Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Apr. 2008 - 2 K 3360/07

bei uns veröffentlicht am17.04.2008

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, begehrt die Aufhebung einer bestandskräftigen Ausweisungsverfügung.
Der am ... in der Türkei geborene, ledige Kläger reiste Ende 1995 zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zu dem bereits in der Bundesrepublik in ... als anerkannter Asylberechtigter lebenden Vater ein. Durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 16.12.1998 wurde er wegen Diebstahls in einem erschwerten Fall zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung auf die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach einem Vorfall im März 1999 wurde er erstmals festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe leitete daraufhin ein Ausweisungsverfahren ein. Während der Zeit der Untersuchungshaft wurde er wegen anderer Vorfälle durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.06.1999 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, gemeinschaftlichen Diebstahls in vier Fällen, Hausfriedensbruchs, Diebstahls in einem erschwerten Fall, versuchten Diebstahls einer geringwertigen Sache und Beleidigung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 16.12.1998 zu der einheitlichen Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.
Wegen des Vorfalls im März 1999 wurde er durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 wegen versuchten gemeinschaftlichen Diebstahls in einem erschwerten Fall unter Einbeziehung der Verurteilung vom 09.06.1999 zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Mit Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.05.2000 wurde der Kläger aus der Bundesgebiet ausgewiesen. Die Ausweisung beruhe auf § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG; danach werde ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden sei. § 48 Abs. 2 Satz 2 AuslG stehe der Ausweisung auf dieser Grundlage nicht entgegen; über die Ausweisung sei auch nicht nach § 47 Abs. 3 Satz 3 AuslG nach Ermessen zu entscheiden. Die Ausweisung sei aus spezialpräventiven Gründen geboten; im Wege einer Gesamtschau sei bei dem Kläger von einer bereits verfestigten Neigung zur Anwendung physischer Gewalt als Mittel der Problembewältigung in tatsächlichen oder vermeintlichen Konflikt- und Belastungssituationen auszugehen. Nach Abwägung aller Umstände liege kein Ausnahmefall im Sinne eines atypischen Geschehensablaufes vor, der so bedeutsam sei, dass er das Gewicht der gesetzlichen Regel beseitige. Die Ausweisung des Klägers sei deshalb geboten und insbesondere auch verhältnismäßig. Selbst wenn ein atypischer Sachverhalt vorliegen würde, wäre die Ausweisung aus Ermessensgründen dringend erforderlich und geboten. Die Ausweisung sei weiterhin auch aus generalpräventiven Gründen geboten. Ihr stünden weder Art. 6 Abs. 1 GG noch Art. 8 Abs. 1 EMRK entgegen. Schließlich bilde auch der Assoziationsratsbeschluss keine Ausweisungsschranke.
Durch Beschluss des Amtsgerichts ... vom 13.06.2000 wurde die Restjugendstrafe am 13.07.2000 zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt. Am 20.03.2001 wurde der Kläger erneut festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 wurde er sodann wegen des gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt. In dem Urteil ist ausgeführt, am 14.11.2001 könne der Kläger eine Entziehungsbehandlung beginnen.
Mit Urteil vom 19.12.2001 (10 K 1405/00) wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage gegen die Ausweisungsverfügung ab. Maßgeblicher Zeitpunkt der gerichtlichen Beurteilung sei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung derjenige des Erlasses der letzten Behördenentscheidung. Etwas anderes gelte auch nicht für Unionsbürger oder andere freizügigkeitsberechtigte Ausländer, so dass dahin stehen könne, ob der Kläger Freizügigkeit genieße. Die Ausweisung auf der Grundlage von § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und die Abschiebungsandrohung seien rechtmäßig. Insbesondere liege ein Regel- und kein Ausnahmefall vor. Die Möglichkeit einer Drogentherapie könne wegen des maßgeblichen Zeitpunkts nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, diese Möglichkeit habe sich durch eine erneute Anklage zwischenzeitlich zerschlagen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich eine Beurteilung der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung auch zu Lasten des Klägers auswirken würde, weil das nach der Ausweisungsverfügung ergangene Urteil des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 Rechtskraft erlangt habe. Deshalb habe der Kläger zwischenzeitlich einen Ist-Ausweisungsgrund verwirklicht, der die Ausländerbehörde zu seiner Ausweisung zwingen würde. Durch Beschluss vom 13.03.2002 (11 S 2630/01) lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil ab.
Aufgrund der in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil angesprochenen erneuten Anklage wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.01.2002 wegen gemeinschaftlichen Raubes unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 zu drei Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt.
Am 02.08.2002 beschloss das Amtsgericht ..., von der weiteren Vollstreckung der Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Rottweil vom 09.01.2002 gem. § 456a StPO zum Zeitpunkt einer Abschiebung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abzusehen. Am 16.09.2002 wurde der Kläger sodann aus der Haft heraus in die Türkei abgeschoben. Dort absolvierte er zunächst 15 Monate bis Ende 2003 seinen Wehrdienst und arbeitete anschließend in ... im Lokal seines Onkels als Kellner.
Im Dezember 2004 reiste der Kläger ohne Visum wieder in das Bundesgebiet ein. Am 19.01.2005 erließ das Amtsgericht ... gegen ihn Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts, am 13.01.2005 eine Sparkassenfiliale in ... überfallen zu haben. Er wurde am selben Tag festgenommen und in Untersuchungshaft genommen, die von 10.02.2005 bis 21.10.2005 zur Verbüßung der Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.01.2002 unterbrochen wurde. Durch Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 wurde er wegen schweren Raubes, der unerlaubten Einreise in das Bundesgebiet und der Urkundenfälschung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
10 
Am 21.08.2006 ging bei dem Beklagten ein Telefax des Prozessbevollmächtigten des Klägers ein, in dem dieser die Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 beantragt. Der Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Verfügung, legt man die neuere Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei; sie könne daher nicht aufrechterhalten werden. Der Kläger nahm auch durch handschriftliche Schreiben selbst Stellung. Er bittet das Regierungspräsidium noch um eine Chance. Seine Familie und seine größte Sozialbindung sei in Deutschland. Er habe riesige Fehler gemacht, die er heute sehr bereue und gerne wieder gutmachen möchte. Er habe versucht, nach der Abschiebung in der Türkei zu leben; das habe aber nicht geklappt, weil die Kultur und das Land ihm vollkommen fremd gewesen seien.
11 
Der Antrag wurde durch Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 abgelehnt. Das Regierungspräsidium geht davon aus, dass ein Anspruch auf Rücknahme nur bestehe, wenn die Aufrechterhaltung des bestandskräftigen Verwaltungsakts nach den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte schlechthin unerträglich sei. Ein solcher Fall sei aber nicht gegeben. Insbesondere leide die Verfügung nicht an einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit. Die Ausweisung sei entsprechend der damals gängigen Praxis verfügt worden und habe auch der gerichtlichen Prüfung standgehalten. Die heute festzustellende Rechtswidrigkeit sei erst mehrere Jahre nach Erlass durch diverse Urteile auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene festgestellt worden. Weiterhin ließen die Umstände die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit nicht als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen. Denn selbst im Falle einer Rücknahme des Ursprungsbescheids müsste im Hinblick auf das erneute Fehlverhalten des Klägers sofort eine neue Ausweisungsentscheidung ergehen, welche auch unter Berücksichtigung der inzwischen geänderten Rechtsprechung in jedem Fall rechtmäßig sein dürfte. Aufgrund der erneuten Straffälligkeit, die durch das Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 belegt sei, sei auch weiterhin von einer solch erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen, dass im Hinblick auf die Gesamtbiographie die für die Ausweisung sprechenden Gründe ein solch überragendes Gewicht hätten, dass sie die Ausweisung trotz möglicherweise zwischenzeitlich entstandener starker persönlicher Bindungen nach Deutschland und dem damit verbundenen Eingriff in Art. 8 EMRK dennoch rechtfertigen würden. Auch sei der Kläger in der Türkei aufgewachsen, habe dort einen Schulabschluss erreicht und vor seiner illegalen Rückkehr nach Deutschland im Cafe seines Onkels gearbeitet; hieraus ergebe sich, dass der Kläger in jedem Fall auch über Beziehungen in die Türkei verfüge. Schließlich lasse auch der Umstand, dass der Ursprungsbescheid zweifellos gemeinschaftsrechtswidrig sei, seine Aufrechterhaltung nicht als unerträglich erscheinen.
12 
Der Kläger hat am 18.10.2007 Klage erhoben. Er beantragt,
13 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 aufzuheben.
14 
Zur Begründung verweist der Kläger auf sein früheres Vorbringen. Er ergänzt dieses im Wesentlichen folgendermaßen: Er habe keine Möglichkeiten, sich noch in der Türkei einzugliedern. Es bestünden enge Verbindungen zur Familie, die sich vollständig hier im Bundesgebiet befinde und abgesichert sei. Die letzte Straftat könne auch nur im Zusammenhang mit der Ausweisung und der Unmöglichkeit, sich in der Türkei zu integrieren, gesehen werden.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung verweist er auf den angegriffenen Bescheid. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass der Kläger volljährig und deshalb nicht zwingend auf ein Zusammenleben mit seiner Familie angewiesen sei. Der Kläger habe sich vor seiner Abschiebung gerade einmal sechs Jahre in Deutschland aufgehalten, davon fast die Hälfte in Haft. Er sei in dieser Zeit erheblich straffällig geworden. Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 sei dem Kläger eine Integration in Deutschland im Zeitpunkt seiner Ausweisung offensichtlich nicht gelungen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass nun plötzlich eine Integration in die deutsche Gesellschaft, einhergehend mit einer völligen Entfremdung von der Türkei, eingetreten sei.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die dem Gericht vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten (2 Bände Ausländerakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe, 1 Band Ausländerakte der Stadt ..., Akten der Verfahren des VG Karlsruhe 10 K 1405/00, 10 K 1561/00, 10 K 1887/00 und 10 K 2615/01, 4 Bände Akten des Verfahrens 43 Js 1170/05) sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000; die Aufhebung dieser Verfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft abgelehnt worden. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahme nicht vorliegen.
21 
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahmevoraussetzung der Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Verwaltungsakt, um dessen Aufhebung gestritten wird, zum Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrte (BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17 [NVwZ 2008, 326]).
22 
Im vorliegenden Fall steht der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 gemäß § 121 VwGO die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2005 - 2 K 3426/04 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 29.01.2008 - 5 K 1386/07 -). Aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils steht zwischen den Beteiligten verbindlich fest, dass die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 rechtmäßig ergangen ist. Auch die Kammer ist aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils an der (erneuten) Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit gehindert.
23 
Obwohl es hierauf nicht ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass sie sich - wie auch die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - der in dem angefochtenen Bescheid vom 17.09.2007 geäußerten Annahme, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 sei rechtswidrig oder gar „zweifellos“ rechtswidrig, nicht ohne eine erneute, in die Details gehende Prüfung anschließen könnte. Die Annahme des Klägers, die Verfügung sei schon deswegen rechtswidrig, weil die Drogentherapie im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht berücksichtigt wurde, ist äußerst zweifelhaft. Denn der Kläger übersieht, dass sich die Möglichkeit einer Drogentherapie wegen seiner erneuten Inhaftierung ohnehin zerschlagen hatte. Des Weiteren hätte sich die erneute Verurteilung vom 19.09.2001 bei Annahme des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung als maßgeblichem Zeitpunkt für die Bestimmung der Sach- und Rechtslage auch zu dessen Lasten ausgewirkt, worauf das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht hingewiesen hat. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium Karlsruhe in der Ausweisungsweisungsverfügung auch hilfsweise Ermessenserwägungen angestellt. Eine solche Ermessensausweisung wäre wohl nach neuerer Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -) und möglicherweise auch wegen des Vorliegens eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erforderlich gewesen. Allenfalls wäre die Ausweisung wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG „unheilbar“ rechtswidrig (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.08.2007 - 1 C 47.06 -, juris [= DVBl 2007, 1377]. An einer erneuten Prüfung in der Sache ist die Kammer aber - wie bereits angeführt - gehindert.
24 
Aus der Annahme, die Ausweisungsverfügung sei „zweifellos rechtswidrig“, kann der Kläger entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nichts für sich herleiten. Eine wie auch immer geartete feststellende Wirkung geht hiervon nicht aus.
25 
Da § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Rücknahme des ursprünglich rechtswidrigen Verwaltungsakts betrifft, kommt eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung wegen zwischenzeitlich eingetretener Umstände, die nicht von der Bindungswirkung des klageabweisenden Urteils erfasst sind, nicht in Betracht.
26 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Widerrufs nicht vorliegen.
27 
Gemäß § 49 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
28 
a) Dem Widerruf dürfte die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht entgegenstehen. Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 07.04.2005 (2 K 3426/04) entschieden, dass der Beklagte durch die Rechtskraft eines eine Ausweisungsverfügung betreffenden Urteils nicht daran gehindert ist, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihm erlassenen belastenden Verwaltungsakts zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dafür, dass die Rechtskraft nicht entgegensteht, spricht auch, dass der Widerruf in erster Linie rechtmäßige Verwaltungsakte betrifft. Das die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 würde somit durch einen Widerruf überhaupt nicht in Frage gestellt.
29 
