Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 08. Juni 2017 - 1 K 4/14.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2017:0427.1K4.14.00
bei uns veröffentlicht am08.06.2017

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Der Gebührenbescheid des Polizeipräsidiums M. vom 25. September 2013 (Az.: ...) und der Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidiums M. vom 5. Dezember 2013 (Az.: ...) werden insoweit aufgehoben, als darin ein Betrag von über 729,88 € festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3 zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Inanspruchnahme von Kosten für polizeiliche Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs, welche anlässlich einer Gebäuderäumung am 28. August 2012 erhoben wurden. Gegenstand der Klage ist der Gebührenbescheid der Beklagten vom 25. September 2013 sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2013. Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

2

Vom 3. August bis zum 28. August 2012 wurde das Anwesen O.-Straße Nr. X, in M. durch eine größere Personengruppe besetzt. Das Anwesen stand zum damaligen Zeitpunkt im Eigentum der Stadtwerke M. AG. Mit Schreiben vom 14. August 2012 und vom 15. August 2012 stellte die Eigentümerin Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) bei der Staatsanwaltschaft M. Dieser Antrag bezog sich seinem Wortlaut nach nur auf die Hausbesetzer und nicht auf Besucher oder sonstige Personen, die den Besitz des Grundstücks nicht für sich beanspruchen.

3

Bei der Räumung am 28. August 2012 wurde nach den Feststellungen der Polizei auch die Klägerin angetroffen und gegen sie im Anschluss von der Staatsanwaltschaft M. ein Ermittlungsverfahren (Az.: ...) eingeleitet. Das Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin wurde mit Verfügung vom 3. Juli 2013 nach § 154 StPO aufgrund einer zu erwartenden Verurteilung im Verfahren Az.: ... eingestellt. In diesem Verfahren wurde sie vom Amtsgericht M. rechtskräftig wegen Vergehen nach dem Versammlungsgesetz verwarnt und zur Ableistung von Sozialstunden nach Weisung des Jugendamtes verurteilt (Urteil vom 19. Dezember 2012 – Az.: ...).

4

Bereits im Vorfeld der späteren Räumungsmaßnahmen am 9. August 2012 war von der Stadt M. gegenüber den tatsächlichen Nutzern des Anwesens eine Benutzungsuntersagungsverfügung ausgesprochen und für sofort vollstreckbar erklärt worden. Diese Verfügung beinhaltete das Verbot, das Anwesen und die Freiflächen zu Wohn- und Aufenthaltszwecken sowie zu kulturellen oder sozialen Zwecken zu nutzen. Als Gründe wurden unter anderem fehlende Flucht- und Rettungswege, fehlender Brandschutz durch nicht luftdicht schließende Außentüren sowie mangelhafte hygienische Verhältnisse aufgrund fehlender Wasser- und Abwasserversorgung benannt. Der hiergegen gestellte Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wurde vom Verwaltungsgericht Mainz mit Beschluss vom 20. August 2012 abgelehnt (3 L 963/12.MZ). Zudem sprach die Stadt M. eine Untersagungsverfügung gegen ein am 11. August 2012 geplantes Hoffest aus, welche den Organisatoren des Festes sowie den tatsächlichen Nutzern des Anwesens schriftlich am 10. August 2012 übermittelt wurde.

5

Vor Ort fanden ferner am 13. August und am 25. August 2012 Demonstrationen mit jeweils einer Teilnehmerzahl von ca. 300 Personen statt. Nach den Feststellungen der Polizeibehörden kam es sodann am 28. August 2012 zu den folgenden Ereignissen:

6

Die Personen vor Ort wurden zunächst mehrfach durch die Eigentümerin und die Polizei aufgefordert, das Anwesen O.-Straße Nr. X freiwillig zu räumen. Da diesen Aufforderungen nicht Folge geleistet wurde, begann am 28. August 2012 ab 5:00 Uhr der Polizeieinsatz zur Räumung des Geländes, der weitgehend auf Video aufgezeichnet wurde. Auch die Klägerin war zu dieser Zeit vor Ort und ihre Personalien wurden aufgenommen.

7

Vor dem Anwesen befanden sich zu Beginn der Einsatzmaßnahme gegen 5:30 Uhr ca. 80 Personen, die den Zugang zum Anwesen blockierten bzw. behinderten. Die Information der geplanten Räumung war offenbar bereits am Nachmittag des 27. August 2012 publik geworden. Die Blockade zum Anwesen wurde nach den Feststellungen der Polizeivollzugskräfte durch massive Zaunelemente, Hausrat, Paletten und Gerümpel verstärkt. Der mehrfachen Aufforderung über Lautsprecher, die Örtlichkeit zu verlassen, kamen nur einige Personen nach. Es folgte die mehrmalige erneute Aufforderung, das Gelände zu verlassen und die Androhung unmittelbaren Zwangs. Gegen 6:35 Uhr wurde damit begonnen, die verbliebenen Personen vor dem Anwesen durch jeweils bis zu 4 Polizeibeamte fortzutragen. Bei diesen Personen wurden die Personalien festgestellt und in einer Datenstation chronologisch erfasst (sog. „Dasta-Liste“), die insgesamt 62 aufgenommene Personen enthält. Als letzte Person vor dem Anwesen sei eine „auffallend korpulente Person“ (Nr. 2-24 der „Dasta-Liste“) entfernt und deren Personalien sodann erfasst worden.

8

Gegen 7:45 Uhr begann sodann die Räumung des Anwesens. Die massive Verbarrikadierung des Hoftors und somit des Zugangs zum Anwesen wurde unter Einsatz eines „Unimogs“ überwunden. Weitere Barrikadenteile wurden von den Einsatzkräften mit Kreissägen und Presslufthammern beseitigt. Gegen 8:00 Uhr konnte das Gelände durch die Polizeibeamten betreten werden. Direkt hinter dieser Barrikade wurde eine männliche Person angetroffen, deren Personalien später erfasst wurden (Nr. 2-25 der „Dasta-Liste“). Die Person wurde von den Beamten weggetragen, nachdem er sich zuvor mit einer öligen Farbe übergossen hatte.

9

Gegen 8:20 Uhr konnten die Einsatzkräfte in den Seitenflügel des Gebäudes vordringen. Ein Zugriff durch die Haupteingangstür verzögerte sich aufgrund massiver Barrikaden und der Widerstandsfähigkeit der Tür, welche mit Rammbock und Kreissäge bearbeitet wurde. Um 9:15 Uhr wurde das Gebäude durch Beamte des SEK mittels eines Hubwagens, welcher einen Tag zuvor angemietet wurde, über das Dach betreten. So konnten schließlich die Personen, die sich auf dem Dach und im Dachgeschoss verschanzt hatten, herausgetragen werden. Die Personalien dieser Personen wurden festgestellt und ebenfalls in der „Dasta-Liste“ erfasst. Der Einsatz war laut Polizeibericht um 10:30 Uhr beendet und das Anwesen konnte gegen 11:30 Uhr an die Eigentümerin übergeben werden. Bereits um 11:00 Uhr formierte sich gegen die Räumung eine Spontandemonstration von ca. 50 Personen, die um 12:00 Uhr am Hauptbahnhof M. für beendet erklärt wurde.

10

An dem Einsatz waren laut Einsatzbericht des Beklagten 371 Polizeibeamte des Landes Rheinland-Pfalz (77 Beamte des Polizeipräsidiums M. und 294 Beamte der Bereitschaftspolizei) sowie 34 Polizeibeamte aus dem Land Hessen beteiligt. Die hessischen Beamten waren jedoch nur als Reserve vor Ort und kamen nicht zum Einsatz. Der Einsatz dauerte von 5:00 Uhr bis 14:00 Uhr und die gesamten Einsatzstunden beliefen sich gemäß dem Einsatzbericht auf 2.991. Daraus resultierten nach den Feststellungen der Polizeibehörden kalkulatorische Kosten (inklusive der Sachkostenpauschale je Stunde) von 163.697,58 €. Die Kosten für die Anmietung des Hubwagens bei der Firma N. AG in F. betrugen entsprechend dem vorliegenden Beleg 1.802,83 €. Diese Kosten sollten in der Folgezeit nach polizeiinterner Entscheidung und Abstimmung mit dem zuständigen Ministerium anteilig bei den Personen, gegen die unmittelbarer Zwang angewendet wurde, geltend gemacht werden. Dabei wurden aufgrund der Einsatzdauer die zwei Fallgruppen der blockierenden Personen vor (zwei Einsatzstunden) und in dem Anwesen (fünf Einsatzstunden) unterschieden.

11

Insgesamt wurden bei dem Einsatz 79 Personen polizeilich überprüft, 78 Personen erhielten einen Platzverweis. Dabei wurde nach den Feststellungen der Polizei gegen 64 Personen unmittelbarer Zwang angewendet, wobei 43 Personen vor dem Anwesen und 21 Personen im Anwesen betroffen waren. In der Folgezeit wurden nach den offiziellen Angaben des Polizeipräsidiums M. gegenüber der Presse (vgl. Allgemeine Zeitung vom 21. April 2017 unter http://www.allgemeine-zeitung.de/...) gegenüber 59 Personen Kostenbescheide erlassen, mit denen im Wesentlichen Personalkosten für den Einsatz und Ersatz für beschädigte Einsatzmaterialien geltend gemacht wurden. Die Kosten für den Hubwageneinsatz sollte von den Personen getragen werden, die sich in dem Gebäude verbarrikadiert hatten. Der Hubwagen wurde dabei nach den Feststellungen des Beklagten für 13 von 21 Personen im Gebäude benötigt, die sich auf dem Dach bzw. dem Dachboden verschanzt hatten.

12

Mit Schreiben vom 17. Juli 2013 wurde die Klägerin hinsichtlich einer Gebührenerhebung angehört. Mit Gebührenbescheid vom 25. September 2013, der Klägerin am 27. September 2013 zugestellt, wurden sodann Gebühren in Höhe von 1.121,72 € geltend gemacht. Dieser Betrag setzt sich aus 979,60 € Einsatzgebühren von vier Beamten des gehobenen Dienstes mit jeweils einem Zeitaufwand von fünf Stunden (4 x 45,35 € x 5 = 907,- €) und einer Sachkostenpauschale je Stunde und Beamter zu 3,63 € (= 72,60,- €), anteiligen Hubwagenkosten in Höhe von 138,67 € sowie Gebühren für die Postzustellung in Höhe von 3,45 € zusammen. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Klägerin sich im Anwesen befunden habe und mit unmittelbarem Zwang rausgetragen worden sei. Die Einsatzdauer hierfür habe insgesamt fünf Stunden betragen, nämlich von 5:30 Uhr bis 10:30 Uhr, und dabei seien vier Polizeibeamte notwendig gewesen.

13

Mit Schreiben vom 28. September 2013 legte die Klägerin Widerspruch ein, welchen sie mit Schreiben vom 1. Dezember 2013 begründete. Hierzu hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass der Polizeieinsatz am 28. August 2012 rechtswidrig gewesen sei. Die Eigentümerin habe zunächst einen rechtswirksamen Räumungstitel erwirken müssen, da das Anwesen bereits dreieinhalb Wochen bewohnt gewesen sei. Platzverweis und unmittelbarer Zwang im Schutzbereich der Versammlungsfreiheit und im Anwendungsbereich des Versammlungsrechts seien unrechtmäßig. Im Übrigen seien schon keine Hinweise auf eine Beteiligung der Klägerin an der Hausbesetzung und keine Beweismittel dafür vorhanden. Eine alleinige Personalienerfassung sei keine Grundlage für eine gebührenrechtliche Inanspruchnahme. Auch die konkrete Berechnung halte rechtlichen Vorgaben nicht stand. So seien die Personalkostenberechnung und die Hubwagenanmietung unverhältnismäßig und damit rechtswidrig.

14

Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Dezember 2013 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Als Begründung wurde ausgeführt, dass die Klägerin sich im Anwesen befunden habe und sich dies bereits unzweifelhaft aus der Datenerfassung in der „Dasta-Liste“ ergebe. Ein zivilrechtlicher Räumungstitel sei nicht erforderlich gewesen, weil er schon nicht realisierbar gewesen sei. Ferner stünden Art. 5 und Art. 8 GG nicht entgegen, denn für die Klägerin sei der Schutzbereich nicht eröffnet, da diese Grundrechte nicht die Zugänglichkeit zu fremdem Eigentum gewähren könnten. Die Gebührenerhebung sei der Höhe nach rechtmäßig. Auch die Berechnung von vier Beamten und für einen Zeitraum von 5 Stunden sei sachgerecht und rechtlich nicht zu beanstanden.

15

Hiergegen erhob die Klägerin am 4. Januar 2014 Klage zum Verwaltungsgericht. Die Klägerin trägt über ihre Widerspruchsbegründung hinausgehend vor, dass es sich vorliegend nicht um Gefahrenabwehr, sondern um Strafverfolgung gehandelt habe. Es fehle ein wirksamer Grundverwaltungsakt. Die reine Unbekanntheit der Bewohner für die Eigentümerin ändere nichts daran, dass es eines Räumungstitels bedürfe. Ferner seien Besucher auch nicht erfasst. Es handele sich vorliegend um eine Spontanversammlung, sodass § 13 POG nicht anwendbar sei, eine Auflösung der Versammlung habe hingegen nicht stattgefunden, obwohl nur Versammlungsrecht Anwendung finde. Ferner handele es sich um die Ausübung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und diese Rechte machten nicht bei Grundrechten Dritter halt. Der Schutz Dritter und deren Eigentums richte sich dagegen nur nach dem Zivilrecht. Auch die Eigentümerin sei an die Grundrechte gebunden. Ferner habe man sich um einen Nutzungsvertrag mit dieser bemüht.

16

Gegen die Klägerin sei kein unmittelbarer Zwang angewendet worden. Die „Dasta-Liste“ sei kein hinreichender Nachweis für die Beteiligung, da von 79 erfassten Personen, nur gegen 64 unmittelbarer Zwang ausgeübt wurde und gegen 15 Personen nur ein Platzverweis erteilt worden sei. Ferner stimme die Liste nicht mit Zeit und Ort der Datenerfassung überein. Die Kosten für die Demonstration ab 11 Uhr und andere Zeiträume blieben gänzlich offen. Die Kosten seien ferner mit eigener Arbeit am Gebäude und geleisteten sozialen Tätigkeiten zu verrechnen.

17

Die Kosten dürften zudem nur einmal erhoben und müssten unter allen als Gesamtschuldner geteilt werden. Kostengrundlage und -berechnung seien rechtlich nicht haltbar, insbesondere sei die Höhe der Kosten unverhältnismäßig. Ferner wäre in einem Strafverfahren eine geringere Geldstrafe angefallen. Die gesamte Anzahl der Polizeibeamten sowie 4 Beamte pro Personen seien nicht notwendig gewesen und auch nicht genutzt worden; dies ergebe sich auch aus den mit der Klageschrift vorgelegten Lichtbildern. Es reichten bei einem kooperativen Blockierenden auch zwei Polizeibeamte aus. Ein „Hinfortbegleiten“ durch Polizeibeamte stelle auch keinen unmittelbaren Zwang dar. Handlungen wie An- und Abfahrt, Lagebesprechung, Personenkontrolle, Absicherung, etc. stellten keinen Kostentatbestand dar und könnten nicht in Rechnung gestellt werden. Es müsse berücksichtigt werden, dass die durch die Hausbesetzer aufgeworfene politische Fragestellung eine drängende Debatte betreffe und diese durch ihr Handeln publik wurde. Die Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz vom 23. Februar 2011 bzw. vom 21. Februar 2013 seien Verwaltungsvorschriften und somit nicht maßgeblich. Viele Polizeibeamte seien nicht im Einsatz gewesen und hätten nur zugeschaut. Die Anzahl der Beamten insgesamt sei unverhältnismäßig, dies gelte auch bei einer eingeräumten Einschätzungsprärogative.

18

Die Klägerin beantragt,

19

den Gebührenbescheid des Polizeipräsidiums M. vom 25. September 2013 (Az.: ...) in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Polizeipräsidiums M. vom 5. Dezember 2013 (Az.: ...) aufzuheben.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Klage abzuweisen.

22

Der Beklagte trägt ergänzend zum Widerspruchsbescheid vor, die Maßnahme sei weder der Staatsanwaltschaft zuzuordnen noch sei auf Verlangen der Eigentümerin gehandelt worden. Es handele sich um eine eigenständige polizeibehördliche Entscheidung zur Räumung des Anwesens. Eine Versammlung liege durch die Beeinträchtigung fremden Eigentums gerade nicht vor. Die Anwendung des unmittelbaren Zwanges gegen die Klägerin ergebe sich aus der strafrechtlichen Ermittlungsakte und der „Dasta-Liste“. Die Vor- und Nachbereitungshandlungen gehörten zu einem Polizeieinsatz und fänden daher in den Kosten Berücksichtigung. Die Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten sei verhältnismäßig und polizeitaktisch notwendig gewesen. Auch vier Beamte pro Person seien verhältnismäßig wegen erforderlicher Eigen- und Fremdsicherung, sowie dem Forttragen der jeweiligen Person. Dies ergebe sich aus der Teilnehmerzahl vorheriger Demonstrationen sowie dem Bekanntwerden des Einsatzes am 27. August 2012. Im Falle der Befolgung des Platzverweises seien keine Daten erfasst worden. Es seien auch vier Beamte pro Person eingesetzt worden, einerseits für den unmittelbaren Zwang und andererseits für Begleitmaßnahmen. Sie seien jedoch alle gebührenrechtlich geltend zu machen.

23

Die Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz vom 23. Februar 2011 bzw. vom 21. Februar 2013 seien als Orientierungshilfe der Kostenberechnung und bei der Anwendung von § 3 LGebG zugrunde gelegt worden, wobei das Kostendeckungsprinzip gelte. Die Kostenberechnung sei individuell erstellt worden. Die Anzahl der eingesetzten Beamten sei zum Eigen- und Fremdschutz notwendig gewesen.

24

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten, der beigezogenen Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft M. (Az.: ...) und der beigezogenen verwaltungsgerichtlichen Akte des Verfahrens 3 L 963/12.MZ Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

I.

25

Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Die Bescheide hätten nicht in der geltend gemachten Höhe ergehen dürfen und waren daher teilweise rechtswidrig und in dem im Tenor genannten Umfang entsprechend zu reduzieren.

26

1. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO eröffnet, denn der angegriffene Gebührenbescheid beruht als belastender Verwaltungsakt nach § 35 Satz 1 VwVfG auf öffentlich-rechtlichen Normen, die ausschließlich einen Hoheitsträger berechtigen und verpflichten.

27

2. Auch wenn es wegen der prozessualen Konstellation der Anfechtungsklage gegen einen Gebührenbescheid – anders als bei der Fortsetzungsfeststellungsklage (vgl. zur Abgrenzung u.a. zu §§ 23 ff. EGGVG etwa: BayVGH, Beschluss vom 29. September 2014 – 10 C 12.1609 –, juris) nicht primär für den Rechtsweg, sondern für die rechtswirksame Auswahl und Anwendung der Ermächtigungsgrundlage von Belang ist, ist schon in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass es sich entgegen der Annahme der Klägerin im Schwerpunkt der Einsatzes am 28. August 2012 nicht um repressive Maßnahmen im Sinne des Strafgesetzbuches (StGB) handelte, die hinsichtlich der Statthaftigkeit einer Klage unter Umständen eine abdrängende Sonderzuweisung zur Folge hätten (vgl. § 23 EGGVG) und die verwaltungsvollstreckungsrechtliche Einordnung der Maßnahmen schon ganz grundsätzlich in Frage stellen würden. Dies war etwa in dem von der Klägerin zitieren Verfahren betreffend das “Café D.“ der Fall, wo im Schwerpunkt Maßnahmen der Strafverfolgung vorlagen und dementsprechend der Feststellungsantrag hinsichtlich der Art und Weise der Durchsuchung gerade auf der Grundlage des § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO gestellt worden war. Demgegenüber handelt die Polizei hier im präventiven Bereich zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Die gerichtliche Kontrolle erfolgt dabei durch die Verwaltungsgerichte. Darüber hinaus werden auch Maßnahmen der sogenannten Strafverfolgungsvorsorge von den Verwaltungsgerichten überprüft (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 179, Rn. 7).

28

3. Bei den Einsätzen der Polizei in der O.-Straße Nr. X in M. am 28. August 2012 handelte es sich um sogenannte doppelfunktionale Maßnahmen, die sowohl der Gefahrenabwehr, als auch der Strafverfolgung dienten. Die Bestimmung der rechtlichen Qualität des Handelns erfolgt dabei durch eine „Schwerpunktbildung“, nämlich nach Anlass und Zielrichtung des behördlichen Handelns. Für die Abgrenzung der beiden Aufgabengebiete (Strafrecht zu Polizeirecht) ist maßgebend, wie sich der konkrete Sachverhalt einem verständigen Bürger in der Lage des Betroffenen bei natürlicher Betrachtungsweise darstellt, wobei der Sachverhalt einheitlich zu betrachten ist (st. Rspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 1974 – I C 11.73 –, BVerwGE 47, 255; OVG SH, Beschluss vom 8. November 2013 – 11 OB 263/13 –, juris Rn 4; VG Neustadt/W., Urteil vom 22. August 2011 – 5 K 301/11.NW –, juris). Dabei ist es ausreichend, wenn der Grund des polizeilichen Einschreitens bzw. dessen Schwerpunkt nach objektiver Betrachtung für den Betroffenen nicht zweifelsfrei einzuordnen ist, dabei zumindest auch ein präventiv-polizeilicher Zweck verfolgt wurde und eine entsprechende Rechtsgrundlage in Betracht kam (vgl. etwa OVG SH, Beschluss vom 8. November 2013 – 11 OB 263/13 –, juris; OVG NRW, Beschluss vom 6. August 2014 – 5 E 375/14 –, juris).

29

Bei dem Einsatz am 28. August 2012 ging es im Schwerpunkt des Handelns der Polizeibehörde darum, eine bereits eingetretene Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zu beseitigen. Der Beklagte verfolgte mit der großangelegten Polizeiaktion primär das Ziel, das Gebäude O.-Straße Nr. X in M. zu räumen und damit die mit der unerlaubten Nutzung verbundenen Gefahren abzuwehren. Der Umstand, dass hierbei auch strafrechtlich relevante Sachverhalte festzustellen sein würden – insbesondere § 123 StGB, aber auch Delikte nach dem Versammlungsgesetz (VersG) oder § 303 StGB – lässt den präventivrechtlichen Ansatz nicht entfallen, eröffnet die Ermächtigungsgrundlage für Verwaltungsvollstreckungsrecht im engeren Sinne und zugleich die materiell-rechtliche Überprüfung in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren; dies ist zugleich für das Erfordernis eines zivilrechtlichen Räumungstitels von Bedeutung (s. u.).

30

4. Statthafte Klageart ist hiernach die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO, ohne dass es hierbei auf den präventivrechtlichen Charakter der Maßnahmen und die grundsätzliche Zulässigkeit einer Gebührenerhebung für Polizeieinsätze ankäme (vgl. exempl. BVerwG, Urteil vom 15. März 1988 – 1 A 23/85 –, BVerwGE 79, 110; Beschluss vom 21. Januar 1993 – 4 B 206/92 –, juris).

II.

31

Die Klage ist teilweise begründet und im Übrigen unbegründet.

32

1. Der Bescheid vom 25. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Polizeipräsidiums M. vom 5. Dezember 2013 ist in Höhe von 391,84 € rechtswidrig und verletzt daher die Klägerin insoweit auch in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Hinsichtlich eines Betrages von 729,88 € ist der Gebührenbescheid dagegen nicht zu beanstanden.

33

2. Ermächtigungsgrundlage für den Gebührenbescheid ist § 57 Abs. 1 Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG), §§ 65, 83, 85 Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVG) und §§ 1 Nr. 10, 8 Abs. 4 der Kostenordnung zum Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (LVwVGKostO) i.V.m. §§ 3, 10 Landesgebührengesetz (LGebG).

34

Der streitgegenständliche Gebührenbescheid ist formell rechtmäßig. Das Polizeipräsidium M. ist für die Gebührenerhebung gemäß § 57 Abs. 1 POG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1 LVwVG zuständig, da dieses auch den zu vollstreckenden Verwaltungsakt erlassen hat. Die Klägerin wurde hierzu durch Schreiben vom 17. Juli 2013 nach § 28 Abs. 1 VwVfG angehört.

35

3. Der Bescheid ist jedoch nur teilweise materiell rechtmäßig. Ein Gebührenbescheid im Vollstreckungsrecht ist materiell nur rechtmäßig, wenn die Vollstreckungsmaßnahmen rechtmäßig waren, der/die richtige Kostenschuldner(in) ausgewählt wurde und die Kosten im vollen Umfang erstattungsfähig sind.

36

a. Die Vollstreckungsmaßnahmen selbst waren – soweit es hier darauf ankommt – rechtmäßig. Die Ermächtigungsgrundlage für die Vollstreckungsmaßnahme ergibt sich aus § 57 Abs. 1 POG i.V.m. §§ 2 Nr. 2, 61 Abs. 1 LVwVG.

37

Die Vollstreckungsmaßnahmen waren zunächst formell rechtmäßig. Gemäß § 57 Abs. 1 POG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 1 LVwVG war das Polizeipräsidium M. zuständig. Das gebotene Verfahren wurde von der Beklagten eingehalten. Insbesondere hat die Polizei ab etwa 6:00 Uhr mehrfach über Megaphon die anwesenden Personen aufgefordert, das Gebiet freiwillig zu räumen, anderenfalls würden Zwangsmittel angewendet. Für die hierin zu erblickende Androhung bedurfte es keiner Anhörung nach § 28 Abs. 2 Nr. 5 VwVfG.

38

Das gewählte Verfahren der Zwangsvollstreckung war nicht zu beanstanden. Jede Maßnahme der Verwaltungsvollstreckung setzt zunächst grundsätzlich einen wirksamen Grundverwaltungsakt voraus, der auf ein Handeln, Dulden oder Unterlassen gerichtet ist, § 61 Abs. 1 LVwVG. Zwangsmittel können im Ausnahmefall auch ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn dies zur Verhinderung einer rechtswidrigen Tat, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, oder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr notwendig ist und die Behörde hierbei innerhalb ihrer gesetzlichen Befugnisse handelt (§ 61 Abs. 2 LVwVG).

39

Vorliegend handelte es sich um einen geplanten und geordneten Einsatz, so dass der Grundverwaltungsakt nicht entbehrlich war. Der jeweils zu vollstreckende Verwaltungsakt bestand in der Form von Platzverweisen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 POG (vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 21. Juli 2015 – 5 K 5066/14 –, juris [dort zu § 27a Abs. 1 PolG BW]) der über Lautsprecher der Polizei als Allgemeinverfügung erging (§ 35 Satz 2 VwVfG). Es handelte sich um eine Anordnung gegenüber den Demonstranten bzw. Hausbesetzern (vgl. etwa Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E 780), die Straße vor dem Anwesen O.-Straße Nr. X und das Grundstück bzw. das Gebäude zu verlassen.

40

Auf die Rechtmäßigkeit des Platzverweises vom 28. August 2012 kam es dabei – soweit es zunächst um die Vollstreckung selbst geht (sog. Primärebene) – zunächst nicht an. Die §§ 2, 61 Abs. 1 LVwVG setzen ihrem Wortlaut nach lediglich die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit des Grundverwaltungsaktes voraus, so dass ein bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer Verwaltungsakt nur dann nicht Grundlage einer Vollstreckungshandlung sein kann, wenn er – was hier nicht der Fall ist – nichtig ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 20. November 1996 – 8 A 13546/95.OVG –, NVwZ 1997, 1009; OVG Nds., Beschluss vom 23. April 2009 – 11 ME 478/08 –, juris Rn. 33 m.w.N; VGH BW, Urteil vom 10. Januar 2013 – 8 S 2919/11–, VBIBW 2013, 341; VG Neustadt/W., Beschluss vom 7. September 2009 – 3 L 736/09.NW –, juris Rn 16).

41

b. Etwas anders gilt aber für den Bereich der Kostenerstattung, der sogenannten Sekundärebene. Die Vollstreckungsschuldnerin oder der Vollstreckungsschuldner hat schon gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 LVwVGKostO die Kosten für die Vollstreckungsmaßnahmen nicht zu tragen, soweit sich diese Maßnahmen als unzulässig erweisen. Anders als bei der Vollstreckung selbst kommt es demnach schon einfachrechtlich für eine Kostenerhebung auf die Frage der Rechtmäßigkeit der Grundverfügung – hier des Platzverweises vom 28. August 2012 – an. Dies folgt unabhängig von der Vorgabe des § 12 Abs. 2 Satz 1 LVwVGKostO bereits aus allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen. Danach kommt eine Erstattung nur für solche Kosten in Betracht, die der Polizei oder deren Beauftragten durch eine rechtmäßige Maßnahme entstanden sind. Die vollstreckungsrechtliche Beschränkung findet ihre Bestätigung in einer gebührenrechtlichen Betrachtungsweise. Die von § 2 Abs. 1 LGebG vorausgesetzte Verknüpfung zwischen der Amtshandlung und dem „Sondervorteil“ für den Gebührenschuldner lässt sich eben nur dann begründen, wenn die Leistung der Verwaltung ihrerseits rechtmäßig ist und sich das Verwaltungshandeln somit im Rahmen der verfassungsrechtlich auferlegten Bindung an Gesetz und Recht – Art. 20 Abs. 3 GG – bewegt (OVG RP, Urteil vom 25. August 2005 – 12 A 10678/05 –, AS RP-SL 32, 326). Als Kontrollüberlegung kann hier dienen, dass rechtswidrige Maßnahmen anlässlich einer Versammlung wiederum zum Gegenstand einer (erfolgreichen) Fortsetzungsfeststellungsklage gemacht werden könnten (vgl. etwa BayVGH, Urteil vom 22. September 2015 – 10 B 14.2246 –, NVwZ-RR 2016, 498; VGH BW, Urteil vom 27. Januar 2015 – 1 S 257/13 –, VBlBW 2015, 428).

42

c. Der Platzverweis gegenüber der Klägerin war auch materiell rechtmäßig. Die Maßnahmen dienten der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Eine Gefahr liegt vor, wenn ex ante die hinreichende Wahrscheinlichkeit besteht, dass es bei ungestörtem Geschehensablauf in absehbarer Zeit zu einer Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung kommt. Die öffentliche Sicherheit umfasst die gesamte Rechtsordnung, Individualrechtsgüter, sowie den Bestand und das Funktionieren des Staates und seiner Einrichtungen.

43

Vorliegend bestand ein fortwährender bzw. zumindest drohender Verstoß gegen § 123 StGB (sowie auch § 303 StGB), da die kollektive Umnutzung zu einem„autonomen Kulturzentrum“ von der Eigentümerin ausdrücklich untersagt worden war und diese bereits am 14. und 15. August 2012 Strafanzeige gestellt hatte. Ferner bestand seit dem 9. August 2012 die genannte Benutzungsuntersagung der Stadt M. gemäß § 81 LBauO. Die Nichtbefolgung einer vollziehbaren Benutzungsuntersagung stellt unabhängig von der strafrechtlichen Erheblichkeit eine Ordnungswidrigkeit dar (§ 89 Abs. 4 Satz 1 Nr. 17 LBauO). Ein Verstoß hiergegen drohte fortwährend bzw. fand gerade permanent statt.

44

d. Auch waren Individualrechtsgüter betroffen. Hinsichtlich der Eigentümerin des Anwesens waren dies ihre Eigentumsrechte nach Art. 14 Abs. 1 GG bzw. aus § 903 BGB. Aber auch Individualrechtsgüter der Hausbesetzer selbst waren gefährdet, auch soweit diese die Risiken bewusst in Kauf genommen haben sollten. Im Beschluss des Verwaltungsgerichts Mainz vom 20. August 2012 (3 L 963/12.MZ) wurde dargestellt, dass das Anwesen nicht über notwendige Flucht- und Rettungswege verfüge, der Brandschutz wegen nicht luftdicht schließender Außentüren unzureichend sei und mangelhafte hygienische Verhältnisse aufgrund fehlender Wasser- und Abwasserversorgung festgestellt worden seien. Insbesondere bestand nach den sachverständigen Feststellungen für das Anwesen O.-Straße X auch Einsturzgefahr. Ferner ging von den Barrikaden eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus. Diese bestanden aus massiven Zaunelementen, Hausrat, Paletten und Gerümpel, welche ein erhebliches Verletzungspotential für die Anwesenden vor Ort und die Polizeibeamten bedeutete. Gerade die Unzugänglichkeit durch Barrikaden stellte eine Gefahrenquelle für alle Beteiligten dar, welche die Eingriffsschwelle der Polizeieinsatzkräfte deutlich senkte und zur ermessensgerechten Entscheidung einer Räumung beitrug. Nach alledem bestanden sowohl erhebliche und gegenwärtige Gefahren für die Gesundheit der Bewohner bzw. Besetzer, als auch für die Rechtspositionen der Eigentümerin, für deren Beendigung der Beklagte ein eigenes Entschließungsermessen bei der Verfügung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 POG in Anspruch nehmen konnte.

45

4. Das Vorgehen der Bewohner bzw. Nutzer des Anwesens war auch nicht durch das Versammlungsrecht gedeckt, sodass die Grundrechte aus Art. 8 Abs. 1 GG der Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 1 POG nicht im Wege standen.

46

a. Gegen eine öffentliche Versammlung sind nur die im Versammlungsgesetz geregelten Maßnahmen zulässig. Auf das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz können Maßnahmen daher erst nach deren Auflösung gestützt werden (vgl. nur Hendler/Hufen/Jutzi, Landesrecht Rheinland-Pfalz, Rn. 172, m.w.N). Bis dahin ist von der sogenannten „Polizeifestigkeit“ der Versammlung auszugehen (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 – 1 BvR 1726/01 –, juris Rn 18; BVerwG, Beschluss vom 16. November 2010 – 6 B 58/10 –, juris Rn 6).

47

b. Eine Versammlung im Sinne von Art. 8 Abs. 1 und 2 GG ist eine örtliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung und umfasst auch provokative Äußerungen (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14. Mai 1985 – 1 BvR 233/81 –, BVerfGE 69, 315 <342 f.>). Der Schutz ist nicht auf Veranstaltungen beschränkt, auf denen argumentiert und gestritten wird, sondern umfasst vielfältige Formen gemeinsamen Verhaltens bis hin zu nicht verbalen Ausdrucksformen (vgl. BVerfG, Urteil vom 11. November 1986 – 1 BvR 713/83 –, BVerfGE 73, 206 <248>; Beschluss vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 –, BVerfGE 104, 92 <103 f.>). Bei einer Versammlung geht es darum, dass die Teilnehmer nach außen – schon durch die bloße Anwesenheit, die Art des Auftretens und des Umgangs miteinander oder die Wahl des Ortes – im eigentlichen Sinne des Wortes Stellung nehmen und ihren Standpunkt bezeugen (BVerfGE 69, 315 <345>).

48

c. Der Schutz des Art. 8 GG besteht unabhängig davon, ob eine Versammlung anmeldepflichtig und dementsprechend angemeldet ist (vgl. BVerfGE 69, 315 <351>). Er endet mit der rechtmäßigen Auflösung der Versammlung (vgl. BVerfGE 73, 206 <250>).

49

d. Die Versammlungsfreiheit verschafft allerdings kein Zutrittsrecht zu beliebigen Orten. Insbesondere gewährt sie keinen Zutritt zu Orten, die der Öffentlichkeit nicht allgemein zugänglich sind oder zu denen schon den äußeren Umständen nach nur zu bestimmten Zwecken Zugang gewährt wird (vgl. BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 22. Februar 2011 - 1 BvR 699/06 -, BVerfGE 128, 226 <251>). Die Durchführung von Versammlungen in Verwaltungsgebäuden oder in eingefriedeten, der Allgemeinheit nicht geöffneten Anlagen ist durch Art. 8 Abs. 1 GG ebenso wenig geschützt wie etwa in einem öffentlichen Schwimmbad oder Krankenhaus. Die Versammlungsfreiheit verbürgt die Durchführungen von Versammlungen jedoch dort, wo ein kommunikativer Verkehr eröffnet ist; ausschlaggebend ist die tatsächliche Bereitstellung des Ortes und ob nach diesen Umständen ein allgemeines öffentliches Forum eröffnet ist (BVerfGE 128, 226 <251 ff.>).

50

e. Im Ergebnis erstreckt sich das Versammlungsrecht damit nur auf eigenen und auf öffentlichen Grund, soweit dieser dem Gemeingebrauch gewidmet ist. Ein Recht zur Versammlung auf fremden Grundstücken besteht nicht. Schon deswegen fallen Besetzungen fremder Grundstücke oder Sitzblockaden in fremden Gebäuden nicht unter das Versammlungsgrundrecht, ohne dass es insoweit noch auf das Kriterium der Unfriedlichkeit ankäme (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001, - 1 BvR 1190/90 -, BVerfGE 104, 92, Rn. 44 ff.; LG Köln, Urteil vom 16. August 2013 – 24 O 392/12 –, juris Rn 27; Schneider, in BeckOK Grundgesetz, Epping/Hillgruber, Stand: 01.03.2017, Art. 8 GG, Rn. 13 f.).

51

f. Hiergegen können auch nicht die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 18. und 20 Juli 2015 – 1 BvQ 25/15 – herangezogen werden. Denn die Beeinträchtigung wurde dort nur für eine kurze Dauer von etwa 15 Minuten als gerechtfertigt angesehen, ohne dass die Maßstäbe der Senatsrechtsprechung (vgl. nur BVerfGE 128, 226) berührt worden wären. Eine Besetzung von mehreren Tagen und Wochen, kann daher offensichtlich nicht in den Schutzbereich von Art. 5 und 8 GG fallen. Es bleibt vielmehr dabei, dass das Betreten eines fremden Grundstücks gegen den Willen des Grundstückseigentümers bereits eine Rechtsgutverletzung in Bezug auf das Eigentumsrecht darstellt, so dass auch die Blockade einer Anlage auf einem fremden Grundstück nicht mit dem Versammlungsrecht gerechtfertigt werden kann (vgl. auch BGH, Urteil vom 04. November 1997 – VI ZR 348/96 –, BGHZ 137, 89 zur Deliktshaftung für Blockaden von Baumaschinen; LG Köln, Urteil vom 16. August 2013 – 24 O 392/12 –, juris Rn 27 zur Blockade von Gleisanlagen auf einem privaten Grundstück).

52

5. Fehlte es demnach für die versammelten Personen innerhalb des Anwesens bereits an dem Schutz des Art. 8 GG, so gilt dies nicht für die Versammlung außerhalb des Anwesens.

53

a. Der Schutz des Art 8 GG bestand zunächst grundsätzlich unabhängig davon, ob die Versammlung nach § 14 VersG hätte angemeldet werden müssen (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 – 1 BvR 1726/01 –, NVwZ 2005, 80). Die Rechtspflicht, Versammlungen unter freiem Himmel vor ihrer Bekanntgabe anzumelden, hat den Sinn, den Behörden diejenigen Informationen zu vermitteln, die sie benötigen, um Vorkehrungen zum störungsfreien Verlauf der Veranstaltung und zum Schutz von Interessen Dritter oder der Gesamtheit treffen zu können (BVerfGE 69, 315 <350>). Sie soll überdies auf eine Verständigung zwischen Veranstaltern und Ordnungsbehörden hinwirken, die eine kooperative Festlegung von Veranstaltungsplan und Ordnungsvorkehrungen begünstigt, und damit dem störungsfreien Verlauf der Versammlung dienen. Insofern behält die Anmeldepflicht auch bei Versammlungen ihren Sinn, die den Ordnungsbehörden bereits aus anderen Quellen bekannt geworden sind (vgl. BVerfGE 69, 315 <358 f.>). Auch die in § 14 VersG vorgesehene Anmeldefrist von 48 Stunden vor Bekanntgabe der Versammlung ist grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

54

b. Allerdings bedarf § 14 VersG der einschränkenden Auslegung. Die Anmeldepflicht erstreckt sich nach seinem Wortlaut unterschiedslos auf sämtliche Versammlungen unter freiem Himmel. Dies gilt jedoch nicht für sog. Spontanversammlungen, die sich aus einem momentanen Anlass ungeplant und ohne Veranstalter entwickeln. Eine Anmeldung ist hier regelmäßig aus tatsächlichen Gründen unmöglich. Ein Beharren auf der Anmeldepflicht des § 14 VersG müsste folglich zur generellen Unzulässigkeit von Spontanversammlungen führen. Das wäre mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht vereinbar (vgl. BVerfGE 69, 315 <350 f.>). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entfällt mithin für Spontanversammlungen die Anmeldepflicht. Für Eilversammlungen – die ohne Gefährdung des Demonstrationszwecks nicht unter Einhaltung der Frist des § 14 VersG angemeldet werden können – verkürzt sich die Anmeldefrist angemessen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 1991 – 1 BvR 850/88 –, BVerfGE 85, 69).

55

c. Vorliegend bestanden zwar Zweifel an der Schutzwürdigkeit im Hinblick darauf, ob noch eine Anmeldung der Versammlung möglich gewesen wäre. Die Kammer geht in diesem nicht mehr näher zu klärenden Zweifelsfall zugunsten der Versammlungsteilnehmer als Grundrechtsträger von einem Schutz durch Art. 8 GG aus, so dass für die Auflösung der Spontanversammlungvor dem Eingang folglich eine Verfügung gemäß § 15 Abs. 3 VersG erforderlich war. Zwar ist allein mangelnde Kooperation auch bei Spontanversammlungen kein Auflösungsgrund, bei fehlender Kooperation kann aber die Polizei deutlich autarker und damit regelmäßig auch weitgehender Entscheidungen im Rahmen ihrer Maßnahmen zur Gefahrenabwehr treffen und infolgedessen auch die Versammlung eher vollständig auflösen (vgl. Dietzel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetze, 17. Aufl. 2017, § 14 Rn. 109 ff.).

56

d. Die Auflösung beendet den Grundrechtsschutz für eine bestehende Versammlung (vgl. Dietzel/Gintzel/Kniesel, a.a.O., § 15, Rn. 207). Zwar regelt das Versammlungsgesetz die Eingriffsbefugnisse in eine öffentliche Versammlung abschließend und lässt einen Rückgriff auf das Polizeirecht grundsätzlich erst zu, wenn die Versammlung beendet wurde (vgl. Kniesel/Poscher, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, K. Rn. 23); jedoch wurde die Versammlung am 28. August 2012 aufgelöst, wie sich nicht nur aus den unwiderlegten Angaben des Beklagten, sondern unzweifelhaft auch aus den Videoaufzeichnungen des Einsatzes ergibt. Darin wird ausdrücklich und mehrfach über Lautsprecher die Versammlungsauflösung ausgesprochen. So wurde unter anderem gegen 6.25 Uhr die Auflösung der Versammlung vor dem Haus erklärt (ab etwa Min. 2:09 auf dem Film). Hiervon konnte sich die Kammer in der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung und erneut in der Verhandlung durch richterlichen Augenschein (§ 371 Abs. 1 ZPO) zweifelsfrei überzeugen.

57

e. Die Auflösung einer Versammlung ist ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt, der dazu führt, dass die Schutzwirkung des Art. 8 GG endet. Die Pflicht für die Teilnehmer, sich zu entfernen, folgt aus den nachfolgenden Platzverweisen auf der Grundlage von § 13 Abs. 1 POG. Für die Rechtmäßigkeit dieser Platzverweise kommt es auf dabei zunächst nur auf die Wirksamkeit der Versammlungsauflösung an (BVerfG, Beschluss vom 26. Oktober 2004 – 1 BvR 1726/01 – BVerfGK 4, 154; Beschluss vom 1. Dezember 1992 – 1 BvR 88/91 – BVerfGE 87, 399; OLG Celle, Beschluss vom 23. Juni 2005 – 22 W 32/05 – NVwZ-RR 2006, 254; VG Schleswig, Urteil vom 22. Februar 2005 – 3 A 338/01 – BeckRS 2005, 30563). Eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Versammlungsauflösung ist dabei im Wege nachgeschalteten Rechtsschutzes möglich. Aus Gründen der Effektivität der Gefahrenabwehr ist es erforderlich, den Einsatzkräften vor Ort eine sichere und handhabbare Reaktionsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. Dezember 1992 – 1 BvR 88/91 – BVerfGE 87, 399).

