Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07

bei uns veröffentlicht am18.06.2008

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13. April 2007 - 5 K 1035/05 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Rücknahme einer bestandskräftigen Ausweisung, hilfsweise die Befristung von deren Wirkungen.
Der am … in … in der Türkei geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. 1969 reiste er zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern nach Deutschland ein, wo sein Vater schon seit mehreren Jahren lebte und arbeitete. Bis 1982 lebte er bei seinem Vater, der in dieser Zeit durchgehend als Arbeitnehmer beschäftigt war. Er besuchte in Heilbronn die Grund- und die Hauptschule, die er im Alter von 15 Jahren nach der 6. Klasse ohne Abschluss verließ. In der Folgezeit war er in mehreren Arbeitsverhältnissen unterschiedlicher Dauer beschäftigt; zeitweise war er arbeitslos. Eine Anstellung als Textilfärber verlor er 1992 nach etwa zehn Jahren, nachdem sein Arbeitgeber in Konkurs fiel. Seit 1993 oder 1994 arbeitete er mit verschiedenen Polizeidienststellen zusammen, für die er als V-Mann eingesetzt wurde. Von Ende 1998 bis April 1999 betrieb er eine Imbissbude. Er ist seit 1982 mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet. Aus dieser Ehe sind zwei am 22.8.1983 und am 15.3.1990 geborene Kinder hervorgegangen. Am 4.10.1990 erhielt er eine Aufenthaltsberechtigung.
Mit Urteil vom 21.4.1997 - 23 Cs 16 Js 22675/96 - verurteilte das Amtsgericht Heilbronn den Kläger wegen versuchter Nötigung, Bedrohung in Tateinheit mit Beleidigung, vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchter Nötigung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen zu je 20,-- DM.
Mit Urteil vom 6.10.1999 - 1 KLs 61/ Js 8741/99 - verurteilte das Landgericht Heilbronn den Kläger und seinen Bruder wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Dieses Urteil ist seit dem 14.10.1999 rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 24.2.2000 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus und drohte ihm die Abschiebung in die Türkei an. Zur Begründung führte es aus, der Kläger erfülle aufgrund der begangenen Straftaten den Tatbestand der Ist-Ausweisung. Zwar genieße er aufgrund seiner Aufenthaltsberechtigung besonderen Ausweisungsschutz. Dies hindere aber seine Ausweisung nicht, da schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorlägen. Zwar werde die Ist- zur Regel-Ausweisung abgestuft, ein Ausnahmefall liege aber nicht vor. Ein weitergehender völkerrechtlicher Ausweisungsschutz komme dem Kläger nicht zu.
Der Kläger hat am 13.3.2000 vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben, zu deren Begründung er vortrug, schwerwiegende Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung machten seine Ausweisung nicht erforderlich. Er arbeite seit Oktober 1993 als Vertrauensperson mit der Polizei zusammen und habe an der Überführung von über 60 Rauschgifthändlern mitgewirkt. Die meisten der überführten Rauschgifthändler seien zwischenzeitlich in die Türkei abgeschoben worden. Im Falle einer Abschiebung sei mit Maßnahmen der Rauschgiftszene gegen ihn zu rechnen. Er lebe seit über 30 Jahren in der Bundesrepublik und ihm stehe der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG zu. Weiter sei er ein wichtiger Zeuge in einem Mordprozess, der vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen stattfinde. Auch wegen dieses Verfahrens sei er mit dem Tod bedroht worden.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart hob mit Urteil vom 24.4.2001 - 5 K 1684/00 -die Abschiebungsandrohung in dem Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.2.2000 auf und wies die Klage im übrigen ab. In den Entscheidungsgründen heißt es: Die Ausweisung des Klägers sei aus den in dem angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen nicht zu beanstanden. Die Abschiebungsandrohung sei hingegen aufzuheben, da eine weitere Sachaufklärung erforderlich sei. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass aufgrund des Strafnachrichtenaustausches zwischen der Türkei und der Bundesrepublik Deutschland die Verurteilung des Klägers in der Türkei bekannt gegeben worden sei. Es sei offen, welche Auswirkungen dies im Hinblick auf die §§ 51 und 53 AuslG haben könne.
Hiergegen beantragten sowohl der Kläger als auch der Beklagte fristgerecht Zulassung der Berufung.
Der Kläger machte in seinem Zulassungsantrag geltend, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da das Verwaltungsgericht seine persönlichen Belange nicht zutreffend gewürdigt habe. Er habe nicht nur bei der Überführung anderer Rauschgifthändler mitgewirkt, sondern sei tragender Zeuge in einem anhängigen Mordprozess. Seine Unterstützung in diesem Verfahren und die gegen ihn ausgesprochenen Morddrohungen ließen eine Ausweisung als unbillige Härte erscheinen. Im übrigen werde auf die Begründung der Klage hingewiesen.
10 
Mit Beschluss vom 14.8.2001 - 10 S 1409/01 - lehnte der erkennende Verwaltungsgerichtshof den Zulassungsantrag des Klägers ab. Das Verwaltungsgericht habe seine persönlichen Belange gewürdigt. Allein der Umstand, dass es diese abschließend nicht in dem vom Kläger gewünschte Sinne würdige, begründe noch keine ernstlichen Zweifel. Im Rahmen der Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliege, habe das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Klägers berücksichtigt, er habe bei der Überführung anderer Rauschgifthändler mitgewirkt. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass dies die Annahme eines Ausnahmefalls grundsätzlich nicht rechtfertige, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit der Kläger vortrage, er sei tragender Zeuge in einem Mordprozess und es seien bereits Morddrohungen ausgesprochen worden, zeige das Zulassungsvorbringen nicht in einer den Anforderungen an die Darlegung nach § 124a Abs. 1 Satz 4 VwGO genügenden Weise auf, weshalb insoweit ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestünden.
11 
Auf den Zulassungsantrag des Beklagten ließ der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13.8.2001 - 10 S 1409/01 - die Berufung in Bezug auf die Aufhebung der Abschiebungsandrohung zu. Mit Urteil vom 19.12.2001 änderte es auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart und wies die Klage auch hinsichtlich der in der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.2.2000 verfügten Abschiebungsandrohung ab.
12 
Mit Urteil vom 20.3.2003 - 1 KLs 61 Js 25579/02 - verurteilte das Landgericht Heilbronn den Kläger wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 23 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Dieses Urteil ist seit dem 28.8.2003 rechtskräftig.
13 
Mit Antrag vom 17.1.2005, konkretisiert durch Schriftsatz vom 4.2.2005, beantragte der Kläger beim Regierungspräsidium Stuttgart, die Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 im Wege des Wiederaufgreifens zu widerrufen und für den Fall, dass er abgeschoben werde, die Wirkungen der Ausweisungsverfügung sowie der Abschiebung ab dem Zeitpunkt der Abschiebung zu befristen. Zur Begründung trug er vor: Er dürfe nur nach einer einzelfallbezogenen Prüfung, die von seinem persönlichen Verhalten ausgehe, ausgewiesen werden. Die Gefahrenprognose beschränke sich auf spezialpräventive Gesichtspunkte und dürfe sich nicht allein an einer strafgerichtlichen Verurteilung orientieren. Eine Ausweisung sei darüber hinaus nur gerechtfertigt, wenn das öffentliche Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung das private Interesse des Bürgers an einem Verbleib im Bundesgebiet deutlich überwiege. In Anbetracht dessen, dass er im Bundesgebiet aufgewachsen sei und seine Familie mit zwei Kindern noch im Bundesgebiet lebe und weil seine Ausweisung eine erhebliche Gefahr für seine Person begründe, sei diese nicht gerechtfertigt. Er habe als V-Mann für die Polizei in Hessen und Baden-Württemberg gearbeitet. Er sei an der Festnahme zahlreicher Personen aus der organisierten Kriminalität beteiligt gewesen. Er werde von den Straftätern bedroht, die mit seiner Hilfe überführt worden und nach der Verbüßung ihrer Haftstrafe in die Türkei abgeschoben worden seien. Dem Antrag war u.a. ein 43-seitiges handschriftliches Schreiben des Klägers vom 30.9.2004 beigefügt, in dem er von seiner jahrelangen Tätigkeit als V-Mann und über mehrere Anschläge, die auf ihn und seine Familienangehörigen verübt worden seien, im einzelnen berichtet. Insbesondere schildert der Kläger darin auch einen angeblichen Angriff (wohl im Jahr 2002) im Urlaub in der Türkei und weshalb er sich wegen einer Zeugenaussage in einem Mordprozess gefährdet fühle.
14 
Mit Bescheid vom 16.2.2005 - zugestellt am 18.2.2005 - lehnte das Regierungspräsidium Stuttgart den Antrag auf Rücknahme bzw. Widerruf der Ausweisung vom 24.2.2000 ab. In den Gründen wird ausgeführt: Gegenstand dieser Entscheidung sei lediglich der Antrag auf Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens. Hinsichtlich des Vorliegens etwaiger Abschiebungshindernisse ergehe eine gesonderte Entscheidung. Über den am 4.2.2005 gestellten Antrag auf nachträgliche Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung und Abschiebung werde erst nach erfolgter Abschiebung entschieden. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG lägen nicht vor. Eine Änderung der Rechtsprechung stelle keine Änderung der Rechtslage dar. Die Rücknahme nach § 48 LVwVfG setze voraus, dass die Ausweisung rechtswidrig sei. Es werde nicht verkannt, dass die am 24.2.2000 verfügte Ausweisung nicht in Einklang mit der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts stehe und somit rechtswidrig sei. § 48 LVwVfG räume jedoch der Behörde Ermessen ein. Bei einer zum heutigen Zeitpunkt zu treffenden Ermessensentscheidung müssten alle seit dem seinerzeit maßgeblichen Zeitpunkt eingetretenen Umstände berücksichtigt werden. Die am 20.3.2003 vom Landgericht Heilbronn verhängte neuerliche Freiheitsstrafe sei Anlass genug, die Ausweisung des Klägers zu verfügen. Es werde nicht verkannt, dass ihm eine Rechtsposition aus Art. 6 oder 7 ARB 1/80 zustehe. Der ihm hiernach zustehende besondere Ausweisungsschutz sei dadurch überwunden, dass von ihm eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung ausgehe. Sonstige weitere im persönlichen und privaten Umfeld zu berücksichtigende Umstände oder Änderungen seit dem damals maßgeblichen Zeitpunkt seien nicht eingetreten und auch nicht vorgetragen worden.
15 
Der Kläger hat am 18.3.2005 Klage vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und in der mündlichen Verhandlung die Rücknahme der Ausweisung, hilfsweise deren Befristung, beantragt.
16 
Mit Beschluss vom 26.3.2007 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts ab. In den Gründen heißt es, der Klage fehle hinreichende Erfolgsaussicht. Eine Änderung der Rechtsprechung sei keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG. Der Kläger habe aber auch keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 LVwVfG. Es sei bereits zweifelhaft, ob die verfügte Ausweisung schon allein deshalb rechtswidrig sei, weil sie nicht als Ermessensentscheidung ergangen sei. Die Kammer des Verwaltungsgerichts, der der Berichterstatter angehöre, habe sich gegenüber der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern distanziert. Aber auch wenn man zugunsten des Klägers davon ausgehe, dass eine Ermessensentscheidung zu verlangen sei, fehle es an glaubhaft gemachten Umständen dafür, dass dieses rechtmäßig nur dahingehend ausgeübt werden könne, die verfügte Ausweisung zurückzunehmen. Überdies sei weder vorgetragen noch erkennbar, dass die Ausweisung - bezogen auf den Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung über die Ausweisung - im Ergebnis nicht auch hätte „ermessensfehlerfrei“ erfolgen können. Hiernach dürfte es nicht entscheidungserheblich sein, ob wegen der zwischenzeitlich erneuten Verurteilung des Klägers dieser nunmehr wiederum ausgewiesen werden könne, wovon das Regierungspräsidium Stuttgart in seinem Bescheid vom 16.2.2005 ausgehe. Folglich komme es voraussichtlich nicht darauf an, dass keine Ermittlungen zum Verlauf des Strafvollzugs erfolgt seien.
17 
Mit Urteil vom 13.4.2007 - 5 K 1035/05 - wies das Verwaltungsgericht die auf Rücknahme der Ausweisung, hilfsweise auf deren Befristung gerichtete Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen in seinem Prozesskostenhilfebeschluss vom 26.3.2007 ab. Ergänzend wird ausgeführt: Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung besonders hervorgehoben habe, dass hier ein Fall der erstrebten Rücknahme eines noch nicht vollzogenen Bescheids vorliege, führe dies zu keinem anderen Ergebnis. Derartige Umstände könnten als ausschlaggebende Erwägungen für oder gegen eine Rücknahme nicht entscheidungserheblich sein. Der erst in der mündlichen Verhandlung gestellte Hilfsantrag, den Beklagten zu verpflichten, die Wirkungen der Ausweisung vom 24.2.2000 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu befristen, sei unzulässig. Der in dem Schriftsatz vom 4.2.2005 an das Regierungspräsidium Stuttgart gestellte Antrag sei unter einer aufschiebenden Bedingung (für den Fall, dass der Kläger abgeschoben werde) gestellt worden. Da diese Bedingung noch nicht eingetreten sei, liege keine Untätigkeit des Beklagten vor. Deshalb seien die Voraussetzungen des § 75 Satz 1 VwGO nicht erfüllt. Im übrigen gehe der Hilfsantrag über das Begehren im Verwaltungsverfahren hinaus, weshalb dem Kläger auch kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite stehe.
18 
Gegen das ihm am 16.5.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12.6.2007 Zulassung der Berufung beantragt. Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 27.11.2007 - zugestellt am 7.12.2007 - zugelassenen Berufung hat er am 7.1.2008 vorgetragen: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts habe er dargelegt, dass er im Bundesgebiet mit seiner Familie nicht nur fest verwurzelt sei, sondern auch dass sein Leben durch die Ausweisung und Abschiebung in die Türkei konkret gefährdet werde. Daher habe er einen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisung, zumindest einen Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung über seinen Antrag auf Rücknahme der Ausweisung. Er habe ein handschriftliches Schreiben mit 43 Seiten vorgelegt, in dem er nicht nur seine Verwurzelung in der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch die Härten, die seine Familie im Falle seiner Ausweisung treffen würden, und die konkrete Gefahr für sein Leben, falls er aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen werde, beschrieben habe. In der Begründung des Bescheids vom 16.2.2005 werde die mit einer Ausweisung verbundene Lebensgefahr in keiner Weise berücksichtigt. Der Beklagte habe es unterlassen, den Inhalt dieses Schreibens in seine Ermessensentscheidung einzubeziehen. Es werde fälschlicherweise in dem angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass weitere in seinem persönlichen und privatem Umfeld zu berücksichtigende Umstände oder Änderungen seit dem Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung nicht eingetreten und nicht vorgetragen worden seien. Es liege ein Ermessensdefizit vor, weil der Beklagte die Gefährdung seines Lebens bei der Ausübung seines Rücknahmeermessens nicht berücksichtigt habe. Seit seiner erneuten Haftentlassung (am 5.4.2007) wohne er mit seiner Familie zusammen.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13.4.2007 - 5 K 1035/05 - zu ändern, den Bescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.2.2005 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 zurückzunehmen,
21 
hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über die Rücknahme der Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 24.2.2000 erneut zu entscheiden und hierbei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten
22 
sowie höchst hilfsweise nur für den Fall, dass der Hauptantrag und der erste Hilfsantrag vollständig abgelehnt werden, den Beklagten zu verpflichten, die Wirkungen der Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 zu befristen bzw. über eine Befristung zu entscheiden und hierbei die Rechtsauffassung des Gerichts zu beachten.
23 
Der Beklagte beantragt,
24 
die Berufung zurückzuweisen.
25 
Zur Begründung macht er geltend: Die vom Kläger geltend gemachten Gründe führten nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null und damit nicht zu einem Rechtsanspruch auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung. Im übrigen stelle das diesbezügliche Vorbringen des Klägers lediglich dessen Sicht der Dinge dar. Es seien keine Tatsachen bekannt, die einer Abschiebung in die Türkei entgegen stünden. Auf das - sogleich wiedergegebene - Schreiben der Polizeidirektion Heilbronn vom 28.12.2004 werde verwiesen. Der Kläger sei nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe erneut im Bundesgebiet in besonders schwerwiegender Weise straffällig geworden.
26 
Der Beklagte hat ein Schreiben der Polizeidirektion Heilbronn vom 28.12.2004 vorgelegt, in dem ausgeführt wird: Der Erstkontakt datiere vom Frühjahr 1994. Der Kläger sei am 10.1.1995 gemäß § 1 des Gesetzes über die förmliche Verpflichtung nicht beamteter Personen verpflichtet worden. Abstrakt seien Vertrauenspersonen nicht einschätzbaren Gefährdungen ausgesetzt. Konkrete Gefährdungen hätten sich während der Tätigkeit des Klägers teilweise ergeben. Mit seiner Festnahme am 6.4.1999 seien die Fürsorgemaßnahmen für ihn eingestellt worden. Durch die Festnahme und die anschließende Einlieferung in die Haftanstalt hätten sich neue Gefährdungslagen ergeben. Auch aufgrund von Aussagen des Klägers in einem Mordfall vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen gegen zwei türkische Tatverdächtige sei es zu Drohungen gegenüber dem Kläger gekommen, die jedoch nach heutiger Bewertung gegenstandslos seien. Nach seiner Haftentlassung habe keine konkrete Gefährdungslage für ihn mehr bestanden.
27 
Mit Urteil vom 11.4.2008 - 41 Cs 24 Js 7058/08 - verurteilte das Amtsgericht Heilbronn den Kläger wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (Tatzeit 25.1.2008) zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen. Dieses Urteil ist seit dem 7.5.2008 rechtskräftig.
28 
Mit Anklageschrift vom 10.6.2008 schuldigte die Staatsanwaltschaft Heilbronn den Kläger an, am 10.8.2007 eine Sachbeschädigung in Tateinheit mit einem Familiendiebstahl und einer Bedrohung, am 12.8.2007 und am 22.8.2007 zwei weitere Vergehen der Bedrohung - in einem Fall in Tateinheit mit versuchter Erpressung, zwischen dem 1.2. und dem 12.3.2008 einen Diebstahl sowie am 1.4.2008 eine Sachbeschädigung begangen zu haben.
29 
Dem Senat liegen die einschlägigen Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart (5 Hefte) sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Stuttgart - 5 K 1035/05 - und - 5 K 223/05 - sowie die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichtshofs der Verfahren - 10 S 1815/01 -, - 10 S 1816/01 - und - 13 S 95/06 - vor. Auf diese Akten wird wegen der näheren Einzelheiten Bezug genommen; sie waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

