Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 03. Dez. 2014 - 9 B 400/14
Gründe
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Die Antragsteller wenden sich mit ihrem - gleichzeitig mit der Klage (9 A 399/14 MD) - am 17.10.2014 beim Gericht eingegangenen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.10.2014, mit welchem festgestellt wird, dass den Antragstellern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zusteht (Ziffer 1) sowie die Abschiebung der Antragsteller nach Bulgarien angeordnet wurde (Ziffer 2).
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Der neben einem Prozesskostenhilfegesuch am 17.10.2014 sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung der Klage (Az.: 9 A 399/14 MD) der Antragsteller vom 17.10.2014 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 02.10.2014 anzuordnen,
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hat Erfolg.
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Der Antrag ist zulässig, insbesondere gemäß § 34a Abs. 2 AsylVfG in der Fassung des Artikel 1 Nummer 27 des Gesetzes zur Umsetzung der RL 2011/95/EU vom 28. August 2013 (BGBl I vom 5. September 2013, S. 3474) i. V. m. § 80 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 S. 1 1. Alt. VwGO statthaft, soweit er sich gegen die unter Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides angeordnete Abschiebung nach Bulgarien richtet.
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Der Antrag ist auch begründet. Für eine nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu treffende Entscheidung ist maßgebend, ob das private Interesse der Antragsteller, von der Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsaktes vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Verwaltungsaktes überwiegt. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs vorrangig zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.2005, 4 VR 1005/04, Juris). Hat der Rechtsbehelf voraussichtlich Erfolg, weil der angegriffene Verwaltungsakt fehlerhaft ist, überwiegt das Aussetzungsinteresse des Betroffenen das öffentliche Vollzugsinteresse. Der Antrag ist dagegen in aller Regel unbegründet, wenn der Antragsteller im Verfahren der Hauptsache aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, insbesondere, wenn die angegriffene Verfügung derzeit als rechtmäßig zu beurteilen ist. Denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes besteht jedenfalls dann regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse, wenn diese Rechtswirkungen bereits kraft Gesetzes bestehen.
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Bei einem offenem Ausgang des Klageverfahrens ist im Rahmen der Interessenabwägung zwar stets zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in den Fällen, die – wie hier – nicht von § 75 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG erfasst werden, einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat (s. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Gleichwohl ist der Rechtsschutzanspruch umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Behörde Unabänderliches bewirken (vgl. BVerfG, B. v. 10. 10. 2003, 1 BvR 2025/03, Juris). Deshalb ist wegen der mit der Abschiebung verbundenen (relativen) Unabänderbarkeit bereits dann das Aussetzungsinteresse höher als das nur zeitweilige Absehen von der Abschiebung zu bewerten, wenn infolge derselben eine Verletzung von Grundrechten nach der EU-Grundrechte-Charta nicht ausgeschlossen werden kann (so auch VG Siegmaringen, Beschluss vom 14.07.2014, A 1 K 254/14). Für einen offenen Ausgang des Hauptsacheverfahrens kann auch sprechen, wenn die beachtliche Frage in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte (derzeit noch) gegensätzlich beurteilt wird (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 24.07.2014, A 1 B 131/14, juris).
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Die Abschiebungsanordnung begegnet bei summarischer Prüfung jedenfalls derzeit ernstlichen Zweifeln hinsichtlich ihrer Rechtmäßigkeit. Zwar dürften die Verhältnisse in Bulgarien nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnismitteln einer Abschiebung von anerkannten Flüchtlingen nach Bulgarien nicht entgegenstehen (1.). Die konkrete Situation der Familie der Antragsteller, zu der auch die Antragstellerin in dem parallel geführten Klageverfahren 9 A 401/14 MD bzw. Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes 9 B 402/14 MD gehört (Ehefrau und Mutter der Antragsteller), lässt es hier aber nicht ausgeschlossen erscheinen, dass die besonderen Bedürfnisse der schutzbedürftigen Personengruppen nach Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU im Fall der Rückführung nicht hinreichend beachtet werden, mithin nicht sichergestellt ist, dass eine rechtsverletzungsfreie Rücküberstellung der Antragsteller, die dieser Personengruppe angehören, erfolgt, was zur Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung führt (2.).
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1. Gleichwohl ist Folgendes voranzustellen:
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Die Antragsgegnerin hat die streitgegenständliche Abschiebungsanordnung dem Grunde nach zu Recht auf § 34a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 26a Abs. 1 AsylVfG gestützt. Zuvorderst ist bei summarischer Prüfung festzustellen, dass aufgrund der erfolgten Asylantragstellung (vgl. § 13 AsylVfG) die Zuständigkeit der Antragsgegnerin zu bejahen ist und es damit keiner Rückkehrentscheidung nach Art. 6 der Richtlinie 2008/115/EG über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger bedarf.
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Soll ein Ausländer in einen sicheren Drittstaat i.S.d. § 26a AsylVfG abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt nach § 34a Abs. 1 S. 1 AsylVfG die Abschiebung an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer, der aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG (sicherer Drittstaat) eingereist ist, nicht auf das Asylgrundrecht berufen. Er wird nicht als Asylberechtigter anerkannt (vgl. § 26a Abs. 1 Satz 2 AsylVfG).
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a. Die Möglichkeit der Anordnung der Abschiebung in den sicheren Drittstaat wird nicht nach § 26a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylVfG durch europarechtliche Vorschriften – insbesondere nicht die Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin-III-VO) – verdrängt. Voranzustellen ist insoweit, dass gemäß Art. 49 Satz 2 Dublin-III-VO die Verordnung zwar auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die ab dem 01.01.2014 gestellt werden, wobei unter Antrag i.S.v. dieser Vorschrift derjenige zu verstehen ist, der Anlass für die Frage nach der Geltung des Dublinsystems ist (vgl. VG Magdeburg, Beschuss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD –, n.v.), mithin der von den Antragstellern am 07.05.2014 gestellte Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland. Die Dublin-III-VO findet jedoch auf Personen, denen – wie den Antragstellern mit Entscheidung vom 31.01.2014 – die Flüchtlingseigenschaft i.S.d. Art. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 bereits in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zuerkannt worden ist, keine Anwendung (vgl. (VG Berlin, Beschluss vom 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, m.w.N., juris; Bender/Bethke, Dublin III, Eilrechtsschutz und das Comeback der Drittstaatenregelung - Elf Thesen zu den aktuellen Änderungen bezüglich innereuropäischer Abschiebungen, Asylmagazin 11/2013, Seite 358, 359). Aus der Systematik der Dublin-III-VO ergibt sich, dass sie nur auf Personen anwendbar ist, die einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, über den entweder noch nicht oder - zumindest teilweise - negativ entschieden wurde. So lässt sich der Dublin III-Verordnung keine Bestimmung entnehmen, die den zuständigen Mitgliedstaat dazu verpflichtet, eine Person aufzunehmen, deren Antrag auf Gewährung internationalen Schutzes – wie hier – bereits vollumfänglich stattgegeben wurde. Art. 18 Abs. 1 Dublin III-VO sieht eine Verpflichtung zur Aufnahme vielmehr nur dann vor, wenn und soweit die betreffende Person in dem zuständigen Staat noch nicht oder abschlägig beschieden wurde. Nicht geregelt ist hingegen der Fall, dass der zuständige Staat dem Schutzbegehren bereits entsprochen hat. Bei dem erneuten Asylantrag einer Person, die bereits als Flüchtling i.S.d. Art. 2 Buchst. d) der Richtlinie 2011/95/EU anerkannt wurde, handelt es sich folgerichtig auch nicht um einen Folge- oder einen Zweitantrag im Sinne der §§ 71, 71a AsylVfG, die vom Anwendungsbereich der Dublin-III-VO erfasst werden (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 14. 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, juris VG Cottbus, Beschluss vom 11. Juli 2014 – 5 L 190/14.A, zit. nach juris, Rn. 15). Denn der Folge- und der Zweitantrag beziehen sich auf Konstellationen, in denen ein früherer Asylantrag zurückgenommen, unanfechtbar abgelehnt bzw. in denen ein Asylverfahren in einem sicheren Drittstaat erfolglos abgeschlossen wurde. Diese Fallgestaltungen sind bei einer vollumfänglichen Stattgabe des Schutzgesuchs nicht einschlägig (VG Berlin, Beschluss vom 14.10.2014 – 23 L 489.14 A –, juris). Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch die Vorgängerverordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) kein anderes Ergebnis begründet hätte. Denn die Zuständigkeitsnormen der Dublin II-VO fanden ebenfalls keine Anwendung, wenn ein erneut Schutzsuchender bereits in einem anderen Mitgliedsstaat als Flüchtling anerkannt wurde (anders bei lediglich subsidiär Schutzberechtigen, vgl. hierzu: VG Magdeburg, Beschluss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD – n.v.).
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Ergibt sich danach, dass insbesondere die Dublin III-VO auf den vorliegenden Fall keine Anwendung findet, kommt es – entgegen der Auffassung der Antragsteller – auf die Einhaltung der dort festgelegten Verfahrensvorschriften nicht an.
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b. Bulgarien ist nach dem im Eilverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab dem Grunde nach "sicherer Drittstaat" im Sinne von § 26a AsylVfG i.V.m. Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
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Konsequenz des mit der Einreise über einen sicheren Drittstaat verbundenen materiellen Asylausschlusses ist, dass die Antragsgegnerin nicht prüft, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien systemische Mängel aufweist. Denn der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94; VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).
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Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, kommt es allein darauf an, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein. Der Umfang/Inhalt des gewährten Schutzes richtet sich nach Art. 20 ff. Flüchtlingsschutz-Richtlinie 2011/95 EU.
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Wegen des allein summarischen Prüfungsmaßstabes soll hier offenbleiben, ob die „sichere Drittstaatenregelung“ des § 26a AsylVfG in Entsprechung des Konzepts der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93) bzw. des unionsrechtlichen Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, Urteil vom 21.12.2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris) dazu führt, dass die Annahme besteht, dass alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, beachten und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen, mit der Folge, dass unter diesen Bedingungen die - freilich widerlegbare - Vermutung gilt, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten (zustimmend: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris; a.A. Marx, Spontane Binnenwanderung international Schutzberechtigter in der Union, InfAuslR 2014, 227 ff.). Denn es bestehen nach der aktuellen Auskunftslage bei der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Verhältnisse in Bulgarien – mit Ausnahme solcher für besonders schutzbedürftige Personengruppen (vgl. Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95 (EU)) – hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz zurückbleiben, mithin tatsächlich die Gefahr besteht, dass anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien einer unmenschlichen oder erniedrigen Behandlung ausgesetzt sind. Dies hat im Regelfall zur Folge, dass eine Abschiebungsanordnung nach § 34 a AsylVfG erlassen werden darf.
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Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Anhaltspunkte dafür, dass die Verpflichtung zur Inländergleichbehandlung nicht beachtet wird, sind vorliegend weder ersichtlich noch werden sie von den Antragstellern substantiiert behauptet.
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Für eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nichts ersichtlich. Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu (VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).
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Im Hinblick auf Bulgarien ist zwar festzustellen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht. Der UNHCR schildert in seinem Bericht "Current Situation of Asylum in Bulgaria" zwar Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien (vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziff. 2.7.). So bestünde eine bis zu zweimonatige Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem - wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch - einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von der indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht eingeschlossen seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an angemessenem und bezahlbarem Unterkünften, was eine Integration erschwere. Ohne externe Unterstützung bei der Suche nach geeigneten Unterkünften seien die Statusinhaber auf die weitere Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen angewiesen, wo sie kaum Möglichkeit zur Integration in die bulgarische Gesellschaft hätten. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig. Zwar hätten die Statusinhaber – wie Asylsuchende – unter 18 Jahren nach bulgarischem Recht im gleichen Maße Zugang zu Bildung wie bulgarische Staatsbürger. Voraussetzung für den Antritt des Schulbesuchs sei jedoch die erfolgreiche Teilnahme an einem SAR-Sprachkurs, der nur in einer Aufnahmeeinrichtung vorgehalten werde. In den übrigen Einrichtungen würden informelle Sprachkursen erteilt, die vom UNHCR finanziert und von der Caritas durchgeführt würden. Deren Anerkennung sei derzeit noch nicht sichergestellt.
