berechtigtes Interesse hat.
(1) Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn
- 1.
der für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderliche Antrag nachträglich gestellt wird; - 2.
die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird; - 3.
die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird; - 4.
der Beschluss eines Ausschusses, dessen Mitwirkung für den Erlass des Verwaltungsaktes erforderlich ist, nachträglich gefasst wird; - 5.
die erforderliche Mitwirkung einer anderen Behörde nachgeholt wird.
(2) Handlungen nach Absatz 1 können bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden.
(3) Fehlt einem Verwaltungsakt die erforderliche Begründung oder ist die erforderliche Anhörung eines Beteiligten vor Erlass des Verwaltungsaktes unterblieben und ist dadurch die rechtzeitige Anfechtung des Verwaltungsaktes versäumt worden, so gilt die Versäumung der Rechtsbehelfsfrist als nicht verschuldet. Das für die Wiedereinsetzungsfrist nach § 32 Abs. 2 maßgebende Ereignis tritt im Zeitpunkt der Nachholung der unterlassenen Verfahrenshandlung ein.
Tenor
1
G r ü n d e :
2I.
3Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Grundstücks Im E. 62 in W. . Das Grundstück ist an seiner südöstlichen Grenze mit einem Wohnhaus bebaut. Die Antragstellerin und der Antragsteller, ihr Sohn, bewohnen je eine Wohnung in dem Haus. Eine Einliegerwohnung ist vermietet. Die Wohnzimmer und vorgelagerte Terrassen liegen an der Ostseite des Hauses. Auf dem Grundstück ist nordwestlich des Wohnhauses ein großes, verpachtetes Gewächshaus errichtet.
4Der Antragsteller ist Eigentümer des Grundstücks In der L. 5. Das Grundstück ist mit einem Wohnhaus bebaut. Die Antragstellerin hat ein Nießbrauchsrecht an dem Haus.
5Der Beigeladene ist Inhaber einer landwirtschaftlichen Hofstelle auf dem Grundstück Im E. 78 in W. . Er errichtete in der Nähe seiner Hofstelle eine Windenergieanlage mit einer Nabenhöhe von 65 m, einem Rotordurchmesser von gut 40 m und einer Nennleistung von 500 kW. Die Windenergieanlage ist in einer Entfernung von rund 225 m nordöstlich des Wohnhauses der Antragstellerin und rund 310 m südöstlich des Hauses In der L. 5 errichtet.
6Der Beigeladene legte ein schalltechnisches Gutachten vor. Es beruht auf Messungen beim Betrieb der bereits errichteten Anlage. Die Messungen sind unter anderem am Wohnhaus Im E. 62 der Antragstellerin vorgenommen worden. Die schalltechnische Untersuchung kommt bei einer Leistung der Anlage von 400 kW zu einem Beurteilungspegel von 45 db (A) bezogen auf das Wohnhaus Im E. 62.
7Das Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen gab eine Stellungnahme zur Einwirkung von Schlagschatten unter anderem auf das Wohnhaus Im E. 62 ab. Das Landesumweltamt errechnete insoweit eine maximal mögliche jährliche Beschattungsdauer von etwas mehr als 33 Stunden innerhalb des Zeitraumes zwischen dem 22. Mai und dem 20. Juli. Die maximal mögliche Beschattungsdauer je Tag beträgt nach dieser Berechnung 41 Minuten. Sie liegt in den frühen Morgenstunden. Unter Berücksichtigung erfahrungsgemäß auftretender Bewölkung kommt das Landesumweltamt zu einer effektiven jährlichen Beschattungsdauer von über 13 Stunden.
8Der Antragsgegner erteilte dem Beigeladenen unter dem 2. November 1998 eine nachträgliche Baugenehmigung für die bereits errichtete Windenergieanlage. Die Baugenehmigung ist mit Auflagen versehen. Unter anderem hat der Beigeladene parallel zur östlichen Grenze des Grundstücks der Antragstellerin auf dem Nachbargrundstück in einem Abstand von 4 m zum Grundstück der Antragstellerin als Sichtschutz eine Reihe serbischer Fichten mit einer Höhe von etwa 4,50 m und eine Reihe Koreatannen mit einer Höhe von 2,50 m bis 3,00 m anzupflanzen. Die Anpflanzung muß auf Dauer eine Höhe von mindestens 9,14 m über Grund erreichen. Um die Einwirkung von Schlagschatten unter anderem auf die Häuser Im E. 62 und In der L. 5 zu verhindern, ist der Rotor der Windenergieanlage zu den Zeiten automatisch geregelt stillzulegen, zu denen solche Einwirkungen auf die Häuser und die zu ihnen gehörenden intensiv genutzten Außenbereiche (Terrassen, Sitzecken)zu erwarten sind. Um Immissionsrichtwerte von nachts 45 db (A) zu gewährleisten, ist die Windenergieanlage nachts so zu betreiben, daß die Nennleistung maximal 400 kW beträgt und die Rotordrehzahl 35 Umdrehungen in der Minute nicht überschreitet.
9Die Antragstellerin legte am 5. November 1998, der Antragsteller legte mit Schriftsatz vom 24. Februar 1999 Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein.
10Die Anträge der Antragsteller,
11die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Antragsgegners vom 2. November 1998 anzuordnen,
12hat das Verwaltungsgericht durch den angefochtenen Beschluß abgelehnt.
13Mit ihren vom Senat zugelassenen Beschwerden verfolgen die Antragsteller ihre Begehren erster Instanz weiter.
14Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte (3 Bände), der Verfahrensakte 10 L 3205/97 - VG Gelsenkirchen - sowie der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (2 Ordner und 8 Hefte).
16II.
17Die Beschwerden sind unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anträge der Antragsteller zu Recht abgelehnt. Die Anträge sind unbegründet. Das Interesse des Beigeladenen daran, die ihm erteilte Baugenehmigung sofort ausnutzen zu dürfen, überwiegt das Interesse der Antragsteller, das Vorhaben des Beigeladenen bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens vorerst zu verhindern.
18Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand des Senats verstößt die streitige Baugenehmigung nicht offensichtlich gegen solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften, die dem Schutze der Antragsteller als Nachbarn zu dienen bestimmt sind. Danach spricht derzeit mehr dafür, daß die Widersprüche der Antragsteller gegen die streitige Baugenehmigung erfolglos bleiben werden. Ihnen ist deshalb der weitere Betrieb der Anlage vorerst zuzumuten.
19Die erteilte Baugenehmigung verstößt nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauordnungsrechts mit nachbarschützendem Charakter. Namentlich wahrt die genehmigte Anlage die gemäß § 6 Abs. 10 BauO NW erforderliche Abstandfläche in Richtung auf die Grundstücke der Antragsteller.
20Bauplanungsrechtlich richtet sich das Vorhaben des Beigeladenen nach § 35 Abs. 1 BauGB. Das Vorhaben des Beigeladenen soll außerhalb des Geltungsbereichs eines Bebauungsplans und außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils verwirklicht werden. An den Straßen Im E. und In der L. sind lediglich verstreut einzelne (Wohn- )Gebäude vorhanden. Diese Streubebauung bildet allenfalls eine Splittersiedlung. Die Baulichkeiten lassen nach ihrer Zahl und Anordnung keine organische Siedlungsstruktur erkennen und haben nicht das nötige Gewicht, um bereits als Ortsteil im Sinne des § 34 BauGB angesehen werden zu können.
21Wird das Vorhaben des Beigeladenen danach im Außenbereich verwirklicht, verletzte die angefochtene Baugenehmigung Nachbarrechte der Antragsteller, wenn sie gegen § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das darin enthaltene Gebot der Rücksichtnahme verstieße. Nach dieser Vorschrift beeinträchtigt ein Vorhaben im Außenbereich öffentliche Belange insbesondere dann, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann.
22Zu solchen schädlichen Umwelteinwirkungen können insbesondere Lärmimmissionen gehören, die von der Windenergieanlage auf benachbarte Wohnhäuser einwirken. Der Betrieb der genehmigten Anlage wird indes auf den Grundstücken der Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht zu unzumutbaren Lärmbelästigungen führen.
23Auch die Grundstücke der Antragsteller liegen im Außenbereich, nämlich innerhalb der beschriebenen Streubebauung. Die Antragsteller können zwar damit rechnen, daß in der Umgebung ihrer Grundstücke keine Nutzung zugelassen wird, die ihre Wohnnutzung unzumutbar beeinträchtigt. Die Schwelle zur Unzumutbarkeit ist aber noch nicht dann überschritten, wenn die Richtwerte nicht eingehalten werden, die nach den einschlägigen technischen Regelwerten für reine Wohngebiete gelten. Können Geräusche - wie diejenigen einer Windenergieanlage - nach den Richtwerten der VDI-Richtlinie 2058 oder nach der TA-Lärm beurteilt werden, so sind Geräusche mit einem Beurteilungspegel von 55 db (A) tagsüber und 40 db (A) nachts für ein Wohnhaus zuzumuten, das in einem reinen Wohngebiet, jedoch in Randlage zum Außenbereich liegt. Der Schutzmaßstab ist noch weiter herabzusetzen, wenn das Wohnhaus - wie hier diejenigen der Antragsteller - im Außenbereich liegt. Wer im Außenbereich wohnt, hat keinen Anspruch darauf, daß seine Umgebung von weiterer Bebauung freibleibt. Wie sich aus § 35 Abs. 1 BauGB ergibt, muß er unter Umständen mit belastenden Anlagen rechnen. Wer im Außenbereich wohnt, kann deshalb allenfalls die Einhaltung der Grenzwerte verlangen, die nach den einschlägigen technischen Regelwerken für Mischgebiete erarbeitet sind, also Beurteilungspegel von 60 db (A) tagsüber sowie 45 db (A) nachts,
24OVG NRW, Beschluß vom 9. September 1998 - 7 B 1591/98 -.
25Die Einhaltung dieser Werte ist für die Wohnhäuser der Antragsteller in der Baugenehmigung festgeschrieben. Die Werte können voraussichtlich eingehalten werden. Hierzu liegt die schalltechnische Untersuchung vor. Sie beruht nicht auf einer Prognose, sondern auf Messungen aus dem Betrieb der Anlage. Danach wird ein Beurteilungspegel von 45 db (A) an den Wohnhäusern der Antragsteller jedenfalls dann eingehalten, wenn die Nennleistung der Windenergieanlage bei maximal 400 kW liegt und die Rotordrehzahl 35 Umdrehungen in der Minute nicht überschreitet. Der Antragsgegner hat dem Beigeladenen in der Baugenehmigung zur Auflage gemacht,während der Nachtzeit diese Kennzahlen für den Betrieb der Anlage einzuhalten.
26Die Antragsteller greifen die schalltechnische Untersuchung deshalb an, weil der Sachverständige von dem gemessenen Wirkpegel einen Abzug von 3 db (A) für Meßunsicherheiten vorgenommen hat. Dieser Abzug dürfte indes nicht zu beanstanden sein. Der Sachverständige hat für seine schalltechnische Untersuchung noch die TA-Lärm (1968) zugrundegelegt. Sie sah in Nr. 2.422.5 Satz 1 Buchst. c einen Abzug von 3 db (A) für Meßunsicherheit vor. Dieser Abschlag trug dem Umstand Rechnung, daß in die Berechnungen Meßwerte einfließen, die wegen geräte- und umweltbedingter Toleranzen Wahrscheinlichkeitsgrößen sind, mit der Folge, daß auch das Berechnungsergebnis selbst eine gewisse Unsicherheit aufweist. Diese mit 3 db (A) bewertete Toleranz war untrennbar Bestandteil des Meß- und Berechnungsverfahrens nach der TA- Lärm. Wurden schädliche Umwelteinwirkungen nach Maßgabe der TA-Lärm ermittelt, durfte der Bewertungsmaßstab dieses Regelwerks nicht dadurch verschoben werden, daß der vorgeschriebene Meßunsicherheitsabschlag unberücksichtigt blieb,
27BVerwG, Beschluß vom 22. Oktober 1996 - 7 B 132.96 -, NVwZ-RR 1997, 279.
28Mit Blick auf die bevorstehende Einführung der TA-Lärm 1998 zum 1. November 1998 hat der Sachverständige sich auch zu der Frage geäußert, ob sich aus der TA-Lärm 1998 für das Ergebnis bedeutsame Änderungen ergeben. Er hat diese Frage verneint. Der Senat hat keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine abweichende Einschätzung. Die TA-Lärm 1998 sieht in ihrer Nr. 6.9 einen Abschlag um 3 db (A) vor, wenn bei der Überwachung einer Anlage die Geräuschimmissionen durch Messung ermittelt werden. Mit diesem Abzug dürfte der frühere Abschlag für Meßunsicherheiten fortgeschrieben sein. Der Abschlag dürfte somit auch heute noch untrennbarer Bestandteil des in der TA-Lärm vorgeschriebenen Meß- und Berechnungsverfahrens sein und deshalb weiterhin vorzunehmen sein,
29vgl. Kutscheidt, Die Neufassung der TA-Lärm, NVwZ 1999, 577, 583.
30Die Wohnnutzung der Grundstücke der Antragsteller könnte ferner durch Lichteffekte nachteilig betroffen werden, welche die Windkraftanlage verursacht. Steht die Sonne hinter dem Rotor, können bewegte Schatten über die Grundstücke laufen. Sie verursachen dadurch dort, je nach Umlaufgeschwindigkeit des Rotors, einen verschieden schnellen Wechsel von Schatten und Licht. Dadurch können sie das Wohnen erheblich stören. Durch die Fenster sind diese Effekte auch in allen Wohnräumen wahrnehmbar, die der Windkraftanlage zugewandt sind, und zwar derart, daß diese Schatten durch den ganzen Raum wandern und von Wänden, Fenstern und anderen Flächen widergespiegelt werden. Indes hat der Antragsgegner eine Auflage in die Baugenehmigung aufgenommen, die nicht ungeeignet erscheint, derartige belastende Auswirkungen der genehmigten Anlage auf die Wohngrundstücke der Antragsteller zu unterbinden. Nach dieser Auflage ist die Anlage automatisch geregelt stillzulegen, wenn Schlagschatten auf die Wohnhäuser unter anderem der Antragsteller und die von ihnen intensiv genutzten Außenbereiche einwirken würden. Die Auflage gibt selbst nicht die Daten vor, die in die automatische Schattenabschaltung einzugeben sind. Sie sind vielmehr erst in Umsetzung der Baugenehmigung und der Auflage zu ihr vom Landesumweltamt errechnet und dem Staatlichen Umweltamt Herten übermittelt worden. Der Senat geht derzeit - auch nach der Erörterung dieser Frage im Ortstermin - davon aus, daß die automatische Abschaltung entsprechend der vom Landesumweltamt ermittelten Zeiten so programmiert ist, daß die Ostseite des Wohnhauses, die der Anlage zugewandt ist, vor einer Einwirkung von Schlagschatten wirksam geschützt ist. Im übrigen gibt die Auflage zu der Baugenehmigung - zulässigerweise - insoweit nur das Ziel und das dafür einzusetzende Mittel vor. Die Abschaltautomatik ist in Umsetzung der Auflage so zu programmieren, daß mit ihr das vorgegebene Ziel erreicht wird. Erweisen sich Nachbesserungen als erforderlich, weil die eingegebenen Zeiten die Zeiten einer Einwirkung von Schlagschatten nicht oder nicht vollständig erfassen, ist der Beigeladene verpflichtet, zur Erfüllung der Auflage die eingegebenen Zeiten entsprechend zu ändern. Die Antragsteller haben hierauf einen durchsetzbaren Anspruch, weil die Auflage zu der Baugenehmigung auch ihrem Schutz zu dienen bestimmt ist.