 
30 
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist in Bezug auf das mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag verfolgten Begehren nicht begründet.
31 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt, dass Gegenstand des Hauptantrags allein die Rücknahme der Ausweisung ist. Der Kläger hat indes weder einen Anspruch auf eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 noch kann er verlangen, dass die Behörde über seinen entsprechenden Antrag erneut entscheidet und hierbei die Rechtsauffassung des Gerichts beachtet (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO), denn die Voraussetzungen einer Rücknahme § 48 Abs. 1 LVwVfG liegen nicht vor (1.). Bezüglich des höchst hilfsweise gestellten Antrags auf Befristung der Wirkungen der Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 ist die Klage unzulässig (2.).
32 
1. a) Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag zulässig. Insbesondere steht ihr nicht die Rechtskraft der Gerichtsentscheidungen entgegen, mit denen die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 gerichtlich bestätigt worden ist. Es liegt hier kein Fall vor, in dem die Behörde oder das Gericht schon gehindert ist, überhaupt eine neue Sachentscheidung zu treffen. Gemäß § 121 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Dies bedeutet, dass sich die Bindungswirkung nicht auf alle Urteilselemente, sondern nur auf den Entscheidungssatz erstreckt. § 121 VwGO ist nicht zu entnehmen, dass die Bindung nur für identische Streitgegenstände gilt. Allerdings unterscheidet sich die Bindungswirkung je nachdem, ob es sich um einen identischen oder einen anderen Streitgegenstand handelt. Bei identischen Streitgegenständen ist der Folgeprozess - oder eine neue Behördenentscheidung - wegen entgegenstehender Rechtskraft bereits unzulässig. Die Rechtskraft wirkt hier als Prozesshindernis und hindert bereits jede abweichende neue Sachentscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.5.1994 - 9 C 501/93 -, BVerwGE 96, 24 ff.; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 6.12.2007 - 15 A 3294/07.A -, Ls. in DVBl. 2008, 133; vgl. auch Senatsbeschluss vom 5.3.2008 - 13 S 58/08 -). Ein solcher vollkommen identischer Streitgegenstand liegt hier jedoch nicht vor, da der in diesem Verfahren geltend gemachte Anspruch auf die Rücknahme einer Ausweisungsverfügung nach §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 LVwVfG nicht identisch mit deren damaliger Anfechtung ist.
33 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Es fehlt an den tatbestandlichen Voraussetzungen der begehrten Rücknahme auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 LVwVfG. Nach dieser Vorschrift können nur rechtswidrige Verwaltungsakte zurückgenommen werden. Für das vorliegende Verfahren ist jedoch bindend von einer rechtmäßigen Ausweisung auszugehen. Aufgrund der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.4.2001 - 5 K 1684/00 -, die bezüglich der Ausweisung durch die Ablehnung des Berufungszulassungsantrags des Klägers mit Beschluss des erkennenden Gerichtshofs vom 14.8.2001 - 10 S 1409/01 - eingetreten ist, ist gemäß § 121 Nr. 1 VwGO für das vorliegenden Verfahren für beide Beteiligte bindend davon auszugehen, dass die damalige Ausweisung rechtmäßig ist.
34 
Auch bei fehlender Identität der Streitgegenstände kann eine Bindungswirkung nach § 121 VwGO eintreten. Dies gilt für die Konstellationen, in denen die rechtskräftige Zuerkennung oder Aberkennung eines prozessualen Anspruchs für einen anderen prozessualen Anspruch, der zwischen denselben Beteiligten streitig ist, vorgreiflich ist (präjudizielle Rechtskraft). Denn Zweck des § 121 VwGO ist es zu verhindern, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die bereits durch Urteil entscheiden worden ist, bei unveränderter Sach- und Rechtslage erneut - mit der Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse - zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Beteiligten gemacht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2001 - 1 C 7/01 -, BVerwGE 115, 118 = NVwZ 2002, 345; OVG Nordrh.-Westf., a.a.O.; Senatbeschluss, a.a.O.). Die Wirkung der Rechtskraft auf nachfolgende Verfügungen derselben Behörde gegenüber demselben Betroffenen rechtfertigt sich aus dem Sinn der Rechtskraft, dem Rechtsfrieden zu dienen und das Vertrauen in die Beständigkeit des Rechts zu schützen (BVerwG, Urteil vom 8.12.1992 - 1 C 12/92 -, BVerwGE 91, 256). Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage wird festgestellt, dass der Kläger keinen Rechtsanspruch auf Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts besitzt und dieser ihn nicht in solchen Rechten verletzt, deren Verletzung seine Aufhebung zur Folge haben müssten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 121 Rn. 21). Begehrt ein Kläger die Rücknahme einer Behördenentscheidung, deren Rechtmäßigkeit durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt worden ist, steht diesem Begehren die Rechtskraft des Urteils entgegen (Nds. OVG, Beschluss vom 6.9.2002 - 8 LA 126/02 -, juris; vgl. auch OVG Saarl., Beschluss vom 16.7.1999 - 2 Q 22/99 -, juris).
35 
Die Rechtskraftwirkung eines Urteils tritt allerdings dann nicht ein, wenn sich die zur Zeit des Urteils maßgebliche Sach- oder Rechtslage verändert hat (BVerwG, ebd. sowie BVerwGE 14, 359 <362 f.>; 35, 234 <236>; BVerfGE 47, 146 <165>). Eine solche Fallkonstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Die Rechtskraftwirkung entfällt nicht schon dann, wenn - wie hier - im Vorprozess eine Ausweisungsverfügung aus sachlichrechtlichen Gründen bestätigt worden ist, die sich im Lichte einer späteren Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung möglicherweise als nicht stichhaltig erweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O.). Eine maßgebliche Änderung der Sach- und Rechtslage, liegt mit anderen Worten nicht schon dann vor, wenn sich lediglich die Erkenntnislage oder deren Würdigung ändert (insoweit wohl auf die vorliegende Konstellation übertragbar: BVerwG, Urteil vom 19.9.2000 - 9 C 12/00 -, BVerwGE 112, 80 = NVwZ 2001, 335).
36 
Diese Rechtskraftwirkungen treten auch dann ein, wenn sich die im Vorprozess obsiegende Behörde wie im vorliegenden Fall nicht auf deren Bindungswirkungen beruft, sondern selbst die Rechtmäßigkeit der Erstverfügung überprüft und hiernach davon ausgeht, der ursprüngliche Verwaltungsakt sei (nach heutiger Erkenntnislage) rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht hat - insoweit nicht tragend - ausgeführt, die im Vorprozess obsiegende Behörde sei durch die Rechtskraftwirkung allein nicht gehindert, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihr erlassenen belastenden Verwaltungsaktes zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen; die Rechtskraft wirke nur zugunsten, nicht zuungunsten der obsiegenden Partei (BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O.; Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 13 und 21).
37 
Diese Auffassung vermag jedoch jedenfalls insoweit dogmatisch nicht zu überzeugen, als sie die Wirkungen der Rechtskraft im Folgeprozess davon abhängig macht, ob sich der im Erstprozess obsiegende Beteiligte auf sie beruft. Die Ansicht, dass die Rechtskraft und deren Wirkungen zur Disposition eines Beteiligten stehen sollen, beruht wohl auf der Übernahme zivilprozessualer Grundsätze, die ihrerseits durch die Dispositionsbefugnis der Parteien im Zivilprozess gerechtfertigt sind. Da die Parteienherrschaft im Verwaltungsprozess jedoch weit weniger ausgeprägt ist, kann es dort nicht zulässig sein, dass ein Beteiligter auf die Wirkungen der Rechtskraft für den Folgeprozess verzichtet - sei es bewusst oder auch weil er sich (wie wohl hier) dieser Wirkungen gar nicht bewusst ist. Die Rechtskraft dient den objektiven Belangen des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit. Neue Verfahren und widerstreitende gerichtliche Entscheidungen über dieselbe Streitsache sollen verhindert werden. Dabei wird die Möglichkeit, dass infolge der Rechtskraft eine unrichtige Entscheidung maßgeblich bleibt, grundsätzlich geringer gewertet als die Rechtsunsicherheit, die ohne die Rechtskraft bestehen würde. Die Rechtskraftwirkung des § 121 VwGO tritt unabhängig davon ein, ob das rechtskräftige Urteil die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt hat oder nicht (BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O. m.w. Nachw., Urteil vom 31.7.2002 - 1 C 7.02 - NVwZ 2003 Beilage I 1, 1-2). Dient die Rechtskraft hiernach primär den objektiven Belangen des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit und der Vermeidung widerstreitender gerichtlicher Entscheidungen, ist nicht erklärbar, weshalb ein Beteiligter die Befugnis haben sollte, über diese ihm nicht zustehenden Belange zu verfügen. Erst recht gilt dies dann, wenn wie hier die Behörde (bzw. deren Träger) von der Rechtskraft begünstigt wäre. Denn die Verwaltung ist an das geltende Recht gebunden und kann daher nicht nach Belieben auf die Wirkungen der Rechtskraft für den Folgeprozess verzichten (vgl. Maurer, JZ 1993, 574; s. auch Erfmeyer, DVBl. 1997, 27).
38 
Auch das Bundesverwaltungsgericht scheint davon auszugehen, dass die Rechtskraft eines Urteils, mit dem die Anfechtungsklage gegen eine Ausweisungsverfügung abgewiesen wurde, deren Rücknahme entgegenstehen kann. In seinem Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - hat es - insoweit allerdings nicht tragend - ausgeführt, in dem dort entschiedenen Fall stehe § 121 VwGO der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung im Rahmen des § 48 LVwVfG nicht entgegen, weil sie der dortige Kläger nicht angefochten habe (juris, Rn. 17; vgl. auch - allerdings ohne nähere Begründung - VG Karlsruhe, Urteil vom 17.4.2008 - 2 K 3360/07 -, juris).
39 
Die mit der Rechtskraftwirkung verbundene Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Ausländern, die eine Ausweisung nicht vor Gericht angefochten haben, ist entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nicht ungerechtfertigt. Sie beruht auf der Natur der Sache. Die Wirkungen der Rechtskraft können nach § 121 Nr. 1 VwGO immer nur zugunsten oder zulasten desjenigen eintreten, der als Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens ein rechtskräftiges Urteil erwirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O., juris Rn. 16).
40 
Diese Grundsätze werden - die Freizügigkeitsberechtigung des Klägers und einen Verstoß der Ausweisung gegen Gemeinschaftsrecht zu seinen Gunsten unterstellt - durch Gemeinschaftsrecht nicht modifiziert. Der Europäische Gerichtshof respektiert die Bestandskraft eines Verwaltungsakts als Ausprägung der Rechtssicherheit, die zu den im Gemeinschaftsrecht anerkannten Grundsätzen zählt (vgl. EuGH, Urteil vom 13.1.2004 - C-453/00 - Kühne u. Heitz -, Slg. 2004 I, 837 = NVwZ 2004, 459 Rn. 24). Die in dieser Entscheidung entwickelten Voraussetzungen eines Rücknahmeanspruchs im Anschluss an eine rechtskräftige, die Vorlagepflicht verletzende letztinstanzliche Gerichtsentscheidung sind hier nicht gegeben. Der in Art. 10 EG verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit verpflichtet hiernach eine Verwaltungsbehörde auf entsprechenden Antrag hin, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um der mittlerweile vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, wenn
41 
- die Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung zurückzunehmen,
- die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist,
- das Urteil, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war, und
- der Betroffene sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt hat.
42 
Hier fehlt es zumindest an der dritten Voraussetzung, dass das Urteil, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war. Denn der damals zuständige 10. Senat des erkennenden Gerichtshofs war nicht berechtigt oder gar verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen. Der Kläger hatte in seinem damaligen Zulassungsantrag allein geltend gemacht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da das Verwaltungsgericht seine persönlichen Belange nicht zutreffend gewürdigt habe, denn er habe nicht nur bei der Überführung anderer Rauschgifthändler mitgewirkt, sondern sei tragender Zeuge in einem anhängigen Mordprozess; seine Unterstützung in diesem Verfahren und die gegen ihn ausgesprochenen Morddrohungen ließen eine Ausweisung als unbillige Härte erscheinen; im übrigen werde auf die Begründung der Klage hingewiesen. Mit diesem Vorbringen hatte der Kläger keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu den europarechtlichen Voraussetzungen der gegen ihn verfügten Ausweisung dargelegt.
43 
Auch wenn der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 12.2.2008 - C-2/06 -Kempter, DÖV 2008, 505, Rn. 44 und 45; s. auch Weiß, DÖV 2008, 47) mittlerweile wohl nicht mehr primär auf eine Verletzung der Vorlagepflicht abstellt, sondern darauf, ob das in letzter Instanz entscheidende nationale Gericht einen gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkt hätte aufgreifen dürfen oder müssen, ergibt sich für den vorliegenden Fall nicht anderes. Der 10. Senat des erkennenden Gerichtshofs war im damaligen Berufungszulassungsverfahren nicht berechtigt, gemeinschaftsrechtliche Gesichtspunkte zu prüfen, nachdem sie der Kläger in seinem damaligen Zulassungsantrag nicht erwähnt hatte. Denn anders als im Berufungsverfahren existiert im Berufungszulassungsverfahren keine umfassende Pflicht des Oberverwaltungsgerichts bzw. des Verwaltungsgerichtshofs zur Amtsaufklärung. Vielmehr ist nach der maßgeblichen nationalen Vorschrift des § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Berufung nur zuzulassen, wenn ein Zulassungsgrund dargelegt wird (und vorliegt). Daher können bei der Entscheidung über die Zulassung der Berufung grundsätzlich nur solche Gründe berücksichtigt werden, auf die sich der Rechtsmittelführer fristgerecht beruft (Kopp/Schenke, a.a.O., § 124a Rn. 50).
44 
Es kann dahingestellt bleiben, ob ausnahmsweise eine Durchbrechung der Rechtskraft dann geboten ist, wenn die Aufrechterhaltung des durch die Vorentscheidung geschaffenen Zustandes schlechthin unerträglich wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O.). Eine solche Situation besteht im vorliegenden Fall nicht. Schwere und unerträgliche Folgen für den Ausländer können im Regelfall im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG vermieden werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man annimmt, dass eine Befristung - abweichend von dem Wortlaut von Satz 4 dieser Vorschrift - auch auf einen Zeitpunkt vor der Ausreise des Ausländers erfolgen kann, falls z.B. die Wertentscheidungen der Art. 6 GG, Art. 8 EMRK oder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dies erfordern (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 24.7.2007 - 1 K 1505/06 - m.w. Nachw., juris; s. auch Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 485 ff.). Außerdem ist es durchaus fraglich, ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, wonach auch in der vorliegenden Konstellation der Widerruf nach § 49 Abs. 1 LVwVfG ausgeschlossen sein soll. Denn hier geht es nicht um die Berücksichtigung einer tatsächlichen Änderung, für welche die Befristung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine abschließende Sonderregelung enthält, sondern (auch) um die Anwendung neuer rechtlicher Erkenntnisse auf ein abgeschlossenes Verfahren. Insoweit erscheint es nicht von vornherein als undenkbar, dass für Fälle der vorliegenden Art Raum für die Anwendung des § 49 LVwVfG sein könnte.
45 
2. In Bezug auf die höchst hilfsweise begehrte Befristung ist die Klage unzulässig. Denn es fehlt insofern an einem vorherigen Antrag bei der Verwaltung und demzufolge auch an der Durchführung eines Verwaltungs- und eines Vorverfahrens. Grundsätzlich muss nach § 68 VwGO auch bei einem Hilfsantrag ein entsprechendes Verwaltungs- und Vorverfahren durchgeführt worden sein, falls nicht die Voraussetzungen des § 75 VwGO vorliegen. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint. Der in dem Schriftsatz vom 4.2.2005 an das Regierungspräsidium Stuttgart gestellte Befristungsantrag ist ausdrücklich unter einer aufschiebenden Bedingung (für den Fall, dass der Kläger abgeschoben werde) gestellt worden. Da diese Bedingung nicht eingetreten ist, liegt auch keine Untätigkeit des Beklagten vor. Allein aus Gründen der Prozessökonomie darf die Anwendung zwingenden Verfahrensrechts nicht unterbleiben. Grundsätzlich ist es zunächst Sache der Verwaltung, sich mit den Ansprüchen zu befassen, die ein Bürger geltend macht. Gerichte sind dazu berufen, das Handeln der Verwaltung auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen, nicht aber dazu, sich an deren Stelle zu setzen und originär über erstmals vor Gericht geltend gemachte Ansprüche zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.1.1986 - 5 C 36/84 -, NVwZ 1987, 412; OVG Nordr.-Westf., Urteil vom 7.11.1996 - 7 A 4820/95 -; OVG Saarl., Beschluss vom 22.6.1994 - 3 W 1/94 -; Senatsbeschluss vom 19.2.2008 - 13 S 2774/07 -, juris).
46 
Zudem fehlt es an einem Rechtsschutzinteresse des Klägers, weil der nunmehr ohne Bedingung verfolgte Hilfsantrag über das Begehren im Verwaltungsverfahren hinausgeht. Denn solange der Kläger diesen Antrag der Behörde nicht unterbreitet hat, lässt sich nicht feststellen dass er überhaupt auf gerichtlichen Rechtsschutz angewiesen ist. Es lässt sich auch nicht sagen, dass ein solcher Antrag von vornherein aussichtslos wäre. Die Behörde hat sich im vorliegenden Rechtsstreit in der Sache nicht auf das Begehren des Klägers eingelassen, so dass es offen ist, ob und inwieweit sie einem unbedingten Befristungsantrag entsprechen würde. Der Kläger müsste folglich zunächst einen derartigen Antrag beim Beklagten stellen und könnte nur dann, wenn dieser ganz oder teilweise abgelehnt wird, verwaltungsgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
47 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
48 
Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
49 
Beschluss vom 18. Juni 2008
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
51 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
30 
Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Die Klage ist in Bezug auf das mit dem Hauptantrag und dem ersten Hilfsantrag verfolgten Begehren nicht begründet.
31 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat insoweit in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich klargestellt, dass Gegenstand des Hauptantrags allein die Rücknahme der Ausweisung ist. Der Kläger hat indes weder einen Anspruch auf eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 noch kann er verlangen, dass die Behörde über seinen entsprechenden Antrag erneut entscheidet und hierbei die Rechtsauffassung des Gerichts beachtet (vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO), denn die Voraussetzungen einer Rücknahme § 48 Abs. 1 LVwVfG liegen nicht vor (1.). Bezüglich des höchst hilfsweise gestellten Antrags auf Befristung der Wirkungen der Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 ist die Klage unzulässig (2.).
32 
1. a) Die Klage ist mit ihrem Hauptantrag zulässig. Insbesondere steht ihr nicht die Rechtskraft der Gerichtsentscheidungen entgegen, mit denen die Rechtmäßigkeit der Ausweisungsverfügung vom 24.2.2000 gerichtlich bestätigt worden ist. Es liegt hier kein Fall vor, in dem die Behörde oder das Gericht schon gehindert ist, überhaupt eine neue Sachentscheidung zu treffen. Gemäß § 121 VwGO binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Dies bedeutet, dass sich die Bindungswirkung nicht auf alle Urteilselemente, sondern nur auf den Entscheidungssatz erstreckt. § 121 VwGO ist nicht zu entnehmen, dass die Bindung nur für identische Streitgegenstände gilt. Allerdings unterscheidet sich die Bindungswirkung je nachdem, ob es sich um einen identischen oder einen anderen Streitgegenstand handelt. Bei identischen Streitgegenständen ist der Folgeprozess - oder eine neue Behördenentscheidung - wegen entgegenstehender Rechtskraft bereits unzulässig. Die Rechtskraft wirkt hier als Prozesshindernis und hindert bereits jede abweichende neue Sachentscheidung (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.5.1994 - 9 C 501/93 -, BVerwGE 96, 24 ff.; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 6.12.2007 - 15 A 3294/07.A -, Ls. in DVBl. 2008, 133; vgl. auch Senatsbeschluss vom 5.3.2008 - 13 S 58/08 -). Ein solcher vollkommen identischer Streitgegenstand liegt hier jedoch nicht vor, da der in diesem Verfahren geltend gemachte Anspruch auf die Rücknahme einer Ausweisungsverfügung nach §§ 51 Abs. 5, 48 Abs. 1 LVwVfG nicht identisch mit deren damaliger Anfechtung ist.
33 
b) Der Hauptantrag ist unbegründet. Es fehlt an den tatbestandlichen Voraussetzungen der begehrten Rücknahme auf der Grundlage des § 48 Abs. 1 LVwVfG. Nach dieser Vorschrift können nur rechtswidrige Verwaltungsakte zurückgenommen werden. Für das vorliegende Verfahren ist jedoch bindend von einer rechtmäßigen Ausweisung auszugehen. Aufgrund der Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24.4.2001 - 5 K 1684/00 -, die bezüglich der Ausweisung durch die Ablehnung des Berufungszulassungsantrags des Klägers mit Beschluss des erkennenden Gerichtshofs vom 14.8.2001 - 10 S 1409/01 - eingetreten ist, ist gemäß § 121 Nr. 1 VwGO für das vorliegenden Verfahren für beide Beteiligte bindend davon auszugehen, dass die damalige Ausweisung rechtmäßig ist.
34 
Auch bei fehlender Identität der Streitgegenstände kann eine Bindungswirkung nach § 121 VwGO eintreten. Dies gilt für die Konstellationen, in denen die rechtskräftige Zuerkennung oder Aberkennung eines prozessualen Anspruchs für einen anderen prozessualen Anspruch, der zwischen denselben Beteiligten streitig ist, vorgreiflich ist (präjudizielle Rechtskraft). Denn Zweck des § 121 VwGO ist es zu verhindern, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die bereits durch Urteil entscheiden worden ist, bei unveränderter Sach- und Rechtslage erneut - mit der Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse - zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Beteiligten gemacht wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.9.2001 - 1 C 7/01 -, BVerwGE 115, 118 = NVwZ 2002, 345; OVG Nordrh.-Westf., a.a.O.; Senatbeschluss, a.a.O.). Die Wirkung der Rechtskraft auf nachfolgende Verfügungen derselben Behörde gegenüber demselben Betroffenen rechtfertigt sich aus dem Sinn der Rechtskraft, dem Rechtsfrieden zu dienen und das Vertrauen in die Beständigkeit des Rechts zu schützen (BVerwG, Urteil vom 8.12.1992 - 1 C 12/92 -, BVerwGE 91, 256). Im Falle einer erfolgreichen Anfechtungsklage wird festgestellt, dass der Kläger keinen Rechtsanspruch auf Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts besitzt und dieser ihn nicht in solchen Rechten verletzt, deren Verletzung seine Aufhebung zur Folge haben müssten (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 121 Rn. 21). Begehrt ein Kläger die Rücknahme einer Behördenentscheidung, deren Rechtmäßigkeit durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt worden ist, steht diesem Begehren die Rechtskraft des Urteils entgegen (Nds. OVG, Beschluss vom 6.9.2002 - 8 LA 126/02 -, juris; vgl. auch OVG Saarl., Beschluss vom 16.7.1999 - 2 Q 22/99 -, juris).
35 
Die Rechtskraftwirkung eines Urteils tritt allerdings dann nicht ein, wenn sich die zur Zeit des Urteils maßgebliche Sach- oder Rechtslage verändert hat (BVerwG, ebd. sowie BVerwGE 14, 359 <362 f.>; 35, 234 <236>; BVerfGE 47, 146 <165>). Eine solche Fallkonstellation ist hier jedoch nicht gegeben. Die Rechtskraftwirkung entfällt nicht schon dann, wenn - wie hier - im Vorprozess eine Ausweisungsverfügung aus sachlichrechtlichen Gründen bestätigt worden ist, die sich im Lichte einer späteren Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung möglicherweise als nicht stichhaltig erweisen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O.). Eine maßgebliche Änderung der Sach- und Rechtslage, liegt mit anderen Worten nicht schon dann vor, wenn sich lediglich die Erkenntnislage oder deren Würdigung ändert (insoweit wohl auf die vorliegende Konstellation übertragbar: BVerwG, Urteil vom 19.9.2000 - 9 C 12/00 -, BVerwGE 112, 80 = NVwZ 2001, 335).
36 
Diese Rechtskraftwirkungen treten auch dann ein, wenn sich die im Vorprozess obsiegende Behörde wie im vorliegenden Fall nicht auf deren Bindungswirkungen beruft, sondern selbst die Rechtmäßigkeit der Erstverfügung überprüft und hiernach davon ausgeht, der ursprüngliche Verwaltungsakt sei (nach heutiger Erkenntnislage) rechtswidrig. Das Bundesverwaltungsgericht hat - insoweit nicht tragend - ausgeführt, die im Vorprozess obsiegende Behörde sei durch die Rechtskraftwirkung allein nicht gehindert, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihr erlassenen belastenden Verwaltungsaktes zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen; die Rechtskraft wirke nur zugunsten, nicht zuungunsten der obsiegenden Partei (BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O.; Kopp/Schenke, a.a.O., Rn. 13 und 21).
37 
Diese Auffassung vermag jedoch jedenfalls insoweit dogmatisch nicht zu überzeugen, als sie die Wirkungen der Rechtskraft im Folgeprozess davon abhängig macht, ob sich der im Erstprozess obsiegende Beteiligte auf sie beruft. Die Ansicht, dass die Rechtskraft und deren Wirkungen zur Disposition eines Beteiligten stehen sollen, beruht wohl auf der Übernahme zivilprozessualer Grundsätze, die ihrerseits durch die Dispositionsbefugnis der Parteien im Zivilprozess gerechtfertigt sind. Da die Parteienherrschaft im Verwaltungsprozess jedoch weit weniger ausgeprägt ist, kann es dort nicht zulässig sein, dass ein Beteiligter auf die Wirkungen der Rechtskraft für den Folgeprozess verzichtet - sei es bewusst oder auch weil er sich (wie wohl hier) dieser Wirkungen gar nicht bewusst ist. Die Rechtskraft dient den objektiven Belangen des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit. Neue Verfahren und widerstreitende gerichtliche Entscheidungen über dieselbe Streitsache sollen verhindert werden. Dabei wird die Möglichkeit, dass infolge der Rechtskraft eine unrichtige Entscheidung maßgeblich bleibt, grundsätzlich geringer gewertet als die Rechtsunsicherheit, die ohne die Rechtskraft bestehen würde. Die Rechtskraftwirkung des § 121 VwGO tritt unabhängig davon ein, ob das rechtskräftige Urteil die Sach- und Rechtslage zutreffend gewürdigt hat oder nicht (BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O. m.w. Nachw., Urteil vom 31.7.2002 - 1 C 7.02 - NVwZ 2003 Beilage I 1, 1-2). Dient die Rechtskraft hiernach primär den objektiven Belangen des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit und der Vermeidung widerstreitender gerichtlicher Entscheidungen, ist nicht erklärbar, weshalb ein Beteiligter die Befugnis haben sollte, über diese ihm nicht zustehenden Belange zu verfügen. Erst recht gilt dies dann, wenn wie hier die Behörde (bzw. deren Träger) von der Rechtskraft begünstigt wäre. Denn die Verwaltung ist an das geltende Recht gebunden und kann daher nicht nach Belieben auf die Wirkungen der Rechtskraft für den Folgeprozess verzichten (vgl. Maurer, JZ 1993, 574; s. auch Erfmeyer, DVBl. 1997, 27).
38 
Auch das Bundesverwaltungsgericht scheint davon auszugehen, dass die Rechtskraft eines Urteils, mit dem die Anfechtungsklage gegen eine Ausweisungsverfügung abgewiesen wurde, deren Rücknahme entgegenstehen kann. In seinem Urteil vom 23.10.2007 - 1 C 10.07 - hat es - insoweit allerdings nicht tragend - ausgeführt, in dem dort entschiedenen Fall stehe § 121 VwGO der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausweisung im Rahmen des § 48 LVwVfG nicht entgegen, weil sie der dortige Kläger nicht angefochten habe (juris, Rn. 17; vgl. auch - allerdings ohne nähere Begründung - VG Karlsruhe, Urteil vom 17.4.2008 - 2 K 3360/07 -, juris).
39 
Die mit der Rechtskraftwirkung verbundene Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber anderen Ausländern, die eine Ausweisung nicht vor Gericht angefochten haben, ist entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nicht ungerechtfertigt. Sie beruht auf der Natur der Sache. Die Wirkungen der Rechtskraft können nach § 121 Nr. 1 VwGO immer nur zugunsten oder zulasten desjenigen eintreten, der als Beteiligter eines gerichtlichen Verfahrens ein rechtskräftiges Urteil erwirkt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O., juris Rn. 16).
40 
Diese Grundsätze werden - die Freizügigkeitsberechtigung des Klägers und einen Verstoß der Ausweisung gegen Gemeinschaftsrecht zu seinen Gunsten unterstellt - durch Gemeinschaftsrecht nicht modifiziert. Der Europäische Gerichtshof respektiert die Bestandskraft eines Verwaltungsakts als Ausprägung der Rechtssicherheit, die zu den im Gemeinschaftsrecht anerkannten Grundsätzen zählt (vgl. EuGH, Urteil vom 13.1.2004 - C-453/00 - Kühne u. Heitz -, Slg. 2004 I, 837 = NVwZ 2004, 459 Rn. 24). Die in dieser Entscheidung entwickelten Voraussetzungen eines Rücknahmeanspruchs im Anschluss an eine rechtskräftige, die Vorlagepflicht verletzende letztinstanzliche Gerichtsentscheidung sind hier nicht gegeben. Der in Art. 10 EG verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit verpflichtet hiernach eine Verwaltungsbehörde auf entsprechenden Antrag hin, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um der mittlerweile vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, wenn
41 
- die Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung zurückzunehmen,
- die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist,
- das Urteil, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war, und
- der Betroffene sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt hat.
42 
Hier fehlt es zumindest an der dritten Voraussetzung, dass das Urteil, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war. Denn der damals zuständige 10. Senat des erkennenden Gerichtshofs war nicht berechtigt oder gar verpflichtet, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs einzuholen. Der Kläger hatte in seinem damaligen Zulassungsantrag allein geltend gemacht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, da das Verwaltungsgericht seine persönlichen Belange nicht zutreffend gewürdigt habe, denn er habe nicht nur bei der Überführung anderer Rauschgifthändler mitgewirkt, sondern sei tragender Zeuge in einem anhängigen Mordprozess; seine Unterstützung in diesem Verfahren und die gegen ihn ausgesprochenen Morddrohungen ließen eine Ausweisung als unbillige Härte erscheinen; im übrigen werde auf die Begründung der Klage hingewiesen. Mit diesem Vorbringen hatte der Kläger keine ernstlichen Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO an der Auffassung des Verwaltungsgerichts zu den europarechtlichen Voraussetzungen der gegen ihn verfügten Ausweisung dargelegt.
43 
Auch wenn der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 12.2.2008 - C-2/06 -Kempter, DÖV 2008, 505, Rn. 44 und 45; s. auch Weiß, DÖV 2008, 47) mittlerweile wohl nicht mehr primär auf eine Verletzung der Vorlagepflicht abstellt, sondern darauf, ob das in letzter Instanz entscheidende nationale Gericht einen gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkt hätte aufgreifen dürfen oder müssen, ergibt sich für den vorliegenden Fall nicht anderes. Der 10. Senat des erkennenden Gerichtshofs war im damaligen Berufungszulassungsverfahren nicht berechtigt, gemeinschaftsrechtliche Gesichtspunkte zu prüfen, nachdem sie der Kläger in seinem damaligen Zulassungsantrag nicht erwähnt hatte. Denn anders als im Berufungsverfahren existiert im Berufungszulassungsverfahren keine umfassende Pflicht des Oberverwaltungsgerichts bzw. des Verwaltungsgerichtshofs zur Amtsaufklärung. Vielmehr ist nach der maßgeblichen nationalen Vorschrift des § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Berufung nur zuzulassen, wenn ein Zulassungsgrund dargelegt wird (und vorliegt). Daher können bei der Entscheidung über die Zulassung der Berufung grundsätzlich nur solche Gründe berücksichtigt werden, auf die sich der Rechtsmittelführer fristgerecht beruft (Kopp/Schenke, a.a.O., § 124a Rn. 50).
44 
Es kann dahingestellt bleiben, ob ausnahmsweise eine Durchbrechung der Rechtskraft dann geboten ist, wenn die Aufrechterhaltung des durch die Vorentscheidung geschaffenen Zustandes schlechthin unerträglich wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.12.1992, a.a.O.). Eine solche Situation besteht im vorliegenden Fall nicht. Schwere und unerträgliche Folgen für den Ausländer können im Regelfall im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG vermieden werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man annimmt, dass eine Befristung - abweichend von dem Wortlaut von Satz 4 dieser Vorschrift - auch auf einen Zeitpunkt vor der Ausreise des Ausländers erfolgen kann, falls z.B. die Wertentscheidungen der Art. 6 GG, Art. 8 EMRK oder der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dies erfordern (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 24.7.2007 - 1 K 1505/06 - m.w. Nachw., juris; s. auch Marx, Aufenthalts-, Asyl- und Flüchtlingsrecht, 3. Aufl. 2007, Rn. 485 ff.). Außerdem ist es durchaus fraglich, ob die Auffassung des Beklagten zutrifft, wonach auch in der vorliegenden Konstellation der Widerruf nach § 49 Abs. 1 LVwVfG ausgeschlossen sein soll. Denn hier geht es nicht um die Berücksichtigung einer tatsächlichen Änderung, für welche die Befristung nach § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG eine abschließende Sonderregelung enthält, sondern (auch) um die Anwendung neuer rechtlicher Erkenntnisse auf ein abgeschlossenes Verfahren. Insoweit erscheint es nicht von vornherein als undenkbar, dass für Fälle der vorliegenden Art Raum für die Anwendung des § 49 LVwVfG sein könnte.
45 
2. In Bezug auf die höchst hilfsweise begehrte Befristung ist die Klage unzulässig. Denn es fehlt insofern an einem vorherigen Antrag bei der Verwaltung und demzufolge auch an der Durchführung eines Verwaltungs- und eines Vorverfahrens. Grundsätzlich muss nach § 68 VwGO auch bei einem Hilfsantrag ein entsprechendes Verwaltungs- und Vorverfahren durchgeführt worden sein, falls nicht die Voraussetzungen des § 75 VwGO vorliegen. Dies hat das Verwaltungsgericht zu Recht verneint. Der in dem Schriftsatz vom 4.2.2005 an das Regierungspräsidium Stuttgart gestellte Befristungsantrag ist ausdrücklich unter einer aufschiebenden Bedingung (für den Fall, dass der Kläger abgeschoben werde) gestellt worden. Da diese Bedingung nicht eingetreten ist, liegt auch keine Untätigkeit des Beklagten vor. Allein aus Gründen der Prozessökonomie darf die Anwendung zwingenden Verfahrensrechts nicht unterbleiben. Grundsätzlich ist es zunächst Sache der Verwaltung, sich mit den Ansprüchen zu befassen, die ein Bürger geltend macht. Gerichte sind dazu berufen, das Handeln der Verwaltung auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen, nicht aber dazu, sich an deren Stelle zu setzen und originär über erstmals vor Gericht geltend gemachte Ansprüche zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.1.1986 - 5 C 36/84 -, NVwZ 1987, 412; OVG Nordr.-Westf., Urteil vom 7.11.1996 - 7 A 4820/95 -; OVG Saarl., Beschluss vom 22.6.1994 - 3 W 1/94 -; Senatsbeschluss vom 19.2.2008 - 13 S 2774/07 -, juris).
46 
Zudem fehlt es an einem Rechtsschutzinteresse des Klägers, weil der nunmehr ohne Bedingung verfolgte Hilfsantrag über das Begehren im Verwaltungsverfahren hinausgeht. Denn solange der Kläger diesen Antrag der Behörde nicht unterbreitet hat, lässt sich nicht feststellen dass er überhaupt auf gerichtlichen Rechtsschutz angewiesen ist. Es lässt sich auch nicht sagen, dass ein solcher Antrag von vornherein aussichtslos wäre. Die Behörde hat sich im vorliegenden Rechtsstreit in der Sache nicht auf das Begehren des Klägers eingelassen, so dass es offen ist, ob und inwieweit sie einem unbedingten Befristungsantrag entsprechen würde. Der Kläger müsste folglich zunächst einen derartigen Antrag beim Beklagten stellen und könnte nur dann, wenn dieser ganz oder teilweise abgelehnt wird, verwaltungsgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
47 
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
48 
Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
49 
Beschluss vom 18. Juni 2008
50 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
51 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 6


(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung. (2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinsc

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 68


(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 121


Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,1.die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und2.im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 17. Apr. 2008 - 2 K 3360/07

bei uns veröffentlicht am 17.04.2008

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1  Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, begehrt die Aufhebung einer besta

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 19. Feb. 2008 - 13 S 2774/07

bei uns veröffentlicht am 19.02.2008

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2007 - 16 K 2916/06 - wird zugelassen, soweit dieses die Verfügung der Beklagten vom 16.9.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungs

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 24. Juli 2007 - 1 K 1505/06

bei uns veröffentlicht am 24.07.2007

Tenor Ziffer 2 des Bescheids des RP Freiburg vom 4.8.2006 wird aufgehoben. Das beklagte Land - RP Freiburg - wird verpflichtet, die Sperrwirkung der Ausweisung vom 8.10.1999 mit sofortiger (d.h. ab Bekanntgabe des Bescheids eintretender) Wirkung zu
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 18. Juni 2008 - 13 S 2809/07.

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 15. Dez. 2015 - 11 K 3637/15

bei uns veröffentlicht am 15.12.2015

Tenor Soweit die Klage teilweise zurückgenommen und soweit der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, wird das Verfahren eingestellt.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand 1 D