b) Zum Verhältnis von Widerruf einer Ausweisung und der Befristung ihrer Wirkungen hat das Bundesverwaltungsgericht (jüngst wieder Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, juris Rn. 13 [NVwZ 2008, 82]) entschieden, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 49 (L)VwVfG jedenfalls dann ausscheidet, wenn es um die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen geht, die für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erheblich sind. In diesen Fällen kommt auch ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahren nicht in Betracht. Ob und inwieweit neben der speziell geregelten Befristung überhaupt Bedarf und Raum für den Widerruf sowie das Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens im Hinblick auf eine nachträgliche Änderung der Rechtslage bleibt, hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen bislang offen gelassen.
30 
Im vorliegenden Fall stützt sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen darauf, dass die ursprüngliche Ausweisungsverfügung, legt man die zwischenzeitlich vollzogenen Änderungen der Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei. Weiterhin verweist der Kläger selbst auf seine angeblichen Integrationsschwierigkeiten in der Türkei sowie die angeblich nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr. Es werden somit auch, aber nicht nur Sachverhaltsänderungen vorgebracht (Änderung der Rechtsprechung).
31 
Die Kammer braucht sich dennoch nicht mit dem Verhältnis des Widerrufs der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 und der Befristung ihrer Wirkungen auseinanderzusetzen. Denn ein Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 kommt schon aus einem anderen Grund nicht in Betracht.
32 
c) Der Kläger müsste nämlich sofort erneut ausgewiesen werden (vgl. § 49 Abs. 1 LVwVfG).
33 
Rechtsgrundlage für eine Ausweisungsverfügung wäre § 53 Nr. 1 AufenthG. Hiernach wird ein Ausländer u.a. ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlichen Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Die Voraussetzung einer Ausweisung nach dieser Bestimmung erfüllt der Kläger, denn er wurde durch das - im Hinblick auf eine Ausweisung noch nicht verbrauchte - Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
34 
Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 53 AufenthG grundsätzlich eine gebundene Entscheidung vor („wird ausgewiesen“). Eine solche wäre auch im Falle des Klägers zu treffen. Denn dieser kann sich weder auf besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG noch auf eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des ARB 1/80 berufen.
35 
Der Kläger genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG. Er kann sich auf keinen der in dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Tatbestände berufen. Er ist weiterhin mittlerweile 27 Jahre alt und damit nicht mehr Heranwachsender oder gar noch Minderjähriger. Dies war er im Übrigen auch zum Zeitpunkt des Banküberfalls im Januar 2005 nicht mehr. Schon aus diesem Grund kommt dem Kläger auch kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 2 AufenthG zugute.
36 
Die Bestimmungen des ARB 1/80 stehen einer Ausweisung des Kläger auf der Grundlage von § 53 AufenthG und damit aufgrund einer gebundenen Entscheidung auch nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger jemals eine - ausschließlich in Betracht kommende, von seinem Vater abgeleitete - Aufenthaltsberechtigung nach Art. 7 Satz 1 ARB erworben hat. Denn durch die gerichtlich bestätigte und damit als rechtmäßig anzusehende Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 wäre dem Kläger eine gegebenenfalls zustehende Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung gleichfalls aberkannt worden. Damit stellt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht die Frage der Anwendbarkeit des Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG auf türkische, ARB-berechtigte Staatsangehörige.
37 
3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG mit dem Ziel einer Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000.
38 
Gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Der Antrag ist gemäß § 51 Abs. 2 LVwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Der Antrag muss schließlich gemäß § 51 Abs. 3 LVwVfG binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
39 
Einem Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG stünde die Rechtskraft des Urteils vom 19.12.2001 nicht entgegen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78.88 -, juris Rn. 8 f. [= BVerwGE 82, 272]) im Hinblick auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 (L)VwVfG entschieden; die entsprechende Argumentation dürfte auch auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 (L)VwVfG übertragbar sein (siehe auch Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 121 Rn. 20).
40 
Es ist jedoch keine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG eingetreten. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt; dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, juris Rn. 31 [= VBlBW 2008, 68]). Eine Änderung der Rechtslage in diesem Sinne, die sich zugunsten des Kläger auswirken könnte, ist nicht eingetreten.
41 
Nachträgliche Änderungen der Sachlage sind, wie oben ausgeführt, nur im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung beachtlich.
III.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der in § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Gründe (grundsätzliche Bedeutung der Sache bzw. Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung vorliegt).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (vgl. Nr. 8.2 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08. Juli 2004).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000; die Aufhebung dieser Verfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft abgelehnt worden. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahme nicht vorliegen.
21 
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahmevoraussetzung der Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Verwaltungsakt, um dessen Aufhebung gestritten wird, zum Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrte (BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17 [NVwZ 2008, 326]).
22 
Im vorliegenden Fall steht der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 gemäß § 121 VwGO die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2005 - 2 K 3426/04 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 29.01.2008 - 5 K 1386/07 -). Aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils steht zwischen den Beteiligten verbindlich fest, dass die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 rechtmäßig ergangen ist. Auch die Kammer ist aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils an der (erneuten) Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit gehindert.
23 
Obwohl es hierauf nicht ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass sie sich - wie auch die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - der in dem angefochtenen Bescheid vom 17.09.2007 geäußerten Annahme, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 sei rechtswidrig oder gar „zweifellos“ rechtswidrig, nicht ohne eine erneute, in die Details gehende Prüfung anschließen könnte. Die Annahme des Klägers, die Verfügung sei schon deswegen rechtswidrig, weil die Drogentherapie im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht berücksichtigt wurde, ist äußerst zweifelhaft. Denn der Kläger übersieht, dass sich die Möglichkeit einer Drogentherapie wegen seiner erneuten Inhaftierung ohnehin zerschlagen hatte. Des Weiteren hätte sich die erneute Verurteilung vom 19.09.2001 bei Annahme des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung als maßgeblichem Zeitpunkt für die Bestimmung der Sach- und Rechtslage auch zu dessen Lasten ausgewirkt, worauf das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht hingewiesen hat. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium Karlsruhe in der Ausweisungsweisungsverfügung auch hilfsweise Ermessenserwägungen angestellt. Eine solche Ermessensausweisung wäre wohl nach neuerer Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -) und möglicherweise auch wegen des Vorliegens eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erforderlich gewesen. Allenfalls wäre die Ausweisung wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG „unheilbar“ rechtswidrig (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.08.2007 - 1 C 47.06 -, juris [= DVBl 2007, 1377]. An einer erneuten Prüfung in der Sache ist die Kammer aber - wie bereits angeführt - gehindert.
24 
Aus der Annahme, die Ausweisungsverfügung sei „zweifellos rechtswidrig“, kann der Kläger entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nichts für sich herleiten. Eine wie auch immer geartete feststellende Wirkung geht hiervon nicht aus.
25 
Da § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Rücknahme des ursprünglich rechtswidrigen Verwaltungsakts betrifft, kommt eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung wegen zwischenzeitlich eingetretener Umstände, die nicht von der Bindungswirkung des klageabweisenden Urteils erfasst sind, nicht in Betracht.
26 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Widerrufs nicht vorliegen.
27 
Gemäß § 49 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
28 
a) Dem Widerruf dürfte die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht entgegenstehen. Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 07.04.2005 (2 K 3426/04) entschieden, dass der Beklagte durch die Rechtskraft eines eine Ausweisungsverfügung betreffenden Urteils nicht daran gehindert ist, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihm erlassenen belastenden Verwaltungsakts zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dafür, dass die Rechtskraft nicht entgegensteht, spricht auch, dass der Widerruf in erster Linie rechtmäßige Verwaltungsakte betrifft. Das die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 würde somit durch einen Widerruf überhaupt nicht in Frage gestellt.
29 
b) Zum Verhältnis von Widerruf einer Ausweisung und der Befristung ihrer Wirkungen hat das Bundesverwaltungsgericht (jüngst wieder Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, juris Rn. 13 [NVwZ 2008, 82]) entschieden, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 49 (L)VwVfG jedenfalls dann ausscheidet, wenn es um die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen geht, die für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erheblich sind. In diesen Fällen kommt auch ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahren nicht in Betracht. Ob und inwieweit neben der speziell geregelten Befristung überhaupt Bedarf und Raum für den Widerruf sowie das Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens im Hinblick auf eine nachträgliche Änderung der Rechtslage bleibt, hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen bislang offen gelassen.
30 
Im vorliegenden Fall stützt sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen darauf, dass die ursprüngliche Ausweisungsverfügung, legt man die zwischenzeitlich vollzogenen Änderungen der Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei. Weiterhin verweist der Kläger selbst auf seine angeblichen Integrationsschwierigkeiten in der Türkei sowie die angeblich nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr. Es werden somit auch, aber nicht nur Sachverhaltsänderungen vorgebracht (Änderung der Rechtsprechung).
31 
Die Kammer braucht sich dennoch nicht mit dem Verhältnis des Widerrufs der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 und der Befristung ihrer Wirkungen auseinanderzusetzen. Denn ein Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 kommt schon aus einem anderen Grund nicht in Betracht.
32 
c) Der Kläger müsste nämlich sofort erneut ausgewiesen werden (vgl. § 49 Abs. 1 LVwVfG).
33 
Rechtsgrundlage für eine Ausweisungsverfügung wäre § 53 Nr. 1 AufenthG. Hiernach wird ein Ausländer u.a. ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlichen Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Die Voraussetzung einer Ausweisung nach dieser Bestimmung erfüllt der Kläger, denn er wurde durch das - im Hinblick auf eine Ausweisung noch nicht verbrauchte - Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
34 
Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 53 AufenthG grundsätzlich eine gebundene Entscheidung vor („wird ausgewiesen“). Eine solche wäre auch im Falle des Klägers zu treffen. Denn dieser kann sich weder auf besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG noch auf eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des ARB 1/80 berufen.
35 
Der Kläger genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG. Er kann sich auf keinen der in dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Tatbestände berufen. Er ist weiterhin mittlerweile 27 Jahre alt und damit nicht mehr Heranwachsender oder gar noch Minderjähriger. Dies war er im Übrigen auch zum Zeitpunkt des Banküberfalls im Januar 2005 nicht mehr. Schon aus diesem Grund kommt dem Kläger auch kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 2 AufenthG zugute.
36 
Die Bestimmungen des ARB 1/80 stehen einer Ausweisung des Kläger auf der Grundlage von § 53 AufenthG und damit aufgrund einer gebundenen Entscheidung auch nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger jemals eine - ausschließlich in Betracht kommende, von seinem Vater abgeleitete - Aufenthaltsberechtigung nach Art. 7 Satz 1 ARB erworben hat. Denn durch die gerichtlich bestätigte und damit als rechtmäßig anzusehende Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 wäre dem Kläger eine gegebenenfalls zustehende Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung gleichfalls aberkannt worden. Damit stellt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht die Frage der Anwendbarkeit des Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG auf türkische, ARB-berechtigte Staatsangehörige.
37 
3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG mit dem Ziel einer Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000.
38 
Gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Der Antrag ist gemäß § 51 Abs. 2 LVwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Der Antrag muss schließlich gemäß § 51 Abs. 3 LVwVfG binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
39 
Einem Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG stünde die Rechtskraft des Urteils vom 19.12.2001 nicht entgegen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78.88 -, juris Rn. 8 f. [= BVerwGE 82, 272]) im Hinblick auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 (L)VwVfG entschieden; die entsprechende Argumentation dürfte auch auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 (L)VwVfG übertragbar sein (siehe auch Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 121 Rn. 20).
40 
Es ist jedoch keine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG eingetreten. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt; dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, juris Rn. 31 [= VBlBW 2008, 68]). Eine Änderung der Rechtslage in diesem Sinne, die sich zugunsten des Kläger auswirken könnte, ist nicht eingetreten.
41 
Nachträgliche Änderungen der Sachlage sind, wie oben ausgeführt, nur im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung beachtlich.
III.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der in § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Gründe (grundsätzliche Bedeutung der Sache bzw. Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung vorliegt).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (vgl. Nr. 8.2 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08. Juli 2004).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Apr. 2008 - 2 K 3360/07