31Aus diesem Grund geht der Senat derzeit davon aus, daß die genannte Auflage zu der Baugenehmigung auch geeignet ist, die Antragsteller vor der von ihnen beklagten Einwirkung von Lichteffekten auf die vorderen, der Anlage abgewandten Räume des Hauses zu schützen. Wie die Antragsteller vorgetragen und im Ortstermin durch Vorführung einer Videoaufzeichnung nachvollziehbar dargelegt haben, spiegelt das Gewächshaus im nordwestlichen Winkel ihres Grundstücks in seinen Seitenwänden den drehenden Rotor der Anlage einerseits wider und wirft andererseits dieses Spiegelbild auf das Wohnhaus der Antragsteller zurück, wo es sich in Form sich ständig bewegender Lichteffekte in den Glasflächen der Eingangstür, den Fenstern der Küche und den glatten Oberflächen der Küchenmöbel niederschlägt. Dieser Effekt tritt dann ein, wenn die Sonne hinter der Windenergieanlage steht, also Schlagschatten auf dem Gewächshaus erzeugt. Zwischen den Beteiligten blieb im Ortstermin streitig, ob die für die automatische Abschaltung vorgegebenen Zeiten auch die Zeiten erfaßt, in denen der beschriebene Effekt auftritt. Die nachgereichten Unterlagen sprechen dafür, daß die bisher für die automatische Abschaltung vorgegebenen Zeiten nur die Zeiten erfassen, zu denen der rückwärtige Bereich des Wohnhauses selbst von Schlagschatten erfaßt wird. Das Wohnhaus und das Gewächshaus stehen versetzt zueinander.
32Wie das Verwaltungsgericht legt auch der Senat die Auflage zu der Baugenehmigung so aus, daß mit ihr dem Beigeladenen aufgegeben ist, die Anlage automatisch geregelt auch zu solchen Zeiten stillzulegen, zu denen Schlagschatten auf die Wohnbereiche nicht nur unmittelbar, sondern auch durch Spiegelung mittelbar einwirken.
33Das Vorhaben des Beigeladenen könnte darüberhinaus durch die Eigenart der Anlage als solcher rücksichtslos auf die Wohnnutzung der nahegelegenen Grundstücke einwirken. Selbst wenn in Bodennähe nahezu Windstille herrscht, drehen die Rotorflügel leicht. Es ist nicht von der Hand zu weisen, daß eine derartige stete Bewegung im oder am Rande des Blickfeldes schon nach kurzer Zeit, erst recht auf Dauer, unerträglich werden kann. Ein sich drehendes Moment zieht den Blick des Menschen nahezu zwanghaft auf sich. Dies kann Irritationen hervorrufen. Eine Konzentration auf andere Tätigkeiten kann wegen der steten, kaum vermeidbaren Ablenkung erschwert werden. Die Anlage kann sich dabei in den Fenstern des Hauses oder an den Inneneinrichtungen der Wohnungen spiegeln, soweit diese reflektierende Oberflächen haben.
34Solche Wirkungen einer Windenergieanlage können auch dann eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens gegenüber benachbarter Wohnbebauung begründen, wenn - wie hier - die Abstände nach § 6 Abs. 10 BauO NW zu den benachbarten Grundstücken eingehalten sind. § 6 BauO NW regelt seinen Sachbereich zwar abschließend. Er legt insoweit fest, welches Maß an Rücksichtnahme der Bauherr seinem Nachbarn schuldet und was diesem zugemutet werden kann. Ein Gebäude kann einem benachbarten Grundstück Licht, Sonne und Luft nehmen, ferner einen Einblick in das Nachbargrundstück ermöglichen. Diese Belange werden regelmäßig durch das bauordnungsrechtliche Abstandflächenrecht aufgefangen. Windenergieanlagen sind keine Gebäude. Von ihnen können aber gebäudegleiche Wirkungen ausgehen, mit der Folge, daß gemäß § 6 Abs. 10 BauO NW auf sie die für Gebäude geltenden Vorschriften über Abstandflächen anzuwenden sind. Die einem Gebäude gleiche Wirkung folgt insbesondere aus dem Rotor und seiner Drehbewegung. Diese vergrößern die Windenergieanlage in ihren optischen Dimensionen deutlich und bestimmen sie. Allein der Rotorkreis hat gebäudegleiche Abmessungen, die angesichts der sich über ihren gesamten Bereich bewegenden Rotorflügel insgesamt, nicht aber nur in dem jeweils von den Flügeln überdeckten Teilen in Erscheinung tritt. Hinzu kommt die Rotorbewegung, denn diese verstärkt die belastende Wirkung der Anlage auf die Nachbarschaft,
35vgl. OVG NRW, Urteil vom 29. August 1997 - 7 A 629/95 -.
36Wird danach die bedrängende Wirkung, welche eine Windenergieanlage auf die Nachbarschaft ausübt, auch vom Schutzbereich des § 6 BauO NW erfaßt, so nimmt diese Vorschrift insoweit dennoch keine abschließende Bewertung vor. Die optisch bedrängende Wirkung, die von einer Windenergieanlage wegen der Drehbewegung als solcher ausgeht, ist in ihrer rechtlichen Bewertung vergleichbar der erdrückenden Wirkung, die von einem Gebäude wegen seiner Masse auf die unmittelbare Umgebung ausgeübt werden kann. Die erdrückende Wirkung eines Baukörpers kann selbst dann als planungsrechtlich rücksichtslos beurteilt werden, wenn der Baukörper die Abstandfläche nach dem Bauordnungsrecht einhält. Unter diesem Gesichtspunkt enthält das Abstandflächenrecht keine abschließende Regelung. Ähnlich ist zu urteilen für die optisch bedrängende Wirkung, die von dem sich drehenden Rotor einer Windenergieanlage ausgeht.
37Allerdings ist diese Wirkung einer Windenergieanlage nicht stets rücksichtslos, wenn sie auf angrenzenden Wohngrundstücken wahrgenommen wird. Wohnhäuser sind gegen sie nicht unterschiedslos geschützt. Der Schutz richtet sich vielmehr auch insoweit nach der planungsrechtlichen Lage des Wohnhauses. Liegt das Wohngrundstück in einem reinen oder allgemeinen Wohngebiet, das durch Bebauungsplan festgesetzt ist, genießt es erhöhten Schutz gegen Einwirkungen durch eine gebietsfremde Windenergieanlage, die durch ihre Eigenart als solche den Wohnfrieden stört. Anders verhält es sich hingegen bei einem Wohnhaus im Außenbereich. Im Außenbereich sind Windenergieanlagen gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB privilegiert zulässig. Sie sind nicht gebietsfremd. Wer im Außenbereich wohnt, muß mit den auch optisch bedrängenden Wirkungen einer solchen Anlage rechnen.
38Der geminderte Schutzanspruch wirkt sich insbesondere auch insoweit aus, als dem Betroffenen eher Maßnahmen zumutbar sind, durch die er den Wirkungen der Windenergieanlage ausweicht oder sich selbst vor ihnen schützt. Ihm ist eher zuzumuten, Gewohnheiten zu ändern und der veränderten Nachbarschaft anzupassen, während dies einem Betroffenen schwerlich angesonnen werden könnte, der sich gegen die Auswirkungen einer gebietsfremden Anlage wehrt.
39Von diesem Ansatz ist zu Recht auch das Verwaltungsgericht ausgegangen. Von ihm ausgehend wirkt die streitige Anlage nicht unzumutbar auf die Wohnnutzung des Hauses Im E. 62 ein. Der Rotor mit seinen Blättern ist nicht von jeder Stelle des Wohnhauses aus zu erblicken. Eine nahezu überall sichtbare, unerträgliche stete Bewegung der Rotorblätter, der man sich nicht entziehen könnte, ist nicht festzustellen. Diese Bewertung des Sachverhalts teilt der Senat aufgrund der Ortsbesichtigung zweiter Instanz. Eine Nutzung der Terrasse ist beispielsweise möglich, ohne daß die Windenergieanlage in den Blick gerät. In bestimmten Bereichen wird sie durch die Bäume an der Grundstücksgrenze verdeckt. Ähnliches gilt für das Wohnzimmer. Von Sitzplätzen nahe dem Fenster kann die Anlage gesehen werden, von anderen Plätzen aus hingegen nicht. Spiegelungen der Anlage waren ohne weiteres in der Glasplatte des Tisches zu erkennen, ohne daß indes im übrigen der Eindruck entstand, einem Phänomen ausgesetzt zu sein, dem man sich nicht entziehen könnte. Daß die Antragstellerin beispielsweise das Fernsehgerät an anderer Stelle als bisher aufgestellt hat, um eine Spiegelung der Windenergieanlage in dem Fernsehgerät auszuschließen, gehört zu den Maßnahmen, die nach dem rechtlichen Ausgangspunkt zumutbar sind.
40Die Antragsteller sind der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht entgegengetreten, für das Wohnhaus In der L. 5 seien unzumutbare Einwirkungen der Windenergieanlage nicht festzustellen. Der Senat sieht deshalb insoweit keinen Anlaß zu weiteren Ausführungen.
41Soweit in diesem Verfahren nicht abschließend geklärt werden kann, ob die streitige Baugenehmigung mit den nachbarschützenden Bestimmungen des Bauplanungsrechts vereinbar ist, hält der Senat nach alledem den Betrieb der Anlage für die Antragsteller bis zum Abschluß des Hauptsacheverfahrens für zumutbar.
42Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 4 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.
43Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
44
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
2. Der Streitwert wird auf 3.750,00 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Der Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage 5 K 2780/15 gegen die Baugenehmigung der Antragsgegnerin vom 23. April 2015 anzuordnen,
4hat keinen Erfolg.
5Hat eine Klage gegen einen Verwaltungsakt, wie hier nach § 212 a Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Nr. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), keine aufschiebende Wirkung, so kann das Gericht der Hauptsache deren aufschiebende Wirkung gemäß § 80 a Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen.
6In dem wegen der Eilbedürftigkeit nur summarischen Verfahren hat es dabei nicht unmittelbar die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes zu prüfen, sondern zu untersuchen, ob das Interesse an dessen sofortiger Vollziehung das Interesse des Dritten an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Gegenstand dieser Abwägung ist das Interesse des Nachbarn an der Aussetzung der Vollziehung einerseits und das Interesse des begünstigten Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung andererseits. Da sich beide Interessen im Grundsatz gleichwertig gegenüberstehen, orientiert sich die vorzunehmende Abwägung im Wesentlichen an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache. Ein überwiegendes Interesse des Bauherrn ist demnach grundsätzlich dann anzunehmen, wenn der eingelegte Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Umgekehrt ist dem Interesse des Nachbarn grundsätzlich der Vorrang einzuräumen, wenn er durch das genehmigte Vorhaben in seinen Rechten verletzt und die Nachbarklage daher mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zur Aufhebung der Baugenehmigung führen wird.
7Hinsichtlich des gerichtlichen Prüfungsmaßstabs gilt dabei, dass im baurechtlichen Nachbarstreit – und auch im Verfahren des zugehörigen vorläufigen Rechts-schutzes – keine Prüfung der objektiven Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung vorzunehmen, sondern allein zu fragen ist, ob der angefochtene Verwaltungsakt den Rechtsbehelfsführer in seinen subjektiven Rechten verletzt.
8Gemessen an diesem Maßstab geht vorliegend die Interessenabwägung insgesamt zu Lasten des Antragstellers aus. Die im Eilverfahren allein vorzunehmende summarische Prüfung ergibt, dass seine Klage voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Denn die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 23. April 2015 verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Baurechts und verletzt den Antragsteller damit nicht in seinen Rechten.
9Soweit der Antragsteller rügt, das Vorhaben füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung und der Bauweise nicht in die nähere Umgebung ein, vermitteln diese Merkmale für sich genommen keinen Nachbarschutz.
10Vgl.: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschlüsse vom 18. September 2015 – 7 B 310/15 –, juris Rn. 11; vom 16. September 2014 – 7 B 458/14 –, juris Rn. 4; vom 4. Juli 2014 – 7 B 363/14 –, juris.
11Das allein als drittschützendes Recht vom Antragsteller ins Feld geführte bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist vorliegend nicht verletzt. Dem Gebot der Rücksichtnahme kommt (nur) drittschützende Wirkung zu, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf besondere Rechtspositionen Rücksicht zu nehmen ist. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn unabhängig von der besonderen rechtlichen Schutzwürdigkeit der Betroffenen ihr Betroffensein wegen er gegebenen Umstände so handgreiflich ist, dass dies die notwendige Qualifizierung, Individualisierung und Eingrenzung bewirkt,
12so grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 –, Rn. 28.
13Das Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
14Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 -, vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 - und vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 -; OVG NRW, Beschluss vom 3. September 1999 - 10 B 1283/99 -; jeweils zitiert nach juris; sowie zuletzt VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Juli 2014 – 5 K 3060/13 -.
15Dabei reichen bloße Lästigkeiten für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit.
16Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 17. Januar 2014 – 5 L1469/13 – und vom 23. August 2013 – 6 L 737/13 - sowie Urteil vom30. Oktober 2014 – 5 K 1588/13 -; BayVGH, Urteil vom 12. Juli 2012 – 2 B 12.1211 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 – 2 S 50.10 -; jeweils zitiert nach juris.
17Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich das Vorhaben der Beigeladenen nicht als rücksichtslos.
18Dies gilt für die durch das Vorhaben eröffneten Einsichtnahmemöglichkeiten auf das Grundstück des Antragstellers. Entgegen dessen Auffassung müssen Nachbarn in einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet hinnehmen, dass Grundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht (insbesondere § 6 Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen – BauO NRW –) vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es dadurch zu Schattenwurf und Einsichtsmöglichkeiten kommt, die in einem bebauten Gebiet üblich sind.
19Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 18. September 2014– 7 B 1037/14 –, juris Rn. 10 f.; vom 1. Juni 2007– 7 A 3852/06 –, BRS 71 Nr. 127, vom 9. Februar 2009– 10 B 1713/08 –, BRS 74 Nr. 181 und vom 14. Februar 2013 – 7 B 99/13 –.
20Im Garten des Antragstellers befinden sich hohe Tannen, die Einsichtnahmemöglichkeiten reduzieren. Mit zu berücksichtigen ist, dass der Gartenbereich des Grundstücks des Antragstellers bislang kein ungestörter Rückzugsbereich war, sondern bereits vorbelastet ist. Südlich seines Grundstückes – also auf der dem Vorhaben gegenüberliegenden Seite – befindet sich auf der Höhe des Gartens an der B. ein Garagenpark (vgl. Foto Nr. 9 der Anlage des Ortsterminsprotokolles). Die vom Antragsteller behauptete Ausnahmekonstellation nach der obergerichtlichen Rechtsprechung, die voraussetzt, dass dem Nachbarn keine Rückzugsmöglichkeiten verbleiben, ist danach nicht erkennbar.
21Eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens ist auch unter Berücksichtigung des genehmigten Maßes der baulichen Nutzung nicht erkennbar. Zweifellos geht mit dem Vorhaben durch die Genehmigung von 15 Wohneinheiten eine erhebliche Nachverdichtung des Wohngebietes einher. Die Kubatur des Vorhabens fällt deutlich größer aus als das Wohnhaus des Antragstellers. Ein Umschlagen dieses Umstandes in eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme ist damit jedoch nicht verbunden. Das Vorhaben der Beigeladenen befindet sich nördlich/nordöstlich des Grundstückes des Antragstellers und hat mit diesem damit lediglich eine gemeinsame Grenze. Südwestlich des Grundstücks des Antragstellers sieht die angefochtene Genehmigung keine oberirdische Bebauung vor. Lediglich die Tiefgarage befindet sich – unterirdisch – auch südwestlich des Grundstückes des Antragstellers. Von einem „Eingemauertsein“ kann daher keine Rede sein. Auch die Höhe des Vorhabens spricht in Anbetracht der Höhe des Gebäudes des Antragstellers gegen eine Verletzung des Rücksichtnahmegebotes. Die Oberkante des Pultdaches des Staffelgeschosses des Vorhabens befindet sich in einer Höhe von maximal 138,725 m üNN, während die Firsthöhe des Gebäudes des Antragstellers 137,40 m üNN beträgt. Auf der dem Antragsteller zugewandten Gebäudeseite sieht die Baugenehmigung sogar eine im Vergleich zu seinem Gebäude geringere Gesamthöhe des Vorhabens vor.