Referenzen

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, begehrt die Aufhebung einer bestandskräftigen Ausweisungsverfügung.
Der am ... in der Türkei geborene, ledige Kläger reiste Ende 1995 zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zu dem bereits in der Bundesrepublik in ... als anerkannter Asylberechtigter lebenden Vater ein. Durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 16.12.1998 wurde er wegen Diebstahls in einem erschwerten Fall zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung auf die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach einem Vorfall im März 1999 wurde er erstmals festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe leitete daraufhin ein Ausweisungsverfahren ein. Während der Zeit der Untersuchungshaft wurde er wegen anderer Vorfälle durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.06.1999 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, gemeinschaftlichen Diebstahls in vier Fällen, Hausfriedensbruchs, Diebstahls in einem erschwerten Fall, versuchten Diebstahls einer geringwertigen Sache und Beleidigung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 16.12.1998 zu der einheitlichen Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.
Wegen des Vorfalls im März 1999 wurde er durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 wegen versuchten gemeinschaftlichen Diebstahls in einem erschwerten Fall unter Einbeziehung der Verurteilung vom 09.06.1999 zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Mit Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.05.2000 wurde der Kläger aus der Bundesgebiet ausgewiesen. Die Ausweisung beruhe auf § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG; danach werde ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden sei. § 48 Abs. 2 Satz 2 AuslG stehe der Ausweisung auf dieser Grundlage nicht entgegen; über die Ausweisung sei auch nicht nach § 47 Abs. 3 Satz 3 AuslG nach Ermessen zu entscheiden. Die Ausweisung sei aus spezialpräventiven Gründen geboten; im Wege einer Gesamtschau sei bei dem Kläger von einer bereits verfestigten Neigung zur Anwendung physischer Gewalt als Mittel der Problembewältigung in tatsächlichen oder vermeintlichen Konflikt- und Belastungssituationen auszugehen. Nach Abwägung aller Umstände liege kein Ausnahmefall im Sinne eines atypischen Geschehensablaufes vor, der so bedeutsam sei, dass er das Gewicht der gesetzlichen Regel beseitige. Die Ausweisung des Klägers sei deshalb geboten und insbesondere auch verhältnismäßig. Selbst wenn ein atypischer Sachverhalt vorliegen würde, wäre die Ausweisung aus Ermessensgründen dringend erforderlich und geboten. Die Ausweisung sei weiterhin auch aus generalpräventiven Gründen geboten. Ihr stünden weder Art. 6 Abs. 1 GG noch Art. 8 Abs. 1 EMRK entgegen. Schließlich bilde auch der Assoziationsratsbeschluss keine Ausweisungsschranke.
Durch Beschluss des Amtsgerichts ... vom 13.06.2000 wurde die Restjugendstrafe am 13.07.2000 zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt. Am 20.03.2001 wurde der Kläger erneut festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 wurde er sodann wegen des gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt. In dem Urteil ist ausgeführt, am 14.11.2001 könne der Kläger eine Entziehungsbehandlung beginnen.
Mit Urteil vom 19.12.2001 (10 K 1405/00) wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage gegen die Ausweisungsverfügung ab. Maßgeblicher Zeitpunkt der gerichtlichen Beurteilung sei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung derjenige des Erlasses der letzten Behördenentscheidung. Etwas anderes gelte auch nicht für Unionsbürger oder andere freizügigkeitsberechtigte Ausländer, so dass dahin stehen könne, ob der Kläger Freizügigkeit genieße. Die Ausweisung auf der Grundlage von § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und die Abschiebungsandrohung seien rechtmäßig. Insbesondere liege ein Regel- und kein Ausnahmefall vor. Die Möglichkeit einer Drogentherapie könne wegen des maßgeblichen Zeitpunkts nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, diese Möglichkeit habe sich durch eine erneute Anklage zwischenzeitlich zerschlagen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich eine Beurteilung der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung auch zu Lasten des Klägers auswirken würde, weil das nach der Ausweisungsverfügung ergangene Urteil des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 Rechtskraft erlangt habe. Deshalb habe der Kläger zwischenzeitlich einen Ist-Ausweisungsgrund verwirklicht, der die Ausländerbehörde zu seiner Ausweisung zwingen würde. Durch Beschluss vom 13.03.2002 (11 S 2630/01) lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil ab.
Aufgrund der in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil angesprochenen erneuten Anklage wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.01.2002 wegen gemeinschaftlichen Raubes unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 zu drei Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt.
Am 02.08.2002 beschloss das Amtsgericht ..., von der weiteren Vollstreckung der Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Rottweil vom 09.01.2002 gem. § 456a StPO zum Zeitpunkt einer Abschiebung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abzusehen. Am 16.09.2002 wurde der Kläger sodann aus der Haft heraus in die Türkei abgeschoben. Dort absolvierte er zunächst 15 Monate bis Ende 2003 seinen Wehrdienst und arbeitete anschließend in ... im Lokal seines Onkels als Kellner.
Im Dezember 2004 reiste der Kläger ohne Visum wieder in das Bundesgebiet ein. Am 19.01.2005 erließ das Amtsgericht ... gegen ihn Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts, am 13.01.2005 eine Sparkassenfiliale in ... überfallen zu haben. Er wurde am selben Tag festgenommen und in Untersuchungshaft genommen, die von 10.02.2005 bis 21.10.2005 zur Verbüßung der Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.01.2002 unterbrochen wurde. Durch Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 wurde er wegen schweren Raubes, der unerlaubten Einreise in das Bundesgebiet und der Urkundenfälschung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
10 
Am 21.08.2006 ging bei dem Beklagten ein Telefax des Prozessbevollmächtigten des Klägers ein, in dem dieser die Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 beantragt. Der Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Verfügung, legt man die neuere Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei; sie könne daher nicht aufrechterhalten werden. Der Kläger nahm auch durch handschriftliche Schreiben selbst Stellung. Er bittet das Regierungspräsidium noch um eine Chance. Seine Familie und seine größte Sozialbindung sei in Deutschland. Er habe riesige Fehler gemacht, die er heute sehr bereue und gerne wieder gutmachen möchte. Er habe versucht, nach der Abschiebung in der Türkei zu leben; das habe aber nicht geklappt, weil die Kultur und das Land ihm vollkommen fremd gewesen seien.
11 
Der Antrag wurde durch Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 abgelehnt. Das Regierungspräsidium geht davon aus, dass ein Anspruch auf Rücknahme nur bestehe, wenn die Aufrechterhaltung des bestandskräftigen Verwaltungsakts nach den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte schlechthin unerträglich sei. Ein solcher Fall sei aber nicht gegeben. Insbesondere leide die Verfügung nicht an einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit. Die Ausweisung sei entsprechend der damals gängigen Praxis verfügt worden und habe auch der gerichtlichen Prüfung standgehalten. Die heute festzustellende Rechtswidrigkeit sei erst mehrere Jahre nach Erlass durch diverse Urteile auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene festgestellt worden. Weiterhin ließen die Umstände die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit nicht als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen. Denn selbst im Falle einer Rücknahme des Ursprungsbescheids müsste im Hinblick auf das erneute Fehlverhalten des Klägers sofort eine neue Ausweisungsentscheidung ergehen, welche auch unter Berücksichtigung der inzwischen geänderten Rechtsprechung in jedem Fall rechtmäßig sein dürfte. Aufgrund der erneuten Straffälligkeit, die durch das Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 belegt sei, sei auch weiterhin von einer solch erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen, dass im Hinblick auf die Gesamtbiographie die für die Ausweisung sprechenden Gründe ein solch überragendes Gewicht hätten, dass sie die Ausweisung trotz möglicherweise zwischenzeitlich entstandener starker persönlicher Bindungen nach Deutschland und dem damit verbundenen Eingriff in Art. 8 EMRK dennoch rechtfertigen würden. Auch sei der Kläger in der Türkei aufgewachsen, habe dort einen Schulabschluss erreicht und vor seiner illegalen Rückkehr nach Deutschland im Cafe seines Onkels gearbeitet; hieraus ergebe sich, dass der Kläger in jedem Fall auch über Beziehungen in die Türkei verfüge. Schließlich lasse auch der Umstand, dass der Ursprungsbescheid zweifellos gemeinschaftsrechtswidrig sei, seine Aufrechterhaltung nicht als unerträglich erscheinen.
12 
Der Kläger hat am 18.10.2007 Klage erhoben. Er beantragt,
13 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 aufzuheben.
14 
Zur Begründung verweist der Kläger auf sein früheres Vorbringen. Er ergänzt dieses im Wesentlichen folgendermaßen: Er habe keine Möglichkeiten, sich noch in der Türkei einzugliedern. Es bestünden enge Verbindungen zur Familie, die sich vollständig hier im Bundesgebiet befinde und abgesichert sei. Die letzte Straftat könne auch nur im Zusammenhang mit der Ausweisung und der Unmöglichkeit, sich in der Türkei zu integrieren, gesehen werden.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung verweist er auf den angegriffenen Bescheid. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass der Kläger volljährig und deshalb nicht zwingend auf ein Zusammenleben mit seiner Familie angewiesen sei. Der Kläger habe sich vor seiner Abschiebung gerade einmal sechs Jahre in Deutschland aufgehalten, davon fast die Hälfte in Haft. Er sei in dieser Zeit erheblich straffällig geworden. Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 sei dem Kläger eine Integration in Deutschland im Zeitpunkt seiner Ausweisung offensichtlich nicht gelungen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass nun plötzlich eine Integration in die deutsche Gesellschaft, einhergehend mit einer völligen Entfremdung von der Türkei, eingetreten sei.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die dem Gericht vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten (2 Bände Ausländerakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe, 1 Band Ausländerakte der Stadt ..., Akten der Verfahren des VG Karlsruhe 10 K 1405/00, 10 K 1561/00, 10 K 1887/00 und 10 K 2615/01, 4 Bände Akten des Verfahrens 43 Js 1170/05) sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000; die Aufhebung dieser Verfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft abgelehnt worden. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahme nicht vorliegen.
21 
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahmevoraussetzung der Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Verwaltungsakt, um dessen Aufhebung gestritten wird, zum Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrte (BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17 [NVwZ 2008, 326]).
22 
Im vorliegenden Fall steht der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 gemäß § 121 VwGO die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2005 - 2 K 3426/04 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 29.01.2008 - 5 K 1386/07 -). Aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils steht zwischen den Beteiligten verbindlich fest, dass die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 rechtmäßig ergangen ist. Auch die Kammer ist aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils an der (erneuten) Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit gehindert.
23 
Obwohl es hierauf nicht ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass sie sich - wie auch die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - der in dem angefochtenen Bescheid vom 17.09.2007 geäußerten Annahme, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 sei rechtswidrig oder gar „zweifellos“ rechtswidrig, nicht ohne eine erneute, in die Details gehende Prüfung anschließen könnte. Die Annahme des Klägers, die Verfügung sei schon deswegen rechtswidrig, weil die Drogentherapie im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht berücksichtigt wurde, ist äußerst zweifelhaft. Denn der Kläger übersieht, dass sich die Möglichkeit einer Drogentherapie wegen seiner erneuten Inhaftierung ohnehin zerschlagen hatte. Des Weiteren hätte sich die erneute Verurteilung vom 19.09.2001 bei Annahme des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung als maßgeblichem Zeitpunkt für die Bestimmung der Sach- und Rechtslage auch zu dessen Lasten ausgewirkt, worauf das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht hingewiesen hat. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium Karlsruhe in der Ausweisungsweisungsverfügung auch hilfsweise Ermessenserwägungen angestellt. Eine solche Ermessensausweisung wäre wohl nach neuerer Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -) und möglicherweise auch wegen des Vorliegens eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erforderlich gewesen. Allenfalls wäre die Ausweisung wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG „unheilbar“ rechtswidrig (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.08.2007 - 1 C 47.06 -, juris [= DVBl 2007, 1377]. An einer erneuten Prüfung in der Sache ist die Kammer aber - wie bereits angeführt - gehindert.
24 
Aus der Annahme, die Ausweisungsverfügung sei „zweifellos rechtswidrig“, kann der Kläger entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nichts für sich herleiten. Eine wie auch immer geartete feststellende Wirkung geht hiervon nicht aus.
25 
Da § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Rücknahme des ursprünglich rechtswidrigen Verwaltungsakts betrifft, kommt eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung wegen zwischenzeitlich eingetretener Umstände, die nicht von der Bindungswirkung des klageabweisenden Urteils erfasst sind, nicht in Betracht.
26 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Widerrufs nicht vorliegen.
27 
Gemäß § 49 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
28 
a) Dem Widerruf dürfte die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht entgegenstehen. Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 07.04.2005 (2 K 3426/04) entschieden, dass der Beklagte durch die Rechtskraft eines eine Ausweisungsverfügung betreffenden Urteils nicht daran gehindert ist, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihm erlassenen belastenden Verwaltungsakts zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dafür, dass die Rechtskraft nicht entgegensteht, spricht auch, dass der Widerruf in erster Linie rechtmäßige Verwaltungsakte betrifft. Das die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 würde somit durch einen Widerruf überhaupt nicht in Frage gestellt.
29 
b) Zum Verhältnis von Widerruf einer Ausweisung und der Befristung ihrer Wirkungen hat das Bundesverwaltungsgericht (jüngst wieder Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, juris Rn. 13 [NVwZ 2008, 82]) entschieden, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 49 (L)VwVfG jedenfalls dann ausscheidet, wenn es um die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen geht, die für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erheblich sind. In diesen Fällen kommt auch ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahren nicht in Betracht. Ob und inwieweit neben der speziell geregelten Befristung überhaupt Bedarf und Raum für den Widerruf sowie das Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens im Hinblick auf eine nachträgliche Änderung der Rechtslage bleibt, hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen bislang offen gelassen.
30 
Im vorliegenden Fall stützt sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen darauf, dass die ursprüngliche Ausweisungsverfügung, legt man die zwischenzeitlich vollzogenen Änderungen der Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei. Weiterhin verweist der Kläger selbst auf seine angeblichen Integrationsschwierigkeiten in der Türkei sowie die angeblich nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr. Es werden somit auch, aber nicht nur Sachverhaltsänderungen vorgebracht (Änderung der Rechtsprechung).
31 
Die Kammer braucht sich dennoch nicht mit dem Verhältnis des Widerrufs der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 und der Befristung ihrer Wirkungen auseinanderzusetzen. Denn ein Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 kommt schon aus einem anderen Grund nicht in Betracht.
32 
c) Der Kläger müsste nämlich sofort erneut ausgewiesen werden (vgl. § 49 Abs. 1 LVwVfG).
33 
Rechtsgrundlage für eine Ausweisungsverfügung wäre § 53 Nr. 1 AufenthG. Hiernach wird ein Ausländer u.a. ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlichen Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Die Voraussetzung einer Ausweisung nach dieser Bestimmung erfüllt der Kläger, denn er wurde durch das - im Hinblick auf eine Ausweisung noch nicht verbrauchte - Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
34 
Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 53 AufenthG grundsätzlich eine gebundene Entscheidung vor („wird ausgewiesen“). Eine solche wäre auch im Falle des Klägers zu treffen. Denn dieser kann sich weder auf besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG noch auf eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des ARB 1/80 berufen.
35 
Der Kläger genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG. Er kann sich auf keinen der in dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Tatbestände berufen. Er ist weiterhin mittlerweile 27 Jahre alt und damit nicht mehr Heranwachsender oder gar noch Minderjähriger. Dies war er im Übrigen auch zum Zeitpunkt des Banküberfalls im Januar 2005 nicht mehr. Schon aus diesem Grund kommt dem Kläger auch kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 2 AufenthG zugute.
36 
Die Bestimmungen des ARB 1/80 stehen einer Ausweisung des Kläger auf der Grundlage von § 53 AufenthG und damit aufgrund einer gebundenen Entscheidung auch nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger jemals eine - ausschließlich in Betracht kommende, von seinem Vater abgeleitete - Aufenthaltsberechtigung nach Art. 7 Satz 1 ARB erworben hat. Denn durch die gerichtlich bestätigte und damit als rechtmäßig anzusehende Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 wäre dem Kläger eine gegebenenfalls zustehende Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung gleichfalls aberkannt worden. Damit stellt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht die Frage der Anwendbarkeit des Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG auf türkische, ARB-berechtigte Staatsangehörige.
37 
3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG mit dem Ziel einer Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000.
38 
Gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Der Antrag ist gemäß § 51 Abs. 2 LVwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Der Antrag muss schließlich gemäß § 51 Abs. 3 LVwVfG binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
39 
Einem Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG stünde die Rechtskraft des Urteils vom 19.12.2001 nicht entgegen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78.88 -, juris Rn. 8 f. [= BVerwGE 82, 272]) im Hinblick auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 (L)VwVfG entschieden; die entsprechende Argumentation dürfte auch auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 (L)VwVfG übertragbar sein (siehe auch Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 121 Rn. 20).
40 
Es ist jedoch keine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG eingetreten. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt; dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, juris Rn. 31 [= VBlBW 2008, 68]). Eine Änderung der Rechtslage in diesem Sinne, die sich zugunsten des Kläger auswirken könnte, ist nicht eingetreten.
41 
Nachträgliche Änderungen der Sachlage sind, wie oben ausgeführt, nur im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung beachtlich.
III.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der in § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Gründe (grundsätzliche Bedeutung der Sache bzw. Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung vorliegt).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (vgl. Nr. 8.2 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08. Juli 2004).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000; die Aufhebung dieser Verfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft abgelehnt worden. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahme nicht vorliegen.
21 
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahmevoraussetzung der Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Verwaltungsakt, um dessen Aufhebung gestritten wird, zum Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrte (BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17 [NVwZ 2008, 326]).
22 
Im vorliegenden Fall steht der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 gemäß § 121 VwGO die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2005 - 2 K 3426/04 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 29.01.2008 - 5 K 1386/07 -). Aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils steht zwischen den Beteiligten verbindlich fest, dass die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 rechtmäßig ergangen ist. Auch die Kammer ist aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils an der (erneuten) Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit gehindert.
23 
Obwohl es hierauf nicht ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass sie sich - wie auch die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - der in dem angefochtenen Bescheid vom 17.09.2007 geäußerten Annahme, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 sei rechtswidrig oder gar „zweifellos“ rechtswidrig, nicht ohne eine erneute, in die Details gehende Prüfung anschließen könnte. Die Annahme des Klägers, die Verfügung sei schon deswegen rechtswidrig, weil die Drogentherapie im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht berücksichtigt wurde, ist äußerst zweifelhaft. Denn der Kläger übersieht, dass sich die Möglichkeit einer Drogentherapie wegen seiner erneuten Inhaftierung ohnehin zerschlagen hatte. Des Weiteren hätte sich die erneute Verurteilung vom 19.09.2001 bei Annahme des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung als maßgeblichem Zeitpunkt für die Bestimmung der Sach- und Rechtslage auch zu dessen Lasten ausgewirkt, worauf das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht hingewiesen hat. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium Karlsruhe in der Ausweisungsweisungsverfügung auch hilfsweise Ermessenserwägungen angestellt. Eine solche Ermessensausweisung wäre wohl nach neuerer Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -) und möglicherweise auch wegen des Vorliegens eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erforderlich gewesen. Allenfalls wäre die Ausweisung wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG „unheilbar“ rechtswidrig (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.08.2007 - 1 C 47.06 -, juris [= DVBl 2007, 1377]. An einer erneuten Prüfung in der Sache ist die Kammer aber - wie bereits angeführt - gehindert.
24 
Aus der Annahme, die Ausweisungsverfügung sei „zweifellos rechtswidrig“, kann der Kläger entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nichts für sich herleiten. Eine wie auch immer geartete feststellende Wirkung geht hiervon nicht aus.
25 
Da § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Rücknahme des ursprünglich rechtswidrigen Verwaltungsakts betrifft, kommt eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung wegen zwischenzeitlich eingetretener Umstände, die nicht von der Bindungswirkung des klageabweisenden Urteils erfasst sind, nicht in Betracht.
26 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Widerrufs nicht vorliegen.
27 
Gemäß § 49 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
28 
a) Dem Widerruf dürfte die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht entgegenstehen. Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 07.04.2005 (2 K 3426/04) entschieden, dass der Beklagte durch die Rechtskraft eines eine Ausweisungsverfügung betreffenden Urteils nicht daran gehindert ist, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihm erlassenen belastenden Verwaltungsakts zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dafür, dass die Rechtskraft nicht entgegensteht, spricht auch, dass der Widerruf in erster Linie rechtmäßige Verwaltungsakte betrifft. Das die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 würde somit durch einen Widerruf überhaupt nicht in Frage gestellt.
29 
b) Zum Verhältnis von Widerruf einer Ausweisung und der Befristung ihrer Wirkungen hat das Bundesverwaltungsgericht (jüngst wieder Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, juris Rn. 13 [NVwZ 2008, 82]) entschieden, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 49 (L)VwVfG jedenfalls dann ausscheidet, wenn es um die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen geht, die für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erheblich sind. In diesen Fällen kommt auch ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahren nicht in Betracht. Ob und inwieweit neben der speziell geregelten Befristung überhaupt Bedarf und Raum für den Widerruf sowie das Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens im Hinblick auf eine nachträgliche Änderung der Rechtslage bleibt, hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen bislang offen gelassen.
30 
Im vorliegenden Fall stützt sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen darauf, dass die ursprüngliche Ausweisungsverfügung, legt man die zwischenzeitlich vollzogenen Änderungen der Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei. Weiterhin verweist der Kläger selbst auf seine angeblichen Integrationsschwierigkeiten in der Türkei sowie die angeblich nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr. Es werden somit auch, aber nicht nur Sachverhaltsänderungen vorgebracht (Änderung der Rechtsprechung).
31 
Die Kammer braucht sich dennoch nicht mit dem Verhältnis des Widerrufs der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 und der Befristung ihrer Wirkungen auseinanderzusetzen. Denn ein Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 kommt schon aus einem anderen Grund nicht in Betracht.
32 
c) Der Kläger müsste nämlich sofort erneut ausgewiesen werden (vgl. § 49 Abs. 1 LVwVfG).
33 
Rechtsgrundlage für eine Ausweisungsverfügung wäre § 53 Nr. 1 AufenthG. Hiernach wird ein Ausländer u.a. ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlichen Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Die Voraussetzung einer Ausweisung nach dieser Bestimmung erfüllt der Kläger, denn er wurde durch das - im Hinblick auf eine Ausweisung noch nicht verbrauchte - Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
34 
Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 53 AufenthG grundsätzlich eine gebundene Entscheidung vor („wird ausgewiesen“). Eine solche wäre auch im Falle des Klägers zu treffen. Denn dieser kann sich weder auf besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG noch auf eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des ARB 1/80 berufen.
35 
Der Kläger genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG. Er kann sich auf keinen der in dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Tatbestände berufen. Er ist weiterhin mittlerweile 27 Jahre alt und damit nicht mehr Heranwachsender oder gar noch Minderjähriger. Dies war er im Übrigen auch zum Zeitpunkt des Banküberfalls im Januar 2005 nicht mehr. Schon aus diesem Grund kommt dem Kläger auch kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 2 AufenthG zugute.
36 
Die Bestimmungen des ARB 1/80 stehen einer Ausweisung des Kläger auf der Grundlage von § 53 AufenthG und damit aufgrund einer gebundenen Entscheidung auch nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger jemals eine - ausschließlich in Betracht kommende, von seinem Vater abgeleitete - Aufenthaltsberechtigung nach Art. 7 Satz 1 ARB erworben hat. Denn durch die gerichtlich bestätigte und damit als rechtmäßig anzusehende Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 wäre dem Kläger eine gegebenenfalls zustehende Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung gleichfalls aberkannt worden. Damit stellt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht die Frage der Anwendbarkeit des Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG auf türkische, ARB-berechtigte Staatsangehörige.
37 
3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG mit dem Ziel einer Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000.
38 
Gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Der Antrag ist gemäß § 51 Abs. 2 LVwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Der Antrag muss schließlich gemäß § 51 Abs. 3 LVwVfG binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
39 
Einem Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG stünde die Rechtskraft des Urteils vom 19.12.2001 nicht entgegen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78.88 -, juris Rn. 8 f. [= BVerwGE 82, 272]) im Hinblick auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 (L)VwVfG entschieden; die entsprechende Argumentation dürfte auch auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 (L)VwVfG übertragbar sein (siehe auch Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 121 Rn. 20).
40 
Es ist jedoch keine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG eingetreten. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt; dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, juris Rn. 31 [= VBlBW 2008, 68]). Eine Änderung der Rechtslage in diesem Sinne, die sich zugunsten des Kläger auswirken könnte, ist nicht eingetreten.
41 
Nachträgliche Änderungen der Sachlage sind, wie oben ausgeführt, nur im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung beachtlich.
III.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der in § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Gründe (grundsätzliche Bedeutung der Sache bzw. Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung vorliegt).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (vgl. Nr. 8.2 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08. Juli 2004).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Ziffer 2 des Bescheids des RP Freiburg vom 4.8.2006 wird aufgehoben. Das beklagte Land - RP Freiburg - wird verpflichtet, die Sperrwirkung der Ausweisung vom 8.10.1999 mit sofortiger (d.h. ab Bekanntgabe des Bescheids eintretender) Wirkung zu befristen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und das beklagte Land jeweils 1/2.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer unanfechtbaren Ausweisung, hilfsweise die Befristung deren Sperrwirkung.
Die am 14.3.1968 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Ihren Nachnamen trägt sie seit einer am 24.8.2000 geschlossenen und am 22.1.2004 geschiedenen (kinderlosen) Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen. Sie hält sich seit Oktober 1973, als sie mit ihren Eltern einreiste, in Deutschland auf. Erstmals unter dem 24.4.1984 erhielt sie als damals 16-jährige eine Aufenthaltserlaubnis, die in der Folgezeit regelmäßig verlängert wurde und zuletzt bis zum 1.7.1999 befristet war. Die Klägerin ist Mutter von fünf Kindern. Die drei ältesten Kinder (Sohn S., geboren 1985, sowie Zwillingssöhne O. und L., geboren 1988) stammen aus einer am 21.6.1984 mit einem türkischen Landsmann geschlossenen und im März 1993 geschiedenen Ehe und leben beim Vater, der das Sorgerecht für sie hat. Zwei weitere Kinder, die ausschließlich in Deutschland aufgewachsen sind, entstammen einer (nicht-ehelichen) Beziehung zu einem anderen Landsmann und wurden am 17.12.1989 (Tochter Si.) bzw. am 8.12.1996 (Sohn A.) geboren. Die ursprünglich von der Klägerin für diese beiden Kinder ausgeübte elterliche Sorge wurde zunächst mit Beschluss des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 16.2.2004 auf die Mutter der Klägerin übertragen und später mit Beschluss des Amtsgerichts Singen vom 30.5.2006 auf sie zurückübertragen.
Strafrechtlich ist die Klägerin mehrfach in Erscheinung getreten, und zwar u.a. wie folgt:
Rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Konstanz vom 12.8.1999
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten wegen Beihilfe zum Erwerb von Betäubungsmitteln (Heroin) in Tateinheit mit Handeltreiben, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben, wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben in zwei Fällen, wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, davon siebenmal in Tateinheit mit Handeltreiben, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen, wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon zweimal in Tateinheit mit Handeltreiben ( Tatzeitpunkte: Ende 1996 bis Mitte 1998 ). Die seit Sommer 1997 betäubungsmittelabhängige Klägerin befand sich wegen dieser Taten zunächst vom 4.8.1998 bis 14.10.1998 in U-Haft. Es folgte eine dreiwöchige Mutter-Kind-Kur, in deren Anschluss sie einen Drogenrückfall erlitt. Deshalb wurde sie am 23.4.1999 wieder in U-Haft genommen, ab 16.8.1999 in Strafhaft. Ab 25.8.1999 stellte die Staatsanwaltschaft Konstanz die Vollstreckung der Strafe zurück, damit die Klägerin sich in eine Therapieeinrichtung zur Behandlung ihrer Abhängigkeit begeben konnte. Die stationäre Behandlung erfolgte bis zum 24.2.2000
Rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 15.11.2002
Freiheitsstrafe von 2 Monaten zur Bewährung wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Heroin); Tatzeitpunkt: März/April 2001.
Rechtskräftiges Urteil des Amtsgericht Villingen-Schwenningen vom 30.9.2004
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren zur Bewährung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln (Heroin) in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in sieben Fällen, in drei Fällen in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, in vier Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hehlerei ( Tatzeitpunkt: 2003 ). Betreffend die Aussetzung der Strafvollstreckung führte das Strafgericht aus, diese sei „trotz erheblicher Bedenken“, die sich aus dem zweimaligen Bewährungsbruch ergäben, ausgesetzt worden.
10 
In weiteren Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz sah die Staatsanwaltschaft Konstanz von einer Verfolgung ab (Verfügung vom 28.1.2003) bzw. stellte das Verfahren gem. § 154 d Satz 3 StPO ein (Verfügung vom 14.12.2004).
11 
Am 29.6.2006 wurde die Klägerin unerlaubt in der Schweiz angetroffen. Ein Drug-Wipe-Test verlief positiv auf Opiate/Heroin. Die Klägerin ließ sich dahin ein, sie habe einmalig in Zürich Heroin im Wege einer Aufnahme durch die Nase konsumiert.
12 
Wegen der Straftaten, die dem vorgenannten Strafurteil vom 12.8.1999 zu Grunde lagen, wurde die Klägerin mit Verfügung des RP Freiburg vom 8.10.1999 - gestützt auf die Vorschriften der Ist-Ausweisung (§ 47 Abs. 1 AuslG) und unter Verneinung besonderen Ausweisungsschutzes - unbefristet ausgewiesen. Ferner wurde sie zur Ausreise aufgefordert und die Abschiebung in die Türkei angedroht. Vorläufiger Rechtsschutz gegen diese Entscheidung blieb ebenso erfolglos (Beschluss VG Freiburg vom 1.12.1999 - 9 K 2442/99), wie die Anfechtungsklage, die im März 2001 zurückgenommen wurde; ein weiterer Eilantrag, die Abschiebung auszusetzen, war davor erneut durch das VG Freiburg (Beschluss vom 29.6.2000 - 9 K 1230/00) abgelehnt worden. Gleichwohl kam es nicht zu einer - auf den 31.3.2000 vorgesehenen - Abschiebung der Klägerin und ihrer beiden jüngsten Kinder, weil diese nicht aufzufinden waren. Ein am 13.7.2000 für sich und die beiden Kinder gestellter Asylantrag blieb sowohl vor dem Bundesamt (ou-Ablehnung vom 20.7.2000) als auch im asylrechtlichen Eil- und Klageverfahren vor dem VG Freiburg erfolglos. Am 24.8.2000 erfolgte die Heirat des deutschen Staatsangehörigen H. M.. Die Klägerin erhielt in der Folgezeit - bedingt durch diese Verheiratung, durch Ablauf und erforderliche Verlängerung ihrer Personalpapiere, ferner spätere strafrechtliche Ermittlungen sowie einen Härtefallantrag - bis heute Duldungen.
13 
Einen Antrag, die Sperrwirkung der Ausweisung zu befristen, stellte die Klägerin am 11.3.2003. Das RP Freiburg stellte eine Entscheidung bis zum Nachweis über die freiwillige Ausreise zurück. Vom 7.9.2004 bis 7.6.2005 befand sich die Klägerin erneut in einer stationären Entwöhnungsbehandlung. Mit Schreiben vom 7.12.2005 kündigte das RP Freiburg der Klägerin, deren Härtefallantrag zuvor abgelehnt worden war, die Abschiebung an und gab ihr Gelegenheit, bis 23.12.2005 freiwillig auszureisen. Unter dem 11.1.2006 ließ die Klägerin anwaltlich erklären, sie sei zur freiwilligen Ausreise bereit, wenn ihr, in Verbindung mit einer Befristung der Ausweisungswirkungen, ein Recht auf spätere Familienzusammenführung zu ihren Kindern zugesichert werde. Am 26.1.2006 beantragte sie, mit Blick auf eine geänderte Rechtslage das Ausweisungsverfahren wiederaufzugreifen und die Ausweisung zurückzunehmen bzw. hilfsweise zu widerrufen. Zur Begründung gab sie an, im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts sei die Ausweisung aus dem Jahr 1999 rechtswidrig, weil sie nicht als Ermessensentscheidung ergangen sei und weil gegen die Verfahrensvorschrift des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG verstoßen worden sei. Da in der Folgezeit keine Entscheidung getroffen wurde, erhob die Klägerin am 29.5.2006 Untätigkeitsklage (1 K 1026/06). Dieses Verfahren wurde auf Grund übereinstimmender Erledigungserklärungen mit Beschluss des Berichterstatters vom 30.8.2006 eingestellt.
14 
Mit vorliegend streitgegenständlichem (und Grund für die Erledigung der zuvor genannten Untätigkeitsklage bildenden) Bescheid vom 4.8.2006 (zugestellt am 10.8.2006) lehnte das RP Freiburg das Wiederaufgreifen des Verfahrens und eine Rücknahme der Ausweisungsentscheidung vom 8.10.1999 ab (Ziff. 1). Ferner wurden die Wirkungen der genannten Ausweisung nachträglich auf 5 Jahre und 6 Monate ab Ausreise der Klägerin befristet (Ziff. 2). Zur Begründung wurde angeführt, ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne gemäß § 51 LVwVfG bestehe nicht. Eine Änderung der Rechtsprechung stelle keine Änderung der Rechtslage dar. Über ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne sei nach Ermessen zu entscheiden. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege im Fall der Klägerin nicht vor, weil die Aufrechterhaltung der Ausweisung nicht schlechthin unerträglich sei. Die Klägerin sei bis heute ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Auch nach der Ausweisung sei sie erneut einschlägig straffällig geworden und wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden. Ferner habe sie sich zweimal unerlaubt in der Schweiz aufgehalten. Dass sie ihre Drogensucht tatsächlich erfolgreich überwunden habe, sei nicht ersichtlich. Immer wieder sei sie rückfällig geworden, zuletzt habe sie nach eigenen Angaben am 28.6.2006 in Zürich Heroin konsumiert. Daraus ergebe sich aber, dass weitere schwere Straftaten konkret zu befürchten seien. Gegen eine Rücknahme spreche auch, dass die Klägerin es versäumt habe, die Ausweisungsverfügung gerichtlich überprüfen zu lassen. Ferner sei für den Fall eines Wegfalls der Wiederholungsgefahr das Befristungsverfahren spezialgesetzlich vorrangig vor demjenigen eines Widerrufs. Im Übrigen hätte auch damals angesichts der tatsächlichen Umstände eine Ermessensausweisung ergehen können. Im Hinblick auf das hohe Rechtsgut der Rechtssicherheit könne das Vorliegen eines formellen Fehlers nicht zur Durchbrechung der Bestandskraft führen. Auch die Entscheidung über eine Rücknahme liege im Ermessen und setze, solle ausnahmsweise eine Reduzierung auf Null erfolgen, voraus, dass die Aufrechterhaltung mit Blick auf die materielle Gerechtigkeit schlechthin unerträglich sei. Ferner verlange Gemeinschaftsrecht grundsätzlich nicht, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen. Bei Berücksichtigung aller Einzelfallumstände sei bedeutsam, dass die Klägerin ihre Klage gegen die Ausweisung Entscheidung zurückgenommen habe. Ferner müsse, wie bereits dargelegt, auch weiterhin von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Auch wegen weiterer Ermessenserwägungen könne auf obige Ausführungen verwiesen werden, sodass kein Anlass bestehe, die Ausweisungsentscheidung zurückzunehmen. Bei der Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung sei die noch zu § 8 Abs. 2 AuslG ergangene Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums vom 25.1.2002 entsprechend heranzuziehen gewesen. Da die Klägerin nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung hätte ausgewiesen werden dürfen, sei folglich Ziff. 1.3.1 einschlägig. Ausgehend von der verhängten Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten liege ein Regelfall von fünf Jahren und sechs Monaten vor. Dabei sei berücksichtigt worden, dass die Ausweisung bereits längere Zeit zurückliege. Allerdings habe sich die Gefahrenprognose nicht zu Gunsten der Klägerin verändert, weil sie erneut einschlägig verurteilt worden und weitere Ermittlungsverfahren nur im Hinblick auf diese Verurteilungen eingestellt worden seien. Die Aussetzung der späteren Freiheitsstrafen zur Bewährung sei trotz erheblichen Bedenken ergangen und ohne die Stellung einer positiven Sozialprognose erfolgt. Absolvierte Drogentherapien seien angesichts von Rückfällen nicht erfolgreich gewesen. Auch der Umstand, dass die Klägerin im Mai 2006 das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten Kinder wieder zurückerhalten habe, stehe nicht entgegen. Die Kinder seien türkische Staatsangehörige und könnten jederzeit mit zurückkehren. Da sie in einer türkischen Großfamilie aufgewachsen seien, müssten sie mit der türkischen Sprache vertraut sein. Andererseits gebe es auch keine Hinweise, dass die Kinder auf eine dauernde Anwesenheit der Klägerin in Deutschland angewiesen seien. Während ihrer Inhaftierung und Drogentherapie hätten sie nämlich nicht zusammengelebt. Vielmehr seien sie von Schwester bzw. Mutter der Klägerin aufgezogen worden. Auch während des unerlaubten Aufenthalts in der Schweiz seien die Kinder bei Verwandten zurückgelassen worden. Am 24.7.2006 habe die Klägerin noch erklärt, sie wolle nicht nach Singen zu ihren Kindern umverteilt werden, sondern im Raum Villingen-Schwenningen bleiben.
15 
Die Klägerin hat am 23.8.2006 Klage erhoben. Sie wiederholt ihren Vortrag zur formellen und materiellen Rechtswidrigkeit der Ausweisung und weist ergänzend darauf hin, gerade durch die Aufrechterhaltung der Ausweisung werde es ihr äußerst schwer gemacht, sich hier zur resozialisieren. Ohne Aufenthaltstitel und nur mit einer Duldung sei sie als Alleinerziehende mit zwei Kindern ungeheuer belastet. Das RP Freiburg verkenne gerade auch die assoziationsrechtlichen Maßgaben, wonach die Begünstigten nur aufgrund einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden dürften und ein deutliches Überwiegen öffentlicher Interessen zu verlangen sei. Betrachte man die Tatsache, dass bislang sieben Jahre vom Vollzug der Ausweisung abgesehen worden sei, und dass sie, die Klägerin, für zwei hier im Bundesgebiet geborene und aufgewachsene Kinder das alleinige Sorgerecht habe, so überwögen jedoch die privaten Interesse deutlich. Ferner würden die Rechte aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK verletzt, weil die beiden Kinder keinerlei Bezug zur Türkei hätten und einen Trennung unverhältnismäßig sei. Schließlich stelle auch die erfolgte Befristungsentscheidung aufgrund der langen Dauer eine unzumutbare Beeinträchtigung dar.
16 
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
17 
den Bescheid des RP Freiburg vom 4.8.2006 aufzuheben und das beklagte Land - RP Freiburg - zu verpflichten die unter dem 8.10.1999 verfügte Ausweisung aufzuheben;
 