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Die aufgezeigten Defizite lassen nicht den Schluss zu, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung vorliegt, zumal der UNHCR die Bemühungen Bulgariens an der Einrichtung eines neuen Integrationsprogramms begrüßt und zur raschen Umsetzung des Programms, insbesondere im Hinblick auf den Zugang zu Bildung, Unterkunft und Lebensunterhalt aufruft. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30969/09 -, juris dort Rdnr. 249). Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (vgl. EGMR, Beschluss vom 2.04.2013 - 27725/10 -, juris). Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15.04.2013 - 17 L 660/13.A -, juris Rn. 43, m.w.N.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 04.11.2014 – 17 L 2342/14.A –, juris). Anerkannte Flüchtlinge in Bulgarien müssen sich nach alledem auf den dort für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht (zu Italien: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris, m.w.N.). Dass einem anerkannten Flüchtling in Bulgarien hinsichtlich Aufenthalts, Freizügigkeit, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung nicht dieselben Rechte wie bulgarischen Staatsangehörigen zustehen, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
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2. Die Antragsteller gehören jedoch zu einer besonders schutzbedürftigen Personengruppe, was derzeit dem Erlass der Abschiebungsanordnung entgegensteht. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Antragsteller liegenden Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Antragsteller Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung (Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU) entsprechend einzustufen ist (vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17.07.2014 – 17 L 1018/14.A –, juris).
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Dies ist vorliegend der Fall. Denn die Antragsgegnerin hat beim Erlass der Abschiebungsanordnung nicht berücksichtigt, dass der sechsjährige Antragsteller zu 2. und der fünfjährige Antragsteller zu 3. als Minderjährige einer schutzbedürftigen Personengruppe nach § 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU angehören. Nach der aktuellen Auskunftslage (s.o. UNHCR-Bericht von April 2014) bestehen jedoch greifbare Anhaltspunkte dafür, dass eine gesicherte Unterkunft der Antragsteller und der Ehefrau/Mutter der Antragsteller (9 B 402/14 MD) bei ihrer Rückkehr nach Bulgarien nicht zur Verfügung steht. Dementsprechend hat die Antragsgegnerin in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden Vorkehrungen für die Rückkehr der Antragsteller zu treffen, die eine gesicherte Unterkunft einschließen. Gleiches gilt soweit nach der Auskunftslage Überwiegendes dafür spricht, dass die minderjährigen Antragsteller zu 2. und 3. ein Zugang zur Bildung verwehrt bleibt, wenn ihre Teilnahmemöglichkeit an einem anerkannten Sprachkurs nicht sichergestellt wird. Schließlich ist zu konstatieren, dass die medizinische Versorgung der suizidgefährdeten Ehefrau/Mutter der Antragsteller sowohl auf dem Reiseweg als auch in Bulgarien in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden zu gewährleisten ist (vgl. Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 9 B 402/14 MD).
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Zwecks Sicherstellung effektiven Rechtschutzes ist wegen des vielfältigen und nicht ausschließlich in der Sphäre der Antragsgegnerin liegenden Maßnahmenbündels, das eine zureichende Abstimmung/Zusicherung der bulgarischen Behörden voraussetzt, notwendig und angemessen, nicht lediglich ein bloßes Maßnahmengebot i.S.d. § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO bei Ablehnung des vorläufigen Rechtschutzantrags zu statuieren, sondern vor der beabsichtigen Abschiebung deren Durchführung und Überwachung (insbesondere durch Garantien der bulgarischen Behörden) einzufordern. Das bisherige Vorbringen der Antragsgegnerin zugrunde gelegt, ist nämlich nicht erkennbar, dass sie bereits geeignete Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den bulgarischen Behörden eingeleitet hat, zumal sie sich der besonderen Schutzbedürftigkeit der Personengruppe nicht hinreichend bewusst war.
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Abschließend weist das Gericht darauf hin, dass dem Umstand, dass Bulgarien zwecks Rückführung der Antragsteller auf die Grenzpolizei/das Ministerium des Innern in seinem Schreiben vom 17.06.2014 (Beiakte A, Bl. 61) unter Ablehnung der Rückführung nach Dublin III-VO verweist, nicht zu entnehmen ist, dass die Abschiebung – bei Beachtung des oben dargestellten Maßnahmenbündels – als solche nicht durchgeführt werden kann. § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG verlangt für den Erlass der Abschiebungsanordnung, dass feststehen muss, dass die Abschiebung auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Voraussetzung für den Erlass der Abschiebungsanordnung ist danach, dass die Übernahmebereitschaft des Drittstaates, in den abgeschoben werden soll, abschließend geklärt ist (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 – OVG 2 S 6.12 – juris, Rdnr. 4; vgl. BVerfG, Urteil vom 14.05.1996 – 2 BvR 19398/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 – juris, Rdnr. 156). Dies ist hier der Fall. Denn die Rückführung der Antragsteller richtet sich nach dem bilateralen deutsch-bulgarischen Abkommen über die Übernahme und Durchbeförderung von Personen (Rücknahmeabkommen) vom 07.03.2006 (BGBl. 2006 Teil II Nr. 8 Seite 259 ff.). Danach ist Bulgarien grundsätzlich verpflichtet, auch die Antragsteller wieder aufzunehmen. Nach Art. 5 ff. Rücknahmeabkommen, der die Übernahme von Personen betrifft, die – wie die Antragsteller – nicht die deutsche oder bulgarische Staatsangehörigkeit besitzen, bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Voraussetzungen für ein Übernahme der Antragsteller nicht vorliegen, insbesondere die sich danach ergebenen Fristen nicht mehr eingehalten werden können. Danach muss innerhalb von 12 Monaten nach Kenntnis der zuständigen Behörden ein Übernahmeersuchen gestellt werden, dessen Beantwortung spätestens innerhalb von 14 Tagen zu erfolgen hat, wobei die Zustimmung nach Ablauf der Frist als erteilt gilt. Mit der Zustimmung zur Übernahme kann die betreffende Person unverzüglich in das Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei innerhalb einer Frist von drei Monaten zurückgeführt werden, wobei bei rechtlichen oder tatsächlichen Hindernissen für die Übergabe auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei die Frist verlängert werden kann (vgl. Art. 7). Dies zugrunde gelegt, ist davon auszugehen, dass die Übernahmebereitschaft Bulgariens abschließend geklärt ist, ohne dass dies zuvor für den vorliegenden Einzelfall nochmals geprüft werden muss (a. A. wohl Trier, Beschluss vom 16.04.2014 – 5 L 569/14.Tr – juris, Rdnr. 52). Denn die Übernahmebereitschaft setzt nicht ausnahmslos voraus, dass eine ausdrückliche positive Erklärung des ersuchten sicheren Drittstaates gegenüber der Bundesrepublik Deutschland abgegeben wurde, soweit eine gesicherte Verwaltungsübung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Drittstaat besteht, dass unter bestimmten Voraussetzungen und bei Vorliegen bestimmter Beweismittel hinsichtlich eines Voraufenthaltes im Drittstaat der betreffende Flüchtling ohne weiteres und unverzüglich aufgenommen werden kann (Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, Juni 2014, zu § 34a Rn. 20). So liegt der Fall nach dem oben Gesagten hier. Zweifel an der Rückübernahmebereitschaft werden nicht durch die Erklärung der bulgarischen Behörden vom 17.06.2014 begründet. Die bulgarischen Behörden haben hier auf das – noch im Rahmen eines Dublin-Verfahrens eingeleiteten – Überstellungsersuchen lediglich darauf hingewiesen, dass die Überstellung des Antragstellers zu 1. in den Geschäftsbereich der Grenzpolizei falle und dort abzuwickeln sei, weil das Asylverfahren mit der Anerkennung des Antragstellers als Flüchtling abgeschlossen worden sei. Dies stellt die Übernahmebereitschaft Bulgariens aber nicht in Frage; vielmehr hat die bulgarische Behörde lediglich auf die innerstaatliche Zuständigkeit einer anderen Behörde hingewiesen und ihre Übernahmeverpflichtung als solche nicht verneint (vgl. dazu bei vollumfänglicher Verneinung der Übernahmeverpflichtung: VG Magdeburg, Beschluss vom 21.10.2014 – 9 B 373/14 MD – n.v.).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 03. Dez. 2014 - 9 B 400/14
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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
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bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
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die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus E. wird abgelehnt.
1
Gründe:
2Der am 29. April 2014 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage (17 K 2897/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 17. April 2014 insoweit anzuordnen, als in Ziffer 2. des Bescheides die Abschiebung nach Italien angeordnet wird,
4hat keinen Erfolg.
5A. Er ist zulässig (I.), jedoch unbegründet (II.).
6I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist – wie sich auch aus § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ergibt – der statthafte Rechtsbehelf. Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen verfolgt werden kann,
7vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn.28 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 - 17 K 4548/12.A -, juris.
8Der erhobenen Anfechtungsklage – 17 K 2897/14.A – kommt entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylVfG.
9Die Antragstellung bei Gericht am 29. April 2014 ist auch innerhalb der Wochenfrist ab Bekanntgabe – hier: 24. April 2014 – erfolgt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG.
10II. Der Antrag ist unbegründet.
11Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt bei einer an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierten Abwägung das Interesse der Antragsteller am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.
12Die Abschiebungsanordnung ist nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden (1.), ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (2.).
13Diese Voraussetzungen liegen vor.
141. Italien ist „sicherer Drittstaat“ im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
15a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht entgegen der Ansicht der Antragteller nicht die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III VO) vor. Dabei kann es offen bleiben, ob auf den gegebenen Fall noch die Vorgängerregelung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (sog. Dublin II VO) einschlägig wäre (vgl. insoweit Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III VO - hierfür spricht, dass die Asylanträge der Antragsteller vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden-). Denn beide Regelwerke, die Dublin II ebenso wie die Dublin III Verordnung finden auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Italien – Flüchtlingsschutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, überhaupt keine Anwendung mehr,
16vgl. für subsidiär schutzberechtigte Personen: VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 - 17 L 1193/17.A; zur Dublin II VO bereits: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
17Die Dublin III VO unterscheidet -ebenso wie der Sache nach die Dublin II VO- ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Art. 2 lit. c Dublin III VO (Art. 2 lit. d Dublin II VO) und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Art. 2 lit. f Dublin III VO (Art. 2 lit. g Dublin II VO [„Flüchtling“]). Antragsteller im Sinne der Dublin III Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III VO (Art. 4 Abs. 1 Dublin II VO) nur eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz Flüchtlingsschutz – wie hier die Antragsteller ausweislich der Mitteilungen der italienischen Behörden vom 28. November 2013 in Italien; vgl. für die unter den Familienverband fallenden Antragsteller zu 3. und 4. Art. 23 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 lit. j Richtlinie 2011/95/EU – erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 lit. a bis d Dublin III VO (Art. 16 Abs. 1 lit. a und c bis e Dublin II VO) keine Pflicht des zuständigen Mitgliedsstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor. Für eine Ausübung des in Art. 17 Abs. 1 der Dublin III VO (Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO) geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist dann ebenfalls von vornherein kein Raum mehr. Hieraus folgt zugleich, dass die Antragsteller mit ihrem Vortrag, aufgrund ihnen in Italien drohender Gesundheitsgefahren lägen „systemische Mängel im Asylverfahren“ vor, die den um Überstellung ersuchenden Mitgliedstaat zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichteten, nicht durchdringen.
18Selbst wenn, der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller folgend, die minderjährigen Antragsteller zu 3. und 4. in Italien formal (noch) keinen Flüchtlingsschutz erhalten haben sollten -obwohl die Antragsteller zu 1. und 2. bei der Anhörung vor dem Bundesamt selbst davon sprachen, sie alle hätten einen gesicherten Aufenthaltsstatus und Aufenthaltstitel gehabt („wir“)-, mag dies allenfalls zwar insoweit zu einer Anwendung der Dublin VO für diese, nicht jedoch zu einer Änderung in der Sache führen (vgl. zudem Art. 9 Dublin III VO bzw. Art. 7 Dublin II VO). Die erkennende Kammer hat in ständiger Rechtsprechung bereits entschieden, in Italien seien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit nicht auszumachen,
19vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; zuletzt für minderjährige Kinder: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 17 L 930/14.A.; auch bei Erkrankungen zuletzt: VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris.