58

f. Der Platzverweis wurde von der zuständigen Polizeibehörde verfahrens- und formfehlerfrei ausgesprochen. Die Blockade des Gebäudezugangs durch die angetroffenen Personen stellte eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar. Sie liegt vorliegend in der Störung eines umfassend vorbereiteten und nicht ohne zwingende übergeordnete Gründe abzubrechenden Polizeieinsatzes zur Gefahrenabwehr im Sinne von § 13 Abs. 1 Satz 2 POG (vgl. Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E. 438; Rühle, Polizei und Ordnungsrecht für Rheinland-Pfalz, 5. Aufl. 2013, G. Rn. 31). Der (spätere) Platzverweis für Besetzer des Anwesens war entsprechend den vorherigen Ausführungen ohnehin nicht zu beanstanden, da ihnen der grundrechtliche Schutz des Versammlungsrechts – wie dargelegt – nicht zur Seite stand.

59

6. Entgegen der Ansicht der Klägerin war auch kein zivilrechtlicher Räumungstitel der Stadtwerke M. AG als Eigentümerin des Anwesens gegen die Hausbesetzer zur Durchsetzung erforderlich.

60

a. Bei der Frage dieses Erfordernisses ist zu unterscheiden, ob die Eigentümerin einen zivilrechtlichen Titel überhaupt hätte erlangen können und ob sie diesen – im Falle der Möglichkeit – unter Umständen vorrangig hätte erlangen müssen. Grundsätzlich obliegt der Schutz privater Rechte nach Maßgabe des § 1 Abs. 3 POG den allgemeinen Ordnungsbehörden und der Polizei nach dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz nur dann, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne ordnungsbehördliche oder polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde.

61

b. Demgegenüber hat das Polizeipräsidium M. für den Beklagten jedoch unwiderlegt vorgetragen, dass die Polizei nicht auf Verlangen des Eigentümers gehandelt habe. Es habe sich vielmehr um eine eigenständige polizeibehördliche Entscheidung und Maßnahme gehandelt. Eine Ausnahme von der Subsidiarität des § 1 Abs. 3 POG ist gegeben, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne ordnungsbehördliche oder polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde. Solch ein Fall liegt unter anderem vor, wenn die Anzahl der Hausbesetzer und die Personenidentitäten gänzlich unbekannt sind und daher nicht zu benennen wären. Ferner ist bei Besetzungen von einem ständigen Wechsel des Personenkreises auszugehen. In einem solchen Fall ist jedoch eine Klage unzulässig, wenn sie nur gegen „Unbekannt“ erhoben werden könnte. Hier kann die Beendigung der Hausbesetzung nur noch durch das Instrument des öffentlichen Ordnungs- und Polizeirechts ermöglicht werden (vgl. etwa Staudinger/Gursky (2013) BGB § 985 Rn 150 m.w.N; Schilken, in: Gaul/Schilken/Becker-Eberhard, ZwVR, 12. Aufl. 2010, § 70 Rn 21 MüKo-BGB/Baldus, 7. Aufl. 2017, § 985 Rn. 38; OLG Oldenburg, Beschluss vom 24. Februar 1995 – 5 W 24/95 –, NJW-RR 1995, 1164).

62

c. Maßgeblich für die objektive Abgrenzung muss sein, ob zuvor eine bewusste und gewollte Besitzüberlassung – insbesondere ein Mietvertrag – bestanden hat. Nur danach ist zur zulässigen Durchführung der Räumungsvollstreckung einer Wohnung gegen jeden einzelnen Mitbewohner ein Räumungstitel erforderlich. Die Voraussetzungen für die Zwangsvollstreckung – also grundsätzlich Titel, Klausel und Zustellung – müssen dann auch gegen jeden der Untermieter vorliegen. (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2003 – IXa ZB 116/03 –, ZMR 2003, 826; vgl. auch Benighaus, Polizeirecht als Grundlage für die Räumung besetzter Häuser?, LKV 2009, 202, 204). Dann kann von dem Eigentümer regelmäßig die Beschreitung des Zivilrechtswegs erwartet werden, dem dann gegen unberechtigte bzw. unbekannte Dritte ggf. auch der Weg über § 940a ZPO eröffnet sein kann (vgl. etwa Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 31. Aufl. 2016, § 940a ZPO; Börstinghaus, Die neue „Räumungsverfügung“ im Wohnraummietprozess, NJW 2014, 2225). Nur wer sich demgegenüber freiwillig in ein zivilrechtliches vertragliches Besitzverhältnis begibt, ist auch an diesen Rechtsweg bei der Beendigung desselben gebunden. Da nach § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Zwangsvollstreckung nur gegen Personen zulässig ist, die im Titel und in der Vollstreckungsklausel als Schuldner bezeichnet werden, zeigt der hier zur Entscheidung stehende Fall, dass ein solcher Titel im Falle der Unbekanntheit der Bewohner und der Verbarrikadierung des Anwesens nicht zu erlangen ist, die Subsidiarität des § 1 Abs. 3 POG mithin den streitgegenständlichen Maßnahmen nicht entgegenstand.

63

d. Von einer bewussten und gewollten Besitzüberlassung konnte vorliegend auch offensichtlich nicht ausgegangen werden. Zunächst hat die Eigentümerin die Nutzung des Gebäudes nicht in einer Form geduldet, die zu einem faktischen Gebrauchsüberlassungsvertrag geführt hätte. Weder die Gesprächsbereitschaft der Stadtwerke AG noch der Zeitablauf waren hierzu geeignet. Die Gesprächsbereitschaft als solche, um eine einvernehmliche und gewaltfreie Lösung zu finden, bedeutet gerade nicht, dass sich die Eigentümerin mit der aktuellen Nutzung einverstanden erklärt hätte. Auch der Zeitablauf von nicht mal einem Monat ist ersichtlich ungeeignet, einen Gebrauchsüberlassungsvertrag aus konkludenten Verhalten zu erwirken. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass 11 Tage nach Beginn der Nutzung bereits ein Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) gestellt worden war. Dadurch war hinreichend erkennbar, dass die Eigentümerin diesen Zustand nicht dulden wollte. Zudem bestanden die Gefahren, die schon in der Nutzungsuntersagungsverfügung vom 9. August 2012 aufgelistet worden waren.

64

7. War die Räumung demnach nach Polizeirecht durchführbar, so war der auf der Grundlage der Versammlungsauflösung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 POG ergangene Grundverwaltungsakt nach Maßgabe von § 2 Nr. 2 LVwVG vollstreckbar. Die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs entfiel demnach gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO, da es sich um eine unaufschiebbare Anordnung bzw. Maßnahme von Polizeivollzugsbeamten handelte. Unaufschiebbarkeit liegt dabei vor, wenn das Tätigwerden so eilbedürftig ist, dass keine Zeit bleibt, um einen schriftlichen Verwaltungsakt zu erlassen, in dem dann auch das besondere Interesse im Sinne von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO dargelegt werden könnte. Gemeint sind daher gerade Verwaltungsakte, die aufgrund der Dringlichkeit mündlich, durch tatsächliches Handeln oder als Vollzugsmaßnahmen ergehen (vgl. etwa Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth u.a., Verwaltungsgerichtsordnung, 6. Aufl. 2015, § 80 Rn 33). Vorliegend wurde ein mündlicher Platzverweis durch Polizeibeamte gegenüber den Demonstranten und Hausbesetzern erteilt, nachdem diese mehrmals aufgefordert wurden, das Anwesen und die Straße zu verlassen. Dieser war auch so eilbedürftig, dass offensichtlich nicht vorher ein schriftlicher Verwaltungsakt hätte erlassen werden können. Dies hätte eklatant dem Grundsatz der Effektivität der Gefahrenabwehr widersprochen.

65

8. Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen wurden von dem Beklagten eingehalten. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs war rechtmäßig.

66

a. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs war auf der Grundlage der §§ 57, 58 Abs. 1 POG i.V.m. §§ 62 Abs. 1 Nr. 3, 65 LVwVG vorliegend das einzig in Betracht kommende Zwangsmittel. Unmittelbarer Zwang ist die Einwirkung auf Personen oder Sachen durch körperliche Gewalt, ihrer Hilfsmittel und durch Waffen (vgl. § 58 Abs. 1 POG, § 65 LVwVG). Gegenüber der Klägerin wurde ein Platzverweis nach § 13 Abs. 1 Satz 1 POG ausgesprochen, der mangels aufschiebender Wirkung eines Widerspruchs direkt vollstreckbar war. Dieser Platzverweis stellte für die Klägerin eine Handlungspflicht dar, die nur sie persönlich erfüllen konnte und der sie trotz Aufforderung nicht nachgekommen ist.

67

b. Die Polizei hat den unmittelbaren Zwang auch mehrmals mündlich angedroht, was sich mit hinreichender Deutlichkeit aus den Videosequenzen ergibt (siehe etwa „3:15“ und „4:20“ und in der Folgezeit der vorgelegten Datei), womit eine Androhung entsprechend den Anforderungen des § 61 POG vorlag. Auf § 57 Abs. 1 POG i.V.m. § 66 LVwVG kommt es hingegen nicht an. Denn im Fall der Androhung unmittelbaren Zwangs durch die Polizei ist § 61 Abs. 1 POG grundsätzlich abschließend (vgl. Rühle, POR Rheinland Pfalz, 5. Aufl. 2013, Rn J 21). Auch bei ergänzender Anwendung des allgemeinen Vollstreckungsrechts (mit ausdrücklichem Bezug zum Versammlungsrecht: Rühle/Suhr, POG Rheinland Pfalz, 5. Aufl. 2012, § 61, Rn. 1) könnte eine Androhung gemäß § 57 Abs. 1 POG i.V.m. § 66 Abs. 1 Satz 1 LVwVG nach § 66 Abs. 1 Satz 2 LVwVG ebenfalls mündlich erfolgen oder sogar unterbleiben, wenn ein Fall des § 61 Abs. 2 LVwVG vorliegt oder sonstige Umstände dies erfordern. Ein verkürztes mündliches Verfahren war vorliegend durch den Grundsatz der Effektivität der Vollstreckung zwingend geboten, ein sogenanntes gestrecktes Verfahren daher entbehrlich (vgl. VG Frankfurt, Urteil vom 20. Mai 2015 – 5 K 2214/14.F –, LKRZ 2015, 374).

68

c. Die Vollstreckung war auch im Übrigen ermessensfehlerfrei, insbesondere begegnet die Anwendung des unmittelbaren Zwangs bei Blockaden und Besetzungen keinen grundsätzlichen rechtsstaatlichen Bedenken, wenn ein versammlungsrechtlich entgegenstehender Schutz nicht (mehr) besteht (BVerfG, Beschluss vom 24. Oktober 2001 – 1 BvR 1190/90 –, BVerfGE 104, 92 (Orientierungssatz 3b und Rn. 55), wobei die Frage der Zulässigkeit der Vollstreckung durch die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr von der der Frage der etwaigen Strafbarkeit der Blockierer im Hinblick auf § 240 StGB stets sorgfältig zu trennen ist (vgl. nur BVerfGE 104, 92, juris Rn. 56).

69

d. Der Einsatz war auch im Übrigen verhältnismäßig. Soweit die Klägerin vorträgt, dass der Einsatz von vier Polizeibeamten pro Person unverhältnismäßig gewesen und auch vor Ort nicht so abgelaufen sei, berührt dies die Rechtmäßigkeit des Einsatzes nicht. Dabei ist festzuhalten, dass der – jeweils potentielle Einsatz – von vier Beamten pro Person sowohl dem Schutz der Beamten, als auch dem Schutz Dritter und der Klägerin diente. Bei einer Anzahl von Fällen mag es zutreffend sein, dass zwei Beamte den Trage- bzw. Begleitvorgang übernommen haben, jedoch sind zwei Beamte allein in einer solchen Situation schon nicht hinreichend abgesichert und es bestehen Risiken für die wegzutragenden Demonstranten durch unfallträchtige Situationen in der unübersichtlichen Situation der Zwangsvollstreckung, insbesondere im Rahmen von größeren Versammlungen. Nur durch potentiell mehr als zwei Beamte pro Vorgang können diese Gefahren im notwendigen Maß beherrscht werden. Zudem ist bei der polizeirechtlich maßgeblichen Betrachtung „ex ante“ die Bereitstellung von einem Beamten pro Körperglied schon deshalb als angemessen anzusehen, weil nicht erwartet werden konnte, dass sich alle Demonstranten beim Tragevorgang dauerhaft kooperativ zeigen würden. Ferner war nicht auszuschließen, dass andere Demonstranten dem jeweiligen Betroffenen zu Hilfe eilen können. Letztlich war es damit ermessensgerecht, in der Einsatzplanung vier Beamte je Vollstreckungsperson vorzusehen.

70

9. Die Klägerin war auch die richtige Kostenschuldnerin für Vollstreckungsgebühren.

71

a. Deren Zahlungspflicht ergibt sich dem Grunde nach aus den tatsächlichen Feststellungen in Verbindung mit den Zurechnungsnormen aus § 4 POG und § 12 Abs. 1 LVwVGKostO, wonach Kostenschuldner der Vollstreckungsschuldner ist. Die LVwVGKostO findet über § 83 Satz 1 LVwVG und § 85 Abs. 1 Nr. 6 -11 LVwVG Anwendung. Nach § 83 Satz 1 LVwVG dürfen Kosten (Gebühren und Auslagen) für Amtshandlungen erhoben werden. § 85 Abs. 1 LVwVG eröffnet dabei die Anwendung des LVwVGKostO.

72

b. Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie am 28. August 2012 vor Ort war und dass sie in der EDV der Vollzugspolizei erfasst wurde. Jedoch hat sie im schriftlichen Verfahren in Abrede gestellt, dass gegen sie unmittelbarer Zwang ausgeübt worden sei. In der mündlichen Verhandlung hat sie Angaben zu diesem Sachverhalt ausdrücklich verweigert. Dennoch steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass gegen die Klägerin unmittelbarer Zwang ausgeübt worden ist und somit die Klägerin gebührenrechtlich in Anspruch genommen werden konnte. Dies ergibt sich bereits hinreichend deutlich aus der Datenerfassung durch die Polizei in der beschriebenen „Dasta-Liste“. Der Beklagte hat hierzu plausibel dargelegt, wie der Nachweis geführt werden konnte, was im Wesentlichen mit dem zeitlichen und organisatorischen Ablauf zusammenhängt. Zunächst wurde die Straße vor dem Anwesen von den Personen geräumt. Bei diesen Personen wurden die Personalien festgestellt und in einer Datenstation (sog. „Dasta-Liste“) chronologisch erfasst (Nr. 1-01 – 1-20; 2-01 – 2-31; 3-01 – 3-07; 4-01 – 4-03 = 62). Als letzte Person vor dem Anwesen wurde eine auffallend korpulente Person (Nr. 2-24 der „Dasta-Liste“) entfernt und deren Personalien erfasst.

73

Danach wurde das Anwesen betreten, wobei zunächst die Barrikaden am Tor entfernt werden mussten. Direkt hinter dieser Barrikade wurde die erste Person (Nr. 2-25 der „Dasta-Liste“), welche sich mit einer öligen Farbe übergossen hatte, von den Beamten weggetragen und deren Personalien erfasst. Durch die weitere Erfassung der „Dasta-Liste“ ergibt sich, dass sich die Klägerin unter den Besetzern befand, die sich im Anwesen verbarrikadiert hatten. Dies folgt schon aus der chronologischen Erfassung der Daten, wonach die Klägerin erst nach den “auffallenden“ zuvor genannten Personen erfasst wurde. Das Gericht hat dabei auch keine Zweifel daran, dass die „Dasta-Liste“ zutreffende Daten enthält, zumal die Beklagte die Entstehung substantiiert darlegen konnte. Insbesondere hat auch der Einsatzleiter hierzu in der mündlichen Verhandlung glaubhaft und unwiderlegt dargestellt, dass nur Personen aufgenommen wurden, gegen die unmittelbarer Zwang ausgeübt worden war. Dementsprechend wurden auch die Personalien der Klägerin (zutreffend) aufgenommen, ohne dass diese hierfür eine Erklärung abgegeben hat. Der Zeuge A. T. war hierzu nicht zu vernehmen. In der mündlichen Verhandlung wurde hierzu festgestellt, dass er sich mit einer professionellen Kletterausrüstung auf einem Baum vor dem Anwesen befand. Nach seinem Abstieg wurde er zwar in der EDV („Dasta-Liste“) der Bereitschaftspolizei erfasst und um 11.00 Uhr sodann entlassen. Ein Kostenbescheid wurde ihm jedoch – so das Ergebnis der Frage an die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vor der Entscheidung über die Vernehmung – gerade nicht zugestellt. Das Beweismittel war somit untauglich für des Beweisbegehren der Klägerin und daher abzulehnen. Denn dieser Sachverhalt – der damit als wahr unterstellt werden konnte – ist gerade ein Beleg dafür, dass nur bei Personen, gegen die unmittelbarer Zwang ausgeübt worden ist, auch ein Bescheid erlassen wurde.

74

c. Aus dem Ablauf und der Datenerfassung sowie den Angaben des Beklagten ergibt sich hier insgesamt ein sogenannter Prima-Facie-Beweis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Oktober 2001 – 4 BN 45/01 –, juris Rn. 17) für die Feststellungen der Polizeibehörden. Der Beweis des ersten Anscheins kommt grundsätzlich auch im Verwaltungsprozess in Betracht (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Mai 1962 – 6 C 39.60 –, BVerwGE 14, 181; Urteil vom 22. Oktober 1981 – 2 C 17.81 –, NJW 1982, 1893). Voraussetzung ist ein Sachverhalt, der nach der Lebenserfahrung regelmäßig auf einen bestimmten Verlauf hinweist (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. September 2000 – 2 C 5.99 –, NJW 2001, 1878; Urteil vom 1. März 1995 – 8 C 36.92 –, Buchholz 303 § 287 ZPO Nr. 3; vgl. auch BGH, Urteil vom 18. März 1987 – IV a ZR 205/85 –, BGHZ 100, 214; Urteil vom 30. September 1993 – IX ZR 73/93 –, BGHZ 123, 311). Der Ablauf des Einsatzes und der Datenerfassung wurde vorliegend von dem Einsatzleiter (Polizeidirektor W.) in der mündlichen Verhandlung umfassend bestätigt; die Klägerin hat hingegen keine Angaben zur Sache gemacht, sondern jede Mitwirkung an der Aufklärung des Sachverhalts abgelehnt (vgl. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Kammer folgt damit den plausiblen Angaben des Beklagten zum Ablauf des Einsatzes am 28. August 2012.

75

d. Völlig unabhängig von dieser Beweisführung ergibt sich vorliegend aber hinsichtlich der Klägerin – im Sinne eines selbständig tragenden Beweisgrundes – die Anwendung unmittelbaren Zwangs aus dem vorgelegten Beweismaterial. Insbesondere ergibt die Auswertung des Videodokumentationsmaterials, welches anlässlich der Räumung des Anwesens O.-Straße Nr. X vom 28. August 2012 aufgenommen wurde, dass die Klägerin als Vorletzte aus dem Raum im oberen Stockwerk weggetragen worden ist. Dieses Video wurde im Wege richterlichen Augenscheins gemäß § 371 Abs. 1 ZPO in die mündliche Verhandlung eingeführt. In Ermangelung einer geschützten Versammlung im Anwesen selbst, kommt es hier maßgeblich auf das Verwaltungsvollstreckungsrecht an. Soweit – wie hier im Verwaltungsvollstreckungsrecht – ein ausdrückliches Beweisverwertungsverbot nicht besteht, ist bei der Verwertung dieses Materials zwischen dem Integritätsinteresse des von dem Eingriff betroffenen Grundrechtsträgers und dem Gewicht der sonst zu beachtenden Belange abzuwägen (vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 26. September 2016 – 16 B 685/16 –, juris). Diese Abwägung fällt hier zulasten der Klägerin aus, da die Aufnahmen auch zum Zwecke der Durchführung von Strafverfahren angefertigt und zunächst dort benötigt wurden und eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch die Hausbesetzung bestand. Zudem wurde das Strafverfahren gegen die Klägerin lediglich nach § 154 StPO eingestellt, so dass schützenswerte überwiegende Interessen für die Kammer nicht zum Tragen kamen.

76

10. Der von dem Beklagten geltend gemachte Betrag in Höhe von 1.121,72 € ist jedoch nur in der Höhe von 729,88 € rechtmäßig und in der Höhe von 391,84 € rechtswidrig, da die Gebühren nur teilweise erstattungsfähig sind.

77

a. Die Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung ergibt sich entgegen der Annahme der Klägerin zunächst offensichtlich nicht aus dem Umstand, dass sie in einem Strafverfahren eine niedrigere Geldstrafe zu erwarten gehabt habe. Strafverfahren und Gebührenerhebung für die Durchführung einer Amtshandlung folgen rechtlich völlig unterschiedlichen Grundsätzen (vgl. nur § 46 i. V. m. § 40 StGB) und sind daher nicht geeignet, die Höhe der jeweils anderen Geldleistung in Zweifel zu ziehen.

78

b. Die Rechtswidrigkeit der Gebührenerhebung ergibt sich weiterhin ebenfalls offensichtlich nicht aus der Behauptung der Klägerin, Arbeit und Zeit in das Anwesen gesteckt zu haben. Hierzu ist zunächst anzumerken, dass die angeblich investierte Arbeit der Klägerin nicht im Zusammenhang zu der Räumung des Anwesens und damit der Amtshandlung steht. Werden bewusst Arbeiten durchgeführt, die nicht mit der vorgefundenen Rechtslage übereinstimmen, insbesondere nicht vom Eigentümer geduldet werden, so kann hieraus kein schutzwürdiges Interesse bestehen. Entsprechend der Figur der angemaßten Eigengeschäftsführung i.S.v. § 687 Abs. 2 BGB, kann die Klägerin dieses Handeln nicht zur Minimierung der Gebührenlast heranziehen. Zudem kann eine solche etwaige Bereicherung des Eigentümers (vgl. § 812 ff. BGB) – die hier im Übrigen offensichtlich nicht vorlag – nicht gegenüber der öffentlichen Hand im Rahmen der Verwaltungsvollstreckung geltend gemacht werden. Schließlich wurden auch keine Arbeiten nachgewiesen.

79

11. Der Beklagte konnte sich für die Gebührenerhebung auch (grundsätzlich) auf eine wirksame Ermächtigungsgrundlage stützen.

80

a. Für Amtshandlungen nach dem LVwVG können nach § 83 Satz 1 LVwVG Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben werden, somit auch für die Kosten für die Anwendung von unmittelbarem Zwang. Dabei verweisen § 85 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 6 -11 LVwVG auf das LVwVGKostO, nach § 1 Nr. 10 LVwVGKostO werden Gebühren für die Anwendung unmittelbaren Zwangs erhoben.

81

b. Gemäß § 8 Abs. 4 LVwVGKostO wird für die Anwendung unmittelbaren Zwangs nach § 65 LVwVG oder § 57 POG i.V.m. § 65 LVwVG eine Gebühr von mindestens 10,00 Euro und höchstens 1.530,00 Euro erhoben. Die genaue Gebührenbemessung bestimmt sich nach § 9 LVwVGKostO. Dabei bestimmt sowohl § 85 Abs. 1 Satz 3 LVwVG als auch § 9 Abs. 3 LVwVGKostO, dass § 3 LGebG sinngemäß heranzuziehen ist. § 3 LGebG bestimmt, dass zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner andererseits, ein angemessenes Verhältnis zu bestehen hat.

82

c. Der Beklagte legt diese Norm als Gebührenrahmen bei seiner Ermessensentscheidung zugrunde und geht zusätzlich innerhalb dieses Rahmens aber von einem konkreten Verwaltungsaufwand aus. Der gesamte Verwaltungsaufwand des Einsatztages wird von dem Beklagten ausführlich beschrieben (siehe oben). Die gesamten Einsatzstunden beliefen sich auf 2.991, woraus Kosten (inklusive der Sachkostenpauschale je Stunde) von 163.697,58 € resultierten. Die Kosten für die Anmietung des Hubwagens betrugen dabei nachgewiesen 1.802,83 €.

83

d. Diese Gesamtkosten wurden jedoch nicht anteilig auf die Vollstreckungsschuldner umgelegt. Vielmehr hat der Beklagte für die Klägerin eine individuelle Kostenberechnung zur Maßstabsbildung aufgestellt. In dieser Berechnung wurde von vier Polizeibeamten des gehobenen Dienstes und einem Zeitaufwand von 5 Stunden ausgegangen. Dafür wurde gemäß dem genannten Rundschreiben des Ministeriums für Finanzen pro Beamter pro Stunde ein Betrag von 45,35 Euro veranschlagt sowie eine Sachkostenpauschale pro Stunde pro Polizeibeamter von 3,63 Euro. Hieraus resultierte der Betrag von 979,60 Euro.

84

e. Die Einsatzzeit von 5 Stunden konnte jedoch nicht in diesem Umfang zu Lasten der Klägerin abgerechnet werden. Der Einsatz dauerte zwar tatsächlich fünf Stunden, nämlich insgesamt von 5:30 Uhr bis 10:30 Uhr. Die Klägerin kann jedoch nur für maximal drei Stunden in Anspruch genommen werden, so dass es im Übrigen an der notwendigen Kausalität und Zurechenbarkeit fehlt, was auch im Hinblick auf die Anwendung einer Rahmengebühr zu einer (insoweit) ermessensfehlerhaften Festsetzung geführt hat. Die erhobene Gebühr war teilweise rechtswidrig und in diesem Umfang aufzuheben.

85

Bei der Bemessung der Gebührenhöhe dürfen grundsätzlich dabei die Dauer der Zwangsmittelanwendung, aber nicht ohne weiteres Vor- und Nachbereitung einer konkreten Maßnahme berücksichtigt werden, weil es keine allgemeine Kostentragungspflicht für Polizeikosten gibt. Es entspricht vielmehr allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen, dass grundsätzlich nur von den polizeirechtlich verantwortlichen Handlungs- oder Zustandsstörern verlangt werden kann, die Kosten für einen Polizeieinsatz zu übernehmen. Unzutreffend geht der Beklagte vor diesem Hintergrund bei der Berechnung davon aus, dass schon vor einer vollziehbaren Pflicht zum Entfernen Kosten dem Grunde nach entstehen können, die später Gegenstand der Festsetzung sind.

86

Bei den im Gebäude befindlichen Personen ist dabei zu berücksichtigen, dass es dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit widerspricht, auch Kosten in einem Zeitkorridor geltend zu machen, der durch die autonome Entscheidung anderer entstanden ist. Die Blockade des Hoftors kann den im Gebäude verbliebenen Personen selbst im Falle der Strafbarkeit ihres Handelns daher nicht automatisch als „Vollstreckungszeit“ in Rechnung gestellt werden, da es sich zunächst um individuelle Entscheidungen der Demonstranten vor dem Gebäude handelte, die nicht zu einer Erhöhung der Vollstreckungskosten von Personen führen können, die sich im Gebäude befinden. Eine Zurechnung wie im Strafrecht (vgl. § 25 Abs. 2 StGB) kann hier mangels geeigneter Rechtsgrundlage nicht erfolgen.

87

Die Kammer folgt damit derjenigen Auslegung des Kostenrechts, wonach allgemeine Personalkosten und sonstige Fix- bzw. Sowieso-Kosten nicht dem Kostenbegriff des Erstattungsrechts unterfallen, wenn dies nicht ausdrücklich durch den Gesetzgeber normiert wurde. Erstattungsfähig sind vielmehr nur die „Mehrkosten“ der unmittelbaren Ausführung, dies entspricht dem Grundsatz, dass die den Gefahrenabwehrbehörden im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung entstehende Kostenlast, das heißt Personal- und Sachkosten, zunächst von diesen selbst beziehungsweise ihrem Rechtsträger zu bewältigen ist, es sei denn der Gesetzgeber hat eine Kostenerstattung ausdrücklich geregelt (OVG SH, Urteil vom 5. März 2015 – 4 LB 11/14 –, juris; vgl. jüngst zu den Regelungsanforderungen: VG Bremen, Urteil vom 17. Mai 2017 – 2 K 1191/16).

88

Der Vortrag der Klägerin, die Anzahl der am Einsatz beteiligten Polizeibeamten sei unverhältnismäßig gewesen, kann dagegen nicht berücksichtigt werden. Die Berechnung der Gebühren fand unabhängig von den insgesamt eingesetzten Beamten statt. Es wurden nur die konkret für die Klägerin benötigten Aufwendungen – kalkulatorisch pauschaliert – geltend gemacht. Zu beachten ist dabei, dass es bei einer Rahmengebühr keiner exakten Berechnung des Verwaltungsaufwands bedarf. Ausreichend ist vielmehr eine sachgerechte Schätzung, unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Verwaltungsaufwands (OVG RP, Urteil vom 03.11.2016 – 6 A 10393/15 – juris, Rn. 29; VG Koblenz, Urteil vom 06.11.2006 – 4 K 615/06.KO – juris, Rn. 45).

89

f. Der Gebührenaufwand war jedoch zur Wahrung der polizeirechtlichen Kostenerstattungsgrundsätze sowie des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sachgerecht nach Zeitabschnitten zu bestimmen und der geforderte Betrag zu reduzieren. Die erhobene Gebühr war ebenso in der Höhe am Maßstab des § 3 LGebG zu beanstanden.

90

Sowohl § 85 Abs. 1 Satz 3 LVwVG als auch § 9 Abs. 3 LVwVGKostO bestimmen, dass § 3 LGebG sinngemäß heranzuziehen ist. Demnach müssen die Bedeutung, der wirtschaftliche Wert und der sonstige Nutzen der Amtshandlung für die Klägerin in einem angemessenen Verhältnis zum Verwaltungsaufwand stehen. Zwar wird man auf den ersten Blick der Ansicht sein können, dass die Klägerin hieraus ohnehin keinen Nutzen ziehen konnte, weil sie sich nicht entfernen wollte, jedoch bedarf es einer Gesamtschau der Umstände unter Umkehrung der Perspektive; § 3 LGebG ist insofern gerade sinngemäß anzuwenden und sichert damit auch in diesem Zusammenhang die Verhältnismäßigkeit und (umgekehrte) Äquivalenz bei der Eingriffsverwaltung.

91

Durch die Amtshandlung wurden zum einen Gefahren für die Gesundheit der Klägerin durch dauerhaftes Verbleiben in dem baufälligen Gebäude abgewendet, welche aufgrund fehlender Flucht- und Rettungswege, fehlendem Brandschutz, mangelhafter hygienischer Verhältnisse und Einsturzgefahr bestanden. Auch die Bereitstellung von vier Polizeibeamten für die Klägerin diente – wie ausgeführt – ihrem Schutz. So konnte bei der Zwangsmittelanwendung sichergestellt werden, dass es für die Klägerin zu keiner Körperverletzung kam. Ein solche hätte durch unkooperatives oder gar gewaltsames Verhalten und Einwirkungen von außen durch andere Hausbesetzer entstehen können.

92

g. Auch die Auslagen für den Hubwagen sind erstattungsfähig und richtig berechnet worden. Nach § 10 Abs. 1 und 2 Nr. 4 LVwVGKostO i.V.m. § 10 LGebG sind Auslagen, die im Zusammenhang mit einer Amtshandlung entstehen, vom Gebührenschuldner zu ersetzen. Dabei gehören zu den Auslagen nach § 10 Abs. 2 Nr. 4 LVwVGKostO auch die anderen Beträge, die aufgrund der Vollstreckungsmaßnahmen an Dritte zu zahlen sind, insbesondere die bei der Ersatzvornahme oder beim unmittelbaren Zwang an die beauftragten Personen und Hilfspersonen zu zahlenden Beträge sowie die sonstigen durch die Anwendung der Ersatzzwangshaft entstehenden Beträge.

93

Als ein solcher Betrag sind die Kosten für die Hubwagenanmietung bei der Firma N. AG in F. in Höhe von 1.802,83 € anzusehen. Auch die Anmietung des Hubwagens bereits am 27. August 2012 war ohne weiteres erforderlich, da der Einsatz bereits am 28. August 2012 um 5:00 Uhr begann. Dabei muss beachtet werden, dass die Kosten auf alle Personen, für die der Hubwagen benötigt wurde (insgesamt 13 Personen), verteilt worden sind. Die Höhe der Anmietung von 1.802,83 € ist dabei auch nicht als unverhältnismäßig anzusehen, sodass die anteilige Kostenbeteiligung der Klägerin am Hubwagen in Höhe von 138,67 € aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden ist.

94

Die Geltendmachung der Kosten für die Postzustellung ergibt sich aus § 10 Abs. 1 LVwVGKostO i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 3 Nr. 9 LGebG.

95

h. Darüber hinaus kann dem Vortrag der Klägerin auch insoweit nicht gefolgt werden, dass die in § 8 Abs. 4 LVwVGKostO genannten Gebühren gesamtschuldnerisch auf alle Kostenschuldner hätten verteilt werden müssen, da dies im Vollstreckungsrecht für diese Konstellation nicht vorgesehen ist und im Übrigen eine Gesamtabwälzung der Kosten zu Lasten der Klägerin von dem Beklagten gerade vermieden worden ist. Dies hätte im Ergebnis im vorliegenden Fall zu erheblichen Abgrenzungsproblemen führen und darüber hinaus für die Demonstranten zu einer deutlichen Mehrbelastung führen können. Einer solchen Berechnungsmethode ist die Kammer daher ausdrücklich nicht näher getreten.

96

i. Der Beklagte durfte sich schließlich zur Anwendung und Auslegung des § 3 LGebG in zulässiger Weise auf die Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen von Rheinland-Pfalz vom 23. Februar 2011 bzw. vom 21. Februar 2013 über die „Richtwerte für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes bei der Festsetzung der nach dem Landesgebührengesetz zur erhebenden Verwaltungs- und Benutzungsgebühren“ stützen. Rechtsstaatsprinzip und Demokratiegebot verpflichten zwar den Gesetzgeber, die für die Grundrechtsverwirklichung maßgeblichen Regelungen im Wesentlichen selbst zu treffen und diese nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive zu überlassen (vgl. BVerfGE 49, 89 <126>; 61, 260 <275>; 83, 130 <142>; 108, 282 <311>; stRspr). Wann es aufgrund der Wesentlichkeit einer Entscheidung einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, hängt vom jeweiligen Sachbereich und der Eigenart des betroffenen Regelungsgegenstandes ab. Bei der Bestimmung der Stundensätze auf der Grundlage der genannten Rundschreiben des Ministeriums der Finanzen von Rheinland-Pfalz bestanden hiernach jedoch insbesondere keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Grundrechtspositionen der Klägerinnen, da diese Berechnungen nur – von der Klägerin im Übrigen auch nicht schlüssig in Frage gestellte – Kalkulationsgrundlagen beinhalten und gerade keine Kostenerstattungspflichten im Verwaltungsvollstreckungsrecht begründen.

97

Nach alledem war der Kostenbescheid in der ausgesprochenen Höhe aufzuheben und konnte im Übrigen rechtlich zulässig erlassen werden.

98

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

99

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 08. Juni 2017 - 1 K 4/14.MZ

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 08. Juni 2017 - 1 K 4/14.MZ

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 08. Juni 2017 - 1 K 4/14.MZ zitiert 35 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 20


(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Zivilprozessordnung - ZPO | § 287 Schadensermittlung; Höhe der Forderung


(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit e

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Strafprozeßordnung - StPO | § 154 Teileinstellung bei mehreren Taten


(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen, 1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Bes

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 8


(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. (2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 40


(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Stre

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 28 Anhörung Beteiligter


(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. (2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach de

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Strafgesetzbuch - StGB | § 25 Täterschaft


(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht. (2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 985 Herausgabeanspruch


Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

Strafgesetzbuch - StGB | § 240 Nötigung


(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Rechtswidrig ist die

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 903 Befugnisse des Eigentümers


Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die be

Zivilprozessordnung - ZPO | § 750 Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung


(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeit

Strafprozeßordnung - StPO | § 98 Verfahren bei der Beschlagnahme


(1) Beschlagnahmen dürfen nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen ei

Strafgesetzbuch - StGB | § 40 Verhängung in Tagessätzen


(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze. (2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der

Strafgesetzbuch - StGB | § 303 Sachbeschädigung


(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. (2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und n

Strafgesetzbuch - StGB | § 123 Hausfriedensbruch


(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verw

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 687 Unechte Geschäftsführung


(1) Die Vorschriften der §§ 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei. (2) Behandelt jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, dass er nicht dazu bere

Zivilprozessordnung - ZPO | § 371 Beweis durch Augenschein


(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Über

Zivilprozessordnung - ZPO | § 940a Räumung von Wohnraum


(1) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden. (2) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 08. Juni 2017 - 1 K 4/14.MZ zitiert oder wird zitiert von 11 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 08. Juni 2017 - 1 K 4/14.MZ zitiert 11 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 29. Sept. 2014 - 10 C 12.1609

bei uns veröffentlicht am 29.09.2014

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Gründe Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglose

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 22. Sept. 2015 - 10 B 14.2246

bei uns veröffentlicht am 22.09.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München 10 B 14.2246 Im Namen des Volkes Urteil vom 22. September 2015 (VG Würzburg, Entscheidung vom 14. März 2013, Az.: W 5 K 12.555) 10. Senat Sachgebietsschlüs

Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz Urteil, 03. Nov. 2016 - 6 A 10393/15

bei uns veröffentlicht am 03.11.2016

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26. Februar 2015 – 1 K 1096/14.KO – wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urtei

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 26. Sept. 2016 - 16 B 685/16

bei uns veröffentlicht am 26.09.2016

Tenor Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 18. Mai 2016 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 21. Juli 2015 - 5 K 5066/14

bei uns veröffentlicht am 21.07.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1 Der Kläger wendet sich gegen Polizeikosten in Höhe von 180,00 EUR sowie gegen eine Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR. 2 Am 12./13.12.2013 fand

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 05. März 2015 - 4 LB 11/14

bei uns veröffentlicht am 05.03.2015

Tenor Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 17. September 2013 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vo

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Jan. 2015 - 1 S 257/13

bei uns veröffentlicht am 27.01.2015

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - geändert.Die Klage wird abgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.Die Revision wird nicht zugelas

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 06. Aug. 2014 - 5 E 375/14

bei uns veröffentlicht am 06.08.2014

Tenor Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. März 2014 aufgehoben. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Jan. 2013 - 8 S 2919/11

bei uns veröffentlicht am 10.01.2013

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. September 2011 - 8 K 4237/09 - geändert. Der Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides des Regierungspr

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 22. Aug. 2011 - 5 K 301/11.NW

bei uns veröffentlicht am 22.08.2011

Tenor Der Bescheid des Polizeipräsidiums Westpfalz vom 20. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 24. Februar 2011 wird aufgehoben, soweit er den Betrag von 430,39 € übersteigt. Der Beklagte trägt die K

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 16. Nov. 2010 - 6 B 58/10

bei uns veröffentlicht am 16.11.2010

Gründe 1 Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Referenzen

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der Verwaltungsrechtsweg ist in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten auf dem Gebiet des Landesrechts können einem anderen Gericht auch durch Landesgesetz zugewiesen werden.

(2) Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben; dies gilt nicht für Streitigkeiten über das Bestehen und die Höhe eines Ausgleichsanspruchs im Rahmen des Artikels 14 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes. Die besonderen Vorschriften des Beamtenrechts sowie über den Rechtsweg bei Ausgleich von Vermögensnachteilen wegen Rücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte bleiben unberührt.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, ihm unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für eine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen verschiedene polizeiliche Maßnahmen Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a. F.; vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S.3533]; I.) und die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO a. F. (II.) liegen nicht vor. Der Prozesskostenhilfeantrag war auch nicht, wie vom Antragsteller hilfsweise beantragt, nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an ein zuständiges Gericht eines anderen Rechtswegs zu verweisen (III.).

I. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind für die beabsichtigte Fortsetzungsfeststellungsklage beim Verwaltungsgericht nicht erfüllt.

Nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a. F. erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

1. Dies gilt zunächst für den Antrag festzustellen, dass der Antragsteller am 11. Mai 2012 rechtswidrig festgenommen worden sei, dass das vorherige lautstarke Geschrei vor seiner Wohnungstür übertrieben und unverhältnismäßig gewesen sei, dass die Polizeibeamten sich nicht vorschriftsmäßig verhalten hätten und dass es nicht erforderlich gewesen sei, vor der Wohnungstür lautstark mit Dritten zu telefonieren und freudestrahlend mitzuteilen, dass man den Antragsteller festnehmen werde (Antrag Nr. 4 der beabsichtigten Fortsetzungsfeststellungsklage). Denn das Verwaltungsgericht ist insoweit zu Recht davon ausgegangen, dass der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben ist und damit die beabsichtigte Fortsetzungsfeststellungsklage beim Verwaltungsgericht keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Danach ist der Verwaltungsrechtsweg hier aber nicht gegeben. Denn es handelt sich bei der beabsichtigten Klage, die auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Festnahme des Antragstellers und der Art und Weise, in der sie erfolgt ist, zwar um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Diese ist aber durch Bundesgesetz einem anderen Gericht zugewiesen.

a) Soweit der Antragsteller mit der Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Festnahme auch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des ihr zugrunde liegenden Haftbefehls begehrt, wovon das Gericht nach § 122 Abs. 1 in Verbindung mit § 88 VwGO im Hinblick darauf ausgeht, dass der Antragsteller den Haftbefehl in der Begründung seines Prozesskostenhilfeantrags als rechtswidrig bezeichnet, weil er nicht durch den gesetzlichen Richter, sondern durch ein unzuständiges Ausnahmegericht erlassen worden sei, ist die Streitigkeit durch § 304 Abs. 1 und § 305 Satz 2 StPO dem ordentlichen Rechtsweg zugewiesen. Denn danach kann gegen den wegen des Ausbleibens des Antragstellers in der Hauptverhandlung vom Strafrichter nach § 230 Abs. 2 StPO erlassenen Haftbefehl vom 5. Mai 2011, der der Festnahme des Antragstellers am 11. Mai 2011 zugrunde lag, Beschwerde erhoben werden (vgl. Gmei in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 230 Rn. 18), auch wenn die durch den Haftbefehl angeordnete Freiheitsentziehung inzwischen durchgeführt und beendet worden ist (vgl. BVerfG, B. v. 21.10.2005 - 2 BvR 2233/04 - juris Rn. 21 f.; OLG Braunschweig, B. v. 20.6.2012 - Ws 162/12 - juris Rn. 11).

b) Ebenso ist die Streitigkeit durch Bundesgesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zugewiesen, soweit die beabsichtigte Klage auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Polizeibeamten bei der Festnahme und damit der Rechtswidrigkeit der Art und Weise gerichtet ist, in der die Verhaftung des Antragstellers erfolgt ist. Denn wird die Art und Weise der Vollziehung einer Maßnahme auf dem Gebiet der Strafrechtspflege beanstandet, wie sie der gegen den Antragsteller ergangene Haftbefehl darstellt, so ist nach § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG, nach dem die ordentlichen Gerichte über die Rechtmäßigkeit der Anordnungen, Verfügungen und sonstigen Maßnahmen der Justizbehörden auf dem Gebiet der Strafrechtspflege entscheiden, der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben (vgl. BGH, B. v. 26.6.1990 - 5 AR [VS] 8/90 - juris Rn. 17). Insbesondere kommt dabei nach § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG auch ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer bereits erledigten Maßnahme in Betracht.

Der Anwendbarkeit der §§ 23 ff. EGGVG steht dabei nicht entgegen, dass sich die beabsichtigte Fortsetzungsfeststellungsklage gegen das Verhalten der Polizei richtet. Denn die Polizeibeamten, derer sich die nach § 36 Abs. 2 Satz 1 StPO für die Vollstreckung des Haftbefehls zuständige Staatsanwaltschaft nach § 152 GVG bedient (vgl. Gmei in Karlsruher Kommentar zur StPO, 7. Aufl. 2013, § 230 Rn. 13), handeln insoweit im Sinne von § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG als Justizbehörde (vgl. BGH, B. v. 7.12.1998 - 5 AR [VS] 2/98 - juris Rn. 19; BVerwG, U. v. 3.12.1974 - 1 C 11.73 - juris Rn. 16 ff.).