18 
hilfsweise unter Aufhebung der Ziff. 2 des Bescheids des RP Freiburg vom 4.8.2006 das beklagte Land - RP Freiburg - zu verpflichten die Sperrwirkung der Ausweisung vom 8.10.1999 mit sofortiger Wirkung zu befristen.
19 
Das beklagte Land beantragt,
20 
die Klage abzuweisen.
21 
Es bezieht sich auf die angefochtene Entscheidung und fügt ergänzend hinzu, selbst wenn man die Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/38/EG vom 29.4.2004 auf Assoziationsbegünstigte bejahe, so sei sie auf die Ausweisung der Klägerin mangels Rückwirkung nicht anzuwenden. Für geänderte materielle Anforderungen stelle folglich das Befristungsverfahren eine vorrangige Spezialregelung dar. Laut Mitteilung des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 12.6.2007 sei derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen Wechselfallenschwindels anhängig.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (6 Hefte des RP Freiburg, ein Heft Gerichtsakten der erledigten Untätigkeitsklage 1 K 1026/06) Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

 
23 
I. Der zulässige Hauptantrag, der auf eine Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung zielt (vgl. dazu, dass die Wirkungen von Ausweisungen, die vor diesem Zeitpunkt gegenüber nach dem ARB 1/80 privilegierten türkischen Staatsangehörigen verfügt und bestandskräftig geworden sind, mit dem Inkrafttreten des AufenthG am 1.1.2005 nicht entfallen sind: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.1.2007 - 13 S 451/06 - InfAuslR 2007, 182; Beschl. v. 13.4.2006 - 1 S 734/06 - VENSA), ist unbegründet. Die Ziff. 1 der Entscheidung des RP Freiburg vom 4.8.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG sowie eine daran anschließende (positive) Sachentscheidung (zur Verfahrens- und Entscheidungsstruktur im Rahmen des § 51 LVwVfG vgl. für die bundesrechtliche Regelung: Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage 2001, § 51 Rnrn. 22 ff.: eigenständige Neubescheidung ohne Bezug zu §§ 48, 49 VwVfG) hat das RP Freiburg zu Recht abgelehnt. Die geltend gemachte Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt keine neue Rechtslage dar. Wegen Einzelheiten kann insoweit auf den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 29.3.2007 (11 S 2147/06 dort Entsch.-Seiten 5/6) im Beschwerdeverfahren, welches das PKH-Begehren der Klägerin im erledigten Verfahren 1 K 1026/06 betraf, Bezug genommen werden.
25 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf der Ausweisung. Wie sich aus § 51 Abs. 5 LVwVfG ergibt, sind die Verfahren nach § 51 Abs. 1 bis 4 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne) und diejenigen der Rücknahme und des Widerrufs - sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne - nicht identisch. § 51 Abs. 5 LVwVfG stellt - in Entsprechung zur bundesrechtlichen Rechtslage - klar, dass mit der Schaffung des § 51 Abs. 1 LVwVfG nichts daran geändert wird, dass auf Antrag des Betroffenen eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage der §§ 48, 49 LVwVfG zu ergehen hat (vgl. zu §§ 51, 48, 49 VwVfG: Sachs, a.a.O., Rnr. 141 f.). Soweit dem RP Freiburg (zu dessen Zuständigkeit vgl. §§ 48 Abs. 5, 49 Abs. 5 LVwVfG i.V.m. § 12 Abs. 3 AAZuVO) folglich ein Ermessensspielraum bei der Frage der erneuten Überprüfung und Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung blieb, hat es in seinem Bescheid rechtsfehlerfrei entschieden, die Ausweisung nicht aufzuheben. Mit Blick auf einen Widerruf gemäß § 49 LVwVfG folgt dies bereits daraus, dass dieser spezialgesetzlich durch das Institut der Befristung i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG jedenfalls insoweit ausgeschlossen ist, als es um für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erhebliche Sachverhaltsänderungen geht. Im übrigen ist nur die Rücknahme einschlägig, weil es sich bei der Ausweisung um einen (siehe sogleich) rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt, für den § 49 LVwVfG nicht gilt.
26 
Eine Rücknahme hat das RP Freiburg rechtsfehlerfrei abgelehnt. Zutreffend ist die Behörde davon ausgegangen, dass grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG in die Überprüfung, ob eine Rücknahme stattfinden soll, einzutreten war. Die Ausweisung vom 8.10.1999 ist nämlich rechtswidrig gewesen, weil der Klägerin eine assoziationsrechtliche Rechtsposition gemäß Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zustand. Sie war 1973 zusammen mit ihren Eltern eingereist und hatte ihre erste Aufenthaltserlaubnis am 24.4.1984 zum Zweck der Familienzusammenführung, d.h. zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmer, ihren Eltern, erhalten. Mit diesen hatte sie auch die erforderliche Dauer von mindestens drei bzw. fünf Jahren - konkret bis zum 5.7.1984, als sie zu ihrem türkischen Ehemann nach Tuttlingen zog - zusammengelebt (vgl. zur Geltung des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 entsprechend für ein Kind, das im Mitgliedstaat geboren ist und stets dort gewohnt hat: EuGH, Urt. v. 11.11.2004 - C-467/02 - [Cetinkaya] - NVwZ 2005, 198). Ihre Volljährigkeit im Zeitpunkt der Ausweisung änderte an der unmittelbar aus dem ARB 1/80 folgenden Rechtsposition ebenso wenig etwas, wie die ab 4.8.1998 erfolgte Verbüßung von U-Haft bzw. später Strafhaft im Zusammenhang mit dem Urteil des LG Konstanz vom 12.8.1999 (zu diesen Einzelheiten des Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 vgl. EuGH, Urt. v. 7.7.2005 - C-373/03 [Aydinli] - InfAuslR 2005,352; ferner EuGH, Urt. v. 16.1.2006 - C-502/04 [Torun] - InfAuslR 2006, 209). Ihre Ausweisung hätte folglich nicht, wie vom RP Freiburg damals verfügt, nach den Regelungen über die Ist-Ausweisung sondern nur nach denjenigen über die - in der Ausweisungsverfügung auch nicht hilfsweise herangezogene - Ermessensausweisung erfolgen dürfen (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 13.9.2005 - 1 C 7/04 - BVerwGE 124, 217 = InfAuslR 2006, 110). Ferner wäre, woran es jedoch ebenfalls fehlte, formell-rechtlich zuvor eine zweite Stelle i.S.v. Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG zu beteiligen gewesen (vgl. hierzu ebenfalls BVerwG, Urt. v. 13.9.2005, a.a.O.). Ein „dringender Fall“ i.S. der vorgenannten Vorschrift lag nicht vor, weil sich auf Grund der Strafhaft der Klägerin bzw. ihrer Drogentherapie eine von ihr ausgehende Gefahr nicht vor Abschluss eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens realisiert hätte und auch sonst eine Verzögerung der Ausweisungsentscheidung durch die Einschaltung einer zweiten Stelle hinnehmbar gewesen wäre (zum letztgenannten Gesichtspunkt vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.6.2006 - 11 S 2299/05 - VENSA).
27 
Hiervon ausgehend hat das RP Freiburg jedoch gleichwohl eine Rücknahme ablehnen dürfen und sein Ermessen insoweit rechtsfehlerfrei erkannt bzw. betätigt (zum gerichtlichen Prüfungsmaßstab vgl. § 114 VwGO).
28 
Umstände, nach denen sich das der Behörde von § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG eingeräumte Ermessen dahin verdichtet hätte, dass nur die Rücknahme des Bescheides ermessensfehlerfrei wäre, liegen nicht vor. Bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ist in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich" ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. zusammenfassend: BVerwG, Urteil v. 17.1.2007 - 6 C 32.06 - Juris).
29 
Umstände, die das Ermessen hin auf eine Rücknahme reduziert hätten oder die das RP Freiburg sonst - im Rahmen eines verbleibenden Spielraums - fehlerhaft unberücksichtigt gelassen oder falsch gewichtet hätte, liegen hier nicht vor. Von einer offensichtlichen Europa- bzw. Assoziationsrechtswidrigkeit kann angesichts des Zeitpunkts der Ausweisungsentscheidung im Jahr 1999 - über 5 Jahre vor Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - nicht ausgegangen werden (vgl. in diesem Sinne sogar noch für eine unter dem 5.9.2005 verfügte Ausweisung durch das RP Freiburg: VG Freiburg, Urt. v. 28.3.2007 - 1 K 505/06). Ein Festhalten an der Ausweisung stellt auch keinen Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot dar. Denn die Klägerin hat es durch die Zurücknahme ihrer damaligen Klage versäumt, die Ausweisung einer gerichtlichen Überprüfung auf eine Vereinbarkeit mit Gemeinschafts-/Assoziationsrecht zuzuführen. Wie der EuGH im Urteil vom 19.9.2006 (C-392/04 und C-422/04 [I 21] - InfAuslR 2006, 439) ausgeführt hat, verlangt das Gemeinschaftsrecht nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftig geworden ist. Durch die Beachtung dieses Grundsatzes lässt sich verhindern, dass Handlungen der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfalten, unbegrenzt in Frage gestellt werden können. Nur in bestimmten Fällen kann jedoch eine Schranke für diesen Grundsatz bestehen, nämlich wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens, die Behörde ist nach nationalem Recht befugt, diese Entscheidung zurückzunehmen. Zweitens, die Entscheidung ist infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden. Drittens, das Urteil beruht, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war. Viertens, der Betroffene hat sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt. Maßgeblich ist also, dass der Betroffene sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat. Diese auf Assoziationsbegünstigte zu übertragenden Ausnahmevoraussetzungen liegen jedoch im Fall der Klägerin nicht vor (in diesem Sinne bereits konkret für den Fall der Klägerin auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2007, a.a.O.).
30 
Zutreffend hat das RP Freiburg schließlich eine Abwägung von öffentlichen Belangen (Rechtssicherheit) und privatem Interesse (materielle Gerechtigkeit) auch unter dem Gesichtspunkt der Frage nach „schlechthin unerträglichen“ Auswirkungen für die Klägerin vorgenommen. Die Ausländerbehörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass gerade angesichts der den Ausweisungsanlass im Jahr 1999 bildenden Betäubungsmittelstraftaten eine konkrete Wiederholungsgefahr von der Klägerin ausging, die im damaligen Ausweisungszeitpunkt auch eine Ermessenausweisung in Betracht kommen lassen konnte (zu diesem Prüfungsgesichtspunkt und seiner Zulässigkeit im Rahmen des Rücknahmeermessens: Hamb. OVG, Beschl. v. 14.12.2005 - 3 Bs 79/05 - InfAuslR 2006, 305; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ausweisung eines assoziationsbegünstigten Türken nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wenn die hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit erneuter Straftaten im Rahmen der Betäubungsmittelkriminalität steht. Der Handel mit und die Verwendung von gefährlichen Betäubungsmitteln - allen voran Heroin - stellt nämlich sowohl einen schweren Ausweisungsanlass i.S.d. nationalrechtlichen besonderen Ausweisungsschutzvorschriften (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) als auch einen EU-/assoziationsrechtlich relevanten Verstoß gegen Grundinteressen der Gesellschaft dar (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.9.2003 - 11 S 973/03 - VENSA, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. des BVerwG und des EuGH).
31 
Eine schlechthin unerträgliche Wirkung hat die Aufrechterhaltung der Ausweisung auch nicht vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK. Allerdings kann die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Fall des unwiederbringlichen Verlusts für das Privatleben konstitutiver Beziehungen nicht durch eine Befristung ihrer Wirkungen erreicht werden, so etwa, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet eine Wiedereinreise grundsätzlich nicht vorsieht, und der spätere (im Wege der Befristung der Sperrwirkungen eintretende) Wegfall des Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG daher ohne praktische Wirkung bleibt (BVerfG, Beschl. v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 - soweit ersichtlich nur veröffentlicht auf der Internethomepage des Gerichts unter Entscheidungen > Rubrik Mai 2007 > Datum 10.5.; weniger streng: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2000 - 13 S 1378/98 - VBlBW 2001, 23 , der darauf abstellt, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 AuslG [jetzt § 25 Abs. 5 AufenthG] könne auch auf eine vorherige Ausreise des Ausländers verzichtet werden). Im Fall der Klägerin existiert jedoch eine bestandskräftige Ausweisung, die im Jahr 1999 auch nach Ermessen hätte ernsthaft in Betracht kommen können. Die Aufrechterhaltung dieser Ausweisung bedeutet zwar, dass damit endgültig der Verlust ihres Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 feststeht (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG). Dies hat ferner zur Folge, dass nach dem Ende der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG sich ein türkischer Staatsangehöriger nicht (mehr) auf ein Aufenthaltsrecht aus dem ARB 1/80 berufen kann, also einem (normalem) türkischen Staatsangehörigen gleichgestellt ist, der in das Bundesgebiet einreisen will (Armbruster, in: HTK-AuslR / ARB 1/80 / Art. 14 05/2007 Nr. 2 und Nr. 9). Da sich die Klägerin jedoch wirksam und effektiv im Rahmen des Befristungsanspruchs nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG darauf berufen kann, eine Aufenthaltsbeendigung verstoße gegen Art. 8 EMRK (dazu sogleich unter II.), wird sie im Ergebnis durch eine Aufrechterhaltung der früheren Ausweisung nicht unerträglich belastet.
32 
II. Erfolgreich ist hingegen der zulässige Hilfsantrag der Klägerin. Seine Auslegung (§ 88 VwGO) anhand des maßgeblichen Anwaltsschriftsatzes vom 4.7.2007 ergibt, dass die Klägerin die Gründe, die eine Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung ihrer Ausweisung darstellen, hilfsweise auch der Befristungsentscheidung entgegenhalten will. Damit macht sie aber im Ergebnis einen Anspruch auf Befristung mit sofortiger Wirkung geltend. Dieses Begehren hat in der Sache auch Erfolg. Ziffer 2 des RP-Bescheids ist nämlich rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil sie einen Anspruch auf sofortige Beseitigung der Sperrwirkung - mithin eine Befristung auf Null - hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
33 
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG werden die in den vorangehenden Sätzen 1 und 2 bezeichneten (Sperr-)Wirkungen der Ausweisung auf Antrag in der Regel befristet. Diese Regelung ist eine wichtige Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und stellt als solche einen bedeutsamen Baustein im abgestuften Regelungsgefüge des deutschen Ausländerrechts zur Aufenthaltsbeendigung dar. Sie hat unmittelbar drittschützende Wirkung dahingehend, dass der Ausländer bei Vorliegen eines Regelfalles einen Anspruch auf Befristung überhaupt sowie einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Ausländerbehörde hinsichtlich der Fristdauer eingeräumten Ermessens hat, der sich bei der Ermessensreduzierung „auf Null“ auf eine bestimmte Fristdauer/-modalität verengen kann. Für die bei der Fristbemessung maßgeblichen Grundsätze gilt, dass sie am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und am ordnungsrechtlichen Zweck - hier Spezialprävention - der zu befristenden Maßnahme zu orientieren ist. Bei der Prognose, ob bzw. wie lange der ordnungsrechtliche Zweck die Sperrwirkung weiterhin erfordert, sind alle - vor allem auch nachträglich eintretende - Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, soweit sie geltend gemacht (§ 82 AufenthG) oder sonst für die Behörde erkennbar sind. Schließlich sind - sei es als Element der eigentlichen Prognoseentscheidung selbst oder aber als selbstständiges fristverkürzendes Element - die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen höherrangigen Rechts, vornehmlich die Wertentscheidungen des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK sowie der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. grundlegend und mit zahlr. Nachweisen zur identischen Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.3.2003 - 11 S 59/03 - InfAuslR 2003, 334). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage des mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruchs auf Befristung der Wirkungen der Ausweisungsverfügung ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. - wenn die Entscheidung, wie hier, ohne mündliche Verhandlung ergeht - der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.1.1997 - 11 S 2142/96 - InfAuslR 1997, 158; Armbruster, in HTK-AuslR, § 11 AufenthG / zu Abs. 1 Satz 3, 5 und 6 > Nr. 9 Rechtsschutz > Nr. 4).
34 
Vorliegend kommt der Schutz des Art. 8 EMRK der Klägerin zugute. Im Rahmen der Befristung der Ausweisung ist zwingend sicherzustellen, dass unzumutbare Auswirkungen, die eine Rückkehr in die Türkei für sie hätte, unterbleiben. Dies aber kann - mit der Folge einer Ermessensreduktion auf Null - nur dadurch geschehen, dass die Sperrwirkung sofort, d.h. noch während der Anwesenheit der Klägerin in Deutschland wegfällt. Sowohl die Klägerin als Migrantin der zweiten Generation als auch ihre beiden Kinder Sibel (17 Jahre alt - sie wird am 17.12.2007 18 Jahre) und Ali-Erdal (10 Jahre alt - er wird am 8.12.2007 11 Jahre) - sie sind Migranten der dritten Generation - können sich auf den Schutz des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Die mit einer längeren Befristung - und sei es auch nur von wenigen Monaten - verbundene Folge einer Rückkehr der Klägerin in Türkei hätte mehrfache, erheblich nachteilige Folgen, die diesen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft nicht als notwendig bzw. nicht als zumutbar darstellen.
35 
An der Existenz und Schutzwürdigkeit eines Familienlebens kann kein Zweifel bestehen. Die beiden minderjährigen Kinder haben zwar eine nicht ganz unbeträchtliche Zeit bei Großmutter und Tante gelebt, das erfolgte erkennbar jedoch vor dem Hintergrund, dass sie für den Fall einer Abschiebung der Klägerin in die Türkei hier bleiben und versorgt sein sollten. Von Februar 2004 bis Mai 2006 hatte die Klägerin zwar das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten Kinder auf ihre Mutter übertragen lassen. Seither besitzt sie es jedoch wieder und lebt auch mit den Kindern zusammen. Der Hinweis des RP Freiburg, die Klägerin habe am 24.7.2006 erklärt, keine Umverteilung zu ihren Kindern nach Singen zu wollen, geht von falschen Voraussetzungen aus. Zu keiner Zeit konnte dem entnommen werden, dass die Klägerin nicht mit ihren Kindern zusammenleben wollen. Vielmehr war diese Erklärung so gemeint, dass sie zwar in Villingen-Schwenningen bleiben, jedoch dort zusammen mit den Kindern wohnen wollte. Das wird auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin mittlerweile mit ihren beiden minderjährigen Kindern sowie ihrem erwachsenen Sohn aus der ersten Ehe dort eine neue Wohnung bezogen hat.
36 
Eine Rückkehr der Klägerin in die Türkei würde entweder einen unzumutbaren Zwang auf die minderjährigen Kinder ausüben, ihr zu folgen, oder aber eine unzumutbare Trennung nach sich ziehen. Es ist davon auszugehen, dass Sibel und Ali-Erdal dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen. Dies folgt entweder daraus, dass sie ihrerseits gemäß Art. 7 ARB 1/80 assoziationsbegünstigt begünstigt sind, oder jedenfalls daraus, dass ihnen i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK und den Vorschriften über die Aufenthaltserlaubnis ein nationales Recht zusteht. Die beiden Kinder sind nämlich hier geboren und haben Zeit ihres Lebens - das sind im heutigen Entscheidungszeitpunkt über 17 bzw. über 10 Jahre - in diesem Land und seinem kulturellen sprachlichen Umfeld gelebt und sind hier bislang zur Schule gegangen. Unabhängig davon, ob sie die türkische Sprache zumindest in Grundzügen beherrschen mögen, haben sie sonst offensichtlich keine Bindungen zur Türkei - alle nahen Familienangehörigen leben offensichtlich ebenfalls in Deutschland -, sodass ihnen als faktischen Inländern eine Rückkehr dorthin bzw. ein Leben dort unzumutbar wäre. Eine Trennung von ihrer Mutter wäre ihnen nicht zuzumuten. Sie können nicht darauf verwiesen werden, andere Verwandte - so wie in der Vergangenheit Großmutter und Tante - seien zur Betreuung fähig bzw. bereit. Sowohl der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG als auch derjenige des Art. 8 EMRK beinhaltet nämlich auch die Befugnis zu entscheiden, welche Personen miteinander in Beistandsgemeinschaft leben wollen.
37 
Das Gericht ist schließlich auch davon überzeugt, dass die Kinder weder zusammen mit ihrer Mutter noch dass diese allein auch nur vorübergehend in der Türkei derart Fuß fassen könnten, dass eine reale Existenzmöglichkeit dort bestünde. Die Kinder sind für die Existenzsicherung auf die Mutter angewiesen. Die Klägerin jedoch ist, das darf trotz ihrer erheblichen Strafbarkeit nicht verkannt werden, krank, weil heroinsüchtig. Sie hat trotz zweier umfangreicher Therapien immer wieder einen Rückfall erlitten. Zwar muss (vgl. § 42 AsylvfG) auf Grund der unanfechtbaren Asylentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 20.7.2000 davon ausgegangen werden, dass die Heroinsucht der Klägerin in der Türkei im Fall einer Rückkehr behandelt werden kann. Im übrigen hätte wohl auch in der Sache nach nichts für ein Abschiebungshindernis gesprochen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.2.2003 - A 12 S 939/02 - VENSA sowie VG Freiburg, Urt. v. 21.11.2003 - 1 K 205/02 - VENSA). Die negativen Auswirkungen auf die Familie sowie die mit dem Zwang zu einer auch nur vorübergehenden Integration in der Türkei einhergehende Überlastung der persönlichen und sozialen Kräfte der Klägerin sind damit jedoch nicht bindend verneint worden. Maßnahmen aber, die Familienmitglieder an einem Zusammenleben hindern bzw. auseinanderreißen, stellen einen sehr schwerwiegenden Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht dar (EGMR, Urt. v. 31.1.2006 - 50252/99 [Sezen] - InfAuslR 2006, 255). Das gilt umso mehr hier, wo die Klägerin und ihre Kinder sich in einer zweifellos problematischen Lebenssituation befinden, und gerade deshalb besonders aufeinander angewiesen sind, um ein Mindestmaß an Stabilität zu gewährleisten. Ausgehend von einem Aufenthaltsrecht der Kinder wird auch die Klägerin wieder einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis geltend machen können. Insoweit liegt nämlich eine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 AufenthG vor.
38 
Der Gesichtspunkt einer von der Klägerin angesichts späterer einschlägiger Betäubungsmittelstraftaten auch im heutigen Zeitpunkt ausgehenden Wiederholungsgefahr muss vor diesem gesamten Hintergrund zurücktreten. Begreift man, wie oben dargelegt, ihre gesamte persönliche und auch familiäre Situation als äußerst problematisch, so mag sogar zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass die zuletzt erfolgte Verurteilung vom 30.9.2004 durch das Amtsgericht Villingen-Schwenningen eine Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung aussprach. Wenngleich ein solcher Umstand zwar tatsächliches Gewicht hat, gleichwohl aber im ordnungsrechtlichen Kontext nicht ausländerrechtliche Maßnahmen der Spezialprävention verhindern muss, so ist doch zu beachten, dass offensichtlich auch das Strafgericht der Möglichkeit einer Resozialisierung der Klägerin für ihre Person eine besonders wichtige Bedeutung zugemessen hat.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; das Gericht hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieses Urteils folgendes gilt: (Rechtsmittelbelehrung).