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Apr. 2008 - 2 K 3360/07

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Apr. 2008 - 2 K 3360/07 zitiert 14 §§.

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 53 Ausweisung


(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 56 Überwachung ausreisepflichtiger Ausländer aus Gründen der inneren Sicherheit


(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei de

Zivilprozessordnung - ZPO | § 580 Restitutionsklage


Die Restitutionsklage findet statt:1.wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;2.wenn eine Urkunde, auf die das Urteil

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Strafprozeßordnung - StPO | § 456a Absehen von Vollstreckung bei Auslieferung, Überstellung oder Ausweisung


(1) Die Vollstreckungsbehörde kann von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung absehen, wenn der Verurteilte wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefe

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Apr. 2008 - 2 K 3360/07 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Apr. 2008 - 2 K 3360/07 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 28. Juni 2007 - 13 S 1045/07

bei uns veröffentlicht am 28.06.2007

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2006 - 9 K 2997/05 - wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07

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(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Die Vollstreckungsbehörde kann von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung und Sicherung absehen, wenn der Verurteilte wegen einer anderen Tat einer ausländischen Regierung ausgeliefert, an einen internationalen Strafgerichtshof überstellt oder wenn er aus dem Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes abgeschoben, zurückgeschoben oder zurückgewiesen wird.