Offenbleiben kann schließlich, ob an Stelle einer Klage nach den §§ 23 ff. EGGVG, die nach § 23 Abs. 3 EGGVG keine Anwendung finden, soweit die ordentlichen Gerichte bereits aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können, ein Antrag auf Entscheidung des Gerichts in entsprechender Anwendung von § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO der richtige Rechtsbehelf wäre (vgl. BGH, B. v. 7.12.1998 - 5 AR [VS] 2/98 - juris Rn. 22 ff.; Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG und POG, 3. Aufl. 2011, Art. 12 POG Rn. 147 ff.). Denn auch in diesem Fall wäre nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der ordentliche Rechtsweg eröffnet.

2. Keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet die beabsichtigte Klage darüber hinaus, soweit sie auf die Feststellung gerichtet ist, dass die Polizeibeamten, die den Antragsteller am 11. Mai 2011 verhafteten, Kenntnis davon besaßen, dass er festgenommen werden sollte, um seine Wohnung räumen lassen zu können (Antrag Nr. 5 der beabsichtigten Klage). Denn auch insoweit ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht gegeben, weil die Streitigkeit durch Bundesgesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zugewiesen ist.

Versteht man den Antrag dahin, dass er sich im Hinblick auf die vom Antragsteller unterstellte rechtsmissbräuchliche Motivation der Festnahme am 11. Mai 2011 bereits gegen den ihr zugrunde liegenden Haftbefehl nach § 230 Abs. 2 StPO als solchen richtet, so ist die Streitigkeit, wie dargelegt, durch § 304 Abs. 1 und § 305 Satz 2 StPO dem ordentlichen Rechtsweg zugewiesen. Wäre er hingegen so zu verstehen, dass es dem Antragsteller um die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der an der Verhaftung beteiligten Polizeibeamten und damit der Rechtswidrigkeit der Art und Weise der Vollziehung des Haftbefehls geht, so wäre der Rechtsstreit, wie ausgeführt, den ordentlichen Gerichten entweder durch § 23 Abs. 1 Satz 1 und § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG oder entsprechend § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO zugewiesen.

3. Soweit der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass Polizeibeamte am 11. Mai 2011 in rechtswidriger Weise seinen Festnetzanschluss abgehört (Antrag Nr. 1 der beabsichtigten Klage), zwischen September 2010 und 11. Mai 2011 seine Faxleitung „mitgeschnitten“ (Antrag Nr. 2 der beabsichtigten Klage) und am 11. Mai 2011 sein Handy geortet hätten (Antrag Nr. 3 der beabsichtigten Klage), ohne dass ein richterlicher Beschluss vorgelegen habe, bietet die beabsichtigte Klage ebenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Abgesehen davon, dass sich aus den vorliegenden Behördenakten kein Anhaltspunkt dafür ergibt, dass die vom Antragsteller genannten Überwachungsmaßnahmen tatsächlich stattgefunden hätten, wäre für die beabsichtigte Klage auch insoweit der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht gegeben, weil die Streitigkeit auf der Grundlage des Klagebegehrens und des zu seiner Begründung vorgetragenen Sachverhalts (vgl. zu deren Maßgeblichkeit BVerwG, B. v. 8.6.1994 - 11 B 140/93 - juris Rn. 4) durch Bundesgesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zur Entscheidung zugewiesen wäre. Daher ist es für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klage auch unerheblich, dass der Antragsteller zum Beweis der behaupteten Überwachungsmaßnahmen Zeugen benannt hat.

In der Begründung seines Prozesskostenhilfeantrags geht der Antragsteller davon aus, dass die Überwachung seiner Telekommunikation und die Ortung seines Handys der Polizei dazu dienten, sicher zu sein, dass er sich bei der Festnahme am 11. Mai 2011 auch in seiner Wohnung befinde. Dienten diese Maßnahmen damit aber der Verhaftung des Antragstellers aufgrund des vom Strafrichter nach § 230 Abs. 2 StPO erlassenen Haftbefehls vom 5. Mai 2011, so betrifft die vom Antragsteller begehrte Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit die Art und Weise der Vollziehung dieses Haftbefehls. Dafür ist aber, wie dargelegt, nach § 23 Abs. 1 Satz 1 und § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG der ordentliche Rechtsweg gegeben, soweit nicht die ordentlichen Gerichte bereits aufgrund anderer Vorschriften angerufen werden können (§ 23 Abs. 3 EGGVG).

An der Zuweisung der Streitigkeit an die ordentlichen Gerichte ändert sich auch nichts, wenn man davon ausgeht, dass hier im Hinblick auf die Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation des Antragstellers (§ 100a Abs. 1 StPO) und die Ortung seines Handys (§ 100i Abs. 1 Nr. 2 StPO) ein Antrag auf Entscheidung des für die Anordnung solcher Maßnahmen zuständigen Gerichts nach § 101 Abs. 7 Satz 2 StPO in Betracht kommt (vgl. Schmidbauer in Schmidbauer/Steiner, PAG und POG, 3. Aufl. 2011, Art. 12 POG Rn. 146a), der auch nach Beendigung dieser Maßnahmen die Überprüfung ihrer Rechtmäßigkeit sowie der Art und Weise ihrer Vollziehung ermöglicht. Denn auch in diesem Fall wäre die Streitigkeit den ordentlichen Gerichten und nicht den Verwaltungsgerichten zur Entscheidung zugewiesen.

4. Keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat die beabsichtigte Klage außerdem, soweit der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass Polizeibeamte rechtswidrig nach dem 27. Mai 2011 die Namensschilder des Antragstellers von Wohnung, Briefkasten und Glocke wegnahmen.

Zunächst erscheint es äußerst unwahrscheinlich, dass in der Zeit zwischen dem 27. Mai 2011 und dem weiteren Polizeieinsatz am 3. Juni 2011, wie der Antragsteller geltend macht, Polizeibeamte Namensschilder entfernt haben und damit auch dass überhaupt eine entsprechende polizeiliche Maßnahme, deren Rechtswidrigkeit im Rahmen der beabsichtigten Fortsetzungsfeststellungsklage festgestellt werden könnte, ergriffen worden ist. Denn nach dem Strafantrag des Vermieters des Antragstellers wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung vom 7. Juni 2011 (Bl. 28 ff. der Behördenakten) waren die Namensschilder bereits im Rahmen der Räumung der Wohnung durch den Gerichtsvollzieher am 25. Mai 2011 entfernt worden. Andererseits waren nach der Zeugenaussage des Vertreters des Vermieters des Antragstellers vom 3. Juni 2011 gegenüber der Polizei (Bl. 16 der Behördenakten) an diesem Tag Schilder mit dem Namen des Antragstellers an Wohnungstür, Briefkasten und Klingel wieder angebracht. Die vorgelegten Behördenakten sprechen damit aber dagegen, dass in der Zeit zwischen dem 27. Juni 2011 und dem 3. Juni 2011 Namensschilder des Antragstellers durch Polizeibeamte entfernt worden sind. Dies gilt umso mehr, als Gründe, die die Polizei zu einem solchen Handeln hätten veranlassen können, nicht ersichtlich sind. Im Übrigen ergibt sich auch aus dem Vorbringen des Antragstellers selbst nicht, dass die Personen, die in der Zeit ab dem 27. Mai 2011 die Namensschilder entfernt und weggenommen haben sollen, tatsächlich Polizeibeamte waren. Denn der Antragsteller trägt selbst lediglich vor, dass sie sich seinen als Zeugen benannten Nachbarn gegenüber als Polizeibeamte ausgegeben hätten.

Den Behördenakten ist darüber hinaus nicht zu entnehmen, dass die Polizei am 3. Juni 2011 Namensschilder des Antragstellers von Wohnungstür, Briefkasten und Klingel entfernt hätte, als sie die geräumte Wohnung deshalb aufsuchte, weil sie vom Vertreter des früheren Vermieters des Antragstellers gerufen worden war, der beim Versuch, die Wohnung an den neuen Mieter zu übergeben, festgestellt hatte, dass das Schloss der Wohnungstür ausgewechselt worden war. Denn aus dem Bericht über den Polizeieinsatz am 3. Juni 2011 (Bl. 13 der Behördenakten) geht zwar hervor, dass die Polizei die Wohnungstür mittels einer Ramme geöffnet, nicht aber, dass sie auch die an Wohnungstür, Briefkasten und Klingel angebrachten Namensschilder entfernt hat.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Namensschilder von der Polizei im Zusammenhang mit dem Polizeieinsatz am 3. Juni 2011 entfernt worden wären, wäre schließlich der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die beabsichtigte Fortsetzungsfeststellungsklage nicht gegeben, weil die Streitigkeit durch Bundesgesetz auch insoweit einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen wäre. Denn als denkbarer Grund für die Wegnahme der Namensschilder wäre dann allenfalls deren Beschlagnahme als Beweismittel im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller wegen Hausfriedensbruchs und Sachbeschädigung in Betracht gekommen. In diesem Falle hätten die Polizeibeamten die Beschlagnahme der Schilder nach § 94 Abs. 2 StPO als Ermittlungspersonen nach § 152 GVG gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 StPO angeordnet, so dass allein der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO statthaft wäre. Damit wäre die Streitigkeit aber durch Bundesgesetz ausdrücklich einem ordentlichen Gericht zugewiesen.

5. Schließlich hat die beabsichtige Klage auch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, soweit der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass Polizeibeamte am 3. Juni 2011 rechtswidrig die Wohnung des Antragstellers aufgebrochen und dabei die Tür sowie beide Schließzylinder beschädigt haben.

Es erscheint bereits äußerst zweifelhaft, ob der Antragsteller für eine solche Klage überhaupt klagebefugt wäre (§ 42 Abs. 2 VwGO). Insbesondere bestehen erhebliche Zweifel daran, dass er sich insoweit auf das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Art. 13 Abs. 1 GG berufen könnte. Denn gegen den Antragsteller ist aufgrund der Kündigung des Mietverhältnisses ein seit der Zurückweisung der dagegen gerichteten Berufung mit Urteil vom 4. Februar 2009 rechtskräftiges Räumungsurteil ergangen, das durch die Räumung der Wohnung durch den Gerichtsvollzieher am 25. Mai 2011 vollstreckt worden ist. Dass das rechtskräftige Räumungsurteil inzwischen auf den vom Antragsteller im Rahmen einer Schadenersatzklage gestellten entsprechenden Antrag vom 27. Juni 2011 hin aufgehoben worden wäre, ist nicht ersichtlich. Sollte der Antragsteller die im Wege der Zwangsvollstreckung geräumte Wohnung am 3. Juni 2011 erneut in Besitz genommen und zu diesem Zweck das Schloss der Wohnungstür eigenmächtig ausgetauscht haben, so hätte er die Wohnung durch verbotene Eigenmacht erlangt (§ 858 Abs. 1 BGB) und unberechtigt darin gewohnt. In einem solchen Fall könnte er aber den Schutz des Art. 13 Abs. 1 GG wohl nicht in Anspruch nehmen (vgl. Papier in Maunz/Dürig, GG, Stand: 71. Ergänzungslieferung 2014, Rn. 12 zu Art. 13; Fink in Epping/Hillgruber, GG, Stand: 1.6.2014, Art. 13 Rn. 4 m. w. N. auch zur Gegenansicht; vgl. auch VG Berlin, U. v. 16.7.2003 - 1 A 321.98 - juris Rn. 25, wo bei illegaler Wohnungsnutzung auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt wird).

Darüber hinaus wäre auch insoweit nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg nicht eröffnet, weil die Streitigkeit durch Bundesgesetz ausdrücklich einem anderen Gericht zugewiesen wäre. Das gewaltsame Öffnen der Wohnungstür mit Hilfe einer Ramme, die zu einer Beschädigung der Tür und des Türschlosses geführt hat, diente der Durchsuchung der Wohnung, in der die Polizei den Antragsteller vermutete. Wie sich aus den in den Behördenakten enthaltenen Ermittlungsakten der Polizei ergibt (Bl. 11 ff. der Behördenakten), erfolgte diese polizeiliche Maßnahme im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens gegen den Antragsteller wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs. Die Polizei nahm aufgrund einer Benachrichtigung des Vertreters des ehemaligen Vermieters des Antragstellers an, dass der Antragsteller nach Vollstreckung des gegen ihn ergangenen Räumungsurteils am 25. Mai 2011 die Schlösser der Wohnung ausgetauscht hatte und sich widerrechtlich in der Wohnung aufhielt. Zum Zeitpunkt des Öffnens der Wohnungstür ging die Polizei dabei davon aus, dass sich der Antragsteller in der Wohnung befinde (Bl. 13 der Behördenakten). Die Durchsuchung eröffnete der Polizei daher die Möglichkeit, den Täter durch die Feststellung seiner Anwesenheit in der Wohnung zu überführen. Außerdem war zu erwarten, dass sich weitere Beweismittel dafür finden lassen würden, dass sich der Antragsteller nach der Wohnungsräumung erneut in der Wohnung aufhielt. Dementsprechend nahm die Polizei auch die bei der Durchsuchung in der Wohnung aufgefundene Visitenkarte des Antragstellers zum Ermittlungsvorgang (Bl. 13 der Behördenakten). Erfolgten danach aber die Durchsuchung der Wohnung und das sie ermöglichende gewaltsame Öffnen der Wohnungstür im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, so richtet sich der Rechtsschutz dagegen nach § 98 Abs. 2 Satz 2 StPO in entsprechender Anwendung (vgl. BGH, B. v. 7.12.1998 - 5 AR [Vs] 2/98 - juris Rn. 22 ff.). Die Streitigkeit war daher durch Bundesgesetz ausdrücklich den ordentlichen Gerichten zugewiesen.

II. Sind damit die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a. F. für die beabsichtigte Fortsetzungsfeststellungsklage beim Verwaltungsgericht nicht gegeben, so kann dem Antragsteller auch nicht nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 2 ZPO a. F. ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet werden.

III. Der Prozesskostenhilfeantrag, bei dem es sich um einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag handelt (1.), war auch nicht, wie vom Antragsteller hilfsweise beantragt, nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG an ein zuständiges Gericht eines anderen Rechtswegs zu verweisen (2.).

1. Der Verwaltungsgerichtshof versteht den Antrag des Antragstellers, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des von ihm bezeichneten Rechtsanwalts zu bewilligen, der ausdrücklich mit „Antrag auf Prozesskostenhilfe für Fortsetzungsfeststellungsklage“ überschrieben ist, nach § 122 Abs. 1 in Verbindung mit § 88 VwGO als isolierten Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe. Dem steht auch nicht entgegen, dass nach dem Schreiben vom 10. Mai 2012, das den Prozesskostenhilfeantrag enthält, außerdem die Klage „bedingt erhoben“ wird. Denn eine wie hier für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedingt erhobene Klage ist unwirksam (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.1982 - 5 C 32.79 - juris Rn. 6 ff.; BayVGH, B. v. 12.9.2011 - 11 C 11.1939 - juris Rn. 20).

2. Handelt es sich danach aber um einen isolierten Prozesskostenhilfeantrag, so kommt eine Verweisung nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG nicht in Betracht.

Ist wie hier der beschrittene Rechtsweg unzulässig, spricht dies das Gericht nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG zwar von Amts wegen aus und verweist den Rechtsstreit zugleich an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aber nicht für Verfahren, die einen isolierten, für eine noch zu erhebende Klage gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe betreffen (vgl. BayVGH, B. v. 23.10.2008 - 5 C 08.2789 - juris Rn. 1; B. v. 23.2.2010 - 5 C 09.3081 - juris Rn. 4; B. v. 18.8.2014 - 5 C 14.1654 - juris Rn. 3 m. w. N.; vgl. in diesem Sinne auch VGH BW, B. v. 4.4.1995 - 9 S 701.95 - juris Rn. 3; NdsOVG, B. v. 17.2.2000 - 11 O 281/00 - juris Rn. 5; VG München, B. v. 26.4.2001 - M 16 K0 00.2771 - juris Rn. 37; VG Augsburg, B. v. 3.9.2001 - Au 9 K 01.919 - juris Rn. 23; VG Berlin, B. v. 20.6.2012 - 1 K 121/12 - juris Rn. 3; OLG Karlsruhe, B. v. 14.8.2007 - 19 W 16/07 - juris Rn. 14 ff.; LAG RhPf, B. v. 31.7.2012 - 9 Ta 141/12 - juris Rn. 2; ArbG Hanau, B. v. 16.5.1997 - 3 Ha 1/97 - juris Rn. 6). Danach besteht für eine Anwendung von § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG kein sachlicher Grund, weil ablehnende Prozesskostenhilfebeschlüsse nicht in materielle Rechtskraft erwachsen. Eine Verweisung des isolierten Prozesskostenhilfeverfahrens an das für die beabsichtigte Rechtsverfolgung zuständige Gericht ließe sich mit der Regelung des § 17a GVG systematisch nicht vereinbaren. Ein Bedürfnis, im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren über die gerichtliche Zuständigkeit eine bindende Entscheidung zu treffen, besteht nicht, weil noch keine Rechtshängigkeit der Sache vorliegt und daher eine erweiternde Bindung nicht einträte, mit der Folge, dass im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren und dem Verfahren in der Sache unterschiedliche Zuständigkeiten entstehen könnten (vgl. BayVGH, B. v. 23.10.2008 - 5 C 08.2789 - juris Rn. 1; B. v. 23.2.2010 - 5 C 09.3081 - juris Rn. 4; B. v. 18.8.2014 - 5 C 14.1654 - juris Rn. 3). Anlass von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts abzuweichen, sieht der Senat auch im Hinblick darauf, dass die Frage der Anwendbarkeit von § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG in Verfahren über isolierte Prozesskostenhilfeanträge zunehmend umstritten ist (a. A. etwa VGH BW, B. v. 6.8.1991 - 5 S 885/91 - juris Rn. 6; SächsOVG, B. v. 5.2.1998 - 1 S 730/97 - VIZ 1998, 702 f.; SächsOVG, B. v. 27.4.2009 - 2 D 7.09 - juris Rn. 4 ff.; OVG MV, B. v. 30.12.2009 - 3 O 133/09 - juris Rn. 8; VG Berlin, B. v. 9.1.2009 - 1 A 373/08 - juris Rn. 4 ff.; OLG Dresden, B. v. 29.10.2002 - 11 W 1337/02 - juris Rn. 9 ff.; [wohl auch] OLG München, B. v. 15.7.2010 - 31 AR 37/10 - juris Rn. 4; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 17 GVG Rn. 12 f.), jedenfalls derzeit noch nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Beschlagnahmen dürfen nur durch das Gericht, bei Gefahr im Verzug auch durch die Staatsanwaltschaft und ihre Ermittlungspersonen (§ 152 des Gerichtsverfassungsgesetzes) angeordnet werden. Die Beschlagnahme nach § 97 Abs. 5 Satz 2 in den Räumen einer Redaktion, eines Verlages, einer Druckerei oder einer Rundfunkanstalt darf nur durch das Gericht angeordnet werden.

(2) Der Beamte, der einen Gegenstand ohne gerichtliche Anordnung beschlagnahmt hat, soll binnen drei Tagen die gerichtliche Bestätigung beantragen, wenn bei der Beschlagnahme weder der davon Betroffene noch ein erwachsener Angehöriger anwesend war oder wenn der Betroffene und im Falle seiner Abwesenheit ein erwachsener Angehöriger des Betroffenen gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen Widerspruch erhoben hat. Der Betroffene kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen. Die Zuständigkeit des Gerichts bestimmt sich nach § 162. Der Betroffene kann den Antrag auch bei dem Amtsgericht einreichen, in dessen Bezirk die Beschlagnahme stattgefunden hat; dieses leitet den Antrag dem zuständigen Gericht zu. Der Betroffene ist über seine Rechte zu belehren.

(3) Ist nach erhobener öffentlicher Klage die Beschlagnahme durch die Staatsanwaltschaft oder eine ihrer Ermittlungspersonen erfolgt, so ist binnen drei Tagen dem Gericht von der Beschlagnahme Anzeige zu machen; die beschlagnahmten Gegenstände sind ihm zur Verfügung zu stellen.

(4) Wird eine Beschlagnahme in einem Dienstgebäude oder einer nicht allgemein zugänglichen Einrichtung oder Anlage der Bundeswehr erforderlich, so wird die vorgesetzte Dienststelle der Bundeswehr um ihre Durchführung ersucht. Die ersuchende Stelle ist zur Mitwirkung berechtigt. Des Ersuchens bedarf es nicht, wenn die Beschlagnahme in Räumen vorzunehmen ist, die ausschließlich von anderen Personen als Soldaten bewohnt werden.

Tenor

Der Bescheid des Polizeipräsidiums Westpfalz vom 20. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 24. Februar 2011 wird aufgehoben, soweit er den Betrag von 430,39 € übersteigt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Kostenbescheid des Beklagten, mit dem Gebühren anlässlich eines Leichentransports gefordert werden.

2

Am 23. Mai 2010 wurde gegen 19.00 Uhr in A-Dorf am Rande einer Wiese von einem Angler eine tote Person aufgefunden. Dieser informierte über den Notruf die Polizeiinspektion Zweibrücken. Zwei Funkstreifen der Polizei suchten die Leiche um 20.30 Uhr am Fundort auf. Die Tote konnte zunächst nicht identifiziert werden. Die Polizeiinspektion Zweibrücken gelangte in ihrem Leichenübergabebericht vom 23. Mai 2010 zu dem vorläufigen Ermittlungsergebnis, dass die erlangten Hinweise auf einen unnatürlichen Tod hindeuteten und nach dem damaligen Ermittlungsstand ein Gewaltverbrechen nicht auszuschließen war. Die diensthabende Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Zweibrücken, Frau B, ordnete noch in der Nacht die Obduktion der Leiche bei der Gerichtsmedizin am 24. Mai 2010, 10.30 Uhr, an. Zwecks Überführung der Leiche beauftragte die Polizei das Bestattungsinstitut C aus Zweibrücken, das ab 22.10 Uhr mit mehreren Mitarbeitern im Einsatz war. Die Leiche wurde in der Nacht in das Bestattungsinstitut verbracht; der Einsatz der Mitarbeiter war gegen 1.30 Uhr beendet. Die Rechtsmedizinerin von der Rechtsmedizin Homburg, Frau D, nahm zusammen mit der Polizei sowohl am Fundort als auch in den Räumlichkeiten des Bestattungsinstituts C die Leichenschau vor.

3

Am 24. Mai 2010 morgens um 8.30 Uhr informierte Frau Staatsanwältin B den Ermittlungsrichter am Amtsgericht Landstuhl, Herrn E, über die Leichenschau, der daraufhin die Öffnung der Leiche anordnete. Die Leiche wurde danach vom Bestattungsinstitut C nach Homburg in die Gerichtsmedizin verbracht.

4

Das eingeleitete Ermittlungsverfahren, das zunächst gegen Unbekannt und später auch gegen den Ehemann der Verstorbenen geführt wurde, wurde nicht weiterverfolgt, da kein Anfangsverdacht festgestellt werden konnte.

5

Nachdem das Bestattungsinstitut C erfolglos versucht hatte, die geltend gemachten Kosten der Bergung und Überführung der Leiche in der Nacht des 23./24. Mai 2010 in die Räumlichkeiten des Bestattungsinstituts in Zweibrücken in Höhe von 910,15 € von dem Kläger zu erlangen, beglich das Polizeipräsidium Westpfalz diese Kosten und erließ gegenüber dem Kläger am 20. Oktober 2010 einen Kostenbescheid in gleicher Höhe.

6

Gegen den ihm am 22. Oktober 2010 zugestellten Bescheid legte der Kläger am 22. November 2010 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2011, dem Kläger zugestellt am 2. März 2011, wies das Polizeipräsidium Westpfalz den Widerspruch mit der Begründung zurück, die Forderung stütze sich auf § 6 Abs. 2 POG. Nach § 14 rh.pf. BestG sei der Kläger zur Bergung und Überführung der Leiche verpflichtet gewesen. Es habe eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestanden, da mit einer sofortigen Bergung und Überführung durch den Kläger nicht zu rechnen gewesen sei. Die Verantwortlichkeit des Klägers sei damals noch unbekannt gewesen, da die Identität der Leiche noch nicht festgestanden habe.

7

Der Kläger hat dagegen am Montag, dem 4. April 2011 Klage erhoben. Er trägt vor, dass er sich nicht generell dagegen wehre, die Kosten für die Bergung und Überführung der Leiche zu tragen. Er halte aber die Höhe der Kosten für unangemessen.

8

Der Kläger beantragt,

9

den Bescheid des Polizeipräsidiums Westpfalz vom 20. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 24. Februar 2011 aufzuheben, soweit er den Betrag von 430,39 € übersteigt.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er ist dem Vorbringen des Klägers entgegen getreten.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die beigezogene Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Zweibrücken 4129 Js 124118/10 verwiesen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Teilanfechtungsklage ist auch in der Sache begründet. Der Kostenbescheid vom 20. Oktober 2010, mit dem der Kläger zu den Kosten der Bergung und Überführung seiner verstorbenen Ehefrau durch das Bestattungsinstitut C aus Zweibrücken in Höhe von 910,15 € herangezogen worden ist, und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2011 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da der Kläger seine Anfechtungsklage auf einen Betrag von 479,76 € beschränkt hat, war der Bescheid vom 20. Oktober 2010 nur in diesem Umfang aufzuheben.

15

Der Kostenbescheid des Beklagten ist bereits dem Grunde nach rechtswidrig. Als Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers zu den Kosten, die anlässlich der Bergung und Überführung seiner verstorbenen Ehefrau durch das Bestattungsinstitut C aus Zweibrücken in deren Räumlichkeiten angefallen sind, kommt entgegen der Ansicht des Beklagten die Vorschrift des § 6 Abs. 2 Satz 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes - POG – nicht in Betracht. Danach sind die nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen zum Ersatz verpflichtet, wenn den allgemeinen Ordnungsbehörden oder der Polizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme Kosten entstehen. Die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme durch die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei ist gemäß § 6 Abs. 1 POG zulässig, d.h. die allgemeinen Ordnungsbehörden und die Polizei können eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach den §§ 4 oder 5 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann.

16

Die hier streitgegenständlichen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Leichentransport stellten jedoch keine unmittelbare Ausführung im Sinne des § 6 Abs. 1 POG dar. Diese Vorschrift ermächtigt die Polizei nur, eine Maßnahme zur Gefahrenabwehr bzw. zur Störungsbeseitigung selbst oder durch einen Beauftragten auszuführen (Roos/Lenz, Polizei- und Ordnungsbehördengesetz Rheinland-Pfalz, 4. Auflage 2011, § 6 Rn. 1). Dies folgt aus § 1 Abs. 1 Satz 1 POG, wonach die Polizei die Aufgabe hat, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Sie hat Vorbereitungen zu treffen, um künftige Gefahren abwehren zu können (Vorbereitung auf die Gefahrenabwehr). Ferner hat die Polizei im Rahmen der Gefahrenabwehr Straftaten zu verhüten (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten). Das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz bezweckt damit die Regelung von präventiven Maßnahmen. Im Gegensatz dazu werden der Strafverfolgung dienende, repressive Maßnahmen durch die Strafprozessordnung - StPO - geregelt.

17

Im polizeilichen Alltag sind repressives und präventives Vorgehen der Polizei allerdings häufig miteinander verquickt. Bei sog. doppelfunktionalen Maßnahmen der Polizei ist anhand des (erkennbaren) Grunds oder Ziels des polizeilichen Einschreitens und gegebenenfalls dessen Schwerpunkt zu bestimmen, ob die Maßnahmen der Gefahrenabwehr oder der Strafverfolgung dienten (Bay. VGH, BayVBl 2010, 220). Vorliegend diente der Leichentransport zum Bestattungsinstitut C in Zweibrücken repressiven Zwecken. Ausweislich des Leichenübergabeberichts vom 23. Mai 2010 (Bl. 17 der Akte der Staatsanwaltschaft) bestand im Zeitpunkt der Anordnung des Leichentransports nach Durchführung der Leichenschau (§ 87 Abs. 1 StPO) durch die Rechtsmedizinerin D von der Rechtsmedizin Homburg das vorläufige Ermittlungsergebnis darin, dass es Hinweise auf einen unnatürlichen Tod gab und nach dem damaligen Ermittlungsstand ein Gewaltverbrechen nicht auszuschließen war. Aus diesem Grund ordnete die gemäß § 87 Abs. 4 StPO zuständige Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Zweibrücken, Frau B, noch in der Nacht die Obduktion der Leiche für den folgenden Morgen an. Eine Leichenöffnung nach § 87 Abs. 2 StPO - die der Ermittlungsrichter am Amtsgericht Landstuhl, Herrn E, am nächsten Morgen förmlich anordnete - ist erforderlich, wenn fremdes Verschulden am Tod in Betracht kommt und die Todesursache und/oder -zeit festgestellt werden muss (BVerfG, NJW 1994, 783; s. auch Nr. 33 Abs. 2 der Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeldverfahren - RiStBV -).

18

Diente daher der Leichentransport zum Bestattungsinstitut C in Zweibrücken repressiven Zwecken, kann sich der Beklagte auch nicht darauf berufen, der Kläger wäre polizeirechtlich nach § 14 des rheinland-pfälzischen Bestattungsgesetzes - BestG - zur Bergung und Überführung der Leiche verpflichtet gewesen. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 BestG ist eine Leiche nach Ausstellung der Todesbescheinigung in eine Leichenhalle zu überführen,sofern nicht eine Überführung in eine andere Einrichtung zur Durchführung einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Leichenschau, ärztlicher Maßnahmen oder wissenschaftlicher Untersuchungen erfolgt. Letzteres greift hier aber ein, denn Frau Staatsanwältin A hatte eine staatsanwaltschaftliche Leichenschau angeordnet.

19

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

20

Beschluss

21

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 479,76 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

Tenor

Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Verweisungsbeschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. März 2014 aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wird nicht zugelassen.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn

1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
4.
die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
5.
Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen Polizeikosten in Höhe von 180,00 EUR sowie gegen eine Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR.
Am 12./13.12.2013 fand der Schwertransport der Tunnelvortriebsmaschine zum Bau des Fildertunnels im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt Stuttgart 21 zur Baustelle im Bereich der Schelmenwasenstraße, 70567 Stuttgart, statt. In diesem Zusammenhang wurde am 11.12.2013 beim Amt für öffentliche Ordnung der Landeshauptstadt Stuttgart eine Versammlung zum Thema „Demonstration gegen S 21“ angezeigt. Als Ort der Versammlung wurde „U-Bahn Haltestelle Schelmenwasen, am Waldrand, an Schelmenwasenstraße bei Abzweigung Zettachring“ angegeben, als Zeit wurde genannt: 12.12.2013, 21:30 Uhr bis 13.12.2013, 07:00 Uhr. Am 11.12.2013 erließ die Landeshauptstadt Stuttgart hierfür einen versammlungsrechtlichen Bescheid; als Zeitraum der Versammlung ist in dem Bescheid 12.12.2013, 21:30 Uhr bis 13.12.2013, 07:00 Uhr festgelegt. Die Art der Versammlung ist mit „Kundgebung mit Transparenten, einem Informationstisch und einem Megaphon (bei mehr als 30 Teilnehmern) auf dem Gehweg an der Kreuzung Schelmenwasenstraße/Zettachring in Stuttgart-Möhringen“ beschrieben.
Der Hauptantrieb der Tunnelvortriebsmaschine (Durchmesser 6 m, Höhe 3,6 m, Gewicht ca. 170 t) wurde zunächst auf dem Wasserweg zum Stuttgarter Hafen (Stuttgart-Wangen) transportiert. Von dort aus begann am 12.12.2013, 20:00 Uhr, der Straßentransport über die B 10 in Richtung Esslingen, weiter über Ostfildern (Scharnhausen) zur BAB 8, dann über die B 27 bis zur Ausfahrt Fasanenhof und von dort aus bis zum Baugelände des Fildertunnels im Bereich der Schelmenwasenstraße. Die angezeigte Versammlung auf dem Gehweg des Zettachrings auf Höhe der Einmündung in die Schelmenwasenstraße im Kreuzungsbereich mit der Straße Vor dem Lauch wurde von der Versammlungsleiterin am 12.12.2013 um 21:40 Uhr für beendet erklärt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Schwertransport noch nicht auf der BAB 8. Nach dem Ende der angezeigten Versammlung bildete sich an derselben Örtlichkeit nach polizeilichen Feststellungen eine Spontandemonstration mit ca. 100 Teilnehmern, darunter auch der Kläger. In der Dokumentation des Polizeipräsidiums Stuttgart zum Schwertransport ist zum Zeitpunkt 22:33 Uhr vermerkt: „Blockade Schelmenwasen S: Die Blockade steht - es wurde ein Farbeimer ausgeleert - Die Blockieren [richtig wohl: die Blockierer] gehen davon aus, dass sie 150 Personen sind!“ In der Dokumentation ist zum Zeitpunkt 22:57 Uhr vermerkt: „Straßentransport - Neuberechnung Zeitplan S: Nach RS mit dem Disponent des Transports ergeben sich folgende neue Zeiten: 23:30 Uhr Auffahrt BAB 8; 00:00 Uhr B 27/Ausfahrt Fasanenhof; 01:00 bis max. 02:00 Uhr, Eintreffen BE-Fläche Filderportal“.
Von 23:34 Uhr bis 23:54 Uhr erfolgten insgesamt sechs Lautsprecherdurchsagen des Einsatzleiters des Polizeipräsidiums Stuttgart im Bereich Schelmenwasenstraße/Zufahrt zur Baustelle in Richtung der vor dem Baustellentor versammelten Personen mit folgendem Inhalt:
Achtung, Achtung!
Es folgt eine wichtige Durchsage der Polizei an alle Personen, die sich auf der Straße Schelmenwasen, sowie auf der Zufahrt zur Baustelle befinden!
Der von Ihnen belegte Verkehrsraum wird für einen Schwertransport benötigt.
Aufgrund der Ausmaße des Schwertransporters besteht im Nahbereich Lebensgefahr!
Bitte verlassen Sie umgehend die Fahrbahn und halten Sie größtmöglichen Abstand zum Schwertransport.
10 
Befolgen Sie zu Ihrer eigenen Sicherheit die Anweisungen der Polizei.
11 
Die um 23:47 Uhr erfolgte Durchsage Nr. 4 enthielt den Zusatz:
12 
Sofern Sie eine Versammlung durchführen möchten, begeben Sie sich zum Zettachring.
13 
Die um 23:50 Uhr erfolgte Durchsage Nr. 5 sowie die um 23:54 Uhr erfolgte Durchsage Nr. 6 enthielt jeweils folgenden Zusatz:
14 
Sofern Sie eine Versammlung durchführen möchten, begeben Sie sich zur Straße Schelmenwasen in auswärtiger Richtung Höhe EnBW.
15 
Danach erfolgten am 13.12.2013 drei weitere Durchsagen des Einsatzleiters (Nr. 7: 00:14 Uhr, Nr. 8: 00:20 Uhr, Nr. 9: 00:26 Uhr). Die Durchsagen Nrn. 7 und 8 erfolgten mit dem Wortlaut:
16 
Achtung, Achtung!
17 
Es folgt eine wichtige Durchsage im Namen der Stadt Stuttgart an alle Versammlungsteilnehmer, die sich auf der Straße Schelmenwasen und der Zufahrt zur Baustelle befinden!
18 
[Die Durchsage umfasst den verfügenden Teil der schriftlichen Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 13.12.2013, die nach telefonischer Rücksprache des Polizeivollzugsdienstes mit einem Mitarbeiter der Landeshauptstadt mündlich bekanntzugeben war.]
19 
Verfügung:
20 
An alle Personen, die sich am 12./13.12.2013 an Versammlungen gegen den Straßenschwertransport des Hauptlagers der Tunnelbohrmaschine vom Stuttgarter Hafen zur Tunnelbaustelle auf den Fildern - Baumaßnahmen für das Bahnprojekt Stuttgart 21 - beteiligen: Allgemeinverfügung - Sehr geehrte Damen und Herren, es ergeht folgende Allgemeinverfügung:
21 
Die Versammlung Schelmenwasen/Zufahrt Baustelle in Stuttgart wird aufgelöst, das heißt, sie genießt nicht länger den Schutz des Versammlungsrechts.
22 
Der Versammlungsort ist unverzüglich zu verlassen.
23 
Als alternativer Versammlungsort wird Ihnen der Bereich Schelmenwasen 43 zugewiesen. Der Polizeivollzugsdienst ist angewiesen, Sie in die genaue Örtlichkeit einzuweisen.
24 
Der Polizeivollzugsdienst löst die Versammlung unter Anwendung unmittelbaren Zwangs auf, wenn Sie den Versammlungsort nach entsprechender Aufforderung durch den Polizeivollzugsdienst nicht räumen.
25 
Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1, 2 und 3 dieser Verfügung wird angeordnet.
26 
[Ende der Bekanntgabe der Allgemeinverfügung; die Durchsage setzt sich wie folgt fort:]
27 
Allen Personen, die nicht bereit sind, den Bereich Schelmenwasen West/Zufahrt Baustelle zu verlassen, wird hiermit ein Platzverweis erteilt.
28 
Kommen Sie in Ihrem eigenen Interesse dieser Anordnung der Stadt Stuttgart nach.
29 
Ansonsten muß die Polizei zwangsweise gegen Sie vorgehen.
30 
Ihre Personalien werden dabei festgestellt und Sie erhalten einen Kostenbescheid.
31 
Weitere rechtliche Maßnahmen bleiben uns vorbehalten.
32 
Wir bitten Sie, sich jetzt unverzüglich zum zugewiesenen Versammlungsort Schelmenwasen 43 zu entfernen.
33 
Die neunte, um 00:26 Uhr erfolgte letzte Durchsage lautete zu Anfang wie folgt:
34 
Achtung, Achtung!
35 
Es folgt die 3. und letzte Durchsage im Namen der Stadt Stuttgart an alle Versammlungsteilnehmer, die sich auf der Straße Schelmenwasen und der Zufahrt zur Baustelle befinden!
36 
Die neunte Durchsage endete wie folgt:
37 
Die Polizei beginnt jetzt mit der Räumung!
38 
Hierauf wurden am 13.12.2013 zwischen 00:34 Uhr und 00:50 Uhr außer dem Kläger acht weitere Personen von insgesamt 28 Polizeivollzugskräften durch Anwendung unmittelbaren Zwangs vom Blockadeort weggetragen. Vier dieser neun Personen, darunter der Kläger, wurden von vier Polizeivollzugskräften weggetragen, zwei Personen von drei und drei Personen von zwei Polizeivollzugskräften. Die Dauer des Wegtragens betrug zwischen einer Minute und fünf Minuten. Der Kläger wurde bis zum Parkplatz der Firma GTÜ, Vor dem Lauch 25, getragen. Er wurde durch einen Polizeibeamten nach § 163 b Abs. 1 und § 163 c StPO belehrt, verweigerte jedoch auf beiden Formularen die Unterschrift. Des Weiteren verweigerte er ein Sofortbild, weswegen sein Reisepass abfotografiert wurde. Um 01:15 Uhr wurde ihm durch einen Polizeibeamten ein Platzverweis für den Bereich Schelmenwasenstraße/Zufahrt Baufeld bis zum 13.12.2013, 04:00 Uhr, erteilt.
39 
Am 09.01.2014 fertigte das Polizeipräsidium Stuttgart gegen den Kläger eine an das Amt für öffentliche Ordnung - Bußgeldstelle - der Landeshauptstadt Stuttgart gerichtete Ordnungswidrigkeitenanzeige an mit dem Tatvorwurf eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz.
40 
Mit Bescheid vom 20.01.2014 setzte das Polizeipräsidium Stuttgart gegen den Kläger wegen der am 13.12.2013, 00:34 Uhr, erfolgten Anwendung unmittelbaren Zwangs eine Gebühr in Höhe von 180,00 EUR nach § 7 der Vollstreckungskostenordnung des Landes Baden-Württemberg (LVwVGKO) fest. Zur Berechnung der Gebühr führte das Polizeipräsidium aus, es seien vier Beamte eingesetzt worden. Je angefangene Stunde und je eingesetztem Beamten betrage die Gebühr 45,00 EUR.
41 
Mit Schreiben vom 18.02.2014, beim Polizeipräsidium Stuttgart eingegangen am selben Tag, erhob der Kläger gegen den Bescheid vom 20.01.2014 Widerspruch und führte zur Begründung aus, für die Auflösung der unangemeldeten Versammlung im Bereich der Baustellenzufahrt am Ende der Schelmenwasenstraße habe am 13.12.2013 um 00:26 Uhr keinerlei Veranlassung bestanden. Hierfür gebe es auch keine rechtliche Grundlage. Für die Auflösung der Versammlung habe kein öffentliches Interesse bestanden. Im genannten Zeitpunkt und lange Zeit darüber hinaus seien weder Baustellenfahrzeuge oder Bautätigkeiten behindert worden. Es habe solche Fahrzeuge und Tätigkeiten damals nicht gegeben. Da die Auflösung der Versammlung nicht rechtmäßig gewesen sei, könnten ihm auch keine Kosten in Rechnung gestellt werden. Abgesehen davon sei die Berechnung der Kosten auch nicht nachvollziehbar, da nicht - wie verlangt - die Anzahl der zur Entfernung der Demonstrationsteilnehmer insgesamt eingesetzten Beamten und die Anzahl der zwangsweise entfernten Personen angegeben seien, sondern lediglich die vier auf ihn „entfallenden“ Beamten. Der Einsatz von vier Beamten sei nicht erforderlich gewesen. Er hätte auch sitzend von zwei Beamten weggetragen werden können.
42 
Während des Widerspruchsverfahrens führte Polizeikommissar G, einer der vier Polizeikräfte, die den Kläger wegtrugen, in einer schriftlichen zeugenschaftlichen Erklärung vom 14.05.2014 im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen den Kläger aus, der Kläger habe zur Tatzeit augenscheinlich ein großes, kräftiges und adipöses Erscheinungsbild an den Tag gelegt. Deshalb habe er zwei weitere Polizeikräfte aufgefordert, zusammen mit ihm, Polizeikommissar G und Polizeimeister S, den Kläger wegzutragen. Der Kläger habe sich anstandslos wegtragen lassen und keinen Widerstand geleistet. Als sie - die vier Polizeikräfte zusammen mit dem Kläger - aus dem Blickfeld der S 21-Gegner im Bereich der Baustellenzufahrt gelangt seien, habe sich der Kläger entschlossen, von nun an selbst weiter zu gehen.
43 
Das Polizeipräsidium Stuttgart wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 14.10.2014 zurück und setzte eine Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR fest. Zur Begründung führte das Polizeipräsidium aus, die nicht angemeldete Versammlung sei aufgrund einer sofort vollziehbaren, bestandskräftigen Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart wirksam aufgelöst und als alternativer Versammlungsort der Bereich Schelmenwasenstraße 43 zugewiesen worden. Mit der Allgemeinverfügung sei den Teilnehmern der aufgelösten Versammlung außerdem aufgegeben worden, den Versammlungsort unverzüglich zu verlassen. Die Wahl des Versammlungsorts im Bereich der Baustellenzufahrt habe, wenn überhaupt, jedenfalls nicht vorrangig auf eine öffentliche Meinungsbildung abgezielt, sondern darauf, den Schwertransport zu blockieren bzw. zumindest erheblich zu behindern oder zu erschweren und damit in einem nicht mehr verhältnismäßigen Maß die Grundrechte Dritter, nämlich des Auftraggebers des Schwertransportes und der sonstigen am Schwertransport beteiligten Personen sowie anderer Verkehrsteilnehmer, einzuschränken. Nach Abwägung der verschiedenen Grundrechts- und Rechtspositionen habe das Versammlungsrecht in Bezug auf die Wahl des Versammlungsortes in der Schelmenwasenstraße im Bereich der Baustellenzufahrt zurückzutreten gehabt. Mit der alternativ zugewiesenen Örtlichkeit im Bereich der Schelmenwasenstraße 43 (mit Sicht und Beschallungsmöglichkeit auf die Baustellenzufahrt) hätten die Teilnehmer der aufgelösten Versammlung in unmittelbarer Nähe die Möglichkeit erhalten, ihr Anliegen mit dem Ziel der öffentlichen Meinungsbildung im Rahmen einer Versammlung ohne zeitliche und inhaltliche Einschränkung weiterhin zu vertreten. Die festgesetzte Gebühr in Höhe von 180,00 EUR sei nach Grund und Höhe rechtmäßig erfolgt. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 16.10.2014 zugestellt.
44 
Am 14.11.2014 hat der Kläger gegen den Bescheid des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 20.01.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom 14.10.2014 Klage erhoben, mit der er sich auch ausdrücklich gegen die festgesetzte Widerspruchsgebühr wendet. Zur Begründung wiederholt und vertieft der Kläger seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend führt er aus, er sei 1,86 m groß und wiege 90 kg. Die angefochtenen Bescheide verstießen gegen verschiedene Grundrechte (allgemeine Handlungsfreiheit, Versammlungs- und Meinungsfreiheit). Bei der Festsetzung der Gebühr sei § 9 Abs. 2 LVwVGKO nicht beachtet worden. Die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR sei unverhältnismäßig und unangemessen. Sie stehe im Widerspruch zu Art. 3 GG und behindere ihn in seinem Recht, gegen Verwaltungsakte Widerspruch einzulegen. Die Möglichkeit der Erhebung von Widersprüchen dürfe faktisch nicht von der Finanzkraft des Staatsbürgers abhängen. Vor der Polizeireform 2013 habe das Regierungspräsidium als Widerspruchsbehörde über einen Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt des Polizeipräsidiums entschieden. Das jetzt angewandte Verfahren, wonach die bescheidende Stelle (Polizeipräsidium) selbst über den Widerspruch entscheide, sei rechtswidrig.
45 
Der Kläger beantragt,
46 
den Bescheid des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 20.01.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom 14.10.2014 aufzuheben.
47 
Der Beklagte beantragt,
48 
die Klage abzuweisen.
49 
Zur Begründung führt er aus, die Versammlung sei zu Recht aufgelöst worden. Hätte die Landeshauptstadt Stuttgart mit der Auflösung so lange gewartet, bis der Schwertransport unmittelbar vor Ort gewesen sei, hätte sich die Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, was gerade Zweck der nicht angemeldeten Versammlung gewesen sei, realisiert und zu nicht akzeptablen Be- und Verhinderungen geführt. Schon hieraus sei ersichtlich, dass die Auflösung der Versammlung frühzeitig habe erfolgen müssen. Hinzu komme, dass - zum einen - nie genau gesagt werden könne, wann ein Schwertransport an einem bestimmten Ort ankommt, was von vielen Faktoren abhänge, etwa Hindernissen auf dem Fahrweg, der Verkehrslage sowie des Wetters. Zudem nehme die zu erwartende - und später auch notwendig gewordene - Räumung der Straße von etlichen Personen einige Zeit in Anspruch. Die Auflösung der Versammlung sei daher zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Sie sei auch nicht unverhältnismäßig im weiteren Sinne und ferner nicht aus anderen Gründen rechtswidrig. Die Auflösung sei unumgänglich gewesen. § 9 Abs. 1 Nr. 2 LVwVGKO finde auf den Kläger keine Anwendung. Der Platzverweis und das hierauf erfolgte erforderliche Wegtragen habe sich allein auf den Kläger bezogen und nicht auf eine Mehrheit von Pflichtigen. Die Teilnehmer an der Blockade seien jeweils höchstpersönlich verpflichtet gewesen, dem Platzverweis Folge zu leisten. Dieser Pflicht habe der Kläger nur für sich selbst Folge leisten können, nicht für andere Blockadeteilnehmer. Die Ordnungspflichten der anderen Blockierer hätten - zur gleichen Zeit und am selben Ort - daneben bestanden. Trotz mehrerer Pflichtiger habe kein Fall der Gesamtschuldnerschaft bezüglich der Ordnungspflichten vorgelegen. Die Regelung in § 9 LVwVGKO solle gewährleisten, dass die Kosten für den Einzelnen nicht eine unverhältnismäßige Höhe erreichen und schließe daher im Rahmen einer Vollstreckung bei derselben Gelegenheit die Gesamtschuld aus. Für den Fall sogenannter Sitzblockaden sei bei der Bestimmung der Kostenlast für das Wegtragen zu berücksichtigen, dass die situativ erforderliche, individuelle Willensbeugung unterschiedlichen Aufwand erfordern könne. So könne die wegzutragende Person durch Handlungen wie Strampeln, Schlagen, Festhalten oder auch durch ihre bloße physische Konstitution (Gewicht) den notwendigen polizeilichen Aufwand erhöhen. Die Polizei müsse daher in der Regel den Aufwand der jeweiligen Zwangsanwendung durch Wegtragen konkret - Einsatzzeit und Anzahl der Beamten - und für den einzelnen Pflichtigen feststellen. Die vom Kläger intendierte Verteilung der auf seine Person bezogenen (höheren) Wegtragekosten - aufgrund des erforderlichen Einsatzes von vier Beamten - scheitere auch daran, dass diese „Mehrkosten“ nicht auf andere Teilnehmer der Blockadeaktion, für die zwei oder drei Beamte zum Wegtragen ausgereicht hätten, umgelegt werden können. Für die Anwendung unmittelbaren Zwangs zur individuellen Willensbeugung sei anerkannt, dass ein Pflichtiger höchstens nur die durch ihn verursachten Kosten tragen müsse, nicht aber die Kosten anderer Vollstreckungsschuldner. Für § 9 LVwVGKO verbleibe bei der Anwendung des unmittelbaren Zwangs durch die Polizei nur ein beschränkter Anwendungsbereich. Lediglich dann, wenn keine Gesamtschuldnerschaft der Pflichtigen bestehe und Kosten dennoch nicht unmittelbar individuell zugerechnet werden könnten, könne eine Verteilung nur dieser Kosten auf alle Pflichtigen erfolgen. Die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR sei rechtmäßig. Das Polizeipräsidium Stuttgart sei nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO selbst Widerspruchsbehörde.
50 
Die einschlägigen Akten des Polizeipräsidiums Stuttgart sowie die versammlungsrechtlichen Akten der Landeshauptstadt Stuttgart liegen vor.