Gründe

 
23 
I. Der zulässige Hauptantrag, der auf eine Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung zielt (vgl. dazu, dass die Wirkungen von Ausweisungen, die vor diesem Zeitpunkt gegenüber nach dem ARB 1/80 privilegierten türkischen Staatsangehörigen verfügt und bestandskräftig geworden sind, mit dem Inkrafttreten des AufenthG am 1.1.2005 nicht entfallen sind: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.1.2007 - 13 S 451/06 - InfAuslR 2007, 182; Beschl. v. 13.4.2006 - 1 S 734/06 - VENSA), ist unbegründet. Die Ziff. 1 der Entscheidung des RP Freiburg vom 4.8.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG sowie eine daran anschließende (positive) Sachentscheidung (zur Verfahrens- und Entscheidungsstruktur im Rahmen des § 51 LVwVfG vgl. für die bundesrechtliche Regelung: Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage 2001, § 51 Rnrn. 22 ff.: eigenständige Neubescheidung ohne Bezug zu §§ 48, 49 VwVfG) hat das RP Freiburg zu Recht abgelehnt. Die geltend gemachte Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt keine neue Rechtslage dar. Wegen Einzelheiten kann insoweit auf den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 29.3.2007 (11 S 2147/06 dort Entsch.-Seiten 5/6) im Beschwerdeverfahren, welches das PKH-Begehren der Klägerin im erledigten Verfahren 1 K 1026/06 betraf, Bezug genommen werden.
25 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf der Ausweisung. Wie sich aus § 51 Abs. 5 LVwVfG ergibt, sind die Verfahren nach § 51 Abs. 1 bis 4 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne) und diejenigen der Rücknahme und des Widerrufs - sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne - nicht identisch. § 51 Abs. 5 LVwVfG stellt - in Entsprechung zur bundesrechtlichen Rechtslage - klar, dass mit der Schaffung des § 51 Abs. 1 LVwVfG nichts daran geändert wird, dass auf Antrag des Betroffenen eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage der §§ 48, 49 LVwVfG zu ergehen hat (vgl. zu §§ 51, 48, 49 VwVfG: Sachs, a.a.O., Rnr. 141 f.). Soweit dem RP Freiburg (zu dessen Zuständigkeit vgl. §§ 48 Abs. 5, 49 Abs. 5 LVwVfG i.V.m. § 12 Abs. 3 AAZuVO) folglich ein Ermessensspielraum bei der Frage der erneuten Überprüfung und Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung blieb, hat es in seinem Bescheid rechtsfehlerfrei entschieden, die Ausweisung nicht aufzuheben. Mit Blick auf einen Widerruf gemäß § 49 LVwVfG folgt dies bereits daraus, dass dieser spezialgesetzlich durch das Institut der Befristung i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG jedenfalls insoweit ausgeschlossen ist, als es um für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erhebliche Sachverhaltsänderungen geht. Im übrigen ist nur die Rücknahme einschlägig, weil es sich bei der Ausweisung um einen (siehe sogleich) rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt, für den § 49 LVwVfG nicht gilt.
26 
Eine Rücknahme hat das RP Freiburg rechtsfehlerfrei abgelehnt. Zutreffend ist die Behörde davon ausgegangen, dass grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG in die Überprüfung, ob eine Rücknahme stattfinden soll, einzutreten war. Die Ausweisung vom 8.10.1999 ist nämlich rechtswidrig gewesen, weil der Klägerin eine assoziationsrechtliche Rechtsposition gemäß Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zustand. Sie war 1973 zusammen mit ihren Eltern eingereist und hatte ihre erste Aufenthaltserlaubnis am 24.4.1984 zum Zweck der Familienzusammenführung, d.h. zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmer, ihren Eltern, erhalten. Mit diesen hatte sie auch die erforderliche Dauer von mindestens drei bzw. fünf Jahren - konkret bis zum 5.7.1984, als sie zu ihrem türkischen Ehemann nach Tuttlingen zog - zusammengelebt (vgl. zur Geltung des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 entsprechend für ein Kind, das im Mitgliedstaat geboren ist und stets dort gewohnt hat: EuGH, Urt. v. 11.11.2004 - C-467/02 - [Cetinkaya] - NVwZ 2005, 198). Ihre Volljährigkeit im Zeitpunkt der Ausweisung änderte an der unmittelbar aus dem ARB 1/80 folgenden Rechtsposition ebenso wenig etwas, wie die ab 4.8.1998 erfolgte Verbüßung von U-Haft bzw. später Strafhaft im Zusammenhang mit dem Urteil des LG Konstanz vom 12.8.1999 (zu diesen Einzelheiten des Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 vgl. EuGH, Urt. v. 7.7.2005 - C-373/03 [Aydinli] - InfAuslR 2005,352; ferner EuGH, Urt. v. 16.1.2006 - C-502/04 [Torun] - InfAuslR 2006, 209). Ihre Ausweisung hätte folglich nicht, wie vom RP Freiburg damals verfügt, nach den Regelungen über die Ist-Ausweisung sondern nur nach denjenigen über die - in der Ausweisungsverfügung auch nicht hilfsweise herangezogene - Ermessensausweisung erfolgen dürfen (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 13.9.2005 - 1 C 7/04 - BVerwGE 124, 217 = InfAuslR 2006, 110). Ferner wäre, woran es jedoch ebenfalls fehlte, formell-rechtlich zuvor eine zweite Stelle i.S.v. Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG zu beteiligen gewesen (vgl. hierzu ebenfalls BVerwG, Urt. v. 13.9.2005, a.a.O.). Ein „dringender Fall“ i.S. der vorgenannten Vorschrift lag nicht vor, weil sich auf Grund der Strafhaft der Klägerin bzw. ihrer Drogentherapie eine von ihr ausgehende Gefahr nicht vor Abschluss eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens realisiert hätte und auch sonst eine Verzögerung der Ausweisungsentscheidung durch die Einschaltung einer zweiten Stelle hinnehmbar gewesen wäre (zum letztgenannten Gesichtspunkt vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.6.2006 - 11 S 2299/05 - VENSA).
27 
Hiervon ausgehend hat das RP Freiburg jedoch gleichwohl eine Rücknahme ablehnen dürfen und sein Ermessen insoweit rechtsfehlerfrei erkannt bzw. betätigt (zum gerichtlichen Prüfungsmaßstab vgl. § 114 VwGO).
28 
Umstände, nach denen sich das der Behörde von § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG eingeräumte Ermessen dahin verdichtet hätte, dass nur die Rücknahme des Bescheides ermessensfehlerfrei wäre, liegen nicht vor. Bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ist in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich" ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. zusammenfassend: BVerwG, Urteil v. 17.1.2007 - 6 C 32.06 - Juris).
29 
Umstände, die das Ermessen hin auf eine Rücknahme reduziert hätten oder die das RP Freiburg sonst - im Rahmen eines verbleibenden Spielraums - fehlerhaft unberücksichtigt gelassen oder falsch gewichtet hätte, liegen hier nicht vor. Von einer offensichtlichen Europa- bzw. Assoziationsrechtswidrigkeit kann angesichts des Zeitpunkts der Ausweisungsentscheidung im Jahr 1999 - über 5 Jahre vor Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - nicht ausgegangen werden (vgl. in diesem Sinne sogar noch für eine unter dem 5.9.2005 verfügte Ausweisung durch das RP Freiburg: VG Freiburg, Urt. v. 28.3.2007 - 1 K 505/06). Ein Festhalten an der Ausweisung stellt auch keinen Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot dar. Denn die Klägerin hat es durch die Zurücknahme ihrer damaligen Klage versäumt, die Ausweisung einer gerichtlichen Überprüfung auf eine Vereinbarkeit mit Gemeinschafts-/Assoziationsrecht zuzuführen. Wie der EuGH im Urteil vom 19.9.2006 (C-392/04 und C-422/04 [I 21] - InfAuslR 2006, 439) ausgeführt hat, verlangt das Gemeinschaftsrecht nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftig geworden ist. Durch die Beachtung dieses Grundsatzes lässt sich verhindern, dass Handlungen der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfalten, unbegrenzt in Frage gestellt werden können. Nur in bestimmten Fällen kann jedoch eine Schranke für diesen Grundsatz bestehen, nämlich wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens, die Behörde ist nach nationalem Recht befugt, diese Entscheidung zurückzunehmen. Zweitens, die Entscheidung ist infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden. Drittens, das Urteil beruht, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war. Viertens, der Betroffene hat sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt. Maßgeblich ist also, dass der Betroffene sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat. Diese auf Assoziationsbegünstigte zu übertragenden Ausnahmevoraussetzungen liegen jedoch im Fall der Klägerin nicht vor (in diesem Sinne bereits konkret für den Fall der Klägerin auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2007, a.a.O.).
30 
Zutreffend hat das RP Freiburg schließlich eine Abwägung von öffentlichen Belangen (Rechtssicherheit) und privatem Interesse (materielle Gerechtigkeit) auch unter dem Gesichtspunkt der Frage nach „schlechthin unerträglichen“ Auswirkungen für die Klägerin vorgenommen. Die Ausländerbehörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass gerade angesichts der den Ausweisungsanlass im Jahr 1999 bildenden Betäubungsmittelstraftaten eine konkrete Wiederholungsgefahr von der Klägerin ausging, die im damaligen Ausweisungszeitpunkt auch eine Ermessenausweisung in Betracht kommen lassen konnte (zu diesem Prüfungsgesichtspunkt und seiner Zulässigkeit im Rahmen des Rücknahmeermessens: Hamb. OVG, Beschl. v. 14.12.2005 - 3 Bs 79/05 - InfAuslR 2006, 305; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ausweisung eines assoziationsbegünstigten Türken nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wenn die hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit erneuter Straftaten im Rahmen der Betäubungsmittelkriminalität steht. Der Handel mit und die Verwendung von gefährlichen Betäubungsmitteln - allen voran Heroin - stellt nämlich sowohl einen schweren Ausweisungsanlass i.S.d. nationalrechtlichen besonderen Ausweisungsschutzvorschriften (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) als auch einen EU-/assoziationsrechtlich relevanten Verstoß gegen Grundinteressen der Gesellschaft dar (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.9.2003 - 11 S 973/03 - VENSA, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. des BVerwG und des EuGH).
31 
Eine schlechthin unerträgliche Wirkung hat die Aufrechterhaltung der Ausweisung auch nicht vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK. Allerdings kann die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Fall des unwiederbringlichen Verlusts für das Privatleben konstitutiver Beziehungen nicht durch eine Befristung ihrer Wirkungen erreicht werden, so etwa, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet eine Wiedereinreise grundsätzlich nicht vorsieht, und der spätere (im Wege der Befristung der Sperrwirkungen eintretende) Wegfall des Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG daher ohne praktische Wirkung bleibt (BVerfG, Beschl. v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 - soweit ersichtlich nur veröffentlicht auf der Internethomepage des Gerichts unter Entscheidungen > Rubrik Mai 2007 > Datum 10.5.; weniger streng: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2000 - 13 S 1378/98 - VBlBW 2001, 23 , der darauf abstellt, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 AuslG [jetzt § 25 Abs. 5 AufenthG] könne auch auf eine vorherige Ausreise des Ausländers verzichtet werden). Im Fall der Klägerin existiert jedoch eine bestandskräftige Ausweisung, die im Jahr 1999 auch nach Ermessen hätte ernsthaft in Betracht kommen können. Die Aufrechterhaltung dieser Ausweisung bedeutet zwar, dass damit endgültig der Verlust ihres Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 feststeht (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG). Dies hat ferner zur Folge, dass nach dem Ende der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG sich ein türkischer Staatsangehöriger nicht (mehr) auf ein Aufenthaltsrecht aus dem ARB 1/80 berufen kann, also einem (normalem) türkischen Staatsangehörigen gleichgestellt ist, der in das Bundesgebiet einreisen will (Armbruster, in: HTK-AuslR / ARB 1/80 / Art. 14 05/2007 Nr. 2 und Nr. 9). Da sich die Klägerin jedoch wirksam und effektiv im Rahmen des Befristungsanspruchs nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG darauf berufen kann, eine Aufenthaltsbeendigung verstoße gegen Art. 8 EMRK (dazu sogleich unter II.), wird sie im Ergebnis durch eine Aufrechterhaltung der früheren Ausweisung nicht unerträglich belastet.
32 
II. Erfolgreich ist hingegen der zulässige Hilfsantrag der Klägerin. Seine Auslegung (§ 88 VwGO) anhand des maßgeblichen Anwaltsschriftsatzes vom 4.7.2007 ergibt, dass die Klägerin die Gründe, die eine Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung ihrer Ausweisung darstellen, hilfsweise auch der Befristungsentscheidung entgegenhalten will. Damit macht sie aber im Ergebnis einen Anspruch auf Befristung mit sofortiger Wirkung geltend. Dieses Begehren hat in der Sache auch Erfolg. Ziffer 2 des RP-Bescheids ist nämlich rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil sie einen Anspruch auf sofortige Beseitigung der Sperrwirkung - mithin eine Befristung auf Null - hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
33 
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG werden die in den vorangehenden Sätzen 1 und 2 bezeichneten (Sperr-)Wirkungen der Ausweisung auf Antrag in der Regel befristet. Diese Regelung ist eine wichtige Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und stellt als solche einen bedeutsamen Baustein im abgestuften Regelungsgefüge des deutschen Ausländerrechts zur Aufenthaltsbeendigung dar. Sie hat unmittelbar drittschützende Wirkung dahingehend, dass der Ausländer bei Vorliegen eines Regelfalles einen Anspruch auf Befristung überhaupt sowie einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Ausländerbehörde hinsichtlich der Fristdauer eingeräumten Ermessens hat, der sich bei der Ermessensreduzierung „auf Null“ auf eine bestimmte Fristdauer/-modalität verengen kann. Für die bei der Fristbemessung maßgeblichen Grundsätze gilt, dass sie am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und am ordnungsrechtlichen Zweck - hier Spezialprävention - der zu befristenden Maßnahme zu orientieren ist. Bei der Prognose, ob bzw. wie lange der ordnungsrechtliche Zweck die Sperrwirkung weiterhin erfordert, sind alle - vor allem auch nachträglich eintretende - Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, soweit sie geltend gemacht (§ 82 AufenthG) oder sonst für die Behörde erkennbar sind. Schließlich sind - sei es als Element der eigentlichen Prognoseentscheidung selbst oder aber als selbstständiges fristverkürzendes Element - die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen höherrangigen Rechts, vornehmlich die Wertentscheidungen des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK sowie der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. grundlegend und mit zahlr. Nachweisen zur identischen Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.3.2003 - 11 S 59/03 - InfAuslR 2003, 334). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage des mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruchs auf Befristung der Wirkungen der Ausweisungsverfügung ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. - wenn die Entscheidung, wie hier, ohne mündliche Verhandlung ergeht - der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.1.1997 - 11 S 2142/96 - InfAuslR 1997, 158; Armbruster, in HTK-AuslR, § 11 AufenthG / zu Abs. 1 Satz 3, 5 und 6 > Nr. 9 Rechtsschutz > Nr. 4).
34 
Vorliegend kommt der Schutz des Art. 8 EMRK der Klägerin zugute. Im Rahmen der Befristung der Ausweisung ist zwingend sicherzustellen, dass unzumutbare Auswirkungen, die eine Rückkehr in die Türkei für sie hätte, unterbleiben. Dies aber kann - mit der Folge einer Ermessensreduktion auf Null - nur dadurch geschehen, dass die Sperrwirkung sofort, d.h. noch während der Anwesenheit der Klägerin in Deutschland wegfällt. Sowohl die Klägerin als Migrantin der zweiten Generation als auch ihre beiden Kinder Sibel (17 Jahre alt - sie wird am 17.12.2007 18 Jahre) und Ali-Erdal (10 Jahre alt - er wird am 8.12.2007 11 Jahre) - sie sind Migranten der dritten Generation - können sich auf den Schutz des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Die mit einer längeren Befristung - und sei es auch nur von wenigen Monaten - verbundene Folge einer Rückkehr der Klägerin in Türkei hätte mehrfache, erheblich nachteilige Folgen, die diesen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft nicht als notwendig bzw. nicht als zumutbar darstellen.
35 
An der Existenz und Schutzwürdigkeit eines Familienlebens kann kein Zweifel bestehen. Die beiden minderjährigen Kinder haben zwar eine nicht ganz unbeträchtliche Zeit bei Großmutter und Tante gelebt, das erfolgte erkennbar jedoch vor dem Hintergrund, dass sie für den Fall einer Abschiebung der Klägerin in die Türkei hier bleiben und versorgt sein sollten. Von Februar 2004 bis Mai 2006 hatte die Klägerin zwar das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten Kinder auf ihre Mutter übertragen lassen. Seither besitzt sie es jedoch wieder und lebt auch mit den Kindern zusammen. Der Hinweis des RP Freiburg, die Klägerin habe am 24.7.2006 erklärt, keine Umverteilung zu ihren Kindern nach Singen zu wollen, geht von falschen Voraussetzungen aus. Zu keiner Zeit konnte dem entnommen werden, dass die Klägerin nicht mit ihren Kindern zusammenleben wollen. Vielmehr war diese Erklärung so gemeint, dass sie zwar in Villingen-Schwenningen bleiben, jedoch dort zusammen mit den Kindern wohnen wollte. Das wird auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin mittlerweile mit ihren beiden minderjährigen Kindern sowie ihrem erwachsenen Sohn aus der ersten Ehe dort eine neue Wohnung bezogen hat.
36 
Eine Rückkehr der Klägerin in die Türkei würde entweder einen unzumutbaren Zwang auf die minderjährigen Kinder ausüben, ihr zu folgen, oder aber eine unzumutbare Trennung nach sich ziehen. Es ist davon auszugehen, dass Sibel und Ali-Erdal dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen. Dies folgt entweder daraus, dass sie ihrerseits gemäß Art. 7 ARB 1/80 assoziationsbegünstigt begünstigt sind, oder jedenfalls daraus, dass ihnen i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK und den Vorschriften über die Aufenthaltserlaubnis ein nationales Recht zusteht. Die beiden Kinder sind nämlich hier geboren und haben Zeit ihres Lebens - das sind im heutigen Entscheidungszeitpunkt über 17 bzw. über 10 Jahre - in diesem Land und seinem kulturellen sprachlichen Umfeld gelebt und sind hier bislang zur Schule gegangen. Unabhängig davon, ob sie die türkische Sprache zumindest in Grundzügen beherrschen mögen, haben sie sonst offensichtlich keine Bindungen zur Türkei - alle nahen Familienangehörigen leben offensichtlich ebenfalls in Deutschland -, sodass ihnen als faktischen Inländern eine Rückkehr dorthin bzw. ein Leben dort unzumutbar wäre. Eine Trennung von ihrer Mutter wäre ihnen nicht zuzumuten. Sie können nicht darauf verwiesen werden, andere Verwandte - so wie in der Vergangenheit Großmutter und Tante - seien zur Betreuung fähig bzw. bereit. Sowohl der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG als auch derjenige des Art. 8 EMRK beinhaltet nämlich auch die Befugnis zu entscheiden, welche Personen miteinander in Beistandsgemeinschaft leben wollen.
37 
Das Gericht ist schließlich auch davon überzeugt, dass die Kinder weder zusammen mit ihrer Mutter noch dass diese allein auch nur vorübergehend in der Türkei derart Fuß fassen könnten, dass eine reale Existenzmöglichkeit dort bestünde. Die Kinder sind für die Existenzsicherung auf die Mutter angewiesen. Die Klägerin jedoch ist, das darf trotz ihrer erheblichen Strafbarkeit nicht verkannt werden, krank, weil heroinsüchtig. Sie hat trotz zweier umfangreicher Therapien immer wieder einen Rückfall erlitten. Zwar muss (vgl. § 42 AsylvfG) auf Grund der unanfechtbaren Asylentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 20.7.2000 davon ausgegangen werden, dass die Heroinsucht der Klägerin in der Türkei im Fall einer Rückkehr behandelt werden kann. Im übrigen hätte wohl auch in der Sache nach nichts für ein Abschiebungshindernis gesprochen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.2.2003 - A 12 S 939/02 - VENSA sowie VG Freiburg, Urt. v. 21.11.2003 - 1 K 205/02 - VENSA). Die negativen Auswirkungen auf die Familie sowie die mit dem Zwang zu einer auch nur vorübergehenden Integration in der Türkei einhergehende Überlastung der persönlichen und sozialen Kräfte der Klägerin sind damit jedoch nicht bindend verneint worden. Maßnahmen aber, die Familienmitglieder an einem Zusammenleben hindern bzw. auseinanderreißen, stellen einen sehr schwerwiegenden Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht dar (EGMR, Urt. v. 31.1.2006 - 50252/99 [Sezen] - InfAuslR 2006, 255). Das gilt umso mehr hier, wo die Klägerin und ihre Kinder sich in einer zweifellos problematischen Lebenssituation befinden, und gerade deshalb besonders aufeinander angewiesen sind, um ein Mindestmaß an Stabilität zu gewährleisten. Ausgehend von einem Aufenthaltsrecht der Kinder wird auch die Klägerin wieder einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis geltend machen können. Insoweit liegt nämlich eine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 AufenthG vor.
38 
Der Gesichtspunkt einer von der Klägerin angesichts späterer einschlägiger Betäubungsmittelstraftaten auch im heutigen Zeitpunkt ausgehenden Wiederholungsgefahr muss vor diesem gesamten Hintergrund zurücktreten. Begreift man, wie oben dargelegt, ihre gesamte persönliche und auch familiäre Situation als äußerst problematisch, so mag sogar zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass die zuletzt erfolgte Verurteilung vom 30.9.2004 durch das Amtsgericht Villingen-Schwenningen eine Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung aussprach. Wenngleich ein solcher Umstand zwar tatsächliches Gewicht hat, gleichwohl aber im ordnungsrechtlichen Kontext nicht ausländerrechtliche Maßnahmen der Spezialprävention verhindern muss, so ist doch zu beachten, dass offensichtlich auch das Strafgericht der Möglichkeit einer Resozialisierung der Klägerin für ihre Person eine besonders wichtige Bedeutung zugemessen hat.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; das Gericht hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieses Urteils folgendes gilt: (Rechtsmittelbelehrung).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2007 - 16 K 2916/06 - wird zugelassen, soweit dieses die Verfügung der Beklagten vom 16.9.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.7.2006 aufhebt und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Besuchs der Technischen Oberschule zu erteilen.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2007 - 16 K 2916/06 - wird abgelehnt, soweit dieses die Klage im Übrigen abweist.

Insoweit trägt die Klägerin die Kosten des Zulassungsverfahrens. Diesbezüglich wird der Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die Kostenentscheidung im Übrigen bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