(2) Kehrt der Verurteilte zurück, so kann die Vollstreckung nachgeholt werden. Für die Nachholung einer Maßregel der Besserung und Sicherung gilt § 67c Abs. 2 des Strafgesetzbuches entsprechend. Die Vollstreckungsbehörde kann zugleich mit dem Absehen von der Vollstreckung die Nachholung für den Fall anordnen, dass der Verurteilte zurückkehrt, und hierzu einen Haftbefehl oder einen Unterbringungsbefehl erlassen sowie die erforderlichen Fahndungsmaßnahmen, insbesondere die Ausschreibung zur Festnahme, veranlassen; § 131 Abs. 4 sowie § 131a Abs. 3 gelten entsprechend. Der Verurteilte ist zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2006 - 9 K 2997/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist italienischer Staatsangehöriger und im Jahre 1942 in Italien geboren; er ist Vater von acht erwachsenen Kindern, von denen vier in der Bundesrepublik Deutschland leben. Er zog im Jahre 1967 zur Arbeitsaufnahme ohne seine Familie in die Bundesrepublik Deutschland, wo er sich bis zu seiner Ausweisung aufhielt. Während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik ging der Kläger verschiedenen abhängigen Berufstätigkeiten nach, teilweise war er auch selbständig, u.a. als Eisverkäufer, tätig. Seit dem 1.6.2007 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 187,57 EUR. Für seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik verfügte der Kläger ursprünglich über eine mehrmalig verlängerte befristete Aufenthaltserlaubnis, anschließend über eine befristete Aufenthaltserlaubnis-EG, welche zuletzt bis zum 8.9.1999 gültig war. Nach seiner Haftentlassung beantragte der Kläger am 12.4.2000 die Verlängerung der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis-EG.
Seit dem Jahre 1974 wurde der Kläger im Bundesgebiet mehrfach straffällig und verurteilt. Es handelt sich u.a um mehrere Diebstahlsdelikte, Beleidigung, fahrlässige Körperverletzung, Verkehrsunfallflucht sowie um einen Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1982 wurde der Kläger wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Diese Strafe verbüßte der Kläger ab dem 1.6.1982 bis zum 2/3-Zeitpunkt, danach wurde die Reststrafe zunächst zur Bewährung ausgesetzt und nach erfolgter Bewährung erlassen. Mit Urteil vom 21.12.1998 (rechtskräftig seit dem 29.12.1998) verurteilte das Amtsgericht Heilbronn den Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Der Kläger wurde zum 2/3-Zeitpunkt aus dem Strafvollzug entlassen, nachdem die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen mit Beschluss vom 21.12.1999 den Strafrest zur Bewährung aussetzte. Bereits nach der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung durch das Landgericht Stuttgart wies die Landeshauptstadt Stuttgart den Kläger mit Bescheid vom 6.8.1986 aus dem Bundesgebiet aus. Im Widerspruchsverfahren wurde ein Vergleich abgeschlossen, wonach er nicht abgeschoben und die Wirkung der Ausweisung befristet werde, soweit er Nachweise über ein straffreies Leben beibringen könne.
Mit Bescheid vom 29.5.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Bezirksstelle für Asyl - den Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs aus dem Bundesgebiet aus, lehnte seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis-EG bzw. auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ebenfalls unter Anordnung des Sofortvollzugs ab und drohte ihm die Abschiebung aus der Haft heraus nach Italien an. Dabei ging das Regierungspräsidium davon aus, dass die von dem Kläger begangenen und rechtskräftig abgeurteilten Straftaten einen Grund der öffentlichen Ordnung im Sinne des damals geltenden § 12 Abs. 1 AufenthG/EWG darstellten, welcher die Ausweisung des Klägers rechtfertige. Die Ausweisung erfolge nicht allein wegen einer strafrechtlichen Verurteilung, sondern wegen der hohen Gefährlichkeit des Klägers, die sich an seinen bisherigen Straftaten, insbesondere seinen Gewaltstraftaten gezeigt habe. Der Ausweisung stehe die Schutzbestimmung des § 12 Abs. 4 AufenthG/EWG nicht entgegen, da sie wegen der Häufigkeit und zuletzt der Schwere der Straftaten sowie einer konkret festgestellten Wiederholungsgefahr verfügt werde. Deswegen seien die nationalen Ausweisungsvorschriften gemäß § 45 ff. AuslG anwendbar. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Heilbronn vom 21.12.1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten habe der Kläger den Regelausweisungstatbestand des § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG verwirklicht. Der Kläger genieße weder nach § 48 Abs. 1 noch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG besonderen Ausweisungsschutz, da er insbesondere nicht über die erforderliche unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EWG verfüge. Da kein besonderer Ausweisungsschutz gemäß § 48 Abs. 1 AuslG bestehe, werde die Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG nicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG zu einer Ermessens-Ausweisung herabgestuft; es verbleibe bei der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG. Eine atypische Sonderkonstellation, die ein Absehen von dieser Regelwirkung ermögliche, sei im Falle des Klägers nicht gegeben; insbesondere stelle die lange Dauer des Aufenthalts keine derartige atypische Situation dar. Selbst falls die Voraussetzungen für eine Regelausweisung nicht vorlägen, werde die Ausweisung nach Ermessen verfügt.
Nach Entlassung aus der Strafhaft und Erlass der Ausweisung, welche vom Kläger nicht angefochten wurde, reiste er nach seinen eigenen Angaben am 8.10.2000 nach Italien aus, kehrte jedoch im Frühjahr 2004 in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Er wurde daraufhin festgenommen und am 22.9.2004 nach Italien abgeschoben, worauf er nach seinen eigenen Angaben am 1.4.2005 erneut in die Bundesrepublik Deutschland einreiste.
Der Kläger beantragte am 15.4.2005 die Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 sowie die Bestätigung, dass diese Verfügung unwirksam sei. Er machte geltend, dass diese Ausweisungsverfügung entgegen der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als Regelausweisung im Sinne von § 47 AuslG verfügt worden sei, so dass eine Rücknahmeverpflichtung bestehe.
Mit Bescheid vom 8.9.2005 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 LVwVfG für den Erlass einer die Ausweisungsverfügung betreffenden Rücknahmeverfügung lägen nicht vor. Die Ausweisungsverfügung sei rechtmäßig ; sie sei in zulässiger Weise als rein spezialpräventiv begründete Maßnahme verfügt worden und habe den Anforderungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, insbesondere auch dem in § 12 AufenthG/EWG statuierten besonderen Ausweisungsschutz, genügt. Zwar sei die Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 47 Abs. 2 AuslG als Regelausweisung verfügt worden, das Regierungspräsidium habe bei ihrem Erlass jedoch zumindest hilfsweise Ermessen ausgeübt, auch sei eine erhebliche konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt worden. Mit Bescheid vom 26.9.2005 befristete das Regierungspräsidium Stuttgart die Sperrwirkungen der Ausweisung auf diesen Tag.
Auf die am 13.9.2005 beim Verwaltungsgericht erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen,
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 29.9.2006 - 9 K 2997/05 -den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 8.9.2005 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Beklagte sei in seinem versagenden Bescheid vom 8.9.2005 zu Unrecht von der Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Klägers ausgegangen und habe deshalb unzutreffender Weise das Vorliegen einer Rücknahmemöglichkeit verneint. Das Gericht gehe mit dem Beklagten zwar davon aus, dass die Ausweisung nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zu beanstanden sei. Insbesondere habe der Beklagte den Kläger nicht allein auf der Grundlage der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG in Anknüpfung an die abgeurteilten Straftaten ausgewiesen. Vielmehr habe er hilfsweise eine reine Ermessensentscheidung getroffen, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch bei Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu beanstanden sei. Gegen das Ergebnis der Ermessensentscheidung wende der Kläger zu Unrecht ein, die Ausweisung verstoße gegen Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG. Diese Richtlinie habe zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, nämlich dem des Eintritts der Unanfechtbarkeit der Ausweisungsverfügung, noch gar nicht existiert, so dass sie keine Anwendung beanspruchen könne. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb materiell-rechtlich zu beanstanden, weil der dort geprüfte § 12 AufenthG/EWG nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27.4.2006 (Rs C-441/02, InfAuslR 2006, 295) gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Zwar habe der Gerichtshof in dieser Entscheidung tatsächlich einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darin festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland in § 12 AufenthG/EWG die vom Gemeinschaftsrecht für die Beschränkung der Freizügigkeit aufgestellten Voraussetzungen nicht hinreichend umgesetzt habe. Diese Feststellung habe entgegen der Meinung des Klägers aber nicht zur Folge, dass sämtliche unter Geltung der Vorschrift ergangenen Ausweisungen gegen Unionsbürger allein deshalb rechtswidrig wären, weil bei ihnen zwingend die Voraussetzungen des § 12 AufenthG/EWG zu prüfen gewesen seien. Die Ausweisung vom 29.5.2000 sei jedoch in formeller Hinsicht rechtswidrig, da sie gegen die gemeinschaftsrechtliche Verfahrennorm des Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG verstoßen habe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der ihr folgenden Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 13.9.2005 - 1 C 7.04 - und vom 16.10.2005 - 1 C 5.04 -) werde in Ausweisungsverfahren gegen Unionsbürger und assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige außer in dringenden Fällen gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG verstoßen, wenn weder ein Widerspruchsverfahren stattfinde noch sonst eine unabhängige zweite zuständige Stelle im Sinne der Richtlinie im Verwaltungsverfahren eingeschaltet worden sei. Hieraus folge, dass nach der in Baden-Württemberg erfolgten Abschaffung des behördlichen Vorverfahrens bei von den Regierungspräsidien verfügten Ausweisungen die gemeinschaftsrechtlich geforderte Einschaltung einer unabhängigen zweiten Stelle neben der Ausländerbehörde nicht gewährleistet gewesen sei. Da ein dringender Fall im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie im Falle des Klägers zweifellos nicht vorgelegen habe, sei die Ausweisung wegen Verstoßes gegen diese Verfahrensvorschrift unheilbar nichtig.
10 
Dem Kläger stehe trotz der Rechtswidrigkeit der gegen ihn ergangenen Ausweisung vom 29.5.2000 lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über deren Rücknahme, nicht jedoch ein unbedingter Rücknahmeanspruch zu. Gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG stehe die Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, so dass ein gebundener Anspruch auf Rücknahme lediglich im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null gegeben sei. Eine solche komme lediglich unter einschränkenden Voraussetzungen, etwa im Hinblick auf Art. 3 GG im Falle einer Selbstbindung der Behörde oder, wenn Europäisches Gemeinschaftsrecht betroffen sei, aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen Effizienzgebots in Betracht. Beide Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Dadurch, dass der Beklagte die Wirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf dieses Datum befristet habe, genieße der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder volle Freizügigkeit, sodass weder von einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers auszugehen sei noch das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot die Rücknahme der Ausweisung zwingend gebiete. Auch der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lasse sich nichts für eine gebotene Ermessensreduzierung auf Null entnehmen.
11 
Mit Beschluss vom 3.5.2007 (Zustellung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9.5.2007) hat der Senat dem Kläger gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Berufung zugelassen. Mit dem am 16.5.2007 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz, der auch auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren Bezug genommen hat, beantragt der Kläger,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.9.2006 abzuändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen.
13 
Zur Begründung des Berufungsantrags trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 lediglich gegen formelles Recht verstoße und habe deshalb den geltend gemachten unbedingten Rücknahmeanspruch abgelehnt. Die Ausweisung sei auf die Bestimmung des § 12 AufenthG/EWG gestützt worden, welche der Europäische Gerichtshof als gemeinschaftsrechtswidrig eingestuft habe. Diese Bestimmung überhöhe die Bedeutung formaler Kriterien für den Ausweisungsschutz und schenke der Aufenthaltsdauer zu geringe Bedeutung, was dazu geführt habe, dass in seinem Falle kein besonderer Ausweisungsschutz angenommen worden sei. Auch habe der Beklagte bei Erlass der Ausweisung dem Umstand, dass seine Verurteilung zur Bewährung ausgesetzt worden sei, nicht die nötige Beachtung geschenkt und in rechtswidriger Weise die Strafakten nicht beigezogen bzw. den Vollstreckungsverlauf nicht in seine Prognoseentscheidung einbezogen. Ferner habe die Ausweisung gegen die Schutzbestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EWG verstoßen, wonach nach einem über zehnjährigen Inlandsaufenthalt die Ausweisung eines Unionsbürgers nur noch aus Gründen der Sicherheit des Staates zuzulassen sei. Die unbefristet verfügte Ausweisung verstoße gegen Art. 8 EMRK, da nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs eine Rechtspflicht bestehe, schon bei Erlass einer in Art. 8 EMRK eingreifenden Verfügung deren Befristung mit zu prüfen. Gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßende Verfügungen dürften nicht vollstreckt werden, insoweit gleiche der Sachverhalt demjenigen der Vollsteckung verfassungswidriger zivilrechtlicher Gerichtsentscheidungen. Die von dem Beklagten vorgenommene Befristung der Ausweisung stelle bereits deshalb keine Alternative zur zwingend gebotenen Rücknahme seiner Ausweisung dar, weil er aufgrund des zu niedrigen Rentenbezugs keinen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet habe.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung trägt er vor, die von dem Kläger als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob der formalrechtliche Verstoß gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 RL 64/221/EWG eine Rücknahme der Ausweisung gebiete, sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden worden. Auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich dann ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, wenn bei dessen Erlass die Rechtswidrigkeit offen zu Tage getreten sei, wovon im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden könne. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung im Mai 2000 habe ein offensichtlicher Rechtsverstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG nicht vorgelegen, da nach einhelliger Auffassung zu diesem Zeitpunkt von einem dringenden Fall im Sinne der Richtlinie auszugehen gewesen sei, wenn die Ausländerbehörde den Sofortvollzug der Maßnahme angeordnet habe.
17 
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
18 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie der unteren Ausländerbehörde (2 Band) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
25 
Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
25 
Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

(1) Ein Ausländer, gegen den eine Ausweisungsverfügung auf Grund eines Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a besteht, unterliegt der Verpflichtung, sich mindestens einmal wöchentlich bei der für seinen Aufenthaltsort zuständigen polizeilichen Dienststelle zu melden, soweit die Ausländerbehörde nichts anderes bestimmt. Eine dem Satz 1 entsprechende Meldepflicht kann angeordnet werden, wenn der Ausländer

1.
vollziehbar ausreisepflichtig ist und ein in Satz 1 genanntes Ausweisungsinteresse besteht oder
2.
auf Grund anderer als der in Satz 1 genannten Ausweisungsinteressen vollziehbar ausreisepflichtig ist und die Anordnung der Meldepflicht zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung erforderlich ist.