22Gegen die Tiefgarage mit 16 Stellplätzen und die in einem Abstand von 3 Metern parallel zum Grundstück des Antragstellers verlaufende Tiefgarageneinfahrt ist mit Blick auf das Gebot der Rücksichtnahme ebenfalls nichts zu erinnern. Nach § 12 Abs. 2 Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig. Die Anforderungen des Gebotes der Rücksichtnahme beurteilen sich im Hinblick auf die einer Wohnnutzung gemäß § 12 Abs. 2 BauNVO zulässigerweise zugeordneten Stellplätze wie die Gebote des § 51 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW, demzufolge Stellplätze so angeordnet und ausgeführt werden müssen, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Bei der Errichtung von Stellplätzen ist danach von dem Grundsatz auszugehen, dass die durch ihre Nutzung verursachten Belästigungen nur selten zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Umgebung führen, wenn die Stellplätze wie üblich und in der Regel durch die Konzeption der Bebauung vorgegeben straßennah untergebracht werden.
23OVG NRW, Beschluss vom 21. Juli 2014 – 2 B 301/14.NE –, juris Rn. 91 ff.
24Vorliegend haben die Beigeladenen mit der Tiefgaragenlösung die für die Nachbarn unter dem Gesichtspunkt des Immissionsschutzes schonendste Stellplatzmöglichkeit gewählt, bei der ein Großteil der durch Rangieren, Starten, Abstellen und Öffnen der Fahrzeuge verursachten Geräusche abgefangen werden.
25Vgl. VG Berlin, Beschluss vom 28. Oktober 2014 – 13 L 224.14. –, juris Rn. 74.
26Auch Lage und Ausrichtung der Zufahrt zur Tiefgarage sind dem Antragsteller zumutbar. Sie hält einen Abstand von 3 Metern zur Grundstücksgrenze ein. Die Zufahrtsrampe wird ausweislich des Tiefgaragenplanes mit einer lichtsignalgesteuerten Anlage versehen, so dass Begegnungsverkehr auf der Rampe ausgeschlossen wird. Die Zufahrtsrampe wird zu einem wesentlichen Teil eingehaust, wodurch eine erhebliche Lärmbegrenzung bewirkt wird. Die An- und Abfahrtsbewegungen werden sich aufgrund der Wohnnutzung des Vorhabens überwiegend auf den Tagbereich beschränken, wobei überschlägig von der doppelten Anzahl an Fahrzeugbewegungen je Stellplatz auszugehen ist, hier demnach 32 Fahrzeugbewegungen pro Tag, also weniger als 1,5 Fahrzeugbewegungen pro Stunde.
27Vgl. Übersicht zu Fahrzeugbewegungen auf Tiefgaragenstellplätzen in der Parkplatzlärmstudie des Bayrischen Landesamtes für Umwelt, 6. Auflage, Tabelle 6, Seite 28.
28Soweit von dem Vorhaben ein zusätzlicher Stellplatzbedarf erzeugt werden sollte – was jedoch angesichts der Beachtung der Richtzahlen für den Stellplatzbedarf,
29vgl. Johlen in: Gädtke/Czepuck/Johlen/Plietz/Wenzel, BauO NRW, 12. Auflage, Rn. 28; Anlage zu Nr. 51.11 VV BauO NRW: ein Stellplatz pro Wohneinheit,
30unwahrscheinlich ist –, der durch die Tiefgaragenplätze nicht gedeckt sein sollte, so ist es jedem Anwohner des Gebiets erlaubt, Stellplätze auf öffentlichen Straßen in Anspruch zu nehmen. Dies mag für den Antragsteller lästig sein, begründet jedoch keinen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot.
31Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es entspricht nicht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt und sich damit nicht dem Risiko der Auferlegung von Kosten ausgesetzt haben (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
32Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit Ziffer 7. a) des Streitwertkataloges der Bausenate des OVG NRW,
33BauR 2003, 1883.
34Dabei geht die Kammer in Ausübung richterlichen Ermessens von einem Hauptsachestreitwert von 7.500,00 € aus, der gemäß Ziffer 12. a) dieses Kataloges zu halbieren ist.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger, einschließlich 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die für erstattungsfähig erklärt werden. Im Übrigen trägt die Beigeladene ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung seitens des jeweiligen Vollstreckungsgläubigers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet
1
Tatbestand:
2Der Kläger wendet sich gegen eine der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses in F. -S. .
3Der Kläger ist Miteigentümer des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks in der C.------straße ° in F. ( G1 ). Das Grundstück grenzt im Westen an das Grundstück C.------straße °, dessen Eigentümer der Kläger des Verfahrens 5 K 3118/11 ist. Gemeinsam grenzen die Grundstücke im Süden an das Vorhabengrundstück S1. Straße °° ( G 2 ), das ausweislich des Grundbuchauszugs seit dem 28. September 2010 im Eigentum der Beigeladenen steht. Zwischen der südlichen Fassade des Gebäudes des Klägers und der Grenze zum Vorhabengrundstück liegt ein Abstand von etwa 20 m. Südlich des Vorhabengrundstücks grenzt eine mehrgeschossige, fast durchgehend geschlossene Blockrandbebauung an.
4„An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze“
5Auf dem Vorhabengrundstück befand sich ehemals das sechsgeschossige I. -Kaufhaus, dessen Nutzung 2009 aufgegeben und welches im April 2011 abgerissen wurde.
6Mit Bauantrag vom 10. Februar 2011 beantragte die Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Büro- und Geschäftshauses auf dem Grundstück S1. Straße °°. Laut Baubeschreibung sollen im Erd- und Untergeschoss Einzelhandelseinrichtungen und im ersten bis sechsten Obergeschoss Büroeinheiten entstehen. Das Vorhaben soll als sechsgeschossiger Baukörper in geschlossener Bauweise in Richtung S1. Straße ausgeführt werden und einen dreigeschossigen rückwärtigen Anbau umfassen. Die Anlieferung der Einzelhandelsnutzung soll über eine Rampe mit Zufahrt von der C.------straße in das Kellergeschoss erfolgen, wobei eine Anlieferung zu Nachtzeiten ausgeschlossen ist. Die Bebauung im Innenhof soll entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Grundstück der Kläger grenzständig eingeschossig, in einem Abstand von 8,54 m zweigeschossig und in einem Abstand von 11,62 m dreigeschossig erfolgen.
7Die in der Folgezeit unternommenen Versuche der Beigeladenen, mit dem Kläger sowie weiteren Nachbarn der C.------straße eine Nachbarschaftsvereinbarung zu erreichen, scheiterten.
8Am 6. April 2011 trat für den Bereich des Vorhabengrundstücks der Bebauungsplan Nr. °/°° „S1. Straße / A.-------straße “ in Kraft. Dieser setzt im Wesentlichen ein Kerngebiet sowie öffentliche Verkehrsflächen fest. Die überbaubare Grundstücksfläche ist überwiegend durch Baulinien und im Übrigen durch Baugrenzen definiert. Innerhalb der Baufenster differiert die zulässige Zahl der Vollgeschosse zwischen ein- bis siebengeschossiger Bebauung. Zudem werden die Wandhöhe an der zum Grundstück der Kläger ausgerichteten Grenze sowie immissionsschutzrechtliche Regelungen durch Festlegung verschiedener Lärmpegelbereiche festgesetzt.
9Im Laufe des Aufstellungsverfahrens machte der Kläger Einwendungen gegen die durch den Bebauungsplan zugelassene grenzständige Bebauung entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze geltend. Der Rat ergänzte daraufhin den Bebauungsplan um ein Verbot von Gebäudeöffnungen in der dem Garten des Klägers zugewandten Außenwand.
10Mit Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 genehmigte die Beklagte den Neubau des beantragten Büro- und Geschäftshauses.
11Unter dem gleichen Datum erteilte die Beklagte der Beigeladenen einen Befreiungsbescheid hinsichtlich der Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. °/°° „überbaubare Fläche ÜF1“ und „Zahl der Vollgeschosse“ im südlichen Bereich der straßenseitigen Bebauung sowie die Zulassung einer Abweichung von den bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften hinsichtlich der zurücktretenden Staffelgeschosse sowie von Vorschriften der SonderbauVO. Die Abweichungen von den Vorschriften über Abstandsflächen betreffen dabei nicht die Grundstücksgrenze zum Kläger.
12Der Kläger hat am 2. August 2011 Klage gegen die Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 erhoben (5 K 3162/11).
13Laut Baubeginnanzeige begann die Beigeladene am 1. August 2011 mit der Errichtung des Gebäudes.
14Mit Beschluss vom 22. August 2011 (10 B 720/11.NE) lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) den unter dem 14. Juni 2011 von dem Kläger gestellten Antrag auf Aussetzung des Vollzugs des Bebauungsplans Nr. °/°° „S1. Straße / A.-------straße “ ab.
15Mit der ersten Nachtragsbaugenehmigung vom 29. Juni 2012 genehmigte die Beklagte die Einrichtung von vier Einzelhandelsnutzungen (Vollsortimenter und Bäcker, Drogerieartikel, Lebensmitteldiscounter und Schuheinzelhandel) im Untergeschoss und im Erdgeschoss. Mit der zweiten Nachtragsbaugenehmigung vom 17. Juli 2012 genehmigte die Beklagte Änderungen der Grundrisse im 1. und 2. Obergeschoss, Änderungen an verschiedenen Fassaden sowie Veränderungen der Technikaufbauten auf dem Dach des Gebäudes.
16Unter dem 23. August 2012 wurde der Kläger von der Erteilung der ersten und zweiten Nachtragsbaugenehmigung unterrichtet.
17Am 18. September 2012 hat der Kläger Klage gegen die erste Nachtragsbaugenehmigung vom 29. Juni 2012 (5 K 4284/12) sowie gegen die zweite Nachtragsbaugenehmigung vom 17. Juli 2012 (5 K 4283/12) erhoben.
18Im November 2012 wurde das Bauvorhaben fertiggestellt und eröffnet.
19Mit der dritten Nachtragsbaugenehmigung vom 15. November 2012 genehmigte die Beklagte eine Lüftungsanlage für das gesamte Objekt. Mit der vierten Nachtragsbaugenehmigung vom gleichen Tag genehmigte die Beklagte die Errichtung einer Speisengastronomie im Erdgeschoss sowie diverse Grundrissänderungen im Erd- und Untergeschoss.
20Durch Urteil vom 26. April 2013 (10 D 41/11.NE) erklärte das OVG NRW den Bebauungsplan Nr. °/°° für unwirksam. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, die Festsetzung eines sonstigen Sondergebiets für Stellplätze und Garagen sei unwirksam, da sie gegen den Typenzwang, dem die Baugebietsfestsetzungen unterliegen, verstoße. Zudem sei auch die Regelung in Nr. 5 der textlichen Festsetzungen zum Lärmschutz unwirksam. Insbesondere sei es nicht möglich, die für den Lärmschutz konkret zu treffenden Maßnahmen zu erkennen, so dass die Festsetzung zu unbestimmt sei. Schließlich weise der Bebauungsplan beachtliche Abwägungsmängel auf. Zum einen habe der Plangeber seine Überlegungen zum Immissionsschutz auf keine tragfähige Grundlage gestützt, da das Schalltechnische Gutachten nicht alle planbedingten Geräuschimmissionen in seine Prognose einbezogen habe. Zum anderen sei die Festsetzung der Baulinie am nördlichen Rand des festgesetzten Kerngebiets in Kombination mit der Festsetzung der Zahl der Vollgeschosse im inneren Baufenster abwägungsfehlerhaft, da der Rat den Grad der planbedingt möglichen Verschattung auf den Wohngrundstücken an der C.------straße nicht ausreichend ermittelt habe. Insbesondere sei nicht der 17. Januar als wintertypischer Tag in die Bemessung einbezogen worden und es fehle eine worst-case Betrachtung der planbedingten Verschattungswirkungen. Mit Blick auf eine Neuaufstellung des Bebauungsplans wies der Senat abschießend darauf hin, dass der mit der Festsetzung der nördlichen und südlichen Baulinien des Kerngebiets verbundene Verzicht auf die Einhaltung von Abstandflächen gewichtiger städtebaulicher Gründe und einer sorgfältigen Abwägung bedürfe. Es sei Aufgabe des Rates zu prüfen, ob ein solcher, mit dem geltenden Baurecht nicht unbedingt in Einklang stehender Zustand bei einer Neuplanung beseitigt oder abgemildert werden könne oder wegen gewichtiger öffentlicher Interessen aufrechterhalten bleiben solle.
21Mit der fünften Nachtragsbaugenehmigung vom 24. Juli 2013 genehmigte die Beklagte Grundrissänderungen in allen Geschossen sowie nicht abstandflächenrelevante Änderungen der Fassade. Mit der sechsten Nachtragsbaugenehmigung vom 29. August 2013 genehmigte die Beklagte 21 Fahrradstellplätze. Unter dem 11. September 2013 unterrichtete die Beklagte den Kläger über die Erteilung der dritten bis sechsten Nachtragsbaugenehmigung.
22Am 28. März 2014 wurde der Bebauungsplan Nr. °/°° „S1. Straße/C.------straße “ im Amtsblatt der Stadt F. öffentlich bekannt gemacht. Das 0,5 ha große Plangebiet erstreckt sich auf den Bereich westlich der S1. Straße °° und dem Blockinneren zwischen der Bebauung entlang der C.------straße sowie der A.-------straße . Der Bereich des Parkhauses ist nicht (mehr) Teil des Plangebiets. Der Bebauungsplan setzt für das Plangebiet im Wesentlichen ein Kerngebiet fest. Entlang der S1. Straße ist eine siebenstöckige Bebauung zugelassen. Entlang der nördlich verlaufenden Grundstücksgrenze zu den Grundstücken der C.------straße ist eine Baulinie festgesetzt, die eine grenzständige Bebauung ermöglicht. In diesem Bereich ist eine eingeschossige Bebauung zulässig, wobei die Wandhöhe hier 119,25 m über NN betragen muss. Diese Höhe entspricht dem ehemaligen Bestand. In einem Abstand von drei Meter zur Grundstücksgrenze ist eine Baugrenze festgesetzt, hinter der eine dreigeschossige Bebauung zulässig ist. Ausweislich der textlichen Festsetzung Nr. 4 beträgt in dem Bereich der maximal dreigeschossigen Bebauung die Tiefe der Abstandfläche 0,8 H. Eine Reduzierung der Tiefe der Abstandfläche ist ausweislich der textlichen Festsetzung hier nicht zulässig. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 7 sind in dem Kerngebiet in dem Bereich der maximal sieben-geschossigen Bebauung aufgrund der Lärmbelastung der S1. Straße und der A.-------straße sowie der Straßenbahnlinie °°° für die Gebäude bauliche und sonstige technische Vorkehrungen zur Lärmminderung zu treffen. Im Folgenden werden Innenraumpegel für verschiedene Räume benannt, deren Einhaltung durch zu treffende bauliche oder sonstige technische Vorkehrungen sichergestellt werden müssen. Die Innenraumpegel müssen dabei vorrangig durch die Anordnung der Baukörper und/oder geeigneter Grundrissgestaltung eingehalten werden. Ist dies nicht möglich, muss ein ausreichender Schallschutz durch bauliche Maßnahmen an Außentüren, Fenstern, Außenwänden und Dächern der Gebäude geschaffen werden.