 
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat Erfolg (I.). Hingegen ist der Zulassungsantrag der Klägerin abzulehnen (II.).
I.
Der rechtzeitig gestellte (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat sachlich Erfolg. Sie hat jedenfalls in einem entscheidungserheblichen Punkt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ausreichend konkret dargelegt; insoweit ist dieser Zulassungsgrund auch inhaltlich gegeben (siehe § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Ob daneben auch noch aus anderen Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder der ebenfalls geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vorliegt, kann daher offen bleiben.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris und vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.4.1997 - 8 S 1040/97 -, VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.7.1997 - 7 S 216/98 -, VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden; erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30.6.2006 - 5 B 99/05 -, juris). Selbst wenn aber - auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezogen - rechtliche Zweifel im oben genannten Sinn gegeben sind, ist ein Zulassungsantrag abzulehnen, wenn das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig ist; in diesem Fall wird nämlich ein Berufungsverfahren nicht zu einer Abänderung im Sinn des jeweiligen Beteiligten führen (siehe BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004, a.a.O.).
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 24.10.2007 die Beklagte dazu verpflichtet, der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Besuchs der Technischen Oberschule zu erteilen. Dem hält die Beklagte entgegen, das Gericht habe hiermit zu Unrecht eine überraschende Klageänderung zugelassen und ihr damit die Möglichkeit genommen, selbst über diesen von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zu entscheiden und hierbei Ermessen auszuüben. Den geänderten Aufenthaltszweck habe ihr die Klägerin zuvor nicht mitgeteilt; die Beklagte habe erst in der mündlichen Verhandlung erfahren, dass die Klägerin nunmehr die zuvor absolvierte Ausbildung zur Modedesignerin abgeschlossen und sich im Sommer 2007 an der Technischen Oberschule zur Weiterbildung angemeldet habe.
Dieses Vorbringen ist geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen. Hierbei ist davon auszugehen, dass die an die Beklagte zu stellenden Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes erheblich reduziert sind. Fehlen in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wie hier jegliche Ausführungen zu einem bestimmten Problemkreis, dürfen auch die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel nicht überspannt werden. Denn der Darlegungsaufwand richtet sich (auch) nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Auszugehen ist davon, dass - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - eine Klageänderung i.S.v. § 91 Abs. 1 VwGO vorliegt. Es handelt es sich bei dem Aufenthaltszweck des Besuchs der Technischen Oberschule um einen neuen Streitgegenstand. In Bezug auf den ursprünglich begehrten Zuzug der volljährigen Klägerin zu ihren Adoptiveltern auf der Grundlage des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegt dies auf der Hand. Gleiches gilt aber auch im Vergleich zu dem mittlerweile beendeten Besuch eines Berufskollegs mit dem Ziel der Ausbildung zur Modedesignerin. Zwar handelt es sich auch insoweit um eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausbildung, die nach dem dritten Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes zu beurteilen ist. Dennoch liegt im Vergleich zu dem jetzigen Besuch der Technischen Oberschule ein geänderter Aufenthaltszweck vor. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung knüpft an eine bestimmte konkrete Ausbildung an. Dies ergibt sich insbesondere aus der Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, die auch im Rahmen des hier als Anspruchsgrundlage kommenden § 16 Abs. 5 AufenthG anwendbar ist (§ 16 Abs. 5 Satz 2 AufenthG). Danach soll einem Ausländer die Aufenthaltserlaubnis nicht für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt oder verlängert werden, sofern nicht ein gesetzlicher Anspruch besteht. Diese Regelung würde leer laufen, wenn ein Ausländer die Ausbildung, die Grundlage der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis ist, nach Belieben und ohne Voraussetzungen wechseln dürfte. Aus dem Erfordernis eines bestimmten Zwecks folgt vielmehr, dass dieser klar und eindeutig umrissen sein muss (vgl. zur früheren Rechtslage BVerwG, Beschluss vom 3.3.1994 - 1 B 190.93 -, NVwZ 1995, 1125; zur aktuellen Rechtslage Bay. VGH, Beschluss vom 21.6.2007 - 24 CS 06.3454 - und Hamb. OVG, Beschluss vom 14.11.2007 - 3 Bs 232/07 - jew. juris). Eine wie hier im Hinblick auf eine Ausbildung zur Modedesignerin erteilte Aufenthaltserlaubnis schließt den Besuch einer Technischen Oberschule mit dem Ziel, die Fachhochschulreife zu erwerben, nicht ein.
Ob das Verwaltungsgericht angenommen hat, es liege schon keine Klageänderung vor, oder ob es diese für zulässig gehalten hat, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen, da es keine Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage enthält. Ernstliche Zweifel bestehen jedoch unabhängig von der Frage, ob hier eine unzulässige Klageänderung vorliegt. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, spricht Vieles dafür, dass jedenfalls die Klage in Bezug auf den geänderten Aufenthaltszweck unzulässig sein könnte. Denn es fehlt an einem vorherigen Antrag bei der Verwaltung und demzufolge auch an der Durchführung eines Verwaltungs- und eines Vorverfahrens. Die Zulässigkeit einer Klageänderung entbindet das Gericht nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört grundsätzlich, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen, falls nicht die Voraussetzungen des § 75 VwGO vorliegen (wofür hier nichts ersichtlich ist). Aus Gründen der Prozessökonomie darf die Anwendung zwingenden Verfahrensrechts nicht unterbleiben. Grundsätzlich ist es zunächst Sache der Verwaltung, sich mit den Ansprüchen zu befassen, die ein Bürger geltend macht. Gerichte sind dazu berufen, das Handeln der Verwaltung auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen, nicht aber dazu, sich an deren Stelle zu setzen und originär über erstmals vor Gericht geltend gemachte Ansprüche zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.1.1986 - 5 C 36/84 -, NVwZ 1987, 412; OVG Nordr.-Westf., Urteil vom 7.11.1996 - 7 A 4820/95 -; OVG Saarl., Beschluss vom 22.6.1994 - 3 W 1/94 -).
II.
Der auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und auf die besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat hingegen keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat die Klägerin schon nicht in ausreichender Weise dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs scheitere hier schon an der Sperrwirkung des § 16 Abs. 2 AufenthG; ein gesetzlicher Anspruch bestehe nicht, weil die hier in Betracht kommenden §§ 28 Abs. 4, 36 AufenthG keinen solchen Anspruch vermittelten. Hiermit setzt sich die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht substantiiert auseinander. Sie behauptet zwar, dass hier ein „klarer Ausnahmefall“ von der in § 16 Abs. 2 AufenthG angeordneten Sperrwirkung vorliege. Sie legt aber in keiner Weise dar, weshalb ihrer Ansicht nach ein solcher Ausnahmefall gegeben sein soll.
10 
Die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel sind auch in Bezug auf die weiteren Ausführungen der Klägerin nicht erfüllt, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 AufenthG lägen vor, insoweit werde auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen. Der bloße Verweis auf das erstinstanzliche Vorbringen stellt schon grundsätzlich nicht die gebotene Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124a, Rdnr. 49). Gerade im vorliegenden Fall gilt dies sogar in besonderem Maße. Denn sowohl vor der Verwaltung als auch im Gerichtsverfahren hatte die Klägerin eine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG noch damit begründet, im Falle ihrer Aufenthaltsbeendigung drohten schwerwiegende psychische Folgen für ihren Adoptivvater. Weshalb nach dessen Tod weiterhin eine außergewöhnliche Härte gegeben sein soll, müsste daher schon deshalb besonders begründet werden, weil diese Frage nicht Gegenstand des erstinstanzlichen schriftlichen Vorbringens der Klägerin gewesen ist.
11 
2. Die Klägerin hat auch keine Gründe dargelegt, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Annahme besonderer Schwierigkeiten im vorgenannten Sinn setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeit zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht signifikant, d.h. erheblich von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen unterscheidet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124, Rdnr. 9).
12 
Dass die Rechtssache gemessen hieran besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen könnte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Bei dem Zusammenspiel von Erwachsenenadoption und Aufenthaltsrecht, auf das die Klägerin verweist, handelt sich um ein in der verwaltungsgerichtlichen Praxis keinesfalls ungewöhnliches Problem. Dass die Entscheidungsrelevanz der Frage, wie sich eine eventuelle Ausreise der Klägerin auf ihre Adoptiveltern auswirken könne, die Notwendigkeit von „erheblich breiteren Feststellungen“ als im Normalfall erfordern soll, hat die Klägerin nicht dargelegt, sondern nur pauschal behauptet. Schließlich folgt allein aus dem Umstand, dass die Kammer den Rechtsstreit nicht nach § 6 Abs. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen hat, ebenfalls nicht zwangsläufig, dass die Annahme besonderer Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gerechtfertigt wäre (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 8).
III.
13 
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der zugelassenen Berufung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
14 
Im Übrigen (soweit der Zulassungsantrag abgelehnt wird) trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Insoweit ist der Streitwert nach § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festzusetzen.
15 
Diese Entscheidung ist für die Klägerin unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein türkischer Staatsangehöriger, begehrt die Aufhebung einer bestandskräftigen Ausweisungsverfügung.
Der am ... in der Türkei geborene, ledige Kläger reiste Ende 1995 zusammen mit seiner Mutter und seinen Geschwistern zu dem bereits in der Bundesrepublik in ... als anerkannter Asylberechtigter lebenden Vater ein. Durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 16.12.1998 wurde er wegen Diebstahls in einem erschwerten Fall zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung auf die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Nach einem Vorfall im März 1999 wurde er erstmals festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe leitete daraufhin ein Ausweisungsverfahren ein. Während der Zeit der Untersuchungshaft wurde er wegen anderer Vorfälle durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.06.1999 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, gemeinschaftlichen Diebstahls in vier Fällen, Hausfriedensbruchs, Diebstahls in einem erschwerten Fall, versuchten Diebstahls einer geringwertigen Sache und Beleidigung unter Einbeziehung der Verurteilung vom 16.12.1998 zu der einheitlichen Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt.
Wegen des Vorfalls im März 1999 wurde er durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 wegen versuchten gemeinschaftlichen Diebstahls in einem erschwerten Fall unter Einbeziehung der Verurteilung vom 09.06.1999 zu der Jugendstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.
Mit Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.05.2000 wurde der Kläger aus der Bundesgebiet ausgewiesen. Die Ausweisung beruhe auf § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG; danach werde ein Ausländer in der Regel ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren oder zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden sei. § 48 Abs. 2 Satz 2 AuslG stehe der Ausweisung auf dieser Grundlage nicht entgegen; über die Ausweisung sei auch nicht nach § 47 Abs. 3 Satz 3 AuslG nach Ermessen zu entscheiden. Die Ausweisung sei aus spezialpräventiven Gründen geboten; im Wege einer Gesamtschau sei bei dem Kläger von einer bereits verfestigten Neigung zur Anwendung physischer Gewalt als Mittel der Problembewältigung in tatsächlichen oder vermeintlichen Konflikt- und Belastungssituationen auszugehen. Nach Abwägung aller Umstände liege kein Ausnahmefall im Sinne eines atypischen Geschehensablaufes vor, der so bedeutsam sei, dass er das Gewicht der gesetzlichen Regel beseitige. Die Ausweisung des Klägers sei deshalb geboten und insbesondere auch verhältnismäßig. Selbst wenn ein atypischer Sachverhalt vorliegen würde, wäre die Ausweisung aus Ermessensgründen dringend erforderlich und geboten. Die Ausweisung sei weiterhin auch aus generalpräventiven Gründen geboten. Ihr stünden weder Art. 6 Abs. 1 GG noch Art. 8 Abs. 1 EMRK entgegen. Schließlich bilde auch der Assoziationsratsbeschluss keine Ausweisungsschranke.
Durch Beschluss des Amtsgerichts ... vom 13.06.2000 wurde die Restjugendstrafe am 13.07.2000 zur Bewährung ausgesetzt und die Bewährungszeit auf drei Jahre festgesetzt. Am 20.03.2001 wurde der Kläger erneut festgenommen und in Untersuchungshaft genommen. Durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 wurde er sodann wegen des gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zehn Fällen sowie des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 zu drei Jahren Jugendstrafe verurteilt. In dem Urteil ist ausgeführt, am 14.11.2001 könne der Kläger eine Entziehungsbehandlung beginnen.
Mit Urteil vom 19.12.2001 (10 K 1405/00) wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage gegen die Ausweisungsverfügung ab. Maßgeblicher Zeitpunkt der gerichtlichen Beurteilung sei nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung derjenige des Erlasses der letzten Behördenentscheidung. Etwas anderes gelte auch nicht für Unionsbürger oder andere freizügigkeitsberechtigte Ausländer, so dass dahin stehen könne, ob der Kläger Freizügigkeit genieße. Die Ausweisung auf der Grundlage von § 47 Abs. 2 Nr. 1 AuslG und die Abschiebungsandrohung seien rechtmäßig. Insbesondere liege ein Regel- und kein Ausnahmefall vor. Die Möglichkeit einer Drogentherapie könne wegen des maßgeblichen Zeitpunkts nicht berücksichtigt werden. Abgesehen davon habe der Prozessbevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung auch angegeben, diese Möglichkeit habe sich durch eine erneute Anklage zwischenzeitlich zerschlagen. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass sich eine Beurteilung der Ausweisung nach der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung auch zu Lasten des Klägers auswirken würde, weil das nach der Ausweisungsverfügung ergangene Urteil des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 Rechtskraft erlangt habe. Deshalb habe der Kläger zwischenzeitlich einen Ist-Ausweisungsgrund verwirklicht, der die Ausländerbehörde zu seiner Ausweisung zwingen würde. Durch Beschluss vom 13.03.2002 (11 S 2630/01) lehnte der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil ab.
Aufgrund der in dem verwaltungsgerichtlichen Urteil angesprochenen erneuten Anklage wurde der Kläger durch Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.01.2002 wegen gemeinschaftlichen Raubes unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts ... vom 19.09.2001 zu drei Jahren und sechs Monaten Jugendstrafe verurteilt.
Am 02.08.2002 beschloss das Amtsgericht ..., von der weiteren Vollstreckung der Jugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten aus dem Urteil des Landgerichts Rottweil vom 09.01.2002 gem. § 456a StPO zum Zeitpunkt einer Abschiebung aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abzusehen. Am 16.09.2002 wurde der Kläger sodann aus der Haft heraus in die Türkei abgeschoben. Dort absolvierte er zunächst 15 Monate bis Ende 2003 seinen Wehrdienst und arbeitete anschließend in ... im Lokal seines Onkels als Kellner.
Im Dezember 2004 reiste der Kläger ohne Visum wieder in das Bundesgebiet ein. Am 19.01.2005 erließ das Amtsgericht ... gegen ihn Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts, am 13.01.2005 eine Sparkassenfiliale in ... überfallen zu haben. Er wurde am selben Tag festgenommen und in Untersuchungshaft genommen, die von 10.02.2005 bis 21.10.2005 zur Verbüßung der Reststrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts ... vom 09.01.2002 unterbrochen wurde. Durch Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 wurde er wegen schweren Raubes, der unerlaubten Einreise in das Bundesgebiet und der Urkundenfälschung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
10 
Am 21.08.2006 ging bei dem Beklagten ein Telefax des Prozessbevollmächtigten des Klägers ein, in dem dieser die Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 beantragt. Der Antrag wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Verfügung, legt man die neuere Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei; sie könne daher nicht aufrechterhalten werden. Der Kläger nahm auch durch handschriftliche Schreiben selbst Stellung. Er bittet das Regierungspräsidium noch um eine Chance. Seine Familie und seine größte Sozialbindung sei in Deutschland. Er habe riesige Fehler gemacht, die er heute sehr bereue und gerne wieder gutmachen möchte. Er habe versucht, nach der Abschiebung in der Türkei zu leben; das habe aber nicht geklappt, weil die Kultur und das Land ihm vollkommen fremd gewesen seien.
11 
Der Antrag wurde durch Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 abgelehnt. Das Regierungspräsidium geht davon aus, dass ein Anspruch auf Rücknahme nur bestehe, wenn die Aufrechterhaltung des bestandskräftigen Verwaltungsakts nach den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte schlechthin unerträglich sei. Ein solcher Fall sei aber nicht gegeben. Insbesondere leide die Verfügung nicht an einer offensichtlichen Rechtswidrigkeit. Die Ausweisung sei entsprechend der damals gängigen Praxis verfügt worden und habe auch der gerichtlichen Prüfung standgehalten. Die heute festzustellende Rechtswidrigkeit sei erst mehrere Jahre nach Erlass durch diverse Urteile auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene festgestellt worden. Weiterhin ließen die Umstände die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit nicht als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen. Denn selbst im Falle einer Rücknahme des Ursprungsbescheids müsste im Hinblick auf das erneute Fehlverhalten des Klägers sofort eine neue Ausweisungsentscheidung ergehen, welche auch unter Berücksichtigung der inzwischen geänderten Rechtsprechung in jedem Fall rechtmäßig sein dürfte. Aufgrund der erneuten Straffälligkeit, die durch das Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 belegt sei, sei auch weiterhin von einer solch erheblichen Wiederholungsgefahr auszugehen, dass im Hinblick auf die Gesamtbiographie die für die Ausweisung sprechenden Gründe ein solch überragendes Gewicht hätten, dass sie die Ausweisung trotz möglicherweise zwischenzeitlich entstandener starker persönlicher Bindungen nach Deutschland und dem damit verbundenen Eingriff in Art. 8 EMRK dennoch rechtfertigen würden. Auch sei der Kläger in der Türkei aufgewachsen, habe dort einen Schulabschluss erreicht und vor seiner illegalen Rückkehr nach Deutschland im Cafe seines Onkels gearbeitet; hieraus ergebe sich, dass der Kläger in jedem Fall auch über Beziehungen in die Türkei verfüge. Schließlich lasse auch der Umstand, dass der Ursprungsbescheid zweifellos gemeinschaftsrechtswidrig sei, seine Aufrechterhaltung nicht als unerträglich erscheinen.
12 
Der Kläger hat am 18.10.2007 Klage erhoben. Er beantragt,
13 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 aufzuheben.
14 
Zur Begründung verweist der Kläger auf sein früheres Vorbringen. Er ergänzt dieses im Wesentlichen folgendermaßen: Er habe keine Möglichkeiten, sich noch in der Türkei einzugliedern. Es bestünden enge Verbindungen zur Familie, die sich vollständig hier im Bundesgebiet befinde und abgesichert sei. Die letzte Straftat könne auch nur im Zusammenhang mit der Ausweisung und der Unmöglichkeit, sich in der Türkei zu integrieren, gesehen werden.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Zur Begründung verweist er auf den angegriffenen Bescheid. Zusätzlich sei zu berücksichtigen, dass der Kläger volljährig und deshalb nicht zwingend auf ein Zusammenleben mit seiner Familie angewiesen sei. Der Kläger habe sich vor seiner Abschiebung gerade einmal sechs Jahre in Deutschland aufgehalten, davon fast die Hälfte in Haft. Er sei in dieser Zeit erheblich straffällig geworden. Ausweislich des Urteils des Amtsgerichts ... vom 18.08.1999 sei dem Kläger eine Integration in Deutschland im Zeitpunkt seiner Ausweisung offensichtlich nicht gelungen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass nun plötzlich eine Integration in die deutsche Gesellschaft, einhergehend mit einer völligen Entfremdung von der Türkei, eingetreten sei.
18 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die dem Gericht vorliegenden Behörden- und Gerichtsakten (2 Bände Ausländerakte des Regierungspräsidiums Karlsruhe, 1 Band Ausländerakte der Stadt ..., Akten der Verfahren des VG Karlsruhe 10 K 1405/00, 10 K 1561/00, 10 K 1887/00 und 10 K 2615/01, 4 Bände Akten des Verfahrens 43 Js 1170/05) sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 17.04.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000; die Aufhebung dieser Verfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft abgelehnt worden. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahme nicht vorliegen.
21 
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahmevoraussetzung der Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Verwaltungsakt, um dessen Aufhebung gestritten wird, zum Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrte (BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17 [NVwZ 2008, 326]).
22 
Im vorliegenden Fall steht der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 gemäß § 121 VwGO die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2005 - 2 K 3426/04 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 29.01.2008 - 5 K 1386/07 -). Aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils steht zwischen den Beteiligten verbindlich fest, dass die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 rechtmäßig ergangen ist. Auch die Kammer ist aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils an der (erneuten) Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit gehindert.
23 
Obwohl es hierauf nicht ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass sie sich - wie auch die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - der in dem angefochtenen Bescheid vom 17.09.2007 geäußerten Annahme, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 sei rechtswidrig oder gar „zweifellos“ rechtswidrig, nicht ohne eine erneute, in die Details gehende Prüfung anschließen könnte. Die Annahme des Klägers, die Verfügung sei schon deswegen rechtswidrig, weil die Drogentherapie im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht berücksichtigt wurde, ist äußerst zweifelhaft. Denn der Kläger übersieht, dass sich die Möglichkeit einer Drogentherapie wegen seiner erneuten Inhaftierung ohnehin zerschlagen hatte. Des Weiteren hätte sich die erneute Verurteilung vom 19.09.2001 bei Annahme des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung als maßgeblichem Zeitpunkt für die Bestimmung der Sach- und Rechtslage auch zu dessen Lasten ausgewirkt, worauf das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht hingewiesen hat. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium Karlsruhe in der Ausweisungsweisungsverfügung auch hilfsweise Ermessenserwägungen angestellt. Eine solche Ermessensausweisung wäre wohl nach neuerer Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -) und möglicherweise auch wegen des Vorliegens eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erforderlich gewesen. Allenfalls wäre die Ausweisung wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG „unheilbar“ rechtswidrig (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.08.2007 - 1 C 47.06 -, juris [= DVBl 2007, 1377]. An einer erneuten Prüfung in der Sache ist die Kammer aber - wie bereits angeführt - gehindert.
24 
Aus der Annahme, die Ausweisungsverfügung sei „zweifellos rechtswidrig“, kann der Kläger entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nichts für sich herleiten. Eine wie auch immer geartete feststellende Wirkung geht hiervon nicht aus.
25 
Da § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Rücknahme des ursprünglich rechtswidrigen Verwaltungsakts betrifft, kommt eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung wegen zwischenzeitlich eingetretener Umstände, die nicht von der Bindungswirkung des klageabweisenden Urteils erfasst sind, nicht in Betracht.
26 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Widerrufs nicht vorliegen.
27 
Gemäß § 49 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
28 
a) Dem Widerruf dürfte die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht entgegenstehen. Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 07.04.2005 (2 K 3426/04) entschieden, dass der Beklagte durch die Rechtskraft eines eine Ausweisungsverfügung betreffenden Urteils nicht daran gehindert ist, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihm erlassenen belastenden Verwaltungsakts zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dafür, dass die Rechtskraft nicht entgegensteht, spricht auch, dass der Widerruf in erster Linie rechtmäßige Verwaltungsakte betrifft. Das die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 würde somit durch einen Widerruf überhaupt nicht in Frage gestellt.
29 
b) Zum Verhältnis von Widerruf einer Ausweisung und der Befristung ihrer Wirkungen hat das Bundesverwaltungsgericht (jüngst wieder Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, juris Rn. 13 [NVwZ 2008, 82]) entschieden, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 49 (L)VwVfG jedenfalls dann ausscheidet, wenn es um die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen geht, die für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erheblich sind. In diesen Fällen kommt auch ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahren nicht in Betracht. Ob und inwieweit neben der speziell geregelten Befristung überhaupt Bedarf und Raum für den Widerruf sowie das Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens im Hinblick auf eine nachträgliche Änderung der Rechtslage bleibt, hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen bislang offen gelassen.
30 
Im vorliegenden Fall stützt sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen darauf, dass die ursprüngliche Ausweisungsverfügung, legt man die zwischenzeitlich vollzogenen Änderungen der Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei. Weiterhin verweist der Kläger selbst auf seine angeblichen Integrationsschwierigkeiten in der Türkei sowie die angeblich nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr. Es werden somit auch, aber nicht nur Sachverhaltsänderungen vorgebracht (Änderung der Rechtsprechung).
31 
Die Kammer braucht sich dennoch nicht mit dem Verhältnis des Widerrufs der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 und der Befristung ihrer Wirkungen auseinanderzusetzen. Denn ein Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 kommt schon aus einem anderen Grund nicht in Betracht.
32 
c) Der Kläger müsste nämlich sofort erneut ausgewiesen werden (vgl. § 49 Abs. 1 LVwVfG).
33 
Rechtsgrundlage für eine Ausweisungsverfügung wäre § 53 Nr. 1 AufenthG. Hiernach wird ein Ausländer u.a. ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlichen Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Die Voraussetzung einer Ausweisung nach dieser Bestimmung erfüllt der Kläger, denn er wurde durch das - im Hinblick auf eine Ausweisung noch nicht verbrauchte - Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
34 
Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 53 AufenthG grundsätzlich eine gebundene Entscheidung vor („wird ausgewiesen“). Eine solche wäre auch im Falle des Klägers zu treffen. Denn dieser kann sich weder auf besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG noch auf eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des ARB 1/80 berufen.
35 
Der Kläger genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG. Er kann sich auf keinen der in dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Tatbestände berufen. Er ist weiterhin mittlerweile 27 Jahre alt und damit nicht mehr Heranwachsender oder gar noch Minderjähriger. Dies war er im Übrigen auch zum Zeitpunkt des Banküberfalls im Januar 2005 nicht mehr. Schon aus diesem Grund kommt dem Kläger auch kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 2 AufenthG zugute.
36 
Die Bestimmungen des ARB 1/80 stehen einer Ausweisung des Kläger auf der Grundlage von § 53 AufenthG und damit aufgrund einer gebundenen Entscheidung auch nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger jemals eine - ausschließlich in Betracht kommende, von seinem Vater abgeleitete - Aufenthaltsberechtigung nach Art. 7 Satz 1 ARB erworben hat. Denn durch die gerichtlich bestätigte und damit als rechtmäßig anzusehende Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 wäre dem Kläger eine gegebenenfalls zustehende Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung gleichfalls aberkannt worden. Damit stellt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht die Frage der Anwendbarkeit des Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG auf türkische, ARB-berechtigte Staatsangehörige.
37 
3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG mit dem Ziel einer Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000.
38 
Gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Der Antrag ist gemäß § 51 Abs. 2 LVwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Der Antrag muss schließlich gemäß § 51 Abs. 3 LVwVfG binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
39 
Einem Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG stünde die Rechtskraft des Urteils vom 19.12.2001 nicht entgegen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78.88 -, juris Rn. 8 f. [= BVerwGE 82, 272]) im Hinblick auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 (L)VwVfG entschieden; die entsprechende Argumentation dürfte auch auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 (L)VwVfG übertragbar sein (siehe auch Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 121 Rn. 20).
40 
Es ist jedoch keine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG eingetreten. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt; dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, juris Rn. 31 [= VBlBW 2008, 68]). Eine Änderung der Rechtslage in diesem Sinne, die sich zugunsten des Kläger auswirken könnte, ist nicht eingetreten.
41 
Nachträgliche Änderungen der Sachlage sind, wie oben ausgeführt, nur im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung beachtlich.
III.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der in § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Gründe (grundsätzliche Bedeutung der Sache bzw. Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung vorliegt).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (vgl. Nr. 8.2 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08. Juli 2004).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
19 
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000; die Aufhebung dieser Verfügung ist auch nicht ermessensfehlerhaft abgelehnt worden. Der Bescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 17.09.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
20 
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Rücknahme nicht vorliegen.
21 
Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Die Rücknahmevoraussetzung der Rechtswidrigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist grundsätzlich dann gegeben, wenn der Verwaltungsakt, um dessen Aufhebung gestritten wird, zum Zeitpunkt seines Erlasses einer Rechtsgrundlage entbehrte (BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17 [NVwZ 2008, 326]).
22 
Im vorliegenden Fall steht der gerichtlichen Inzidentprüfung der Rechtswidrigkeit der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 gemäß § 121 VwGO die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -, juris Rn. 17; VG Karlsruhe, Urt. v. 07.04.2005 - 2 K 3426/04 -; VG Karlsruhe, Urt. v. 29.01.2008 - 5 K 1386/07 -). Aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils steht zwischen den Beteiligten verbindlich fest, dass die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 rechtmäßig ergangen ist. Auch die Kammer ist aufgrund der Rechtskraft dieses Urteils an der (erneuten) Prüfung ihrer Rechtmäßigkeit gehindert.
23 
Obwohl es hierauf nicht ankommt, weist die Kammer darauf hin, dass sie sich - wie auch die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung - der in dem angefochtenen Bescheid vom 17.09.2007 geäußerten Annahme, die Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 sei rechtswidrig oder gar „zweifellos“ rechtswidrig, nicht ohne eine erneute, in die Details gehende Prüfung anschließen könnte. Die Annahme des Klägers, die Verfügung sei schon deswegen rechtswidrig, weil die Drogentherapie im Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht berücksichtigt wurde, ist äußerst zweifelhaft. Denn der Kläger übersieht, dass sich die Möglichkeit einer Drogentherapie wegen seiner erneuten Inhaftierung ohnehin zerschlagen hatte. Des Weiteren hätte sich die erneute Verurteilung vom 19.09.2001 bei Annahme des Zeitpunkts der mündlichen Verhandlung als maßgeblichem Zeitpunkt für die Bestimmung der Sach- und Rechtslage auch zu dessen Lasten ausgewirkt, worauf das Verwaltungsgericht Karlsruhe zu Recht hingewiesen hat. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium Karlsruhe in der Ausweisungsweisungsverfügung auch hilfsweise Ermessenserwägungen angestellt. Eine solche Ermessensausweisung wäre wohl nach neuerer Rechtsprechung des BVerwG (Urt. v. 23.10.2007 - 1 C 10.07 -) und möglicherweise auch wegen des Vorliegens eines Aufenthaltsrechts nach Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 erforderlich gewesen. Allenfalls wäre die Ausweisung wegen Verstoßes gegen Art. 9 der Richtlinie 64/221/EWG „unheilbar“ rechtswidrig (vgl. hierzu BVerwG, Urt. v. 09.08.2007 - 1 C 47.06 -, juris [= DVBl 2007, 1377]. An einer erneuten Prüfung in der Sache ist die Kammer aber - wie bereits angeführt - gehindert.
24 
Aus der Annahme, die Ausweisungsverfügung sei „zweifellos rechtswidrig“, kann der Kläger entgegen seiner in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung nichts für sich herleiten. Eine wie auch immer geartete feststellende Wirkung geht hiervon nicht aus.
25 
Da § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG die Rücknahme des ursprünglich rechtswidrigen Verwaltungsakts betrifft, kommt eine Rücknahme der Ausweisungsverfügung wegen zwischenzeitlich eingetretener Umstände, die nicht von der Bindungswirkung des klageabweisenden Urteils erfasst sind, nicht in Betracht.
26 
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000. Er hat auch keinen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hierüber, weil schon die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Widerrufs nicht vorliegen.
27 
Gemäß § 49 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
28 
a) Dem Widerruf dürfte die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 nicht entgegenstehen. Die Kammer hat bereits mit Urteil vom 07.04.2005 (2 K 3426/04) entschieden, dass der Beklagte durch die Rechtskraft eines eine Ausweisungsverfügung betreffenden Urteils nicht daran gehindert ist, unter Beachtung des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung auf die Durchsetzung des von ihm erlassenen belastenden Verwaltungsakts zu verzichten oder den begehrten begünstigenden Verwaltungsakt zu erlassen. Dafür, dass die Rechtskraft nicht entgegensteht, spricht auch, dass der Widerruf in erster Linie rechtmäßige Verwaltungsakte betrifft. Das die Rechtmäßigkeit der Ausweisung bestätigende Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 19.12.2001 würde somit durch einen Widerruf überhaupt nicht in Frage gestellt.
29 
b) Zum Verhältnis von Widerruf einer Ausweisung und der Befristung ihrer Wirkungen hat das Bundesverwaltungsgericht (jüngst wieder Urt. v. 04.09.2007 - 1 C 21.07 -, juris Rn. 13 [NVwZ 2008, 82]) entschieden, dass ein Rückgriff auf die allgemeine Vorschrift des § 49 (L)VwVfG jedenfalls dann ausscheidet, wenn es um die Berücksichtigung von Sachverhaltsänderungen geht, die für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erheblich sind. In diesen Fällen kommt auch ein Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahren nicht in Betracht. Ob und inwieweit neben der speziell geregelten Befristung überhaupt Bedarf und Raum für den Widerruf sowie das Wiederaufgreifen des Ausweisungsverfahrens im Hinblick auf eine nachträgliche Änderung der Rechtslage bleibt, hat das Bundesverwaltungsgericht dagegen bislang offen gelassen.
30 
Im vorliegenden Fall stützt sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Wesentlichen darauf, dass die ursprüngliche Ausweisungsverfügung, legt man die zwischenzeitlich vollzogenen Änderungen der Rechtsprechung zugrunde, rechtswidrig sei. Weiterhin verweist der Kläger selbst auf seine angeblichen Integrationsschwierigkeiten in der Türkei sowie die angeblich nicht mehr bestehende Wiederholungsgefahr. Es werden somit auch, aber nicht nur Sachverhaltsänderungen vorgebracht (Änderung der Rechtsprechung).
31 
Die Kammer braucht sich dennoch nicht mit dem Verhältnis des Widerrufs der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 und der Befristung ihrer Wirkungen auseinanderzusetzen. Denn ein Widerruf der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 kommt schon aus einem anderen Grund nicht in Betracht.
32 
c) Der Kläger müsste nämlich sofort erneut ausgewiesen werden (vgl. § 49 Abs. 1 LVwVfG).
33 
Rechtsgrundlage für eine Ausweisungsverfügung wäre § 53 Nr. 1 AufenthG. Hiernach wird ein Ausländer u.a. ausgewiesen, wenn er wegen einer oder mehrerer vorsätzlichen Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Die Voraussetzung einer Ausweisung nach dieser Bestimmung erfüllt der Kläger, denn er wurde durch das - im Hinblick auf eine Ausweisung noch nicht verbrauchte - Urteil des Landgerichts ... vom 08.11.2005 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt.
34 
Auf der Rechtsfolgenseite sieht § 53 AufenthG grundsätzlich eine gebundene Entscheidung vor („wird ausgewiesen“). Eine solche wäre auch im Falle des Klägers zu treffen. Denn dieser kann sich weder auf besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG noch auf eine Aufenthaltsberechtigung aufgrund des ARB 1/80 berufen.
35 
Der Kläger genießt keinen besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 AufenthG. Er kann sich auf keinen der in dessen Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 5 genannten Tatbestände berufen. Er ist weiterhin mittlerweile 27 Jahre alt und damit nicht mehr Heranwachsender oder gar noch Minderjähriger. Dies war er im Übrigen auch zum Zeitpunkt des Banküberfalls im Januar 2005 nicht mehr. Schon aus diesem Grund kommt dem Kläger auch kein besonderer Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 2 AufenthG zugute.
36 
Die Bestimmungen des ARB 1/80 stehen einer Ausweisung des Kläger auf der Grundlage von § 53 AufenthG und damit aufgrund einer gebundenen Entscheidung auch nicht entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger jemals eine - ausschließlich in Betracht kommende, von seinem Vater abgeleitete - Aufenthaltsberechtigung nach Art. 7 Satz 1 ARB erworben hat. Denn durch die gerichtlich bestätigte und damit als rechtmäßig anzusehende Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000 wäre dem Kläger eine gegebenenfalls zustehende Aufenthaltsberechtigung nach dieser Bestimmung gleichfalls aberkannt worden. Damit stellt sich im vorliegenden Verfahren auch nicht die Frage der Anwendbarkeit des Art. 28 der Richtlinie 2004/38/EG auf türkische, ARB-berechtigte Staatsangehörige.
37 
3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG mit dem Ziel einer Aufhebung der Ausweisungsverfügung vom 04.05.2000.
38 
Gemäß § 51 Abs. 1 LVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat (Nr. 1), wenn neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden (Nr. 2), oder wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind. Der Antrag ist gemäß § 51 Abs. 2 LVwVfG nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen. Der Antrag muss schließlich gemäß § 51 Abs. 3 LVwVfG binnen drei Monaten gestellt werden, wobei die Frist mit dem Tag beginnt, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
39 
Einem Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 LVwVfG stünde die Rechtskraft des Urteils vom 19.12.2001 nicht entgegen. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 28.07.1989 - 7 C 78.88 -, juris Rn. 8 f. [= BVerwGE 82, 272]) im Hinblick auf § 51 Abs. 1 Nr. 2 (L)VwVfG entschieden; die entsprechende Argumentation dürfte auch auf § 51 Abs. 1 Nr. 1 (L)VwVfG übertragbar sein (siehe auch Bader u.a., VwGO, 4. Aufl., § 121 Rn. 20).
40 
Es ist jedoch keine nachträgliche Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG eingetreten. Dies ist nur dann anzunehmen, wenn es sich um eine Änderung im Bereich des materiellen Rechts, dem eine allgemein verbindliche Außenwirkung zukommt, handelt; dementsprechend kann eine gerichtliche Spruchpraxis keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG bewirken (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.06.2007 - 13 S 1045/07 -, juris Rn. 31 [= VBlBW 2008, 68]). Eine Änderung der Rechtslage in diesem Sinne, die sich zugunsten des Kläger auswirken könnte, ist nicht eingetreten.
41 
Nachträgliche Änderungen der Sachlage sind, wie oben ausgeführt, nur im Rahmen einer Entscheidung über die Befristung beachtlich.
III.
42 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Zulassung der Berufung kommt nicht in Betracht, da keiner der in § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO genannten Gründe (grundsätzliche Bedeutung der Sache bzw. Abweichung von einer obergerichtlichen Entscheidung vorliegt).
43 
Beschluss
44 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000 festgesetzt (vgl. Nr. 8.2 Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./08. Juli 2004).
45 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Rechtskräftige Urteile binden, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist,

1.
die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger und
2.
im Fall des § 65 Abs. 3 die Personen, die einen Antrag auf Beiladung nicht oder nicht fristgemäß gestellt haben.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Tenor

Ziffer 2 des Bescheids des RP Freiburg vom 4.8.2006 wird aufgehoben. Das beklagte Land - RP Freiburg - wird verpflichtet, die Sperrwirkung der Ausweisung vom 8.10.1999 mit sofortiger (d.h. ab Bekanntgabe des Bescheids eintretender) Wirkung zu befristen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und das beklagte Land jeweils 1/2.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Aufhebung einer unanfechtbaren Ausweisung, hilfsweise die Befristung deren Sperrwirkung.
Die am 14.3.1968 geborene Klägerin ist türkische Staatsangehörige. Ihren Nachnamen trägt sie seit einer am 24.8.2000 geschlossenen und am 22.1.2004 geschiedenen (kinderlosen) Ehe mit einem deutschen Staatsangehörigen. Sie hält sich seit Oktober 1973, als sie mit ihren Eltern einreiste, in Deutschland auf. Erstmals unter dem 24.4.1984 erhielt sie als damals 16-jährige eine Aufenthaltserlaubnis, die in der Folgezeit regelmäßig verlängert wurde und zuletzt bis zum 1.7.1999 befristet war. Die Klägerin ist Mutter von fünf Kindern. Die drei ältesten Kinder (Sohn S., geboren 1985, sowie Zwillingssöhne O. und L., geboren 1988) stammen aus einer am 21.6.1984 mit einem türkischen Landsmann geschlossenen und im März 1993 geschiedenen Ehe und leben beim Vater, der das Sorgerecht für sie hat. Zwei weitere Kinder, die ausschließlich in Deutschland aufgewachsen sind, entstammen einer (nicht-ehelichen) Beziehung zu einem anderen Landsmann und wurden am 17.12.1989 (Tochter Si.) bzw. am 8.12.1996 (Sohn A.) geboren. Die ursprünglich von der Klägerin für diese beiden Kinder ausgeübte elterliche Sorge wurde zunächst mit Beschluss des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 16.2.2004 auf die Mutter der Klägerin übertragen und später mit Beschluss des Amtsgerichts Singen vom 30.5.2006 auf sie zurückübertragen.
Strafrechtlich ist die Klägerin mehrfach in Erscheinung getreten, und zwar u.a. wie folgt:
Rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Konstanz vom 12.8.1999
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 6 Monaten wegen Beihilfe zum Erwerb von Betäubungsmitteln (Heroin) in Tateinheit mit Handeltreiben, wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben, wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Handeltreiben in zwei Fällen, wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in acht Fällen, davon siebenmal in Tateinheit mit Handeltreiben, wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in acht Fällen, wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln in drei Fällen, davon zweimal in Tateinheit mit Handeltreiben ( Tatzeitpunkte: Ende 1996 bis Mitte 1998 ). Die seit Sommer 1997 betäubungsmittelabhängige Klägerin befand sich wegen dieser Taten zunächst vom 4.8.1998 bis 14.10.1998 in U-Haft. Es folgte eine dreiwöchige Mutter-Kind-Kur, in deren Anschluss sie einen Drogenrückfall erlitt. Deshalb wurde sie am 23.4.1999 wieder in U-Haft genommen, ab 16.8.1999 in Strafhaft. Ab 25.8.1999 stellte die Staatsanwaltschaft Konstanz die Vollstreckung der Strafe zurück, damit die Klägerin sich in eine Therapieeinrichtung zur Behandlung ihrer Abhängigkeit begeben konnte. Die stationäre Behandlung erfolgte bis zum 24.2.2000
Rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Villingen-Schwenningen vom 15.11.2002
Freiheitsstrafe von 2 Monaten zur Bewährung wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln (Heroin); Tatzeitpunkt: März/April 2001.
Rechtskräftiges Urteil des Amtsgericht Villingen-Schwenningen vom 30.9.2004
Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren zur Bewährung wegen Besitzes von Betäubungsmitteln (Heroin) in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sowie Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in sieben Fällen, in drei Fällen in Tateinheit mit Erwerb von Betäubungsmitteln, in vier Fällen in Tateinheit mit gewerbsmäßiger Hehlerei ( Tatzeitpunkt: 2003 ). Betreffend die Aussetzung der Strafvollstreckung führte das Strafgericht aus, diese sei „trotz erheblicher Bedenken“, die sich aus dem zweimaligen Bewährungsbruch ergäben, ausgesetzt worden.
10 
In weiteren Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz sah die Staatsanwaltschaft Konstanz von einer Verfolgung ab (Verfügung vom 28.1.2003) bzw. stellte das Verfahren gem. § 154 d Satz 3 StPO ein (Verfügung vom 14.12.2004).
11 
Am 29.6.2006 wurde die Klägerin unerlaubt in der Schweiz angetroffen. Ein Drug-Wipe-Test verlief positiv auf Opiate/Heroin. Die Klägerin ließ sich dahin ein, sie habe einmalig in Zürich Heroin im Wege einer Aufnahme durch die Nase konsumiert.
12 
Wegen der Straftaten, die dem vorgenannten Strafurteil vom 12.8.1999 zu Grunde lagen, wurde die Klägerin mit Verfügung des RP Freiburg vom 8.10.1999 - gestützt auf die Vorschriften der Ist-Ausweisung (§ 47 Abs. 1 AuslG) und unter Verneinung besonderen Ausweisungsschutzes - unbefristet ausgewiesen. Ferner wurde sie zur Ausreise aufgefordert und die Abschiebung in die Türkei angedroht. Vorläufiger Rechtsschutz gegen diese Entscheidung blieb ebenso erfolglos (Beschluss VG Freiburg vom 1.12.1999 - 9 K 2442/99), wie die Anfechtungsklage, die im März 2001 zurückgenommen wurde; ein weiterer Eilantrag, die Abschiebung auszusetzen, war davor erneut durch das VG Freiburg (Beschluss vom 29.6.2000 - 9 K 1230/00) abgelehnt worden. Gleichwohl kam es nicht zu einer - auf den 31.3.2000 vorgesehenen - Abschiebung der Klägerin und ihrer beiden jüngsten Kinder, weil diese nicht aufzufinden waren. Ein am 13.7.2000 für sich und die beiden Kinder gestellter Asylantrag blieb sowohl vor dem Bundesamt (ou-Ablehnung vom 20.7.2000) als auch im asylrechtlichen Eil- und Klageverfahren vor dem VG Freiburg erfolglos. Am 24.8.2000 erfolgte die Heirat des deutschen Staatsangehörigen H. M.. Die Klägerin erhielt in der Folgezeit - bedingt durch diese Verheiratung, durch Ablauf und erforderliche Verlängerung ihrer Personalpapiere, ferner spätere strafrechtliche Ermittlungen sowie einen Härtefallantrag - bis heute Duldungen.
13 
Einen Antrag, die Sperrwirkung der Ausweisung zu befristen, stellte die Klägerin am 11.3.2003. Das RP Freiburg stellte eine Entscheidung bis zum Nachweis über die freiwillige Ausreise zurück. Vom 7.9.2004 bis 7.6.2005 befand sich die Klägerin erneut in einer stationären Entwöhnungsbehandlung. Mit Schreiben vom 7.12.2005 kündigte das RP Freiburg der Klägerin, deren Härtefallantrag zuvor abgelehnt worden war, die Abschiebung an und gab ihr Gelegenheit, bis 23.12.2005 freiwillig auszureisen. Unter dem 11.1.2006 ließ die Klägerin anwaltlich erklären, sie sei zur freiwilligen Ausreise bereit, wenn ihr, in Verbindung mit einer Befristung der Ausweisungswirkungen, ein Recht auf spätere Familienzusammenführung zu ihren Kindern zugesichert werde. Am 26.1.2006 beantragte sie, mit Blick auf eine geänderte Rechtslage das Ausweisungsverfahren wiederaufzugreifen und die Ausweisung zurückzunehmen bzw. hilfsweise zu widerrufen. Zur Begründung gab sie an, im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesverwaltungsgerichts sei die Ausweisung aus dem Jahr 1999 rechtswidrig, weil sie nicht als Ermessensentscheidung ergangen sei und weil gegen die Verfahrensvorschrift des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 64/221/EWG verstoßen worden sei. Da in der Folgezeit keine Entscheidung getroffen wurde, erhob die Klägerin am 29.5.2006 Untätigkeitsklage (1 K 1026/06). Dieses Verfahren wurde auf Grund übereinstimmender Erledigungserklärungen mit Beschluss des Berichterstatters vom 30.8.2006 eingestellt.
14 
Mit vorliegend streitgegenständlichem (und Grund für die Erledigung der zuvor genannten Untätigkeitsklage bildenden) Bescheid vom 4.8.2006 (zugestellt am 10.8.2006) lehnte das RP Freiburg das Wiederaufgreifen des Verfahrens und eine Rücknahme der Ausweisungsentscheidung vom 8.10.1999 ab (Ziff. 1). Ferner wurden die Wirkungen der genannten Ausweisung nachträglich auf 5 Jahre und 6 Monate ab Ausreise der Klägerin befristet (Ziff. 2). Zur Begründung wurde angeführt, ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne gemäß § 51 LVwVfG bestehe nicht. Eine Änderung der Rechtsprechung stelle keine Änderung der Rechtslage dar. Über ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne sei nach Ermessen zu entscheiden. Eine Ermessensreduzierung auf Null liege im Fall der Klägerin nicht vor, weil die Aufrechterhaltung der Ausweisung nicht schlechthin unerträglich sei. Die Klägerin sei bis heute ihrer Ausreisepflicht nicht nachgekommen. Auch nach der Ausweisung sei sie erneut einschlägig straffällig geworden und wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteilt worden. Ferner habe sie sich zweimal unerlaubt in der Schweiz aufgehalten. Dass sie ihre Drogensucht tatsächlich erfolgreich überwunden habe, sei nicht ersichtlich. Immer wieder sei sie rückfällig geworden, zuletzt habe sie nach eigenen Angaben am 28.6.2006 in Zürich Heroin konsumiert. Daraus ergebe sich aber, dass weitere schwere Straftaten konkret zu befürchten seien. Gegen eine Rücknahme spreche auch, dass die Klägerin es versäumt habe, die Ausweisungsverfügung gerichtlich überprüfen zu lassen. Ferner sei für den Fall eines Wegfalls der Wiederholungsgefahr das Befristungsverfahren spezialgesetzlich vorrangig vor demjenigen eines Widerrufs. Im Übrigen hätte auch damals angesichts der tatsächlichen Umstände eine Ermessensausweisung ergehen können. Im Hinblick auf das hohe Rechtsgut der Rechtssicherheit könne das Vorliegen eines formellen Fehlers nicht zur Durchbrechung der Bestandskraft führen. Auch die Entscheidung über eine Rücknahme liege im Ermessen und setze, solle ausnahmsweise eine Reduzierung auf Null erfolgen, voraus, dass die Aufrechterhaltung mit Blick auf die materielle Gerechtigkeit schlechthin unerträglich sei. Ferner verlange Gemeinschaftsrecht grundsätzlich nicht, eine bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen. Bei Berücksichtigung aller Einzelfallumstände sei bedeutsam, dass die Klägerin ihre Klage gegen die Ausweisung Entscheidung zurückgenommen habe. Ferner müsse, wie bereits dargelegt, auch weiterhin von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden. Auch wegen weiterer Ermessenserwägungen könne auf obige Ausführungen verwiesen werden, sodass kein Anlass bestehe, die Ausweisungsentscheidung zurückzunehmen. Bei der Befristung der Sperrwirkung der Ausweisung sei die noch zu § 8 Abs. 2 AuslG ergangene Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums vom 25.1.2002 entsprechend heranzuziehen gewesen. Da die Klägerin nur im Rahmen einer Ermessensentscheidung hätte ausgewiesen werden dürfen, sei folglich Ziff. 1.3.1 einschlägig. Ausgehend von der verhängten Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten liege ein Regelfall von fünf Jahren und sechs Monaten vor. Dabei sei berücksichtigt worden, dass die Ausweisung bereits längere Zeit zurückliege. Allerdings habe sich die Gefahrenprognose nicht zu Gunsten der Klägerin verändert, weil sie erneut einschlägig verurteilt worden und weitere Ermittlungsverfahren nur im Hinblick auf diese Verurteilungen eingestellt worden seien. Die Aussetzung der späteren Freiheitsstrafen zur Bewährung sei trotz erheblichen Bedenken ergangen und ohne die Stellung einer positiven Sozialprognose erfolgt. Absolvierte Drogentherapien seien angesichts von Rückfällen nicht erfolgreich gewesen. Auch der Umstand, dass die Klägerin im Mai 2006 das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten Kinder wieder zurückerhalten habe, stehe nicht entgegen. Die Kinder seien türkische Staatsangehörige und könnten jederzeit mit zurückkehren. Da sie in einer türkischen Großfamilie aufgewachsen seien, müssten sie mit der türkischen Sprache vertraut sein. Andererseits gebe es auch keine Hinweise, dass die Kinder auf eine dauernde Anwesenheit der Klägerin in Deutschland angewiesen seien. Während ihrer Inhaftierung und Drogentherapie hätten sie nämlich nicht zusammengelebt. Vielmehr seien sie von Schwester bzw. Mutter der Klägerin aufgezogen worden. Auch während des unerlaubten Aufenthalts in der Schweiz seien die Kinder bei Verwandten zurückgelassen worden. Am 24.7.2006 habe die Klägerin noch erklärt, sie wolle nicht nach Singen zu ihren Kindern umverteilt werden, sondern im Raum Villingen-Schwenningen bleiben.
15 
Die Klägerin hat am 23.8.2006 Klage erhoben. Sie wiederholt ihren Vortrag zur formellen und materiellen Rechtswidrigkeit der Ausweisung und weist ergänzend darauf hin, gerade durch die Aufrechterhaltung der Ausweisung werde es ihr äußerst schwer gemacht, sich hier zur resozialisieren. Ohne Aufenthaltstitel und nur mit einer Duldung sei sie als Alleinerziehende mit zwei Kindern ungeheuer belastet. Das RP Freiburg verkenne gerade auch die assoziationsrechtlichen Maßgaben, wonach die Begünstigten nur aufgrund einer Ermessensentscheidung ausgewiesen werden dürften und ein deutliches Überwiegen öffentlicher Interessen zu verlangen sei. Betrachte man die Tatsache, dass bislang sieben Jahre vom Vollzug der Ausweisung abgesehen worden sei, und dass sie, die Klägerin, für zwei hier im Bundesgebiet geborene und aufgewachsene Kinder das alleinige Sorgerecht habe, so überwögen jedoch die privaten Interesse deutlich. Ferner würden die Rechte aus Art. 6 GG und Art. 8 EMRK verletzt, weil die beiden Kinder keinerlei Bezug zur Türkei hätten und einen Trennung unverhältnismäßig sei. Schließlich stelle auch die erfolgte Befristungsentscheidung aufgrund der langen Dauer eine unzumutbare Beeinträchtigung dar.
16 
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
17 
den Bescheid des RP Freiburg vom 4.8.2006 aufzuheben und das beklagte Land - RP Freiburg - zu verpflichten die unter dem 8.10.1999 verfügte Ausweisung aufzuheben;
 