Entscheidungsgründe

 
51 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 20.01.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom 14.10.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kostenbescheid beruht auf einer Ermächtigungsgrundlage (I.), er ist formell (II.) und materiell (III.) rechtmäßig. Auch die Widerspruchsgebühr begegnet keinen rechtlichen Bedenken (IV.).
52 
I. Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid ist § 52 Abs. 4 PolG in Verbindung mit § 31 LVwVG und § 7 LVwVGKO. Nach § 52 Abs. 4 PolG gelten für die Anwendung des unmittelbaren Zwangs zur Vollstreckung von Verwaltungsakten der Polizei zusätzlich zu den Regelungen in § 52 Abs. 1 bis 3 PolG die §§ 2 bis 6, 9, 10, 12, 21, 27, 28 und § 31 Abs. 1, 2, 4 und 6 LVwVG. Für Amtshandlungen nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben (§ 31 Abs. 1 LVwVG). Die gebührenpflichtigen Tatbestände und der Umfang der zu erstattenden Auslagen sind aufgrund der Ermächtigung in § 31 Abs. 4 LVwVG in der Verordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Erhebung von Kosten der Vollstreckung nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (Vollstreckungskostenordnung - LVwVGKO) vom 29.07.2004 (GBl. S. 670), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.11.2012 (GBl. S. 572), geregelt. Diese polizeilichen Kostennormen sind hier anwendbar. Die Kosten für die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den Kläger stehen im Zusammenhang mit einer Gefahrenabwehrmaßnahme des Beklagten (Platzverweis nach § 27 a Abs. 1 PolG). Die Kostennormen sind nur dann nicht anwendbar, wenn die Polizei ausschließlich strafprozessual einschreitet (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2006, Rnrn. 921 ff.), was hier nicht zutrifft.
53 
II. Der Kostenbescheid ist formell rechtmäßig. Das Polizeipräsidium Stuttgart war für den Erlass des Bescheids zuständig (1.). Form- und Verfahrensvorschriften wurden gewahrt (2.).
54 
1. Für den Erlass des Kostenbescheids ist die Behörde zuständig, die die Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt hat (§ 31 Abs. 6 LVwVG i.V.m. § 4 Abs. 1 LGebG). Die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den Kläger erfolgte durch Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Stuttgart (§§ 70 Abs. 1 Nr. 1, 76 Abs. 1 Nr. 10 PolG). Daher war das Polizeipräsidium Stuttgart für den Erlass des Kostenbescheids zuständig.
55 
2. Der Kostenbescheid wurde schriftlich erlassen und erfüllt daher die Formvorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG. Vor Erlass des Bescheids wurde der Kläger indessen nicht angehört, was erforderlich gewesen wäre (§ 28 Abs. 1 LVwVfG). Der Kläger hatte jedoch Gelegenheit, sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zu äußern, weswegen die unterbliebene Anhörung unbeachtlich ist (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG).
56 
III. Der Kostenbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die kostenpflichtige Vollstreckungsmaßnahme - Anwendung unmittelbaren Zwangs - war rechtmäßig (1.); die Vorschriften über Grund und Höhe der Kostenforderung wurden beachtet (2.).
57 
1. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs beruht auf einer Ermächtigungsgrundlage (a)), die Vollstreckungsmaßnahme war formell (b)) und materiell (c)) rechtmäßig.
58 
a) Nach § 49 Abs. 2 PolG wendet die Polizei das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs nach den Vorschriften des Polizeigesetzes an. Unmittelbarer Zwang ist jede Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch (§ 50 Abs. 1 PolG).
59 
b) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs erfolgte formell rechtmäßig. Zuständig für diese Vollstreckungsmaßnahme sind Beamte des Polizeivollzugsdienstes (§ 51 PolG). Wie bereits ausgeführt (II. 1.) wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch Beamte des Polizeipräsidiums Stuttgart und daher durch den Polizeivollzugsdienst durchgeführt.
60 
c) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs war auch materiell rechtmäßig. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor (aa)), die Vollstreckung wurde ordnungsgemäß durchgeführt (bb)) und das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (cc)).
61 
aa) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor. Es bestand eine vollstreckbare Grundverfügung (aaa)), die in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig war (bbb)).
62 
aaa) Nach § 18 LVwVG werden Verwaltungsakte, die zu einer Handlung, ausgenommen einer Geldleistung, einer Duldung oder einer Unterlassung verpflichten, mit Zwangsmitteln vollstreckt. Eine vollstreckbare Grundverfügung lag hier in Gestalt des vom Einsatzleiter des Polizeipräsidiums Stuttgart am 13.12.2013 um 00:14 Uhr mündlich verfügten Platzverweises (§ 27 a Abs. 1 PolG) bezüglich des Bereichs Schelmenwasenstraße West/Zufahrt Baustelle vor. Der Platzverweis wurde um 00:20 Uhr und 00:26 Uhr jeweils mündlich wiederholt. Er war nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO als Maßnahme eines Polizeivollzugsbeamten sofort vollziehbar, so dass die allgemeine Voraussetzung für die Vollstreckung nach § 2 Nr. 2 LVwVG vorlag, wonach Verwaltungsakte vollstreckt werden können, wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt.
63 
bbb) Der mündlich verfügte Platzverweis war formell (1.) und materiell (2.) rechtmäßig.
64 
(1.). Die sachliche Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes lag vor. Er ist nach § 60 Abs. 3 PolG neben den Polizeibehörden (§ 61 PolG) unter anderem zuständig für eine Maßnahme nach § 27 a Abs. 1 PolG. Einer Anhörung der Adressaten des Platzverweises bedurfte es vor Erlass dieser Maßnahme nicht. Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 LVwVfG). Dies traf hier im Hinblick auf den alsbald an der Baustelle erwarteten Schwertransport zu. Der Platzverweis konnte in mündlicher Form erlassen werden (§ 37 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG) und bedurfte als mündlicher Verwaltungsakt von vornherein keiner Begründung. Nur ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist grundsätzlich mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG).
65 
(2.). Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 27 a Abs. 1 PolG. Hiernach kann die Polizei (Polizeibehörden oder Polizeivollzugsdienst, vgl. § 59 PolG) zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten (Platzverweis). Die Anwendbarkeit des § 27 a Abs. 1 PolG scheiterte nicht an der Sperrwirkung des Versammlungsrechts. Dem verfügten Platzverweis ging die am 12.12.2013 um ca. 21:40 Uhr begonnene Blockade der Baustellenzufahrt mit ca. 100 Teilnehmern, darunter auch der Kläger, im Bereich des Zettachrings auf Höhe der Einmündung in die Schelmenwasenstraße im Kreuzungsbereich mit der Straße Vor dem Lauch voraus. Blockaden von Baustellenzufahrten anlässlich des Projekts Stuttgart 21 zielen darauf ab, öffentlichen Protest gegen das Projekt zum Ausdruck zu bringen mit der Absicht, öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen und auf die Meinungsbildung einzuwirken. Solche demonstrativen Blockaden fallen unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG (vgl. Urte. der erkennenden Kammer v. 12.06.2014 - 5 K 808/11 u. 5 K 810/11 - zu einem sog. Blockadefrühstück am 25.01.2011 im Bereich des ehemaligen Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs). Unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe auf der Grundlage des allgemeinen Polizeirechts sind unzulässig. Eingriffsermächtigungen ergeben sich insoweit ausschließlich aus dem Versammlungsgesetz, das als Spezialgesetz (lex specialis) die Anwendung des allgemeinen Polizeirechts ausschließt (sog. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss v. 30.04.2007 - 1 BvR 1090/06 -, juris) sind deshalb auf allgemeines Polizeirecht gestützte Maßnahmen, die die Teilnahme an einer Versammlung beenden - etwa ein Platzverweis oder eine Ingewahrsamnahme - sowie daran anschließende polizeirechtliche Folgemaßnahmen rechtswidrig, solange die (nicht verbotene) Versammlung nicht gemäß § 15 Abs. 3 VersammlG eindeutig aufgelöst oder der Teilnehmer auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 17 a Abs. 4 Satz 2, 18 Abs. 3, 19 Abs. 4 VersammlG) von der Versammlung eindeutig ausgeschlossen wurde.
66 
Die demonstrative Blockade der Baustellenzufahrt wurde durch die Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 13.12.2013 rechtsfehlerfrei aufgelöst. Die Landeshauptstadt war als Versammlungsbehörde sachlich zuständig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - v. 25.05.1977, GBl. S. 196, i. d. F. der Verordnung v. 17.12.2008, GBl. 2009, S. 5). Die mündliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgte auf telefonische Weisung eines Mitarbeiters der Landeshauptstadt durch den Einsatzleiter. Als Ortspolizeibehörde ist die Landeshauptstadt gegenüber dem Polizeipräsidium Stuttgart weisungsbefugt (§ 74 Abs. 1 Satz 1 PolG). Die zulässige mündliche Bekanntgabe (§ 37 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG) der Allgemeinverfügung am 13.12.2013 um 00:14 Uhr mittels Lautsprecher an die Teilnehmer der Blockade erfolgte nach den der Kammer vorliegenden DVDs in akustisch wahrnehmbarer Weise.
67 
Die Auflösung der Versammlung war auch materiell rechtmäßig. Nach § 15 Abs. 3 VersammlG kann eine Versammlung unter anderem aufgelöst werden, wenn die Voraussetzungen für ein Verbot nach § 15 Abs. 1 VersammlG vorliegen. Hiernach kann die zuständige Behörde eine Versammlung verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Hiervon war im maßgebenden Zeitpunkt am 13.12.2013 um 00:14 Uhr auszugehen. Ausweislich der Dokumentation des Polizeipräsidiums Stuttgart zum Verlauf des Schwertransports war das Eintreffen des Transports an der Baustelle wegen dessen Größe - der Bewegungsradius des ca. 40 m langen Transports war derart eingeschränkt, dass ein Umfahren von Hindernissen oder andere Manöver, wie sie herkömmlich bei Lastkraftwagen üblich sind, nicht möglich war - und aufgrund von Unwägbarkeiten in Folge von Protesten entlang des Transportwegs nicht genau vorhersehbar. Nach der Lagemeldung Nr. 2 (Stand: 12.12.2013, 23:00 Uhr) des Polizeipräsidiums Stuttgart wurde mit dem Eintreffen des Transports zwischen 01:00 Uhr und 02:00 Uhr gerechnet. Die öffentliche Sicherheit umfasst auch die Leichtigkeit des Straßenverkehrs (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 15. Aufl. 2008, § 15 Rn. 32). Dieses Schutzgut war um 00:14 Uhr unmittelbar gefährdet. Aufgrund der größeren, in die Dutzende gehende Anzahl von Personen, die zu dieser Zeit sich noch an der Blockade beteiligt hatten, sowie wegen den zeitlichen Unwägbarkeiten, die sich aus einer etwaigen Räumung der Baustellenzufahrt ergeben konnten, kann nicht von einer verfrühten Auflösung der Versammlung ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers musste mit der Auflösung nicht bis zum Eintreffen des Schwertransports an der Baustellenzufahrt zugewartet werden. Des Weiteren war auch von einer unmittelbaren Gefährdung des Baustellenbetriebs auszugehen. Durch die Blockade konnten andere Baustellenfahrzeuge daran gehindert werden, zur Baustelle zu gelangen und sie zu verlassen. Nach den Angaben von Polizeidirektor Weinstock in der mündlichen Verhandlung herrschte auch in der Nacht vom 12.12. auf den 13.12.2013 Betrieb auf der Baustelle. Die Polizei habe veranlasst, dass während der Blockade ab 21:40 Uhr keine Fahrzeuge die Baustelle verlassen. Folglich lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Auflösung der Versammlung vor. Die im Wege einer Ermessensentscheidung verfügte Auflösung erging rechtsfehlerfrei. Ein im Vergleich mit der Auflösung milderes Mittel zur Abwehr der unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ist nicht ersichtlich.
68 
Aufgrund der unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit verfügten Auflösung der Versammlung stand dem mündlich verfügten Platzverweis nicht die Sperrwirkung des Versammlungsrechts entgegen. Nach § 27 a Abs. 1 PolG kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten (Platzverweis). Der Platzverweis erfolgte hier zur Beseitigung einer Störung. Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, haben alle Teilnehmer sich sofort zu entfernen (§ 18 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 VersammlG). Ordnungswidrig handelt, wer sich trotz Auflösung einer öffentlichen Versammlung durch die zuständige Behörde nicht unverzüglich entfernt (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 VersammlG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 27 a Abs. 1 PolG sind folglich erfüllt. Ermessensfehler sind nicht erkennbar.
69 
bb) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Die grundsätzlich erforderliche Androhung dieses Zwangsmittels (§ 52 Abs. 2 PolG) erfolgte durch die Lautsprecherdurchsage des Einsatzleiters um 00:14 Uhr und wurde um 00:20 Uhr und 00:26 Uhr jeweils wiederholt. Zwar enthält der Wortlaut der Durchsage nicht ausdrücklich die Bezeichnung „unmittelbarer Zwang durch Einwirkung auf Personen“. Der Sache nach wurde aber mit den bekanntgegebenen Worten „Ansonsten muss die Polizei zwangsweise gegen Sie vorgehen“ dieses Zwangsmittel für einen nicht rechtskundigen Betroffenen ausreichend klar zum Ausdruck gebracht. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den Kläger erfolgte auch im Hinblick auf die inhaltlichen Anforderungen nach § 52 Abs. 1 Satz 1 bis 3 PolG in rechtmäßiger Art und Weise. Der polizeiliche Zweck - Durchsetzung des Platzverweises - erscheint nicht auf andere Weise als durch unmittelbaren Zwang erreichbar gewesen zu sein (Satz 1). Gegenüber dem im Bereich der Baustellenzufahrt auf der Straße sitzenden Kläger war der polizeiliche Zweck nicht durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen erreichbar (Satz 2). Das angewandte Mittel muss schließlich nach Art und Maß dem Verhalten, dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein (Satz 3). Auch hiergegen hat der Beklagte nicht verstoßen. Das Wegtragen einer Person kann nur durch einfache körperliche Gewalt in Form von Festhalten von Körperteilen und Anheben des Körpers des Wegzutragenden von der Stelle, an der er steht, sitzt oder liegt, erfolgen. Der Einsatz von vier Polizeikräften gegenüber dem Kläger war entgegen seiner Ansicht unter Berücksichtigung seiner Körpergröße von 1,86 m und eines Körpergewichts von 90 kg angemessen. In Fällen des Wegtragens von Personen durch die Polizei muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass sich diese zur Wehr setzen und strampeln, um sich schlagen oder ihrerseits versuchen, Polizeibeamte festzuhalten. Diesen potentiellen Gefahren, denen sich die Einsatzkräfte ausgesetzt sehen können, ist zulässigerweise dadurch zu begegnen, dass im Zweifel eher ein Polizeibeamter zu viel als zu wenig eingesetzt wird. Nicht außer Betracht bleiben kann dabei, dass es auch für die wegzutragende Person im Hinblick auf ihre körperliche Unversehrtheit generell schonender ist, wenn vier statt lediglich drei oder gar nur zwei Polizeikräfte das Wegtragen durchführen. Bei einer Gesamtschau der im Einzelnen zu berücksichtigenden Kriterien sind daher hier die gesetzlichen Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 3 PolG gewahrt worden.
70 
cc) Schließlich wurde auch das Ermessen bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs rechtsfehlerfrei ausgeübt. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes effizienter Gefahrenabwehr und des Verhältnismäßigkeitsprinzips sind sowohl bezüglich des Entschließungsermessens zur Zwangsausübung als auch des Auswahlermessens im Hinblick auf das gewählte Zwangsmittel Ermessensfehler nicht ersichtlich.
71 
2. Der Kostenbescheid wahrt auch die Vorschriften über Grund und Höhe der Kostenforderung. Nach § 7 Abs. 1 LVwVGKO wird für die Anwendung unmittelbaren Zwangs in den Fällen des § 52 Abs. 4 PolG eine Gebühr erhoben. Die Gebühr beträgt 45,00 EUR für jeden bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs eingesetzten Bediensteten je angefangene Stunde (§ 7 Abs. 2 LVwVGKO). Den Vorgaben in § 31 Abs. 4 LVwVG, der Ermächtigungsgrundlage für die Vollstreckungskostenordnung, trägt § 7 Abs. 2 LVwVGKO im Hinblick auf das Zeitmaß „je angefangene Stunde“ Rechnung. § 31 Abs. 4 Satz 2 LVwVG schreibt für die Gebühren feste Sätze oder Rahmensätze vor. Der Gebührensatz nach § 7 Abs. 2 LVwVGKO ist ein „fester Satz“ (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.07.1985 - 1 S 390/85 -, VBlBW 1985, 385; Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 -, VBlBW 1986, 299). Bezüglich des Klägers kamen vier Polizeibeamte zum Einsatz; deren Einsatzzeit betrug jeweils weniger als eine Stunde. Folglich ergibt sich auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 LVwVGKO ein Betrag von 4 x 45,00 EUR = 180,00 EUR. Dieser Betrag ist nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 LVwVGKO zu reduzieren. Nach dieser Vorschrift werden für den Fall, dass gegen mehrere Pflichtige, die nicht Gesamtschuldner sind, bei derselben Gelegenheit vollstreckt wird, in den Fällen der §§ 6 und 7 LVwVGKO die Gebühren auf die beteiligten Pflichtigen angemessen verteilt. Es kann offen bleiben, ob die hier am 13.12.2013 zwischen 00:34 Uhr und 00.50 Uhr erfolgte Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen insgesamt neun Personen einschließlich dem Kläger die Tatbestandsmerkmale „mehrere Pflichtige, die nicht Gesamtschuldner sind“ und „bei derselben Gelegenheit“ erfüllt. Aufgrund der unterschiedlichen Anzahl von zwei bis vier Polizeikräften je weggetragenem Pflichtigen sowie unter Berücksichtigung, dass jeder der insgesamt 28 eingesetzten Polizisten nur bezüglich jeweils einer weggetragenen Person eingesetzt wurde, liegen die Voraussetzungen für eine „angemessene“ Verteilung der sich auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 LVwVGKO ergebenden Gesamtkosten (28 x 45,00 EUR = 1.260,00 EUR) nicht vor. Die Regelungen über Umfang (§ 7 Abs. 2 LVwVGKO) und angemessene Verteilung der Kosten (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 LVwVGKO) sollen sicherstellen, dass die Kosten keine unverhältnismäßige Höhe erreichen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 -, VBlBW 1986, 299, 301). Diesen Vorschriften ist daher eine die Kostenhöhe begrenzende Bedeutung beizumessen. „Angemessene“ Verteilung ist folglich nicht dahingehend zu verstehen, die Gesamtkosten einer Vollstreckung durch Anwendung unmittelbaren Zwangs bei derselben Gelegenheit durch die Anzahl der Pflichtigen zu teilen (hier: 1.260,00 EUR : 9 = 140,00 EUR). Dies hätte im vorliegenden Fall zur Folge, dass der Kläger statt 180,00 EUR nur 140,00 EUR zu tragen hätte, während die Personen, die lediglich von zwei Polizeikräften weggetragen wurden, statt 90,00 EUR (2 x 45,00 EUR) 50,00 EUR mehr zahlen müssten. Ein solches Ergebnis wäre unbillig und daher nicht angemessen.
72 
IV. Die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR ist gleichfalls rechtmäßig. Die Widerspruchsgebühr ist aufgrund des Anfechtungsverbundes nach § 24 Satz 2 LGebG kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens. Hiernach erstreckt sich der Rechtsbehelf gegen eine Sachentscheidung auch auf die Gebühren- und Auslagenentscheidung. Entgegen der Auffassung des Klägers war das Polizeipräsidium Stuttgart die zuständige Widerspruchsbehörde. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO ist die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, in den Fällen auch zuständige Widerspruchsbehörde, in denen die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist. Dies trifft hier zu. Das Innenministerium Baden-Württemberg führt nach § 72 PolG die Dienstaufsicht und nach § 73 Abs. 1 Satz 1 PolG die Fachaufsicht über das Polizeipräsidium Stuttgart und ist folglich die nächsthöhere Behörde. Nach Nr. 7.1 des Gebührenverzeichnisses zur Verordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Behörden für den Geschäftsbereich des Innenministeriums und des Landesbeauftragen für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich (Gebührenverordnung Innenministerium - GebVO IM - v. 12.07.2011, GBl. S. 404) beträgt die Gebühr für die Zurückweisung eines Rechtsbehelfs 20,00 bis 5.000,00 EUR. Die Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR liegt deutlich im unteren Bereich dieses Gebührenrahmens. Die Gebühr soll die mit der öffentlichen Leistung verbundenen Verwaltungskosten aller an der Leistung Beteiligten decken (§ 7 Abs. 1 LGebG). Die Gebühr darf nicht in einem Missverhältnis zur öffentlichen Leistung stehen (§ 7 Abs. 3 LGebG). Die festgesetzte Widerspruchsgebühr verstößt nicht gegen diese Kriterien der Gebührenbemessung. Sie liegt auch deutlich unterhalb der festgesetzten Kosten für die Anwendung unmittelbaren Zwangs in Höhe von 180,00 EUR und steht daher in keinem Missverhältnis zu diesem Betrag. Hiervon wäre nur dann auszugehen, wenn die Widerspruchsgebühr höher wäre als der mit dem Ausgangsbescheid festgesetzte Geldbetrag. Den vom Kläger gerügten, aber nicht dargelegten Verstoß der Widerspruchsgebühr gegen Art. 3 GG vermag die Kammer nicht zu erkennen. Die Erhebung von Widerspruchsgebühren behindert auch nicht von vornherein den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz in unzulässiger Weise.
73 
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
74 
VI. Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Gründe

 
51 
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid des Polizeipräsidiums Stuttgart vom 20.01.2014 und dessen Widerspruchsbescheid vom 14.10.2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kostenbescheid beruht auf einer Ermächtigungsgrundlage (I.), er ist formell (II.) und materiell (III.) rechtmäßig. Auch die Widerspruchsgebühr begegnet keinen rechtlichen Bedenken (IV.).
52 
I. Ermächtigungsgrundlage für den Kostenbescheid ist § 52 Abs. 4 PolG in Verbindung mit § 31 LVwVG und § 7 LVwVGKO. Nach § 52 Abs. 4 PolG gelten für die Anwendung des unmittelbaren Zwangs zur Vollstreckung von Verwaltungsakten der Polizei zusätzlich zu den Regelungen in § 52 Abs. 1 bis 3 PolG die §§ 2 bis 6, 9, 10, 12, 21, 27, 28 und § 31 Abs. 1, 2, 4 und 6 LVwVG. Für Amtshandlungen nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz werden Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben (§ 31 Abs. 1 LVwVG). Die gebührenpflichtigen Tatbestände und der Umfang der zu erstattenden Auslagen sind aufgrund der Ermächtigung in § 31 Abs. 4 LVwVG in der Verordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Erhebung von Kosten der Vollstreckung nach dem Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz (Vollstreckungskostenordnung - LVwVGKO) vom 29.07.2004 (GBl. S. 670), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13.11.2012 (GBl. S. 572), geregelt. Diese polizeilichen Kostennormen sind hier anwendbar. Die Kosten für die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den Kläger stehen im Zusammenhang mit einer Gefahrenabwehrmaßnahme des Beklagten (Platzverweis nach § 27 a Abs. 1 PolG). Die Kostennormen sind nur dann nicht anwendbar, wenn die Polizei ausschließlich strafprozessual einschreitet (vgl. Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Baden-Württemberg, 6. Aufl. 2006, Rnrn. 921 ff.), was hier nicht zutrifft.
53 
II. Der Kostenbescheid ist formell rechtmäßig. Das Polizeipräsidium Stuttgart war für den Erlass des Bescheids zuständig (1.). Form- und Verfahrensvorschriften wurden gewahrt (2.).
54 
1. Für den Erlass des Kostenbescheids ist die Behörde zuständig, die die Vollstreckungsmaßnahme durchgeführt hat (§ 31 Abs. 6 LVwVG i.V.m. § 4 Abs. 1 LGebG). Die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den Kläger erfolgte durch Polizeibeamte des Polizeipräsidiums Stuttgart (§§ 70 Abs. 1 Nr. 1, 76 Abs. 1 Nr. 10 PolG). Daher war das Polizeipräsidium Stuttgart für den Erlass des Kostenbescheids zuständig.
55 
2. Der Kostenbescheid wurde schriftlich erlassen und erfüllt daher die Formvorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG. Vor Erlass des Bescheids wurde der Kläger indessen nicht angehört, was erforderlich gewesen wäre (§ 28 Abs. 1 LVwVfG). Der Kläger hatte jedoch Gelegenheit, sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens zu äußern, weswegen die unterbliebene Anhörung unbeachtlich ist (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG).
56 
III. Der Kostenbescheid ist auch materiell rechtmäßig. Die kostenpflichtige Vollstreckungsmaßnahme - Anwendung unmittelbaren Zwangs - war rechtmäßig (1.); die Vorschriften über Grund und Höhe der Kostenforderung wurden beachtet (2.).
57 
1. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs beruht auf einer Ermächtigungsgrundlage (a)), die Vollstreckungsmaßnahme war formell (b)) und materiell (c)) rechtmäßig.
58 
a) Nach § 49 Abs. 2 PolG wendet die Polizei das Zwangsmittel des unmittelbaren Zwangs nach den Vorschriften des Polizeigesetzes an. Unmittelbarer Zwang ist jede Einwirkung auf Personen oder Sachen durch einfache körperliche Gewalt, Hilfsmittel der körperlichen Gewalt oder Waffengebrauch (§ 50 Abs. 1 PolG).
59 
b) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs erfolgte formell rechtmäßig. Zuständig für diese Vollstreckungsmaßnahme sind Beamte des Polizeivollzugsdienstes (§ 51 PolG). Wie bereits ausgeführt (II. 1.) wurde die Anwendung unmittelbaren Zwangs durch Beamte des Polizeipräsidiums Stuttgart und daher durch den Polizeivollzugsdienst durchgeführt.
60 
c) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs war auch materiell rechtmäßig. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor (aa)), die Vollstreckung wurde ordnungsgemäß durchgeführt (bb)) und das Ermessen rechtsfehlerfrei ausgeübt (cc)).
61 
aa) Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen lagen vor. Es bestand eine vollstreckbare Grundverfügung (aaa)), die in formeller und materieller Hinsicht rechtmäßig war (bbb)).
62 
aaa) Nach § 18 LVwVG werden Verwaltungsakte, die zu einer Handlung, ausgenommen einer Geldleistung, einer Duldung oder einer Unterlassung verpflichten, mit Zwangsmitteln vollstreckt. Eine vollstreckbare Grundverfügung lag hier in Gestalt des vom Einsatzleiter des Polizeipräsidiums Stuttgart am 13.12.2013 um 00:14 Uhr mündlich verfügten Platzverweises (§ 27 a Abs. 1 PolG) bezüglich des Bereichs Schelmenwasenstraße West/Zufahrt Baustelle vor. Der Platzverweis wurde um 00:20 Uhr und 00:26 Uhr jeweils mündlich wiederholt. Er war nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO als Maßnahme eines Polizeivollzugsbeamten sofort vollziehbar, so dass die allgemeine Voraussetzung für die Vollstreckung nach § 2 Nr. 2 LVwVG vorlag, wonach Verwaltungsakte vollstreckt werden können, wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt.
63 
bbb) Der mündlich verfügte Platzverweis war formell (1.) und materiell (2.) rechtmäßig.
64 
(1.). Die sachliche Zuständigkeit des Polizeivollzugsdienstes lag vor. Er ist nach § 60 Abs. 3 PolG neben den Polizeibehörden (§ 61 PolG) unter anderem zuständig für eine Maßnahme nach § 27 a Abs. 1 PolG. Einer Anhörung der Adressaten des Platzverweises bedurfte es vor Erlass dieser Maßnahme nicht. Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 LVwVfG). Dies traf hier im Hinblick auf den alsbald an der Baustelle erwarteten Schwertransport zu. Der Platzverweis konnte in mündlicher Form erlassen werden (§ 37 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG) und bedurfte als mündlicher Verwaltungsakt von vornherein keiner Begründung. Nur ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist grundsätzlich mit einer Begründung zu versehen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG).
65 
(2.). Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen ergeben sich aus § 27 a Abs. 1 PolG. Hiernach kann die Polizei (Polizeibehörden oder Polizeivollzugsdienst, vgl. § 59 PolG) zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten (Platzverweis). Die Anwendbarkeit des § 27 a Abs. 1 PolG scheiterte nicht an der Sperrwirkung des Versammlungsrechts. Dem verfügten Platzverweis ging die am 12.12.2013 um ca. 21:40 Uhr begonnene Blockade der Baustellenzufahrt mit ca. 100 Teilnehmern, darunter auch der Kläger, im Bereich des Zettachrings auf Höhe der Einmündung in die Schelmenwasenstraße im Kreuzungsbereich mit der Straße Vor dem Lauch voraus. Blockaden von Baustellenzufahrten anlässlich des Projekts Stuttgart 21 zielen darauf ab, öffentlichen Protest gegen das Projekt zum Ausdruck zu bringen mit der Absicht, öffentliche Aufmerksamkeit zu erzielen und auf die Meinungsbildung einzuwirken. Solche demonstrativen Blockaden fallen unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG (vgl. Urte. der erkennenden Kammer v. 12.06.2014 - 5 K 808/11 u. 5 K 810/11 - zu einem sog. Blockadefrühstück am 25.01.2011 im Bereich des ehemaligen Nordflügels des Stuttgarter Hauptbahnhofs). Unmittelbar versammlungsbezogene Eingriffe auf der Grundlage des allgemeinen Polizeirechts sind unzulässig. Eingriffsermächtigungen ergeben sich insoweit ausschließlich aus dem Versammlungsgesetz, das als Spezialgesetz (lex specialis) die Anwendung des allgemeinen Polizeirechts ausschließt (sog. Polizeifestigkeit des Versammlungsrechts). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Kammerbeschluss v. 30.04.2007 - 1 BvR 1090/06 -, juris) sind deshalb auf allgemeines Polizeirecht gestützte Maßnahmen, die die Teilnahme an einer Versammlung beenden - etwa ein Platzverweis oder eine Ingewahrsamnahme - sowie daran anschließende polizeirechtliche Folgemaßnahmen rechtswidrig, solange die (nicht verbotene) Versammlung nicht gemäß § 15 Abs. 3 VersammlG eindeutig aufgelöst oder der Teilnehmer auf versammlungsrechtlicher Grundlage (vgl. §§ 17 a Abs. 4 Satz 2, 18 Abs. 3, 19 Abs. 4 VersammlG) von der Versammlung eindeutig ausgeschlossen wurde.
66 
Die demonstrative Blockade der Baustellenzufahrt wurde durch die Allgemeinverfügung der Landeshauptstadt Stuttgart vom 13.12.2013 rechtsfehlerfrei aufgelöst. Die Landeshauptstadt war als Versammlungsbehörde sachlich zuständig (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg über Zuständigkeiten nach dem Versammlungsgesetz - VersGZuVO - v. 25.05.1977, GBl. S. 196, i. d. F. der Verordnung v. 17.12.2008, GBl. 2009, S. 5). Die mündliche Bekanntgabe der Allgemeinverfügung erfolgte auf telefonische Weisung eines Mitarbeiters der Landeshauptstadt durch den Einsatzleiter. Als Ortspolizeibehörde ist die Landeshauptstadt gegenüber dem Polizeipräsidium Stuttgart weisungsbefugt (§ 74 Abs. 1 Satz 1 PolG). Die zulässige mündliche Bekanntgabe (§ 37 Abs. 2 Satz 1 LVwVfG) der Allgemeinverfügung am 13.12.2013 um 00:14 Uhr mittels Lautsprecher an die Teilnehmer der Blockade erfolgte nach den der Kammer vorliegenden DVDs in akustisch wahrnehmbarer Weise.
67 
Die Auflösung der Versammlung war auch materiell rechtmäßig. Nach § 15 Abs. 3 VersammlG kann eine Versammlung unter anderem aufgelöst werden, wenn die Voraussetzungen für ein Verbot nach § 15 Abs. 1 VersammlG vorliegen. Hiernach kann die zuständige Behörde eine Versammlung verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. Hiervon war im maßgebenden Zeitpunkt am 13.12.2013 um 00:14 Uhr auszugehen. Ausweislich der Dokumentation des Polizeipräsidiums Stuttgart zum Verlauf des Schwertransports war das Eintreffen des Transports an der Baustelle wegen dessen Größe - der Bewegungsradius des ca. 40 m langen Transports war derart eingeschränkt, dass ein Umfahren von Hindernissen oder andere Manöver, wie sie herkömmlich bei Lastkraftwagen üblich sind, nicht möglich war - und aufgrund von Unwägbarkeiten in Folge von Protesten entlang des Transportwegs nicht genau vorhersehbar. Nach der Lagemeldung Nr. 2 (Stand: 12.12.2013, 23:00 Uhr) des Polizeipräsidiums Stuttgart wurde mit dem Eintreffen des Transports zwischen 01:00 Uhr und 02:00 Uhr gerechnet. Die öffentliche Sicherheit umfasst auch die Leichtigkeit des Straßenverkehrs (vgl. Dietel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, 15. Aufl. 2008, § 15 Rn. 32). Dieses Schutzgut war um 00:14 Uhr unmittelbar gefährdet. Aufgrund der größeren, in die Dutzende gehende Anzahl von Personen, die zu dieser Zeit sich noch an der Blockade beteiligt hatten, sowie wegen den zeitlichen Unwägbarkeiten, die sich aus einer etwaigen Räumung der Baustellenzufahrt ergeben konnten, kann nicht von einer verfrühten Auflösung der Versammlung ausgegangen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers musste mit der Auflösung nicht bis zum Eintreffen des Schwertransports an der Baustellenzufahrt zugewartet werden. Des Weiteren war auch von einer unmittelbaren Gefährdung des Baustellenbetriebs auszugehen. Durch die Blockade konnten andere Baustellenfahrzeuge daran gehindert werden, zur Baustelle zu gelangen und sie zu verlassen. Nach den Angaben von Polizeidirektor Weinstock in der mündlichen Verhandlung herrschte auch in der Nacht vom 12.12. auf den 13.12.2013 Betrieb auf der Baustelle. Die Polizei habe veranlasst, dass während der Blockade ab 21:40 Uhr keine Fahrzeuge die Baustelle verlassen. Folglich lagen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Auflösung der Versammlung vor. Die im Wege einer Ermessensentscheidung verfügte Auflösung erging rechtsfehlerfrei. Ein im Vergleich mit der Auflösung milderes Mittel zur Abwehr der unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ist nicht ersichtlich.
68 
Aufgrund der unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit verfügten Auflösung der Versammlung stand dem mündlich verfügten Platzverweis nicht die Sperrwirkung des Versammlungsrechts entgegen. Nach § 27 a Abs. 1 PolG kann die Polizei zur Abwehr einer Gefahr oder zur Beseitigung einer Störung eine Person vorübergehend von einem Ort verweisen oder ihr vorübergehend das Betreten eines Ortes verbieten (Platzverweis). Der Platzverweis erfolgte hier zur Beseitigung einer Störung. Sobald eine Versammlung für aufgelöst erklärt ist, haben alle Teilnehmer sich sofort zu entfernen (§ 18 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 2 VersammlG). Ordnungswidrig handelt, wer sich trotz Auflösung einer öffentlichen Versammlung durch die zuständige Behörde nicht unverzüglich entfernt (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 VersammlG). Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 27 a Abs. 1 PolG sind folglich erfüllt. Ermessensfehler sind nicht erkennbar.
69 
bb) Die Anwendung unmittelbaren Zwangs wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Die grundsätzlich erforderliche Androhung dieses Zwangsmittels (§ 52 Abs. 2 PolG) erfolgte durch die Lautsprecherdurchsage des Einsatzleiters um 00:14 Uhr und wurde um 00:20 Uhr und 00:26 Uhr jeweils wiederholt. Zwar enthält der Wortlaut der Durchsage nicht ausdrücklich die Bezeichnung „unmittelbarer Zwang durch Einwirkung auf Personen“. Der Sache nach wurde aber mit den bekanntgegebenen Worten „Ansonsten muss die Polizei zwangsweise gegen Sie vorgehen“ dieses Zwangsmittel für einen nicht rechtskundigen Betroffenen ausreichend klar zum Ausdruck gebracht. Die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den Kläger erfolgte auch im Hinblick auf die inhaltlichen Anforderungen nach § 52 Abs. 1 Satz 1 bis 3 PolG in rechtmäßiger Art und Weise. Der polizeiliche Zweck - Durchsetzung des Platzverweises - erscheint nicht auf andere Weise als durch unmittelbaren Zwang erreichbar gewesen zu sein (Satz 1). Gegenüber dem im Bereich der Baustellenzufahrt auf der Straße sitzenden Kläger war der polizeiliche Zweck nicht durch die Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen Sachen erreichbar (Satz 2). Das angewandte Mittel muss schließlich nach Art und Maß dem Verhalten, dem Alter und dem Zustand des Betroffenen angemessen sein (Satz 3). Auch hiergegen hat der Beklagte nicht verstoßen. Das Wegtragen einer Person kann nur durch einfache körperliche Gewalt in Form von Festhalten von Körperteilen und Anheben des Körpers des Wegzutragenden von der Stelle, an der er steht, sitzt oder liegt, erfolgen. Der Einsatz von vier Polizeikräften gegenüber dem Kläger war entgegen seiner Ansicht unter Berücksichtigung seiner Körpergröße von 1,86 m und eines Körpergewichts von 90 kg angemessen. In Fällen des Wegtragens von Personen durch die Polizei muss grundsätzlich damit gerechnet werden, dass sich diese zur Wehr setzen und strampeln, um sich schlagen oder ihrerseits versuchen, Polizeibeamte festzuhalten. Diesen potentiellen Gefahren, denen sich die Einsatzkräfte ausgesetzt sehen können, ist zulässigerweise dadurch zu begegnen, dass im Zweifel eher ein Polizeibeamter zu viel als zu wenig eingesetzt wird. Nicht außer Betracht bleiben kann dabei, dass es auch für die wegzutragende Person im Hinblick auf ihre körperliche Unversehrtheit generell schonender ist, wenn vier statt lediglich drei oder gar nur zwei Polizeikräfte das Wegtragen durchführen. Bei einer Gesamtschau der im Einzelnen zu berücksichtigenden Kriterien sind daher hier die gesetzlichen Anforderungen des § 52 Abs. 1 Satz 3 PolG gewahrt worden.
70 
cc) Schließlich wurde auch das Ermessen bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs rechtsfehlerfrei ausgeübt. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes effizienter Gefahrenabwehr und des Verhältnismäßigkeitsprinzips sind sowohl bezüglich des Entschließungsermessens zur Zwangsausübung als auch des Auswahlermessens im Hinblick auf das gewählte Zwangsmittel Ermessensfehler nicht ersichtlich.
71 
2. Der Kostenbescheid wahrt auch die Vorschriften über Grund und Höhe der Kostenforderung. Nach § 7 Abs. 1 LVwVGKO wird für die Anwendung unmittelbaren Zwangs in den Fällen des § 52 Abs. 4 PolG eine Gebühr erhoben. Die Gebühr beträgt 45,00 EUR für jeden bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs eingesetzten Bediensteten je angefangene Stunde (§ 7 Abs. 2 LVwVGKO). Den Vorgaben in § 31 Abs. 4 LVwVG, der Ermächtigungsgrundlage für die Vollstreckungskostenordnung, trägt § 7 Abs. 2 LVwVGKO im Hinblick auf das Zeitmaß „je angefangene Stunde“ Rechnung. § 31 Abs. 4 Satz 2 LVwVG schreibt für die Gebühren feste Sätze oder Rahmensätze vor. Der Gebührensatz nach § 7 Abs. 2 LVwVGKO ist ein „fester Satz“ (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 05.07.1985 - 1 S 390/85 -, VBlBW 1985, 385; Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 -, VBlBW 1986, 299). Bezüglich des Klägers kamen vier Polizeibeamte zum Einsatz; deren Einsatzzeit betrug jeweils weniger als eine Stunde. Folglich ergibt sich auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 LVwVGKO ein Betrag von 4 x 45,00 EUR = 180,00 EUR. Dieser Betrag ist nicht nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 LVwVGKO zu reduzieren. Nach dieser Vorschrift werden für den Fall, dass gegen mehrere Pflichtige, die nicht Gesamtschuldner sind, bei derselben Gelegenheit vollstreckt wird, in den Fällen der §§ 6 und 7 LVwVGKO die Gebühren auf die beteiligten Pflichtigen angemessen verteilt. Es kann offen bleiben, ob die hier am 13.12.2013 zwischen 00:34 Uhr und 00.50 Uhr erfolgte Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen insgesamt neun Personen einschließlich dem Kläger die Tatbestandsmerkmale „mehrere Pflichtige, die nicht Gesamtschuldner sind“ und „bei derselben Gelegenheit“ erfüllt. Aufgrund der unterschiedlichen Anzahl von zwei bis vier Polizeikräften je weggetragenem Pflichtigen sowie unter Berücksichtigung, dass jeder der insgesamt 28 eingesetzten Polizisten nur bezüglich jeweils einer weggetragenen Person eingesetzt wurde, liegen die Voraussetzungen für eine „angemessene“ Verteilung der sich auf der Grundlage des § 7 Abs. 2 LVwVGKO ergebenden Gesamtkosten (28 x 45,00 EUR = 1.260,00 EUR) nicht vor. Die Regelungen über Umfang (§ 7 Abs. 2 LVwVGKO) und angemessene Verteilung der Kosten (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 LVwVGKO) sollen sicherstellen, dass die Kosten keine unverhältnismäßige Höhe erreichen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.03.1986 - 1 S 2654/85 -, VBlBW 1986, 299, 301). Diesen Vorschriften ist daher eine die Kostenhöhe begrenzende Bedeutung beizumessen. „Angemessene“ Verteilung ist folglich nicht dahingehend zu verstehen, die Gesamtkosten einer Vollstreckung durch Anwendung unmittelbaren Zwangs bei derselben Gelegenheit durch die Anzahl der Pflichtigen zu teilen (hier: 1.260,00 EUR : 9 = 140,00 EUR). Dies hätte im vorliegenden Fall zur Folge, dass der Kläger statt 180,00 EUR nur 140,00 EUR zu tragen hätte, während die Personen, die lediglich von zwei Polizeikräften weggetragen wurden, statt 90,00 EUR (2 x 45,00 EUR) 50,00 EUR mehr zahlen müssten. Ein solches Ergebnis wäre unbillig und daher nicht angemessen.
72 
IV. Die festgesetzte Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR ist gleichfalls rechtmäßig. Die Widerspruchsgebühr ist aufgrund des Anfechtungsverbundes nach § 24 Satz 2 LGebG kraft Gesetzes Gegenstand des Klageverfahrens. Hiernach erstreckt sich der Rechtsbehelf gegen eine Sachentscheidung auch auf die Gebühren- und Auslagenentscheidung. Entgegen der Auffassung des Klägers war das Polizeipräsidium Stuttgart die zuständige Widerspruchsbehörde. Nach § 73 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VwGO ist die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat, in den Fällen auch zuständige Widerspruchsbehörde, in denen die nächsthöhere Behörde eine oberste Bundes- oder oberste Landesbehörde ist. Dies trifft hier zu. Das Innenministerium Baden-Württemberg führt nach § 72 PolG die Dienstaufsicht und nach § 73 Abs. 1 Satz 1 PolG die Fachaufsicht über das Polizeipräsidium Stuttgart und ist folglich die nächsthöhere Behörde. Nach Nr. 7.1 des Gebührenverzeichnisses zur Verordnung des Innenministeriums Baden-Württemberg über die Festsetzung der Gebührensätze für öffentliche Leistungen der staatlichen Behörden für den Geschäftsbereich des Innenministeriums und des Landesbeauftragen für den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich (Gebührenverordnung Innenministerium - GebVO IM - v. 12.07.2011, GBl. S. 404) beträgt die Gebühr für die Zurückweisung eines Rechtsbehelfs 20,00 bis 5.000,00 EUR. Die Widerspruchsgebühr in Höhe von 100,00 EUR liegt deutlich im unteren Bereich dieses Gebührenrahmens. Die Gebühr soll die mit der öffentlichen Leistung verbundenen Verwaltungskosten aller an der Leistung Beteiligten decken (§ 7 Abs. 1 LGebG). Die Gebühr darf nicht in einem Missverhältnis zur öffentlichen Leistung stehen (§ 7 Abs. 3 LGebG). Die festgesetzte Widerspruchsgebühr verstößt nicht gegen diese Kriterien der Gebührenbemessung. Sie liegt auch deutlich unterhalb der festgesetzten Kosten für die Anwendung unmittelbaren Zwangs in Höhe von 180,00 EUR und steht daher in keinem Missverhältnis zu diesem Betrag. Hiervon wäre nur dann auszugehen, wenn die Widerspruchsgebühr höher wäre als der mit dem Ausgangsbescheid festgesetzte Geldbetrag. Den vom Kläger gerügten, aber nicht dargelegten Verstoß der Widerspruchsgebühr gegen Art. 3 GG vermag die Kammer nicht zu erkennen. Die Erhebung von Widerspruchsgebühren behindert auch nicht von vornherein den Anspruch auf effektiven Rechtsschutz in unzulässiger Weise.
73 
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
74 
VI. Es besteht keine Veranlassung, die Berufung zuzulassen (§§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO).