20Diese Rechtsauffassung hat jüngst in einer Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, auf die entsprechend Bezug genommen wird, Bestätigung gefunden,
21vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
22b. Italien ist nach dem im Eilverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
23aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
24vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, juris Rn. 181.
25Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die - freilich widerlegbare - Vermutung gelten, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
26vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
27Diese Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
28vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
29Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
30Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
31vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94; siehe dazu bereits zuvor II 1. a).
32Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
33Dass die Verhältnisse in Italien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz dergestalt zurückbleiben, ist nach der gebotenen summarischen Prüfung zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
34Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Letztere ist aber nach den aktuellen Erkenntnissen in Italien, wo einem anerkannten Asylbewerber hinsichtlich Aufenthalt, Freizügigkeit, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung dieselben Rechte wie italienischen Staatsangehörigen zustehen, gegeben,
35vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 7. und vom 11. Juli 2012, S. 2f.; vgl. auch den Bericht „Associazione per gli Studi Giuridici sull’immigrazione“ -ASGI- vom 20. November 2012, S. 10; s. aus der Rspr. ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 L 104/13.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 - 6 K 7204/12.A, juris; sogar für das Asylverfahren in Italien und die Einhaltung der dort gebotenen unionsrechtlichen Mindeststandards OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A., juris.
36Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Antragsteller im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nicht ersichtlich.
37Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
38Danach ist im Hinblick auf Italien zwar nach wie vor anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit anerkanntem Schutzstatus nach den gegebenen Erkenntnissen schwierig sein können. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Italien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannt Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannt Schutzberechtigte in Italien ausgesetzt sind, nicht.
39In Italien erhalten mit der Anerkennung Schutzsuchende nach Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013 ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht und freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Es existiert eine staatliche Arbeitsvermittlung auf regionaler Ebene. Die Möglichkeit zur Aufnahme eines eigenen Gewerbes oder Handwerks besteht grundsätzlich und wird nach Möglichkeit gefördert. Weiterhin ist die Gesundheitsfürsorge für alle Ausländer, die einen Status haben, gewährleistet, es existiert ein kostenfreier Zugang zu sämtlichen öffentlichen medizinischen Leistungen, wofür aber ein Registrierung erforderlich ist; sie sind den italienischen Staatsangehörigen insoweit gleichgestellt,
40vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 5.5, 6., 7.4 und vom 11. Juli 2012, S. 2; allg. zum italienischen Gesundheitssystem: Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25f.
41Entsprechendes gilt nach Auskunft der Deutschen Botschaft von Januar 2012 auch für weitere Fürsorgeleistungen. Dem italienischen System ist es dabei zu eigen, dass auch italienische Staatsangehörige kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen haben; insoweit müssen sich Ausländer, wie die Italiener auch, in der Praxis etwa selbst um eine Unterkunft bemühen. Die Zuständigkeit für die Festsetzung von Sozialleistungen liegt grundsätzlich im Kompetenzbereich der Regionen. Öffentliche Fürsorgeleistungen weisen demnach deutliche Unterschiede je nach regionaler und kommunaler Finanzkraft auf,
42vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 24.
43Die vorstehenden Ausführungen berücksichtigend, kommen insgesamt Personen mit einem internationalen Schutzstatus dieselben Rechte auf Fürsorge, Unterkunft und medizinische Versorgung zu wie (mittellosen) italienischen Staatsangehörigen. Den Auskünften sind diesbezüglich auch keine hinreichenden -eine andere Beurteilung rechtfertigenden- Anhaltspunkte für eine massiv diskriminierende Vollzugspraxis zu entnehmen,
44vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 7 und vom 11. Juli 2012, S. 2f.; vgl. auch den Bericht von ASGI vom 20. November 2012, S. 10; aus der Rspr.: VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 - 6 K 7204/12.A, juris, m.w.N.,
45Somit ist eine Verletzung der in Art. 26ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote nicht erkennbar, so dass unter diesem Aspekt eine Verletzung von Art. 3 EMRK ausscheidet.
46Darüber hinaus liegen keine sonstigen allgemeinen humanitären Gründe vor, die der Rückführung der Antragsteller nach Italien zwingend entgegenstehen würden. Ungeachtet der Frage, ob bzw. wann überwiegend auf Armut zurückzuführende schlechte humanitäre Bedingungen den für eine Verletzung von Art. 3 EMRK erforderlichen Schweregrad erreichen,
47vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris Rn. 23, 25; vgl. auch Schmahl/Winkler, Schutz vor Armut in der EMRK ?, in: Archiv des Völkerrechts 48 (2010), 405 (422 f.), wonach Art. 3 EMRK bei einer lebensbedrohlichen Mangellage bzw. einer zum Ausschluss selbstbestimmter Handlungen führenden Existenznot tangiert ist,
48lassen die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse nicht darauf schließen, dass die Antragsteller nach ihrer Rückführung nach Italien dort Lebensbedingungen ausgesetzt wären, die für sie auf unabsehbare Zeit eine Lage existenzbedrohender (extremer) materieller Armut befürchten ließen.
49So hat das Auswärtige Amt zuletzt in seiner bereits zitierten Stellungnahme vom 21. Januar 2013 ausgeführt, dass anerkannte Flüchtlinge von Hilfsorganisationen (z.B.: Caritas, CIR) Unterstützung bekommen können, wenngleich sie auch -wie alle Italiener- grundsätzlich in eigener Verantwortung und ohne staatliche finanzielle Hilfe bzw. Sozialleistungen eine Wohnung und einen Arbeitsplatz suchen müssen. Unterstützung für Integrationsprogramme (z.B. Aus- und Fortbildung) existiert ebenfalls über lokale Behörden, Stiftungen, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen oder auch Nichtregierungsorganisationen, die teilweise miteinander vernetzt sind,
50vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 7.1., 7.3.
51Zwar ist nach dem Gutachten der Flüchtlingsorganisation borderline-europe, Menschenrechte ohne Grenzen e.V. von Dezember 2012 und nach Auskunft der italienischen Vereinigung für rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderung (ASGI) vom 20. November 2012 die soziale Situation der Schutzberechtigten oftmals härter als die der Asylsuchenden, da sie nämlich nach Abschluss des Asylverfahrens das Anrecht auf die Aufnahme in einem Aufnahmezentrum für Asylsuchende (CARA) verlieren. Sie können sich lediglich - sofern sie dort in der Vergangenheit noch keine Unterkunft bekommen haben - auf die Warteliste der lokalen Projekte im Rahmen des Schutzsystems für Asylsuchende und Flüchtlinge (SPRAR) eintragen lassen. Für die von diesem System nicht erfassten Personen bleiben nur die bereits erwähnten Unterstützungen allgemeiner Art, wie sie auch für andere Mittellose in Italien vorgesehen sind,
52vgl. borderline-europe e.V. vom Dezember 2012, S. 52f.; Bericht von ASGI vom 20. November 2011, S. 10 ff.
53Dies entspricht im Ergebnis der Einschätzung des Auswärtigen Amtes, wonach für überstellte Personen mit Schutzstatus die Erlangung von Unterkunft und Arbeit in erster Linie von Eigeninitiative und der Hilfestellung von Nichtregierungsorganisationen abhängt, so dass ein Abgleiten in die Obdachlosigkeit zwar generell möglich, aber keineswegs zwingende Folge ist,
54vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 5.5, 7; so auch VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 - 6 K 7204/12.A, juris, m.w.N.
55Wie bereits ausgeführt, ist die Gesundheitsvorsorge zwar rechtlich gewährleistet, jedoch in der Praxis zuweilen mit Schwierigkeiten verbunden. Hierzu führt das Auswärtige Amt im Januar 2013 ausdrücklich aus, dass die Gesundheitsfürsorge grundsätzlich für alle Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, gewährleistet ist. Die Ausländer müssen sich beim Servizio Sanitario Nazionale (Nationaler Gesundheitsdienst) melden und registrieren lassen. Dafür benötigten sie einen Aufenthaltstitel, ihre Steuernummer sowie eine feste Adresse, wobei deren eigene Angabe genügt. Selbst bei einem fehlenden festen Wohnsitz können sie sich um eine Sammeladresse bemühen. Die Caritas bietet solche Adressen für Personen an, die einen solchen nicht haben, ihn jedoch u.a. für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Eine solche „virtuelle Wohnsitznahme“ ist insbesondere in Rom recht umfangreich möglich. Im Übrigen steht nach vorzitierter Auskunft des Auswärtigen Amtes eine kostenfreie medizinische Versorgung selbst Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Die stets bestehende Notambulanz sei -ungeachtet einer Registrierung- für alle Personen kostenfrei zugänglich. Aktuell sei die Not- und Grundversorgung selbst für illegal aufhältige Personen garantiert,
56vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2; borderline-europe e. V. vom Dezember 2012, S. 46.
57Diesbezüglich anerkennt das Gericht jedoch, dass sich in Teilbereichen der Unterkunftserlangung und der Gewährung von Hilfen durchaus für Inhaber eines Schutzstatus in Italien Mängel und Defizite (nach wie vor) feststellen lassen. Insbesondere der nach Abschluss eines Asylverfahrens eintretende Verlust eines Anrechts auf eine staatliche Unterkunft und die dadurch bedingte Möglichkeit der Obdachlosigkeit ist durchaus ernst zu nehmen. Allerdings handelt es sich dabei derzeit nicht um landesweite Missstände, die für jeden Einzelnen oder eine weit überwiegende Anzahl von anerkannten Flüchtlingen die Gefahr einer extremen materiellen Armut begründet, die von den italienischen Behörden tatenlos hingenommen würde. Die vorhandenen Defizite bei der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung reichen daher nicht dafür aus, dass Italien generell nicht mehr als sicherer Drittstaat anzusehen wäre. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass insoweit Art. 3 EMRK die Konventionsstaaten auch nicht etwa dazu verpflichtet, Schutzberechtigten ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
58vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris Rn. 249; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris Rn. 118.
59Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
60vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
61Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
62vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 43, m.w.N.
63Die Antragsteller müssen sich nach alledem daher auf den in Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard – somit auch auf den medizinischen Behandlungs- und Medikamentationsstandard – verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen mag,
64vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 42, s.a. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
65Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller ist es auch nicht maßgeblich, wie ein vor der Großen Kammer des EGMR anhängiges und im Februar 2014 verhandeltes Verfahren zu Italien (offenbar U. ./. Schweiz; EGMR 29217/12) entschieden wird. Es ist ungewiss, inwieweit der EGMR in jenem Verfahren fallübergreifende Feststellungen zu den Verhältnissen in Italien treffen oder die konkreten Verhältnisse des zu entscheidenden Falles -ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt bei den Beschwerdeführern um anerkannte Flüchtlinge handelt- in den Vordergrund stellen wird; die Entscheidung hierzu steht -soweit ersichtlich- noch aus. Ungeachtet dessen bestand jedoch keine Veranlassung, zur Gewinnung der für die Entscheidungsfindung erforderlichen Überzeugung noch weitere Gutachten, Auskünfte oder Stellungnahmen zur Situation der anerkannten Flüchtlinge in Italien einzuholen. Denn die vorliegenden Erkenntnismittel haben im Ergebnis ausgereicht, dem Gericht diese Überzeugung bereits in einem ausreichenden Maße zu vermitteln.
66bb. Die Antragsteller gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
67Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Antragsteller liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Antragsteller eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurde.