18 
hilfsweise unter Aufhebung der Ziff. 2 des Bescheids des RP Freiburg vom 4.8.2006 das beklagte Land - RP Freiburg - zu verpflichten die Sperrwirkung der Ausweisung vom 8.10.1999 mit sofortiger Wirkung zu befristen.
19 
Das beklagte Land beantragt,
20 
die Klage abzuweisen.
21 
Es bezieht sich auf die angefochtene Entscheidung und fügt ergänzend hinzu, selbst wenn man die Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/38/EG vom 29.4.2004 auf Assoziationsbegünstigte bejahe, so sei sie auf die Ausweisung der Klägerin mangels Rückwirkung nicht anzuwenden. Für geänderte materielle Anforderungen stelle folglich das Befristungsverfahren eine vorrangige Spezialregelung dar. Laut Mitteilung des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 12.6.2007 sei derzeit ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wegen Wechselfallenschwindels anhängig.
22 
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den Akteninhalt (6 Hefte des RP Freiburg, ein Heft Gerichtsakten der erledigten Untätigkeitsklage 1 K 1026/06) Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe

 
23 
I. Der zulässige Hauptantrag, der auf eine Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung zielt (vgl. dazu, dass die Wirkungen von Ausweisungen, die vor diesem Zeitpunkt gegenüber nach dem ARB 1/80 privilegierten türkischen Staatsangehörigen verfügt und bestandskräftig geworden sind, mit dem Inkrafttreten des AufenthG am 1.1.2005 nicht entfallen sind: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.1.2007 - 13 S 451/06 - InfAuslR 2007, 182; Beschl. v. 13.4.2006 - 1 S 734/06 - VENSA), ist unbegründet. Die Ziff. 1 der Entscheidung des RP Freiburg vom 4.8.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG sowie eine daran anschließende (positive) Sachentscheidung (zur Verfahrens- und Entscheidungsstruktur im Rahmen des § 51 LVwVfG vgl. für die bundesrechtliche Regelung: Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage 2001, § 51 Rnrn. 22 ff.: eigenständige Neubescheidung ohne Bezug zu §§ 48, 49 VwVfG) hat das RP Freiburg zu Recht abgelehnt. Die geltend gemachte Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt keine neue Rechtslage dar. Wegen Einzelheiten kann insoweit auf den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 29.3.2007 (11 S 2147/06 dort Entsch.-Seiten 5/6) im Beschwerdeverfahren, welches das PKH-Begehren der Klägerin im erledigten Verfahren 1 K 1026/06 betraf, Bezug genommen werden.
25 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf der Ausweisung. Wie sich aus § 51 Abs. 5 LVwVfG ergibt, sind die Verfahren nach § 51 Abs. 1 bis 4 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne) und diejenigen der Rücknahme und des Widerrufs - sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne - nicht identisch. § 51 Abs. 5 LVwVfG stellt - in Entsprechung zur bundesrechtlichen Rechtslage - klar, dass mit der Schaffung des § 51 Abs. 1 LVwVfG nichts daran geändert wird, dass auf Antrag des Betroffenen eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage der §§ 48, 49 LVwVfG zu ergehen hat (vgl. zu §§ 51, 48, 49 VwVfG: Sachs, a.a.O., Rnr. 141 f.). Soweit dem RP Freiburg (zu dessen Zuständigkeit vgl. §§ 48 Abs. 5, 49 Abs. 5 LVwVfG i.V.m. § 12 Abs. 3 AAZuVO) folglich ein Ermessensspielraum bei der Frage der erneuten Überprüfung und Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung blieb, hat es in seinem Bescheid rechtsfehlerfrei entschieden, die Ausweisung nicht aufzuheben. Mit Blick auf einen Widerruf gemäß § 49 LVwVfG folgt dies bereits daraus, dass dieser spezialgesetzlich durch das Institut der Befristung i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG jedenfalls insoweit ausgeschlossen ist, als es um für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erhebliche Sachverhaltsänderungen geht. Im übrigen ist nur die Rücknahme einschlägig, weil es sich bei der Ausweisung um einen (siehe sogleich) rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt, für den § 49 LVwVfG nicht gilt.
26 
Eine Rücknahme hat das RP Freiburg rechtsfehlerfrei abgelehnt. Zutreffend ist die Behörde davon ausgegangen, dass grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG in die Überprüfung, ob eine Rücknahme stattfinden soll, einzutreten war. Die Ausweisung vom 8.10.1999 ist nämlich rechtswidrig gewesen, weil der Klägerin eine assoziationsrechtliche Rechtsposition gemäß Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zustand. Sie war 1973 zusammen mit ihren Eltern eingereist und hatte ihre erste Aufenthaltserlaubnis am 24.4.1984 zum Zweck der Familienzusammenführung, d.h. zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmer, ihren Eltern, erhalten. Mit diesen hatte sie auch die erforderliche Dauer von mindestens drei bzw. fünf Jahren - konkret bis zum 5.7.1984, als sie zu ihrem türkischen Ehemann nach Tuttlingen zog - zusammengelebt (vgl. zur Geltung des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 entsprechend für ein Kind, das im Mitgliedstaat geboren ist und stets dort gewohnt hat: EuGH, Urt. v. 11.11.2004 - C-467/02 - [Cetinkaya] - NVwZ 2005, 198). Ihre Volljährigkeit im Zeitpunkt der Ausweisung änderte an der unmittelbar aus dem ARB 1/80 folgenden Rechtsposition ebenso wenig etwas, wie die ab 4.8.1998 erfolgte Verbüßung von U-Haft bzw. später Strafhaft im Zusammenhang mit dem Urteil des LG Konstanz vom 12.8.1999 (zu diesen Einzelheiten des Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 vgl. EuGH, Urt. v. 7.7.2005 - C-373/03 [Aydinli] - InfAuslR 2005,352; ferner EuGH, Urt. v. 16.1.2006 - C-502/04 [Torun] - InfAuslR 2006, 209). Ihre Ausweisung hätte folglich nicht, wie vom RP Freiburg damals verfügt, nach den Regelungen über die Ist-Ausweisung sondern nur nach denjenigen über die - in der Ausweisungsverfügung auch nicht hilfsweise herangezogene - Ermessensausweisung erfolgen dürfen (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 13.9.2005 - 1 C 7/04 - BVerwGE 124, 217 = InfAuslR 2006, 110). Ferner wäre, woran es jedoch ebenfalls fehlte, formell-rechtlich zuvor eine zweite Stelle i.S.v. Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG zu beteiligen gewesen (vgl. hierzu ebenfalls BVerwG, Urt. v. 13.9.2005, a.a.O.). Ein „dringender Fall“ i.S. der vorgenannten Vorschrift lag nicht vor, weil sich auf Grund der Strafhaft der Klägerin bzw. ihrer Drogentherapie eine von ihr ausgehende Gefahr nicht vor Abschluss eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens realisiert hätte und auch sonst eine Verzögerung der Ausweisungsentscheidung durch die Einschaltung einer zweiten Stelle hinnehmbar gewesen wäre (zum letztgenannten Gesichtspunkt vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.6.2006 - 11 S 2299/05 - VENSA).
27 
Hiervon ausgehend hat das RP Freiburg jedoch gleichwohl eine Rücknahme ablehnen dürfen und sein Ermessen insoweit rechtsfehlerfrei erkannt bzw. betätigt (zum gerichtlichen Prüfungsmaßstab vgl. § 114 VwGO).
28 
Umstände, nach denen sich das der Behörde von § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG eingeräumte Ermessen dahin verdichtet hätte, dass nur die Rücknahme des Bescheides ermessensfehlerfrei wäre, liegen nicht vor. Bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ist in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich" ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. zusammenfassend: BVerwG, Urteil v. 17.1.2007 - 6 C 32.06 - Juris).
29 
Umstände, die das Ermessen hin auf eine Rücknahme reduziert hätten oder die das RP Freiburg sonst - im Rahmen eines verbleibenden Spielraums - fehlerhaft unberücksichtigt gelassen oder falsch gewichtet hätte, liegen hier nicht vor. Von einer offensichtlichen Europa- bzw. Assoziationsrechtswidrigkeit kann angesichts des Zeitpunkts der Ausweisungsentscheidung im Jahr 1999 - über 5 Jahre vor Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - nicht ausgegangen werden (vgl. in diesem Sinne sogar noch für eine unter dem 5.9.2005 verfügte Ausweisung durch das RP Freiburg: VG Freiburg, Urt. v. 28.3.2007 - 1 K 505/06). Ein Festhalten an der Ausweisung stellt auch keinen Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot dar. Denn die Klägerin hat es durch die Zurücknahme ihrer damaligen Klage versäumt, die Ausweisung einer gerichtlichen Überprüfung auf eine Vereinbarkeit mit Gemeinschafts-/Assoziationsrecht zuzuführen. Wie der EuGH im Urteil vom 19.9.2006 (C-392/04 und C-422/04 [I 21] - InfAuslR 2006, 439) ausgeführt hat, verlangt das Gemeinschaftsrecht nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftig geworden ist. Durch die Beachtung dieses Grundsatzes lässt sich verhindern, dass Handlungen der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfalten, unbegrenzt in Frage gestellt werden können. Nur in bestimmten Fällen kann jedoch eine Schranke für diesen Grundsatz bestehen, nämlich wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens, die Behörde ist nach nationalem Recht befugt, diese Entscheidung zurückzunehmen. Zweitens, die Entscheidung ist infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden. Drittens, das Urteil beruht, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war. Viertens, der Betroffene hat sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt. Maßgeblich ist also, dass der Betroffene sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat. Diese auf Assoziationsbegünstigte zu übertragenden Ausnahmevoraussetzungen liegen jedoch im Fall der Klägerin nicht vor (in diesem Sinne bereits konkret für den Fall der Klägerin auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2007, a.a.O.).
30 
Zutreffend hat das RP Freiburg schließlich eine Abwägung von öffentlichen Belangen (Rechtssicherheit) und privatem Interesse (materielle Gerechtigkeit) auch unter dem Gesichtspunkt der Frage nach „schlechthin unerträglichen“ Auswirkungen für die Klägerin vorgenommen. Die Ausländerbehörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass gerade angesichts der den Ausweisungsanlass im Jahr 1999 bildenden Betäubungsmittelstraftaten eine konkrete Wiederholungsgefahr von der Klägerin ausging, die im damaligen Ausweisungszeitpunkt auch eine Ermessenausweisung in Betracht kommen lassen konnte (zu diesem Prüfungsgesichtspunkt und seiner Zulässigkeit im Rahmen des Rücknahmeermessens: Hamb. OVG, Beschl. v. 14.12.2005 - 3 Bs 79/05 - InfAuslR 2006, 305; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ausweisung eines assoziationsbegünstigten Türken nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wenn die hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit erneuter Straftaten im Rahmen der Betäubungsmittelkriminalität steht. Der Handel mit und die Verwendung von gefährlichen Betäubungsmitteln - allen voran Heroin - stellt nämlich sowohl einen schweren Ausweisungsanlass i.S.d. nationalrechtlichen besonderen Ausweisungsschutzvorschriften (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) als auch einen EU-/assoziationsrechtlich relevanten Verstoß gegen Grundinteressen der Gesellschaft dar (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.9.2003 - 11 S 973/03 - VENSA, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. des BVerwG und des EuGH).
31 
Eine schlechthin unerträgliche Wirkung hat die Aufrechterhaltung der Ausweisung auch nicht vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK. Allerdings kann die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Fall des unwiederbringlichen Verlusts für das Privatleben konstitutiver Beziehungen nicht durch eine Befristung ihrer Wirkungen erreicht werden, so etwa, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet eine Wiedereinreise grundsätzlich nicht vorsieht, und der spätere (im Wege der Befristung der Sperrwirkungen eintretende) Wegfall des Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG daher ohne praktische Wirkung bleibt (BVerfG, Beschl. v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 - soweit ersichtlich nur veröffentlicht auf der Internethomepage des Gerichts unter Entscheidungen > Rubrik Mai 2007 > Datum 10.5.; weniger streng: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2000 - 13 S 1378/98 - VBlBW 2001, 23 , der darauf abstellt, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 AuslG [jetzt § 25 Abs. 5 AufenthG] könne auch auf eine vorherige Ausreise des Ausländers verzichtet werden). Im Fall der Klägerin existiert jedoch eine bestandskräftige Ausweisung, die im Jahr 1999 auch nach Ermessen hätte ernsthaft in Betracht kommen können. Die Aufrechterhaltung dieser Ausweisung bedeutet zwar, dass damit endgültig der Verlust ihres Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 feststeht (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG). Dies hat ferner zur Folge, dass nach dem Ende der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG sich ein türkischer Staatsangehöriger nicht (mehr) auf ein Aufenthaltsrecht aus dem ARB 1/80 berufen kann, also einem (normalem) türkischen Staatsangehörigen gleichgestellt ist, der in das Bundesgebiet einreisen will (Armbruster, in: HTK-AuslR / ARB 1/80 / Art. 14 05/2007 Nr. 2 und Nr. 9). Da sich die Klägerin jedoch wirksam und effektiv im Rahmen des Befristungsanspruchs nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG darauf berufen kann, eine Aufenthaltsbeendigung verstoße gegen Art. 8 EMRK (dazu sogleich unter II.), wird sie im Ergebnis durch eine Aufrechterhaltung der früheren Ausweisung nicht unerträglich belastet.
32 
II. Erfolgreich ist hingegen der zulässige Hilfsantrag der Klägerin. Seine Auslegung (§ 88 VwGO) anhand des maßgeblichen Anwaltsschriftsatzes vom 4.7.2007 ergibt, dass die Klägerin die Gründe, die eine Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung ihrer Ausweisung darstellen, hilfsweise auch der Befristungsentscheidung entgegenhalten will. Damit macht sie aber im Ergebnis einen Anspruch auf Befristung mit sofortiger Wirkung geltend. Dieses Begehren hat in der Sache auch Erfolg. Ziffer 2 des RP-Bescheids ist nämlich rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil sie einen Anspruch auf sofortige Beseitigung der Sperrwirkung - mithin eine Befristung auf Null - hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
33 
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG werden die in den vorangehenden Sätzen 1 und 2 bezeichneten (Sperr-)Wirkungen der Ausweisung auf Antrag in der Regel befristet. Diese Regelung ist eine wichtige Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und stellt als solche einen bedeutsamen Baustein im abgestuften Regelungsgefüge des deutschen Ausländerrechts zur Aufenthaltsbeendigung dar. Sie hat unmittelbar drittschützende Wirkung dahingehend, dass der Ausländer bei Vorliegen eines Regelfalles einen Anspruch auf Befristung überhaupt sowie einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Ausländerbehörde hinsichtlich der Fristdauer eingeräumten Ermessens hat, der sich bei der Ermessensreduzierung „auf Null“ auf eine bestimmte Fristdauer/-modalität verengen kann. Für die bei der Fristbemessung maßgeblichen Grundsätze gilt, dass sie am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und am ordnungsrechtlichen Zweck - hier Spezialprävention - der zu befristenden Maßnahme zu orientieren ist. Bei der Prognose, ob bzw. wie lange der ordnungsrechtliche Zweck die Sperrwirkung weiterhin erfordert, sind alle - vor allem auch nachträglich eintretende - Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, soweit sie geltend gemacht (§ 82 AufenthG) oder sonst für die Behörde erkennbar sind. Schließlich sind - sei es als Element der eigentlichen Prognoseentscheidung selbst oder aber als selbstständiges fristverkürzendes Element - die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen höherrangigen Rechts, vornehmlich die Wertentscheidungen des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK sowie der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. grundlegend und mit zahlr. Nachweisen zur identischen Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.3.2003 - 11 S 59/03 - InfAuslR 2003, 334). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage des mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruchs auf Befristung der Wirkungen der Ausweisungsverfügung ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. - wenn die Entscheidung, wie hier, ohne mündliche Verhandlung ergeht - der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.1.1997 - 11 S 2142/96 - InfAuslR 1997, 158; Armbruster, in HTK-AuslR, § 11 AufenthG / zu Abs. 1 Satz 3, 5 und 6 > Nr. 9 Rechtsschutz > Nr. 4).
34 
Vorliegend kommt der Schutz des Art. 8 EMRK der Klägerin zugute. Im Rahmen der Befristung der Ausweisung ist zwingend sicherzustellen, dass unzumutbare Auswirkungen, die eine Rückkehr in die Türkei für sie hätte, unterbleiben. Dies aber kann - mit der Folge einer Ermessensreduktion auf Null - nur dadurch geschehen, dass die Sperrwirkung sofort, d.h. noch während der Anwesenheit der Klägerin in Deutschland wegfällt. Sowohl die Klägerin als Migrantin der zweiten Generation als auch ihre beiden Kinder Sibel (17 Jahre alt - sie wird am 17.12.2007 18 Jahre) und Ali-Erdal (10 Jahre alt - er wird am 8.12.2007 11 Jahre) - sie sind Migranten der dritten Generation - können sich auf den Schutz des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Die mit einer längeren Befristung - und sei es auch nur von wenigen Monaten - verbundene Folge einer Rückkehr der Klägerin in Türkei hätte mehrfache, erheblich nachteilige Folgen, die diesen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft nicht als notwendig bzw. nicht als zumutbar darstellen.
35 
An der Existenz und Schutzwürdigkeit eines Familienlebens kann kein Zweifel bestehen. Die beiden minderjährigen Kinder haben zwar eine nicht ganz unbeträchtliche Zeit bei Großmutter und Tante gelebt, das erfolgte erkennbar jedoch vor dem Hintergrund, dass sie für den Fall einer Abschiebung der Klägerin in die Türkei hier bleiben und versorgt sein sollten. Von Februar 2004 bis Mai 2006 hatte die Klägerin zwar das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten Kinder auf ihre Mutter übertragen lassen. Seither besitzt sie es jedoch wieder und lebt auch mit den Kindern zusammen. Der Hinweis des RP Freiburg, die Klägerin habe am 24.7.2006 erklärt, keine Umverteilung zu ihren Kindern nach Singen zu wollen, geht von falschen Voraussetzungen aus. Zu keiner Zeit konnte dem entnommen werden, dass die Klägerin nicht mit ihren Kindern zusammenleben wollen. Vielmehr war diese Erklärung so gemeint, dass sie zwar in Villingen-Schwenningen bleiben, jedoch dort zusammen mit den Kindern wohnen wollte. Das wird auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin mittlerweile mit ihren beiden minderjährigen Kindern sowie ihrem erwachsenen Sohn aus der ersten Ehe dort eine neue Wohnung bezogen hat.
36 
Eine Rückkehr der Klägerin in die Türkei würde entweder einen unzumutbaren Zwang auf die minderjährigen Kinder ausüben, ihr zu folgen, oder aber eine unzumutbare Trennung nach sich ziehen. Es ist davon auszugehen, dass Sibel und Ali-Erdal dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen. Dies folgt entweder daraus, dass sie ihrerseits gemäß Art. 7 ARB 1/80 assoziationsbegünstigt begünstigt sind, oder jedenfalls daraus, dass ihnen i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK und den Vorschriften über die Aufenthaltserlaubnis ein nationales Recht zusteht. Die beiden Kinder sind nämlich hier geboren und haben Zeit ihres Lebens - das sind im heutigen Entscheidungszeitpunkt über 17 bzw. über 10 Jahre - in diesem Land und seinem kulturellen sprachlichen Umfeld gelebt und sind hier bislang zur Schule gegangen. Unabhängig davon, ob sie die türkische Sprache zumindest in Grundzügen beherrschen mögen, haben sie sonst offensichtlich keine Bindungen zur Türkei - alle nahen Familienangehörigen leben offensichtlich ebenfalls in Deutschland -, sodass ihnen als faktischen Inländern eine Rückkehr dorthin bzw. ein Leben dort unzumutbar wäre. Eine Trennung von ihrer Mutter wäre ihnen nicht zuzumuten. Sie können nicht darauf verwiesen werden, andere Verwandte - so wie in der Vergangenheit Großmutter und Tante - seien zur Betreuung fähig bzw. bereit. Sowohl der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG als auch derjenige des Art. 8 EMRK beinhaltet nämlich auch die Befugnis zu entscheiden, welche Personen miteinander in Beistandsgemeinschaft leben wollen.
37 
Das Gericht ist schließlich auch davon überzeugt, dass die Kinder weder zusammen mit ihrer Mutter noch dass diese allein auch nur vorübergehend in der Türkei derart Fuß fassen könnten, dass eine reale Existenzmöglichkeit dort bestünde. Die Kinder sind für die Existenzsicherung auf die Mutter angewiesen. Die Klägerin jedoch ist, das darf trotz ihrer erheblichen Strafbarkeit nicht verkannt werden, krank, weil heroinsüchtig. Sie hat trotz zweier umfangreicher Therapien immer wieder einen Rückfall erlitten. Zwar muss (vgl. § 42 AsylvfG) auf Grund der unanfechtbaren Asylentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 20.7.2000 davon ausgegangen werden, dass die Heroinsucht der Klägerin in der Türkei im Fall einer Rückkehr behandelt werden kann. Im übrigen hätte wohl auch in der Sache nach nichts für ein Abschiebungshindernis gesprochen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.2.2003 - A 12 S 939/02 - VENSA sowie VG Freiburg, Urt. v. 21.11.2003 - 1 K 205/02 - VENSA). Die negativen Auswirkungen auf die Familie sowie die mit dem Zwang zu einer auch nur vorübergehenden Integration in der Türkei einhergehende Überlastung der persönlichen und sozialen Kräfte der Klägerin sind damit jedoch nicht bindend verneint worden. Maßnahmen aber, die Familienmitglieder an einem Zusammenleben hindern bzw. auseinanderreißen, stellen einen sehr schwerwiegenden Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht dar (EGMR, Urt. v. 31.1.2006 - 50252/99 [Sezen] - InfAuslR 2006, 255). Das gilt umso mehr hier, wo die Klägerin und ihre Kinder sich in einer zweifellos problematischen Lebenssituation befinden, und gerade deshalb besonders aufeinander angewiesen sind, um ein Mindestmaß an Stabilität zu gewährleisten. Ausgehend von einem Aufenthaltsrecht der Kinder wird auch die Klägerin wieder einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis geltend machen können. Insoweit liegt nämlich eine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 AufenthG vor.
38 
Der Gesichtspunkt einer von der Klägerin angesichts späterer einschlägiger Betäubungsmittelstraftaten auch im heutigen Zeitpunkt ausgehenden Wiederholungsgefahr muss vor diesem gesamten Hintergrund zurücktreten. Begreift man, wie oben dargelegt, ihre gesamte persönliche und auch familiäre Situation als äußerst problematisch, so mag sogar zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass die zuletzt erfolgte Verurteilung vom 30.9.2004 durch das Amtsgericht Villingen-Schwenningen eine Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung aussprach. Wenngleich ein solcher Umstand zwar tatsächliches Gewicht hat, gleichwohl aber im ordnungsrechtlichen Kontext nicht ausländerrechtliche Maßnahmen der Spezialprävention verhindern muss, so ist doch zu beachten, dass offensichtlich auch das Strafgericht der Möglichkeit einer Resozialisierung der Klägerin für ihre Person eine besonders wichtige Bedeutung zugemessen hat.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; das Gericht hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieses Urteils folgendes gilt: (Rechtsmittelbelehrung).