23„An dieser Stelle befindet sich in der Originalentscheidung eine Skizze“
24Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan vom 17. Dezember 2013 ist das Ziel der Planung die Sicherung und Fortentwicklung des Stadtteils S. in seiner besonderen Versorgungsfunktion (S. 5). Hinsichtlich der Festsetzung zum Maß der baulichen Nutzung orientiere sich die Zahl der Vollgeschosse im Wesentlichen an der vormaligen Bebauung (S. 13). Die Größe des Baublocks und der hierdurch mögliche Abstand zur Nachbarbebauung würden die Erhöhung um ein Geschoss gegenüber der vormaligen Bebauung rechtfertigen. Die bestehende Nachbarbebauung nördlich und südlich des Plangebiets werde dadurch nicht wesentlich beeinträchtigt. Bezüglich der grenzständigen Bebauung wird zunächst festgestellt, dass die Bebauungsstruktur seit Jahrzehnten unter anderem durch eine grenzständige Bebauung im Innenhof gekennzeichnet sei (S. 14). Aufgrund der Größe des Baublocks und seiner Lage innerhalb des B-Zentrums S. sei die Verdichtung der Bebauung innerhalb des Innenhofes städtebaulich gewünscht und vertretbar. Die Festsetzung einer Baulinie in Kombination mit der Festsetzung der zwingenden Wandhöhe entspreche der vormaligen, ebenfalls grenzständig errichteten Bebauung. Für die erneute Bebauungsmöglichkeit mit grenzständiger Bebauung spreche, dass durch die Entwicklung bzw. Revitalisierung dieses innerstädtischen Standortes die Inanspruchnahme unbebauter Flächen an anderen Standorten vermieden werden solle (S. 15). Die Beibehaltung der seit Jahrzehnten bestehenden eingeschossigen grenzständigen Bebauung diene der Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche (S. 16). Durch die grenzständige Bebauung würden auch nicht die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse beeinträchtigt. Hinsichtlich der Belüftung, Belichtung und Besonnung der Gebäude unter anderem entlang der C.------straße komme es durch die Grenzbebauung zu keiner relevanten Verschlechterung der in der Vergangenheit bestehenden Situation (S. 17). Die Verschattungsstudie des Dipl. N. . H. M. vom 12. Dezember 2013 komme zu dem Ergebnis, dass der Verzicht auf die Abstandflächen bzgl. der Verschattung jedenfalls zum Messzeitpunkt am 17. Januar irrelevant sei, da auch bei vollständigen Fehlen einer Bebauung die Besonnungsdauer nicht den Anforderungen der DIN 5034 genüge. Die Messung am 21. März habe gezeigt, dass die für die Tag- und Nachtgleiche empfohlene Besonnungsdauer von vier Stunden in allen Varianten, also einschließlich der maximal zulässigen Bebauung für einen Großteil der untersuchten Südfassaden, erreicht werde. Lediglich die Umsetzung des Schmalseitenprivilegs führe dazu, dass die am weitesten östlich gelegenen Fassaden der C.------straße ° und ° zu diesem Zeitpunkt weniger als vier Stunden besonnt werden würden. Am 17. Juli erreiche dagegen nahezu das gesamte Untersuchungsgebiet mit Ausnahme von eng bebauten Bereichen Sonnenscheindauern von mehr als 60 Minuten (S. 18). Bei der Interpretation der Ergebnisse sei zu berücksichtigen, dass Verschattungen in Innenstädten keine Seltenheit, sondern in vielen Bereichen den Regelfall darstellen, was jedoch nicht zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führe. Zudem zeige die Verschattungsstudie deutlich auf, dass die grenzständige eingeschossige Bebauung zu keiner zusätzlichen Verschattung der benachbarten Wohngebäude führe. Auch eine Bebauung mit einem Mindestabstand von 3 m würde zu keiner Verbesserung führen. Das Ausmaß der zusätzlichen Verschattungsdauer werde durch die Blockrandbebauung sowie das erste und zweite Obergeschoss der Innenhofbebauung beeinflusst (S. 19). Diese Bebauung halte jedoch die bauordnungsrechtlichen Abstandflächen ein, so dass Verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen seien. Es sei zudem davon auszugehen, dass die Fassaden mit Fernstern und Türen ausgestattet werden würden, wenn die Errichtung von Baukörpern mit einem Mindestabstand von 3 m erfolgen würde und damit die angrenzende Wohnnutzung eher beeinträchtigt werden würde. Im Rahmen der Abwägung dürfe nicht verkannt werden, dass die grenzständige Bebauung per se eine Beeinträchtigung der Nachbargrundstücke darstelle. Die Verschattungsstudie zeige aber auch, dass durch die grenzständige Bebauung keine Verschattung der Fassaden hervorgerufen werde, da der Abstand zu der nördlich gelegenen Bebauung so groß sei, dass keine nachteiligen Auswirkungen für die Belichtung von Räumen hervorgerufen würden. Aufgrund der jahrzehntelang bestehenden grenzständigen Bebauung in identischer Höhe, der Notwendigkeit der Schaffung möglichst großer Flächen für den Einzelhandel im zentralen Versorgungsbereich und angesichts der Verschattung nur der südlichsten Gartenbereiche, nicht aber des Gartenbereiches südlich vor den Häusern, wo sich auch Terrassen befänden, sei es im Rahmen der Abwägung gerechtfertigt, die grenzständige Bebauung mit zwingender Höhe festzusetzen. Schließlich werde die Anwendbarkeit des 16 m-Privilegs für den maximal dreigeschossig bebaubaren Teil des Kerngebiets ausgeschlossen, da die Besonnungsdauer bei einer Inanspruchnahme des 16 m-Privilegs deutlich verschlechtert werde.
25Mit Beschluss vom 30. Juni 2014 (4 BN 38.13) wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerden der Beklagten und der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des OVG NRW vom 26. April 2013 zurück.
26Das Gericht hat mit Beschluss vom 17. September 2015 in der mündlichen Verhandlung die Verfahren 5 K 3162/11, 5 K 4283/12 und 5 K 4284/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden.
27Der Kläger ist der Ansicht, die Baugenehmigung verstoße gegen bauordnungsrechtliche Abstandsflächenvorschriften. Insbesondere werde die genehmigte grenzständige Bebauung nicht durch den Bebauungsplan Nr. °/°° „S1. Straße/C.------straße “ legitimiert, da dieser unwirksam sei. Dies folge aus der Unwirksamkeit der textlichen Festsetzung Nr. 7, da diese weder hinreichend bestimmt sei noch auf § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB gestützt werden könne. Es reiche vorliegend nicht aus, wenn textlich bestimmte, letztlich einzuhaltende Innenraumpegel als Ziel vorgegeben werden würden, deren Einhaltung durch bauliche und sonstige technische Vorkehrungen sichergestellt werden müssten, ohne dass die Vorkehrungen näher bestimmt werden würden. Reine Emissions- und Immissionsgrenzwerte seien keine Vorkehrungen im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB.
28Da auch der Bebauungsplan Nr. °/°° „S1. Str. / A.-------straße “ sowie der Vorgängerbebauungsplan Nr. °°° unwirksam seien, müssten Abstandflächen entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze eingehalten werden.
29Zudem verstoße das Vorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Die Rücksichtslosigkeit resultiere vor allem aus der Länge und Höhe der in den Blockinnenbereich hineinragenden Grenzbebauung. Die ungegliederte eingeschossige Grenzwand wirke in Kumulation mit den darüber hinaus ragenden weiteren Geschossen auf die angrenzenden schmalen Grundstücke erdrückend. Hinzu komme, dass bis zum Abriss die bestehende „Blockinnenbebauung“ aus einem zweigeschossigen, fensterlosen Baukörper, dessen Dachflächen nicht zum Betreten von Menschen bestimmt gewesen seien, bestanden habe. Der nunmehr genehmigte Baukörper biete dem gegenüber zahlreiche Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des Klägers. Neben Fenstern seien insofern auch die durch die abgestufte Bauweise entstehenden Dachterrassen zu benennen. Die Fenster sowie die Terrassen würden damit künftig genau vis à vis des Gartens, aber auch der Fenster des vom Kläger bewohnten Gebäudes liegen. Die Möglichkeit, sich durch entsprechende Bepflanzung abzuschirmen und so vor Blicken der Nachbarn zu schützen, bestehe nicht mehr. Insbesondere wäre die Anpflanzung einer ausreichend hoch bemessenen Hecke nicht realisierbar. Dem Kläger blieben künftig keine Rückzugsmöglichkeiten mehr. Die rückwärtigen Ruhe- und Erholungsflächen würden künftig der permanenten Einsichtnahme durch die Benutzer des Bauvorhabens ausgesetzt sein.
30Hinsichtlich der ersten und zweiten Nachtragsbaugenehmigung ist der Kläger der Auffassung, es handele sich um keinen einfachen Nachtrag, sondern um ein Aliud, da beide Genehmigungen derart umfangreich seien, dass nicht lediglich eine Modifizierung vorliege. Durch die Genehmigung von Einzelhandelsnutzungen sei erstmals über bodenrechtlich relevante Nutzungen entschieden worden.
31Der Kläger beantragt – schriftsätzlich – (sinngemäß),
32die Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 in Gestalt der ersten Nachtragsbaugenehmigung vom 29. Juni 2012 und der zweiten Nachtragsbaugenehmigung vom 17. Juli 2012 aufzuheben.
33Die Beklagte beantragt – schriftsätzlich -,
34die Klage abzuweisen.
35Sie ist der Ansicht, die Baugenehmigung verstoße nicht gegen bauordnungsrechtliche Abstandflächenvorschriften, da die durch den rechtmäßigen Bebauungsplan Nr. °/°° festgesetzte Baulinie entlang der südlichen Grundstücksgrenze eine grenzständige Bebauung des ersten Vollgeschosse ermögliche. Bei der ordnungsgemäßen Abwägung der öffentlichen und privaten Belange habe der Plangeber dem Interesse an einer sinnvollen Nachnutzung des Grundstücks den Vorrang eingeräumt. Im Rahmen der Abwägungsentscheidung sei ein sachgerechter Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an der Verwirklichung einer großflächigen Bebauung in zentraler Lage im Stadtteil S. und den von den Planungsabsichten betroffenen angrenzenden Grundstückseigentümern am Erhalt ihrer Freiflächen und einer von den Auswirkungen der Bebauung möglichst unbelasteten Wohnlage getroffen worden. Bei der Gewichtung der Belange sei der Umstand berücksichtigt worden, dass bereits das ehemalige I. - Gebäude bis zu den rückwärtigen Grenzen der Wohnung Grundstücke entlang der C.------straße gereicht habe und die Eigentümer ihre Grundstücke wie in den vergangenen 50 Jahren auch ohne Einhaltung von Abstandsflächen sinnvoll nutzen könnten.
36Entgegen der Auffassung des Klägers handele sich bei der ersten und zweiten Nachtragsbaugenehmigung nicht um ein aliud zur ursprünglichen Baugenehmigung. Zudem seien nachbarliche Belange durch die Inhalte des 2. Nachtrags weder in bauplanungs- noch in bauordnungsrechtlicher Sicht betroffen. Demnach stelle es auch keine Beeinträchtigung der Rechte des Klägers dar, wenn – seiner Auffassung zufolge – hinsichtlich der Nachtragsgenehmigung ein eigenständiges Genehmigungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen.
37Die Beigeladene beantragt – schriftsätzlich -,
38die auf Aufhebung der Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 gerichtete Klage abzuweisen.
39Zur Begründung führt sie aus, ein Verstoß gegen bauordnungsrechtliche Abstandflächenvorschriften liege nicht vor, da nach diesen Vorschriften eine Abstandfläche wegen der im Bebauungsplan festgesetzten Baulinie nicht erforderlich sei.
40Ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme liege ebenfalls nicht vor. Ein solcher Verstoß sei bereits deshalb ausgeschlossen, da die Abstandvorschriften eingehalten werden. Zum anderen habe die Beklagte die Belange des Klägers in die bauleitplanerische Abwägung eingestellt und dem öffentlichen Interesse an einer sinnvollen Nachnutzung des für den Stadtteil S. bedeutsamen Standorts den Vorrang eingeräumt. Damit verbleibe kein Spielraum mehr für die Anwendung des Gebots der Rücksichtnahme. Eine Korrektur im Wege der „Nachsteuerung“ über das Gebot der Rücksichtnahme im Baugenehmigungsverfahren sei nicht zulässig. Schließlich sei auch nicht von unzumutbaren Einsichtmöglichkeiten auf das Grundstück des Klägers auszugehen. Die Bauteile des Vorhabens lägen mindestens 25 m von der Rückfront des Hauses der Kläger entfernt. Außerdem handele es sich bei den zum Grundstück des Klägers gelegenen Räumen des ersten und zweiten Obergeschosses um Büros, so dass der Kläger allenfalls in den üblichen Bürozeiten Einblicken auf seinen Garten ausgesetzt sei. Der Kläger könne sich schließlich durch eine Bepflanzung seines Grundstücks, durch Fenstervorhänge und ähnliche Maßnahmen ohne weiteres vor Einblicken schützen.
41Selbst wenn das Vorhaben nach § 34 BauGB zu beurteilen wäre, bräuchte das Vorhaben der Beigeladenen keine Abstandfläche zum Grundstück des Klägers einzuhalten. Da der Abriss des ehemaligen I. -Gebäudes in unmittelbarem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Ausführung des mit der angefochtenen Baugenehmigung zugelassenen Vorhabens stehe, präge das beseitigte Gebäude die Eigenart der näheren Umgebung, so dass nicht anders als das beseitigte ehemalige Kaufhaus auch das neue Gebäude ohne Einhaltung einer Abstandfläche an die rückwärtige Grundstücksgrenze des klägerischen Grundstückes gebaut werden dürfe. Aufgrund des engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhanges gehe die Verkehrsauffassung davon aus, dass auch das neue Gebäude grenzständig an das Grundstück des Klägers gebaut werde.
42Die Beigeladene stellt im Übrigen keinen Antrag.
43In der mündlichen Verhandlung am 17. September 2015 haben die Beteiligten auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet und sich mit einer Entscheidung durch die Berichterstatterin einverstanden erklärt.
44Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
45Entscheidungsgründe:
46Über die Klage entscheidet im Einverständnis mit den Beteiligten die zuständige Berichterstatterin, vgl. § 87 a Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), ohne Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung, vgl. § 101 Abs. 2 VwGO.
47Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
48Die angefochtene Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 in Gestalt der ersten Nachtragsbaugenehmigung vom 29. Juni 2012 und der zweiten Nachtragsbaugenehmigung vom 17. Juli 2012 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
49Zunächst handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers bei den ersten beiden Nachtragsbaugenehmigungen nicht um ein sog. „Aliud“ zur ursprünglichen Baugenehmigung. Grundsätzlich lässt sich die Frage, wie weit die Wirkung einer Baugenehmigung reicht und in welchem Fall ein „aliud“ gegenüber der beantragten Anlage vorliegt, kaum allgemein oder „abstrakt“ beantworten.
50Vgl. Boeddinghaus, BauO, § 75 Rn. 46 mit Verweis auf Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 27. Januar 1997 – 4 B 2/97 -.
51Demnach ist ein Aliud dann anzunehmen, wenn sich das neue Vorhaben in Bezug auf baurechtlich relevante Kriterien von dem ursprünglich genehmigten Vorhaben unterscheidet. Dies gilt unabhängig davon, ob die baurechtliche Zulässigkeit des abgewandelten Bauobjekts als solche im Ergebnis anders zu beurteilen ist. Ein baurechtlich relevanter Unterschied zwischen dem ursprünglich genehmigten und dem abgewandelten Bauvorhaben ist immer dann anzunehmen, wenn sich für das abgewandelte Bauvorhaben die Frage der Genehmigungsfähigkeit wegen geänderter tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen neu stellt, das heißt diese geänderten Voraussetzungen eine erneute Überprüfung der materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen erfordern. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Baugenehmigung, die sicherstellen soll, dass nur solche Bauvorhaben zur Ausführung gelangen, deren Vereinbarkeit mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) von der Bauaufsichtsbehörde festgestellt worden ist.
52Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteile vom 21. Februar 2007 – 10 A 27/07 -, vom 4. Mai 2004 – 10 A 1476/04 - und vom 7. November 1996 -7 A 4820/95 -, jeweils zitiert nach juris.
53Grundsätzlich kann nach der Rechtsprechung des OVG NRW eine bereits erteilte Baugenehmigung nur dann durch eine Nachtragsbaugenehmigung ergänzt oder geändert werden, soweit dadurch das Vorhaben nicht in seinem Wesen verändert wird. Die Nachtragsbaugenehmigung ist zwar ein Verwaltungsakt, der eine eigene Regelung mit Außenwirkung beinhaltet, sie modifiziert aber nur die ursprünglich erteilte Baugenehmigung und rechtfertigt – für sich genommen – die Verwirklichung des Vorhabens nicht. Sie betrifft kleinere Änderungen, darf aber inhaltlich nicht ein von dem Genehmigungsgegenstand wesensverschiedenes Vorhaben - „aliud“ - regeln.
54Vgl. OVG NRW, Urteil vom 4. Mai 2004 – 10 A 1476/04 -, zitiert nach juris.