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. September 2011 - 8 K 4237/09 - geändert. Der Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15. Juni 2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20. November 2009 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Landwirt. Das Landratsamt Tübingen erteilte ihm am 24.07.2007 eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Milchvieh-Laufstalles mit Melkhaus und geschlossener Güllegrube auf einem Grundstück im Außenbereich der Gemeinde ... Nebenbestimmung Nr. 15 zur Baugenehmigung ordnet als "naturschutzrechtliche Maßnahme" an:
"Die geschlossenen Außenwände des Milchviehlaufstalles sind mit einer sägerauen Holzverschalung zu verkleiden. Sollte ein Anstrich erfolgen, ist ein dunkelbrauner Farbton zu verwenden. Sofern das Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet werden sollte, sind die Außenwände in einem landschaftlich unauffälligen Farbton zu gestalten."
Mit einer ergänzenden Änderungsbaugenehmigung vom 16.01.2008 genehmigte das Landratsamt unter Fortgeltung aller Bestandteile der Baugenehmigung vom 24.07.2007 eine geringere Stallbreite, die Verlängerung des Melkhauses, eine geänderte Dachform und die Verschiebung der Güllegrube.
Der Kläger errichtete das Melkhaus ohne Verkleidung mit sägerauer Holzverschalung und strich die Außenwände in grüner Farbe. Das Landratsamt sah darin einen Verstoß gegen die Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007. Es forderte den Kläger nach einem Augenschein unter Hinweis auf die Möglichkeit einer Vollstreckung der Nebenbestimmung auf, die Außenwände des Melkhauses zur Vermeidung einer erheblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in landschaftlich unauffälligem Farbton zu streichen. Der Kläger lehnte eine Änderung des Außenanstrichs ab. Er wandte ein, er habe bei einem Gespräch mit drei Mitarbeitern des Landratsamts vorgeschlagen, die Behörde möge den Farbton festlegen. Ihm sei geantwortet worden, das überlasse man ihm. Er habe sich daraufhin für Grün entschieden, weil es die in der umgebenden Landschaft dominanteste Farbe sei, wie insbesondere ein Vergleich mit Grünland und Maisschlag zeige.
Mit Bescheid vom 15.06.2009 verfügte das Landratsamt gegenüber dem Kläger:
"1. Für den Fall dass Sie Satz 3 der Auflage Nr. 15 (naturschutzrechtliche Auflage) aus der Baugenehmigung vom 24.07.2007 nicht bis spätestens 28.07.2009 nachkommen und die Außenwände des Melkhauses nicht in einem landschaftlich unauffälligen Farbton anstreichen (alternativ mit einer sägerauen Holzverschalung verkleiden), wird gegen Sie ein Zwangsgeld von 400,-- EUR festgesetzt werden.
2. Für diese Entscheidung wird eine Gebühr in Höhe von 15,-- EUR festgesetzt."
Mit seinem Widerspruch brachte der Kläger vor, die betreffende Nebenbestimmung sei unbestimmt und nicht vollstreckbar. Außerdem sei die Zwangsgeldandrohung ermessensfehlerhaft und verstoße gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes, weil das Landratsamt ihm die Farbgebung für das Melkhaus auf Nachfrage ausdrücklich selbst überlassen habe.
Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch mit Bescheid vom 20.11.2009 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 23.11.2009 zugestellt.
10 
Am 23.12.2009 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 aufzuheben. Der Begriff "landschaftlich unauffälliger Farbton“ sei nirgendwo definiert und auch nicht anhand von Farbskalen bestimmbar. Es wäre dem Landratsamt möglich, den Farbton ebenso genau festzulegen, wie dies für den Fall einer Holzverschalung mit "dunkelbraun" geschehen sei. Die Gefahr, dass einer neuer Farbanstrich aus Sicht des Landratsamtes wiederum als landschaftlich auffällig erscheine, sei ihm nicht zumutbar. Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert, die Formulierung "landschaftlich unauffälliger Farbton“ meine einen gedeckten Farbton, der im Landschaftsbild nicht heraussteche. Alle bunten, leuchtenden, klaren Farben seien danach unzulässig. Dies folge auch aus dem Zusammenhang mit der für den Fall einer sägerauen Holzverschalung angeordneten Anstrichfarbe "dunkelbraun". Der grellgrüne Anstrich beeinträchtige die natürliche Eigenart der Landschaft und verunstalte das Orts- und Landschaftsbild. Die vom Kläger angegebenen Mitarbeiter des Landratsamts hätten ihm keine freie Farbauswahl zugestanden, sondern einen landschaftlich unauffälligen Farbton verlangt; insoweit werde auf deren schriftliche Äußerungen vom 06.09.2011 verwiesen.
11 
Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach informatorischer Anhörung eines sachverständigen Zeugen sowie nach Einnahme eines Augenscheins mit Urteil vom 08.09.2011 abgewiesen und die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet. Die Zwangsgeldandrohung sei nach §§ 2, 18, 19, 20 und 23 LVwVG rechtmäßig. Die Nebenbestimmung Nr. 15 sei bestandskräftig und damit nach § 2 Nr. 1 LVwVG vollstreckbar. Die Kammer habe allerdings erhebliche Zweifel, ob sie i. S. des § 37 Abs. 1 LVwVfG inhaltlich hinreichend bestimmt sei. Zwar gebe es einen Kernbereich an Farbtönen, die ohne vernünftige Zweifel und subjektiv verschiedene Bewertungsmöglichkeiten "landschaftlich unauffällig" seien, wie etwa viele Braun-, Grau- und Grüntöne. Das vom Kläger gewählte Grün gehöre dazu nicht, weil es im Landschaftsumfeld nicht anzutreffen sei, sich von diesem sehr deutlich abhebe, geradezu hervorsteche, fremd wirke und damit eindeutig zu den Farbtönen gehöre, welche die Formulierung "landschaftlich unauffällig" ausschließe. Jedoch bleibe darüber hinaus noch ein nicht zu vernachlässigender Bereich an Farbtönen, über deren Einordnung als "landschaftlich unauffällig" durchaus verschiedene vernünftige subjektive Bewertungen möglich seien. Gleichwohl könne offen bleiben, ob die Nebenbestimmung Nr. 15 gegen § 37 Abs. 1 LVwVfG verstoße. Denn der Verstoß wäre jedenfalls nicht offensichtlich und die Nebenbestimmung daher allenfalls rechtswidrig, aber nicht nichtig. Offensichtlichkeit setzte voraus, dass der Verwaltungsakt völlig unverständlich und/oder undurchführbar wäre. Das sei hier nicht der Fall, weil es einen bestimmbaren Kernbereich "landschaftlich unauffälliger" Farbtöne gebe. Insoweit habe die Nebenbestimmung einen vollstreckbaren Inhalt. Einer Vollstreckung stehe auch nicht der Einwand entgegen, Mitarbeiter der Behörde hätten ihm bei einem Gespräch im Landratsamt vor Erteilung der Baugenehmigung die Auswahl der Farbe selbst überlassen. In der mündlichen Verhandlung habe sich zweifelsfrei ergeben, dass dem Kläger in diesem Gespräch und danach stets klar gewesen sei, dass er bei der Farbauswahl keine völlig frei Hand gehabt habe, vielmehr nur im Rahmen dessen, was "in die Landschaft passt". Unter Berücksichtigung dessen sowie aller weiteren Umstände des Einzelfalles sei die Vollstreckung nicht missbräuchlich. Das Urteil wurde dem Kläger am 23.09.2011 zugestellt.
12 
Mit seiner am 20.10.2011 eingelegten und zugleich begründeten Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seine Klagebegründung legt ergänzend dar: Die Unbestimmtheit und Nichtvollstreckbarkeit der Nebenbestimmung Nr. 15 folgten aus der Unmöglichkeit, die Grenze zwischen "landschaftlich auffällig“ und "landschaftlich unauffällig“ zu definieren. Es gebe eine Grauzone, in der die Zuordnung eines Farbtons zu dem einen oder anderen in die subjektive Bewertung des Betrachters gestellt sei. Die von ihm gewählte Farbe gehöre zumindest in diese Grauzone. Da sich grüne Farbtöne in der Landschaft wiederfänden, sei sie aber auch zum Kernbereich des Begriffs "landschaftlich unauffälliger Farbton“ zu zählen. Die Auflage habe keinen über eine abstrakt-generelle Regelung entsprechend § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG hinausgehenden Regelungsgehalt. Unklarheiten des Inhalts eines Verwaltungsaktes gingen zudem zu Lasten der Behörde.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichtes Sigmaringen vom 08.09.2011 - 8 K 4237/09 - zu ändern und den Bescheid des Landratsames Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchbescheides des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und erwidert: Die Beschreibung der Farbe mit den Worten "landschaftlich unauffällig“ oder "dunkelbraune Töne“ sei im Sinne eines Kernbereichs von Farben hinreichend bestimmbar. Sowohl anhand dieser Formulierung als auch durch Auslegung des Gesamtzusammenhangs ergebe sich, dass für den Kläger eindeutig erkennbar sei, was von ihm gefordert werde. Gegen eine Nichtigkeit im Sinne eines schwerwiegenden offensichtlichen Fehlers spreche auch, dass der Kläger selbst keine offenkundigen Fehler bemerkt habe, da er ansonsten gegen die Auflage vorgegangen wäre. Die Auflage wiederhole nicht lediglich den Regelungsgehalt des § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG, sondern konkretisiere vielmehr dieses allgemeine naturschutzrechtliche Verunstaltungsgebot.
18 
Die Beteiligten haben einer Entscheidung über die Berufung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
19 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten des Landratsamts, des Regierungspräsidiums Tübingen und des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Hierauf sowie auf die angefallenen Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
20 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn die darin nach § 20 LVwVG verfügte Zwangsgeldandrohung verstößt gegen § 2 LVwVG, weil die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt im Sinne des § 2 LVwVG ist. Sie ist demzufolge ebenso wie die ihr rechtliches Schicksal insoweit teilende (vgl. § 24 LGebG) Gebührenfestsetzung im angefochtenen Bescheid aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Nach § 2 LVwVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn sie unanfechtbar geworden sind oder wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt. Die Vorschrift regelt eine allgemeine Voraussetzung für Maßnahmen, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden, und gilt demzufolge auch bereits für eine Zwangsmittelandrohung nach § 20 LVwVG. Sie ermöglicht nur die Vollstreckung eines im Sinne inhaltlich hinreichender Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 LVwVfG) vollstreckungsfähigen Verwaltungsakts als Grundlage (Titel) der Verwaltungsvollstreckung. Denn die für Einleitung und Durchführung der Verwaltungsvollstreckung erforderliche konkrete Feststellung, dass der Pflichtige seine Verpflichtung aus dem Verwaltungsakt noch nicht erfüllt hat (vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG), ist nur bei einem inhaltlich hinreichend bestimmten Verwaltungsakt möglich. Ist ein Verwaltungsakt wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nicht vollstreckungsfähig, schließt dieser Mangel Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung aus (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 04.11.1980 - 10 S 890/80 - und vom 09.04.1981 - 10 S 2129/80 - VBlBW 1982, 97 <98>; OVG Hamburg, Urteil vom 03.07.1952 - OVG Bf. II 604/51 - VwRspr Bd. 5 Nr. 117; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.01.1998 - 10 B 3029/97 - BRS 60 Nr. 171; Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.07.2012 - 22 ZB 12.204 - juris; Fliegauf/Maurer, LVwVG, 2. Auflage, § 1 Rn. 3; Lemke, Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes und der Länder, 1997, S. 177 f.; Sadler, VwVG, VwZG, 8. Auflage, § 6 Rn. 13; Schneider, LVwVG, § 1 Rn. 4). Das gilt auch dann, wenn der Bestimmtheitsmangel "nur" zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts infolge Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 Abs. 1 LVwVfG) führt. Denn auch ein - bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer - wirksamer, aber inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist nicht vollstreckungsfähig. Insoweit erfährt der tragende Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme auf die Rechtmäßigkeit einer Grundverfügung nicht ankommt (BVerwG, Urteil vom 13.03.1984 - 4 C 31.81 - NJW 1984, 2591 <2592>; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss des 1. Senats vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 - NVwZ 1999, 290), eine Ausnahme. Die Unbestimmtheit der Grundverfügung "infiziert" eine zu ihrer Durchsetzung ergehende Vollstreckungsmaßnahme (vgl. Lemke, a.a.O.).
23 
Das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG erfordert zum einen, dass der Adressat einer Regelung in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum Anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 13.10.2010 - 7 B 50.10 - juris Rn. 8 und Urteil vom 02.07.2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 m.w.N.). Dabei muss sich die “Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 m.w.N.). Will oder muss die Behörde dem Betroffenen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Freiheit überlassen, selbst auszuwählen, mit welchem Mittel das mit dem Verwaltungsakt verfolgte Ziel erreicht werden soll, kann oder muss sie sich auf die Angabe eines Zieles beschränken. Das gilt gerade auch bei Verpflichtungen, welche in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Verfügungsbefugnis über das Grundeigentum eingreifen. Insoweit kann es demzufolge geboten sein, die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gering zu halten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <339, 341>). Auch ein solcher, nur das Ziel regelnder Verwaltungsakt kann vollstreckungsfähig sein, vorausgesetzt, das Ziel ist inhaltlich hinreichend bestimmt bezeichnet (vgl. Lemke, a.a.O. S. 179).
24 
Gemessen daran ist die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 "Sofern das Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet werden sollte, sind die Außenwände in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten." kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt i. S. des § 2 LVwVG. Sie ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.
25 
Die Nebenbestimmung schreibt dem Kläger unter der - hier eingetretenen - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG), dass das genehmigte Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet wird, zur Sicherstellung der gesetzlichen, insbesondere naturschutzrechtlichen (vgl. §§ 13 ff. BNatSchG), Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LBO) ein positives Tun im Sinne einer erzwingbaren Auflage vor (§ 36 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Die Auflage bezeichnet zwar den Gegenstand dieser Handlungspflicht (Außenwände des Melkhauses) hinreichend bestimmt. Das trifft aber nicht für ihren weiteren Regelungsgehalt "in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten" zu. Insoweit ist der im objektiven Erklärungswert der Auflage zum Ausdruck kommende behördliche Wille unterschiedlicher subjektiver Bewertung zugänglich.
26 
Das Landratsamt hat sich zur Erreichung des mit der Auflage verfolgten naturschutzrechtlichen Zieles, eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die farbliche Gestaltung der Außenwände des Melkhauses zu vermeiden, erkennbar darauf beschränken wollen, dem Kläger als Bauherrn lediglich dieses Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten Farbe selbst zu überlassen. Das ist zwar - wie dargelegt - im Grundsatz rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hat ihr naturschutzrechtliches Ziel jedoch, auch wenn die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gegebenenfalls gering zu halten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990. a.a.O.), inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Ihre Formulierung "landschaftlich unauffälliger Farbton" eröffnet einen weiten Wertungsspielraum, der ohne eine weitere Konkretisierung offen lässt, welcher farbliche Außenanstrich noch oder nicht mehr zulässig ist. Sie bezieht sich nach der auch für den Kläger erkennbaren Zielrichtung der - nicht weiter begründeten - Auflage zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 zwar nicht auf irgendeine Landschaft, sondern nur auf diejenige in der Umgebung des Melkhauses. Sie präzisiert aber nicht hinreichend, welche - dem Kläger prinzipiell freigestellte - Farbtöne in dieser Landschaft "auffällig" oder "unauffällig" sind. Zwar mag die Formulierung einzelne für jeden vor Ort und zu jeder Jahreszeit und Witterung eindeutig als landschaftlich auffällig erkennbare Farbtöne wie Rot oder Gelb ausschließen oder umgekehrt für jeden dort eindeutig als landschaftlich unauffällig erkennbare Farbtöne in Dunkelbraun zulassen. Im Übrigen ist jedoch in Anbetracht sowohl der Variationsbreite möglicher Farbtöne (vgl. etwa den RAL-Farbkatalog) und Lichtverhältnisse als auch jahreszeitlich- und witterungsbedingt unterschiedlicher Farben der Landschaft selbst (grüne Wiesen im Sommer, weiße schneebedeckte Wiesen im Winter) eine klare, keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugängliche und insbesondere auch für eine mögliche Vollstreckung der Auflage nötige Abgrenzung eines "landschaftlich auffälligen" von einem "landschaftlich unauffälligen" Farbanstrich des genehmigten Melkhauses in der konkreten Umgebung des Bauvorhabens nicht möglich. Das gilt gerade auch für grüne Farbtöne, wie der RAL-Farbkatalog verdeutlicht.
27 
Will die Behörde eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den Außenanstrich eines Gebäudes im Außenbereich vermeiden, muss sie deshalb entweder dem Bauherrn - vor allem, wenn er damit einverstanden ist - eine Auswahl zulässiger konkreter Farbtöne positiv vorgeben oder aber, wenn sie nicht übermäßig in seine Verfügungsbefugnis eingreifen will, sich darauf beschränken, nur eine Auswahl unzulässiger konkreter Farbtöne zu bezeichnen. Dass dies ohne Weiteres möglich und zumutbar ist, zeigt schon die Tatsache, dass das Landratsamt in Satz 2 derselben Nebenbestimmung für den Anstrich der sägerauen Holzverschalung des Milchviehlaufstalles den Farbton "dunkelbraun" vorgeschrieben hat. Es ist auch nicht Aufgabe des Klägers, sich nach Erlass der Baugenehmigung bei der Behörde nach der Zulässigkeit des von ihm gewählten Farbtons zu erkundigen. Aus § 36 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 1 LVwVfG folgt vielmehr das Gegenteil. Schon aus dem Regelungsgehalt der Auflage selbst muss hinreichend bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein, welcher Farbanstrich vorgeschrieben ist. Unklarheiten muss der Adressat nicht in Eigeninitiative aufklären. Diese gehen vielmehr zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteil vom 12.01.1973 - VII C 3.71 - BVerwGE 41, 306, und vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 <317>; Kopp/Ramsauer VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 5).
28 
Nicht gefolgt werden kann der sinngemäßen Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Regelungsgehalt der streitigen Auflage sei jedenfalls hinsichtlich solcher Farbtöne hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig, die "ohne vernünftige Zweifel und ohne vernünftige subjektiv verschiedene Bewertungsmöglichkeiten" als landschaftlich unauffällig oder auffällig anzusehen seien. Einer solchen, gleichsam geltungserhaltend-reduzierenden Auslegung der Nebenbestimmung steht hier bereits der erkennbare Wille der Behörde entgegen, dem Kläger nur das Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten farblichen Gestaltung selbst zu überlassen. Ungeachtet dessen schließen aber auch Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots sowie die berechtigten Interessen des Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts eine solche Auslegung aus. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Unklarheiten im objektiven Erklärungswert gehen zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteile vom 12.01.1973 und vom 18.04.1997, a.a.O.). Nach der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht ließe sich in vielen Fällen unbestimmt weit gefasster Handlungsgebote im Nachhinein ein bestimmbarer und vollstreckungsfähiger "Kern" identifizieren. Denn jedem unbestimmten Handlungsgebot wird zumeist auch irgendeine Handlung zuzuordnen sein, die eindeutig darunter oder auch nicht mehr darunter fällt, unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt den Anforderungen des § 37 Abs. 1 LVwVfG entspricht oder nicht. Dadurch würde der Zweck des Bestimmtheitsgebots unterlaufen, gerade auch die Grenzen des durch den Verwaltungsakt geforderten Handelns hinreichend bestimmt aufzuzeigen. Die Behörde könnte den Verfügungssatz des Handlungsgebots in der Grundverfügung zunächst unbestimmt weit fassen und im Vollstreckungsverfahren geltend machen, jedenfalls ein ganz bestimmtes, von ihr selbst - im Nachhinein bezeichnetes - Handeln sei vom Verwaltungsakt erfasst und der Verwaltungsakt insoweit vollstreckungsfähig. Damit würden Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots verfehlt, dem Adressaten schon mit Erlass der Grundverfügung zu verdeutlichen, welches konkrete Tun von ihm erwartet wird, und eine ohne Weiteres vollstreckungsfähige Grundlage zu schaffen.
29 
Das Landratsamt hat die streitige Auflage schließlich auch nicht nachträglich durch eine präzisierende Ergänzung inhaltlich hinreichend bestimmt gemacht (vgl. zu dieser Möglichkeit Sadler, a.a.O. Rn. 6). Die in der Begründung der angefochtenen Zwangsmittelandrohung und im dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums angestellten Erwägungen zur Auslegung der Auflage sind schon deshalb keine solche Ergänzung, weil sie lediglich zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelandrohung dienen. Ob im Übrigen der vorhandene grüne Anstrich des Melkhauses gegen baurechtliche oder andere öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, insbesondere weil er - wie der Beklagte geltend macht - das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt oder gar verunstaltet, ist für die Rechtmäßigkeit der ausschließlich zur Durchsetzung der Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 ergangenen Zwangsgeldandrohung unerheblich.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
31 
Beschluss vom 10. Januar 2013
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.6.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
20 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 125 Abs. 1 Satz 1, § 101 Abs. 2 VwGO).
21 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte Berufung ist auch sonst zulässig. Sie ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klage ist zulässig und begründet. Der Bescheid des Landratsamts Tübingen vom 15.06.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Tübingen vom 20.11.2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Denn die darin nach § 20 LVwVG verfügte Zwangsgeldandrohung verstößt gegen § 2 LVwVG, weil die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt im Sinne des § 2 LVwVG ist. Sie ist demzufolge ebenso wie die ihr rechtliches Schicksal insoweit teilende (vgl. § 24 LGebG) Gebührenfestsetzung im angefochtenen Bescheid aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
22 
Nach § 2 LVwVG können Verwaltungsakte vollstreckt werden, wenn sie unanfechtbar geworden sind oder wenn die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt. Die Vorschrift regelt eine allgemeine Voraussetzung für Maßnahmen, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden, und gilt demzufolge auch bereits für eine Zwangsmittelandrohung nach § 20 LVwVG. Sie ermöglicht nur die Vollstreckung eines im Sinne inhaltlich hinreichender Bestimmtheit (§ 37 Abs. 1 LVwVfG) vollstreckungsfähigen Verwaltungsakts als Grundlage (Titel) der Verwaltungsvollstreckung. Denn die für Einleitung und Durchführung der Verwaltungsvollstreckung erforderliche konkrete Feststellung, dass der Pflichtige seine Verpflichtung aus dem Verwaltungsakt noch nicht erfüllt hat (vgl. auch § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG), ist nur bei einem inhaltlich hinreichend bestimmten Verwaltungsakt möglich. Ist ein Verwaltungsakt wegen inhaltlicher Unbestimmtheit nicht vollstreckungsfähig, schließt dieser Mangel Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung aus (VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 04.11.1980 - 10 S 890/80 - und vom 09.04.1981 - 10 S 2129/80 - VBlBW 1982, 97 <98>; OVG Hamburg, Urteil vom 03.07.1952 - OVG Bf. II 604/51 - VwRspr Bd. 5 Nr. 117; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.01.1998 - 10 B 3029/97 - BRS 60 Nr. 171; Bayerischer VGH, Beschluss vom 04.07.2012 - 22 ZB 12.204 - juris; Fliegauf/Maurer, LVwVG, 2. Auflage, § 1 Rn. 3; Lemke, Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes und der Länder, 1997, S. 177 f.; Sadler, VwVG, VwZG, 8. Auflage, § 6 Rn. 13; Schneider, LVwVG, § 1 Rn. 4). Das gilt auch dann, wenn der Bestimmtheitsmangel "nur" zur Rechtswidrigkeit, nicht aber zur Unwirksamkeit des Verwaltungsakts infolge Nichtigkeit (§ 43 Abs. 3 i.V.m. § 44 Abs. 1 LVwVfG) führt. Denn auch ein - bestandskräftiger oder sofort vollziehbarer - wirksamer, aber inhaltlich unbestimmter Verwaltungsakt ist nicht vollstreckungsfähig. Insoweit erfährt der tragende Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts, dass es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Vollstreckungsmaßnahme auf die Rechtmäßigkeit einer Grundverfügung nicht ankommt (BVerwG, Urteil vom 13.03.1984 - 4 C 31.81 - NJW 1984, 2591 <2592>; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss des 1. Senats vom 07.12.1998 - 1 BvR 831/89 - NVwZ 1999, 290), eine Ausnahme. Die Unbestimmtheit der Grundverfügung "infiziert" eine zu ihrer Durchsetzung ergehende Vollstreckungsmaßnahme (vgl. Lemke, a.a.O.).
23 
Das Bestimmtheitsgebot nach § 37 Abs. 1 LVwVfG erfordert zum einen, dass der Adressat einer Regelung in der Lage sein muss zu erkennen, was von ihm gefordert wird, und zwar in dem Sinne, dass der behördliche Wille keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugänglich ist. Zum Anderen muss der Verwaltungsakt Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts, insbesondere nach dem Regelungsgehalt des Verwaltungsaktes und dem mit ihm verfolgten Zweck (BVerwG, Beschluss vom 13.10.2010 - 7 B 50.10 - juris Rn. 8 und Urteil vom 02.07.2008 - 7 C 38.07 - BVerwGE 131, 259 m.w.N.). Dabei muss sich die “Regelung“ (§ 35 Satz 1 LVwVfG) nicht unmittelbar und allein aus dem Entscheidungssatz ergeben. Es reicht aus, wenn sie sich aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren, den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen, unzweifelhaft erkennen lässt (BVerwG, Urteil vom 25.04.2001 - 6 C 6.00 - BVerwGE 114, 160 m.w.N.). Will oder muss die Behörde dem Betroffenen aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die Freiheit überlassen, selbst auszuwählen, mit welchem Mittel das mit dem Verwaltungsakt verfolgte Ziel erreicht werden soll, kann oder muss sie sich auf die Angabe eines Zieles beschränken. Das gilt gerade auch bei Verpflichtungen, welche in die durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschützte Verfügungsbefugnis über das Grundeigentum eingreifen. Insoweit kann es demzufolge geboten sein, die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gering zu halten (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990 - 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <339, 341>). Auch ein solcher, nur das Ziel regelnder Verwaltungsakt kann vollstreckungsfähig sein, vorausgesetzt, das Ziel ist inhaltlich hinreichend bestimmt bezeichnet (vgl. Lemke, a.a.O. S. 179).
24 
Gemessen daran ist die mit dem angedrohten Zwangsmittel zu vollstreckende Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 "Sofern das Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet werden sollte, sind die Außenwände in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten." kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt i. S. des § 2 LVwVG. Sie ist inhaltlich nicht hinreichend bestimmt.
25 
Die Nebenbestimmung schreibt dem Kläger unter der - hier eingetretenen - Bedingung (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 LVwVfG), dass das genehmigte Melkhaus nicht mit einer sägerauen Holzverschalung verkleidet wird, zur Sicherstellung der gesetzlichen, insbesondere naturschutzrechtlichen (vgl. §§ 13 ff. BNatSchG), Voraussetzungen für die Erteilung der Baugenehmigung (§ 58 Abs. 1 Satz 1 LBO) ein positives Tun im Sinne einer erzwingbaren Auflage vor (§ 36 Abs. 1 Alt. 2, Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG). Die Auflage bezeichnet zwar den Gegenstand dieser Handlungspflicht (Außenwände des Melkhauses) hinreichend bestimmt. Das trifft aber nicht für ihren weiteren Regelungsgehalt "in einem landschaftlich unauffälligem Farbton zu gestalten" zu. Insoweit ist der im objektiven Erklärungswert der Auflage zum Ausdruck kommende behördliche Wille unterschiedlicher subjektiver Bewertung zugänglich.
26 
Das Landratsamt hat sich zur Erreichung des mit der Auflage verfolgten naturschutzrechtlichen Zieles, eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch die farbliche Gestaltung der Außenwände des Melkhauses zu vermeiden, erkennbar darauf beschränken wollen, dem Kläger als Bauherrn lediglich dieses Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten Farbe selbst zu überlassen. Das ist zwar - wie dargelegt - im Grundsatz rechtlich nicht zu beanstanden. Sie hat ihr naturschutzrechtliches Ziel jedoch, auch wenn die Anforderungen an die Bestimmtheit einer Anordnung zur Durchsetzung baurechtlicher Vorschriften gegebenenfalls gering zu halten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1990. a.a.O.), inhaltlich nicht hinreichend bestimmt. Ihre Formulierung "landschaftlich unauffälliger Farbton" eröffnet einen weiten Wertungsspielraum, der ohne eine weitere Konkretisierung offen lässt, welcher farbliche Außenanstrich noch oder nicht mehr zulässig ist. Sie bezieht sich nach der auch für den Kläger erkennbaren Zielrichtung der - nicht weiter begründeten - Auflage zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 zwar nicht auf irgendeine Landschaft, sondern nur auf diejenige in der Umgebung des Melkhauses. Sie präzisiert aber nicht hinreichend, welche - dem Kläger prinzipiell freigestellte - Farbtöne in dieser Landschaft "auffällig" oder "unauffällig" sind. Zwar mag die Formulierung einzelne für jeden vor Ort und zu jeder Jahreszeit und Witterung eindeutig als landschaftlich auffällig erkennbare Farbtöne wie Rot oder Gelb ausschließen oder umgekehrt für jeden dort eindeutig als landschaftlich unauffällig erkennbare Farbtöne in Dunkelbraun zulassen. Im Übrigen ist jedoch in Anbetracht sowohl der Variationsbreite möglicher Farbtöne (vgl. etwa den RAL-Farbkatalog) und Lichtverhältnisse als auch jahreszeitlich- und witterungsbedingt unterschiedlicher Farben der Landschaft selbst (grüne Wiesen im Sommer, weiße schneebedeckte Wiesen im Winter) eine klare, keiner unterschiedlichen subjektiven Bewertung zugängliche und insbesondere auch für eine mögliche Vollstreckung der Auflage nötige Abgrenzung eines "landschaftlich auffälligen" von einem "landschaftlich unauffälligen" Farbanstrich des genehmigten Melkhauses in der konkreten Umgebung des Bauvorhabens nicht möglich. Das gilt gerade auch für grüne Farbtöne, wie der RAL-Farbkatalog verdeutlicht.
27 
Will die Behörde eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch den Außenanstrich eines Gebäudes im Außenbereich vermeiden, muss sie deshalb entweder dem Bauherrn - vor allem, wenn er damit einverstanden ist - eine Auswahl zulässiger konkreter Farbtöne positiv vorgeben oder aber, wenn sie nicht übermäßig in seine Verfügungsbefugnis eingreifen will, sich darauf beschränken, nur eine Auswahl unzulässiger konkreter Farbtöne zu bezeichnen. Dass dies ohne Weiteres möglich und zumutbar ist, zeigt schon die Tatsache, dass das Landratsamt in Satz 2 derselben Nebenbestimmung für den Anstrich der sägerauen Holzverschalung des Milchviehlaufstalles den Farbton "dunkelbraun" vorgeschrieben hat. Es ist auch nicht Aufgabe des Klägers, sich nach Erlass der Baugenehmigung bei der Behörde nach der Zulässigkeit des von ihm gewählten Farbtons zu erkundigen. Aus § 36 Abs. 2 Nr. 4 i. V. m. § 37 Abs. 1 LVwVfG folgt vielmehr das Gegenteil. Schon aus dem Regelungsgehalt der Auflage selbst muss hinreichend bestimmt oder jedenfalls bestimmbar sein, welcher Farbanstrich vorgeschrieben ist. Unklarheiten muss der Adressat nicht in Eigeninitiative aufklären. Diese gehen vielmehr zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteil vom 12.01.1973 - VII C 3.71 - BVerwGE 41, 306, und vom 18.04.1997 - 8 C 43.95 - BVerwGE 104, 301 <317>; Kopp/Ramsauer VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 37 Rn. 5).
28 
Nicht gefolgt werden kann der sinngemäßen Ansicht des Verwaltungsgerichts, der Regelungsgehalt der streitigen Auflage sei jedenfalls hinsichtlich solcher Farbtöne hinreichend bestimmt und vollstreckungsfähig, die "ohne vernünftige Zweifel und ohne vernünftige subjektiv verschiedene Bewertungsmöglichkeiten" als landschaftlich unauffällig oder auffällig anzusehen seien. Einer solchen, gleichsam geltungserhaltend-reduzierenden Auslegung der Nebenbestimmung steht hier bereits der erkennbare Wille der Behörde entgegen, dem Kläger nur das Ziel vorzuschreiben, ihm aber die Auswahl der konkreten farblichen Gestaltung selbst zu überlassen. Ungeachtet dessen schließen aber auch Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots sowie die berechtigten Interessen des Adressaten eines belastenden Verwaltungsakts eine solche Auslegung aus. Das Bestimmtheitsgebot dient der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit. Unklarheiten im objektiven Erklärungswert gehen zu Lasten der Behörde (BVerwG, Urteile vom 12.01.1973 und vom 18.04.1997, a.a.O.). Nach der vom Verwaltungsgericht vertretenen Ansicht ließe sich in vielen Fällen unbestimmt weit gefasster Handlungsgebote im Nachhinein ein bestimmbarer und vollstreckungsfähiger "Kern" identifizieren. Denn jedem unbestimmten Handlungsgebot wird zumeist auch irgendeine Handlung zuzuordnen sein, die eindeutig darunter oder auch nicht mehr darunter fällt, unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt den Anforderungen des § 37 Abs. 1 LVwVfG entspricht oder nicht. Dadurch würde der Zweck des Bestimmtheitsgebots unterlaufen, gerade auch die Grenzen des durch den Verwaltungsakt geforderten Handelns hinreichend bestimmt aufzuzeigen. Die Behörde könnte den Verfügungssatz des Handlungsgebots in der Grundverfügung zunächst unbestimmt weit fassen und im Vollstreckungsverfahren geltend machen, jedenfalls ein ganz bestimmtes, von ihr selbst - im Nachhinein bezeichnetes - Handeln sei vom Verwaltungsakt erfasst und der Verwaltungsakt insoweit vollstreckungsfähig. Damit würden Sinn und Zweck des Bestimmtheitsgebots verfehlt, dem Adressaten schon mit Erlass der Grundverfügung zu verdeutlichen, welches konkrete Tun von ihm erwartet wird, und eine ohne Weiteres vollstreckungsfähige Grundlage zu schaffen.
29 
Das Landratsamt hat die streitige Auflage schließlich auch nicht nachträglich durch eine präzisierende Ergänzung inhaltlich hinreichend bestimmt gemacht (vgl. zu dieser Möglichkeit Sadler, a.a.O. Rn. 6). Die in der Begründung der angefochtenen Zwangsmittelandrohung und im dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums angestellten Erwägungen zur Auslegung der Auflage sind schon deshalb keine solche Ergänzung, weil sie lediglich zur Begründung der Rechtmäßigkeit der Zwangsmittelandrohung dienen. Ob im Übrigen der vorhandene grüne Anstrich des Melkhauses gegen baurechtliche oder andere öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt, insbesondere weil er - wie der Beklagte geltend macht - das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt oder gar verunstaltet, ist für die Rechtmäßigkeit der ausschließlich zur Durchsetzung der Nebenbestimmung Nr. 15 Satz 3 zur Baugenehmigung vom 24.07.2007 ergangenen Zwangsgeldandrohung unerheblich.
30 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Zulassungsgrund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
31 
Beschluss vom 10. Januar 2013
32 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 200,00 Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG, in Anlehnung an Nr. 1.6.1 Satz 2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung Juli 2004, NVwZ 2004, 1327).
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

10 B 14.2246

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 22. September 2015

(VG Würzburg, Entscheidung vom 14. März 2013, Az.: W 5 K 12.555)

10. Senat

Sachgebietsschlüssel: 512

Hauptpunkte: Fortsetzungsfeststellungsklage; berechtigtes Interesse; Wiederholungsgefahr; versammlungsrechtliche Beschränkungen; Versammlung mit Hungerstreik; Einbringen von Gegenständen in die Versammlung; funktionaler Bezug zur gewählten Form der Versammlung; objektiver Maßstab

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Stadt Würzburg,

vertreten durch den Oberbürgermeister, Domstr. 1, Würzburg,

- Beklagte -

beteiligt:

Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des öffentlichen Interesses, Ludwigstr. 23, München,

wegen versammlungsrechtlicher Beschränkungen;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. März 2013,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 10. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Senftl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Martini, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Zimmerer aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. September 2015 am 22. September 2015

folgendes

Urteil:

I.

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. März 2013 wird festgestellt, dass auch die Beschränkungen in Nr. 1.15 (Verbot des Aufstellens von Betten), 1.17 (Beschränkung auf einen Pavillon) und Nr. 1.19 (Pavillon muss auf allen Seiten offen sein) im Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2012 rechtswidrig waren.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die in Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids der Beklagten vom 15. Juni 2012 verfügten versammlungsrechtlichen Beschränkungen für eine Dauerversammlung zum Thema Asylrecht vom 16. Juni 2012 bis einschließlich 16. August 2012 in W. weiter.

Unter dem 13. Juni 2012 meldete der Kläger bei der Beklagten die Durchführung einer „Dauerversammlung zum Thema Asylrecht in der Form des Hungerstreiks rund um die Uhr vom 16. Juni 2012 bis einschließlich 16. August 2012“ an. Mit Bescheid vom 15. Juni 2012 setzte die Beklagte u. a. folgende Beschränkungen fest:

Nr. 1.15 Das Aufstellen von Betten ist untersagt.

Nr. 1.17 Als Kundgebungsmittel sind zugelassen:

- Maximal sechs Stühle, die klapp-, stapelbar sein sollen,

- ein Tisch, in einer Größe von maximal 2 x 0,5 m für die Auslage von Infomaterial, Unterschriftslisten,

- ein Pavillon (3 x 3 m),

- Plakate,

- Bilder.

Bilder und Plakate dürfen an einzelnen Seiten des Pavillons nicht den Eindruck der völligen Geschlossenheit erzeugen.