Gründe

 
23 
I. Der zulässige Hauptantrag, der auf eine Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung zielt (vgl. dazu, dass die Wirkungen von Ausweisungen, die vor diesem Zeitpunkt gegenüber nach dem ARB 1/80 privilegierten türkischen Staatsangehörigen verfügt und bestandskräftig geworden sind, mit dem Inkrafttreten des AufenthG am 1.1.2005 nicht entfallen sind: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.1.2007 - 13 S 451/06 - InfAuslR 2007, 182; Beschl. v. 13.4.2006 - 1 S 734/06 - VENSA), ist unbegründet. Die Ziff. 1 der Entscheidung des RP Freiburg vom 4.8.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO).
24 
Einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im engeren Sinne gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 LVwVfG sowie eine daran anschließende (positive) Sachentscheidung (zur Verfahrens- und Entscheidungsstruktur im Rahmen des § 51 LVwVfG vgl. für die bundesrechtliche Regelung: Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Auflage 2001, § 51 Rnrn. 22 ff.: eigenständige Neubescheidung ohne Bezug zu §§ 48, 49 VwVfG) hat das RP Freiburg zu Recht abgelehnt. Die geltend gemachte Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts stellt keine neue Rechtslage dar. Wegen Einzelheiten kann insoweit auf den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 29.3.2007 (11 S 2147/06 dort Entsch.-Seiten 5/6) im Beschwerdeverfahren, welches das PKH-Begehren der Klägerin im erledigten Verfahren 1 K 1026/06 betraf, Bezug genommen werden.
25 
Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rücknahme oder Widerruf der Ausweisung. Wie sich aus § 51 Abs. 5 LVwVfG ergibt, sind die Verfahren nach § 51 Abs. 1 bis 4 LVwVfG (sog. Wiederaufgreifen im engeren Sinne) und diejenigen der Rücknahme und des Widerrufs - sog. Wiederaufgreifen im weiteren Sinne - nicht identisch. § 51 Abs. 5 LVwVfG stellt - in Entsprechung zur bundesrechtlichen Rechtslage - klar, dass mit der Schaffung des § 51 Abs. 1 LVwVfG nichts daran geändert wird, dass auf Antrag des Betroffenen eine Ermessensentscheidung auf der Grundlage der §§ 48, 49 LVwVfG zu ergehen hat (vgl. zu §§ 51, 48, 49 VwVfG: Sachs, a.a.O., Rnr. 141 f.). Soweit dem RP Freiburg (zu dessen Zuständigkeit vgl. §§ 48 Abs. 5, 49 Abs. 5 LVwVfG i.V.m. § 12 Abs. 3 AAZuVO) folglich ein Ermessensspielraum bei der Frage der erneuten Überprüfung und Aufhebung der bestandskräftigen Ausweisung blieb, hat es in seinem Bescheid rechtsfehlerfrei entschieden, die Ausweisung nicht aufzuheben. Mit Blick auf einen Widerruf gemäß § 49 LVwVfG folgt dies bereits daraus, dass dieser spezialgesetzlich durch das Institut der Befristung i. S. v. § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG jedenfalls insoweit ausgeschlossen ist, als es um für den Fortbestand des Ausweisungszwecks erhebliche Sachverhaltsänderungen geht. Im übrigen ist nur die Rücknahme einschlägig, weil es sich bei der Ausweisung um einen (siehe sogleich) rechtswidrigen Verwaltungsakt handelt, für den § 49 LVwVfG nicht gilt.
26 
Eine Rücknahme hat das RP Freiburg rechtsfehlerfrei abgelehnt. Zutreffend ist die Behörde davon ausgegangen, dass grundsätzlich gemäß § 48 Abs. 1 LVwVfG in die Überprüfung, ob eine Rücknahme stattfinden soll, einzutreten war. Die Ausweisung vom 8.10.1999 ist nämlich rechtswidrig gewesen, weil der Klägerin eine assoziationsrechtliche Rechtsposition gemäß Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 zustand. Sie war 1973 zusammen mit ihren Eltern eingereist und hatte ihre erste Aufenthaltserlaubnis am 24.4.1984 zum Zweck der Familienzusammenführung, d.h. zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft mit einem dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmer, ihren Eltern, erhalten. Mit diesen hatte sie auch die erforderliche Dauer von mindestens drei bzw. fünf Jahren - konkret bis zum 5.7.1984, als sie zu ihrem türkischen Ehemann nach Tuttlingen zog - zusammengelebt (vgl. zur Geltung des Art. 7 Satz 1 ARB 1/80 entsprechend für ein Kind, das im Mitgliedstaat geboren ist und stets dort gewohnt hat: EuGH, Urt. v. 11.11.2004 - C-467/02 - [Cetinkaya] - NVwZ 2005, 198). Ihre Volljährigkeit im Zeitpunkt der Ausweisung änderte an der unmittelbar aus dem ARB 1/80 folgenden Rechtsposition ebenso wenig etwas, wie die ab 4.8.1998 erfolgte Verbüßung von U-Haft bzw. später Strafhaft im Zusammenhang mit dem Urteil des LG Konstanz vom 12.8.1999 (zu diesen Einzelheiten des Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 vgl. EuGH, Urt. v. 7.7.2005 - C-373/03 [Aydinli] - InfAuslR 2005,352; ferner EuGH, Urt. v. 16.1.2006 - C-502/04 [Torun] - InfAuslR 2006, 209). Ihre Ausweisung hätte folglich nicht, wie vom RP Freiburg damals verfügt, nach den Regelungen über die Ist-Ausweisung sondern nur nach denjenigen über die - in der Ausweisungsverfügung auch nicht hilfsweise herangezogene - Ermessensausweisung erfolgen dürfen (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 13.9.2005 - 1 C 7/04 - BVerwGE 124, 217 = InfAuslR 2006, 110). Ferner wäre, woran es jedoch ebenfalls fehlte, formell-rechtlich zuvor eine zweite Stelle i.S.v. Art. 9 Abs. 1 RiL 64/221/EWG zu beteiligen gewesen (vgl. hierzu ebenfalls BVerwG, Urt. v. 13.9.2005, a.a.O.). Ein „dringender Fall“ i.S. der vorgenannten Vorschrift lag nicht vor, weil sich auf Grund der Strafhaft der Klägerin bzw. ihrer Drogentherapie eine von ihr ausgehende Gefahr nicht vor Abschluss eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens realisiert hätte und auch sonst eine Verzögerung der Ausweisungsentscheidung durch die Einschaltung einer zweiten Stelle hinnehmbar gewesen wäre (zum letztgenannten Gesichtspunkt vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.6.2006 - 11 S 2299/05 - VENSA).
27 
Hiervon ausgehend hat das RP Freiburg jedoch gleichwohl eine Rücknahme ablehnen dürfen und sein Ermessen insoweit rechtsfehlerfrei erkannt bzw. betätigt (zum gerichtlichen Prüfungsmaßstab vgl. § 114 VwGO).
28 
Umstände, nach denen sich das der Behörde von § 48 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG eingeräumte Ermessen dahin verdichtet hätte, dass nur die Rücknahme des Bescheides ermessensfehlerfrei wäre, liegen nicht vor. Bei der Ausübung des Rücknahmeermessens ist in Rechnung zu stellen, dass dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit prinzipiell kein größeres Gewicht zukommt als dem Grundsatz der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn dessen Aufrechterhaltung „schlechthin unerträglich" ist, was von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt. Allein die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts begründet keinen Anspruch auf Rücknahme, da der Rechtsverstoß lediglich die Voraussetzung einer Ermessensentscheidung der Behörde ist. Das Festhalten an dem Verwaltungsakt ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich", wenn die Behörde durch unterschiedliche Ausübung der Rücknahmebefugnis in gleichen oder ähnlich gelagerten Fällen gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt oder wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Die offensichtliche Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, dessen Rücknahme begehrt wird, kann ebenfalls die Annahme rechtfertigen, seine Aufrechterhaltung sei schlechthin unerträglich. Ferner kann in dem einschlägigen Fachrecht eine bestimmte Richtung der zu treffenden Entscheidung in der Weise vorgegeben sein, dass das Ermessen im Regelfall nur durch die Entscheidung für die Rücknahme des Verwaltungsakts rechtmäßig ausgeübt werden kann, so dass sich das Ermessen in diesem Sinne als intendiert erweist (vgl. zusammenfassend: BVerwG, Urteil v. 17.1.2007 - 6 C 32.06 - Juris).
29 
Umstände, die das Ermessen hin auf eine Rücknahme reduziert hätten oder die das RP Freiburg sonst - im Rahmen eines verbleibenden Spielraums - fehlerhaft unberücksichtigt gelassen oder falsch gewichtet hätte, liegen hier nicht vor. Von einer offensichtlichen Europa- bzw. Assoziationsrechtswidrigkeit kann angesichts des Zeitpunkts der Ausweisungsentscheidung im Jahr 1999 - über 5 Jahre vor Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung - nicht ausgegangen werden (vgl. in diesem Sinne sogar noch für eine unter dem 5.9.2005 verfügte Ausweisung durch das RP Freiburg: VG Freiburg, Urt. v. 28.3.2007 - 1 K 505/06). Ein Festhalten an der Ausweisung stellt auch keinen Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Effizienzgebot dar. Denn die Klägerin hat es durch die Zurücknahme ihrer damaligen Klage versäumt, die Ausweisung einer gerichtlichen Überprüfung auf eine Vereinbarkeit mit Gemeinschafts-/Assoziationsrecht zuzuführen. Wie der EuGH im Urteil vom 19.9.2006 (C-392/04 und C-422/04 [I 21] - InfAuslR 2006, 439) ausgeführt hat, verlangt das Gemeinschaftsrecht nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung zurückzunehmen, die nach Ablauf angemessener Fristen oder durch Erschöpfung des Rechtswegs bestandskräftig geworden ist. Durch die Beachtung dieses Grundsatzes lässt sich verhindern, dass Handlungen der Verwaltung, die Rechtswirkungen entfalten, unbegrenzt in Frage gestellt werden können. Nur in bestimmten Fällen kann jedoch eine Schranke für diesen Grundsatz bestehen, nämlich wenn vier Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens, die Behörde ist nach nationalem Recht befugt, diese Entscheidung zurückzunehmen. Zweitens, die Entscheidung ist infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichts bestandskräftig geworden. Drittens, das Urteil beruht, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde, obwohl der Tatbestand des Artikels 234 Absatz 3 EG erfüllt war. Viertens, der Betroffene hat sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde gewandt. Maßgeblich ist also, dass der Betroffene sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe ausgeschöpft hat. Diese auf Assoziationsbegünstigte zu übertragenden Ausnahmevoraussetzungen liegen jedoch im Fall der Klägerin nicht vor (in diesem Sinne bereits konkret für den Fall der Klägerin auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 29.3.2007, a.a.O.).
30 
Zutreffend hat das RP Freiburg schließlich eine Abwägung von öffentlichen Belangen (Rechtssicherheit) und privatem Interesse (materielle Gerechtigkeit) auch unter dem Gesichtspunkt der Frage nach „schlechthin unerträglichen“ Auswirkungen für die Klägerin vorgenommen. Die Ausländerbehörde hat zutreffend darauf hingewiesen, dass gerade angesichts der den Ausweisungsanlass im Jahr 1999 bildenden Betäubungsmittelstraftaten eine konkrete Wiederholungsgefahr von der Klägerin ausging, die im damaligen Ausweisungszeitpunkt auch eine Ermessenausweisung in Betracht kommen lassen konnte (zu diesem Prüfungsgesichtspunkt und seiner Zulässigkeit im Rahmen des Rücknahmeermessens: Hamb. OVG, Beschl. v. 14.12.2005 - 3 Bs 79/05 - InfAuslR 2006, 305; OVG Niedersachsen, Beschluss v. 30.5.2006 - 11 LA 147/05 - NVwZ 2006, 1302). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Ausweisung eines assoziationsbegünstigten Türken nach Art. 14 Abs. 1 ARB 1/80 zulässig, wenn die hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit erneuter Straftaten im Rahmen der Betäubungsmittelkriminalität steht. Der Handel mit und die Verwendung von gefährlichen Betäubungsmitteln - allen voran Heroin - stellt nämlich sowohl einen schweren Ausweisungsanlass i.S.d. nationalrechtlichen besonderen Ausweisungsschutzvorschriften (vgl. § 56 Abs. 1 Satz 2 AufenthG) als auch einen EU-/assoziationsrechtlich relevanten Verstoß gegen Grundinteressen der Gesellschaft dar (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.9.2003 - 11 S 973/03 - VENSA, mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. des BVerwG und des EuGH).
31 
Eine schlechthin unerträgliche Wirkung hat die Aufrechterhaltung der Ausweisung auch nicht vor dem Hintergrund des Art. 8 EMRK. Allerdings kann die Verhältnismäßigkeit einer Ausweisung im Fall des unwiederbringlichen Verlusts für das Privatleben konstitutiver Beziehungen nicht durch eine Befristung ihrer Wirkungen erreicht werden, so etwa, wenn das Aufenthaltsrecht nach dem Wegfall der Bindungen an das Bundesgebiet eine Wiedereinreise grundsätzlich nicht vorsieht, und der spätere (im Wege der Befristung der Sperrwirkungen eintretende) Wegfall des Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG daher ohne praktische Wirkung bleibt (BVerfG, Beschl. v. 10.5.2007 - 2 BvR 304/07 - soweit ersichtlich nur veröffentlicht auf der Internethomepage des Gerichts unter Entscheidungen > Rubrik Mai 2007 > Datum 10.5.; weniger streng: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.6.2000 - 13 S 1378/98 - VBlBW 2001, 23 , der darauf abstellt, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 5 AuslG [jetzt § 25 Abs. 5 AufenthG] könne auch auf eine vorherige Ausreise des Ausländers verzichtet werden). Im Fall der Klägerin existiert jedoch eine bestandskräftige Ausweisung, die im Jahr 1999 auch nach Ermessen hätte ernsthaft in Betracht kommen können. Die Aufrechterhaltung dieser Ausweisung bedeutet zwar, dass damit endgültig der Verlust ihres Aufenthaltsrechts nach Art. 7 ARB 1/80 feststeht (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. 5 AufenthG). Dies hat ferner zur Folge, dass nach dem Ende der Wirkungen der Ausweisung nach § 11 Abs. 1 AufenthG sich ein türkischer Staatsangehöriger nicht (mehr) auf ein Aufenthaltsrecht aus dem ARB 1/80 berufen kann, also einem (normalem) türkischen Staatsangehörigen gleichgestellt ist, der in das Bundesgebiet einreisen will (Armbruster, in: HTK-AuslR / ARB 1/80 / Art. 14 05/2007 Nr. 2 und Nr. 9). Da sich die Klägerin jedoch wirksam und effektiv im Rahmen des Befristungsanspruchs nach § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG darauf berufen kann, eine Aufenthaltsbeendigung verstoße gegen Art. 8 EMRK (dazu sogleich unter II.), wird sie im Ergebnis durch eine Aufrechterhaltung der früheren Ausweisung nicht unerträglich belastet.
32 
II. Erfolgreich ist hingegen der zulässige Hilfsantrag der Klägerin. Seine Auslegung (§ 88 VwGO) anhand des maßgeblichen Anwaltsschriftsatzes vom 4.7.2007 ergibt, dass die Klägerin die Gründe, die eine Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung ihrer Ausweisung darstellen, hilfsweise auch der Befristungsentscheidung entgegenhalten will. Damit macht sie aber im Ergebnis einen Anspruch auf Befristung mit sofortiger Wirkung geltend. Dieses Begehren hat in der Sache auch Erfolg. Ziffer 2 des RP-Bescheids ist nämlich rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil sie einen Anspruch auf sofortige Beseitigung der Sperrwirkung - mithin eine Befristung auf Null - hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
33 
Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 AufenthG werden die in den vorangehenden Sätzen 1 und 2 bezeichneten (Sperr-)Wirkungen der Ausweisung auf Antrag in der Regel befristet. Diese Regelung ist eine wichtige Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und stellt als solche einen bedeutsamen Baustein im abgestuften Regelungsgefüge des deutschen Ausländerrechts zur Aufenthaltsbeendigung dar. Sie hat unmittelbar drittschützende Wirkung dahingehend, dass der Ausländer bei Vorliegen eines Regelfalles einen Anspruch auf Befristung überhaupt sowie einen Anspruch auf fehlerfreie Ausübung des der Ausländerbehörde hinsichtlich der Fristdauer eingeräumten Ermessens hat, der sich bei der Ermessensreduzierung „auf Null“ auf eine bestimmte Fristdauer/-modalität verengen kann. Für die bei der Fristbemessung maßgeblichen Grundsätze gilt, dass sie am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und am ordnungsrechtlichen Zweck - hier Spezialprävention - der zu befristenden Maßnahme zu orientieren ist. Bei der Prognose, ob bzw. wie lange der ordnungsrechtliche Zweck die Sperrwirkung weiterhin erfordert, sind alle - vor allem auch nachträglich eintretende - Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, soweit sie geltend gemacht (§ 82 AufenthG) oder sonst für die Behörde erkennbar sind. Schließlich sind - sei es als Element der eigentlichen Prognoseentscheidung selbst oder aber als selbstständiges fristverkürzendes Element - die aufenthaltsrechtlichen Schutzwirkungen höherrangigen Rechts, vornehmlich die Wertentscheidungen des Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 Abs. 1 und 2 EMRK sowie der im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) verankerte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten (vgl. grundlegend und mit zahlr. Nachweisen zur identischen Vorgängervorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 3 AuslG: VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.3.2003 - 11 S 59/03 - InfAuslR 2003, 334). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage des mit der Verpflichtungsklage geltend gemachten Anspruchs auf Befristung der Wirkungen der Ausweisungsverfügung ist dabei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. - wenn die Entscheidung, wie hier, ohne mündliche Verhandlung ergeht - der Zeitpunkt, in dem die Entscheidung gefällt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.1.1997 - 11 S 2142/96 - InfAuslR 1997, 158; Armbruster, in HTK-AuslR, § 11 AufenthG / zu Abs. 1 Satz 3, 5 und 6 > Nr. 9 Rechtsschutz > Nr. 4).
34 
Vorliegend kommt der Schutz des Art. 8 EMRK der Klägerin zugute. Im Rahmen der Befristung der Ausweisung ist zwingend sicherzustellen, dass unzumutbare Auswirkungen, die eine Rückkehr in die Türkei für sie hätte, unterbleiben. Dies aber kann - mit der Folge einer Ermessensreduktion auf Null - nur dadurch geschehen, dass die Sperrwirkung sofort, d.h. noch während der Anwesenheit der Klägerin in Deutschland wegfällt. Sowohl die Klägerin als Migrantin der zweiten Generation als auch ihre beiden Kinder Sibel (17 Jahre alt - sie wird am 17.12.2007 18 Jahre) und Ali-Erdal (10 Jahre alt - er wird am 8.12.2007 11 Jahre) - sie sind Migranten der dritten Generation - können sich auf den Schutz des Familienlebens nach Art. 8 Abs. 1 EMRK berufen. Die mit einer längeren Befristung - und sei es auch nur von wenigen Monaten - verbundene Folge einer Rückkehr der Klägerin in Türkei hätte mehrfache, erheblich nachteilige Folgen, die diesen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft nicht als notwendig bzw. nicht als zumutbar darstellen.
35 
An der Existenz und Schutzwürdigkeit eines Familienlebens kann kein Zweifel bestehen. Die beiden minderjährigen Kinder haben zwar eine nicht ganz unbeträchtliche Zeit bei Großmutter und Tante gelebt, das erfolgte erkennbar jedoch vor dem Hintergrund, dass sie für den Fall einer Abschiebung der Klägerin in die Türkei hier bleiben und versorgt sein sollten. Von Februar 2004 bis Mai 2006 hatte die Klägerin zwar das Sorgerecht für ihre beiden jüngsten Kinder auf ihre Mutter übertragen lassen. Seither besitzt sie es jedoch wieder und lebt auch mit den Kindern zusammen. Der Hinweis des RP Freiburg, die Klägerin habe am 24.7.2006 erklärt, keine Umverteilung zu ihren Kindern nach Singen zu wollen, geht von falschen Voraussetzungen aus. Zu keiner Zeit konnte dem entnommen werden, dass die Klägerin nicht mit ihren Kindern zusammenleben wollen. Vielmehr war diese Erklärung so gemeint, dass sie zwar in Villingen-Schwenningen bleiben, jedoch dort zusammen mit den Kindern wohnen wollte. Das wird auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin mittlerweile mit ihren beiden minderjährigen Kindern sowie ihrem erwachsenen Sohn aus der ersten Ehe dort eine neue Wohnung bezogen hat.
36 
Eine Rückkehr der Klägerin in die Türkei würde entweder einen unzumutbaren Zwang auf die minderjährigen Kinder ausüben, ihr zu folgen, oder aber eine unzumutbare Trennung nach sich ziehen. Es ist davon auszugehen, dass Sibel und Ali-Erdal dauerhaft in Deutschland bleiben dürfen. Dies folgt entweder daraus, dass sie ihrerseits gemäß Art. 7 ARB 1/80 assoziationsbegünstigt begünstigt sind, oder jedenfalls daraus, dass ihnen i.V.m. Art. 8 Abs. 1 EMRK und den Vorschriften über die Aufenthaltserlaubnis ein nationales Recht zusteht. Die beiden Kinder sind nämlich hier geboren und haben Zeit ihres Lebens - das sind im heutigen Entscheidungszeitpunkt über 17 bzw. über 10 Jahre - in diesem Land und seinem kulturellen sprachlichen Umfeld gelebt und sind hier bislang zur Schule gegangen. Unabhängig davon, ob sie die türkische Sprache zumindest in Grundzügen beherrschen mögen, haben sie sonst offensichtlich keine Bindungen zur Türkei - alle nahen Familienangehörigen leben offensichtlich ebenfalls in Deutschland -, sodass ihnen als faktischen Inländern eine Rückkehr dorthin bzw. ein Leben dort unzumutbar wäre. Eine Trennung von ihrer Mutter wäre ihnen nicht zuzumuten. Sie können nicht darauf verwiesen werden, andere Verwandte - so wie in der Vergangenheit Großmutter und Tante - seien zur Betreuung fähig bzw. bereit. Sowohl der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG als auch derjenige des Art. 8 EMRK beinhaltet nämlich auch die Befugnis zu entscheiden, welche Personen miteinander in Beistandsgemeinschaft leben wollen.
37 
Das Gericht ist schließlich auch davon überzeugt, dass die Kinder weder zusammen mit ihrer Mutter noch dass diese allein auch nur vorübergehend in der Türkei derart Fuß fassen könnten, dass eine reale Existenzmöglichkeit dort bestünde. Die Kinder sind für die Existenzsicherung auf die Mutter angewiesen. Die Klägerin jedoch ist, das darf trotz ihrer erheblichen Strafbarkeit nicht verkannt werden, krank, weil heroinsüchtig. Sie hat trotz zweier umfangreicher Therapien immer wieder einen Rückfall erlitten. Zwar muss (vgl. § 42 AsylvfG) auf Grund der unanfechtbaren Asylentscheidung des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 20.7.2000 davon ausgegangen werden, dass die Heroinsucht der Klägerin in der Türkei im Fall einer Rückkehr behandelt werden kann. Im übrigen hätte wohl auch in der Sache nach nichts für ein Abschiebungshindernis gesprochen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.2.2003 - A 12 S 939/02 - VENSA sowie VG Freiburg, Urt. v. 21.11.2003 - 1 K 205/02 - VENSA). Die negativen Auswirkungen auf die Familie sowie die mit dem Zwang zu einer auch nur vorübergehenden Integration in der Türkei einhergehende Überlastung der persönlichen und sozialen Kräfte der Klägerin sind damit jedoch nicht bindend verneint worden. Maßnahmen aber, die Familienmitglieder an einem Zusammenleben hindern bzw. auseinanderreißen, stellen einen sehr schwerwiegenden Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht dar (EGMR, Urt. v. 31.1.2006 - 50252/99 [Sezen] - InfAuslR 2006, 255). Das gilt umso mehr hier, wo die Klägerin und ihre Kinder sich in einer zweifellos problematischen Lebenssituation befinden, und gerade deshalb besonders aufeinander angewiesen sind, um ein Mindestmaß an Stabilität zu gewährleisten. Ausgehend von einem Aufenthaltsrecht der Kinder wird auch die Klägerin wieder einen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis geltend machen können. Insoweit liegt nämlich eine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 AufenthG vor.
38 
Der Gesichtspunkt einer von der Klägerin angesichts späterer einschlägiger Betäubungsmittelstraftaten auch im heutigen Zeitpunkt ausgehenden Wiederholungsgefahr muss vor diesem gesamten Hintergrund zurücktreten. Begreift man, wie oben dargelegt, ihre gesamte persönliche und auch familiäre Situation als äußerst problematisch, so mag sogar zu ihren Gunsten berücksichtigt werden, dass die zuletzt erfolgte Verurteilung vom 30.9.2004 durch das Amtsgericht Villingen-Schwenningen eine Aussetzung der Strafvollstreckung zur Bewährung aussprach. Wenngleich ein solcher Umstand zwar tatsächliches Gewicht hat, gleichwohl aber im ordnungsrechtlichen Kontext nicht ausländerrechtliche Maßnahmen der Spezialprävention verhindern muss, so ist doch zu beachten, dass offensichtlich auch das Strafgericht der Möglichkeit einer Resozialisierung der Klägerin für ihre Person eine besonders wichtige Bedeutung zugemessen hat.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO; das Gericht hat keinen Anlass, sie für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO). Gründe für eine Zulassung der Berufung liegen nicht vor, weshalb hinsichtlich der Anfechtbarkeit dieses Urteils folgendes gilt: (Rechtsmittelbelehrung).

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2007 - 16 K 2916/06 - wird zugelassen, soweit dieses die Verfügung der Beklagten vom 16.9.2005 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 20.7.2006 aufhebt und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Besuchs der Technischen Oberschule zu erteilen.

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 24. Oktober 2007 - 16 K 2916/06 - wird abgelehnt, soweit dieses die Klage im Übrigen abweist.

Insoweit trägt die Klägerin die Kosten des Zulassungsverfahrens. Diesbezüglich wird der Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt.

Die Kostenentscheidung im Übrigen bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

 
Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat Erfolg (I.). Hingegen ist der Zulassungsantrag der Klägerin abzulehnen (II.).
I.
Der rechtzeitig gestellte (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und begründete (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat sachlich Erfolg. Sie hat jedenfalls in einem entscheidungserheblichen Punkt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ausreichend konkret dargelegt; insoweit ist dieser Zulassungsgrund auch inhaltlich gegeben (siehe § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Ob daneben auch noch aus anderen Gründen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen oder der ebenfalls geltend gemachte Zulassungsgrund des Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vorliegt, kann daher offen bleiben.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der jeweils dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, DVBl. 2004, 838). Es kommt dabei darauf an, ob vom Antragsteller ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt worden ist, dass der Erfolg des Rechtsmittels mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie sein Misserfolg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 -, juris und vom 23.6.2000 - 1 BvR 830/00 -, DVBl. 2000, 1458). Dazu müssen zum einen die angegriffenen Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen - zumindest im Kern - zutreffend herausgearbeitet werden (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30.4.1997 - 8 S 1040/97 -, VBlBW 1997, 299). Zum anderen sind schlüssige Bedenken gegen diese Rechtssätze oder Tatsachenfeststellungen aufzuzeigen, wobei sich der Darlegungsaufwand im Einzelfall nach den Umständen des jeweiligen Verfahrens richtet (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 27.7.1997 - 7 S 216/98 -, VBlBW 1998, 378 m.w.N.), insbesondere nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden; erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 30.6.2006 - 5 B 99/05 -, juris). Selbst wenn aber - auf die Argumentation des Verwaltungsgerichts bezogen - rechtliche Zweifel im oben genannten Sinn gegeben sind, ist ein Zulassungsantrag abzulehnen, wenn das Urteil jedenfalls im Ergebnis richtig ist; in diesem Fall wird nämlich ein Berufungsverfahren nicht zu einer Abänderung im Sinn des jeweiligen Beteiligten führen (siehe BVerwG, Beschluss vom 10.3.2004, a.a.O.).
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 24.10.2007 die Beklagte dazu verpflichtet, der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Besuchs der Technischen Oberschule zu erteilen. Dem hält die Beklagte entgegen, das Gericht habe hiermit zu Unrecht eine überraschende Klageänderung zugelassen und ihr damit die Möglichkeit genommen, selbst über diesen von der Klägerin erstmals in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag zu entscheiden und hierbei Ermessen auszuüben. Den geänderten Aufenthaltszweck habe ihr die Klägerin zuvor nicht mitgeteilt; die Beklagte habe erst in der mündlichen Verhandlung erfahren, dass die Klägerin nunmehr die zuvor absolvierte Ausbildung zur Modedesignerin abgeschlossen und sich im Sommer 2007 an der Technischen Oberschule zur Weiterbildung angemeldet habe.
Dieses Vorbringen ist geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen. Hierbei ist davon auszugehen, dass die an die Beklagte zu stellenden Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes erheblich reduziert sind. Fehlen in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wie hier jegliche Ausführungen zu einem bestimmten Problemkreis, dürfen auch die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel nicht überspannt werden. Denn der Darlegungsaufwand richtet sich (auch) nach Umfang und Begründungstiefe der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
Auszugehen ist davon, dass - wie die Beklagte zu Recht geltend macht - eine Klageänderung i.S.v. § 91 Abs. 1 VwGO vorliegt. Es handelt es sich bei dem Aufenthaltszweck des Besuchs der Technischen Oberschule um einen neuen Streitgegenstand. In Bezug auf den ursprünglich begehrten Zuzug der volljährigen Klägerin zu ihren Adoptiveltern auf der Grundlage des § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG liegt dies auf der Hand. Gleiches gilt aber auch im Vergleich zu dem mittlerweile beendeten Besuch eines Berufskollegs mit dem Ziel der Ausbildung zur Modedesignerin. Zwar handelt es sich auch insoweit um eine Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Ausbildung, die nach dem dritten Abschnitt des Aufenthaltsgesetzes zu beurteilen ist. Dennoch liegt im Vergleich zu dem jetzigen Besuch der Technischen Oberschule ein geänderter Aufenthaltszweck vor. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Ausbildung knüpft an eine bestimmte konkrete Ausbildung an. Dies ergibt sich insbesondere aus der Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, die auch im Rahmen des hier als Anspruchsgrundlage kommenden § 16 Abs. 5 AufenthG anwendbar ist (§ 16 Abs. 5 Satz 2 AufenthG). Danach soll einem Ausländer die Aufenthaltserlaubnis nicht für einen anderen Aufenthaltszweck erteilt oder verlängert werden, sofern nicht ein gesetzlicher Anspruch besteht. Diese Regelung würde leer laufen, wenn ein Ausländer die Ausbildung, die Grundlage der ihm erteilten Aufenthaltserlaubnis ist, nach Belieben und ohne Voraussetzungen wechseln dürfte. Aus dem Erfordernis eines bestimmten Zwecks folgt vielmehr, dass dieser klar und eindeutig umrissen sein muss (vgl. zur früheren Rechtslage BVerwG, Beschluss vom 3.3.1994 - 1 B 190.93 -, NVwZ 1995, 1125; zur aktuellen Rechtslage Bay. VGH, Beschluss vom 21.6.2007 - 24 CS 06.3454 - und Hamb. OVG, Beschluss vom 14.11.2007 - 3 Bs 232/07 - jew. juris). Eine wie hier im Hinblick auf eine Ausbildung zur Modedesignerin erteilte Aufenthaltserlaubnis schließt den Besuch einer Technischen Oberschule mit dem Ziel, die Fachhochschulreife zu erwerben, nicht ein.
Ob das Verwaltungsgericht angenommen hat, es liege schon keine Klageänderung vor, oder ob es diese für zulässig gehalten hat, lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen, da es keine Ausführungen zur Zulässigkeit der Klage enthält. Ernstliche Zweifel bestehen jedoch unabhängig von der Frage, ob hier eine unzulässige Klageänderung vorliegt. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, spricht Vieles dafür, dass jedenfalls die Klage in Bezug auf den geänderten Aufenthaltszweck unzulässig sein könnte. Denn es fehlt an einem vorherigen Antrag bei der Verwaltung und demzufolge auch an der Durchführung eines Verwaltungs- und eines Vorverfahrens. Die Zulässigkeit einer Klageänderung entbindet das Gericht nicht von der Verpflichtung, die Zulässigkeit der geänderten (erweiterten) Klage zu prüfen. Hierzu gehört grundsätzlich, dass das Verwaltungsverfahren und das Vorverfahren durchgeführt worden sein müssen, falls nicht die Voraussetzungen des § 75 VwGO vorliegen (wofür hier nichts ersichtlich ist). Aus Gründen der Prozessökonomie darf die Anwendung zwingenden Verfahrensrechts nicht unterbleiben. Grundsätzlich ist es zunächst Sache der Verwaltung, sich mit den Ansprüchen zu befassen, die ein Bürger geltend macht. Gerichte sind dazu berufen, das Handeln der Verwaltung auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen, nicht aber dazu, sich an deren Stelle zu setzen und originär über erstmals vor Gericht geltend gemachte Ansprüche zu entscheiden (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.1.1986 - 5 C 36/84 -, NVwZ 1987, 412; OVG Nordr.-Westf., Urteil vom 7.11.1996 - 7 A 4820/95 -; OVG Saarl., Beschluss vom 22.6.1994 - 3 W 1/94 -).
II.
Der auf das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und auf die besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat hingegen keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat die Klägerin schon nicht in ausreichender Weise dargelegt. Das Verwaltungsgericht hat die Auffassung vertreten, die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs scheitere hier schon an der Sperrwirkung des § 16 Abs. 2 AufenthG; ein gesetzlicher Anspruch bestehe nicht, weil die hier in Betracht kommenden §§ 28 Abs. 4, 36 AufenthG keinen solchen Anspruch vermittelten. Hiermit setzt sich die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht substantiiert auseinander. Sie behauptet zwar, dass hier ein „klarer Ausnahmefall“ von der in § 16 Abs. 2 AufenthG angeordneten Sperrwirkung vorliege. Sie legt aber in keiner Weise dar, weshalb ihrer Ansicht nach ein solcher Ausnahmefall gegeben sein soll.
10 
Die Anforderungen an die Darlegung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel sind auch in Bezug auf die weiteren Ausführungen der Klägerin nicht erfüllt, die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 36 AufenthG lägen vor, insoweit werde auf den erstinstanzlichen Vortrag verwiesen. Der bloße Verweis auf das erstinstanzliche Vorbringen stellt schon grundsätzlich nicht die gebotene Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil dar (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124a, Rdnr. 49). Gerade im vorliegenden Fall gilt dies sogar in besonderem Maße. Denn sowohl vor der Verwaltung als auch im Gerichtsverfahren hatte die Klägerin eine außergewöhnliche Härte i.S.v. § 36 Abs. 2 Satz 1 AufenthG noch damit begründet, im Falle ihrer Aufenthaltsbeendigung drohten schwerwiegende psychische Folgen für ihren Adoptivvater. Weshalb nach dessen Tod weiterhin eine außergewöhnliche Härte gegeben sein soll, müsste daher schon deshalb besonders begründet werden, weil diese Frage nicht Gegenstand des erstinstanzlichen schriftlichen Vorbringens der Klägerin gewesen ist.
11 
2. Die Klägerin hat auch keine Gründe dargelegt, die die Annahme rechtfertigen könnten, die Rechtssache weise besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Annahme besonderer Schwierigkeiten im vorgenannten Sinn setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeit zukommt. Dieser Zulassungsgrund liegt nur dann vor, wenn sich der konkret zu entscheidende Fall in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht signifikant, d.h. erheblich von dem Spektrum der in verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu entscheidenden Streitfällen unterscheidet (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl., § 124, Rdnr. 9).
12 
Dass die Rechtssache gemessen hieran besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweisen könnte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Bei dem Zusammenspiel von Erwachsenenadoption und Aufenthaltsrecht, auf das die Klägerin verweist, handelt sich um ein in der verwaltungsgerichtlichen Praxis keinesfalls ungewöhnliches Problem. Dass die Entscheidungsrelevanz der Frage, wie sich eine eventuelle Ausreise der Klägerin auf ihre Adoptiveltern auswirken könne, die Notwendigkeit von „erheblich breiteren Feststellungen“ als im Normalfall erfordern soll, hat die Klägerin nicht dargelegt, sondern nur pauschal behauptet. Schließlich folgt allein aus dem Umstand, dass die Kammer den Rechtsstreit nicht nach § 6 Abs. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen hat, ebenfalls nicht zwangsläufig, dass die Annahme besonderer Schwierigkeiten i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gerechtfertigt wäre (vgl. Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 8).
III.
13 
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der zugelassenen Berufung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
14 
Im Übrigen (soweit der Zulassungsantrag abgelehnt wird) trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 2 VwGO). Insoweit ist der Streitwert nach § 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR festzusetzen.
15 
Diese Entscheidung ist für die Klägerin unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.