68Beachtliche, in der Person der Antragsteller liegende Gründe von der Überstellung nach Italien abzusehen liegen indes nicht vor. Für die Antragstellerin zu 1. ist mit fachärztlichem Attest vom 29. April 2014 im Wesentlichen geltend gemacht, „es bestehe der dringende Verdacht auf eine schwere Posttraumatische Belastungsstörung, die der dringenden psychotherapeutischen Behandlung bedarf“. Aufgrund dieses Attestes ist es schon nicht hinreichend dargelegt, dass die Antragstellerin zu 1. tatsächlich an einer „schweren posttraumatischen Belastungsstörung“ leidet, sondern allenfalls, dass ein entsprechender Verdacht besteht, der der diagnostischen Abklärung bedarf. In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass der Zeitpunkt der Attestierung der angeblichen Erkrankung auffällig ist. Denn das Attest ist nur wenige Tage nach Zustellung (24. April 2014) des ablehnenden Bescheides vom 17. April 2014, nämlich am 29. April 2014 erstellt worden. Die Antragstellerin zu 1. hat bislang in verschiedenen Ländern der Europäischen Union Asylanträge gestellt (Italien, Schweiz, Frankreich, sowie Schweden und nunmehr in der Bundesrepublik Deutschland) und Syrien bereits nach eigenen Angaben im Juli 2009 Richtung Italien verlassen. Danach hat sie sich zunächst ca. 4-5 Monate in Rom aufgehalten, ist dann nach einem etwa sechsmonatigen Aufenthalt in der Schweiz wieder nach Rom zurückgekehrt um dort ca. ein ganzes weiteres Jahr zu bleiben. Schließlich will sie für zwei Monate nach Frankreich und sodann circa 13 Monate in Schweden gewesen sein um abermals für eine Woche nach Rom zurückzukehren. Hätte die geltend gemachte posttraumatische Erkrankung - nunmehr nach durch nichts belegtem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zu 1. vom 15. Juli 2014 eine depressive Störung mit Suizidneigung- bereits jeweils in den anderen Ländern, insbesondere in Italien -wo die Antragstellerin insgesamt über anderthalb Jahre war- vorgelegen, hätte nichts näher gestanden, diese bereits zu Anfang beim Bundesamt geltend zu machen. Von etwaigen eigenen Erkrankungen war bei der Antragstellung dort im Juli 2013 indes ebensowenig wie im gesamten Verwaltungsverfahren die Rede (Anhörung am 18. Juli 2013: „Ich fühle mich gesund … Ich bin nicht behandlungsbedürftig erkrankt“). Es drängt sich daher der Eindruck einer bloßen Gefälligkeitsbescheinigung auf.
69Selbst wenn die behauptete Erkrankung aber unterstellt würde, ist weiter nicht nachvollziehbar vorgetragen, diese sei in Italien nicht behandelbar bzw. auch eine entsprechende Medikamentation unmöglich. Nach der derzeitigen Erkenntnislage trifft das nicht zu. Die Gesundheitsversorgung und der Zugang zu ihr ist in Italien für anerkannte Flüchtlinge trotz zuweilen auftretender zumutbarer praktischer Erschwernisse hinreichend gewährleistet. Es wurde bereits dargelegt, dass einem anerkannten Schutzberechtigten auch bei der medizinischen Versorgung dieselben Rechte wie italienischen Staatsangehörigen zustehen. Die -dem Flüchtling ohne Weiteres zumutbare- Anmeldung beim Servizio Sanitario Nazionale ist obligatorisch und ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und bei Spezialisten oder zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt (siehe zuvor A. II. 1. b. aa.). Es existiert ferner kostenfreier Zugang zu allen medizinischen öffentlichen Leistungen (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus); die stets bestehende Notambulanz ist -ungeachtet einer Registrierung - für alle Personen ebenfalls kostenfrei zugänglich,
70vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1; borderline-europe e.V. vom Dezember 2012, S. 46.
71Eine ärztliche Versorgung ist ausweislich der Erkenntnislage auch gewährleistet, sofern es um die Behandlung von psychischen bzw. traumatischen Erkrankungen geht,
72vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 8.1; Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25f.
73Es ist danach nicht erkennbar, die Antragstellerin zu 1. könnte in Italien unzureichend behandelt werden, bestünde denn ihre (behauptete) Erkrankung tatsächlich. Schließlich lassen ihre Ausführungen beim Bundesamt (etwa im Jahre 2009/2010 sehr schlechte Lage im Asylheim in Italien, erforderliche neue Unterkunft nach sechs Monaten, zwei Monate keine Sozialhilfe) eine besondere Schutzbedürftigkeit hier nicht erkennen.
74Hinsichtlich des etwas über fünfzigjährigen Antragstellers zu 2. ist ebenso nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass nicht jedenfalls er sich um den Lebensunterhalt und die Versorgung seiner Familie wird kümmern können. Auch seine Ausführungen beim Bundesamt lassen eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht erkennen (Anhörung am 18. Juli 2013: „Ich fühle mich gesund … Ich bin nicht behandlungsbedürftig erkrankt“); schließlich hat der Antragsteller zu 2. -wie übrigens die Antragstellerin zu 1. auch- bei seiner dortigen Anhörung keine Einwände erhoben, dass sein Antrag in Italien wieder geprüft werde (Anhörung Frage 24).
75Endlich begründet allein die Minderjährigkeit der Antragsteller zu 3. (ca. 5 Jahre) und 4. (ca. 4 Jahre) eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht. Sie sollen gemeinsam mit ihren Eltern, den Antragstellern zu 1. und 2., nach Italien zurückgeführt werden; Anhaltspunkte für -hinreichend beachtliche- Erkrankungen bei dem Antragsteller zu 4. sind weder vorgebracht noch ersichtlich. Hinsichtlich des Antragstellers zu 3. liegt offenbar eine Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache (Dyslalie sowie Dysgrammatismus) vor, wobei neurologische oder sonstige pädiatrische Besonderheiten nicht festgestellt wurden (siehe Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014). Als Therapieziel wurde die „Verbesserung / Normalisierung sprachl. / kommunikativer Fähigkeiten“ benannt. Im Attest des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin vom 22. Mai 2014 wurde ferner, noch ohne nähere Ausführungen dazu „frühkindlicher Autismus“ (in dem Überweisungsschein an die Ausländerbehörde hieß es einen Tag zuvor noch zum frühkindlichen Autismus „z.A.“ [zur Abklärung]) sowie eine „Verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn der Kindheit“ diagnostiziert und diverse -nicht medikamentöse- Therapiemaßnahmen vorgeschlagen (u.a. Einzeltherapie mit begleitender Elternarbeit; Kooperation der Therapeuten mit dem Kindergarten bzw. dem Sozialamt; Gewährleistung eines Lebensortes, der das Risiko der Störungen minimiere). Auch diese diagnostizierten Erkrankungen -ihr Vorliegen unterstellt- können in Italien hinreichend behandelt werden. Es besteht für anerkannte Schutzberechtigte, wie für italienische Staatsbürger, freie Arztwahl. Zwar muss zunächst -abgesehen von Notfällen- ein Hausarzt aufgesucht werden, der dann eine Überweisung an einen Spezialisten, wie einen Kinderarzt oder das Krankenhaus, vornimmt. Gegebenenfalls muss auch bei Fachärzten mit langen Wartezeiten für Termine gerechnet werden, dies trifft aber Italiener gleichermaßen und ist zumutbar, zumal sich insoweit das System in diesem Punkt nicht grundlegend von dem hiesigen unterscheidet,
76vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 26; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2.
77Soweit die Antragsteller zu. 3. und 4., die Argumentation des Prozessbevollmächtigten unterstellt, keine in Italien anerkannten Flüchtlinge wären und unter das Regime der Dublin VO fielen (s.o. A II 1 a.), ergäbe sich hier nichts anderes. Ungeachtet dessen, dass die medizinische Behandlung von Personen mit internationalem Schutzstatus den anderen Familienangehörigen, also auch den Antragstellern zu 3. und 4. gleichermaßen zukäme,
78vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2.,
79wäre ohnehin auch hier kein besondere Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 3. und 4. gegeben, die die Geltendmachung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland geböte. Insoweit wird auf die Rechtsprechung der Kammer, die durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein Westfalen Bestätigung gefunden hat, Bezug genommen und sich diese zu Eigen gemacht. Die behaupteten Erkrankungen wären im Falle des noch laufenden Asylverfahrens behandelbar und auch der Zugang zu einer Behandlung gewährleistet,
80vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris, jew. m.w.N.; i.Ü. grundsätzlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
81cc. Schließlich liegt keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
82vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189.
83Weder droht den Antragstellern in Italien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung dort Opfer eines Verbrechens werden, welches zu verhindern nicht in der Macht Italiens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Italien selbst zum Verfolgerstaat werden wird.
842. Ebenso steht – nach dem im Eilverfahren angelegten Maßstab der summarischen Prüfung – fest, dass die Abschiebung im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG durchgeführt werden kann.
85a. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Für die Antragsteller besteht in Italien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
86Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde,
87vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.5 –, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 ‑ 9 C 58.96 –, juris Rn. 13.
88Eine solche Verschlechterung kann zwar grundsätzlich infolge einer schweren psychischen Erkrankung eintreten, dies hat die Antragstellerin zu 1. aber nicht hinreichend dargelegt. Das von ihr vorgelegte Attest vom 29. April 2014 lässt im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung aus den bereits genannten Gründen (s. A II 1 b. bb.) den Schluss auf eine solche Erkrankung gerade mit der notwendigen zielstaatsbezogenen Verschlechterung nicht zu, zumal dort ohnehin nur von einem entsprechenden Verdacht gesprochen wird und die vom Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 15. Juli 2014 behauptete „Behandlungsbedürftige schwere depressive Störung mit Suizidneigung, die die Betreuung und Aufsicht naher Angehöriger“ geböte, durch nichts belegt und daher eine bloße unsubstantiierte Behauptung ist. Das vorzitierte Attest und die sonstigen beigefügten Anlagen geben dafür jedenfalls nichts her. Abgesehen von der fehlenden Glaubhaftigkeit einer psychischen Erkrankung liegen, wie bereits ausgeführt, aber auch keine Anhaltspunkte dafür vor, eine gegebenenfalls erforderliche Behandlung von psychischen Störungen sei in Italien nicht zureichend gewährleistet (vgl. A II 1 b. bb.). Daher drohen der Antragstellerin zu 1. keine der in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebene Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
89Es ist auch nichts dafür erkennbar, der Gesundheitszustand des Antragstellers zu 3. verschlechtere sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit derart im Sinne des zuvor genannten Maßstabes bei einer Rückführung nach Italien. Soweit im Attest vom 22. Mai 2014 die Rede davon ist, eine Rückführung der Familie in ihre Heimat würde die Symptomatik verstärken, wird zunächst angemerkt, dass eine Rückführung des Antragstellers zu 3. gemeinsam mit seiner Familie in einen sicheren Mitgliedstaat der Europäischen Union ansteht, nicht aber die Abschiebung in die Heimat - nämlich Syrien - selbst. Unbeschadet dessen besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit nicht, dass bei einem Aufenthalt im Zielland Italien die entsprechenden Gefahren drohten. Denn auch die Erkrankung des Antragstellers zu 3. (vgl. zu ihr bereits unter A II 1 b. bb.) kann in Italien behandelt werden, insbesondere ist eine kinderärztliche Betreuung sowie sind sonstige adäquate medizinische Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten -wie dort für Inländer- gegeben und zugänglich,
90vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1.
91Soweit im Attest vom 22. Mai 2014 weiter ausgeführt wird, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus der Familie in der Bundesrepublik Deutschland kann zu einer positiven Veränderungen der o.g. Störungen des Kindes beitragen“, wird darauf hingewiesen, dass es für den bei § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzulegenden Maßstab auf die besondere Intensität der Beeinträchtigung im Zielstaat -Italien- ankommt und nicht auf eine hiesige mögliche Verbesserung. Denn der Asylbewerber bzw. anerkannt Schutzberechtigte muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau -wofür aber keine Anhaltspunkte ersichtlich sind- nicht entsprechen sollte,
92vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris.
93Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob den Antragstellern zu 1. und 3. nicht von vornherein die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe, weil die eventuellen Schwierigkeiten, die bei der Gewährung medizinischer Versorgung und Medikamentation mit möglicherweise daraus resultierenden Beeinträchtigungen bestünden (etwa Eigenbeteiligungen an bestimmten Medikamenten, sog. „tickets“ bei Eigenbeteiligungen an bestimmten Behandlungen, vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25, 27), nicht individuell, sondern allgemein für die Bevölkerungsgruppe aller ganz oder nahezu mittellosen Kranken in Italien drohten,
94vgl. in diese Richtung VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 L 104/13.A, juris (noch zu § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG a.F.); zuletzt so für Bulgarien die erkennende Kammer, Beschluss vom 14. Juli 2014 - 17 L 870/14.A.
95b. Sofern im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vom Antragsgegner auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen wären,
96vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4,
97stünden solche nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich nicht im Hinblick auf die behauptete Erkrankung der Antragstellerin zu 1. Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in Form von Reiseunfähigkeit liegt nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Ausreise bzw. Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Das ist bei einer psychischen Erkrankung etwa der Fall, wenn im Rahmen einer Abschiebung das ernsthafte Risiko einer Selbsttötung gegeben ist und keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen werden können, die das Risiko im Falle der Abschiebung verlässlich ausschließen,
98vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Mai 2007 - 19 B 352/07 -, juris Rn. 5 m.w.N.