Nr. 1.19 Der Pavillon muss auf allen Seiten offen sein.

Zur Begründung dieser Beschränkungen führte die Beklagte im Bescheid vom 15. Juni 2012 im Wesentlichen an, dass das Nächtigen auf öffentlichen Flächen in konsequenter Anwendung des § 4 Abs. 1 Nr. 2 ihrer Sicherheitssatzung zu untersagen gewesen sei. Das Übernachten in den Zelten habe nicht die Meinungskundgabe zum Ziel. Seit Beginn der Veranstaltung erfolgten die Meinungskundgabe und das Platzieren der Thematik durch Plakate, Transparente, Diskussionen, Interviews, Bilder und Schriften. Eine Übernachtung sei hierfür nicht notwendig. Im Übrigen werde auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. April 2012 (10 CS 12.767) verwiesen. In konsequenter Umsetzung dieser Überlegungen, gesehen im Lichte der Situation vor Ort seit dem 13. April 2012, seien bei den Kundgebungsmitteln die bisherigen zwei Pavillons in Ziffer 1.17 auf einen Pavillon zu reduzieren, der nach Ziffer 1.19 dauerhaft an allen Seiten geöffnet sein müsse. Der zweite Pavillon diene seit dem 13. April 2012 weder dem konkreten Versammlungszweck noch der damit verbundenen kollektiven Aussage der Teilnehmer. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der zweite Pavillon seit dem Umzug auf den Unteren Markt zunächst durchgehend geschlossen gewesen sei. In diesem Bereich erfolge keine Meinungskundgabe.

Der Antrag des Klägers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer noch zu erhebenden Klage u. a. gegen die in Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012 verfügten Beschränkungen wurde vom Verwaltungsgericht Würzburg abgelehnt. Mit Beschluss vom 2. Juli 2012 ordnete der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung der noch zu erhebenden Klage gegen die Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012 mit den in den Gründen dargelegten Maßgaben an.

Zum Aufstellen der Betten (Nr. 1.15) führte der Senat aus, dass die Beklagte jegliches Aufstellen von Betten im angefochtenen Bescheid untersagt habe, der Kläger dagegen geltend mache, dass bei einer Versammlung rund um die Uhr ein zeitweiliges Ausruhen oder Schlafen der Versammlungsteilnehmer für die effektive Grundrechtswahrnehmung unabdingbar sei. Der Senat sei der Auffassung, dass drei Betten ausreichten, um das Ruhebedürfnis der Versammlungsteilnehmer zu befriedigen. Auf ein gemeinsames gleichzeitiges Nächtigen hätten die Versammlungsteilnehmer keinen Anspruch. Auch der Hinweis des Klägers darauf, dass Versammlungsteilnehmer während des Hungerstreiks ein erhöhtes Schlafbedürfnis hätten, greife nicht durch. Ein Hungerstreik könne ein Mittel sein, um dem Motto der Versammlung besonderen Nachdruck zu verleihen. Daraus folge aber kein Recht, dass der Hungerstreik möglichst komfortabel durchgeführt werden könne. Sei ein Teilnehmer derart geschwächt, dass er an einer Versammlung unter freiem Himmel nicht mehr teilnehmen könne, müsse er notfalls die Versammlung verlassen.

Zu den unter Nr. 1.17 angeführten Kundgebungsmitteln führte der Senat im Beschluss vom 2. Juli 2012 aus, dass die lange andauernde stationäre Versammlung ohne den zweiten Pavillon praktisch nicht durchführbar sei. Bereits im Beschluss vom 12. April 2012 habe der Senat dargelegt, dass gewichtige Gründe dafür sprächen, dass diese von den Versammlungsteilnehmern gewählte Form der Präsentation und Meinungsäußerung, auf die schwierige Lage der Asylsuchenden und ihren Leidensdruck in der Öffentlichkeit gerade auch über einen längeren Zeitraum mit einer Art Mahnwache besonders aufmerksam zu machen und dabei der interessierten Öffentlichkeit Einblicke und Bilder über ihr tägliches Leben, Unterlagen und Dokumente ihrer Asylverfahren etc. zu bieten und zu erläutern sowie Unterschriftslisten auszulegen, wohl einen wesentlichen, inhaltsbezogenen Bestandteil der Kundgebung bilde und andererseits der Aufstellung von zwei Pavillons entgegenstehende gewichtige öffentliche Interessen weder hinreichend geltend gemacht noch für den Senat sonst ersichtlich seien. Der zweite Pavillon sei neben anderen versammlungsbezogenen Funktionen gerade auch zum Ausruhen der Versammlungsteilnehmer als erforderlich angesehen worden. Das Einlegen von Ruhepausen, das Ausruhen und Schlafen zur Sicherung der effektiven Kundgabe des Anliegens der Versammlungsteilnehmer sei im Gegensatz zum dauernden Nächtigen ausweislich der Nr. 1.16 des angefochtenen Bescheides nicht verboten. Auch die Verfügung der Beklagten, der Pavillon müsse auf allen Seiten durchgehend offen sein, sei rechtlich zu beanstanden.

Die vom Kläger bezüglich der Beschränkungen in Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012 erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage wies das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg - bei teilweiser Stattgabe der Klage bezüglich weiterer versammlungsrechtlicher Beschränkungen - mit Urteil vom 14. März 2013 insoweit ab.

Grundsätzlich seien schon Pavillons, die Informationsstände beherbergten, versammlungsrechtlich nicht geschützt. Dies gelte jedenfalls für Informationsstände, die auf einen dauerhaften Betrieb ausgelegt seien, also über die kurzfristige Begleitung einer Demonstration oder Kundgebung hinausgingen. Informationsstände unterfielen grundsätzlich den Vorgaben des Straßen- und Wegerechts bzw. Ortsrechts und genössen keine versammlungsrechtlichen Privilegien. Dies gelte erst recht für einen zweiten Pavillon, der noch nicht einmal für die Unterbringung eines Informationsstandes, sondern zu Aufenthaltszwecken vorgesehen gewesen sei. Der zweite Pavillon sei vom Beginn der Versammlung an primär als Schlaf- und Lagerstätte genutzt worden. Der Aufbau und Betrieb von Zelten und wie Zelte genutzter Pavillons könne nach Art. 15 Abs. 1 Bayerisches Versammlungsgesetz untersagt werden, weil Zelte und wie Zelte genutzte Pavillons vorliegend keine Versammlungsbestandteile gewesen seien. Nichts anderes gelte für die Nutzung von Betten. Es könne zwar in ganz außergewöhnlichen Einzelfällen auch möglich sein, mittels eines oder mehrerer Zelte eine kollektive Aussage zu treffen. Einem solchen Zweck hätten die von den Versammlungsteilnehmern aufgestellten Zelte und der zweite Pavillon jedoch nicht gedient. Eine versammlungsrechtliche Symbolwirkung sei dem Camp aus Pavillons mit Liegeflächen, Igluzelten und zeitweise einem beheizten Versorgungszelt ersichtlich nicht zugekommen. Zelte, Pavillons und Betten seien einer Versammlung unter freiem Himmel grundsätzlich wesensfremd. Vom Versammlungsrecht nicht umfasst sei nämlich das Recht, körperliche Gegenstände wie Zelte oder Wohnwagen mit Inventar in die Versammlung einzubringen. Das Recht auf Versammlungen unter freiem Himmel gewährleiste grundsätzlich noch nicht einmal einen Rechtsanspruch auf das Aufstellen von Sitzgelegenheiten. Auch die Fortsetzung des Hungerstreiks von Versammlungsteilnehmern rechtfertige nicht die Verwendung von Pavillons und Betten. Der Anwendungsbereich des Versammlungsrechts erfasse nicht alle Versammlungen in gleicher Weise, sondern entfalte nach der Art der Versammlung differenzierende Wirkung. Eine Versammlung unter freiem Himmel unterliege anderen tatsächlichen Gegebenheiten und prägenden Strukturen als eine Versammlung in geschlossenen Räumen. Versammlungen unter freiem Himmel seien nur solche, die von ihrer Umgebung nicht durch feste Außenwände abgegrenzt seien. Versammlungen in Zelten oder geschlossenen Pavillons seien Versammlungen in geschlossenen Räumen. Zwar unterfielen auch länger andauernde Versammlungen, etwa Dauermahnwachen oder dergleichen, ohne weiteres dem Schutzzweck des Versammlungsrechts. Das dabei entstehende Bedürfnis nach einem zeitweiligen Schlafen der Versammlungsteilnehmer am Versammlungsort sei aber nicht mehr vom Versammlungsrecht geschützt. Es sei vielmehr Sache der Versammlungsteilnehmer, gegebenenfalls erforderliche Schlafpausen in Wohnräumen abseits des Versammlungsorts zu absolvieren. Lasse man das Schlafen der Versammlungsteilnehmer bei einer Versammlung unter freiem Himmel zu, sei ein dauerhaftes Campieren auf öffentlichen Flächen die nicht zu verhindernde Folge. Mutiere mit zunehmender Verweildauer die Gestaltung der individuellen Lebensverhältnisse zum eigentlichen Medium der Meinungskundgabe, drohe die Paradoxie, dass die durch spezifische Eigentümlichkeiten geprägte Lebensführung der Versammlungsteilnehmer einem permanenten privilegierten Sonderrecht unterstellt werde.

Auf Antrag des Klägers hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. März 2013, soweit es die Fortsetzungsfeststellungsklage bezüglich der Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids der Beklagten vom 15. Juni 2012 abgewiesen hat, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. März 2013 festzustellen, dass auch die Beschränkungen Nr. 1.15 (Verbot des Aufstellens von Betten), Nr. 1.17 (Beschränkung auf einen Pavillon) und 1.19 (Pavillon muss auf allen Seiten offen sein) im Bescheid der Beklagten vom 15. Juni 2012 rechtswidrig waren.

Das Verwaltungsgericht verkenne die Reichweite der Versammlungsfreiheit. Art. 8 GG enthalte keine zeitliche Beschränkung der Versammlungen. Nach seinem Wortlaut kenne Art. 8 GG ein herkömmliches Bild der Versammlung nicht. Der Begriff der Versammlung sei weit auszulegen. In welcher Form die Versammlungsteilnehmer ihre Meinung kundtun wollten, obliege, solange die Versammlung friedlich bleibe, allein ihnen selbst. Bei der vom Kläger gewählten Form einer Dauermahnwache unter freiem Himmel handle es sich um eine versammlungsrechtlich adäquate Form der Meinungsäußerung. Wenn eine Dauermahnwache aber uneingeschränkt dem Schutz der Versammlungsfreiheit unterliege, dann müssten auch alle für die Durchführung einer solchen Mahnwache erforderlichen Utensilien unter den Schutz der Versammlungsfreiheit fallen, ohne einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis zu bedürfen. Zudem hätten die Versammlungsteilnehmer das Recht, eine Versammlungsform zu wählen, die nach ihrer Meinung ihr Anliegen angemessen zum Ausdruck bringe. Die hierfür erforderlichen Mittel unterfielen ebenfalls der Versammlungsfreiheit. Die zeltähnlichen Pavillons seien ein wesentliches Ausdrucksmittel dessen, was durch die Versammlung der Öffentlichkeit kundgetan werden solle. Die zum Teil offenen, zeltähnlichen Pavillons brächten den Zustand eines unbehausten Campierens, dem die Asylbewerber täglich ausgesetzt seien, adäquat zum Ausdruck. Ein einzelner ordentlicher Pavillon reiche zur Erzeugung dieses Eindrucks nicht aus. Der vom Verwaltungsgericht gerügte Zustand der Versammlung in mehreren Pavillons, Liegeflächen, Igluzelten und beheiztem Versorgungszelt mit Wolldecken und Kissen sei nicht das Ergebnis des Lebensstils unordentlich hausender Asylbewerber, sondern die absichtliche Darstellung der Situation von Flüchtlingen und Asylbewerbern. Gerade dieser Zustand symbolisiere die prekäre Situation der Asylbewerber. Es stehe den Versammlungsteilnehmern auch frei, in welcher Form sie ihre politische Meinung äußern wollten. Sie seien keinesfalls auf schriftliche Aussagen auf Plakaten oder Vorträgen in freier Rede begrenzt. Sie könnten ihr Anliegen auch durch Symbole zum Ausdruck bringen, wie dies vorliegend mit den Pavillons geschehen sei. Eine solche weite Auslegung des Versammlungsbegriffs mache das Versammlungsrecht auch nicht konturlos, denn ersichtlich könne nicht jede politische Meinung durch den symbolischen Nachbau eines Flüchtlingslagers dargestellt werden. Unstreitig dürfte es sein, dass, sofern die Gegenstände wie hier essentieller Bestandteil der demonstrativen Aussage seien, sie eindeutig dem Versammlungsrecht unterfielen und von der Versammlungsfreiheit geschützt würden. Aber nicht nur die Gegenstände, die von essentieller Bedeutung für die Aussage seien, würden vom Versammlungsrecht geschützt. Es sei auch überwiegende Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass bei Mahnwachen ein Witterungsschutz in Form von Planen, Verpflegungs- und Sanitäreinrichtungen versammlungsrechtlich zulässig sei. Durch den Einsatz von Hilfsmitteln werde aus einer Versammlung unter freiem Himmel auch nicht eine Versammlung in geschlossenen Räumen. Die Versammlung habe nicht, wie dies für eine Versammlung in geschlossenen Räumen typisch sei, wesentlich der Selbstverständigung der Teilnehmer untereinander gedient, sondern sie habe von vornherein darauf abgezielt, möglichst viele Menschen anzusprechen. Dieses Anliegen sei durch die Pavillons nicht verhindert, sondern gefördert worden. Sofern eine bestimmte Form einer Veranstaltung grundsätzlich von der Versammlungsfreiheit geschützt werde, müssten auch die zur Durchführung einer solchen Versammlung unbedingt erforderlichen Hilfsmittel geschützt sein. Dies betreffe vorliegend die Pavillons als Witterungsschutz ebenso wie das Recht, zu schlafen und die dafür erforderlichen Schlafstätten, Betten etc. zur Verfügung zu haben. Die Auffassung, dass, wer eine Veranstaltung im Freien durchführe, sich damit der Witterung aussetze, sei sicher zutreffend, könne jedoch nichts daran ändern, dass für eine Dauermahnwache ein gewisser Witterungsschutz erforderlich sei, damit sie überhaupt durchgeführt werden könne. Ein nach allen Seiten offener Pavillon biete keinen ausreichenden Witterungsschutz. Ein teilweiser geschlossener Pavillon sei allein schon zum Schutz der Informationsmaterialien aus Papier und der für die Öffentlichkeitsarbeit heute zwingend notwendigen Computer erforderlich. Die erforderliche Zahl solcher Pavillons richte sich nach der Zahl der Teilnehmer. Vorliegend hätten an der Versammlung im Durchschnitt über 20 Personen teilgenommen. Ein einzelner auch für das Unterstellen des Informationsmaterials genutzter Pavillon sei offensichtlich nicht ausreichend gewesen. Auch das Verbot, Betten aufzustellen, sei rechtswidrig. Es sei nicht zumutbar, dass die Teilnehmer bei der Dauerwache ununterbrochen wach seien. Ebenso könne von ihnen nicht verlangt werden, zum Schlafen nach Hause zu gehen. Die Teilnehmer müssten die Möglichkeit haben, sich auszuruhen. Zum Schlafen benötige man eine Bettstelle.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, Pavillons, die geschlossen und abgetrennt vom eigentlichen Versammlungsgeschehen der privaten Unterbringung der Versammlungsteilnehmer dienten, seien vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit nicht umfasst. Das nächtliche Schlafen am Versammlungsort sei weder Kundgebungsmittel noch Ausdruck der Meinungsäußerung der Versammlungsteilnehmer gewesen. Es sei den Versammlungsteilnehmern zuzumuten, zum Schlafen den Versammlungsort zu verlassen. Die Versammlung werde dadurch nicht unterbrochen.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses stellt keinen eigenen Antrag. Nach Aktenlage stelle sich jedoch die Frage, ob der zweite Pavillon als wesentliches Ausdrucksmittel für den Versammlungszweck gedient habe. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sei seine logistische Bedeutung gegenüber der funktionalen und inhaltsbezogenen Bedeutung so stark in den Vordergrund getreten, dass ein versammlungsrechtlicher Schutz ausscheide.

Der Verwaltungsgerichtshof hat am 21. September 2015 über die Berufung mündlich verhandelt. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens und der Verfahren 10 B 14.2242, 10 CS 12.767, 10 CS 12.848, 10 CS 12.1106 und 10 CS 12.1419 in beiden Instanzen und die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Die Klage ist zulässig (I.) und entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts in vollem Umfang begründet (II.).

I. Die Klage, die auf die Feststellung gerichtet ist, dass auch die Beschränkungen in Nr. 1.17, soweit darin als Kundgebungsmittel nur ein Pavillon (3 m x 3 m) zugelassen worden ist, und in Nr. 1.15 und Nr. 1.19 des Bescheids der Beklagten vom 15. Juni 2012 rechtswidrig waren, ist zulässig. Sie ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft (1.). Der Kläger war auch nach § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO klagebefugt (2.). Es liegt darüber hinaus das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der begehrten Feststellung vor.

1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft.

In den Fällen einer Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO hebt das Verwaltungsgericht nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO den angefochtenen Verwaltungsakt auf, soweit er rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Antrag durch Urteil aus, dass der Verwaltungsakt rechtswidrig war, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

Vorliegend haben sich die allein noch streitgegenständlichen Beschränkungen der Versammlung in Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids der Beklagten vom 15. Juni 2012 nach Klageerhebung, aber vor der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erledigt.

Die Beschränkungen stellten jeweils Verwaltungsakte dar. Denn es handelte sich dabei, wie Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dies voraussetzt, um Entscheidungen, die die Beklagte zur Regelung eines Einzelfalls, nämlich zur Regelung der vom Kläger für den Zeitraum vom 16. Juni 2012 bis zum 16. August 2012 angezeigten Versammlung, auf dem Gebiet des Versammlungsrechts getroffen hat und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet waren, weil sie für den Kläger als Veranstalter und Versammlungsleiter verbindlich festlegten, dass nur ein Pavillon, der an allen Seiten offen sein musste, errichtet und keine Betten aufgestellt werden durften.

Die angegriffenen Beschränkungen haben sich mit dem Verstreichen des Zeitraums, für den der Bescheid vom 15. Juni 2012 gelten sollte, durch Zeitablauf erledigt und sind dadurch nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG unwirksam geworden. Erledigung ist erst mit dem Ablauf des letzten Tages dieses Zeitraums am 16. August 2012 eingetreten, weil die Beschränkungen bis zu diesem Zeitpunkt Rechtswirkungen für die Versammlung des Klägers entfalteten. Der Kläger hat noch vor Eintritt der Erledigung innerhalb der Rechtsmittelfrist für den Bescheid vom 15. Juni 2012 am 4. Juli 2012 Anfechtungsklage erhoben.

2. Der Kläger war nach § 42 Abs. 2 Alt. 1 VwGO klagebefugt.

Nach dieser Regelung, die in den Fällen der Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend anwendbar ist (vgl. BayVGH, U. v. 8.3.2010 - 10 B 09.1102, 10 B 0910 B 09.1837 - juris Rn. 23; U. v. 20.3.2015 - 10 B 12.2280 - juris Rn. 31; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 286), weil die an die Stelle der Anfechtungsklage tretende Fortsetzungsfeststellungsklage einen zum Zeitpunkt der Erledigung des betreffenden Verwaltungsakts bereits vorhandenen Zulässigkeitsmangel nicht zu heilen vermag (vgl. BVerwG, U. v. 23.3.1982 - 1 C 157/79 - juris Rn. 23; Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 42 Rn. 375, wo § 42 Abs. 2 VwGO allerdings unmittelbar herangezogen wird), ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein. Dafür genügt es, dass die behauptete Rechtsverletzung möglich erscheint. Dies ist bereits dann anzunehmen, wenn eine Verletzung eigener subjektiver Rechte des Klägers nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (st. Rspr.; vgl. etwa BVerwG, U. v. 23.3.1982 - 1 C 157/79 - juris Rn. 23; U. v. 10.7.2001 - 1 C 35/00 - juris Rn. 15 jeweils m. w. N.). Danach ist der Kläger klagebefugt. Denn es erscheint zumindest möglich, dass er durch die streitgegenständlichen Beschränkungen in seinem Recht verletzt ist, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Für den Kläger, der iranischer Staatsangehöriger ist, folgt dieses Recht aus seiner allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG sowie aus Art. 11 Abs. 1 Halbsatz 1 Alt. 1 EMRK (vgl. Zeitler, Grundriss des Versammlungsrechts, 2015, S. 27; einschränkend in Bezug auf Art. 2 Abs. 1 GG vgl. Depenheuer in Maunz/Dürig, GG, Stand: 74 Ergänzungslieferung Mai 2015, Art. 8 Rn. 109), nach dem jeder das Recht hat, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln. Darüber hinaus ist dieses Recht einfachgesetzlich durch Art. 1 Abs. 1 BayVersG gewährleistet. Denn danach hat jedermann das Recht, sich friedlich und ohne Waffen öffentlich mit anderen zu versammeln.

Da die Möglichkeit einer Rechtsverletzung für die Bejahung der Klagebefugnis ausreicht, braucht an dieser Stelle noch nicht abschließend entschieden werden, ob die angezeigte Dauerversammlung mit Hungerstreik und sämtlichen in der Anzeige des Klägers genannten Kundgebungsmitteln eine Versammlung i. S. d. genannten Vorschriften darstellt (s.u. II.1.).

3. Der Kläger hat darüber hinaus das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung, dass die angegriffenen Beschränkungen des Bescheids vom 15. Juni 2012 rechtswidrig waren.

Als ein solches Interesse kommt grundsätzlich jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art in Betracht (vgl. BVerwG, B. v. 12.9.1989 - 1 C 40/88 - juris Rn. 10 m.w.N; BayVGH, U. v. 8.3.2010 - 10 B 09.1102, 10 B 0910 B 09.1837 - juris Rn. 25). Insbesondere besteht das erforderliche Feststellungsinteresse, wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht. In versammlungsrechtlichen Streitigkeiten setzt dies zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Kläger voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (BVerfG, B. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - juris Rn. 41). Nach der aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) ist hier auf der Grundlage der genannten Maßstäbe von einer Wiederholungsgefahr auszugehen.

Es besteht zunächst die Möglichkeit, dass der Kläger erneut eine vergleichbare Versammlung durchführt. Denn nach den Darlegungen in der mündlichen Verhandlung und unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles besteht erkennbar die Möglichkeit, dass der Kläger auch in Zukunft Versammlungen abhalten wird, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können, wobei nicht erforderlich ist, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden (vgl. BVerfG, a. a. O., Rn. 42).

Der Kläger lebt noch im Stadtgebiet der Beklagten und ist weiterhin politisch aktiv. Seine Bevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass immer wieder diskutiert werde, ob die Öffentlichkeit erneut mit einer vergleichbaren Aktion auf die Anliegen, die auch schon Gegenstand der damaligen Veranstaltung gewesen seien, hingewiesen werden solle. Außerdem hat sie darauf hingewiesen, dass sich auch ein Hungerstreik, wenn auch vielleicht mit einer geringeren Zahl an Teilnehmern, jederzeit wiederholen lasse. Vor diesem Hintergrund besteht nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs aber erkennbar die Möglichkeit, dass der Kläger erneut eine vergleichbare Versammlung veranstalten und leiten wird, die unter Verwendung von Pavillons über längere Zeit hinweg rund um die Uhr stattfindet und damit hinsichtlich der Zahl der zum Einsatz kommenden Pavillons und ihrer Nutzung sowie bezüglich der Zulässigkeit der Aufstellung von Betten zu den gleichen Rechtsproblemen, wie sie den streitgegenständlichen Bestimmungen in Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012 zugrunde lagen, und zu einer gleichen rechtlichen Beurteilung dieser Probleme durch die Versammlungsbehörde führen kann. Dies gilt umso mehr, als in einer Situation, in der wie gegenwärtig die Asylbewerberzahlen rasch ansteigen, mit dem Auftreten von Problemen zu rechnen ist, die mit denjenigen, die Auslöser der Versammlungen im Jahr 2012 waren, vergleichbar sind. Insbesondere liegt insoweit auf der Hand, dass die steigenden Asylbewerberzahlen zumindest vorübergehend mit einer längeren Dauer der einzelnen Asylverfahren und mit Schwierigkeiten bei der Unterbringung der Betroffenen verbunden sein können.

Ebenso wird die Beklagte nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs voraussichtlich auch zukünftig an ihrer Rechtsauffassung festhalten. Denn es ist nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon auszugehen, dass sie Beschränkungen der Durchführung weiterer vergleichbarer Versammlungen des Klägers wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. BVerfG, B. v. 3.3.2004 - 1 BvR 461/03 - juris Rn. 43).

Hinsichtlich der Nr. 1.17 des Bescheids vom 15. Juni 2012, die, soweit sie angegriffen ist, lediglich die Errichtung eines einzigen Pavillons zulässt, folgt dies zunächst daraus, dass der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung selbst vom Bestehen einer Wiederholungsgefahr ausgegangen ist, weil die Beklagte weiterhin einen zweiten Pavillon nicht als vom Grundrecht der Versammlungsfreiheit geschützt ansehe. Dies gilt in gleicher Weise für die Beschränkungen in Nr. 1.15 und Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012. Insoweit hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass eingebrachte Gegenstände wie Betten nicht mehr mit der Meinungskundgabe in Zusammenhang stünden und daher auch nicht geschützt seien. Zur Beschränkung in Nr. 1.19 hat sich der Vertreter der Beklagten zwar nicht mehr ausdrücklich geäußert. Es wurde aber in der mündlichen Verhandlung hinreichend deutlich, dass die Beklagte jegliche Infrastruktur, die den Versammlungsteilnehmern ermöglicht, sich vom eigentlichen Versammlungsgeschehen abzusondern, weil z. B. in geschlossenen Pavillons übernachtet wird, als nicht mehr vom Schutzbereich des Versammlungsrechts umfasst ansieht.

II. Die Klage ist im noch streitgegenständlichen Umfang auch begründet. Die Beschränkungen in Nr. 1.17, soweit darin als Kundgebungsmittel nur ein Pavillon (3 m x 3 m) zugelassen worden ist, und in Nr. 1.15 und Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012 waren im Zeitpunkt ihrer Erledigung rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Es ist deshalb antragsgemäß auszusprechen, dass sie rechtswidrig gewesen sind (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).

Als Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Beschränkungen kommt Art. 15 Abs. 1 BayVersG in Betracht, weil es sich bei der vom Kläger angezeigten „Dauerversammlung in der Form des Hungerstreiks“ vom 16. Juni 2012 bis 16. August 2012 um eine öffentliche Versammlung i. S. d. Art. 2 Abs. 1 und 2 BayVersG gehandelt hat (1.). Die Beklagte war für den Erlass der beschränkenden Verfügungen im Bescheid vom 15. Juni 2012 zuständig (2.). Die verfügten, noch streitgegenständlichen Beschränkungen stellen sich jedoch als unverhältnismäßig bzw. ermessensfehlerhaft dar (3.).

1. Versammlungen im Sinne von Art. 8 Abs. 1 GG sind örtliche Zusammenkünfte mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung (vgl. BVerfG, B. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90, 1 BvR 2173/93, 1 BvR 433/96 - juris Rn. 41; BVerwG, U. v. 16.5.2007 - 6 C 23/06 - juris Rn. 15). Enthält eine Veranstaltung sowohl Elemente, die auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet sind, als auch solche, die diesem Zweck nicht zuzurechnen sind, so ist entscheidend, ob die Veranstaltung ihrem Gesamtgepräge nach eine Versammlung darstellt. Bleiben insoweit Zweifel, so bewirkt der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung wie eine Versammlung behandelt wird (vgl. BVerfG, B. v. 12.7.2001 - 1 BvQ 28/01, 1 BvQ 30/01 - juris Rn. 29; BVerwG, U. v. 16.5.2007 - 6 C 23/06 - juris Rn. 16). Weitgehend übereinstimmend mit diesen Grundsätzen definiert Art. 2 Abs. 1 BayVersG Versammlungen im Sinne des Bayerischen Versammlungsgesetzes als Zusammenkünfte von mindestens zwei Personen zur gemeinschaftlichen, überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung.

Legt man dies zugrunde, so stellte sich die vom Kläger angezeigte Veranstaltung nach ihrem Gesamtgepräge aber als Versammlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BayVersG dar. Denn sie war überwiegend auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet. Bei der Frage, welches Gesamtgepräge einer Veranstaltung zukommt, ist zwar zu berücksichtigen, dass die Beteiligten berechtigt sind, selbst darüber zu bestimmen, was sie zum Gegenstand öffentlicher Meinungsbildung machen und welcher Formen der kommunikativen Einwirkung sie sich bedienen wollen. Die rechtliche Einordnung dieses Verhaltens als Versammlung steht aber den dazu berufenen Gerichten zu (BVerfG, B. v. 12.7.2001 - 1 BvQ 28/01, 30/01 - juris Rn. 30).

Zweck der Veranstaltung, die als länger andauernde Versammlung in Form eines Hungerstreiks zum Thema Asylpolitik angezeigt worden war, war es, die Öffentlichkeit auf die Situation von Asylbewerbern in Deutschland aufmerksam zu machen und dadurch auf eine Verbesserung dieser Situation hinzuwirken. Dabei ging es zum einen darum, die Asylverfahren der Teilnehmer am Hungerstreik zu beschleunigen und deren Anerkennung als Asylberechtigte zu erreichen. Zum anderen wurde eine Verbesserung der Situation aller Asylbewerber angestrebt. Insbesondere wurde von der Politik die Abschaffung der Unterbringung von Asylbewerbern in Gemeinschaftsunterkünften, der Residenzpflicht und der Zuteilung von Essenspaketen, eine drastische Verkürzung der Dauer der Antragsbearbeitung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die Einführung eines Anspruchs aller Asylbewerber auf Teilnahme an professionellen Deutschkursen und die Möglichkeit gefordert, den Lebensunterhalt durch eigene Arbeit zu sichern.

War damit die vom Kläger angezeigte Veranstaltung aber auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtet, so steht ihrer Einordnung als Versammlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BayVersG nicht entgegen, dass in ihrem Rahmen auch Pavillons errichtet worden sind und beibehalten werden sollten, die den Teilnehmern ermöglichten, sich auszuruhen, zu schlafen, Zuflucht vor ungünstigen Witterungsbedingungen zu suchen oder sonst den Aufenthalt am Veranstaltungsort zu erleichtern. Dies betraf nicht nur die hungerstreikenden Versammlungsteilnehmer. Denn ungeachtet dessen stand im Vordergrund der Veranstaltung die beabsichtigte Einflussnahme auf die öffentliche Meinung. Dies gilt nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs unabhängig davon, ob - wie der Kläger nunmehr geltend macht - insbesondere durch das Aufstellen der Pavillons auf die prekäre Situation der Asylbewerber in der Gemeinschaftsunterkunft und den dortigen Mangel jeglicher Privatsphäre aufmerksam gemacht werden sollte. Denn auch die Anwesenheit der Teilnehmer am Versammlungsort rund um die Uhr über mehrere Tage hinweg, die ohne die Möglichkeit, sich zum Schutz vor ungünstigen Witterungsbedingungen und zum Ausruhen und Schlafen in die als Kundgebungsmittel vorgesehenen Pavillons begeben zu können, schon rein faktisch nicht gewährleistet gewesen wäre, war geeignet, dem auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Anliegen der Veranstaltung besonderen Nachdruck zu verleihen.

Schließlich steht der Einordnung der vom Kläger angezeigten Veranstaltung in Form eines Hungerstreiks als (Dauer-)Versammlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 BayVersG auch nicht entgegen, dass mit ihr auch die Anerkennung der Veranstaltungsteilnehmer als Asylberechtigte herbeigeführt werden sollte. Zwar schützt die Versammlungsfreiheit nur die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung, nicht aber die zwangsweise oder sonstige selbsthilfeähnliche Durchsetzung eigener Forderungen (vgl. BVerfG, B. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90, 1 BvR 2173/93, 1 BvR 433/96 - juris Rn. 44). Jedoch ging es hier nach Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs nicht in erster Linie darum, die eigenen Forderungen in selbsthilfeähnlicher Weise durchzusetzen. Vielmehr stand im Vordergrund das Bestreben, durch den Hungerstreik und durch die Anwesenheit der Veranstaltungsteilnehmer am Veranstaltungsort rund um die Uhr die Bedeutung dieser Forderungen zu unterstreichen und so Einfluss auf die öffentliche Meinung zu nehmen. Es überwog damit aber gerade der von der Versammlungsfreiheit geschützte Zweck der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung.

2. Die Beklagte war für den Erlass der streitgegenständlichen Beschränkungen zuständig. Nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde Versammlungen beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist oder ein Fall des Art. 12 Abs. 1 BayVersG vorliegt. Zuständige Behörde ist nach Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayVersG die Kreisverwaltungsbehörde, ab Beginn der Versammlung die Polizei. Vorliegend verfügte die Beklagte als Kreisverwaltungsbehörde die Beschränkungen vor Beginn der Versammlung am 16. Juni 2012 mit Bescheid vom 15. Juni 2012; sie war damit zuständige Behörde i. S. d. Art. 24 Abs. 2 Satz 1 BayVersG.

Auch wenn seit dem 9. März 2012 im Stadtgebiet der Beklagten schon mehrere Versammlungen zum Thema „Asylrecht“ teilweise verbunden mit einem Hungerstreik stattgefunden hatten, so handelte es sich bei der am 13. Juni 2012 vom Kläger angezeigten Versammlung um eine am 16. Juni 2012 beginnende neue Versammlung. Denn mit seiner nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayVersG erforderlichen Anzeige gab der Veranstalter der Versammlungsbehörde zu erkennen, dass ab dem 16. Juni 2012 eine neue, eigenständige Versammlung beginnen wird. Nach Art. 13 Abs. 2 Satz 1 BayVersG sind in der Anzeige nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayVersG der Ort der Versammlung, der Zeitpunkt des beabsichtigten Beginns und Endes der Versammlung, das Versammlungsthema und der Veranstalter und der Leiter anzugeben. Die Anmeldung soll die Behörde in die Lage versetzen, organisatorische Vorkehrungen treffen zu können. Nur wenn die Behörde zuvor über Zeitpunkt, Ort und Art der Versammlung unterrichtet wird, ist sie auch in der Lage, den Schutz und die Durchführung der Versammlung zu gewährleiten (Zeitler, Grundriss des Versammlungsrechts, 2015, Rn. 222; Wächtler/Heinhold/Merk, BayVersG, 2011, Art. 13 Rn. 20). Da der Veranstalter das Ende der vorangehenden Versammlung auf dem Dominikanerplatz für den 15. Juni 2012 angezeigt hatte, begann am 16. Juni 2012 mit der beabsichtigten Verlegung des Versammlungsgeschehens an den Vierröhrenbrunnen eine neue Versammlung, weil sich wesentliche Kriterien, nämlich der Versammlungsort und der Zeitraum der Versammlung, geändert hatten und offensichtlich auch der Veranstalter davon ausging, dass eine erneute Abstimmung mit der Versammlungsbehörde über den weiteren Verlauf im Versammlungsgeschehen erforderlich war. Die einzelnen Versammlungen, die aufeinanderfolgend zum Thema „Asylpolitik“ an verschiedenen Orten im Stadtgebiet der Beklagten stattgefunden haben, sind tatsächlich und rechtlich auch nicht deshalb eine Versammlung i. S. d. Art. 13 BayVersG, weil sich die jeweiligen Versammlungszeiträume unmittelbar aneinander angeschlossen hatten. Die jeweiligen Versammlungen unterschieden sich nämlich durch den Versammlungsort, die Zahl der Teilnehmer und auch dadurch, dass zeitweise den politischen Forderungen durch einen Hungerstreik Nachdruck verliehen werden sollte. Die Veranstalter hatten ursprünglich auch nicht geplant, ihren Protest über einen so langen Zeitraum auszudehnen. Sie reihten dann letztlich eine Versammlung an die andere, weil ihr Forderungskatalog von den politisch Verantwortlichen (noch) nicht oder nicht umfassend erfüllt wurde.

3. Nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG kann die zuständige Behörde eine Versammlung beschränken oder verbieten, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei der Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Die in Art. 15 Abs. 1 BayVersG genannten beschränkenden Verfügungen sind keine Nebenbestimmungen zu einem begünstigenden Verwaltungsakt. An diesem fehlt es im Versammlungsrecht angesichts der Erlaubnisfreiheit von Versammlungen (BVerfG, B. v. 21.3.2007 - 1 BvR 232/04) - juris 22). Sie enthalten vielmehr einen eigenständigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit, müssen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen stehen und darauf abzielen, auch noch solche Versammlungen und Aufzüge zu ermöglichen, die aus Rechtsgründen nicht mehr zugelassen werden könnten, wenn sie nach den ursprünglichen Vorstellungen des Veranstalters durchgeführt würden (Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, 6. Aufl. 2011, § 15 Rn. 45). Der Begriff der öffentlichen Sicherheit knüpft an die polizeiliche Generalklausel an. Er umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung (BVerfG, U. v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 - juris Rn. 77), der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des einzelnen sowie des Bestandes der Einrichtungen und der Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Zur Rechtsordnung gehören Strafgesetze und verwaltungsrechtliche Gebots- und Verbotsnormen. Die Beschränkungen müssen der Abwehr einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung dienen. Eine solche Gefährdung kann sich auch aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung ergeben. Unzulässig sind Beschränkungen, die dem Normzweck widersprechen. Die Beschränkungen nach Art. 15 Abs. 1 BayVersG müssen zudem erforderlich und geeignet sein, die Gefahren zu verhindern, denen sie begegnen sollen und sich auf das zum Schutz höherwertiger Rechtsgüter unbedingt notwendige Maß unter strikter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes beschränken (HessVGH, U. v. 26.4.2006 - 5 UE 1567/05 - juris Rn. 32).

Gemessen an diesen Grundsätzen waren die von der Beklagten verfügten Beschränkungen in Nr. 1.15, Nr. 1.17 und Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012 aber unverhältnismäßig und damit auch ermessensfehlerhaft. Die Beklagte hat die Bedeutung, die dem Aufstellen des zweiten Pavillons und dem Witterungsschutz durch Planen für die Durchführung der Versammlung zukam, bei ihrer Entscheidung verkannt bzw. nicht hinreichend berücksichtigt (3.1). Zu Nr. 1.15 enthält der Bescheid keinerlei Ausführungen, die erkennen ließen, inwiefern durch das Verbot des Aufstellens von Betten die öffentliche Sicherheit und Ordnung unmittelbar gefährdet worden wäre (3.2).

3.1 Das Aufstellen eines Pavillons auf einem öffentlichen Platz im Gemeindegebiet der Beklagten verstößt zwar gegen deren Sicherheitssatzung (3.1.1). Der Kläger kann sich als Ausländer zumindest auf die einfachgesetzlich gewährleistete Versammlungsfreiheit nach Art. 1 Abs. 1 BayVersG berufen (3.1.2). Auch der zweite Pavillon war zur Durchführung der Versammlung in der angezeigten Form notwendig (3.1.3). Insoweit ist ein am Durchschnittsbetrachter orientierter objektiver Maßstab anzulegen (3.1.4). Die von der Beklagten zur Begründung des Verbots des Aufstellens eines zweiten Pavillons angeführten Erwägungen stellen sich daher als unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft dar (3.1.5). Dasselbe gilt für die Beschränkung in Nr. 1.19, wonach der Pavillon an allen Seiten offen zu halten war (3.1.6).

3.1.1 Nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Satzung der Beklagten über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Stadt Würzburg vom 6. April 2006 (Sicherheitssatzung) ist es zur Vermeidung von Beeinträchtigungen Dritter und zum ordnungsgemäßen Erhalt der Straßen, Wege und Plätze und der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen untersagt, zu nächtigen und zu zelten. Diese Sicherheitssatzung ist Bestandteil der Rechtsordnung, so dass ein Verstoß gegen die in der Sicherheitssatzung geregelten Verbote und Gebote grundsätzlich eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit darstellen kann. Das Aufstellen eines teilweise geschlossenen Pavillons, um dort die Nacht zu verbringen, erfüllt zumindest den Tatbestand des Zeltens, weil auch der Pavillon eine einem Zelt vergleichbare Grundfläche einnimmt, und somit dem Zweck der Satzung, die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Straßen und Plätze zu erhalten und Dritte nicht zu beeinträchtigen, entgegensteht.

3.1.2 Allerdings tritt vorliegend der von der Beklagten durch das Aufstellen des Pavillons angenommene Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Nr. 2 der Sicherheitssatzung im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung hinter die einfachgesetzlich gewährleistete Versammlungsfreiheit und die grundgesetzlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit zurück. Der Kläger kann sich zwar als iranischer Staatsangehöriger nicht unmittelbar auf Art. 8 Abs. 1 GG, der allen Deutschen das Recht verleiht, sich ohne Anmeldung friedlich und ohne Waffen zu versammeln, berufen. Ausländern steht allein das Auffanggrundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG und das einfachgesetzliche Recht aus Art. 1 Abs. 1 BayVersG bzw. Art. 11 Abs. 1 EMRK zu (s.o. I. 2.). Denn Art. 1 Abs. 1 BayVersG geht von einem Jedermann-Recht aus. Zudem gewährleistet Art. 113 BV allen Bewohnern Bayerns das Recht, sich ohne besondere Erlaubnis und friedlich und unbewaffnet zu versammeln, so dass dem Schutz der Versammlungsfreiheit für Bewohner Bayerns, auch wenn sie Ausländer sind, Verfassungsrang zukommt und die einfachgesetzlich gewährleistete Versammlungsfreiheit eine verfassungsrechtliche Schutzbereichsverstärkung erfährt.

3.1.3 Liegt wie hier nach dem Gesamtgepräge eine Versammlung vor (s.o. II. 1.), so fallen grundsätzlich sämtliche Bestandteile oder Elemente dieser Versammlung in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit. Dies bedeutet, dass diese Versammlungsbestandteile, auch wenn sie nach anderen Rechtsvorschriften erlaubnispflichtig wären, keiner Erlaubnis nach diesen Rechtsvorschriften bedürfen und insoweit privilegiert werden (zum Verhältnis einer versammlungsrechtlichen Beschränkung zu einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis vgl. VGH BW, B. v. 16.12.1993 - 1 S 1957/93 - juris Rn. 7; BVerwG, U. v. 21.4.1989 - 7 C 50/88 - juris Rn. 15; OVG Berlin-Bbg, B. v. 14.11.2003 - 4 B 365/03 - juris Rn. 18). Außerversammlungsgesetzliche Erlaubnisvorbehalte, die unmittelbar versammlungsbezogene Betätigungen und Verhaltensweisen betreffen, sind suspendiert. Dies ergibt sich aus der aus Art. 1 Abs. 1 BayVersG, Art. 113 BV folgenden prinzipiellen Erlaubnisfreiheit für das Gesamtgeschehen der jeweils aktuellen Versammlung oder Demonstration (Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, a. a. O., § 15 Rn. 7).

Nach der Rechtsprechung des BVerfG fallen in den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit und der dadurch bewirkten Erlaubnisfreiheit des Versammlungsgeschehens nur Veranstaltungen und Aktionen, die durch gemeinsame Kommunikation geprägt sind und auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielen (BVerfG, U. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 - juris Rn. 40, B. v. 20. 12. 2012 - 1 BvR 2794/10 - juris Rn. 16, U. v. 22.2.2011 - 1 BvR 699/06 - juris Rn. 63). In diesem Rahmen gewährleistet die Versammlungsfreiheit auch das Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und unter welchen Modalitäten eine Versammlung stattfinden soll, und damit ein Selbstbestimmungsrecht über Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt der Veranstaltung (BVerfG, B. v. 20.12.2012 a. a. O. Rn. 16; U. v. 22.2.2011 a. a. O. Rn. 64; B. v. 14.5.1985 - 1 BvR 233/81 - juris Rn. 61). Das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters ist aber beschränkt, soweit durch die geplante Veranstaltung Rechtsgüter beeinträchtigt zu werden drohen. Hinsichtlich der Modalitäten der Durchführung einer Versammlung ergeben sich die Grenzen der Versammlungsfreiheit aus Art. 15 BayVersG. Gefährdet die Durchführung der Versammlung andere Rechtsgüter, so ist es Aufgabe der Behörde, die wechselseitigen Interessen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zum Ausgleich zu bringen. Die Bewertung der gegenläufigen Interessen und ihre Abwägung mit dem Versammlungsinteresse liegt bei der Behörde (BVerfG, B. v. 5.9.2003 - 1 BvQ 32/03 - juris Rn. 22; B. v. 26.1.2001 - 1 BvQ 8/01 - juris Rn. 15).