55Dies zugrundegelegt, wird das Vorhaben durch die ersten beiden und von dem Kläger allein angefochtenen Nachtragsbaugenehmigungen nicht in seinem Wesen verändert. Da die erste Nachtragsbaugenehmigung lediglich die Einrichtung von vier Läden im Unter- und Erdgeschoss (namentlich Deichmann, Aldi, Edeka und dm) und die zweite Nachtragsbaugenehmigung die Raumaufteilung und Grundrissänderung im ersten und zweiten Obergeschoss sowie Änderungen an der Fassade genehmigt, sind hierdurch nicht im oben beschriebenen Sinne baurechtlich relevante Kriterien betroffen, die die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens als solches insgesamt neu in Frage stellen. Vielmehr wird bereits durch die ursprüngliche Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 Einzelhandelsnutzung im Unter- und Obergeschoss zugelassen, so dass sich die erste Nachtragsbaugenehmigung als bloße Konkretisierung des bereits genehmigten Umfangs darstellt. Nichts anderes gilt für die Grundrissänderungen im ersten und zweiten Obergeschoss, da durch die veränderte Nutzungsaufteilung in drei statt in zwei Nutzungseinheiten das Vorhaben als solches nicht berührt wird.
56Die angefochtene Baugenehmigung vom 29. Juni 2011, einschließlich der angefochtenen ersten und zweiten Nachtragsbaugenehmigung, verstößt nicht gegen drittschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts.
57Insbesondere verletzt sie den Kläger nicht wegen eines vermeintlichen Verstoßes gegen Abstandflächenvorschriften in seinen Rechten. § 6 BauO NRW vermittelt dem Kläger insoweit ein Abwehrrecht, als dass dieser die Einhaltung von Abstandflächen gegenüber seinem Grundstück geltend machen kann. Ein in Bezug auf die gemeinsame Grundstücksgrenze festzustellender Verstoß gegen Abstandflächenvorschriften liegt hier allerdings nicht vor.
58Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Nach Satz 2 a) der Vorschrift ist innerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche eine Abstandfläche nicht erforderlich gegenüber Grundstücksgrenzen, gegenüber denen nach planungsrechtlichen Vorschriften ohne Grenzabstand gebaut werden muss. Da der Bebauungsplan Nr. °/°° „S1. Straße/C.------straße “ in Bezug auf die gemeinsame Grundstücksgrenze zum Kläger eine Baulinie im Sinne des § 23 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) festsetzt, ist die grenzständige Bebauung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 a BauO NRW zulässig und ein Verstoß gegen Abstandflächenvorschriften ausgeschlossen.
59Ob eine angefochtene Baugenehmigung den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, beurteilt sich zwar grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung.
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Januar 1993 – 4 C 19.90 -, zitiert nach juris.
61Demnach wäre hier der Bebauungsplan Nr. °°° „S1. Straße/C.------straße /S2.---straße “ maßgeblich, da der Bebauungsplan Nr. °/°° „S1. Straße/A.-------straße “, der im Zeitpunkt der Genehmigungserteilung in Kraft war, durch Urteil des OVG NRW vom 26. April 2013 für unwirksam erklärt wurde.
62Allerdings haben spätere Änderungen zu Lasten des Bauherrn außer Betracht zu bleiben, während nachträgliche Änderungen zu seinen Gunsten zu berücksichtigen sind. Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass es mit der nach Maßgabe des einschlägigen Rechts gewährleisteten Baufreiheit nicht vereinbar wäre, eine zur Zeit des Erlasses rechtswidrige Baugenehmigung aufzuheben, die sogleich nach der Aufhebung wieder erteilt werden müsste.
63Vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. April 1998 – 4 B 40/98 -, mit Bezug auf BVerwG, Urteil vom 5. Oktober 1965 – 4 C 3.65 – und Beschluss vom 22. April 1996 – 4 B 54.96 -, sowie OVG NRW, Beschluss vom 10. Mai 2007 – 10 B 305/07 -, jeweils zitiert nach juris.
64Der Bebauungsplan Nr. °/°° „S1. Straße/C.------straße “ enthält nachträgliche Änderungen zu Gunsten des Beigeladenen. Durch diesen wird zum einen die grenzständige Bebauung und zum anderen eine bis zu dreigeschossige Bebauung, sofern diese einen Abstand von 0,8 H einhält, entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Kläger ermöglicht.
65An der Wirksamkeit des Bebauungsplans Nr. °/°° bestehen keine Bedenken, insbesondere wurde er ordnungsgemäß bekannt gemacht.
66Die den Abwägungsvorgang betreffenden Rügen wären zudem inzwischen nach Überschreiten der Jahresfrist gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Baugesetzbuches (BauGB) verspätet.
67Die Planerhaltungsvorschriften unterscheiden zwischen Mängeln im Abwägungsvorgang und Mängeln im Abwägungsergebnis. Mängel im Abwägungsvorgang sind nur unter den in § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB genannten Voraussetzungen beachtlich. Nach beiden Vorschriften muss der Mangel offensichtlich und auf das Ergebnis von Einfluss gewesen sein. Ein hiernach beachtlicher Mangel des Abwägungsvorgangs muss innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sein; andernfalls wird er, wenn bei Inkraftsetzung der Satzung auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Vorschriften sowie auf die Rechtsfolgen hingewiesen worden ist, gemäß § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 BauGB unbeachtlich. Ein Mangel im Abwägungsergebnis ist demgegenüber stets beachtlich; er führt unabhängig vom Vorliegen weiterer Mängel der Abwägung zur (Teil-) Unwirksamkeit des Bebauungsplans.
68Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. September 2010 – 4 CN 2/10 -, mit weiteren Nachweisen, zitiert nach juris.
69An der Wirksamkeit des Abwägungsergebnisses als solchem hat das Gericht keine durchgreifenden Zweifel. Insbesondere liegen keine Anhaltpunkte für die Unwirksamkeit der Festsetzung einer Baulinie gemäß § 23 Abs. 2 BauNVO entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze sowie der Zulässigkeit einer bis zu dreigeschossigen Bebauung, sofern diese einen Abstand von 0,8 H einhält, vor, noch wurden solche seitens des Klägers vorgetragen.
70Sofern der Kläger die textliche Festsetzung Nr. 7 für unwirksam hält, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Zwar können die den Lärmschutz betreffenden Festsetzungen grundsätzlich nachbarschützende Wirkung entfalten. Dies gilt allerdings nur, soweit eine Verletzung der Rechte des Klägers durch die Festsetzung überhaupt in Betracht kommt. Da sich die textliche Festsetzung Nr. 7 jedoch ausschließlich auf den Bereich der siebengeschossigen Bebauung bezieht, ist eine Verletzung des Klägers in seinen Rechten von vornherein ausgeschlossen. Denn die Festsetzung dient vor allem der Sicherstellung gesunder Wohn- und Arbeitsverhältnisse der sich in dem Gebäude aufhaltenden Personen (vgl. Seite 23 der Planbegründung). Eine Betroffenheit des Klägers durch Nichteinhaltung der dort genannten Innenraumpegel aufgrund der vermeintlichen Unwirksamkeit der Festsetzung erscheint damit von vornherein ausgeschlossen. Zum anderen hat das Gericht auch ungeachtet dessen keine Zweifel an der Wirksamkeit der Festsetzung. Insbesondere genügt die beispielhafte Benennung von baulichen Maßnahmen an Außentüren, Fenstern, Außenwänden und Dächern den Bestimmtheitserfordernis an die zu treffenden baulichen und sonstigen Vorkehrungen. Durch diese Formulierung kann der Bauherr bereits der Festsetzung hinreichend genau entnehmen, inwiefern baulichen Maßnahmen zu treffen sind, wobei die Konkretisierung in zulässiger Weise erst im Genehmigungsverfahren erfolgt.
71Im Übrigen wurden von dem Kläger keine die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. °/°° nach sich ziehenden Gründe vorgetragen, noch sind sie sonst für das Gericht ersichtlich.
72Ein Verstoß gegen § 6 BauO NRW liegt neben der demnach aufgrund des Bebauungsplans Nr. °/°° zulässigen grenzständigen eingeschossigen Bebauung darüber hinaus nicht vor, da das Vorhaben die entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze getroffenen Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. °/°° auch im Übrigen, namentlich hinsichtlich des zweiten und dritten Geschosses, einhält. Das zweite Geschoss weist eine Wandhöhe von 9,77 m auf. Nach der textlichen Festsetzung Nr. 4, wonach – gleichlaufend mit der Vorschrift in § 6 Abs. 5 Satz 1 BauO NRW - in dem Bereich der maximal dreigeschossigen Bebauung die Tiefe der Abstandfläche 0,8 H beträgt, ist zur klägerischen Grundstücksgrenze ein Abstand von 7,816 m einzuhalten. Das dritte Geschoss weist eine Wandhöhe von 13,4 m auf. Der Mindestabstand beträgt damit 10,72 m. Aus dem Amtlichen Lageplan vom 20. Juni 2011 geht hervor, dass diese Mindestabstände eingehalten werden.
73Ein Verstoß des Vorhabens gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts liegt ebenfalls nicht vor. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich hier nach § 30 Abs. 1 BauGB, da es im Geltungsbereich des am 28. März 2014 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. °/°° „S1. Straße/ C.------straße “ liegt.
74Der Kläger kann sich insbesondere nicht erfolgreich auf einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme berufen.
75Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
76Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 -, vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 - und vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 -; OVG NRW, Beschluss vom 3. September 1999 - 10 B 1283/99 -, sowie zuletzt VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 13. November 2015 – 5 L 1900/15 -; jeweils zitiert nach juris.
77Dabei reichen bloße Lästigkeiten für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit.
78Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 17. Januar 2014 – 5 L 1469/13 – und vom 23. August 2013 – 6 L 737/13 - sowie Urteil vom 21. August 2014 – 5 K 3451/13 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 12. Juli 2012 – 2 B 12.1211 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 – 2 S 50.10 -; jeweils zitiert nach juris.
79Der Kläger kann sich hier bereits deshalb nicht mit Erfolg auf einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme berufen, da die Erwägungen im Zusammenhang mit der aufgrund der Festsetzung der Baulinie sowie der dreigeschossigen Bebauungsmöglichkeit gebotenen Rücksichtnahme auf die Nutzungen in der Umgebung des Plangebiets bereits in die dem Bebauungsplan zugrunde liegende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange eingeflossen sind.
80§ 15 Abs. 1 BauNVO als Ausprägung des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahme-gebots findet im Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich keine Anwendung mehr, wenn das Rücksichtnahmegebot von der vorausgegangenen planerischen Abwägung gleichsam „aufgezehrt“ ist. Die Vorschrift ergänzt lediglich die Festsetzungen des Bebauungsplans, soweit dieser selbst noch keine Lösung für bestimmte Konfliktsituationen enthält. Ihre Anwendung darf aber nicht zur Korrektur der planerischen Entscheidung führen. Grundsätzlich gebietet das in § 1 Abs. 7 BauGB enthaltene Gebot der Konfliktbewältigung, dass jeder Bebauungsplan die von ihm selbst geschaffenen oder ihm sonst zurechenbaren Konflikte zu lösen hat, indem die von der Planung berührten Belange zu einem gerechten Ausgleich gebracht werden. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten der Betroffenen letztlich ungelöst bleiben.
81Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13. Januar 2014 – 10 B 1323/13 –, mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 4 C 8.12 -, zitiert nach juris.
82Hiervon ausgehend, ist die durch die grenzständige sowie dreigeschossige Bebauung entlang der nördlichen Grundstücksgrenze des Vorhabengrundstücks verursachte Beeinträchtigung des Klägers in der den entsprechenden Festsetzungen des Bebauungsplans zugrunde liegenden Abwägung hinreichend berücksichtigt worden. Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan vom 17. Dezember 2013 hat sich der Rat mit den Auswirkungen einer grenzständigen bzw. dreigeschossigen Bebauung zulasten der Nachbarn befasst. Nach umfassender Auswertung der Verschattungsstudie des Dipl. N. . H. M. vom 12. Dezember 2013 ist er zu dem Schluss gekommen, dass die grenzständige eingeschossige Bebauung zu keiner zusätzlichen Verschattung der nördlich und südlich benachbarten Wohngebäude führe. Auch eine Bebauung mit einem Mindestabstand von 3,0 m führe hier zu keiner Verbesserung. Das Ausmaß der zusätzlichen Verschattungsdauer der Wohngebäude und der Gärten werde im Wesentlichen durch die Blockrandbebauung sowie das 1. und 2. Obergeschoss der Innenhofbebauung beeinflusst. Da diese Bebauung jedoch die Abstandflächen gemäß § 6 BauO NRW einhalten müsse, seien dennoch entstehende Verschattungseffekte regelmäßig hinzunehmen (siehe S. 19 unten). An den Feststellungen der Verschattungsstudie, die der Einschätzung des Plangebers zugrunde lag, bestehen keine Bedenken. Insbesondere wurde hier – anders als bei der ursprünglichen und vom OVG NRW in seiner Entscheidung vom 26. April 2013 noch gerügten Verschattungsstudie - in die Bemessung der 17. Januar als wintertypische Tag einbezogen sowie eine worst-case Betrachtung vorgenommen. Hinzu kommt, dass der Plangeber in der textlichen Festsetzung Nr. 4 ausdrücklich die Anwendung des Schmalseitenprivilegs nach § 6 Abs. 6 BauO NRW ausgeschlossen hat, um somit zusätzliche Beeinträchtigungen für die angrenzenden Nachbarn auszuschließen.
83Aufgrund dieser umfassenden Berücksichtigung der Belange der im Norden angrenzenden Nachbarn sowie der Folgen einer grenzständigen Bebauung scheidet eine Korrektur des planerischen Willens über das Gebot der Rücksichtnahme vorliegend aus.
84Sofern sich der Kläger außerdem auf unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten auf sein Grundstück aufgrund der Möglichkeit der Errichtung bodentiefer Fenster an der nördlichen Außenwand sowie der Errichtung von Terrassen beruft, ist unabhängig von der Frage, ob auch diese Erwägungen in den Abwägungsvorgang eingeflossen sind und damit von dem Bebauungsplan aufgezehrt wurden, ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme ausgeschlossen. Denn die bodentiefen Fenster sowie Terrassen befinden sich im Bereich der zwei- bzw. dreigeschossigen Bebauung, die ihrerseits – wie gezeigt - die Abstandflächen im Sinne des § 6 BauO NRW einhalten. Für die Anwendung des bundesrechtlichen Rücksichtnahmegebots verbleibt jedoch aus tatsächlichen Gründen regelmäßig dann kein Raum, soweit die durch dieses Gebot geschützten Belange durch spezielle bauordnungsrechtliche Vorschriften geschützt werden und das konkrete Vorhaben deren Anforderungen genügt.
85Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3.00 – und vom 7. Dezember 2006 - 4 C 11.05 -; OVG NRW, Beschl. v. 11. März 2003- 7 B 240/03 -; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 14. Oktober 2010 - 10 L 765/10 -; jeweils zitiert nach juris; Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 12 Rn. 8; Boeddinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Bd. II, § 51 Rn. 9, 211.
86Die Vorschrift des § 6 BauO NRW soll durch Mindestabstände die Gefahr der Brandübertragung, der Beeinträchtigung der Belichtung und Belüftung, der unangemessenen optischen Beengung oder der Störung des Wohnfriedens vorbeugen und ganz allgemein vermeiden, dass die Lebensäußerungen der in der Nachbarschaft wohnenden und arbeitenden Menschen zu intensiv aufeinander einwirken (sog. Sozialabstand).
87Vgl. Beschluss der erkennenden Kammer vom 12. März 2012 – 5 L 1112/12 -, zitiert nach juris.
88Anhaltspunkte, die trotz des Einhaltens der Abstandflächenvorschriften gleichwohl einen qualifizierten Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot im oben genannten Sinne begründen, sind hier nicht feststellbar. Hinzu kommt vor allem, dass sich die Einsichtsmöglichkeiten sowohl auf geschäftsübliche Zeiten – und damit gerade nicht auf die besonders geschützten Abendstunden sowie auf Wochenenden – beschränken dürften als auch der Umstand, dass die rückwärtige Fassade des Gebäudes des Klägers etwa 20 Meter von der Grundstücksgrenze entfernt liegt.
89Sofern der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung einen Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme aufgrund der auf dem Dach des Gebäudes errichteten Lüftungsanlage geltend macht, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Eine mit der – nach den Feststellungen in der mündlichen Verhandlung entsprechend der Genehmigung erfolgten - Errichtung der Lüftungsanlage einhergehende Rücksichtslosigkeit gegenüber dem Kläger ist weder substantiiert vorgetragen noch aus sonstigen Gesichtspunkten erkennbar, zumal auch hier die Abstandflächen eingehalten werden.