99Im Hinblick auf die Antragstellerin zu 1. sind eine im vorgenannten Sinne beachtliche Erkrankung und das ernsthafte Risiko, ihr Zustand würde sich bei einer Abschiebung wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Dem vorgelegten Attest vom 29. April 2014 sind keinerlei konkreten Angaben über die Reise(un)fähigkeit zu entnehmen. Selbst die behauptete psychische Erkrankung unterstellt, führte diese nicht zwingend zu einer Reiseunfähigkeit. In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass alle hiesigen Antragsteller im EU-Raum bereits eine offenbar problemlos von ihrer Konstitution mögliche rege gemeinsame Reisetätigkeit in den letzten Jahren entwickelt haben (Aufenthalt in Italien mit zweimaliger Rückkehr dorthin, Schweiz, Frankreich, Schweden und der Bundesrepublik Deutschland). Die pauschale Behauptung der Suizidgefährdung ist im Übrigen durch nichts belegt. Unabhängig davon und ein Suizidrisiko einmal unterstellt, ist schließlich mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dieser Gefahr könnte im Rahmen der Rückführungsmaßnahme durch ärztliche Hilfe oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden.
100Hinsichtlich des minderjährigen Antragstellers zu 3. sind ebenfalls keine inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse ersichtlich. Reiseunfähigkeit ist schon im Ansatz nicht erkennbar. Wie sich unmittelbar durch eine Rückführung oder als unmittelbare Folge dieser der Gesundheitszustand des Antragstellers zu 3., der im Kern an einer sprachlichen Entwicklungs- und Verhaltensstörung, ggf. einem frühkindlichen Autismus leidet, wesentlich oder gar lebensbedrohlich Verschlechtern soll, bleibt der Antragsteller (und bleiben die Atteste) schuldig.
101Für sonstige Abschiebungshindernisse ist im Übrigen nichts ersichtlich.
102B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert beruht auf § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
103C. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten in der Hauptsache war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung.
104Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Gründe:
2Der am 7. Oktober 2014 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage (17 K 6583/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 25. September 2014 insoweit anzuordnen, als in Ziffer 2 des Bescheides die Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wird,
4hat keinen Erfolg.
5A. Er ist zulässig (I.), jedoch unbegründet (II.).
6I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist – wie sich auch aus § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ergibt – der statthafte Rechtsbehelf. Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen verfolgt werden kann,
7vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn. 28 ff.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 – 17 L 1194/14.A –, juris Rn. 5; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 – 17 K 4548/12.A –, juris Rn. 15 ff.
8Der erhobenen Anfechtungsklage – 17 K 6583/14.A – kommt entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylVfG.
9Die Antragstellung bei Gericht am 7. Oktober 2014 ist auch innerhalb der Wochenfrist ab Bekanntgabe – hier: Zustellung am 1. Oktober 2014 – erfolgt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG.
10II. Der Antrag ist unbegründet.
11Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt bei einer an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierten Abwägung das Interesse der Antragsteller am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.
12Die Abschiebungsanordnung ist nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden (1.), ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (2.).
13Diese Voraussetzungen liegen vor.
141. Bulgarien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union „sicherer Drittstaat“ im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
15a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht nicht die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III VO) vor. Denn diese findet auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ‑ hier: Bulgarien – die Flüchtlingseigenschaft oder subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, keine Anwendung,
16vgl. angedeutet in BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 – 10 C 7.13 –, juris Rn. 26; VG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2014 – 17 K 2897/14.A –, n.V.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 ‑ 17 L 1194/14.A –, juris Rn. 14; so auch zur Vorgängerregelung Dublin II VO Nr. 343/2003: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
17Die Dublin III VO unterscheidet ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Art. 2 lit. c Dublin III VO und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Art. 2 lit. f Dublin III VO. Antragsteller im Sinne der Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III VO (nur) eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz die Flüchtlingseigenschaft oder den subsidiären Schutzstatus – wie hier die Antragsteller in Bulgarien mit Entscheidung vom 11. Februar 2014 – erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 lit. a bis d Dublin III VO keine Pflicht des zuständigen Mitgliedstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor. Für eine Ausübung des in Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist dann ebenfalls von vornherein kein Raum mehr.
18b. Bulgarien ist nach dem im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union jedenfalls für die Fälle des Antragstellern gewährten internationalen Schutzes ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
19aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
20vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 –, juris Rn. 181.
21Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die ‑ freilich widerlegbare ‑Vermutung gelten, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
22vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
23Diese Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
24vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
25Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
26Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
27vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
28Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
29Dass die Verhältnisse in Bulgarien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Schutz dergestalt zurückbleiben, ist nach der gebotenen summarischen Prüfung zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
30Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die Genfer Flüchtlingskonvention den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Letztere ist nach den aktuellen Erkenntnissen gegeben. Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Antragsteller im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nicht ersichtlich.
31Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
32Danach ist im Hinblick auf Bulgarien zwar anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit zuerkannter Flüchtlingseigenschaft bzw. subsidiärem Schutzstatus dort nach den gegebenen Erkenntnissen prekär sind. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26 ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Bulgarien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss vielmehr ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannte Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigte in Bulgarien ausgesetzt sind, derzeit nicht.
33Der UNHCR schildert in seinem Bericht „Current Situation of Asylum in Bulgaria“ zwar Schwierigkeiten anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter in Bulgarien,
34vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziff. 2.7.
35So bestünde eine Lücke bei der Gesundheitsversorgung in der Zeit zwischen Anerkennung als Flüchtlinge oder subsidiär Schutzberechtigte aufgrund der Änderung ihres Status im System. Sie hätten außerdem – wie die bulgarischen Staatsangehörigen auch – einen monatlichen Beitrag von umgerechnet 8,70 Euro für die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen, von der indes Medikamente und psychologische Betreuung nicht eingeschlossen seien. Berichtet wird außerdem von Schwierigkeiten, eine gesicherte Beschäftigung zu erlangen. Neben der schwierigen wirtschaftlichen Situation seien einige strukturelle Hindernisse wie etwa die fehlende Anerkennung von Vorkenntnissen zu überwinden. Es fehle an gezielter Unterstützung. Außerdem mangele es an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum. Auch die für eine erfolgreiche Integration erforderliche Bildung der Schutzberechtigten, insbesondere der Kinder, sei verbesserungswürdig.
36In den vorbezeichneten Defiziten ist eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung indes nicht zu erkennen. Art. 3 EMRK verpflichtet die Konventionsstaaten nicht etwa dazu, Schutzberechtigte finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
37vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris Rn. 249.
38Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
39vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
40Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
41vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 43, m.w.N.
42Die Antragsteller müssen sich daher auf den in Bulgarien für alle bulgarischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht,
43vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 42, s.a. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
44Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die zur Frage der Ausgestaltung des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Bulgarien ergangene Rechtsprechung und die hierzu dem Gericht vorliegenden Berichte etwa des UNHCR, von Amnesty International und Asylum Information Database nicht heranzuziehen sind. Denn diese betreffen maßgeblich die Einhaltung der Mindeststandards für Asylbewerber und die Ausgestaltung des Asylverfahrens, also den Zugang zum Asyl- bzw. Flüchtlingsschutz bzw. die Durchführung des Verfahrens, nicht aber die Umsetzung des gewährten internationalen Schutzes,
45vgl. einen systemischen Mangel aufgrund der Auswertung der diesbezüglichen Erkenntnisse für Asylsuchende in Bulgarien verneinend etwa: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. September 2014 ‑ 13 L 1690/14.A – n.V.; VG Ansbach, Urteil vom 10. Juli 2014 – AN 11 K 14.30366 –, juris; VG Potsdam, Beschluss vom 14. November 2013 – 6 L 787/13.A –, juris; VG Regensburg, Beschluss vom 20. August 2012 – RN 9 S 12.30284 –, juris, alle m.w.N.
46bb. Die Antragsteller gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
47Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der jeweiligen Antragsteller liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob es sich bei den Antragstellern um Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU handelt und sie gemäß Art. 20 Abs. 4 Richtlinie 2011/95/EU nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurden.
48Beachtliche, in der Person der Antragsteller liegende Gründe von einer Überstellung nach Bulgarien abzusehen liegen indes nicht vor. Bei ihnen handelt es sich um eine Familie, bestehend aus einem erwachsenen etwa 26 Jahre alten Mann, seiner 17 jährigen Ehefrau und der gerade zweijährigen Tochter. Aktuelle Erkrankungen oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen sind weder vorgetragen noch aus den Verwaltungsvorgängen ersichtlich. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt gaben die Antragsteller zu 1) und zu 2) vielmehr an, gesund zu sein. Auch sonst lassen ihre Ausführungen eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht erkennen. Insoweit hat der Antragsteller zu 1) lediglich pauschal ausgeführt, man habe Bulgarien „aus wirtschaftlichen Gründen“ verlassen, auch sei die Tochter für fast drei Wochen erkrankt gewesen, Arbeit habe es ebenfalls keine gegeben, schließlich sei man nach Ankunft dort im Gefängnis gewesen.
49Im Hinblick auf die minderjährige Antragstellerin zu 3) kann den bei der Durchführung von Überstellungen in sichere Drittstaaten vor dem Hintergrund der Grundrechte aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 6 Abs. 1 GG allgemein besonders zu beachtenden Gesichtspunkten des Kindeswohls und der Familieneinheit,
50vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris,
51durch die Aufnahme eines Maßgabevorbehaltes (siehe B. II. 2. b.) in hinreichendem Maße Rechnung getragen werden.
52cc. Schließlich liegt auch keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
53vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189.
54Weder drohte den Antragstellern in Bulgarien die Todesstrafe, noch bestünde die erhebliche konkrete Gefahr, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung nach dort Opfer eines Verbrechens würden, welches zu verhindern nicht in der Macht Bulgariens stünde. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Bulgarien selbst zum Verfolgerstaat werden würde.
552. Ebenso ist die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und es steht fest, dass die Abschiebung – unter Berücksichtigung des unter b. ausgesprochenen Maßgabevorbehaltes – durchgeführt werden kann.
56a. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) sind weder beachtlich vorgetragen noch sonst aus den beigezogenen Verwaltungsvorgängen ersichtlich. Insbesondere besteht für die Antragsteller – mangels hinreichend konkreter Gesundheitsbeeinträchtigungen – in Bulgarien gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben.
57Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob ihnen nicht von vornherein die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe, sofern eventuelle Schwierigkeiten nicht individuell, sondern allgemein für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, der sie angehörten, in Bulgarien drohten,
58vgl. für die Gruppe aller ganz oder nahezu mittellosen Kranken in Bulgarien: VG Düsseldorf, Urteil vom 9. September 2014 – 17 K 2471/14.A –, n.V.; VG Düsseldorf, Beschluss vom 14. Juli 2014 ‑ 17 L 870/14.A –, n.V.
59b. Im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG hat das Bundesamt mit Blick auf den Wortlaut der Vorschrift („feststeht“) neben zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten auch zu prüfen, ob der Abschiebung inlandsbezogene Vollzugshindernisse entgegenstehen,
60vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4.
61Derartige inlandsbezogene Abschiebungshindernisse sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Allerdings kann es in Einzelfällen – wie hier – geboten sein, notwendige Vorkehrungen zu treffen, damit eine grundsätzlich zulässige Abschiebung verantwortet werden kann. Insbesondere im gegebenen Fall der Rückführung in sichere Drittstaaten können die betroffenen Ausländer – anders als bei der Rückführung in ihr Heimatland – regelmäßig weder auf verwandtschaftliche Hilfe noch auf ein soziales Netzwerk bei der Suche nach einer Unterkunft für die Zeit unmittelbar nach ihrer Rückkehr zurückgreifen. Existieren belastbare Anhaltspunkte für das Bestehen von Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung rückgeführter Ausländer in dem sicheren Drittstaat, hat die für die Abschiebung zuständige Behörde dem daher angemessen Rechnung zu tragen,
62vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris, zur Rückführung von Inhabern internationalen Schutzes nach Italien.