Bezogen auf Gegenstände oder Hilfsmittel, die in eine Versammlung eingebracht werden sollen, besteht in Literatur und Rechtsprechung jedenfalls weitgehend Einigkeit darüber, dass sie an der durch die Versammlungsfreiheit bewirkten Privilegierung in Bezug auf die Erlaubnisfreiheit teilnehmen, wenn sie funktionale Bedeutung für die Durchführung der Veranstaltung haben (Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetz, a. a. O., § 1 Rn. 60) oder sie zur Verwirklichung des Versammlungszweck wesensnotwendig sind (Schneider in BeckOK, GG, Stand 1.6.2015, Art. 8 Rn. 179). Art. 8 GG schützt auch „infrastrukturelle“ Ergänzungen der Veranstaltung in Form von Informationsständen, Sitzgelegenheiten, Imbissständen oder auch Zelten, sofern sie funktional versammlungsspezifisch eingesetzt werden (Schulze-Fielitz in Dreier, Grundgesetz, 3. Aufl. 2013, Art. 8 Rn. 34). Nicht in den Schutzbereich von Art. 8 GG fallen infrastrukturelle Begleitaktivitäten, wenn sie über die eigene Versammlungsaktivität hinausgehen, ohne für diese notwendig zu sein (Depenheuer in Maunz/Dürig, Grundgesetzkommentar, Stand 2014, Art. 8 Rn. 72). Die Rechtsprechung ordnet die Begleiterscheinungen einer Versammlung nur dann dem Schutzbereich der Versammlungsfreiheit zu, wenn die jeweils in Rede stehenden Gegenstände und Hilfsmittel zur Verwirklichung des Versammlungszwecks funktional oder symbolisch für die kollektive Meinungskundgabe wesensnotwendig sind (OVG Berlin-Bbg, B. v. 16.8.2012 - OVG 1 S 108.12 - juris 8), wenn es sich dabei um notwendige Bestandteile der Versammlung handelt, ohne die eine gemeinsame Meinungsbildung und Meinungsäußerung nicht möglich ist (VG Frankfurt, B. v. 6.8.2012 - 5 L 2558/12.F - juris Rn. 43), wenn sie inhaltlich in hinreichendem Zusammenhang mit der Durchführung der Versammlung stehen und einen spezifischen Bezug zum Versammlungsthema aufweisen (BVerfG, B. v. 26.6.2014 - 1 BvR 2135/09 - NVwZ 2014, 1453), ihnen eine funktionale oder symbolische Bedeutung für das Versammlungsthema zukommt und sie einen erkennbaren inhaltlichen Bezug zur Meinungskundgabe aufweisen (BayVGH, B. v. 12.4.2012 - 10 CS 12.767 - juris Rn. 10; B. v.20.4.2012 - 10 CS 12.845 - juris Rn. 845) oder wenn nur unter ihrer Verwendung die Versammlung zweckentsprechend durchgeführt werden kann (BayVGH, B. v. 1.7.1995 - 21 CS 95.2131 - BeckRS 1995, 15373).

3.1.4 Ob bestimmte Gegenstände, die von den Veranstaltern der Versammlung zur Durchführung der Versammlung als notwendig erachtet werden und damit funktional-spezifisch versammlungsbezogen sind und einen Bezug zur gewählten Form der Versammlung haben, ist von der Behörde nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Grundlage für diese Beurteilung ist das Vorbringen der Veranstalter. Sie legen gegenüber der Versammlungsbehörde dar, welche Gegenstände sie zur Durchführung der Versammlung in der geplanten Form benötigen. Für die Zugrundelegung eines am Durchschnittsbetrachter orientierten Maßstabs spricht folgendes: Auch bei der Entscheidung darüber, ob überhaupt eine Versammlung vorliegt, richtet sich die rechtliche Beurteilung danach, ob sich die Veranstaltung aus der Sicht des durchschnittlichen Betrachters als Versammlung darstellt, und ob der Veranstalter sein Konzept schlüssig dargelegt hat (BVerwG, U. v. 22.8.2007 - 6 C 22.06 - juris Rn. 14, 17). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, B. v. 24.10.2001 - 1 BvR 1190/90 - juris Rn. 45) spricht ebenfalls davon, dass es bei der Beurteilung, ob es sich bei einer Blockadeaktion noch um eine Kundgebung handelt, die unter den Schutz des Art. 8 GG fällt, oder um eine selbsthilfeähnliche Durchsetzung eigener Forderungen, darauf ankommt, dass der Veranstalter der Versammlung substantiiert darlegt, dass die Aktion auch einen an die Öffentlichkeit gerichteten Kommunikationszweck verfolgt habe. Wenn somit schon bei der Einordnung eines Geschehens als Versammlung eine Überprüfung des vom Veranstalter vorgelegten Konzepts anhand objektiver Kriterien erfolgt, ist es nur konsequent, dass die Versammlungsbehörde auch überprüft, ob bestimmte Gegenstände, die in die Versammlung eingebracht werden sollen, für die Durchführung der Versammlung in der gewählten Form funktional oder symbolisch eingesetzt werden. Denn schließlich wird das durch Art. 1 Abs. 1 BayVersG geschützte Versammlungsgeschehen insoweit privilegiert, als sämtliche mit dem Versammlungsgeschehen in Zusammenhang stehenden „Bestandteile“ keiner etwaigen nach spezialgesetzlichen Regelungen erforderlichen Erlaubnis bedürfen. Ein Widerspruch zum Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über Ort, Zeitpunkt sowie Art und Inhalt bzw. die Form der Versammlung liegt darin nicht, weil die Behörde insoweit lediglich prüft, ob die vom Veranstalter angezeigten Hilfsmittel (hier: Pavillons und Betten) die für die Durchführung der geplanten Form der Versammlung (Dauerversammlung) erforderliche funktionale oder symbolische Bedeutung haben, dem Veranstalter aber nicht die Form seiner Versammlung vorgibt.

3.1.5 Die von der Beklagten verfügte Beschränkung, dass nur ein Pavillon aufgestellt werden darf, erweist sich danach bereits deshalb als rechtswidrig, weil die Beklagte bei der Bewertung ihres Interesses an der Einhaltung der Bestimmungen der Sicherheitssatzung und der gegenläufigen Interessen der Versammlungsteilnehmer zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass der zweite Pavillon nicht in funktionalem Zusammenhang mit dem Versammlungszweck steht. Wie der Senat bereits in seinem Beschluss vom 12. April 2012 (10 CS 12.767 - juris) ausgeführt hat, hatte das Aufstellen eines oder mehrerer Pavillons für die vom Kläger angemeldete Dauerversammlung mit Unterschriftenlisten, Dokumenten und Diskussionsrunden diese funktionale Bedeutung für das Versammlungsthema. Die Versammlungsteilnehmer verblieben über einen längeren Zeitraum, auch nachts, am Versammlungsort, so dass es ihnen auch möglich sein musste, sich auszuruhen oder zu schlafen, um eine effektive Kundgabe ihres Anliegens zu gewährleisten. Dies schloss auch das Schlafen in den errichteten Pavillons nicht aus. An dieser Einschätzung hat sich auch für die hier streitgegenständliche Versammlung nichts geändert. Laut Versammlungsanzeige vom 13. Juni 2012 bestand die Kerngruppe aus dreizehn Protestierenden. Zwanzig Personen hatten sich bereit erklärt, am Hungerstreik teilzunehmen. Die Kundgabeform als Dauerversammlung mit Plakaten, Unterschriftslisten, Diskussionen hatte sich seit Beginn der Aktion im März 2012 im hier streitgegenständlichen Zeitraum nicht wesentlich verändert. Es liegt auf der Hand, dass für die zur Meinungskundgabe genutzten Kommunikationsmittel und für den zum witterungsgeschützten Ausruhen erforderlichen Platz bei der angezeigten Teilnehmerzahl ein Pavillon mit einer Grundfläche von 9 m² nicht ausreichend ist. Auch wenn die Versammlungsteilnehmer einen Pavillon überwiegend zum Schlafen und Ausruhen und den anderen zur Unterbringung von Tischen und Stühlen für die Diskussion und Information genutzt haben, verlor der erstgenannte Pavillon dadurch nicht den Bezug zum Versammlungszweck. Auch er blieb Teil des Versammlungsgeschehens und war für die kollektive Meinungskundgabe allein aufgrund der angezeigten Teilnehmerzahl und der gewählten Versammlungsform funktional notwendig, weil sonst die Versammlungsteilnehmer ihren Protest und ihre Meinungskundgabe nicht hätten dauerhaft „auf der Straße“ durchführen können. Es kann bei zwei aneinandergebauten Pavillons keinen entscheidungserheblichen Unterschied in ihrer Bedeutung für das Versammlungsgeschehen machen, wenn in einem Pavillon tatsächlich nur geschlafen und im anderen nur diskutiert wird oder beide sowohl zum Ausruhen als auch zum öffentlichen Diskutieren genutzt werden. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, ob für die von den Versammlungsteilnehmern gewählte Kundgabeform und die Zahl der Versammlungsteilnehmer die von den Pavillons überdachte Fläche zur Verwirklichung des Versammlungszwecks funktional oder symbolisch eingesetzt worden ist. Nicht maßgeblich ist entgegen der Auffassung der Beklagten daher, dass der zweite Pavillon nach ihren Beobachtungen ausschließlich zum Ausruhen und Schlafen sowie zur Lagerung von Gegenständen benutzt worden war, während sich die Diskussionen und Informationen auf den ersten Pavillon beschränkten.

Da die Beklagte somit das Interesse der Versammlungsteilnehmer an der Aufstellung eines zweiten Pavillons als nicht in Zusammenhang mit der kollektiven Meinungskundgabe stehend bewertet hat, hat sie das Interesse der Versammlungsteilnehmer nur mit einer unzureichenden Gewichtung in ihre Abwägungsentscheidung eingestellt.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausginge, sie habe erkannt, dass auch der zweite Pavillon eine funktionale Bedeutung für die angezeigte Versammlung habe, so erweist sich die verfügte Beschränkung als unverhältnismäßig, weil die von der Beklagten angestellten Erwägungen, wonach ein Verstoß gegen die Sicherheitssatzung vorliege, der Zugang zu den anliegenden Gewerbebetrieben behindert würde und den Versammlungsteilnehme bereits auseichend Zeit zur Kundgabe ihrer Anliegen zur Verfügung gestellt worden sei, das Interesse der Versammlungsteilnehmer, einen zweiten Pavillon aufzustellen, um die Versammlung ihren Vorstellungen entsprechend durchführen zu können, nicht hinreichend gewichtet hat. Sie hat insbesondere keine Erwägungen dahingehend angestellt, ob nicht durch eine örtliche Verschiebung der Pavillons am Versammlungsort oder einen Wechsel des Versammlungsorts eventuelle Beeinträchtigungen für Dritte hätten reduziert werden können. Auch die von der Beklagten angeführte Überlegung, dass die Versammlungsteilnehmer bereits genügend Zeit gehabt hätten, ihr Anliegen darzustellen, führte nicht ohne weiteres dazu, dass ihr Recht, sich zu versammeln und entsprechend dem Versammlungszweck zwei Pavillons aufzustellen, schon hinter das Zelt- und Nächtigungsverbot der Sicherheitssatzung hätte zurücktreten müssen, wenn nicht gerade in der Dauer des Verstoßes gegen die Sicherheitssatzung eine zusätzliche erhebliche Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit gelegen hätte.

3.1.6 Auch die Beschränkung in Nr. 1.19 des Bescheids vom 15. Juni 2012, den Pavillon auf allen Seiten offen zu halten, ist ermessensfehlerhaft. In den Gründen des Bescheids finden sich auch keine weiteren Ausführungen zu dieser Beschränkung. Die Beklagte ging wohl davon aus, dass ein geschlossener Pavillon nicht spezifisch versammlungsbezogen sei, weil durch das Verhängen der Eingänge des Pavillons eine Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung ausgeschlossen gewesen sei. Dabei verkannte die Beklagte, dass bei Dauerversammlungen zum Schutz der Kundgebungsmittel und der Versammlungsteilnehmer vor Nässe und Wind auch das (teilweise) Verhängen der Pavillons mit Planen zur weiteren Durchführung der Versammlung notwendig war, weil ansonsten bei entsprechenden Witterungsbedingungen die Versammlung hätte abgebrochen werden müssen. Dies hat der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 2. Juli 2012 (10 CS 12.1419 - juris Rn. 32) klargestellt. Daran hält er auch nach wie vor fest.

3.2 Die Beschränkung in Nr. 1.15 des Bescheids vom 15. Juni 2012, wonach keine Betten aufgestellt werden dürfen, war ebenfalls rechtswidrig. Auch diese Regelung war ermessensfehlerhaft und unverhältnismäßig. Die Beklagte hat zum Nächtigungsverbot in Nr. 1.16 des Bescheids vom 15. Juni 2012 und zum Verbot des Aufstellens von Betten in den Gründen ausgeführt, dass das Nächtigen gegen § 4 Abs. 2 Nr. 1 der Sicherheitssatzung verstoße. Das Übernachten hätte nicht die Meinungskundgabe zum Ziel gehabt. Das Aufstellen von Betten sei zu untersagen gewesen, weil diese ausschließlich dem Zweck des dauerhaften Nächtigens gedient hätten. Dem Verbot, Betten aufzustellen, kommt aber nach Auffassung des Senats unabhängig vom Verbot des Nächtigens, das der Kläger hat bestandskräftig werden lassen, bezogen auf den Versammlungszweck, nämlich über einen längeren Zeitraum unterbrochen am Versammlungsort präsent zu sein, um den Forderungen der Versammlungsteilnehmer Nachdruck zu verleihen, eine über das Nächtigungsverbot hinausgehende Bedeutung zu. Der Senat hat bereits im Beschluss vom 12. April 2012 (10 CS 12.767 - juris Rn. 12) erläutert, dass die dauernde Anwesenheit am Versammlungsort zwangsläufig ein Bedürfnis nach Ruhepausen nach sich zieht. Wenn sich die Versammlungsteilnehmer also am Versammlungsort z. B. nur ausruhen (auch tagsüber), steht das Aufstellen eines Bettes zu diesem Zweck in funktionalem Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen. Es kann offen bleiben, ob das Aufstellen eines Bettes per se bereits gegen die Sicherheitssatzung der Beklagten verstoßen hat oder straßenrechtlich erlaubnispflichtig gewesen wäre. Denn die Beklagte hat bei ihrer Entscheidung über die Beschränkung das Aufstellen von Betten lediglich unter dem Aspekt des Nächtigens gewürdigt und nicht berücksichtigt, dass Betten auch dem Ausruhen dienen und daher einen hinreichend funktionalen Bezug zum konkreten Versammlungsgeschehen aufweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 Abs. 2 und § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 709 Satz 2 und § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

[73] Beschluss:

Unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. März 2013 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt (§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG).

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung der Rechtswidrigkeit seines Ausschlusses als Versammlungsleiter der sog. Revolutionären 1. Mai-Demonstration in Karlsruhe im Jahr 2011.
Mit Schreiben vom 09.02.2011 zeigte der Kläger als Vertreter der Gruppe „Revolutionäres 1. Mai Bündnis Karlsruhe" die Durchführung einer öffentlichen Versammlung mit Aufzug am 01.05.2011 im Stadtgebiet der Beklagten an. Das Thema der Demonstration lautete „Gemeinsam. Organisiert. Kämpferisch. Soziale Revolution ist grenzenlos.". Die Versammlung, zu der 150 Teilnehmer erwartet wurden, sollte um 9.00 Uhr beginnen und nach einer Auftaktkundgebung am Friedrichsplatz über die Erbprinzenstraße und Waldstraße und von dort über die Kaiserstraße zum Marktplatz führen. Als Verantwortlicher im Sinne des Versammlungsgesetzes wurde der Kläger benannt.
In der der Beklagten übermittelten Erkenntnismitteilung des Polizeipräsidiums Karlsruhe vom 06.04.2011 hieß es zur Person des Klägers, dieser sei seit mehreren Jahren aktiver Angehöriger der örtlichen „Autonomen Antifa“ und dort als Führungsperson tätig. Seit März 2010 sei er örtlicher Vorsitzender der ... und seit März 2011 auch Landesvorsitzender dieser Organisation. Seit dem Jahr 2007 habe er Treffen, Veranstaltungen und Aktionen der linksextremistischen Szene in Karlsruhe organisiert bzw. koordiniert. Bei entsprechenden demonstrativen Aktionen, nicht nur in Karlsruhe, sei sein teilweise aggressiv kämpferisches, hasserfülltes Verhalten gegenüber Polizeibeamten aufgefallen. Am 01.05.2009 sei er bei demonstrativen „Gegenaktionen“ zu einer genehmigten NPD-Versammlung als Teilnehmer eines „schwarzen Blocks“ aufgefallen, wobei er vermummt agiert und die anwesenden Polizeibeamten lauthals mit den Worten „Hass, Hass wie noch nie“ und „all cops are bastards“ beschimpft und beleidigt habe. Das Amtsgericht Ulm habe ihn deshalb wegen eines Vergehens nach dem Versammlungsgesetz und wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt. Am 01.05.2010 sei er Anmelder und Leiter der teilweise gewalttätig verlaufenen revolutionären 1. Mai-Demonstration in Karlsruhe gewesen. Er sei hierbei weder in der Lage noch willens gewesen, seinen Pflichten als Versammlungsleiter verantwortungsbewusst nachzukommen. Beim Verlesen der Auflagen habe er wörtlich geäußert: „Den Auflagen der Polizei ist eventuell Folge zu leisten.“ Danach habe er sich verbessert. Beendet habe er seine Rede mit den Worten „Viel Spaß und lasst es krachen“. Als im Verlauf der Versammlung Transparente entrollt und so gehalten worden seien, dass sich einzelne Versammlungsteilnehmer dahinter verbergen konnten, sei dies vom Kläger unterbunden worden. Es seien jedoch immer wieder Transparente verknotet sowie vereinzelt Feuerwerkskörper gezündet worden. Als es zu Sitzblockaden auf den Straßenbahnschienen gekommen sei, seien Aufforderungen des Versammlungsleiters und der Ordner, die Gleise frei zu machen, erfolglos geblieben. Erst nach mehrfacher Aufforderung des Versammlungsleiters in Verbindung mit der Polizei seien die Gleise freigegeben worden, wobei wiederholt gegen Auflagen verstoßen worden sei (Vermummung, Mitführen von Glasflaschen). Das Amtsgericht Karlsruhe habe einen - noch nicht rechtskräftigen - Strafbefehl wegen eines Vergehens nach dem Versammlungsgesetz über 100 Tagessätze gegen den Kläger erlassen.
Zum Kreis der Versammlungsteilnehmer hieß es in der Erkenntnismitteilung, es sei davon auszugehen, dass die linksextremistische Szene aus Karlsruhe zusammentreffen werde. Weiter sei damit zu rechnen, dass anreisende Personen anderer linksextremistischer Gruppierungen teilnehmen würden. Ob die Teilnehmerzahl von 150 Personen realistisch sei, lasse sich nicht abschließend beurteilen. Bei der entsprechenden Versammlung im Vorjahr sei diese Zahl mit 500 bis 600 Teilnehmern weit übertroffen worden. Es sei davon auszugehen, dass es vor dem Hintergrund der starken Diskussion um die Begleitung des Demonstrationszugs durch Polizeikräfte 2010 zu vereinzelten oder koordinierten Provokationen kommen werde, um die Polizei zu entsprechendem Handeln zu zwingen. Möglich seien ähnliche Aktionen wie im Jahr 2010, insbesondere diverse Straftaten wie Beleidigung, Körperverletzung etc. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen sei davon auszugehen, dass sich unter den Demonstrationsteilnehmern ein Anteil von maximal 25 % gewaltbereiten Personen befinde.
Am 20.04.2011 wurde ein Kooperationsgespräch mit dem Kläger geführt, bei dem auch die Frage der Versammlungsleitung erörtert wurde. In diesem Zusammenhang wurden dem Kläger die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz im Jahr 2009 sowie die Einleitung eines Strafverfahrens wegen gewalttätiger Vorfälle bei der Demonstration in Karlsruhe am 01.05.2010 vorgehalten.
Mit Verfügung vom 26.04.2011 untersagte die Beklagte dem Kläger die Übernahme der Funktion des Versammlungsleiters bei der für den 01.05.2011 angezeigten Versammlung sowie für jede Form von Ersatzveranstaltungen am 01.05.2011 in Karlsruhe (Nr. 1). Der Kläger wurde aufgefordert, bis spätestens Donnerstag, den 28.04.2011, 16.00 Uhr, einen neuen Versammlungsleiter zu benennen (Nr. 2). In Nummer 4 der Verfügung wurde die sofortige Vollziehung angeordnet. Zur Begründung wurde ausgeführt, es sei mit Blick auf die vom Polizeipräsidium Karlsruhe mitgeteilten Erkenntnisse im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nicht vertretbar, die Versammlung durch den Kläger als verantwortlichen Versammlungsleiter durchführen zu lassen. Im Rahmen des Kooperationsgesprächs habe der Kläger wider besseres Wissen angegeben, dass gegen ihn im Zusammenhang mit der Demonstration vom 01.05.2010 kein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Er habe auch keine Einsicht hinsichtlich eines möglichen Fehlverhaltens bei der Leitung der Versammlung am 01.05.2010 gezeigt. Vielmehr habe er erklärt, dass seitens der Teilnehmer keine Gewaltaktionen geplant gewesen und diese allein durch das Verhalten der Polizei herausgefordert worden seien. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt, weil nicht die Versammlung verboten, sondern nur der Versammlungsleiter abgelehnt werde. Nur durch den Einsatz eines geeigneten Versammlungsleiters, der die entsprechenden Auflagen verantwortungsvoll durchsetzen könne, könnten die bestehenden Befürchtungen bezüglich drohender Delikte wie Beleidigungen, Körperverletzungen, Sachbeschädigungen oder auch Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte ausgeräumt werden.
Am 29.04.2011 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 26.04.2011 Widerspruch ein und benannte einen neuen Versammlungsleiter.
Am 30.05.2011 erhob der Kläger Fortsetzungsfeststellungsklage zum Verwaltungsgericht Karlsruhe. Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor: Die Benennung eines neuen Versammlungsleiters sei nur erfolgt, um die Durchführung der Demonstration nicht zu gefährden. Er habe ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung, da nicht sichergestellt sei, dass er bei künftigen Anmeldungen einer Demonstration nicht erneut als Versammlungsleiter ausgeschlossen werde. Die Voraussetzungen des § 15 VersammlG für seinen Ausschluss als Versammlungsleiter hätten nicht vorgelegen. Die Beklagte habe nicht schlüssig dargelegt, dass von der angemeldeten Versammlung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe. Zwar könne diese Gefahr auch vom Versammlungsleiter ausgehen. Nach den von der Beklagten genannten Anhaltspunkten sei jedoch eine in seiner Person begründete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht ersichtlich gewesen. Die Beklagte habe dazu vorgetragen, dass er in der Vergangenheit als Mitglied der linksextremistischen Szene in Karlsruhe aufgefallen sei, ohne dies näher zu konkretisieren. Außerdem werde auf die Verurteilung bezüglich einer Demonstrationsteilnahme am 01.05.2009 in Ulm verwiesen. Dieser Vorgang stelle sich heute völlig anders dar. Die Einkesselung durch die Polizei, die zu Gegenreaktionen der Demonstranten geführt habe, sei zwischenzeitlich durch rechtskräftige Urteile des Verwaltungsgerichts Sigmaringen (Urt. v. 29.11.2010 - 1 K 3643/09 - juris) als rechtswidrig eingestuft worden. Unabhängig davon habe er an der Demonstration weder als Teilnehmer eines sog. schwarzen Blocks teilgenommen noch die ihm vorgeworfenen Straftaten begangen. Aus Kostengründen habe er sich damals nicht gegen den Strafbefehl zur Wehr gesetzt. Jedenfalls habe seine Verurteilung nicht dazu geführt, dass er im Jahr 2010 als ungeeignet für die Leitung einer Versammlung eingestuft worden sei. Zu diesem Zeitpunkt sei jedenfalls davon ausgegangen worden, dass er die erforderliche Durchsetzungskraft habe und sich auch im Hinblick auf beschränkende Verfügungen der Behörde Geltung bei den Demonstrationsteilnehmern verschaffen könne. Die Vorwürfe, die gegen ihn hinsichtlich der Demonstrationsleitung am 1. Mai 2010 vorgebracht würden, seien unberechtigt. Es verbiete sich, alle Vorkommnisse, die durch Teilnehmer von De-monstrationen verursacht würden, dem Versammlungsleiter anzulasten. Dieser habe zwar die Funktion, auf Teilnehmer der Versammlung einzuwirken, und an der störungsfreien Durchführung der Veranstaltung mitzuwirken. Es liege jedoch nicht in seiner Macht, jede aus der Versammlung hervorgehende Störung auszuschließen. Die Versammlung am 01.05.2010 sei unstreitig friedlich verlaufen. Der Kläger habe den Versammlungsteilnehmern die Auflagen in geeigneter Weise vorgetragen, ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt um Auflagen gehandelt habe und ob die Auflagen in dieser Form überhaupt zulässig gewesen seien. Er habe jeweils eingegriffen, wenn ihm Verstöße gegen Auflagen gemeldet worden seien oder wenn Transparente verknotet gewesen seien. Es treffe nicht zu, dass Transparente unzulässig mit Haltestöcken verstärkt worden seien. Ihm sei auch nicht bekannt, dass ein Lied mit beleidigendem Inhalt abgespielt worden sei. Eine ihm zurechenbare Blockade habe es ebenfalls nicht gegeben. Vielmehr sei die Versammlung grundlos in Polizeispalier genommen worden. Weil sich ein Großteil der Teilnehmer dadurch im Recht auf Versammlungsfreiheit beeinträchtigt gesehen habe, habe er die Versammlung mehrfach unterbrechen müssen und erst nach Gesprächen mit der Polizeieinsatzleitung weiterführen können. Er habe sehr besonnen gehandelt, um einen friedlichen Verlauf der Versammlung zu gewährleisten, was ihm auch gelungen sei. Nachdem die Polizei die Demonstration in versammlungsfeindlicher Weise als mobilen Polizeikessel gestaltet habe und damit das Ziel, die Bevölkerung anzusprechen, nicht habe erreicht werden können, habe er die Versammlung nach einer kurzen Abschlusskundgebung aufgelöst. Die Ausführungen der Beklagten könnten seinen Ausschluss als Versammlungsleiter nicht rechtfertigen. Es ergebe sich keine Konkretisierung der behaupteten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, und es würden überzogene Anforderungen an den Versammlungsleiter gestellt, die mit Art. 8 GG nicht vereinbar seien.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Sie führte aus, der Kläger sei aus einer Vielzahl von Gründen als Versammlungsleiter abzulehnen gewesen. Er sei vom Amtsgericht Ulm wegen Beleidigung und wegen eines Vergehens nach dem Versammlungsgesetz zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt worden. Anlässlich der Demonstration am 01.05.2010, bei der er als Versammlungsleiter bestellt gewesen sei, habe sich erwiesen, dass er nicht in der Lage gewesen sei, den damit verbundenen Auflagen in ausreichender Weise nachzukommen. So habe er gegenüber den Versammlungsteilnehmern geäußert, „den Auflagen der Polizei sei eventuell Folge zu leisten" und „viel Spaß und lasst es krachen". Damals sei eine Vielzahl von Auflagen der Versammlungsbehörde missachtet worden. So seien Transparente miteinander verknotet und Feuerwerkskörper gezündet worden. Es sei von ca. 50 bis 60 Personen eine Sitzblockade auf Straßenbahngleisen durchgeführt worden, was dazu geführt habe, dass die Veranstaltung für beendet erklärt worden sei. Durch diese Vorkommnisse sei unter Beweis gestellt, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt als Versammlungsleiter ungeeignet gewesen sei. Bei dem Kooperationsgespräch am 20.04.2011 sei es auch um die damalige Versammlung und das Verhalten des Klägers gegangen. Dieser habe sich sehr uneinsichtig gezeigt. Über verschiedene Geschehnisse sei er nicht informiert gewesen und er habe die Verantwortung für die Eskalation ausschließlich bei der Polizei gesucht. Hinsichtlich der geplanten Demonstration am 01.05.2011 habe er nicht aufzeigen können, wie ähnliche Gewalttaten wie im Vorjahr vermieden werden könnten. Die Versammlungsbehörde sei daher aufgrund des Verlaufs des Kooperationsgesprächs zu dem Ergebnis gekommen, dass er nicht geeignet sei, den Aufgaben eines Versammlungsleiters nachzukommen. Da anzunehmen gewesen sei, dass die Versammlung mit einem anderen Versammlungsleiter ordnungsgemäß durchgeführt werden könne, sei der Kläger als Versammlungsleiter abgelehnt worden.
10 
Mit Urteil vom 25.10.2011 - 1 Cs 570 Js 20276/10 - verurteilte das Amtsgericht Karlsruhe den Kläger hinsichtlich der Vorkommnisse am 01.05.2010 wegen abweichender Durchführung einer Versammlung in Tateinheit mit einem Verstoß gegen versammlungsrechtliche Auflagen in vier tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen. Das Landgericht Karlsruhe stellte das Verfahren in der Hauptverhandlung über die vom Kläger und von der Staatsanwaltschaft eingelegten Berufungen mit Beschluss vom 16.07.2014 gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein, weil die Strafe, zu der die Verfolgung führen könne, neben der Strafe, die gegen den Kläger durch Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 24.08.2011 - 332 Js 39669/11 - verhängt worden sei, nicht beträchtlich ins Gewicht falle.
11 
Mit Urteil vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Nummern 1 und 2 der Verfügung der Beklagten vom 26.04.2011 rechtswidrig gewesen seien. Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr. Der Kläger beabsichtige, auch in Zukunft wieder als Versammlungsleiter im Stadtgebiet der Beklagten aufzutreten. Auch sei davon auszugehen, dass die Beklagte ihn dann erneut als ungeeignet für die Leitung von Versammlungen ansehen würde. Die Klage sei auch begründet. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 VersammlG für die gegenüber dem Kläger ergangene versammlungsbeschränkende Verfügung hätten nicht vorgelegen. Die Kammer habe sich nicht davon überzeugen können, dass die Durchführung der Versammlung mit dem Kläger als Versammlungsleiter zu einer unmittelbaren Gefährdung der durch § 15 Abs. 1 VersammlG geschützten Rechtsgüter geführt hätte.
12 
Zur Begründung ihrer vom Senat mit Beschluss vom 04.02.2013 zugelassenen Berufung trägt die Beklagte unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens vor, die Verurteilung des Klägers durch das Amtsgericht Ulm, die Vorkommnisse bei der Demonstration am 01.05.2010 und das Verhalten des Klägers beim Kooperationsgespräch hätten schon für sich genommen, jedenfalls aber in der Gesamtschau seine Ablehnung als Versammlungsleiter gerechtfertigt.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 14.05.2012 - 3 K 1395/11 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
15 
Der Kläger beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend vor: Ein Feststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr sei auch deshalb gegeben, weil davon auszugehen sei, dass die Beklagte ihre Ungeeignetheitsprognose an andere Versammlungsbehörden übermittle und er dann, wenn er möglicherweise dort als Versammlungsleiter auftreten wolle, ebenfalls als unzuverlässig abgelehnt werde. Er sei zudem in seinem Persönlichkeitsrecht und seiner Ehre betroffen, weil er zu Unrecht als Linksextremist abgestempelt und ihm auf unzutreffender Tatsachengrundlage die Eignung als Versammlungsleiter abgesprochen worden sei. Die von der Beklagten getroffene Gefahrprognose sei insgesamt nicht tragfähig. Es sei der Beklagten nicht gelungen, eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch ihn als Versammlungsleiter nachzuweisen. In der streitgegenständlichen Verfügung würden keinerlei Ausführungen zu aktuellen Erkenntnissen bezüglich der geplanten Demonstration gemacht. Am 01.05.2010 habe es kein vorwerfbares Verhalten des Klägers gegeben. Die Beklagte behaupte letztlich, dass der Kläger als Versammlungsleiter fungiere, führe als solches bereits zu einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Es fehlten jedoch jegliche Ausführungen zum Wechselverhältnis zwischen der Tätigkeit des Versammlungsleiters und dem vermuteten Demonstrationsverlauf unter Berücksichtigung von Zielsetzung, Teilnehmerzusammensetzung, Teilnehmerzahl, Verlaufsmöglichkeiten aufgrund der angesetzten Zeit und dem geplanten Ablauf der Demonstration.
18 
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärte der Kläger auf Fragen des Vorsitzenden, er sei nicht mehr Landesvorsitzender der ... - ...... und in Karlsruhe nicht mehr politisch aktiv. Die Anschrift in ... sei sein einziger Wohnsitz. Auf Nachfrage des Berichterstatters, wo er in den Jahren 2012, 2013 und 2014 den 1. Mai verbracht habe, gab er an, er habe jeweils als einfacher Teilnehmer an der Mai-Demonstration in Karlsruhe teilgenommen. Er habe dies mit einem Besuch bei seinen Eltern verbunden, die noch in Karlsruhe lebten. Als Anmelder einer Versammlung oder Versammlungsleiter sei er allerdings nicht mehr aufgetreten. Er habe dies damals in seiner Funktion als Ortsvorsitzender der ... gemacht. Dass er zunächst auf die entsprechende Frage des Vorsitzenden weitere politische Aktivitäten in Karlsruhe nach seinem Umzug nach ... allgemein verneint habe, liege daran, dass er diese Frage nicht dahingehend verstanden habe, dass sie auf die Teilnahme an Demonstrationen ziele. Er habe jugendpolitische Arbeit im Kreisjugendring, Parteiversammlungen u. ä. vor Augen gehabt, als er weitere politische Aktivitäten in Karlsruhe pauschal verneint habe. Der im Einstellungsbeschluss des Landgerichts Karlsruhe vom 16.07.2014 erwähnte Strafbefehl des Amtsgerichts Frankfurt habe keinen versammlungsrechtlichen Bezug. Die Demonstration am 01.05.2010 habe er vorzeitig aufgelöst, weil sich infolge des Verhaltens der Polizei, insbesondere des Polizeispaliers, unter den Teilnehmern eine aggressive Stimmung verbreitet habe und er die weitere Verantwortung für die Versammlung nicht mehr habe tragen wollen. Was nach der Auflösung passiert sei, habe er nicht mehr mitbekommen. Er sei dann in der Stadt einen Kaffee trinken gegangen. Bei der Verlesung der Auflagen zu Beginn der Versammlung habe er sich versprochen; es sei nicht seine Absicht gewesen, die Stimmung aufzuheizen. Er habe auch noch keinerlei Erfahrung als Versammlungsleiter gehabt.
19 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten, die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe und die beigezogenen Strafakten des Amtsgerichts Ulm - 25 Js 14411/09 - und des Landgerichts Karlsruhe - 8 Ns 570 Js 20276/10 - vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar hat die Beklagte keinen ausdrücklichen Berufungsantrag formuliert, doch wird aus der fristgemäß eingereichten Berufungsbegründung das Ziel der Berufung deutlich, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. Damit ist den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO Genüge getan (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 a Rn. 30 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.05.2013 - 10 S 281/12 - NJW 2013, 2045 ).
II.
21 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass die Nummern 1 und 2 der Verfügung der Beklagten vom 26.04.2011 rechtswidrig gewesen sind. Die Klage ist unzulässig (1.), weil es in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431 m.w.N.) an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlt. Zudem wäre die Klage auch unbegründet gewesen (2.).
22 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen - mit Ausnahme des Feststellungsinteresses (b) - liegen vor (a).
23 
a) Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - VBlBW 2014, 147 m.w.N.). Es bedurfte auch nicht der Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.). Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurt. v. 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - ESVGH 61, 65 = DVBl 2010, 1569 m.w.N.).
24 
b) Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger sich nicht auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts berufen kann.
25 
Die Anforderungen an das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.> und Urt. v. 28.03.2012 - 6 C 12.11 - BVerwGE 143, 74 <76> Rn. 15; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.), wobei die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen sind. Nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit begründet ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht nur dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt (aa), wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht (bb) oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (cc; vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Senatsurt. v.06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O.).
26 
aa) Die Ablehnung des Klägers als Versammlungsleiter stellt keine schwere Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit dar.
27 
Die Bedeutung der Versammlungsfreiheit in einer Demokratie gebietet stets die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes, wenn die Grundrechtsausübung durch ein Versammlungsverbot tatsächlich unterbunden oder die Versammlung aufgelöst worden ist. Derartige Eingriffe sind die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Eine weitere Gewichtung eines solchen Grundrechtseingriffs, etwa im Hinblick auf den spezifischen Anlass oder die Größe der Versammlung, ist dem Staat verwehrt. Ebenso bedarf in einem derartigen Fall keiner Klärung, ob eine fortwirkende Beeinträchtigung im grundrechtlich geschützten Bereich gegeben ist. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist ebenso zu bejahen, wenn die Versammlung zwar durchgeführt werden konnte, aber infolge von versammlungsbehördlichen Auflagen gemäß § 15 Abs. 1 VersammlG, von verwaltungsgerichtlichen Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO oder von verfassungsgerichtlichen Maßgaben nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in einer Weise, die ihren spezifischen Charakter verändert, insbesondere die Verwirklichung ihres kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert hat. Demgegenüber ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht begründet, wenn die Abweichungen bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung betroffen haben (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 89 ).
28 
Daran gemessen führte der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter nicht zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Die Versammlung konnte wie geplant stattfinden, wenn auch mit einem anderen Versammlungsleiter. Auch der Kläger durfte an der Versammlung teilnehmen, ihm wurde lediglich die Ausübung der Funktion des Versammlungsleiters untersagt. Dass die Person des Versammlungsleiters für die Verwirklichung des kommunikativen Anliegens der Versammlung von Bedeutung gewesen wäre, wird nicht geltend gemacht. Dafür sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, nachdem der Kläger bei der Demonstration am 01.05.2010 über die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Versammlungsleiter hinausgehend nicht in Erscheinung getreten war.
29 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es auch an einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr.
30 
Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt grundsätzlich zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S.90; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurt. v. 02.08.2012 - 1 S 618/12 - VBlBW 2012, 473; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O. S. 406 ).
31 
Da es vorliegend um den Ausschluss als Versammlungsleiter geht, setzt die Wiederholungsgefahr den Willen des Klägers voraus, in Zukunft im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als Leiter vergleichbarer Versammlungen in Erscheinung zu treten. Ein solcher Wille ist unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht erkennbar. Der Kläger, der seit einigen Jahren seinen Lebensmittelpunkt in ... hat, hat erklärt, dass sein Auftreten als Anmelder und als vorgesehener Versammlungsleiter bei den 1. Mai-Demonstrationen 2010 und 2011 mit den politischen Funktionen zusammenhing, die er damals in Karlsruhe ausübte. In den Jahren 2012, 2013 und 2014 hat er den 1. Mai-Kundgebungen in Karlsruhe auch nach eigenem Bekunden lediglich als einfacher Teilnehmer beigewohnt. Eine Absicht, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten künftig wieder als Versammlungsleiter in Erscheinung treten zu wollen, hat er nicht geäußert.
32 
Eine Absicht, in ... oder anderswo als Versammlungsleiter auftreten zu wollen, hat der Kläger ebenfalls nicht erkennen lassen. Sie wäre entgegen der Auffassung seiner Prozessbevollmächtigten auch nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, weil auf der Seite der Beklagten erforderlich ist, dass „die Behörde“, d.h. die Behörde, deren Verfügung im Streit steht, voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten und erneut in gleicher Weise agieren wird. Über die mögliche Rechtsauffassung anderer Versammlungsbehörden kann bloß spekuliert werden. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Beklagte ihre Erkenntnisse über den Kläger, die aus den Jahren 2009 bis 2011 stammen, anderen Versammlungsbehörden übermittelt, so wären diese im Übrigen schon aufgrund der verstrichenen Zeit sowie im Lichte etwaiger neuerer Erkenntnisse neu zu bewerten.
33 
cc) Schließlich kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht unter dem Aspekt der Rehabilitierung bejaht werden.
34 
Ein Rehabilitierungsinteresse ist im Fall der Erledigung einer Maßnahme anzunehmen, wenn die begehrte Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, als "Genugtuung" oder zur Rehabilitierung erforderlich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigte. Auch in versammlungsrechtlichen Streitigkeiten sind Begründungen für beschränkende Maßnahmen vorstellbar, die diskriminierend wirken können, insbesondere Ausführungen über die Persönlichkeit des Veranstalters oder zu seinem erwarteten kriminellen Verhalten auf Versammlungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 92 m.w.N.). Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht für die Bejahung eines Rehabilitierungsinteresses allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, jedoch nicht automatisch aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne oder - wie hier - dem Ausschluss als Versammlungsleiter aufgrund einer Gefahrenprognose nach § 15 VersammlG folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O. m.w.N.; Senatsurt. v. 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - DVBl 2011, 1305 ).
35 
Daran gemessen ist hier ein Rehabilitierungsinteresse zu verneinen. Die angegriffene Anordnung hatte keine persönlichkeitsbeeinträchtigende Wirkung. Die vom Kläger angemeldete Versammlung konnte wie geplant und auch von ihm nach außen kommuniziert stattfinden. Es ist nicht erkennbar, dass der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter oder gar die hierfür maßgeblichen Gründe von der Beklagten selbst oder auf ihre Veranlassung publik gemacht worden wären. Der streitgegenständliche Bescheid war allein an den Kläger gerichtet und daher nicht geeignet, sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
36 
2. Die Klage wäre auch nicht begründet gewesen. Der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter war rechtmäßig und verletzte ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
37 
a) Nach der gemäß § 18 Abs. 1 VersammlG auch für Versammlungen unter freiem Himmel anwendbaren Vorschrift des § 7 Abs. 1 VersammlG muss jede öffentliche Versammlung einen Leiter haben. Dieser bestimmt den Ablauf der Versammlung, und er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen (§ 8 Satz 1 und 2 VersammlG); bei Aufzügen hat er nach § 19 Abs. 1 VersammlG für den ordnungsgemäßen Ablauf zu sorgen. Darüber hinaus sind im Versammlungsgesetz keine weiteren Anforderungen an die Person des Versammlungsleiters formuliert. Es ergibt sich aber aus der ihm übertragenen Verantwortung und Organisationsgewalt, dass er dem Friedlichkeitsgebot der Versammlungsfreiheit entsprechen muss. Insbesondere muss er geeignet sein, die ihm übertragenen Aufgaben selbstverantwortlich zu erfüllen. Er muss zuverlässig und nach seiner Reife und seinem persönlichen Vermögen imstande sein, den ordnungsgemäßen Verlauf der von ihm geleiteten Versammlung sicherzustellen. Zweifel an der Zuverlässigkeit und Eignung der als Leiter vorgesehenen Person müssen durch Tatsachen belegbar sein (vgl. Die- tel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rn. 8 m.w.N.).
38 
b) Allerdings vermögen mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage im Versammlungsgesetz durch Tatsachen belegte Zuverlässigkeits- und Eignungszweifel für sich genommen die Ablehnung einer Person als Versammlungsleiter nicht zu rechtfertigen. Vielmehr kommt - wie die Beklagte zutreffend erkannt hat - ein präventiver Ausschluss einer Person als Versammlungsleiter nur auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG in Betracht. Nach dieser Vorschrift dürfen versammlungsbeschränkende Maßnahmen nur ergriffen werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung ohne Erlass der betreffenden Verfügung unmittelbar gefährdet ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm sind unter Beachtung der durch Art. 8 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit auszulegen, deren Beschränkung für Versammlungen unter freiem Himmel nach Art. 8 Abs. 2 GG ausdrücklich zulässig ist. Voraussetzung einer das Versammlungsrecht beschränkenden Verfügung ist eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - BVerfGE 69, 315 [Brokdorf II]). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.04.1998 - 1 BvR 2311/94 - NVwZ 1998, 834; Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - BVerfGK 13, 82). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit sind bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen, die grundsätzlich der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine das Versammlungsrecht beschränkende Verfügung darf nur ergehen, wenn bei verständiger Würdigung sämtlicher erkennbarer Umstände die Durchführung der Versammlung so wie geplant mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verursacht (Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. ; Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008, 987 m.w.N.).
39 
Bei der Prognose ist die ex ante-Sicht und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Versammlungsbehörde im Anschluss an ihre Entscheidung gewinnt: War das Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr im Zeitpunkt der Entscheidung über die einschränkende Verfügung objektiv wahrscheinlich, bleibt diese auch dann rechtmäßig, wenn sich die Prognose aufgrund von sich später ergebenden Erkenntnissen als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine unmittelbare Gefahr nicht - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - mit Tatsachen begründet werden, die erst im Anschluss an den Erlass der versammlungsrechtlichen Verfügung bekannt werden.
40 
c) Hier erweist sich die von der Beklagten getroffene Gefahrprognose, die sich in erster Linie auf die Erkenntnismitteilung des Polizeipräsidiums vom 06.04.2011 und die bei dem Kooperationsgespräch am 20.04.2011 gewonnenen Erkenntnisse gestützt hat, als tragfähig. Es waren erkennbare Umstände, d.h. Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten gegeben, die die Prognose rechtfertigten, dass bei Durchführung der Versammlung mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.
41 
In der angefochtenen Verfügung kommt - wenn auch knapp und teilweise nur indirekt - hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte sich nicht nur die vom Polizeipräsidium über den Kläger mitgeteilten Erkenntnisse, sondern auch die maßgeblich auf die Erfahrungen des Vorjahres gestützten Erkenntnisse über den Teilnehmerkreis der geplanten Versammlung und das insgesamt von der Versammlung ausgehende Gefahrenpotential zu eigen macht. Dass die Beklagte vergleichbare Rechtsverletzungen wie im Vorjahr befürchtete, wird etwa auf S. 4 unten des Bescheides bei den Ausführungen zum Verhalten des Klägers bei dem Kooperationsgespräch deutlich, in dem es u.a. darum ging, von dem Kläger zu erfahren, welche Maßnahmen er zur Vermeidung ähnlicher Geschehnisse anlässlich der diesjährigen Versammlung ergreifen wolle.
42 
Ob und in welchem Ausmaß das prognostizierte Gefahrenpotential sich realisieren und es aus der angemeldeten Versammlung heraus zur Begehung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten kommen würde, hing vorliegend nach der ex ante-Prognose maßgeblich von der Person des Versammlungsleiters und von dessen Zuverlässigkeit bzw. Eignung ab. Die Beklagte hat auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisse zutreffend prognostiziert, dass mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet wäre.
43 
Entscheidende Bedeutung kam dem Verhalten des Klägers beim Verlesen der Auflagen zu Beginn der Versammlung am 1. Mai 2010 zu, durch das er - ob beabsichtigt oder nicht - die Stimmung unter den Versammlungsteilnehmern anheizte, was mit dazu beigetragen haben dürfte, dass es von Beginn an zu massiven Verstößen gegen die unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügten und damit ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit zu beachtenden Auflagen kam. Zwar kooperierte der Kläger dann im weiteren Verlauf der Versammlung mit der Polizei und bemühte sich auch, gegen Auflagen- bzw. Gesetzesverstöße einzuschreiten, doch blieb er mit diesen Bemühungen weitgehend erfolglos, so dass er schließlich keinen anderen Ausweg sah, als sich der weiteren Verantwortung durch vorzeitige Auflösung der Versammlung zu entledigen. Dieses Verhalten durfte für die Gefahrprognose bezüglich der hinsichtlich Zielsetzung und Teilnehmerkreis im Wesentlichen gleichartigen 1. Mai-Demonstration im Jahr 2011 herangezogen werden, weil es keinerlei Hinweise gab, dass der damals als Versammlungsleiter noch unerfahrene Kläger zwischenzeitlich einen Lernprozess durchlaufen und sein Verhalten kritisch reflektiert hätte. In dem mit ihm geführten Kooperationsgespräch zeigte er keinerlei Einsicht in eigenes Fehlverhalten und suchte die Verantwortung für die Eskalation der 1. Mai-Demonstration 2010 ausschließlich bei der Polizei. Zudem stellte er in Abrede, dass gegen ihn wegen der Vorkommnisse im Vorjahr ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Zwar besteht keine Rechtspflicht zur Kooperation und ist es der Versammlungsbehörde daher verwehrt, allein aus der Weigerung eines Veranstalters zur Teilnahme an einem vorbereitenden Kooperationsgespräch negative Schlüsse zu ziehen (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 01.03.2002 - 1 BvQ 5/02 - NVwZ 2002, 982). Nimmt ein Veranstalter aber - wie hier - freiwillig an einem Kooperationsgespräch teil, können die dabei gewonnenen Erkenntnisse selbstverständlich verwertet werden. Die Beklagte durfte daher auch berücksichtigen, dass der Kläger, obwohl er die Gefahr von Rechtsverstößen bei der von ihm angemeldeten Versammlung kannte oder jedenfalls hätte kennen müssen, keine Veranlassung sah, Vorkehrungen zur Eindämmung dieser Gefahr zu treffen (vgl. hierzu Senats-beschl. v. 18.06.1999 - 1 S 1464/99 - VBlBW 1999, 462). Als weiteren Mosaikstein durfte die Beklagte schließlich die Verurteilung durch den rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Ulm heranziehen, die den Schluss erlaubte, dass der Kläger nicht die Gewähr dafür bietet, in - zu erwartenden - kritischen Situationen deeskalierend zu wirken.
III.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss vom 27. Januar 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
I.
20 
Die Berufung ist nach Zulassung durch den Senat statthaft und auch sonst zulässig. Die Berufungsbegründungsschrift wurde form- und fristgemäß beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht (vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 1 und 2 VwGO) und entspricht auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (bestimmter Antrag, ausreichende Begründung; vgl. § 124 a Abs. 6 Satz 3 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO). Zwar hat die Beklagte keinen ausdrücklichen Berufungsantrag formuliert, doch wird aus der fristgemäß eingereichten Berufungsbegründung das Ziel der Berufung deutlich, das erstinstanzliche Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen. Damit ist den Anforderungen des § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO Genüge getan (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., § 124 a Rn. 30 m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 07.05.2013 - 10 S 281/12 - NJW 2013, 2045 ).
II.
21 
Die Berufung ist auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass die Nummern 1 und 2 der Verfügung der Beklagten vom 26.04.2011 rechtswidrig gewesen sind. Die Klage ist unzulässig (1.), weil es in dem für das Vorliegen der Sachentscheidungsvoraussetzungen maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - VBlBW 2005, 431 m.w.N.) an dem erforderlichen Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlt. Zudem wäre die Klage auch unbegründet gewesen (2.).
22 
1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO statthaft und auch die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen - mit Ausnahme des Feststellungsinteresses (b) - liegen vor (a).
23 
a) Erledigt sich der Verwaltungsakt - wie hier - bereits vor Klageerhebung, findet § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechende Anwendung (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 - 6 C 16.09 - BVerwGE 138, 186 <190>; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - VBlBW 2014, 147 m.w.N.). Es bedurfte auch nicht der Durchführung des mit Einlegung des Widerspruchs eingeleiteten Vorverfahrens, da dieses seine Aufgabe (Selbstkontrolle der Verwaltung, Zweckmäßigkeitsprüfung) nicht mehr hätte erfüllen können (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.02.1967 - I C 49.64 - BVerwGE 26, 161) und eine Widerspruchsentscheidung in der Sache unzulässig gewesen wäre (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 - 2 C 10.00 - NVwZ 2001, 1288; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.). Einer Fristbindung unterliegt die Klageerhebung bei vorprozessualer Erledigung des Verwaltungsakts vor Eintritt der Bestandskraft nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <206 ff.>; Senatsurt. v. 19.08.2010 - 1 S 2266/09 - ESVGH 61, 65 = DVBl 2010, 1569 m.w.N.).
24 
b) Die Klage ist unzulässig, weil der Kläger sich nicht auf ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung des erledigten Verwaltungsakts berufen kann.
25 
Die Anforderungen an das Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses entsprechen weitgehend jenen der allgemeinen Feststellungsklage nach § 43 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 14.07.1999 - 6 C 7.98 - BVerwGE 109, 203 <208 f.> und Urt. v. 28.03.2012 - 6 C 12.11 - BVerwGE 143, 74 <76> Rn. 15; Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. m.w.N.), wobei die Besonderheiten der Versammlungsfreiheit zu berücksichtigen sind. Nicht jeder Eingriff in die Versammlungsfreiheit begründet ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse. Ein solches Interesse besteht nur dann, wenn die angegriffene Maßnahme die Versammlungsfreiheit schwer beeinträchtigt (aa), wenn die Gefahr einer Wiederholung besteht (bb) oder wenn aus Gründen der Rehabilitierung ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an der Klärung der Rechtmäßigkeit angenommen werden kann (cc; vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <89 ff.>; Senatsurt. v.06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O.).
26 
aa) Die Ablehnung des Klägers als Versammlungsleiter stellt keine schwere Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit dar.
27 
Die Bedeutung der Versammlungsfreiheit in einer Demokratie gebietet stets die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes, wenn die Grundrechtsausübung durch ein Versammlungsverbot tatsächlich unterbunden oder die Versammlung aufgelöst worden ist. Derartige Eingriffe sind die schwerste mögliche Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Eine weitere Gewichtung eines solchen Grundrechtseingriffs, etwa im Hinblick auf den spezifischen Anlass oder die Größe der Versammlung, ist dem Staat verwehrt. Ebenso bedarf in einem derartigen Fall keiner Klärung, ob eine fortwirkende Beeinträchtigung im grundrechtlich geschützten Bereich gegeben ist. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist ebenso zu bejahen, wenn die Versammlung zwar durchgeführt werden konnte, aber infolge von versammlungsbehördlichen Auflagen gemäß § 15 Abs. 1 VersammlG, von verwaltungsgerichtlichen Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO oder von verfassungsgerichtlichen Maßgaben nach § 32 Abs. 1 BVerfGG nur in einer Weise, die ihren spezifischen Charakter verändert, insbesondere die Verwirklichung ihres kommunikativen Anliegens wesentlich erschwert hat. Demgegenüber ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht begründet, wenn die Abweichungen bloße Modalitäten der Versammlungsdurchführung betroffen haben (BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 89 ).
28 
Daran gemessen führte der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter nicht zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit. Die Versammlung konnte wie geplant stattfinden, wenn auch mit einem anderen Versammlungsleiter. Auch der Kläger durfte an der Versammlung teilnehmen, ihm wurde lediglich die Ausübung der Funktion des Versammlungsleiters untersagt. Dass die Person des Versammlungsleiters für die Verwirklichung des kommunikativen Anliegens der Versammlung von Bedeutung gewesen wäre, wird nicht geltend gemacht. Dafür sind auch keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, nachdem der Kläger bei der Demonstration am 01.05.2010 über die Wahrnehmung seiner Aufgaben als Versammlungsleiter hinausgehend nicht in Erscheinung getreten war.
29 
bb) Entgegen der Auffassung des Klägers fehlt es auch an einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr.
30 
Das Erfordernis der Wiederholungsgefahr setzt grundsätzlich zum einen die Möglichkeit einer erneuten Durchführung einer vergleichbaren Versammlung durch den Betroffenen voraus, zum anderen, dass die Behörde voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten wird (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S.90; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011 - 1 BvR 1946/06 - NVwZ-RR 2011, 405). Dabei reicht es aus, dass der Wille des Betroffenen erkennbar ist, in Zukunft Versammlungen abzuhalten, die ihrer Art nach zu den gleichen Rechtsproblemen und damit der gleichen Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit führen können. Angesichts des verfassungsrechtlich geschützten Rechts des Veranstalters, über das Ziel sowie die Art und Weise der Durchführung einer Versammlung selbst zu bestimmen, darf für die Bejahung des Feststellungsinteresses nicht verlangt werden, dass die möglichen weiteren Versammlungen unter gleichen Umständen, mit einem identischen Motto und am selben Ort durchgeführt werden. Jedoch sind Anhaltspunkte dafür zu fordern, dass die Behörde das Verbot solcher weiterer Versammlungen oder die Beschränkung ihrer Durchführung voraussichtlich wieder mit den gleichen Gründen rechtfertigen wird (vgl. Senatsurt. v. 02.08.2012 - 1 S 618/12 - VBlBW 2012, 473; BVerfG [Kammer], Beschl. v. 08.02.2011, a.a.O. S. 406 ).
31 
Da es vorliegend um den Ausschluss als Versammlungsleiter geht, setzt die Wiederholungsgefahr den Willen des Klägers voraus, in Zukunft im Zuständigkeitsbereich der Beklagten als Leiter vergleichbarer Versammlungen in Erscheinung zu treten. Ein solcher Wille ist unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht erkennbar. Der Kläger, der seit einigen Jahren seinen Lebensmittelpunkt in ... hat, hat erklärt, dass sein Auftreten als Anmelder und als vorgesehener Versammlungsleiter bei den 1. Mai-Demonstrationen 2010 und 2011 mit den politischen Funktionen zusammenhing, die er damals in Karlsruhe ausübte. In den Jahren 2012, 2013 und 2014 hat er den 1. Mai-Kundgebungen in Karlsruhe auch nach eigenem Bekunden lediglich als einfacher Teilnehmer beigewohnt. Eine Absicht, im Zuständigkeitsbereich der Beklagten künftig wieder als Versammlungsleiter in Erscheinung treten zu wollen, hat er nicht geäußert.
32 
Eine Absicht, in ... oder anderswo als Versammlungsleiter auftreten zu wollen, hat der Kläger ebenfalls nicht erkennen lassen. Sie wäre entgegen der Auffassung seiner Prozessbevollmächtigten auch nicht ausreichend, um eine Wiederholungsgefahr zu bejahen, weil auf der Seite der Beklagten erforderlich ist, dass „die Behörde“, d.h. die Behörde, deren Verfügung im Streit steht, voraussichtlich an ihrer Rechtsauffassung festhalten und erneut in gleicher Weise agieren wird. Über die mögliche Rechtsauffassung anderer Versammlungsbehörden kann bloß spekuliert werden. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die Beklagte ihre Erkenntnisse über den Kläger, die aus den Jahren 2009 bis 2011 stammen, anderen Versammlungsbehörden übermittelt, so wären diese im Übrigen schon aufgrund der verstrichenen Zeit sowie im Lichte etwaiger neuerer Erkenntnisse neu zu bewerten.
33 
cc) Schließlich kann ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht unter dem Aspekt der Rehabilitierung bejaht werden.
34 
Ein Rehabilitierungsinteresse ist im Fall der Erledigung einer Maßnahme anzunehmen, wenn die begehrte Feststellung, dass ein Verwaltungsakt rechtswidrig war, als "Genugtuung" oder zur Rehabilitierung erforderlich ist. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Verwaltungsakt diskriminierenden Charakter hatte und das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigte. Auch in versammlungsrechtlichen Streitigkeiten sind Begründungen für beschränkende Maßnahmen vorstellbar, die diskriminierend wirken können, insbesondere Ausführungen über die Persönlichkeit des Veranstalters oder zu seinem erwarteten kriminellen Verhalten auf Versammlungen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - a.a.O. S. 92 m.w.N.). Die - behauptete - Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts als solche reicht für die Bejahung eines Rehabilitierungsinteresses allerdings nicht aus; erforderlich ist eine „Bemakelung“ des Betroffenen, die sich aus den Gründen des Bescheids oder den Umständen seines Erlasses ergibt, jedoch nicht automatisch aus der Einstufung als Störer im polizeirechtlichen Sinne oder - wie hier - dem Ausschluss als Versammlungsleiter aufgrund einer Gefahrenprognose nach § 15 VersammlG folgt. Hieraus muss sich eine fortwirkende konkrete und objektive Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Betroffenen ergeben, die gerade durch den gerichtlichen Ausspruch beseitigt werden kann (vgl. Senatsurt. v. 14.04.2005 - 1 S 2362/04 - a.a.O. m.w.N.; Senatsurt. v. 30.06.2011 - 1 S 2901/10 - DVBl 2011, 1305 ).
35 
Daran gemessen ist hier ein Rehabilitierungsinteresse zu verneinen. Die angegriffene Anordnung hatte keine persönlichkeitsbeeinträchtigende Wirkung. Die vom Kläger angemeldete Versammlung konnte wie geplant und auch von ihm nach außen kommuniziert stattfinden. Es ist nicht erkennbar, dass der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter oder gar die hierfür maßgeblichen Gründe von der Beklagten selbst oder auf ihre Veranlassung publik gemacht worden wären. Der streitgegenständliche Bescheid war allein an den Kläger gerichtet und daher nicht geeignet, sein Ansehen in der Öffentlichkeit herabzusetzen.
36 
2. Die Klage wäre auch nicht begründet gewesen. Der Ausschluss des Klägers als Versammlungsleiter war rechtmäßig und verletzte ihn nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog).
37 
a) Nach der gemäß § 18 Abs. 1 VersammlG auch für Versammlungen unter freiem Himmel anwendbaren Vorschrift des § 7 Abs. 1 VersammlG muss jede öffentliche Versammlung einen Leiter haben. Dieser bestimmt den Ablauf der Versammlung, und er hat während der Versammlung für Ordnung zu sorgen (§ 8 Satz 1 und 2 VersammlG); bei Aufzügen hat er nach § 19 Abs. 1 VersammlG für den ordnungsgemäßen Ablauf zu sorgen. Darüber hinaus sind im Versammlungsgesetz keine weiteren Anforderungen an die Person des Versammlungsleiters formuliert. Es ergibt sich aber aus der ihm übertragenen Verantwortung und Organisationsgewalt, dass er dem Friedlichkeitsgebot der Versammlungsfreiheit entsprechen muss. Insbesondere muss er geeignet sein, die ihm übertragenen Aufgaben selbstverantwortlich zu erfüllen. Er muss zuverlässig und nach seiner Reife und seinem persönlichen Vermögen imstande sein, den ordnungsgemäßen Verlauf der von ihm geleiteten Versammlung sicherzustellen. Zweifel an der Zuverlässigkeit und Eignung der als Leiter vorgesehenen Person müssen durch Tatsachen belegbar sein (vgl. Die- tel/Gintzel/Kniesel, VersammlG, Kommentar, 16. Aufl., § 7 Rn. 8 m.w.N.).
38 
b) Allerdings vermögen mangels einer entsprechenden Rechtsgrundlage im Versammlungsgesetz durch Tatsachen belegte Zuverlässigkeits- und Eignungszweifel für sich genommen die Ablehnung einer Person als Versammlungsleiter nicht zu rechtfertigen. Vielmehr kommt - wie die Beklagte zutreffend erkannt hat - ein präventiver Ausschluss einer Person als Versammlungsleiter nur auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 VersammlG in Betracht. Nach dieser Vorschrift dürfen versammlungsbeschränkende Maßnahmen nur ergriffen werden, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung ohne Erlass der betreffenden Verfügung unmittelbar gefährdet ist. Die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm sind unter Beachtung der durch Art. 8 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützten Versammlungsfreiheit auszulegen, deren Beschränkung für Versammlungen unter freiem Himmel nach Art. 8 Abs. 2 GG ausdrücklich zulässig ist. Voraussetzung einer das Versammlungsrecht beschränkenden Verfügung ist eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung. Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst den Schutz zentraler Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, Eigentum und Vermögen des Einzelnen sowie die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der staatlichen Einrichtungen, wobei in der Regel eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angenommen wird, wenn eine strafbare Verletzung dieser Schutzgüter droht (BVerfG, Beschl. v. 14.05.1985 - 1 BvR 233/81, 1 BvR 341/81 - BVerfGE 69, 315 [Brokdorf II]). Eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit setzt eine konkrete Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Rechtsgüter führt (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 21.04.1998 - 1 BvR 2311/94 - NVwZ 1998, 834; Beschl. v. 19.12.2007 - 1 BvR 2793/04 - BVerfGK 13, 82). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit sind bei Erlass beschränkender Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose zu stellen, die grundsätzlich der vollständigen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Eine das Versammlungsrecht beschränkende Verfügung darf nur ergehen, wenn bei verständiger Würdigung sämtlicher erkennbarer Umstände die Durchführung der Versammlung so wie geplant mit hoher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit verursacht (Senatsurt. v. 06.11.2013 - 1 S 1640/12 - a.a.O. ; Nds. OVG, Urt. v. 29.05.2008 - 11 LC 138/06 - DVBl 2008, 987 m.w.N.).
39 
Bei der Prognose ist die ex ante-Sicht und nicht eine spätere Sicht entscheidend. Deshalb kommt es nicht darauf an, welche Erkenntnisse die Versammlungsbehörde im Anschluss an ihre Entscheidung gewinnt: War das Vorliegen einer unmittelbaren Gefahr im Zeitpunkt der Entscheidung über die einschränkende Verfügung objektiv wahrscheinlich, bleibt diese auch dann rechtmäßig, wenn sich die Prognose aufgrund von sich später ergebenden Erkenntnissen als unrichtig erweisen sollte. Umgekehrt kann eine unmittelbare Gefahr nicht - gleichsam nachträglich im Wege der Rückschau - mit Tatsachen begründet werden, die erst im Anschluss an den Erlass der versammlungsrechtlichen Verfügung bekannt werden.
40 
c) Hier erweist sich die von der Beklagten getroffene Gefahrprognose, die sich in erster Linie auf die Erkenntnismitteilung des Polizeipräsidiums vom 06.04.2011 und die bei dem Kooperationsgespräch am 20.04.2011 gewonnenen Erkenntnisse gestützt hat, als tragfähig. Es waren erkennbare Umstände, d.h. Tatsachen, Sachverhalte und sonstige Einzelheiten gegeben, die die Prognose rechtfertigten, dass bei Durchführung der Versammlung mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit unmittelbar gefährdet ist.
41 
In der angefochtenen Verfügung kommt - wenn auch knapp und teilweise nur indirekt - hinreichend deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte sich nicht nur die vom Polizeipräsidium über den Kläger mitgeteilten Erkenntnisse, sondern auch die maßgeblich auf die Erfahrungen des Vorjahres gestützten Erkenntnisse über den Teilnehmerkreis der geplanten Versammlung und das insgesamt von der Versammlung ausgehende Gefahrenpotential zu eigen macht. Dass die Beklagte vergleichbare Rechtsverletzungen wie im Vorjahr befürchtete, wird etwa auf S. 4 unten des Bescheides bei den Ausführungen zum Verhalten des Klägers bei dem Kooperationsgespräch deutlich, in dem es u.a. darum ging, von dem Kläger zu erfahren, welche Maßnahmen er zur Vermeidung ähnlicher Geschehnisse anlässlich der diesjährigen Versammlung ergreifen wolle.
42 
Ob und in welchem Ausmaß das prognostizierte Gefahrenpotential sich realisieren und es aus der angemeldeten Versammlung heraus zur Begehung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten kommen würde, hing vorliegend nach der ex ante-Prognose maßgeblich von der Person des Versammlungsleiters und von dessen Zuverlässigkeit bzw. Eignung ab. Die Beklagte hat auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Erkenntnisse zutreffend prognostiziert, dass mit dem Kläger als Versammlungsleiter die öffentliche Sicherheit bei Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet wäre.
43 
Entscheidende Bedeutung kam dem Verhalten des Klägers beim Verlesen der Auflagen zu Beginn der Versammlung am 1. Mai 2010 zu, durch das er - ob beabsichtigt oder nicht - die Stimmung unter den Versammlungsteilnehmern anheizte, was mit dazu beigetragen haben dürfte, dass es von Beginn an zu massiven Verstößen gegen die unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verfügten und damit ungeachtet der Frage ihrer Rechtmäßigkeit zu beachtenden Auflagen kam. Zwar kooperierte der Kläger dann im weiteren Verlauf der Versammlung mit der Polizei und bemühte sich auch, gegen Auflagen- bzw. Gesetzesverstöße einzuschreiten, doch blieb er mit diesen Bemühungen weitgehend erfolglos, so dass er schließlich keinen anderen Ausweg sah, als sich der weiteren Verantwortung durch vorzeitige Auflösung der Versammlung zu entledigen. Dieses Verhalten durfte für die Gefahrprognose bezüglich der hinsichtlich Zielsetzung und Teilnehmerkreis im Wesentlichen gleichartigen 1. Mai-Demonstration im Jahr 2011 herangezogen werden, weil es keinerlei Hinweise gab, dass der damals als Versammlungsleiter noch unerfahrene Kläger zwischenzeitlich einen Lernprozess durchlaufen und sein Verhalten kritisch reflektiert hätte. In dem mit ihm geführten Kooperationsgespräch zeigte er keinerlei Einsicht in eigenes Fehlverhalten und suchte die Verantwortung für die Eskalation der 1. Mai-Demonstration 2010 ausschließlich bei der Polizei. Zudem stellte er in Abrede, dass gegen ihn wegen der Vorkommnisse im Vorjahr ein Strafverfahren eingeleitet worden sei. Zwar besteht keine Rechtspflicht zur Kooperation und ist es der Versammlungsbehörde daher verwehrt, allein aus der Weigerung eines Veranstalters zur Teilnahme an einem vorbereitenden Kooperationsgespräch negative Schlüsse zu ziehen (BVerfG [Kammer], Beschl. v. 01.03.2002 - 1 BvQ 5/02 - NVwZ 2002, 982). Nimmt ein Veranstalter aber - wie hier - freiwillig an einem Kooperationsgespräch teil, können die dabei gewonnenen Erkenntnisse selbstverständlich verwertet werden. Die Beklagte durfte daher auch berücksichtigen, dass der Kläger, obwohl er die Gefahr von Rechtsverstößen bei der von ihm angemeldeten Versammlung kannte oder jedenfalls hätte kennen müssen, keine Veranlassung sah, Vorkehrungen zur Eindämmung dieser Gefahr zu treffen (vgl. hierzu Senats-beschl. v. 18.06.1999 - 1 S 1464/99 - VBlBW 1999, 462). Als weiteren Mosaikstein durfte die Beklagte schließlich die Verurteilung durch den rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Ulm heranziehen, die den Schluss erlaubte, dass der Kläger nicht die Gewähr dafür bietet, in - zu erwartenden - kritischen Situationen deeskalierend zu wirken.
III.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
45 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, weil keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
46 
Beschluss vom 27. Januar 2015
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen. Der Eigentümer eines Tieres hat bei der Ausübung seiner Befugnisse die besonderen Vorschriften zum Schutz der Tiere zu beachten.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Gründe