90Schließlich verletzt die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 auch keine sonstigen nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts.
91Eine Verletzung nachbarschützender Rechte durch die ebenfalls angefochtene erste Nachtragsbaugenehmigung vom 29. Juni 2012, mit der die Einrichtung von vier Einzelhandelsnutzungen im Unter- und Erdgeschoss genehmigt wurden, sowie durch die zweite Nachtragsbaugenehmigung vom 17. Juli 2012, mit der Änderungen der Grundrisse im 1. und 2. Obergeschoss sowie Änderungen an verschiedenen Fassaden und Veränderungen der Technikaufbauten auf dem Dach des Gebäudes genehmigt wurden, ist weder von dem Kläger vorgetragen, noch sonst ersichtlich.
92Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1/3 für erstattungsfähig zu erklären, da dieser hinsichtlich der Klage gegen die Baugenehmigung vom 29. Juni 2011 mit Erfolg einen Antrag gestellt und sich damit dem allgemeinen Prozessrisiko ausgesetzt hat. Hinsichtlich der Klagen gegen die erste und zweite Nachtragsbaugenehmigung entspricht es der Billigkeit, dass der Beigeladene seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt, da er keinen Antrag gestellt und sich damit nicht dem allgemeinen Prozessrisiko ausgesetzt hat.
93Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
Tenor
1 Die aufschiebende Wirkung der Klage 6 K 2117/13 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 8. April 2013 in der Gestalt der Nachtragsbaugenehmigung vom 11. Juni 2013 zur Errichtung eines rückwärtigen Anbaus an das bestehende Wohnhaus F.---straße 61 in H. wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die nicht erstattungsfähig sind.
2 Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.
1
G r ü n d e:
2Der Antrag des Antragstellers,
3die aufschiebende Wirkung seiner Klage 6 K 2117/13 gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 8. April 2013 in der Gestalt der Nachtragsbaugenehmigung vom 11. Juni 2013 zur Errichtung eines rückwärtigen Anbaus an das bestehende Wohnhaus F.---straße 61 in H. anzuordnen,
4ist zulässig und begründet.
5Hat eine Klage gegen den einen Dritten begünstigenden Verwaltungsakt – wie hier nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 212 a Baugesetzbuch (BauGB) – keine aufschiebende Wirkung, so kann das Gericht der Hauptsache ihre aufschiebende Wirkung gem. § 80 a Abs. 3 und Abs. 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anordnen. In dem wegen der Eilbedürftigkeit nur summarischen Verfahren hat es dabei nicht unmittelbar die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts zu prüfen, sondern zu untersuchen, ob das Interesse an dessen sofortiger Vollziehung das Interesse des Antragstellers an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt. Gegenstand dieser Abwägung sind das Interesse des Nachbarn an der Aussetzung der Vollziehung auf der einen Seite und das Interesse des begünstigten Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der ihm erteilten Baugenehmigung andererseits. Da sich beide Interessen im Grundsatz gleichwertig gegenüberstehen, orientiert sich die vorzunehmende Abwägung vornehmlich an den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache.
6Vorliegend geht die Interessenabwägung insgesamt zu Gunsten des Antragstellers aus. Seine Klage gegen die Baugenehmigung wird voraussichtlich Erfolg haben. Es liegt ein aller Voraussicht nach zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung führender Verstoß gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts vor. Das genehmigte Vorhaben der Beigeladenen verstößt gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme.
7Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des im Streit stehenden Vorhabens richtet sich nach § 34 BauGB, da das Grundstück der Beigeladenen - unstreitig - innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, jedoch nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegt.
8Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
9Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 -, BauR 1983, 449, vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 -, DVBl. 1994, 697, und vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 -, DVBl. 2000, 192; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. September 1999 - 10 B 1283/99 -, NVwZ 1999, 1360.
10Dabei reichen bloße Lästigkeiten für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit. Ein qualifizierter Verstoß ist hier mit dem Verlust des Doppelhauscharakters festzustellen.
11Die - ausweislich des vorliegenden Karten- und Bildmaterials - überwiegend durch Einzel- und Doppelhäuser in offener Bauweise geprägte Umgebung des Baugrundstücks und damit auch und gerade die auf den Grundstücken des Antragstellers und der Beigeladenen bereits vorhandene offene Bauweise in Form eines Doppelhauses hat nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung drittschützenden Charakter.
12Grundlegend BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 -, juris.
13Für die nachbarschützende Wirkung ist dabei ohne Belang, ob sich die planungsrechtliche Grundlage für die Doppelhausbebauung aus den Festsetzungen eines Bebauungsplanes oder - wie hier - aus der Planersatzvorschrift des § 34 BauGB ergibt. Sofern durch ein Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich das durch eine Doppelhausbebauung begründete nachbarschaftliche Austauschverhältnis einseitig aufgehoben oder aus dem Gleichgewicht gebracht wird, liegt darin ein Verstoß gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB im Begriff des "Einfügens" verankerte Gebot der Rücksichtnahme in Bezug auf die Bauweise.
14OVG NRW, Urteil vom 19. April 2012 - 10 A 1035/10 -, juris.
15Die sich damit auch im unbeplanten Bereich hinsichtlich der Bauweise stellenden Anforderungen gelten nicht nur für den Neubau von Doppelhaushälften, sondern ebenso für Erweiterungs- oder Umbauvorhaben von bereits errichteten Doppelhaushälften.
16Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Juli 2007 - 10 B 1090/07 -, juris.
17Dementsprechend muss sich der Bauherr bei Erweiterungs- oder Umbauvorhaben an einer bereits errichteten Doppelhaushälfte an der bestehenden Grenzstellung der anderen Gebäudehälfte orientieren; die insoweit einmal vorhandenen baulichen Gegebenheiten können daher - auch und gerade für Um- und Ausbaumaßnahmen - als maßstabsbildende "Vorbelastung" wirken.
18Vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 -, juris.
19Das hier genehmigte Vorhaben ist daher nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich der Bauweise nur zulässig, wenn das geänderte Gebäude der Beigeladenen insgesamt zusammen mit dem benachbarten Wohnhaus des Antragstellers (weiterhin) ein Doppelhaus in offener Bauweise im bauplanungsrechtlichen Sinne bildet; denn aufgrund der bereits existenten grenzständigen Giebelwand des bisherigen Hauses, die erhalten bleiben soll, kann das Gebäude der Beigeladenen in der hier prägenden maßgeblichen offenen Bauweise (weiterhin) nur als Doppelhaushälfte zulässig sein. Verliert eine Gebäudehälfte infolge eines Um- oder Ausbaus seinen Doppelhauscharakter, ist der Um- oder Ausbau bauplanungsrechtlich insoweit nicht zulässig.
20Die Annahme eines Doppelhauses in offener Bauweise im Sinne des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO setzt voraus, dass die Gebäudehälften an einer Seite grenzständig zusammengebaut sind und im Übrigen den seitlichen Grenzabstand einhalten.
21Bielenberg, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Loseblatt-Kommentar (Stand: Januar 2013), Bd. 5, § 22 BauNVO RdNr. 26.
22In Konkretisierung dieser Vorgaben des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO verlangt das Bundesverwaltungsgericht zum einen, dass die Gebäudehälften, um ein Doppelhaus zu bilden, nicht irgendwie zusammengebaut sein dürfen, sondern durch das Aneinanderbauen an der gemeinsamen Grundstücksgrenze zu einer Einheit ("Gesamtkörper") zusammengefügt werden müssen. Kein Doppelhaus bilden daher zwei Gebäude, die sich zwar an der gemeinsamen Grundstücksgrenze noch berühren, aber als zwei selbständige - praktisch allseitig freistehende - Baukörper erscheinen ("quantitatives Element").
23BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 -, juris.
24Damit allein ist der bauplanungsrechtliche Begriff des Doppelhauses aber noch nicht erfüllt. Die bauplanungsrechtliche Festsetzung als Doppelhaus verlangt nämlich ferner, dass die beiden „Haushälften“ in wechselseitig verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden. Insoweit enthält das Erfordernis einer baulichen Einheit nicht nur ein quantitatives, sondern auch ein “qualitatives Element“.
25BVerwG, Urteil vom 24. Februar 2000 - 4 C 12.98 -, juris.
26Aufeinander abgestimmt sind die Hälften eines Doppelhauses, wenn sie sich in ihrer Grenzbebauung noch als "gleichgewichtig" und "im richtigen Verhältnis zueinander" und daher als harmonisches Ganzes darstellen, ohne disproportional, als zufällig an der Grundstücksgrenze zusammengefügte Einzelhäuser ohne hinreichende räumliche Verbindung zu erscheinen. Denn kennzeichnend für die offene Bauweise ist der seitliche Grenzabstand der Gebäude; die Hälften des Doppelhauses müssen folglich gemeinsam als ein Gebäude in Erscheinung treten. Dementsprechend muss ein Haus, soll es Teil eines Doppelhauses sein, ein Mindestmaß an Übereinstimmung mit dem zugehörigen Nachbarhaus aufweisen, indem es zumindest einen Teil der ihm Proportionen und Gestalt gebenden baulichen Elemente aufgreift. Anderenfalls wäre der die Hausform kennzeichnende Begriff der baulichen Einheit sinnentleert. Allgemeingültige Kriterien lassen sich jedoch insoweit mit Blick auf die von § 22 Abs. 2 BauNVO verfolgten städtebaulichen Ziele der Steuerung der Bebauungsdichte sowie der Gestaltung des Orts- oder Stadtbildes-, die keine einheitliche Gestaltung erfordern, nicht aufstellen. Regelmäßig geben Höhe, Breite und Tiefe, sowie die Zahl der Geschosse und die Dachform einem Haus seine maßgebliche Gestalt. Diese Kriterien können daher im Einzelfall Anhaltspunkte für die Beurteilung des wechselseitigen Abgestimmtseins geben. Auch Übereinstimmungen oder Abweichungen in der Kubatur der Häuser infolge hervortretender Bauteile, wie Dachterrassen, Gauben oder Anbauten können mitentscheidend für die Beantwortung der Frage sein, ob noch von einer baulichen Einheit und damit von einem Doppelhaus oder einer Hausgruppe die Rede sein kann. Insoweit erfährt ein geplantes Haus durch die bereits vorhandene Grenzbebauung eine das Baugeschehen beeinflussende Vorprägung. Umgekehrt trägt der Erstbauende das Risiko, dass die spätere Nachbarbebauung den planerisch eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Er kann nicht erwarten, dass die später errichtete Doppelhaushälfte die überbaubare Grundstücksfläche nur in demselben Umfang ausnutzt wie er es getan hat.
27OVG NRW Urteile vom 19. April 2012 – 10 A 1035/10-, juris, vom 28. Febraur 2012 -7 A 2444/09-, juris, und vom 16. August 2011 – 10 A 1224/09-, juris.
28Nach diesen Grundsätzen wird der Rahmen der wechselseitigen Grenzbebauung durch den genehmigten Um- und Anbau überschritten. Das Wohnhaus des Beigeladenen vermittelt nach der Umsetzung der Baugenehmigung den Eindruck eines einseitigen Grenzanbaus. Der streitgegenständliche Anbau tritt nach dem Umbau mit 5,25 m über mehr als die Hälfte der Tiefe beider Doppelhaushälften vor die bislang gemeinsame rückwärtige Außenwand und dies auf einer Breite von 9,38 m bei einer Gesamtbreite der Doppelhaushälfte der Beigeladenen von „nur“ 11,45 m. Hinzu kommt, obwohl es sich nur um einen eingeschossigen Anbau handelt, seine Gesamthöhe von 3,55 m oberhalb des Terrassenniveaus des Antragstellers. Damit erscheint der Anbau im Vergleich zum Nachbargebäude als massives einseitig in den Gartenbereich vorspringendes Bauteil. Dieser Eindruck wird noch erheblich dadurch verstärkt, das auch die Wohnfläche im Obergeschoss durch eine auf den Anbau aufgesetzte Dachterrasse, wenn auch mit einem Abstand von ca. 4,33 m zur gemeinsamen Grundstücksgrenze, erweitert wird. Das Geländer der Dachterrasse ist nochmal 75 cm höher als der Anbau und erstreckt sich fast über die Hälfte der Grundfläche desselben. Auch die ganz erhebliche Abgrabung auf einer Breite von 7,28 m und einer Tiefe von ca. 1,90 m im Bereich des Kellergeschosses, zur Belichtung und Belüftung sowie Schaffung eines zweiten Rettungsweges der im Kellergeschoss neu zu schaffenden Aufenthaltsräume, verstärkt den Eindruck der Massivität des Anbaus. Darüber hinaus verfügt das Gebäude der Beigeladenen gartenseitig über eine Gaube mit vier Fenstern, die eine Breite von mehr als der Hälfte der darunterliegenden Gebäudewand aufweist. Damit ordnet sich das Wohnhaus der Beigeladenen insgesamt in seinem Dimensionen nicht mehr dem Gesamtbaukörper unter, sondern dominiert die rückwärtige Gebäudefront mit der Folge, dass von einem wechselseitigen Abgestimmtsein des Wohnhauses des Beigeladenen mit dem Wohnhaus des Antragstellers nicht mehr ausgegangen werden kann. Angesichts der vorbeschriebenen grundlegenden Veränderung, die der vor die rückwärtige Außenwand tretende Anbau, der die Grundfläche des bisher Vorhandenen um etwas weniger als die Hälfte erweitert, für den Gesamtbaukörper mit sich bringt, genügt auch die Einheitlichkeit der straßenseitigen Gebäudefront nicht, um Gegenteiliges annehmen zu können. Während das Doppelhaus zuvor nahezu gleichgewichtige und harmonisch abgestimmte Haushälften aufwies, ist durch den genehmigten Anbau an die südliche Haushälfte ein disproportionales Ungleichgewicht entstanden.
29Ob die Verschlechterung der Belichtungs- und Besonnungssituation auf dem Grundstück des Antragstellers durch die Erweiterung des Nachbarwohnhauses bereits für sich genommen zu einem Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot führt, kann daher offen bleiben.
30Ob das streitgegenständliche Vorhaben darüber hinaus auch gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts verstößt, wie der Antragsteller meint, kann die Kammer ebenfalls offen lassen. Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass der Antragsteller nicht mit Erfolg geltend machen kann, die Baugenehmigung verstoße wegen einer möglichen Standsicherheitsgefahr für den gemeinsamen Giebel gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts. Nach § 15 Abs. 1 BauO NRW muss jede bauliche Anlage im Ganzen und in ihren Teilen sowie für sich allein standsicher sein. Die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Baugrundes des Nachbargrundstücks dürfen nicht gefährdet werden. Drittschützende Wirkung ist nur Satz 2 der Vorschrift beizumessen, der anders als Satz 1 auch dem Interesse des Nachbarn an dem Erhalt von Sachwerten und der Vermeidung von Personenschäden dient.
31OVG NRW Beschlüsse vom 28. Januar 2005 -10 B 2827/04-, juris und vom 9. Juli 2003 - 7 B 949/03 -, BRS 66 Nr. 138.
32Dass die von dem Antragsteller angesprochene Gefahr eines Absinkens des gemeinsamen Giebels durch Schaffung weiterer Wohnräume besteht, deren Fundament unterhalb der bisher vorhandenen Kellersohle zur Ausführung kommen soll, erscheint angesichts der von der Architektin im Ortstermin geschilderten Sicherungsmaßnahmen durch Schaffung einer Stahlstütze im kritischen Bereich wenig naheliegend, dies kann jedoch dahingestellt bleiben.
33Denn der Antragsteller kann sich auf eine mögliche Verletzung von § 15 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW im vorliegenden Verfahren nicht berufen. Insoweit treffen die im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 68 BauO NRW erteilten Baugenehmigungen nämlich keine Regelung. Gemäß § 68 Abs. 1 Satz 4 BauO NRW prüft die Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Genehmigungsverfahren –wie hier- nur die Vereinbarkeit des Vorhabens mit den in den Nrn. 1 bis 4 aufgeführten Vorschriften. § 15 BauO NRW zählt nicht hierzu.