(2) Sein Aufenthalt ist auf den Bezirk der Ausländerbehörde beschränkt, soweit die Ausländerbehörde keine abweichenden Festlegungen trifft.

(3) Er kann verpflichtet werden, in einem anderen Wohnort oder in bestimmten Unterkünften auch außerhalb des Bezirks der Ausländerbehörde zu wohnen, wenn dies geboten erscheint, um

1.
die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden und die Einhaltung vereinsrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Auflagen und Verpflichtungen besser überwachen zu können oder
2.
die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden.

(4) Um die Fortführung von Bestrebungen, die zur Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5, zu einer Anordnung nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 oder zu einer Abschiebungsanordnung nach § 58a geführt haben, zu erschweren oder zu unterbinden, kann der Ausländer auch verpflichtet werden, zu bestimmten Personen oder Personen einer bestimmten Gruppe keinen Kontakt aufzunehmen, mit ihnen nicht zu verkehren, sie nicht zu beschäftigen, auszubilden oder zu beherbergen und bestimmte Kommunikationsmittel oder Dienste nicht zu nutzen, soweit ihm Kommunikationsmittel verbleiben und die Beschränkungen notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwehren. Um die wiederholte Begehung erheblicher Straftaten, die zu einer Ausweisung nach § 54 Absatz 1 Nummer 1 geführt haben, zu unterbinden, können Beschränkungen nach Satz 1 angeordnet werden, soweit diese notwendig sind, um eine erhebliche Gefahr für die innere Sicherheit oder für Leib und Leben Dritter abzuwenden.

(5) Die Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 4 ruhen, wenn sich der Ausländer in Haft befindet. Eine Anordnung nach den Absätzen 3 und 4 ist sofort vollziehbar.

(1) Ein Ausländer, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wird ausgewiesen, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt.

(2) Bei der Abwägung nach Absatz 1 sind nach den Umständen des Einzelfalles insbesondere die Dauer seines Aufenthalts, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner sowie die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, zu berücksichtigen.

(3) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht oder der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, darf nur ausgewiesen werden, wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

(3a) Ein Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings im Sinne des § 3 Absatz 1 des Asylgesetzes oder eines subsidiär Schutzberechtigten im Sinne des § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes genießt oder der einen von einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland ausgestellten Reiseausweis nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) besitzt, darf nur bei Vorliegen zwingender Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung ausgewiesen werden.

(4) Ein Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, kann nur unter der Bedingung ausgewiesen werden, dass das Asylverfahren unanfechtbar ohne Anerkennung als Asylberechtigter oder ohne die Zuerkennung internationalen Schutzes (§ 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes) abgeschlossen wird. Von der Bedingung wird abgesehen, wenn

1.
ein Sachverhalt vorliegt, der nach Absatz 3a eine Ausweisung rechtfertigt oder
2.
eine nach den Vorschriften des Asylgesetzes erlassene Abschiebungsandrohung vollziehbar geworden ist.

Die Restitutionsklage findet statt:

1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7.
wenn die Partei
a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29. September 2006 - 9 K 2997/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist italienischer Staatsangehöriger und im Jahre 1942 in Italien geboren; er ist Vater von acht erwachsenen Kindern, von denen vier in der Bundesrepublik Deutschland leben. Er zog im Jahre 1967 zur Arbeitsaufnahme ohne seine Familie in die Bundesrepublik Deutschland, wo er sich bis zu seiner Ausweisung aufhielt. Während seines Aufenthalts in der Bundesrepublik ging der Kläger verschiedenen abhängigen Berufstätigkeiten nach, teilweise war er auch selbständig, u.a. als Eisverkäufer, tätig. Seit dem 1.6.2007 bezieht der Kläger eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 187,57 EUR. Für seinen Aufenthalt in der Bundesrepublik verfügte der Kläger ursprünglich über eine mehrmalig verlängerte befristete Aufenthaltserlaubnis, anschließend über eine befristete Aufenthaltserlaubnis-EG, welche zuletzt bis zum 8.9.1999 gültig war. Nach seiner Haftentlassung beantragte der Kläger am 12.4.2000 die Verlängerung der ihm zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis-EG.
Seit dem Jahre 1974 wurde der Kläger im Bundesgebiet mehrfach straffällig und verurteilt. Es handelt sich u.a um mehrere Diebstahlsdelikte, Beleidigung, fahrlässige Körperverletzung, Verkehrsunfallflucht sowie um einen Verstoß gegen das Lebensmittelgesetz. Mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1982 wurde der Kläger wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt. Diese Strafe verbüßte der Kläger ab dem 1.6.1982 bis zum 2/3-Zeitpunkt, danach wurde die Reststrafe zunächst zur Bewährung ausgesetzt und nach erfolgter Bewährung erlassen. Mit Urteil vom 21.12.1998 (rechtskräftig seit dem 29.12.1998) verurteilte das Amtsgericht Heilbronn den Kläger wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten, die Vollstreckung dieser Freiheitsstrafe wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt. Der Kläger wurde zum 2/3-Zeitpunkt aus dem Strafvollzug entlassen, nachdem die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Tübingen mit Beschluss vom 21.12.1999 den Strafrest zur Bewährung aussetzte. Bereits nach der Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen versuchter beabsichtigter schwerer Körperverletzung durch das Landgericht Stuttgart wies die Landeshauptstadt Stuttgart den Kläger mit Bescheid vom 6.8.1986 aus dem Bundesgebiet aus. Im Widerspruchsverfahren wurde ein Vergleich abgeschlossen, wonach er nicht abgeschoben und die Wirkung der Ausweisung befristet werde, soweit er Nachweise über ein straffreies Leben beibringen könne.
Mit Bescheid vom 29.5.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart - Bezirksstelle für Asyl - den Kläger unter Anordnung des Sofortvollzugs aus dem Bundesgebiet aus, lehnte seinen Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis-EG bzw. auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung ebenfalls unter Anordnung des Sofortvollzugs ab und drohte ihm die Abschiebung aus der Haft heraus nach Italien an. Dabei ging das Regierungspräsidium davon aus, dass die von dem Kläger begangenen und rechtskräftig abgeurteilten Straftaten einen Grund der öffentlichen Ordnung im Sinne des damals geltenden § 12 Abs. 1 AufenthG/EWG darstellten, welcher die Ausweisung des Klägers rechtfertige. Die Ausweisung erfolge nicht allein wegen einer strafrechtlichen Verurteilung, sondern wegen der hohen Gefährlichkeit des Klägers, die sich an seinen bisherigen Straftaten, insbesondere seinen Gewaltstraftaten gezeigt habe. Der Ausweisung stehe die Schutzbestimmung des § 12 Abs. 4 AufenthG/EWG nicht entgegen, da sie wegen der Häufigkeit und zuletzt der Schwere der Straftaten sowie einer konkret festgestellten Wiederholungsgefahr verfügt werde. Deswegen seien die nationalen Ausweisungsvorschriften gemäß § 45 ff. AuslG anwendbar. Aufgrund der Verurteilung durch das Amtsgericht Heilbronn vom 21.12.1998 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten habe der Kläger den Regelausweisungstatbestand des § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG verwirklicht. Der Kläger genieße weder nach § 48 Abs. 1 noch gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 AufenthG/EWG besonderen Ausweisungsschutz, da er insbesondere nicht über die erforderliche unbefristete Aufenthaltserlaubnis-EWG verfüge. Da kein besonderer Ausweisungsschutz gemäß § 48 Abs. 1 AuslG bestehe, werde die Regel-Ausweisung nach § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG nicht gemäß § 47 Abs. 3 Satz 2 AuslG zu einer Ermessens-Ausweisung herabgestuft; es verbleibe bei der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG. Eine atypische Sonderkonstellation, die ein Absehen von dieser Regelwirkung ermögliche, sei im Falle des Klägers nicht gegeben; insbesondere stelle die lange Dauer des Aufenthalts keine derartige atypische Situation dar. Selbst falls die Voraussetzungen für eine Regelausweisung nicht vorlägen, werde die Ausweisung nach Ermessen verfügt.
Nach Entlassung aus der Strafhaft und Erlass der Ausweisung, welche vom Kläger nicht angefochten wurde, reiste er nach seinen eigenen Angaben am 8.10.2000 nach Italien aus, kehrte jedoch im Frühjahr 2004 in die Bundesrepublik Deutschland zurück. Er wurde daraufhin festgenommen und am 22.9.2004 nach Italien abgeschoben, worauf er nach seinen eigenen Angaben am 1.4.2005 erneut in die Bundesrepublik Deutschland einreiste.
Der Kläger beantragte am 15.4.2005 die Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 sowie die Bestätigung, dass diese Verfügung unwirksam sei. Er machte geltend, dass diese Ausweisungsverfügung entgegen der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als Regelausweisung im Sinne von § 47 AuslG verfügt worden sei, so dass eine Rücknahmeverpflichtung bestehe.
Mit Bescheid vom 8.9.2005 lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 48 LVwVfG für den Erlass einer die Ausweisungsverfügung betreffenden Rücknahmeverfügung lägen nicht vor. Die Ausweisungsverfügung sei rechtmäßig ; sie sei in zulässiger Weise als rein spezialpräventiv begründete Maßnahme verfügt worden und habe den Anforderungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts, insbesondere auch dem in § 12 AufenthG/EWG statuierten besonderen Ausweisungsschutz, genügt. Zwar sei die Ausweisungsverfügung auf der Grundlage des § 47 Abs. 2 AuslG als Regelausweisung verfügt worden, das Regierungspräsidium habe bei ihrem Erlass jedoch zumindest hilfsweise Ermessen ausgeübt, auch sei eine erhebliche konkrete Wiederholungsgefahr festgestellt worden. Mit Bescheid vom 26.9.2005 befristete das Regierungspräsidium Stuttgart die Sperrwirkungen der Ausweisung auf diesen Tag.
Auf die am 13.9.2005 beim Verwaltungsgericht erhobene Klage, mit der der Kläger beantragt hat,
den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen,
hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 29.9.2006 - 9 K 2997/05 -den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 8.9.2005 verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. In den Entscheidungsgründen hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Beklagte sei in seinem versagenden Bescheid vom 8.9.2005 zu Unrecht von der Rechtmäßigkeit der Ausweisung des Klägers ausgegangen und habe deshalb unzutreffender Weise das Vorliegen einer Rücknahmemöglichkeit verneint. Das Gericht gehe mit dem Beklagten zwar davon aus, dass die Ausweisung nicht aus materiell-rechtlichen Gründen zu beanstanden sei. Insbesondere habe der Beklagte den Kläger nicht allein auf der Grundlage der Regelwirkung des § 47 Abs. 2 AuslG in Anknüpfung an die abgeurteilten Straftaten ausgewiesen. Vielmehr habe er hilfsweise eine reine Ermessensentscheidung getroffen, die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts auch bei Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht zu beanstanden sei. Gegen das Ergebnis der Ermessensentscheidung wende der Kläger zu Unrecht ein, die Ausweisung verstoße gegen Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG. Diese Richtlinie habe zum maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt, nämlich dem des Eintritts der Unanfechtbarkeit der Ausweisungsverfügung, noch gar nicht existiert, so dass sie keine Anwendung beanspruchen könne. Die Ausweisung sei auch nicht deshalb materiell-rechtlich zu beanstanden, weil der dort geprüfte § 12 AufenthG/EWG nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 27.4.2006 (Rs C-441/02, InfAuslR 2006, 295) gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Zwar habe der Gerichtshof in dieser Entscheidung tatsächlich einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht darin festgestellt, dass die Bundesrepublik Deutschland in § 12 AufenthG/EWG die vom Gemeinschaftsrecht für die Beschränkung der Freizügigkeit aufgestellten Voraussetzungen nicht hinreichend umgesetzt habe. Diese Feststellung habe entgegen der Meinung des Klägers aber nicht zur Folge, dass sämtliche unter Geltung der Vorschrift ergangenen Ausweisungen gegen Unionsbürger allein deshalb rechtswidrig wären, weil bei ihnen zwingend die Voraussetzungen des § 12 AufenthG/EWG zu prüfen gewesen seien. Die Ausweisung vom 29.5.2000 sei jedoch in formeller Hinsicht rechtswidrig, da sie gegen die gemeinschaftsrechtliche Verfahrennorm des Art. 9 Abs. 1 der RL 64/221/EWG verstoßen habe. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und der ihr folgenden Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 13.9.2005 - 1 C 7.04 - und vom 16.10.2005 - 1 C 5.04 -) werde in Ausweisungsverfahren gegen Unionsbürger und assoziationsrechtlich privilegierte türkische Staatsangehörige außer in dringenden Fällen gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 Abs. 1 RL 64/221/EWG verstoßen, wenn weder ein Widerspruchsverfahren stattfinde noch sonst eine unabhängige zweite zuständige Stelle im Sinne der Richtlinie im Verwaltungsverfahren eingeschaltet worden sei. Hieraus folge, dass nach der in Baden-Württemberg erfolgten Abschaffung des behördlichen Vorverfahrens bei von den Regierungspräsidien verfügten Ausweisungen die gemeinschaftsrechtlich geforderte Einschaltung einer unabhängigen zweiten Stelle neben der Ausländerbehörde nicht gewährleistet gewesen sei. Da ein dringender Fall im Sinne des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie im Falle des Klägers zweifellos nicht vorgelegen habe, sei die Ausweisung wegen Verstoßes gegen diese Verfahrensvorschrift unheilbar nichtig.
10 
Dem Kläger stehe trotz der Rechtswidrigkeit der gegen ihn ergangenen Ausweisung vom 29.5.2000 lediglich ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über deren Rücknahme, nicht jedoch ein unbedingter Rücknahmeanspruch zu. Gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG stehe die Entscheidung über die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, so dass ein gebundener Anspruch auf Rücknahme lediglich im Falle einer Ermessensreduzierung auf Null gegeben sei. Eine solche komme lediglich unter einschränkenden Voraussetzungen, etwa im Hinblick auf Art. 3 GG im Falle einer Selbstbindung der Behörde oder, wenn Europäisches Gemeinschaftsrecht betroffen sei, aus Gründen des gemeinschaftsrechtlichen Effizienzgebots in Betracht. Beide Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Dadurch, dass der Beklagte die Wirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf dieses Datum befristet habe, genieße der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt wieder volle Freizügigkeit, sodass weder von einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers auszugehen sei noch das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot die Rücknahme der Ausweisung zwingend gebiete. Auch der neueren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lasse sich nichts für eine gebotene Ermessensreduzierung auf Null entnehmen.
11 
Mit Beschluss vom 3.5.2007 (Zustellung an den Prozessbevollmächtigten des Klägers am 9.5.2007) hat der Senat dem Kläger gegen die Versäumung der Frist für den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und die Berufung zugelassen. Mit dem am 16.5.2007 eingegangenen Berufungsbegründungsschriftsatz, der auch auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren Bezug genommen hat, beantragt der Kläger,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 29.9.2006 abzuändern und den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 8.9.2005 aufzuheben sowie den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 zurückzunehmen.
13 
Zur Begründung des Berufungsantrags trägt der Kläger vor, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 lediglich gegen formelles Recht verstoße und habe deshalb den geltend gemachten unbedingten Rücknahmeanspruch abgelehnt. Die Ausweisung sei auf die Bestimmung des § 12 AufenthG/EWG gestützt worden, welche der Europäische Gerichtshof als gemeinschaftsrechtswidrig eingestuft habe. Diese Bestimmung überhöhe die Bedeutung formaler Kriterien für den Ausweisungsschutz und schenke der Aufenthaltsdauer zu geringe Bedeutung, was dazu geführt habe, dass in seinem Falle kein besonderer Ausweisungsschutz angenommen worden sei. Auch habe der Beklagte bei Erlass der Ausweisung dem Umstand, dass seine Verurteilung zur Bewährung ausgesetzt worden sei, nicht die nötige Beachtung geschenkt und in rechtswidriger Weise die Strafakten nicht beigezogen bzw. den Vollstreckungsverlauf nicht in seine Prognoseentscheidung einbezogen. Ferner habe die Ausweisung gegen die Schutzbestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EWG verstoßen, wonach nach einem über zehnjährigen Inlandsaufenthalt die Ausweisung eines Unionsbürgers nur noch aus Gründen der Sicherheit des Staates zuzulassen sei. Die unbefristet verfügte Ausweisung verstoße gegen Art. 8 EMRK, da nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs eine Rechtspflicht bestehe, schon bei Erlass einer in Art. 8 EMRK eingreifenden Verfügung deren Befristung mit zu prüfen. Gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßende Verfügungen dürften nicht vollstreckt werden, insoweit gleiche der Sachverhalt demjenigen der Vollsteckung verfassungswidriger zivilrechtlicher Gerichtsentscheidungen. Die von dem Beklagten vorgenommene Befristung der Ausweisung stelle bereits deshalb keine Alternative zur zwingend gebotenen Rücknahme seiner Ausweisung dar, weil er aufgrund des zu niedrigen Rentenbezugs keinen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet habe.
14 
Der Beklagte beantragt,
15 
die Berufung zurückzuweisen.
16 
Zur Begründung trägt er vor, die von dem Kläger als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob der formalrechtliche Verstoß gegen die Verfahrensgarantie des Art. 9 RL 64/221/EWG eine Rücknahme der Ausweisung gebiete, sei in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits entschieden worden. Auf gemeinschaftsrechtlicher Grundlage bestehe nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lediglich dann ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsakts, wenn bei dessen Erlass die Rechtswidrigkeit offen zu Tage getreten sei, wovon im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden könne. Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung im Mai 2000 habe ein offensichtlicher Rechtsverstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG nicht vorgelegen, da nach einhelliger Auffassung zu diesem Zeitpunkt von einem dringenden Fall im Sinne der Richtlinie auszugehen gewesen sei, wenn die Ausländerbehörde den Sofortvollzug der Maßnahme angeordnet habe.
17 
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
18 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie der unteren Ausländerbehörde (2 Band) vor. Auf diese Akten wird ebenso wie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts verwiesen; diese Akten waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
25 
Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