63Anhaltspunkte für Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge bzw. subsidiär Schutzberechtigter bestehen in Anbetracht eines Mangels an geeignetem und bezahlbarem Wohnraum gegenwärtig auch für Bulgarien,
64vgl. UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: April 2014, Ziffer 2.7; UNHCR Observations on the Current Situation of Asylum in Bulgaria, Stand: Januar 2014, Ziffer 2.8; UNHCR Where is my home? Homelessness and Access to Housing among Asylum-Seekers, Refugees and Persons with International Protection in Bulgaria, Stand: 2013, Ziffer 2.3.
65Demgemäß hat die Antragsgegnerin in Ansehung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,
66vgl. BVerfG, Beschluss vom 17. September 2014 – 2 BvR 1795/14 –, juris,
67bei Rücküberstellungen nach Bulgarien eingedenk der grundrechtlichen Verbürgungen des Kindeswohls und der Familieneinheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Abs. 1 GG) jedenfalls bei der Abschiebung von Familien mit Kleinstkindern bis zum Alter von drei Jahren in Abstimmung mit den bulgarischen Behörden sicherzustellen, dass der Übergang in eine gesicherte Unterkunft gewährleistet ist, um erhebliche konkrete Gesundheitsgefahren für diese in besonderem Maße auf ihre Eltern angewiesenen Kinder auszuschließen.
68Bei der Rückführung der Antragsteller zu 1) und 2) sowie der gerade einmal zweijährigen Antragstellerin zu 3) hat die Antragsgegnerin daher die Maßgabe zu beachten, vor einer Abschiebung nach Bulgarien in Abstimmung mit den dortigen Behörden sicherzustellen, dass für die Antragsteller unmittelbar nach Ankunft in Bulgarien der Übergang in eine gesicherte Unterkunft gewährleistet ist.
69B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
70Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. aus E. wird abgelehnt.
1
Gründe:
2Der am 29. April 2014 bei Gericht sinngemäß gestellte Antrag,
3die aufschiebende Wirkung der Klage (17 K 2897/14.A) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 17. April 2014 insoweit anzuordnen, als in Ziffer 2. des Bescheides die Abschiebung nach Italien angeordnet wird,
4hat keinen Erfolg.
5A. Er ist zulässig (I.), jedoch unbegründet (II.).
6I. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist – wie sich auch aus § 34a Abs. 2 Satz 1 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) ergibt – der statthafte Rechtsbehelf. Die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar, dessen Aufhebung im Hauptsacheverfahren im Wege der Anfechtungsklage von dem Betroffenen verfolgt werden kann,
7vgl. OVG NRW, Beschluss vom 7. März 2014 – 1 A 21/12.A –, juris Rn.28 ff.; VG Düsseldorf, Urteil vom 23. April 2013 - 17 K 4548/12.A -, juris.
8Der erhobenen Anfechtungsklage – 17 K 2897/14.A – kommt entgegen § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht schon kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung zu, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 75 Abs. 1 AsylVfG.
9Die Antragstellung bei Gericht am 29. April 2014 ist auch innerhalb der Wochenfrist ab Bekanntgabe – hier: 24. April 2014 – erfolgt, § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG.
10II. Der Antrag ist unbegründet.
11Das öffentliche Vollzugsinteresse an der sofort vollziehbaren Abschiebungsanordnung überwiegt bei einer an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache orientierten Abwägung das Interesse der Antragsteller am vorläufigen Verbleib im Bundesgebiet.
12Die Abschiebungsanordnung ist nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig. Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylVfG) abgeschoben werden (1.), ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 1. Alt. AsylVfG an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann (2.).
13Diese Voraussetzungen liegen vor.
141. Italien ist „sicherer Drittstaat“ im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
15a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht entgegen der Ansicht der Antragteller nicht die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (sog. Dublin III VO) vor. Dabei kann es offen bleiben, ob auf den gegebenen Fall noch die Vorgängerregelung, die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (sog. Dublin II VO) einschlägig wäre (vgl. insoweit Art. 49 Abs. 2 Satz 2 Dublin III VO - hierfür spricht, dass die Asylanträge der Antragsteller vor dem 1. Januar 2014 gestellt wurden-). Denn beide Regelwerke, die Dublin II ebenso wie die Dublin III Verordnung finden auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Italien – Flüchtlingsschutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist, überhaupt keine Anwendung mehr,
16vgl. für subsidiär schutzberechtigte Personen: VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2014 - 17 L 1193/17.A; zur Dublin II VO bereits: VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A –, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 – 6 K 7204/12.A –, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34.
17Die Dublin III VO unterscheidet -ebenso wie der Sache nach die Dublin II VO- ausdrücklich zwischen „Antragsteller“, Art. 2 lit. c Dublin III VO (Art. 2 lit. d Dublin II VO) und „Begünstigter internationalen Schutzes“, Art. 2 lit. f Dublin III VO (Art. 2 lit. g Dublin II VO [„Flüchtling“]). Antragsteller im Sinne der Dublin III Verordnung ist danach derjenige, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde, wohingegen „Begünstigter internationalen Schutzes“ derjenige ist, dem internationaler Schutz zuerkannt wurde. Das Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedstaates wird nach Art. 20 Abs. 1 Dublin III VO (Art. 4 Abs. 1 Dublin II VO) nur eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird. Dieses Verfahren ist indes nicht mehr einschlägig, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nach dortigem Antrag auf internationalen Schutz Flüchtlingsschutz – wie hier die Antragsteller ausweislich der Mitteilungen der italienischen Behörden vom 28. November 2013 in Italien; vgl. für die unter den Familienverband fallenden Antragsteller zu 3. und 4. Art. 23 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 lit. j Richtlinie 2011/95/EU – erhalten hat. Dementsprechend sieht auch Art. 18 Abs. 1 lit. a bis d Dublin III VO (Art. 16 Abs. 1 lit. a und c bis e Dublin II VO) keine Pflicht des zuständigen Mitgliedsstaates im Falle des positiven Bescheides über einen Antrag auf internationalen Schutz vor. Für eine Ausübung des in Art. 17 Abs. 1 der Dublin III VO (Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO) geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist dann ebenfalls von vornherein kein Raum mehr. Hieraus folgt zugleich, dass die Antragsteller mit ihrem Vortrag, aufgrund ihnen in Italien drohender Gesundheitsgefahren lägen „systemische Mängel im Asylverfahren“ vor, die den um Überstellung ersuchenden Mitgliedstaat zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichteten, nicht durchdringen.
18Selbst wenn, der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller folgend, die minderjährigen Antragsteller zu 3. und 4. in Italien formal (noch) keinen Flüchtlingsschutz erhalten haben sollten -obwohl die Antragsteller zu 1. und 2. bei der Anhörung vor dem Bundesamt selbst davon sprachen, sie alle hätten einen gesicherten Aufenthaltsstatus und Aufenthaltstitel gehabt („wir“)-, mag dies allenfalls zwar insoweit zu einer Anwendung der Dublin VO für diese, nicht jedoch zu einer Änderung in der Sache führen (vgl. zudem Art. 9 Dublin III VO bzw. Art. 7 Dublin II VO). Die erkennende Kammer hat in ständiger Rechtsprechung bereits entschieden, in Italien seien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit nicht auszumachen,
19vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; zuletzt für minderjährige Kinder: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 17 L 930/14.A.; auch bei Erkrankungen zuletzt: VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris.
20Diese Rechtsauffassung hat jüngst in einer Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, auf die entsprechend Bezug genommen wird, Bestätigung gefunden,
21vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
22b. Italien ist nach dem im Eilverfahren anzulegenden Prüfungsmaßstab als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
23aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
24vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93 -, juris Rn. 181.
25Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die - freilich widerlegbare - Vermutung gelten, die Behandlung der Antragsteller als schutzberechtigt anerkannte Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
26vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 -, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
27Diese Annahmen zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
28vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12 –, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
29Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
30Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
31vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10 –, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94; siehe dazu bereits zuvor II 1. a).
32Hat der Ausländer indes – wie hier – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
33Dass die Verhältnisse in Italien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz dergestalt zurückbleiben, ist nach der gebotenen summarischen Prüfung zu dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen.
34Soweit die Genfer Flüchtlingskonvention für anerkannte Flüchtlinge Wohlfahrtsregelungen enthält (Art. 20 ff. GFK), die vom anerkennenden Drittstaat zu beachten und vom Konzept der normativen Vergewisserung mit umfasst sind, gehen diese im Wesentlichen über Diskriminierungsverbote gegenüber den jeweiligen Inländern nicht hinaus. Namentlich im Bereich der öffentlichen Fürsorge und der sozialen Sicherheit verpflichtet die GFK den Drittstaat zur Inländergleichbehandlung (vgl. Art. 23, 24 GFK). Letztere ist aber nach den aktuellen Erkenntnissen in Italien, wo einem anerkannten Asylbewerber hinsichtlich Aufenthalt, Freizügigkeit, Zugang zu Arbeit und medizinischer Versorgung dieselben Rechte wie italienischen Staatsangehörigen zustehen, gegeben,
35vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 7. und vom 11. Juli 2012, S. 2f.; vgl. auch den Bericht „Associazione per gli Studi Giuridici sull’immigrazione“ -ASGI- vom 20. November 2012, S. 10; s. aus der Rspr. ebenso VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 L 104/13.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 - 6 K 7204/12.A, juris; sogar für das Asylverfahren in Italien und die Einhaltung der dort gebotenen unionsrechtlichen Mindeststandards OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A., juris.
36Eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der Antragsteller im Sinne von Art. 3 EMRK ist gleichfalls nicht ersichtlich.
37Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsschutzes wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU. So gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs. 1). Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialhilfeleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.
38Danach ist im Hinblick auf Italien zwar nach wie vor anzuerkennen, dass die Lebensbedingungen (auch) für Personen mit anerkanntem Schutzstatus nach den gegebenen Erkenntnissen schwierig sein können. Weder ist aber eine Verletzung der in Art. 26ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote erkennbar noch herrschen in Italien derart handgreiflich eklatante Missstände, die die Annahme rechtfertigten, anerkannt Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt und den Antragstellern müsste unabweisbar Schutz gewährt werden. Eine solche Behandlung muss ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um als unmenschlich oder erniedrigend im Sinne von Art. 3 EMRK zu gelten. Dieses Mindestmaß erreichen die Verhältnisse, denen anerkannt Schutzberechtigte in Italien ausgesetzt sind, nicht.
39In Italien erhalten mit der Anerkennung Schutzsuchende nach Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013 ein unbegrenztes Aufenthaltsrecht und freien Zugang zum Arbeitsmarkt. Es existiert eine staatliche Arbeitsvermittlung auf regionaler Ebene. Die Möglichkeit zur Aufnahme eines eigenen Gewerbes oder Handwerks besteht grundsätzlich und wird nach Möglichkeit gefördert. Weiterhin ist die Gesundheitsfürsorge für alle Ausländer, die einen Status haben, gewährleistet, es existiert ein kostenfreier Zugang zu sämtlichen öffentlichen medizinischen Leistungen, wofür aber ein Registrierung erforderlich ist; sie sind den italienischen Staatsangehörigen insoweit gleichgestellt,
40vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 5.5, 6., 7.4 und vom 11. Juli 2012, S. 2; allg. zum italienischen Gesundheitssystem: Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25f.
41Entsprechendes gilt nach Auskunft der Deutschen Botschaft von Januar 2012 auch für weitere Fürsorgeleistungen. Dem italienischen System ist es dabei zu eigen, dass auch italienische Staatsangehörige kein national garantiertes Recht auf Fürsorgeleistungen haben; insoweit müssen sich Ausländer, wie die Italiener auch, in der Praxis etwa selbst um eine Unterkunft bemühen. Die Zuständigkeit für die Festsetzung von Sozialleistungen liegt grundsätzlich im Kompetenzbereich der Regionen. Öffentliche Fürsorgeleistungen weisen demnach deutliche Unterschiede je nach regionaler und kommunaler Finanzkraft auf,
42vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 24.