34Offen lassen kann die Kammer auch die Frage, ob die angefochtene Baugenehmigung, die die Herstellung der nördlichen Stützmauer bis ca. 11 cm oberhalb des natürlichen Geländes und in einem Abstand von 80 cm zur gemeinsamen Grundstücksgrenze gestattet, wegen eines Verstoßes gegen § 6 BauO NRW rechtswidrig ist. Die Frage ist in Abhängigkeit davon zu beantworten, ob diese Stützmauer als Bauteil des Gebäudes und damit nach § 6 Abs. 1 BauO NRW oder als eigenständige bauliche Anlage nach § 6 Abs. 10 BauO NRW zu beurteilen ist. Das dürfte davon abhängen, ob es sich bei dieser Stützwand um einen bautechnisch und funktional untrennbaren Gebäudeteil des Wohnhausanbaus handelt.
35Vgl. zu dieser Abgrenzung OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 -7 A 3199/08-, juris, und Beschluss vom 19. Januar 1999 – 10 B 1/99-, juris.
36Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Es entsprach dabei nicht der Billigkeit nach § 162 Abs. 3 VwGO, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen für erstattungsfähig zu erklären, da diese keinen Antrag gestellt, sich damit nicht dem Kostenrisiko des § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat.
37Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes und orientiert sich an dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung der Klage im Rahmen des bei sog. Nachbarstreitigkeiten regelmäßig in Ansatz zu bringenden Rahmens von 1.500,- EUR bis 15.000,- EUR und unter Berücksichtigung des vorläufigen Charakters dieses Verfahrens.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
1
Tatbestand:
2Die Kläger wenden sich gegen einen dem Beigeladenen erteilten planungsrechtlichen Bauvorbescheid für den Neubau von zwei Mehrfamilienhäusern.
3Die Kläger sind Eigentümer des Grundstücks L. 35 in F. , das mit einer Doppelhaushälfte bebaut ist. Das Wohnhaus ist zur Straßenseite zweistöckig und erscheint aufgrund des abschüssigen Gefälles im rückwärtigen Bereich dreistöckig. Im - von der Gartenseite aus betrachtet - ersten Obergeschoss befindet sich der Wohn- und Essbereich der Kläger. Auf östlicher Seite neben dem Wohngebäude befindet sich straßenseitig und grenzständig zum Grundstück des Beigeladenen eine Garage. Unmittelbar hinter der Garage befindet sich zudem, ebenfalls grenzständig, eine Terrasse, die vom Wohnhaus der Kläger aus zugänglich ist. Von der Terrasse führt eine Treppe in den Gartenbereich. Das Gebäude weist insgesamt eine Bebauungstiefe von etwa 17,5 m auf.
4Die in östliche Richtung angrenzenden Nachbargrundstücke, L. 31-33, sind derzeit ebenfalls mit einem Doppelhaus bebaut. Der etwa drei Meter breite Grundstücksabschnitt zwischen dem Wohnhaus L. 33 und der Grundstücksgrenze der Kläger ist unbebaut. Dieser Grenzabschnitt sowie der rückwärtige Gartenbereich des Vorhabengrundstücks weisen eine dichte Begrünung mit Büschen und teilweise weit über die Gebäudehöhe hinausragenden Bäumen auf.
5Am 24. Januar 2013 beantragte der Beigeladene die Erteilung eines planungsrechtlichen Vorbescheides für den Abriss der vorhandenen Bebauung auf dem Grundstück L. 31-33 sowie die Errichtung von zwei Wohngebäuden mit jeweils vier Wohneinheiten. Aus den Bauunterlagen sowie den eingereichten Zeichnungen geht unter anderem hervor, dass die oberen Gebäudeabschlüsse jeweils komplett gegenüber den Obergeschossen zurücktretende Flachdach-Staffelgeschosse bilden. Die Gebäude treten zur Straße zweigeschossig und zum Garten in Folge des nach hinten abfallenden Geländes dreigeschossig in Erscheinung. Das Wohngebäude weist zur Grundstücksgrenze der Kläger einen Abstand von etwa 3,48 m auf. Der versetzte hintere Teil des Wohngebäudes weist einen Abstand von etwa 5,86 m zur Grundstücksgrenze auf. Weiter ist unter anderem ein Stellplatz vorgesehen, der grenzständig zum Grundstück der Kläger errichtet werden soll. Der Stellplatz soll versetzt zu der Garage der Kläger errichtet werden, wobei die Länge des Stellplatzes über die Länge der Garage auf dem klägerischen Grundstück hinaus geht und damit in einer Länge von etwa 2,50 m in gleicher Höhe entlang der Terrasse der Kläger führt. Das zu errichtende Gebäude weist insgesamt eine Bebauungstiefe von etwa 21,50 m bzw. unter Einbeziehung der rückwärtigen Terrasse von 22,50 m auf.
6Unter dem 24. Juni 2013 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen den beantragten Vorbescheid, mit dem festgestellt wurde, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich zulässig sei. Zur Begründung führte die Beklagte neben weiteren Aspekten unter anderem aus, das zur Liegenschaft „L. 35“ angrenzende Wohngebäude weise einen Abstand von ca. 3,48 m zu diesem auf und verspringe auf den hinteren 2,60 m auf einen Abstand von ca. 5,86 m zur Grundstücksgrenze. Daher sei das Rücksichtnahmegebot in Hinsicht auf die Belichtung des Nachbarn berücksichtigt worden. Schließlich füge sich das Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung ein.
7Mit Schreiben vom 24. Juni 2013 wurden die Kläger über die Erteilung des Vorbescheides von der Beklagten in Kenntnis gesetzt.
8Die Kläger haben am 25. Juli 2013 Klage erhoben.
9Sie sind der Ansicht, der Vorbescheid sei bereits wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebots rechtswidrig. Obwohl es sich um einen planungsrechtlichen Vorbescheid handele, habe die Beklagte Ausführungen zu den bauordnungsrechtlichen Fragen des Abstandsgebots gemacht. Das Vorhaben des Beigeladenen füge sich mit seiner Bebauungstiefe von ca. 22,50 m nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein und verletze dadurch das Gebot der Rücksichtnahme. Durch das Vorhaben würde die Dauer der Besonnung auf der Terrasse stark abnehmen. Derzeit falle morgens die Sonne ab 7.00 Uhr auf die Terrasse. Bei Realisierung des Vorhabens würde es erst ab ca. 12.00 Uhr zur Besonnung der Terrasse kommen. Der Erholungswert auf der Terrasse würde zudem erheblich sinken, da man von dort aus nur noch einen Tunnelblick in den Wald habe. Zudem würde durch das Vorhaben kaum noch Sonnenlicht in den Wohn- und Essbereich fallen, was zu einer erheblichen Verdunkelung führe. Aufgrund der Tiefe des geplanten Baus, der Nähe zur klägerischen Terrasse und aufgrund seiner zur Straße dreigeschossig und im Garten viergeschossig erscheinenden Bauweise wirke das Vorhaben gegenüber dem Haus der Kläger erdrückend. Auch die Stellplatzanordnung verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Der Stellplatz befinde sich auf gleicher Höhe direkt neben der Terrasse der Kläger. Durch die Motorengeräusche, das Türenzuschlagen sowie die entstehenden Abgase werde die Nutzung auf der Terrasse als besonders geschützten Ort der Ruhe und Erholung unzumutbar beeinträchtigt. Es sei von einer regelmäßigen Nutzung des Stellplatzes auszugehen, da für jede Wohneinheit nur ein Stellplatz vorgesehen sei und die L. 31-33 nahverkehrstechnisch nicht gut angeschlossen sei. Da der Stellplatz auf gleicher Höhe wie die Terrasse errichtet werden solle, würden die Fahrzeuge direkt neben der Terrasse der Kläger abgestellt werden. Die Abschirmung durch die Errichtung eines Holzzaunes würde dagegen den Tunnelblick noch verschärfen. Schließlich sei es nicht nachvollziehbar, warum die Beklagte bei Einhaltung eines Abstandes von 3,48 m davon ausgehe, das Rücksichtnahmegebot sei hinsichtlich der Belichtung nicht verletzt. Schließlich verstoße das Vorhaben auch gegen die Abstandsflächenvorschriften.
10Die Kläger beantragen,
11den Vorbescheid der Beklagten vom 24. Juni 2013 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie ist der Ansicht, der Vorbescheid erfülle die Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot, da bauordnungsrechtliche Belange nicht geprüft worden seien. Die Nennung von Abständen habe lediglich der planungsrechtlichen Erläuterung des Vorhabens in der Hinsicht gedient, dass eine Beeinträchtigung der Belichtung des angrenzenden Grundstückes nicht ersichtlich sei. Hierdurch sei nicht der Anschein erweckt worden, dass das Vorhaben auch bauordnungsrechtlich zulässig sei. Die Überschreitung der Bebauungstiefe könne bereits nicht von den Klägern gerügt werden, da diese Aspekte das Maß der baulichen Nutzung beträfen und damit nicht nachbarschützend seien. Abgesehen davon sei die zulässige Bebauungstiefe aber eingehalten, da das Grundstück L. 43a eine deutlich größere Bebauungstiefe aufweise. Eine unzumutbare Störung der Kläger mit der Folge eines Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot sei weder erkennbar noch nachvollziehbar vorgetragen. Eine Beeinträchtigung der Sonneneinstrahlung auf dem Grundstück der Kläger sei weder auf der Terrasse noch im Wohn- und Essbereich erkennbar. Auch die Errichtung des grenzständigen Stellplatzes führe nicht zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Kläger. Die von den Fahrzeugbewegungen zu erwartenden Geräusche seien nicht in der Lage die Kläger, insbesondere aufgrund der zu erwartenden Seltenheit, unzumutbar zu beeinträchtigen. Insgesamt sei der Stellplatz allenfalls als eine bloße Lästigkeit anzusehen.
15Der Beigeladene stellt keinen Antrag.
16Die Berichterstatterin hat am 10. März 2014 einen Ortstermin durchgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf das Ortsterminprotokoll sowie das im Rahmen des Ortstermins angefertigte Bildmaterial verwiesen.
17Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte im Übrigen sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.
18Entscheidungsgründe:
19Die Klage ist zulässig aber unbegründet.
20Die Kläger haben keinen Anspruch auf Aufhebung des planungsrechtlichen Vorbescheides vom 24. Juni 2013, da dieser nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts verstößt und die Kläger daher nicht in ihren eigenen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
21Die Kläger sind nicht bereits wegen Verstoßes des Vorbescheides gegen das Bestimmtheitsgebot des § 37 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) in ihren Rechten verletzt. Unabhängig von der Frage, ob insoweit überhaupt gegenüber den Klägern nachbarschützende Rechte verletzt sein könnten, ist ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot nicht festzustellen. Die Erwähnung der Abstandsflächen in der Begründung des planungsrechtlichen Vorbescheides diente offenkundig allein der Prüfung eines möglichen Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot. Die Beklagte durfte, wie noch unter Heranziehung der obergerichtlichen Rechtsprechung auszuführen sein wird, in zulässiger Weise zur Begründung, dass das Rücksichtnahmegebot nicht im Hinblick auf die Belichtung des klägerischen Grundstücks verletzt sei, auf das Kriterium der Abstandsflächen abstellen. Eine dem Baugenehmigungsverfahren vorbehaltene Prüfung des Einhaltens bauordnungsrechtlicher Vorschriften war damit ersichtlich nicht verbunden.
22Der Vorbescheid verstößt nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
23Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens des Beigeladenen beurteilt sich nach § 34 Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB), da das Grundstück des Beigeladenen innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt, für das ein Bebauungsplan nicht existiert. Nach § 34 Abs. 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
24Das Vorhaben fügt sich hinsichtlich der Art der Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Die Errichtung von zwei Mehrfamilienhäusern dient einzig der Wohnnutzung und damit einer Nutzung, die in der näheren Umgebung des Vorhabens vorherrschend ist.
25Soweit sich die Kläger darauf berufen, das Vorhaben überschreite die zulässige Bebauungstiefe, handelt es sich dabei um ein Kriterium, welches das Maß der baulichen Nutzung betrifft und damit um ein solches, das regelmäßig nicht nachbarschützender Natur ist. Demgemäß sind im Rahmen eines Baunachbarstreits die Fragen danach, ob sich das Vorhaben nach seinem Volumen, der Zahl seiner Geschosse, der Höhe oder der Bebauungstiefe nach in die nähere Umgebung einfügt, ohne Bedeutung.
26Vgl. grundlegend Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 13. Juni 1969 – IV C 234.65 -; VG Gelsenkirchen, Urteile vom 27. August 2012 – 5 K 5326/10 – und vom 26. Februar 2008 – 6 K 1102/06 – sowie Beschluss vom 17. Januar 2014 – 5 L 1469/13 - ; jeweils zitiert nach juris.
27Das genehmigte Bauvorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht gegen das in § 34 Abs. 1 BauGB verankerte Gebot der Rücksichtnahme.
28Das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme soll angesichts der gegenseitigen Verflechtungen der baulichen Situation benachbarter Grundstücke einen angemessenen planungsrechtlichen Ausgleich schaffen, der einerseits dem Bauherrn ermöglicht, was von seiner Interessenlage her verständlich und unabweisbar ist, und andererseits dem Nachbarn erspart, was an Belästigungen und Nachteilen für ihn unzumutbar ist. Die Beachtung des Rücksichtnahmegebots soll gewährleisten, Nutzungen, die geeignet sind, Spannungen und Störungen hervorzurufen, einander so zuzuordnen, dass Konflikte möglichst vermieden werden. Die sich daraus ergebenden Anforderungen sind im Einzelfall festzustellen, wobei die konkreten Umstände zu würdigen, insbesondere die gegenläufigen Interessen des Bauherrn und des Nachbarn in Anwendung des Maßstabes der planungsrechtlichen Zumutbarkeit gegeneinander abzuwägen sind. Dabei kann desto mehr an Rücksichtnahme verlangt werden, je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung dessen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt; umgekehrt braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, desto weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm mit dem Bauvorhaben verfolgten Interessen sind.
29Vgl. BVerwG, Urteile vom 21. Januar 1983 - 4 C 59.79 -, vom 28. Oktober 1993 - 4 C 5.93 - und vom 23. September 1999 - 4 C 6.98 -; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 3. September 1999 - 10 B 1283/99 -; jeweils zitiert nach juris; sowie zuletzt VG Gelsenkirchen, Urteil vom 17. Juli 2014 – 5 K 3060/13 -.
30Dabei reichen bloße Lästigkeiten für einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine qualifizierte Störung im Sinne einer Unzumutbarkeit.
31Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschlüsse vom 17. Januar 2014 – 5 L 1469/13 – und vom 23. August 2013 – 6 L 737/13 - sowie Urteil vom 2. Januar 2014 – 5 K 1658/13 -; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 12. Juli 2012 – 2 B 12.1211 -; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Januar 2012 – 2 S 50.10 -; jeweils zitiert nach juris.
32Ergänzend ist zu berücksichtigen, dass Beeinträchtigungen, die ein Vorhaben dadurch verursacht, dass es beim Grenzabstand ein bestimmtes Maß unterschreitet, vom hierdurch betroffenen Nachbarn grundsätzlich dann hingenommen werden müssen, wenn die landesrechtlichen Abstandsvorschriften eingehalten sind. Diese landesrechtlichen Abstandsvorschriften zielen im Interesse der Wahrung sozial verträglicher Verhältnisse nicht zuletzt darauf ab, eine ausreichende Belichtung und Besonnung von Gebäude- und sonstige Teile des Nachbargrundstücks sicherzustellen. Der Nachbar, der sich gegen die Verwirklichung eines Bauvorhabens zu Wehr setzt, kann unter diesem Blickwinkel grundsätzlich keine Rücksichtnahme verlangen, die über den Schutz des Abstandsflächenrechts hinausgeht, da die landesrechtlichen Grenzabstandsvorschriften insoweit ihrerseits eine Konkretisierung des Gebots nachbarlicher Rücksichtnahme darstellen.
33Vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Dezember 1996 – 4 B 215/96 -, mit weiteren Nachweisen; zitiert nach juris.