Gründe

 
19 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung des Klägers entscheiden, da beide Beteiligte auf mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
20 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte, über die vom Verwaltungsgericht Stuttgart bereits mit Urteil vom 29.9.2006 rechtskräftig ausgesprochene Bescheidungsverpflichtung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts hinausgehende unbedingte Rücknahmeanspruch nicht zu (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
21 
Dem Kläger steht nach wie vor ein Rechtsschutzbedürfnis für die von ihm begehrte Rücknahme der Ausweisungsverfügung mit ex-tunc-Wirkung zu, obwohl der Beklagte nunmehr die Sperrwirkungen der Ausweisung mit Bescheid vom 26.9.2005 auf diesen Tag befristet hat. Ein Interesse des Klägers an der rückwirkenden Aufhebung der Ausweisung ergibt sich bereits daraus, dass zahlreiche Vorschriften an den ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt eines Ausländers positive Rechtsfolgen anknüpfen, so etwa der in § 10 StAG statuierte Anspruch auf Einbürgerung oder die besonderen Ausweisungsschutz vermittelnde europarechtliche Bestimmung des Art. 28 Abs. 3a der RL 2004/38/EG.
22 
Zu Recht hat das Verwaltungsgericht für die im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG entscheidungserhebliche Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mangels Klageerhebung bestandskräftig gewordenen Ausweisung des Klägers auf den Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung am 29.5.2000 abgestellt; da der Kläger jedenfalls zu diesem Zeitpunkt freizügigkeitsberechtigt war, konnte offenbleiben, inwieweit eine erst später eintretende Rechtswidrigkeit ein Rücknahmeverfahren eröffnen kann (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 - 1 C 13.03 -, NVwZ-RR 2005, 341; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 24.9.2001 - 8 S 461/01 -, VBlBW 2002, 208, 209).
23 
 Der Senat kann ferner offenlassen, ob die Ausweisungsverfügung gegen den Kläger nicht nur - wie vom Verwaltungsgericht inzident angenommen - aus formellen Gründen wegen einem Verstoß gegen Art. 9 RL 64/221/EWG als rechtswidrig anzusehen ist, sondern ob auch ein Verstoß gegen materielles Gemeinschaftsrecht vorliegt. Nicht zu folgen vermag der Senat freilich der Annahme des Klägers, es hätten im Wege der sogenannten Vorwirkung bereits bei Erlass der Ausweisungsverfügung im Jahre 2000 die materiellen Voraussetzungen der weitaus später in Kraft getretenen RL 2004/38/EG gegolten. Die Umsetzungsfrist der erst am 29.4.2004 erlassenen Richtlinie lief gemäß deren Art. 28 Abs. 2 und Art. 40 Abs. 1 erst am 30.4.2006 ab, Rückwirkung kann ihr nicht beigemessen werden (vgl. hierzu ausführlich Beschluss des Niedersächsischen OVG vom 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Unabhängig hiervon steht dem Kläger selbst in dem Fall, dass seine Ausweisung auch gegen materiell-rechtliche Bestimmungen des Europäischen Gemeinschaftsrechts verstoßen haben sollte, lediglich der vom Verwaltungsgericht zugesprochene Bescheidungsanspruch, nicht jedoch ein unbedingter Anspruch auf Rücknahme seiner Ausweisung zu. Weder nationales Recht (1.) noch Gemeinschaftsrecht (2.) oder sonstiges höherrangiges Recht (3.) gebieten es im vorliegenden Fall dem beklagten Land, die gegen den Kläger ergangene Ausweisungsverfügung zurückzunehmen; auch besteht kein zwingender Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG (4.).
24 
1. Nach nationalem Recht räumt § 48 Abs. 1 LVwVfG dem Antragsteller lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensausübung hinsichtlich der Entscheidung über die Ausübung der Rücknahmebefugnis ein (vgl. hierzu ausführlich m.w.N. Urteil des Senats vom 24.1.2007 - 13 S 4516 - InfAuslR 2007,182). Ein Rechtsanspruch auf Rücknahme kommt nur dann in Betracht, wenn das Ermessen der Behörde angesichts der besonderen Umstände des konkreten Einzelfalles auf Null reduziert wäre. Eine derartige Reduktion des Ermessens ist regelmäßig nur dann zu bejahen, wenn ein Aufrechterhalten des ursprünglichen Verwaltungsakts unerträglich wäre bzw. für den Betroffenen unzumutbare Folgen hätte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 15.3.2005 - 3 B 86/04 -, DÖV 2005, 651 m.w.N.). Insbesondere erscheint die Aufrechterhaltung der Ausweisungsverfügung auch nicht deswegen im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung als „schlechthin unerträglich“, weil die zur Annahme der Rechtswidrigkeit führende Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den bei der Ausweisung von freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zu beachtenden formellen Anforderungen, insbesondere gemäß Art. 9 der RL 64/221/EWG, erst Jahre nach dem Erlass der Ausweisungsverfügung entwickelt wurde. Auch erscheint es nicht schlechterdings unerträglich, den Kläger zur Beseitigung der Sperrwirkungen der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf die - nunmehr erfolgte - nachträgliche Befristung zu verweisen. Ferner ergibt sich eine Ermessensreduzierung nicht aus dem Verhalten der Behörde selbst oder daraus, dass das Rücknahmeinteresse des Betroffenen eindeutig und offensichtlich schwerer wiegen würde als das öffentliche Interesse an einer Rücknahme. Im übrigen kann in diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kläger die gegen ihn ergangene Ausweisungsverfügung mangels Klageerhebung bestandskräftig werden ließ.
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Der Kläger kann die Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der (deklaratorischen) Aufhebung einer unwirksamen oder unwirksam gewordenen Verfügung erreichen. Zwar ist es in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einem unwirksamen - oder: wie hier allenfalls unwirksam gewordenen -Verwaltungsakt eine klarstellende behördliche Rücknahme des Verwaltungsakts möglich und aus Gründen der Beseitigung des Rechtsscheins gegebenenfalls auch erforderlich sein kann (vgl. hierzu Bay. VGH, Urteil vom 12.10.1989 - 26 B 86.02944 -, NVwZ-RR 1991, 117; Hess. VGH, Urteil vom 29.3.2006 - 6 UE 2874/04 - juris; Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.). Dahingestellt kann bleiben, ob der Kläger bei der gebotenen sachdienlichen Auslegung (§§ 86 Abs. 3, 88 VwGO) nicht nur einen denkbaren Rücknahmeanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG wegen Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, sondern auch wegen etwaiger Unwirksamkeit der Ausweisung gestellt hat. Denn die Voraussetzungen eines solches „Rücknahme“-Anspruchs sind nämlich nicht gegeben.
26 
Bei Erlass der Ausweisungsverfügung und auch in der Folgezeit bis zum Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes/EU lag kein Grund für die Annahme von Unwirksamkeit (siehe § 43 Abs. 1 und 2 LVwVfG) oder gar von Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 LVwVfG) der Ausweisungsverfügung vor; dies liegt für den Senat auf der Hand und bedarf keiner näheren Ausführungen. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (- 13 S 451/06 -; a.a.O.) im einzelnen näher dargelegt hat und worauf zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, sind jedenfalls bestandskräftig gewordene Ausweisungsverfügungen auch nicht durch Inkrafttreten des Freizügigkeitsgesetzes zum 1.1.2005 unwirksam geworden.
27 
2. Auch europäisches Gemeinschaftsrecht verpflichtet den Beklagten nicht zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Wie der Senat in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 24.1.2007 (13 S 451/06) unter ausführlicher Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des EuGH darstellt, begründet Gemeinschaftsrecht in Fällen der vorliegenden Art keinen unbedingten Rücknahmeanspruch. Vielmehr sind vom nationalen Recht vorgesehene Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung - mit der Folge der Bestandskraft bei Nichteinhaltung dieser Fristen - grundsätzlich auch mit Gemeinschaftsrecht vereinbar, weil sie ein Anwendungsfall des auch für das Gemeinschaftsrecht grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit sind. Selbst bei einem Verstoß gegen materielles Europarecht ist danach eine Rücknahme nicht schlechterdings geboten, vielmehr besteht lediglich eine gemeinschaftsrechtliche Prüfungs- oder Rücknahmepflicht in dem Rahmen, den auch das nationale Recht vorsieht (vgl. Urteil des Senats vom 24.1.2007, a.a.O.; umfassend Rennert, DVBl. 2004, 400; Ruffert, JZ 2007, 407). Bereits oben ist ausgeführt worden, dass unter dem Gesichtspunkt des § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Aufrechterhaltung der gegen den Kläger ergangenen Ausweisung nicht „schlechterdings unerträglich“ ist, eine Rücknahmepflicht insoweit also nicht besteht, und diese Überlegungen gelten auch im hier interessierenden Zusammenhang. Der Verzicht des Klägers auf Rechtsbehelfe und die Tatsache, dass der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht keineswegs offensichtlich war, steht auch hier der der Annahme einer unbedingten Rechtsverpflichtung zur Rücknahme entgegen. Von besonderer Gravität oder gar (zusätzlicher) Offensichtlichkeit eines Gemeinschaftsrechtsverstoßes kann unter diesen Gesichtspunkten ohnehin nicht ausgegangen werden. Da der Kläger nach der Ausweisungsverfügung nicht mehr im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis war und das Bundesgebiet sogar vom Oktober 2000 bis zum August 2004 und erneut von September 2004 bis April 2005 für lange Zeit verlassen hatte, ist auch nicht ersichtlich, dass die Anwendung des nationalen Verfahrensrechts bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts zu entscheidenden Wirkungsverlusten oder gar zur Umgehung des Gemeinschaftsrechts führen würde. Im übrigen ist jedenfalls dem sekundären Gemeinschaftsrecht die Aufspaltung in Verlust des Freizügigkeitsrechts einerseits und nachfolgende Befristung dieser Wirkung andererseits nicht fremd. So sieht Art. 32 Abs. 1 der RL 2004/38/EG vor, dass ein Unionsbürger, der sein Aufenthaltsrecht aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verloren hat, einen Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbots unter Hinweis auf veränderte Umstände stellen kann. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Kläger - wie von ihm vorgetragen - zum derzeitigen Zeitpunkt aufgrund seines niedrigen Rentenbezugs einen gemeinschaftsrechtlichen Anspruch auf Zuzug in das Bundesgebiet hat oder nicht. Eine hieran etwa scheiternde Freizügigkeitsberechtigung des Klägers ist nicht Folge der Ausweisung, deren Sperrwirkungen gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG von der Beklagten wie dargestellt befristet worden sind. Wie der Europäischen Gerichtshof in seinem Urteil vom 7.9.2004 (C 456/02 - Trojani -, Rn 36, InfAuslR 2004, 417) zu den „Beschränkungen und Bedingungen“ der Freizügigkeit im Sinne des Art. 18 Abs. 1 EG ausgeführt hat, erwächst dem Unionsbürger bei Fehlen ausreichender Existenzmittel im Sinne der RL 90/364/EWG kein Recht zum Aufenthalt; diese Formulierung legt den Schluss zumindest nahe, dass bei Nichterfüllung dieser Beschränkungen und Bedingungen die Unionsbürgerschaft allein keine Freizügigkeitsberechtigung vermittelt.