43Die vorstehenden Ausführungen berücksichtigend, kommen insgesamt Personen mit einem internationalen Schutzstatus dieselben Rechte auf Fürsorge, Unterkunft und medizinische Versorgung zu wie (mittellosen) italienischen Staatsangehörigen. Den Auskünften sind diesbezüglich auch keine hinreichenden -eine andere Beurteilung rechtfertigenden- Anhaltspunkte für eine massiv diskriminierende Vollzugspraxis zu entnehmen,
44vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 7 und vom 11. Juli 2012, S. 2f.; vgl. auch den Bericht von ASGI vom 20. November 2012, S. 10; aus der Rspr.: VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 - 6 K 7204/12.A, juris, m.w.N.,
45Somit ist eine Verletzung der in Art. 26ff. der Richtlinie 2011/95/EU vorgesehenen Gleichbehandlungsgebote nicht erkennbar, so dass unter diesem Aspekt eine Verletzung von Art. 3 EMRK ausscheidet.
46Darüber hinaus liegen keine sonstigen allgemeinen humanitären Gründe vor, die der Rückführung der Antragsteller nach Italien zwingend entgegenstehen würden. Ungeachtet der Frage, ob bzw. wann überwiegend auf Armut zurückzuführende schlechte humanitäre Bedingungen den für eine Verletzung von Art. 3 EMRK erforderlichen Schweregrad erreichen,
47vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 31. Januar 2013 - 10 C 15.12 -, juris Rn. 23, 25; vgl. auch Schmahl/Winkler, Schutz vor Armut in der EMRK ?, in: Archiv des Völkerrechts 48 (2010), 405 (422 f.), wonach Art. 3 EMRK bei einer lebensbedrohlichen Mangellage bzw. einer zum Ausschluss selbstbestimmter Handlungen führenden Existenznot tangiert ist,
48lassen die dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse nicht darauf schließen, dass die Antragsteller nach ihrer Rückführung nach Italien dort Lebensbedingungen ausgesetzt wären, die für sie auf unabsehbare Zeit eine Lage existenzbedrohender (extremer) materieller Armut befürchten ließen.
49So hat das Auswärtige Amt zuletzt in seiner bereits zitierten Stellungnahme vom 21. Januar 2013 ausgeführt, dass anerkannte Flüchtlinge von Hilfsorganisationen (z.B.: Caritas, CIR) Unterstützung bekommen können, wenngleich sie auch -wie alle Italiener- grundsätzlich in eigener Verantwortung und ohne staatliche finanzielle Hilfe bzw. Sozialleistungen eine Wohnung und einen Arbeitsplatz suchen müssen. Unterstützung für Integrationsprogramme (z.B. Aus- und Fortbildung) existiert ebenfalls über lokale Behörden, Stiftungen, Gewerkschaften, Hilfsorganisationen oder auch Nichtregierungsorganisationen, die teilweise miteinander vernetzt sind,
50vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 7.1., 7.3.
51Zwar ist nach dem Gutachten der Flüchtlingsorganisation borderline-europe, Menschenrechte ohne Grenzen e.V. von Dezember 2012 und nach Auskunft der italienischen Vereinigung für rechtliche Untersuchungen zur Situation von Einwanderung (ASGI) vom 20. November 2012 die soziale Situation der Schutzberechtigten oftmals härter als die der Asylsuchenden, da sie nämlich nach Abschluss des Asylverfahrens das Anrecht auf die Aufnahme in einem Aufnahmezentrum für Asylsuchende (CARA) verlieren. Sie können sich lediglich - sofern sie dort in der Vergangenheit noch keine Unterkunft bekommen haben - auf die Warteliste der lokalen Projekte im Rahmen des Schutzsystems für Asylsuchende und Flüchtlinge (SPRAR) eintragen lassen. Für die von diesem System nicht erfassten Personen bleiben nur die bereits erwähnten Unterstützungen allgemeiner Art, wie sie auch für andere Mittellose in Italien vorgesehen sind,
52vgl. borderline-europe e.V. vom Dezember 2012, S. 52f.; Bericht von ASGI vom 20. November 2011, S. 10 ff.
53Dies entspricht im Ergebnis der Einschätzung des Auswärtigen Amtes, wonach für überstellte Personen mit Schutzstatus die Erlangung von Unterkunft und Arbeit in erster Linie von Eigeninitiative und der Hilfestellung von Nichtregierungsorganisationen abhängt, so dass ein Abgleiten in die Obdachlosigkeit zwar generell möglich, aber keineswegs zwingende Folge ist,
54vgl. Auskunft der Deutschen Botschaft vom 21. Januar 2013, Ziff. 5.5, 7; so auch VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 - 6 K 7204/12.A, juris, m.w.N.
55Wie bereits ausgeführt, ist die Gesundheitsvorsorge zwar rechtlich gewährleistet, jedoch in der Praxis zuweilen mit Schwierigkeiten verbunden. Hierzu führt das Auswärtige Amt im Januar 2013 ausdrücklich aus, dass die Gesundheitsfürsorge grundsätzlich für alle Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, gewährleistet ist. Die Ausländer müssen sich beim Servizio Sanitario Nazionale (Nationaler Gesundheitsdienst) melden und registrieren lassen. Dafür benötigten sie einen Aufenthaltstitel, ihre Steuernummer sowie eine feste Adresse, wobei deren eigene Angabe genügt. Selbst bei einem fehlenden festen Wohnsitz können sie sich um eine Sammeladresse bemühen. Die Caritas bietet solche Adressen für Personen an, die einen solchen nicht haben, ihn jedoch u.a. für den Erhalt der Gesundheitskarte benötigen. Eine solche „virtuelle Wohnsitznahme“ ist insbesondere in Rom recht umfangreich möglich. Im Übrigen steht nach vorzitierter Auskunft des Auswärtigen Amtes eine kostenfreie medizinische Versorgung selbst Personen zu, die nicht in einer staatlichen Unterkunft untergebracht sind. Die stets bestehende Notambulanz sei -ungeachtet einer Registrierung- für alle Personen kostenfrei zugänglich. Aktuell sei die Not- und Grundversorgung selbst für illegal aufhältige Personen garantiert,
56vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2; borderline-europe e. V. vom Dezember 2012, S. 46.
57Diesbezüglich anerkennt das Gericht jedoch, dass sich in Teilbereichen der Unterkunftserlangung und der Gewährung von Hilfen durchaus für Inhaber eines Schutzstatus in Italien Mängel und Defizite (nach wie vor) feststellen lassen. Insbesondere der nach Abschluss eines Asylverfahrens eintretende Verlust eines Anrechts auf eine staatliche Unterkunft und die dadurch bedingte Möglichkeit der Obdachlosigkeit ist durchaus ernst zu nehmen. Allerdings handelt es sich dabei derzeit nicht um landesweite Missstände, die für jeden Einzelnen oder eine weit überwiegende Anzahl von anerkannten Flüchtlingen die Gefahr einer extremen materiellen Armut begründet, die von den italienischen Behörden tatenlos hingenommen würde. Die vorhandenen Defizite bei der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung reichen daher nicht dafür aus, dass Italien generell nicht mehr als sicherer Drittstaat anzusehen wäre. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass insoweit Art. 3 EMRK die Konventionsstaaten auch nicht etwa dazu verpflichtet, Schutzberechtigten ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
58vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09 –, juris Rn. 249; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris Rn. 118.
59Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten,
60vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10 –, juris.
61Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
62vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 43, m.w.N.
63Die Antragsteller müssen sich nach alledem daher auf den in Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard – somit auch auf den medizinischen Behandlungs- und Medikamentationsstandard – verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen mag,
64vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A –, juris Rn. 42, s.a. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A –, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
65Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller ist es auch nicht maßgeblich, wie ein vor der Großen Kammer des EGMR anhängiges und im Februar 2014 verhandeltes Verfahren zu Italien (offenbar U. ./. Schweiz; EGMR 29217/12) entschieden wird. Es ist ungewiss, inwieweit der EGMR in jenem Verfahren fallübergreifende Feststellungen zu den Verhältnissen in Italien treffen oder die konkreten Verhältnisse des zu entscheidenden Falles -ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt bei den Beschwerdeführern um anerkannte Flüchtlinge handelt- in den Vordergrund stellen wird; die Entscheidung hierzu steht -soweit ersichtlich- noch aus. Ungeachtet dessen bestand jedoch keine Veranlassung, zur Gewinnung der für die Entscheidungsfindung erforderlichen Überzeugung noch weitere Gutachten, Auskünfte oder Stellungnahmen zur Situation der anerkannten Flüchtlinge in Italien einzuholen. Denn die vorliegenden Erkenntnismittel haben im Ergebnis ausgereicht, dem Gericht diese Überzeugung bereits in einem ausreichenden Maße zu vermitteln.
66bb. Die Antragsteller gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
67Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Antragsteller liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Antragsteller eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurde.
68Beachtliche, in der Person der Antragsteller liegende Gründe von der Überstellung nach Italien abzusehen liegen indes nicht vor. Für die Antragstellerin zu 1. ist mit fachärztlichem Attest vom 29. April 2014 im Wesentlichen geltend gemacht, „es bestehe der dringende Verdacht auf eine schwere Posttraumatische Belastungsstörung, die der dringenden psychotherapeutischen Behandlung bedarf“. Aufgrund dieses Attestes ist es schon nicht hinreichend dargelegt, dass die Antragstellerin zu 1. tatsächlich an einer „schweren posttraumatischen Belastungsstörung“ leidet, sondern allenfalls, dass ein entsprechender Verdacht besteht, der der diagnostischen Abklärung bedarf. In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass der Zeitpunkt der Attestierung der angeblichen Erkrankung auffällig ist. Denn das Attest ist nur wenige Tage nach Zustellung (24. April 2014) des ablehnenden Bescheides vom 17. April 2014, nämlich am 29. April 2014 erstellt worden. Die Antragstellerin zu 1. hat bislang in verschiedenen Ländern der Europäischen Union Asylanträge gestellt (Italien, Schweiz, Frankreich, sowie Schweden und nunmehr in der Bundesrepublik Deutschland) und Syrien bereits nach eigenen Angaben im Juli 2009 Richtung Italien verlassen. Danach hat sie sich zunächst ca. 4-5 Monate in Rom aufgehalten, ist dann nach einem etwa sechsmonatigen Aufenthalt in der Schweiz wieder nach Rom zurückgekehrt um dort ca. ein ganzes weiteres Jahr zu bleiben. Schließlich will sie für zwei Monate nach Frankreich und sodann circa 13 Monate in Schweden gewesen sein um abermals für eine Woche nach Rom zurückzukehren. Hätte die geltend gemachte posttraumatische Erkrankung - nunmehr nach durch nichts belegtem Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin zu 1. vom 15. Juli 2014 eine depressive Störung mit Suizidneigung- bereits jeweils in den anderen Ländern, insbesondere in Italien -wo die Antragstellerin insgesamt über anderthalb Jahre war- vorgelegen, hätte nichts näher gestanden, diese bereits zu Anfang beim Bundesamt geltend zu machen. Von etwaigen eigenen Erkrankungen war bei der Antragstellung dort im Juli 2013 indes ebensowenig wie im gesamten Verwaltungsverfahren die Rede (Anhörung am 18. Juli 2013: „Ich fühle mich gesund … Ich bin nicht behandlungsbedürftig erkrankt“). Es drängt sich daher der Eindruck einer bloßen Gefälligkeitsbescheinigung auf.
69Selbst wenn die behauptete Erkrankung aber unterstellt würde, ist weiter nicht nachvollziehbar vorgetragen, diese sei in Italien nicht behandelbar bzw. auch eine entsprechende Medikamentation unmöglich. Nach der derzeitigen Erkenntnislage trifft das nicht zu. Die Gesundheitsversorgung und der Zugang zu ihr ist in Italien für anerkannte Flüchtlinge trotz zuweilen auftretender zumutbarer praktischer Erschwernisse hinreichend gewährleistet. Es wurde bereits dargelegt, dass einem anerkannten Schutzberechtigten auch bei der medizinischen Versorgung dieselben Rechte wie italienischen Staatsangehörigen zustehen. Die -dem Flüchtling ohne Weiteres zumutbare- Anmeldung beim Servizio Sanitario Nazionale ist obligatorisch und ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und bei Spezialisten oder zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt (siehe zuvor A. II. 1. b. aa.). Es existiert ferner kostenfreier Zugang zu allen medizinischen öffentlichen Leistungen (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus); die stets bestehende Notambulanz ist -ungeachtet einer Registrierung - für alle Personen ebenfalls kostenfrei zugänglich,
70vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1; borderline-europe e.V. vom Dezember 2012, S. 46.