34Bereits unter diesem Gesichtspunkt verstößt das Vorhaben des Beigeladenen nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Denn die durch das Vorhaben im Verhältnis zum Grundstück der Kläger ausgelösten Abstandflächen dürften aufgrund der Anwendung des hier einschlägigen § 6 Abs. 6 Satz 1 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) noch auf dem Grundstück des Beigeladenen liegen.
35Anhaltspunkte, die gleichwohl einen qualifizierten Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot im oben genannten Sinne begründen können, sind hier nicht feststellbar. Das Vorhaben des Beigeladenen ist weder im Hinblick auf eine Einschränkung der Belichtung noch hinsichtlich des grenzständigen Stellplatzes gegenüber den Klägern rücksichtslos und wirkt ihnen gegenüber auch nicht erdrückend.
36Zunächst ist nicht davon auszugehen, dass durch das Vorhaben die Besonnung und Belichtung auf der neben dem Wohnhaus der Kläger errichteten Terrasse sowie in dem Ess- und Wohnbereich in unzumutbarer Weise eingeschränkt wird. Dagegen spricht bereits der Umstand, dass es sich um eine östliche Bebauung handelt, so dass das Kriterium der eingeschränkten Belichtung von vornherein nur möglicherweise in den Morgenstunden greifen kann, spätestens jedoch ab der Mittagszeit eine Beeinträchtigung gänzlich ausgeschlossen ist. Wie im Rahmen des Ortstermins festgestellt und anhand des angefertigten Fotomaterials nachvollzogen werden kann, ist bereits um elf Uhr eine direkte Sonneneinstrahlung auf der Terrasse aufgrund ihrer Errichtung auf der östlichen Seite des Wohngebäudes kaum mehr möglich. Sofern sich die Kläger auf die Morgenstunden zwischen Sonnenaufgang und elf Uhr beziehen, ist für die Kammer bereits nicht nachvollziehbar, wie es in diesen Stunden zu einer vollständigen Besonnung der Terrasse kommen kann. Der derzeit vorhandene Baukörper dürfte vielmehr auch in diesen Stunden eine direkte Sonneneinstrahlung einschränken.
37Selbst wenn die im derzeitigen Zustand vorliegende Belichtung und Besonnung des Grundstücks der Kläger durch das Vorhaben des Beigeladenen vermindert wird, so erfolgt dies nicht in einem solchen Maß, dass die Schwelle der Unzumutbarkeit überschritten wird. Insbesondere muss in einem bebauten innerstädtischen Wohngebiet - und nicht nur in Innenstadtlagen - immer damit gerechnet werden, dass Nachbargrundstücke innerhalb des durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht vorgegebenen Rahmens baulich ausgenutzt werden und es durch eine Bebauung zu einer Verschattung des eigenen Grundstücks beziehungsweise von Wohnräumen kommt.
38Vgl. OVG NRW, Urteile vom 26. Juni 2014 – 7 A 2057/12 – und vom 9. Juni 2011 – 7 A 1494/09 – sowie Beschlüsse vom 16. Januar 2014 – 7 A 1776/13 – und vom 9. Februar 2009 – 10 B 1713/08 -; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 14. Juni 2012 – 5 K 2317/10 -; jeweils zitiert nach juris.
39Es kann auch nicht festgestellt werden, dass das Vorhaben gegenüber dem Grundstück der Kläger gegenüber rücksichtslos ist, weil von ihm eine erdrückende Wirkung ausgeht. Eine erdrückende Wirkung wird in der Rechtsprechung angenommen, wenn eine bauliche Anlage wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt, indem es diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe des „erdrückenden“ Gebäudes auf Grund des Besonderheiten des Einzelfalls – und gegebenenfalls trotz Wahrung der erforderlichen Abstandflächen – derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Gebäude oder Grundstück nur noch oder überwiegend wie eine von einem „herrschenden“ Gebäude dominierte Fläche ohne eigene Charakteristik wahrgenommen wird.
40Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Mai 1986 – 4 C 34.85 – und vom 13. März 1981 – 4 C 1.78 -; OVG NRW, Urteil vom 19. Juli 2010 – 7 A 3199/08 -, sowie Beschlüsse vom 5. August 2013 – 7 B 674/13 -, vom 9. Juli 2010 – 2 A 1263/09 – und vom 18. Juli 2010 – 10 A 1417/09 -; jeweils zitiert nach juris.
41Von einer solchen Wirkung kann angesichts der konkreten Lage und Größe der Gebäude, die sich ohne weiteres aus dem vorliegenden Karten- und Bildmaterial ergibt, sowie aufgrund des Eindrucks der Berichterstatterin von der Örtlichkeit, den sie der Kammer vermittelt hat, nicht die Rede sein. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass das Vorhaben des Beigeladenen gegenüber den Klägern durchaus eine Mehrbelastung in der Hinsicht darstellt, als es größer und aufgrund des Staffelgeschosses mit Flachdach massiver wahrgenommen wird als die jetzige Bebauung. Zudem wird aufgrund der Bebauungstiefe der freie Blick in den begrünten rückwärtigen Bereich des Grundstücks des Beigeladenen nicht mehr in dem Maße genossen werden können wie es derzeit noch möglich ist. Allerdings bestehen für die Annahme eines „Tunnelblicks“ aufgrund der Bebauungstiefe kaum Anhaltspunkte. Der bloße Umstand, dass die geplante Bebauung die derzeit vorhandene Bebauung in seiner Tiefe um etwa fünf Meter überschreitet, kann nicht dazu führen, dass von einem nunmehr entstandenen „Tunnelblick“ auszugehen ist. Hinzu kommt, dass der Blick ins Grüne lediglich von der Terrasse der Kläger aus betrachtet eingeschränkt wird. Dabei handelt es sich um eine freie Sicht über das Grundstück des Beigeladenen hinaus. Den Klägern bleibt es jedoch unbenommen von der an das Wohnhaus im rückwärtigen Bereich angrenzenden Terrasse sowie dem gesamten Gartenbereich aus, weiterhin ungehindert den Blick in die Natur zu genießen. Sie können im Rahmen des Rücksichtnahmegebots nicht beanspruchen, dass der einmal gegebene Ausblick aufgrund fehlender Bebauung auf dem Nachbargrundstück auch in Zukunft unverändert bestehen bleibt.
42Insofern trägt der Eigentümer des Grundstücks im unbeplanten Innenbereich typischerweise das Risiko, dass eine spätere Nachbarbebauung den baurechtlich eröffneten Freiraum stärker ausschöpft als er selbst. Art. 14 Abs. 1 GG garantiert jedem Eigentümer eines Grundstücks das Recht, dieses baulich im Rahmen der Gesetze so zu nutzen, wie es den eigenen Vorstellungen entspricht. Dieses Recht können auch die Kläger für sich beanspruchen. Hält sich die Bebauung innerhalb des durch die Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Baurechts vorgegebenen Rahmens, stehen die schutzwürdigen Interessen des Bauherrn und die Belange des Nachbarn und der Allgemeinheit in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander.
43Vgl. VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 29. November 2013 – 5 L 1032/13 – mit Verweis auf OVG NRW, Beschluss vom 5. November 2013 – 10 A 2686/12 -.
44Darüber hinaus verstößt auch der grenzständig und in einer Länge von etwa zweieinhalb Metern entlang der Terrasse der Kläger verlaufende Stellplatz nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme.
45Hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs ist dabei auch hier zu berücksichtigen, dass für die Anwendung des bundesrechtlichen Rücksichtnahmegebots aus tatsächlichen Gründen regelmäßig dann kein Raum bleibt, soweit die durch dieses Gebot geschützten Belange auch durch spezielle bauordnungsrechtliche Vorschriften geschützt werden und das konkrete Vorhaben deren Anforderungen genügt.
46Vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2000 - 4 C 3.00 – und vom 7. Dezember 2006 - 4 C 11.05 -; OVG NRW, Beschl. v. 11. März 2003- 7 B 240/03 -; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 14. Oktober 2010 - 10 L 765/10 -; jeweils zitiert nach juris; Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, Kommentar, 11. Aufl. 2008, § 12 Rn. 8; Boeddinghaus/Hahn/Schulte/Radeisen, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Bd. II, § 51 Rn. 9, 211.
47Demnach ist ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme dann anzunehmen, wenn eine etwaige Baugenehmigung gegen das bauordnungsrechtlich verankerte Gebot der Rücksichtnahme nach § 51 Abs. 7 BauO NRW verstoßen würde.
48Nach dieser Bestimmung müssen Stellplätze und Garagen so angeordnet und ausgeführt werden, dass ihre Benutzung die Gesundheit nicht schädigt und Lärm oder Gerüche das Arbeiten und Wohnen, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung nicht über das zumutbare Maß hinaus stören. Die Frage, wann die Benutzung von Stellplätzen und Garagen die Umgebung unzumutbar stört, lässt sich nicht abstrakt und generell nach festen Merkmalen beurteilen. Vielmehr kommt es entscheidend auf die konkrete Situation an, in der sich die Belästigungen auswirken. Dementsprechend ist von Bedeutung, an welchem Standort die Stellplätze angeordnet werden sollen und in welcher Lage sich dieser Standort zu dem Grundstück, dem Wohnhaus und gegebenenfalls gegenüber den Wohnräumen der betreffenden Nachbarn befindet.
49Vgl. OVG NRW, Urt. v. 21. Oktober 2002 - 7 A 3185/01 -, Beschl. v. 11. März 2003 - 7 B 240/03 – und v. 30. August 2013 – 7 B 252/13; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 23. Dezember 2008 - 5 L 1404/08 -, jeweils zit. nach juris.
50Entscheidend ist weiter der Umstand, wie der Bereich, in dem die Stellplätze oder Garagen errichtet werden sollen bzw. in dem sie sich auswirken werden, zu qualifizieren ist. Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass die durch die Nutzung von Stellplätzen oder Garagen verursachten Belästigungen nur selten zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der Umgebung führen, wenn die Stellplätze oder Garagen wie üblich und in der Regel durch die Konzeption der Bebauung vorgegeben, nahe der Straße untergebracht werden. Andererseits werden Lärm- und Geruchsbelästigungen von Stellplätzen oder Garagen in rückwärtigen Grundstücksbereichen eher die Grenze des Zumutbaren überschreiten. Die Grenze ist umso niedriger anzusetzen, je empfindlicher und schutzwürdiger der Bereich, in dem die Stellplätze errichtet werden sollen, hinsichtlich der in § 51 Abs. 7 Satz 1 BauO NRW genannten Schutzgüter ist.
51Vgl. OVG NRW, Urt. v. 21. Oktober 2002 - 7 A 3185/01 -, Beschl. v. 11. März 2003 - 7 B 240/03 -, Urt. v. 24. Januar 2008 - 7 A 270/07 -, Urt. v. 4. September 2008 - 10 A 1678/07-, jeweils zit. nach juris.
52Bei der hiernach vorzunehmenden Bewertung ist in bauordnungsrechtlicher Hinsicht auch die gesetzgeberische Wertung in § 6 Abs. 11 Nr. 1 BauO NRW zu berücksichtigten, wonach Garagen nebst deren erforderlichen Zuwegung sogar unmittelbar an der Nachbargrenze grundsätzlich hinzunehmen sind, und zwar gemäß § 12 Abs. 1 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) in allen Baugebieten. Dies bedeutet zugleich, dass auch die mit der Benutzung der Garage notwendigerweise verbundenen Geräusche (Öffnen und Schließen des Garagentores, Motorengeräusch des ein- und ausfahrenden PKW, Türenschlagen, Gespräche vor der Garage etc.) und die von dem PKW bei der Zu- und Abfahrt zur Garage verursachten Abgase nach der gesetzgeberischen Wertung auch und gerade an der Nachbargrenze grundsätzlich als zumutbar anzusehen sind.
53Vgl. OVG NRW, Urt. v. 10. Juni 2006 - 10 A 80/04 -, zit. nach juris.
54Darüber hinaus kommt es für die Frage der Zumutbarkeit von Stellplätzen und Garagen einschließlich ihrer Zufahrten maßgeblich darauf an, was die Betroffenen in dem Bereich, in dem sich die Stellplätze auswirken, bereits hinzunehmen oder zu erwarten haben. Ist die Umgebung des Baugrundstücks bereits durch bauliche Nutzungen für Stellplätze belastet, können Nachbarn nicht damit rechnen, bei einer Neubebauung von jeglicher Störung durch derartige Nutzungen befreit zu werden.
55Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 23. April 2008 – 7 B 449/08 - und vom 17. Januar 2011 – 7 B 1506/10 -, VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 14. Oktober 2010 – 10 L 765/10 -, jeweils zitiert nach juris.
56In Anwendung dieser Grundsätze erweist sich der grenzständige Stellplatz, unter Berücksichtigung der örtlichen und baulichen Gegebenheiten, die sich die Kammer anhand der vorliegenden Pläne und Karten erschlossen hat und aufgrund des Eindrucks der Berichterstatterin von der Örtlichkeit, den sie der Kammer vermittelt hat, gegenüber den Klägern als zumutbar. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Stellplatz auf einer Länge von etwa zweieinhalb Metern in gleicher Höhe entlang der Terrasse und damit entlang der geschützten Ruhe- und Erholungszone verläuft, ist eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht festzustellen.
57Es handelt sich zunächst um einen straßennah angeordneten Stellplatz. Damit liegt von vornherein eine planerische Konzeption vor, wie sie vom Gesetzgeber vorgesehen ist, da die Zufahrt zu dem Stellplatz lediglich über ein kurzes Stück des vorderen Grundstückteils führt und damit von vornherein die von Stellplätzen typischerweise ausgehenden Immissionen nicht in den besonders geschützten rückwärtigen Grundstücksbereich eindringen. Bei dem Abschnitt des Stellplatzes, der an der Terrasse entlang führt, handelt es sich zudem um den Bereich, in der das Fahrzeug zum Stehen kommen wird, so dass Immissionen, die typischerweise auf der Zufahrt zu einem Stellplatz zu erwarten sind, wie Beschleunigungsvorgänge etc, in diesem Bereich ausgeschlossen sind. Allein die Geräuschbelästigungen, die von abgestellten Fahrzeugen ausgehen können, wie etwa Türenschlagen oder Gespräche vor dem Fahrzeug genügen hier nicht für die Annahme einer unzumutbaren Beeinträchtigung. Dabei ist vor allem zu berücksichtigen, dass es sich um einen Stellplatz handelt, der allein dem Mehrfamilienhaus zugeordnet wird. Dies lässt erfahrungsgemäß den Schluss zu, dass es – anders als beispielsweise bei Stellplätzen von gewerblich oder freiberuflich genutzten Gebäuden – lediglich zu wenigen Fahrzeugbewegungen im Verlaufe eines Tages kommen wird und die Stellplätze auch und gerade in den Nachtstunden zwischen 22 Uhr und 6 Uhr im Rahmen einer Wohnnutzung eher selten angefahren werden. Ständige An- und Abfahrten von dem Stellplatz sind nicht zu erwarten. Ein Sichtschutz entlang der Grenze kann zudem die ohnehin nur in äußerst geringem Maße zu erwartenden Störungen von der Terrasse der Kläger zusätzlich abschirmen. Dass der Stellplatz auf gleicher Höhe wie die Terrasse angehoben werden soll, führt zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegenteil, werden durch die Erhöhung zusätzliche Lärmimmissionen, die durch An- und Abfahrten auf einer Steigung entstehen können, ausgeschlossen. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass bereits aufgrund der eigenen Garage der Kläger, der geschützte Bereich hinsichtlich stellplatztypischer Immissionen nicht unbelastet ist.
58Der Stellplatz auf dem Vorhabengrundstück weist auch in tatsächlicher Hinsicht keine atypischen Besonderheiten auf, wegen derer, weil die entsprechenden Belange noch nicht im Rahmen von § 51 Abs. 7 BauO NRW berücksichtigt wurden, das Vorhaben der Beigeladenen gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme verstoßen könnte.
59Schließlich verletzt der dem Beigeladenen erteilte Vorbescheid auch keine sonstigen nachbarschützenden Vorschriften des öffentlichen Rechts, soweit es aufgrund der Bauvoranfrage des Beigeladenen zu prüfen war.
60Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da er keinen Antrag gestellt und sich somit dem Prozessrisiko nicht ausgesetzt hat, §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
61Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.