28 
3. Entgegen der Annahme des Klägers begründen auch die Bestimmungen der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4.11.1950 (BGBl. 1952 II, 696, 953/19542, S. 14) keinen unbedingten Anspruch auf Rücknahme der gegen ihn ergangenen Ausweisungsverfügung. Zum einen verstößt die Ausweisung nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention (3.1), zum anderen begründet ein etwaiger Verstoß gegen die materiellen Schutzbestimmungen der EMRK nicht in jedem Falle ein entsprechendes Vollstreckungsverbot und vor allem nicht einen hiermit korrespondierenden unbedingten Rücknahmeanspruch (3.2).
29 
3.1. Nicht zu folgen vermag der Senat der Annahme des Klägers, wonach die Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 bereits deshalb gegen Art. 8 Abs. 1 EMRK verstößt, weil nicht zeitgleich bei ihrem Erlass über eine Befristung der Ausweisungswirkungen entschieden wurde. Der Senat hält an seiner - dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bekannten -Rechtsprechung fest, dass das Aufenthaltsgesetzt, das eine Befristung der Wirkungen der Ausweisung nur auf Antrag vorsieht, weder zu Art. 8 EMRK noch zu der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Widerspruch steht und die Ausländerbehörde deshalb eine Ausweisungsverfügung erlassen darf, ohne zugleich von Amts wegen über eine Befristung zu entscheiden. Den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) lässt sich weder entnehmen, dass die Befristungsentscheidung stets zusammen mit der Ausweisungsentscheidung getroffen werden muss noch dass die Befristung nicht von einem entsprechenden Antrag abhängig gemacht werden darf. Eine - durch die Ausweisung mit zunächst unbefristeter Sperrwirkung möglicherweise ausgelöste - unverhältnismäßige Einschränkung der persönlichen Lebensführung des Ausländers wird dadurch verhindert, dass der Ausländer für den Regelfall einen Anspruch auf Befristung der Wirkungen der Ausweisung, insbesondere des Einreise- und Aufenthaltsverbots, hat. Denn der EGMR betont stets, dass es sich um eine Entscheidung im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen konkreten Umstände handelt (vgl. m.w.N. Beschluss des Senats vom 20.3.2007 - 13 S 850/06 -). Auch dem vom Kläger lediglich in englischer Sprache vorgelegten Urteil des EGMR vom 22.3.2007 - 1638/03 -(Maslov) lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen; vielmehr bestätigt der Gerichtshof in dieser Entscheidung seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine umfassende Einzelfallbetrachtung und Abwägung geboten ist, wobei einer etwa erfolgten Befristung nicht unerhebliches Gewicht zukommt. Der Fall des Klägers unterscheidet sich dabei bereits in Anbetracht der zahlreichen von ihm begangenen Straftaten gegen unterschiedliche Rechtsgüter und vor allem auch der Tatsache, dass sich der Kläger weder durch die Verurteilung des Landgerichts Stuttgart vom 21.10.1998 zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe noch durch deren nachfolgende teilweise Verbüßung von der Abhaltung weiterer, gegen die körperliche Unversehrtheit gerichteter Straftaten abhalten ließ, von den vom EGMR explizit beurteilten Fällen (13/10). Auch das Bundesverfassungsgericht geht im übrigen entgegen der Annahme des Klägers nicht davon aus, dass die Sperrwirkungen einer Ausweisung aufgrund der Bestimmung des Art. 8 Abs. 1 EMRK in jedem Falle zeitgleich mit deren Erlass befristet werden müssten. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 10.5.2007 (2 BvR 304/07) aus, dass die Befristung der Ausweisungswirkungen nur eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist (vgl. insbesondere S. 17 des Beschlussumdrucks). Auch die von dem Kläger angeführte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 18.7.1979 (1 BvR 650/77) bestätigt seine Rechtsauffassung nicht. Die Entscheidung hebt lediglich auf die Bedeutung einer etwaigen Befristung für die Verhältnismäßigkeit der Ausweisungsverfügung ab, ohne dass sich ihr Anhaltshaltspunkte dafür entnehmen ließen, dass - wie vom Kläger angenommen - über die Befristung stets zeitgleich und unabhängig von einem Antrag mit der Verfügung der Ausweisung zu befinden wäre.
30 
3.2 Im übrigen begründet ein etwaiger Verstoß der Ausweisungsverfügung gegen materielle Bestimmungen der EMRK keinen unbedingten Rücknahmeanspruch, vielmehr stellt ein derartiger Verstoß lediglich einen Gesichtspunkt dar, welcher in die nach nationalen Recht zu treffende Ermessensentscheidung über die Rücknahme gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG einzustellen ist. Dem etwaigen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die aufgrund der Zustimmung des Bundesgesetzgebers mit förmlichem Gesetz gemäß Art. 59 Abs. 2 GG innerstaatlich im Range eines Bundesgesetzes gilt (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 -, NJW 2004, 3407), kommt dabei keine weitergehende Wirkung zu als einem Verstoß gegen sonstiges materielles nationales Recht oder gar einem Grundrechtsverstoß. Vielmehr folgt aus dieser Rangzuweisung, dass die Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und ihrer Zusatzprotokolle - soweit sie für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft getreten sein -nach der Normenhierarchie keine gegenüber sonstigem Bundesrecht übergeordnete Wirkung entfalten. Nach dieser Rangzuweisung haben vielmehr deutsche Gerichte und Verwaltungsbehörden die Konvention wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden. Aufgrund der weitgehenden Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes sind dabei sowohl dieses als auch das übrige staatliche Recht nach Möglichkeit so auszulegen, dass ein Konflikt mit völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands und damit auch mit den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention in der Gestalt, welche diese in der maßgeblichen Rechtsprechung des EGMR gefunden hat, vermieden wird (vgl. hierzu ausführlich BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004, a.a.O. und vom 1.3.2004 - 2 BvR 1570/03 - NVwZ 2004, 852; Meyer-Ladewig, Europäische Menschenrechtskonvention, Handkommentar, 2. Aufl., Rn 20 ff. zu Art 46 m.w.N.). Die über das Zustimmungsgesetz ausgelöste Berücksichtigung der Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Entscheidungen des Gerichtshofs erfordert dabei zumindest, dass die entsprechenden Texte und Judikate zur Kenntnis genommen werden und in den Willensbildungsprozess des zu einer Entscheidung berufenen Gerichts, der zuständigen Behörde oder des Gesetzgebers einfließen. Liegt der Konventionsverstoß in dem Erlass eines bestimmten Verwaltungsakts, so hat die zuständige Behörde die Möglichkeit, diesen nach den Regelungen des nationalen Verwaltungsverfahrensrechts aufzuheben (vgl. § 48 LVwVfG), eine entsprechende unbedingte Verpflichtung der Behörde lässt sich weder den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention noch der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EGMR entnehmen. Auch der von dem Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Vielmehr führt das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 6.12.2005 (1 BvR 1905/02, DVBl. 2006, 267) ausdrücklich aus, dass sich aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen des § 79 Abs. 1, 2 BVerfGG und insbesondere aus Satz 4 von § 79 Abs. 2 BVerfGG der allgemeine Rechtsgedanke ableiten lasse, dass einerseits zwar unanfechtbar gewordene Akte der öffentlichen Gewalt, die auf verfassungswidriger Grundlage zustande gekommen sind, nicht rückwirkend aufgehoben und die nachteiligen Wirkungen, die in der Vergangenheit von ihnen ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, andererseits jedoch zukünftige Folgen, die sich aus einer zwangsweisen Durchsetzung verfassungswidrig ergangener Entscheidungen ergeben würden, abgewendet werden sollen. Diesem § 79 Abs. 2 BVerfGG zugrundeliegenden Rechtsgedanken lässt sich allenfalls ein Vollstreckungsverbot von Maßnahmen, welche gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen, entnehmen, nicht jedoch ein unbedingter Normanwendungsbefehl zur Rücknahme bereits vollstreckter Maßnahmen, wie sie hier die vollzogene Ausweisung darstellt.
31 
4. Dem Kläger steht jedenfalls in der Sache kein Anspruch auf - unbedingtes - Wiederaufgreifen des Verfahrens im Sinne von § 51 Abs. 1 LVwVfG zu. Dahingestellt kann deshalb bleiben, ob dem anwaltlich vertretenen Kläger überhaupt das erforderliche allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für dessen Durchsetzung zusteht, nachdem er sowohl bei der Behörde als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich einen Rücknahmeantrag gestellt hat. Insbesondere liegen die Voraussetzungen eines Wiederaufgreifens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht vor. Danach ist das Verfahren u.a. wieder aufzugreifen, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Eine Änderung der Rechtslage im Sinne des Bestimmung ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt. Dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (vgl. hierzu BVerwG, Vorlagebeschluss vom 7.7.2004 - 6 C 24/03 -, juris; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 9.11.2004 - 11 S 2771/03 -, juris). Mithin rechtfertigen die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 3.8.2004 (- 1 C 29.02 -, BVerwGE 121, 315 bzw. - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297) eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG nicht. Zwar kann die Behörde im Verwaltungsverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen auch dann wieder aufgreifen und über einen durch unanfechtbaren Verwaltungsakt beschiedenen materiell-rechtlichen Anspruch erneut sachlich entscheiden, wenn die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne nach § 51 Abs. 1 LVwVfG nicht vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.9.2005 - 2 C 5/99 -, DVBl. 2001, 726; vgl. § 51 Abs. 5 LVwVfG. Allerdings räumt diese Vorschrift dem Kläger lediglich ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ermessensentscheidung der Behörde über ein Wiederaufgreifen des Verfahrens ein; eine Ermessensreduzierung auf Null mit der Folge, dass die Behörde zur Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 29.5.2000 verpflichtet wäre, besteht aus den oben dargestellten Gründen nicht.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
33 
Die Revision war zuzulassen, da insbesondere die Frage der Wirksamkeit sogenannter altrechtlicher Ausweisungsverfügungen gegen Unionsbürger in der obergerichtlichen Rechtsprechung strittig und noch nicht höchstrichterlich geklärt ist (siehe § 132 Abs. 2 Satz 1 VwGO).
34 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 152 Abs. 2 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.