71Eine ärztliche Versorgung ist ausweislich der Erkenntnislage auch gewährleistet, sofern es um die Behandlung von psychischen bzw. traumatischen Erkrankungen geht,
72vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 8.1; Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25f.
73Es ist danach nicht erkennbar, die Antragstellerin zu 1. könnte in Italien unzureichend behandelt werden, bestünde denn ihre (behauptete) Erkrankung tatsächlich. Schließlich lassen ihre Ausführungen beim Bundesamt (etwa im Jahre 2009/2010 sehr schlechte Lage im Asylheim in Italien, erforderliche neue Unterkunft nach sechs Monaten, zwei Monate keine Sozialhilfe) eine besondere Schutzbedürftigkeit hier nicht erkennen.
74Hinsichtlich des etwas über fünfzigjährigen Antragstellers zu 2. ist ebenso nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass nicht jedenfalls er sich um den Lebensunterhalt und die Versorgung seiner Familie wird kümmern können. Auch seine Ausführungen beim Bundesamt lassen eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht erkennen (Anhörung am 18. Juli 2013: „Ich fühle mich gesund … Ich bin nicht behandlungsbedürftig erkrankt“); schließlich hat der Antragsteller zu 2. -wie übrigens die Antragstellerin zu 1. auch- bei seiner dortigen Anhörung keine Einwände erhoben, dass sein Antrag in Italien wieder geprüft werde (Anhörung Frage 24).
75Endlich begründet allein die Minderjährigkeit der Antragsteller zu 3. (ca. 5 Jahre) und 4. (ca. 4 Jahre) eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht. Sie sollen gemeinsam mit ihren Eltern, den Antragstellern zu 1. und 2., nach Italien zurückgeführt werden; Anhaltspunkte für -hinreichend beachtliche- Erkrankungen bei dem Antragsteller zu 4. sind weder vorgebracht noch ersichtlich. Hinsichtlich des Antragstellers zu 3. liegt offenbar eine Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache (Dyslalie sowie Dysgrammatismus) vor, wobei neurologische oder sonstige pädiatrische Besonderheiten nicht festgestellt wurden (siehe Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014). Als Therapieziel wurde die „Verbesserung / Normalisierung sprachl. / kommunikativer Fähigkeiten“ benannt. Im Attest des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin vom 22. Mai 2014 wurde ferner, noch ohne nähere Ausführungen dazu „frühkindlicher Autismus“ (in dem Überweisungsschein an die Ausländerbehörde hieß es einen Tag zuvor noch zum frühkindlichen Autismus „z.A.“ [zur Abklärung]) sowie eine „Verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn der Kindheit“ diagnostiziert und diverse -nicht medikamentöse- Therapiemaßnahmen vorgeschlagen (u.a. Einzeltherapie mit begleitender Elternarbeit; Kooperation der Therapeuten mit dem Kindergarten bzw. dem Sozialamt; Gewährleistung eines Lebensortes, der das Risiko der Störungen minimiere). Auch diese diagnostizierten Erkrankungen -ihr Vorliegen unterstellt- können in Italien hinreichend behandelt werden. Es besteht für anerkannte Schutzberechtigte, wie für italienische Staatsbürger, freie Arztwahl. Zwar muss zunächst -abgesehen von Notfällen- ein Hausarzt aufgesucht werden, der dann eine Überweisung an einen Spezialisten, wie einen Kinderarzt oder das Krankenhaus, vornimmt. Gegebenenfalls muss auch bei Fachärzten mit langen Wartezeiten für Termine gerechnet werden, dies trifft aber Italiener gleichermaßen und ist zumutbar, zumal sich insoweit das System in diesem Punkt nicht grundlegend von dem hiesigen unterscheidet,
76vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 26; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2.
77Soweit die Antragsteller zu. 3. und 4., die Argumentation des Prozessbevollmächtigten unterstellt, keine in Italien anerkannten Flüchtlinge wären und unter das Regime der Dublin VO fielen (s.o. A II 1 a.), ergäbe sich hier nichts anderes. Ungeachtet dessen, dass die medizinische Behandlung von Personen mit internationalem Schutzstatus den anderen Familienangehörigen, also auch den Antragstellern zu 3. und 4. gleichermaßen zukäme,
78vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2.,
79wäre ohnehin auch hier kein besondere Schutzbedürftigkeit der Antragsteller zu 3. und 4. gegeben, die die Geltendmachung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland geböte. Insoweit wird auf die Rechtsprechung der Kammer, die durch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein Westfalen Bestätigung gefunden hat, Bezug genommen und sich diese zu Eigen gemacht. Die behaupteten Erkrankungen wären im Falle des noch laufenden Asylverfahrens behandelbar und auch der Zugang zu einer Behandlung gewährleistet,
80vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris, jew. m.w.N.; i.Ü. grundsätzlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
81cc. Schließlich liegt keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
82vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93 –, juris Rn. 189.
83Weder droht den Antragstellern in Italien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung dort Opfer eines Verbrechens werden, welches zu verhindern nicht in der Macht Italiens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Italien selbst zum Verfolgerstaat werden wird.
842. Ebenso steht – nach dem im Eilverfahren angelegten Maßstab der summarischen Prüfung – fest, dass die Abschiebung im Sinne von § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG durchgeführt werden kann.
85a. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Für die Antragsteller besteht in Italien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
86Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde,
87vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 – 1 C 18.5 –, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 ‑ 9 C 58.96 –, juris Rn. 13.
88Eine solche Verschlechterung kann zwar grundsätzlich infolge einer schweren psychischen Erkrankung eintreten, dies hat die Antragstellerin zu 1. aber nicht hinreichend dargelegt. Das von ihr vorgelegte Attest vom 29. April 2014 lässt im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung aus den bereits genannten Gründen (s. A II 1 b. bb.) den Schluss auf eine solche Erkrankung gerade mit der notwendigen zielstaatsbezogenen Verschlechterung nicht zu, zumal dort ohnehin nur von einem entsprechenden Verdacht gesprochen wird und die vom Prozessbevollmächtigten im Schriftsatz vom 15. Juli 2014 behauptete „Behandlungsbedürftige schwere depressive Störung mit Suizidneigung, die die Betreuung und Aufsicht naher Angehöriger“ geböte, durch nichts belegt und daher eine bloße unsubstantiierte Behauptung ist. Das vorzitierte Attest und die sonstigen beigefügten Anlagen geben dafür jedenfalls nichts her. Abgesehen von der fehlenden Glaubhaftigkeit einer psychischen Erkrankung liegen, wie bereits ausgeführt, aber auch keine Anhaltspunkte dafür vor, eine gegebenenfalls erforderliche Behandlung von psychischen Störungen sei in Italien nicht zureichend gewährleistet (vgl. A II 1 b. bb.). Daher drohen der Antragstellerin zu 1. keine der in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebene Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
89Es ist auch nichts dafür erkennbar, der Gesundheitszustand des Antragstellers zu 3. verschlechtere sich mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit derart im Sinne des zuvor genannten Maßstabes bei einer Rückführung nach Italien. Soweit im Attest vom 22. Mai 2014 die Rede davon ist, eine Rückführung der Familie in ihre Heimat würde die Symptomatik verstärken, wird zunächst angemerkt, dass eine Rückführung des Antragstellers zu 3. gemeinsam mit seiner Familie in einen sicheren Mitgliedstaat der Europäischen Union ansteht, nicht aber die Abschiebung in die Heimat - nämlich Syrien - selbst. Unbeschadet dessen besteht eine beachtliche Wahrscheinlichkeit nicht, dass bei einem Aufenthalt im Zielland Italien die entsprechenden Gefahren drohten. Denn auch die Erkrankung des Antragstellers zu 3. (vgl. zu ihr bereits unter A II 1 b. bb.) kann in Italien behandelt werden, insbesondere ist eine kinderärztliche Betreuung sowie sind sonstige adäquate medizinische Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten -wie dort für Inländer- gegeben und zugänglich,
90vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1.
91Soweit im Attest vom 22. Mai 2014 weiter ausgeführt wird, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus der Familie in der Bundesrepublik Deutschland kann zu einer positiven Veränderungen der o.g. Störungen des Kindes beitragen“, wird darauf hingewiesen, dass es für den bei § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzulegenden Maßstab auf die besondere Intensität der Beeinträchtigung im Zielstaat -Italien- ankommt und nicht auf eine hiesige mögliche Verbesserung. Denn der Asylbewerber bzw. anerkannt Schutzberechtigte muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau -wofür aber keine Anhaltspunkte ersichtlich sind- nicht entsprechen sollte,
92vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris.
93Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob den Antragstellern zu 1. und 3. nicht von vornherein die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe, weil die eventuellen Schwierigkeiten, die bei der Gewährung medizinischer Versorgung und Medikamentation mit möglicherweise daraus resultierenden Beeinträchtigungen bestünden (etwa Eigenbeteiligungen an bestimmten Medikamenten, sog. „tickets“ bei Eigenbeteiligungen an bestimmten Behandlungen, vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25, 27), nicht individuell, sondern allgemein für die Bevölkerungsgruppe aller ganz oder nahezu mittellosen Kranken in Italien drohten,
94vgl. in diese Richtung VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 L 104/13.A, juris (noch zu § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG a.F.); zuletzt so für Bulgarien die erkennende Kammer, Beschluss vom 14. Juli 2014 - 17 L 870/14.A.
95b. Sofern im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG vom Antragsgegner auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen wären,
96vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11 –, juris Rn. 4,
97stünden solche nicht entgegen. Etwas anderes ergibt sich nicht im Hinblick auf die behauptete Erkrankung der Antragstellerin zu 1. Ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis in Form von Reiseunfähigkeit liegt nur vor, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Ausreise bzw. Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern wird. Das ist bei einer psychischen Erkrankung etwa der Fall, wenn im Rahmen einer Abschiebung das ernsthafte Risiko einer Selbsttötung gegeben ist und keine hinreichenden Vorkehrungen getroffen werden können, die das Risiko im Falle der Abschiebung verlässlich ausschließen,
98vgl. OVG NRW, Beschluss vom 9. Mai 2007 - 19 B 352/07 -, juris Rn. 5 m.w.N.
99Im Hinblick auf die Antragstellerin zu 1. sind eine im vorgenannten Sinne beachtliche Erkrankung und das ernsthafte Risiko, ihr Zustand würde sich bei einer Abschiebung wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern, nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Dem vorgelegten Attest vom 29. April 2014 sind keinerlei konkreten Angaben über die Reise(un)fähigkeit zu entnehmen. Selbst die behauptete psychische Erkrankung unterstellt, führte diese nicht zwingend zu einer Reiseunfähigkeit. In diesem Zusammenhang wird angemerkt, dass alle hiesigen Antragsteller im EU-Raum bereits eine offenbar problemlos von ihrer Konstitution mögliche rege gemeinsame Reisetätigkeit in den letzten Jahren entwickelt haben (Aufenthalt in Italien mit zweimaliger Rückkehr dorthin, Schweiz, Frankreich, Schweden und der Bundesrepublik Deutschland). Die pauschale Behauptung der Suizidgefährdung ist im Übrigen durch nichts belegt. Unabhängig davon und ein Suizidrisiko einmal unterstellt, ist schließlich mangels entgegenstehender Anhaltspunkte davon auszugehen, dieser Gefahr könnte im Rahmen der Rückführungsmaßnahme durch ärztliche Hilfe oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden.
100Hinsichtlich des minderjährigen Antragstellers zu 3. sind ebenfalls keine inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse ersichtlich. Reiseunfähigkeit ist schon im Ansatz nicht erkennbar. Wie sich unmittelbar durch eine Rückführung oder als unmittelbare Folge dieser der Gesundheitszustand des Antragstellers zu 3., der im Kern an einer sprachlichen Entwicklungs- und Verhaltensstörung, ggf. einem frühkindlichen Autismus leidet, wesentlich oder gar lebensbedrohlich Verschlechtern soll, bleibt der Antragsteller (und bleiben die Atteste) schuldig.
101Für sonstige Abschiebungshindernisse ist im Übrigen nichts ersichtlich.
102B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert beruht auf § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz.
103C. Mangels hinreichender Erfolgsaussichten in der Hauptsache war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung.
104Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.