1

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.

3

Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, ob und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14 m.w.N.). Daran gemessen führen die von den Klägern aufgeworfenen und von ihnen als rechtsgrundsätzlich angesehenen Fragen nicht zur Zulassung der Revision.

4

a) Die Kläger möchten die Frage beantwortet wissen: "Können, entgegen Art. 8 I GG über die Spezialnormen der §§ 5 und 13 Versammlungsgesetz hinaus, insbesondere des § 13 Abs. 1 Nr. 2 3. Alt., das allgemeine oder das besondere Polizeirecht zur Auflösung von nach Art. 8 I GG geschützten Versammlungen (hier speziell solche, die nicht unter freiem Himmel stattfinden) als Ermächtigungsnorm für Eingriffe, insbesondere eine Auflösung, herangezogen werden?" Mit dieser Frage begehren die Kläger im Kern eine Antwort dazu, ob in die von Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Versammlungsfreiheit nur auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes eingegriffen werden kann oder ob Eingriffe auch auf das (allgemeine) Polizeirecht gestützt werden können. Diese Frage führt nicht zur Revisionszulassung.

5

Nach der Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung für die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung einer Klärung gerade durch höchstrichterliche Entscheidung bedarf. Dies ist nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation und auf dieser Grundlage ohne Weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. Oktober 2000 - BVerwG 6 B 47.00 - Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 10 S. 6 m.w.N.). So liegt es hier. Die in Rede stehende Frage ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungs- und des Bundesverfassungsgerichts geklärt.

6

Maßnahmen der Gefahrenabwehr gegen Versammlungen richten sich in erster Linie nach dem Versammlungsgesetz. Seine im Vergleich zum allgemeinen Polizeirecht besonderen Voraussetzungen für beschränkende Maßnahmen sind Ausprägungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit. Soweit das Versammlungsgesetz abschließende Regelungen hinsichtlich der polizeilichen Eingriffsbefugnisse enthält, geht es daher als Spezialgesetz dem allgemeinen Polizeirecht vor (vgl. Urteile vom 21. April 1989 - BVerwG 7 C 50.88 - BVerwGE 82, 34 <38> und vom 25. Juli 2007 - BVerwG 6 C 39.06 - BVerwGE 129, 142 Rn. 30 m.w.N.; BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 26. Oktober 2004 - 1 BvR 1726/01 - BVerfGK 4, 154 <158> m.w.N. und vom 30. April 2007 - 1 BvR 1090/06 - BVerfGK 11, 102 <114 f.> m.w.N.). Diese sogenannte Polizeifestigkeit der Versammlungsfreiheit bedeutet freilich nicht, dass in die Versammlungsfreiheit nur auf der Grundlage des Versammlungsgesetzes eingegriffen werden könnte; denn das Versammlungsgesetz enthält keine abschließende Regelung für die Abwehr von Gefahren, die im Zusammenhang mit Versammlungen auftreten können. Vielmehr ist das Versammlungswesen im Versammlungsgesetz nicht umfassend und vollständig, sondern nur teilweise und lückenhaft geregelt, so dass in Ermangelung einer speziellen Regelung auf das der allgemeinen Gefahrenabwehr dienende Polizeirecht der Länder zurückgegriffen werden muss (vgl. Urteile vom 8. September 1981 - BVerwG 1 C 88.77 - BVerwGE 64, 55 <58>, vom 23. März 1999 - BVerwG 1 C 12.97 - Buchholz 402.44 VersG Nr. 12 S. 6 und vom 25. Juli 2007 a.a.O. Rn. 30 m.w.N.). Hieraus ergibt sich ohne Weiteres, dass auf das allgemeine Polizeirecht auch insoweit zurückgegriffen werden kann, als es um die Verhütung von Gefahren geht, die allein aus der Ansammlung einer Vielzahl von Menschen an einem dafür ungeeigneten Ort entstehen, unabhängig davon, ob es sich bei dieser Ansammlung um eine Versammlung im Sinne des Versammlungsrechts handelt.

7

b) Die Kläger werfen weiter die Frage auf, "ob eine Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes i.S.d. § 41 I VwVfG BW, der inhaltsgleich dem § 41 I VwVfG und damit revisibel ist, der in den Zuständigkeitsbereich einer Ordnungsbehörde fällt, durch einen Polizeivollzugsbediensteten, der für eine andere Gebietskörperschaft tätig ist, im Ausnahmefall der Eilbedürftigkeit bekanntgegeben werden kann". Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nämlich geklärt, dass die Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes im Sinne von § 41 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht notwendig durch die für den Erlass des Verwaltungsaktes zuständige Behörde selbst erfolgen muss (vgl. Beschluss vom 5. Mai 1997 - BVerwG 1 B 129.96 - Buchholz 402.240 § 45 AuslG 1990 Nr. 11 S. 20 m.w.N.). Da es für die Rechtmäßigkeit der Bekanntgabe des Verwaltungsaktes durch einen Dritten nicht darauf ankommt, ob die für den Erlass des Verwaltungsaktes zuständige Behörde im Einzelfall nicht in der Lage ist, den Verwaltungsakt bekannt zu geben, kann auch die von den Klägern in diesem Zusammenhang aufgeworfene weitere Frage nach den Voraussetzungen einer "Eilkompetenz" die Revisionszulassung nicht rechtfertigen.

8

c) Soweit es die Kläger für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung halten, "ob eine Behörde den grundgesetzlich verbürgten Anspruch auf Rechtsschutz dadurch unterminieren kann, dass sie bei einer existenten oder vorgeblichen Gefährdungslage durch schlichte Untätigkeit über Monate im Wege einer 'last-minute-Verbescheidung' die Voraussetzungen für einen Entfall der Begründungspflicht wegen einer Notstandsmaßnahme nach § 80 III S. 2 VwGO selbst schaffen kann und damit letztlich die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bürgers dagegen ins Leere laufen lässt", kann dies schon deshalb nicht zum Erfolg der Beschwerde führen, weil diese Frage auf den Einzelfall bezogen ist und deshalb einer grundsätzlichen Bedeutung entbehrt.

9

2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels zuzulassen.

10

Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidungen beruhen. Die Kläger rügen in diesem Zusammenhang allein einen Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO. Sie sind der Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof hätte den Sachverhalt mit Blick auf die Voraussetzungen der Auflösung einer Versammlung nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 des Versammlungsgesetzes und hinsichtlich einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung näher aufklären müssen. Diese Rüge hat schon deshalb keinen Erfolg, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf den angeblichen Verstößen gegen § 86 Abs. 1 VwGO beruhen kann. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausdrücklich offengelassen, ob das Versammlungsgesetz Anwendung findet. Da er angenommen hat, dass Verstöße gegen bauordnungsrechtliche Bestimmungen einen Eingriff in die Versammlungsfreiheit von vornherein nicht legitimieren können, kam es auf die Voraussetzungen einer bauordnungsrechtlichen Nutzungsuntersagung nicht an.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten.

(2) Befindet sich der Gegenstand nach der Behauptung des Beweisführers nicht in seinem Besitz, so wird der Beweis außerdem durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung des Gegenstandes eine Frist zu setzen oder eine Anordnung nach § 144 zu erlassen. Die §§ 422 bis 432 gelten entsprechend.

(3) Vereitelt eine Partei die ihr zumutbare Einnahme des Augenscheins, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit des Gegenstandes als bewiesen angesehen werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.

(1) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung nur wegen verbotener Eigenmacht oder bei einer konkreten Gefahr für Leib oder Leben angeordnet werden.

(2) Die Räumung von Wohnraum darf durch einstweilige Verfügung auch gegen einen Dritten angeordnet werden, der im Besitz der Mietsache ist, wenn gegen den Mieter ein vollstreckbarer Räumungstitel vorliegt und der Vermieter vom Besitzerwerb des Dritten erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung Kenntnis erlangt hat.

(3) Ist Räumungsklage wegen Zahlungsverzugs erhoben, darf die Räumung von Wohnraum durch einstweilige Verfügung auch angeordnet werden, wenn der Beklagte einer Sicherungsanordnung (§ 283a) im Hauptsacheverfahren nicht Folge leistet.

(4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 hat das Gericht den Gegner vor Erlass einer Räumungsverfügung anzuhören.

(1) Die Zwangsvollstreckung darf nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Eine Zustellung durch den Gläubiger genügt; in diesem Fall braucht die Ausfertigung des Urteils Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht zu enthalten.

(2) Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urteils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 726 Abs. 1 erteilt worden ist, oder soll ein Urteil, das nach den §§ 727 bis 729, 738, 742, 744, dem § 745 Abs. 2 und dem § 749 für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muss außer dem zu vollstreckenden Urteil auch die ihm beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden erteilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit ihrem Beginn zugestellt werden.

(3) Eine Zwangsvollstreckung nach § 720a darf nur beginnen, wenn das Urteil und die Vollstreckungsklausel mindestens zwei Wochen vorher zugestellt sind.

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
eine Schwangere zum Schwangerschaftsabbruch nötigt oder
2.
seine Befugnisse oder seine Stellung als Amtsträger mißbraucht.

(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.

(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Der Beweis durch Augenschein wird durch Bezeichnung des Gegenstandes des Augenscheins und durch die Angabe der zu beweisenden Tatsachen angetreten. Ist ein elektronisches Dokument Gegenstand des Beweises, wird der Beweis durch Vorlegung oder Übermittlung der Datei angetreten.

(2) Befindet sich der Gegenstand nach der Behauptung des Beweisführers nicht in seinem Besitz, so wird der Beweis außerdem durch den Antrag angetreten, zur Herbeischaffung des Gegenstandes eine Frist zu setzen oder eine Anordnung nach § 144 zu erlassen. Die §§ 422 bis 432 gelten entsprechend.

(3) Vereitelt eine Partei die ihr zumutbare Einnahme des Augenscheins, so können die Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit des Gegenstandes als bewiesen angesehen werden.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 18. Mai 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1.
wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder
2.
darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint.

(2) Ist die öffentliche Klage bereits erhoben, so kann das Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren in jeder Lage vorläufig einstellen.

(3) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat bereits rechtskräftig erkannten Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, wieder aufgenommen werden, wenn die rechtskräftig erkannte Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung nachträglich wegfällt.

(4) Ist das Verfahren mit Rücksicht auf eine wegen einer anderen Tat zu erwartende Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung vorläufig eingestellt worden, so kann es, falls nicht inzwischen Verjährung eingetreten ist, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des wegen der anderen Tat ergehenden Urteils wieder aufgenommen werden.

(5) Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so bedarf es zur Wiederaufnahme eines Gerichtsbeschlusses.

(1) Die Geldstrafe wird in Tagessätzen verhängt. Sie beträgt mindestens fünf und, wenn das Gesetz nichts anderes bestimmt, höchstens dreihundertsechzig volle Tagessätze.

(2) Die Höhe eines Tagessatzes bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters. Dabei geht es in der Regel von dem Nettoeinkommen aus, das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte. Ein Tagessatz wird auf mindestens einen und höchstens dreißigtausend Euro festgesetzt.

(3) Die Einkünfte des Täters, sein Vermögen und andere Grundlagen für die Bemessung eines Tagessatzes können geschätzt werden.

(4) In der Entscheidung werden Zahl und Höhe der Tagessätze angegeben.

(1) Die Vorschriften der §§ 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn jemand ein fremdes Geschäft in der Meinung besorgt, dass es sein eigenes sei.

(2) Behandelt jemand ein fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, dass er nicht dazu berechtigt ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den §§ 677, 678, 681, 682 ergebenden Ansprüche geltend machen. Macht er sie geltend, so ist er dem Geschäftsführer nach § 684 Satz 1 verpflichtet.

(1) Als Täter wird bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht.

(2) Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter bestraft (Mittäter).

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Schleswig vom 17. September 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Entscheidung ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der erstattungsfähigen Kosten abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Aufhebung eines auf der Grundlage von § 19 BPolG erlassenen Kostenbescheides.

2

Am 15.08.2010 unternahm der Kläger mit seiner Schwester (der Klägerin im Verfahren 3 A 96/12 bzw. der Berufungsbeklagten im Verfahren 4 LB 10/14) sowie einem weiteren Begleiter eine Fahrt mit einem Kite-Surfbrett von St.-Peter-Ording nach Helgoland. Um 10:43 Uhr wurde von dem Einsatzpatrouillenschiff BP 25 (Bayreuth) ein Seenotfunkspruch aufgenommen, wonach sich zwei Kite-Surfer in Seenot im Seegebiet östlich von Helgoland befanden, während ein dritter Surfer Hilfe holen wollte. Nach einer Benachrichtigung des Maritime Rescue Coordination Center (MRCC) Bremen und einer im Seegebiet durchgeführten Suche wurden um 10:58 Uhr zunächst der weitere Begleiter sowie um 11:23 Uhr der Kläger und seine Schwester von der BP 25 geborgen und nach Erstversorgung um 11:57 Uhr an die Besatzung des Seenotrettungskreuzers „Hermann Marwede" übergeben. Der Einsatz der BP 25 wurde um 12:09 Uhr beendet. Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird verwiesen auf die Sachverhaltsschilderung vom 17.08.2010 (Bl. 12 ff. der Beiakte A).

3

Mit Bescheid vom 07.10.2010 forderte die Beklagte vom Kläger, gemeinsam mit seiner Schwester als Gesamtschuldner, die Erstattung der für die Seenotrettung entstandenen Kosten i.H.v. 1.508,21 €. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Personalkosten für die Schiffsbesatzung i.H.v. insgesamt 921,00 € sowie aus den Einsatz- bzw. Betriebskosten des Schiffes i.H.v. 587,21 €. Hinsichtlich der Berechnung im Einzelnen wird verwiesen auf die entsprechenden Ausführungen im Bescheid vom 07.10.2010 (Bl. 60 der Beiakte A.). Gegenüber der Schwester des Klägers erging ein gleichlautender Leistungsbescheid.

4

Der Kläger legte gegen den Leistungsbescheid mit Schreiben vom 04.11.2010 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass für die im Wasser befindlichen Personen keine Gefahr bestanden habe, insbesondere habe man im Seenotruf deutlich gemacht, dass eine Rettung nicht mit besonderer Eile habe erfolgen müssen. Der Einsatz der BP 25 habe lediglich ohnehin bestehende Fixkosten begründen können. Die ebenfalls im gleichen Bereich wie die BP 25 befindliche „Hermann Marwede" habe ähnlich schnell und wesentlich kostengünstiger Hilfe leisten können. Angesichts des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf Sicherheit könnten Kosten im Rahmen eines nicht fahrlässig herbeigeführten Unglücksfalles nicht geltend gemacht werden. Zudem sei der Rettungsfall lediglich wegen eines - im Vorhinein als sehr unwahrscheinlich einzuschätzenden - Materialfehlers eines genutzten Kites eingetreten.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2012, zugestellt am 12.04.2012, wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung trug die Widerspruchsbehörde vor, dass auf der Grundlage des § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG die nach §§17 oder 18 BPolG Verantwortlichen zum Ersatz der Kosten herangezogen werden könnten, die der Bundespolizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme entstanden seien. Gem. § 2 Abs. 1 SeeFSichV habe im konkreten Fall die Pflicht zur Hilfeleistung in einem Seenotfall bestanden. Aufgrund des ersten Sichtkontaktes mit dem Kläger und seiner Schwester durch die BP 25 unter mehreren in der Umgebung befindlichen Schiffen sei der BP 25 durch das MRCC Bremen die Rettung der Personen übertragen worden. Es habe zudem eine i.S.d. § 17 BPolG verantwortlich herbeigeführte Gefährdung von Leib und Leben des Klägers vorgelegen. Der Einsatz der BP 25 sei auch ein verhältnismäßiges Mittel zur Beseitigung dieser Gefahr gewesen. Eine etwaige Absprache, dass ein näher am Kläger befindliches Schiff habe zurückbleiben sollen, habe es entgegen dessen Vorbringen nicht gegeben.

6

Der Kläger hat am 11.05.2012 Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass kein leichtfertig herbeigeführter Seenotfall bestanden habe. Nach umfassender Vorbereitung und Information hätten der Kläger und seine Begleiter den Beginn ihrer Tour der DGZRS mitgeteilt. Die Schwester des Klägers hätte sich nach dem nicht vorherzusehenden Eintritt ihrer Manövrierunfähigkeit auch selbst wieder aus dieser Situation befreien können, dies hätte lediglich mehrere Stunden in Anspruch genommen. Niemand der Beteiligten sei erschöpft gewesen und habe der Bergung bedurft. Der Einsatz der BP 25 sei nicht erforderlich gewesen, man habe ohne Probleme und Eile auf die „Hermann Marwede" warten können. Weiter würden die Kosten der Höhe nach mit Nichtwissen bestritten; im Übrigen seien diese sowieso wegen der Dienstbereitschaft der BP 25 angefallen.

7

Der Kläger hat beantragt,

8

den Leistungsbescheid der Beklagten vom 07.10.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 10.04.2012 aufzuheben.

9

Die Beklagte hat beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Sie hat die Darstellung des Sachverhalts in den angegriffenen Bescheiden wiederholt und vertieft. Auf dieser Grundlage habe eine Gefahr im polizeirechtlichen Sinne vorgelegen, der mit verhältnismäßigen Mitteln begegnet worden sei. Trotz der vom Kläger vorgetragenen Vorbereitung und der Materialschwäche des Kites seiner Schwester sei der Kläger für den eingetretenen Seenotfall im polizeirechtlichen Sinne verantwortlich, da sich ihm die beim Kite-Surfen über eine so lange Strecke möglichen lebensgefährdenden Risiken hätten aufdrängen müssen. Auch wenn Hochleistungs-Kiter die genannte Strecke bewältigen könnten, sei die Durchführung des Unternehmens ohne zusätzliche Sicherungsmaßnahmen auf offener See, z.B. durch ein Begleit- oder Sicherungsboot, leichtsinnig und ursächlich für die Notsituation gewesen. Die Kosten bestimmten sich bezüglich der Personalkosten nach den „Bestimmungen über wirtschaftliche Leistungen des Bundesgrenzschutzes zugunsten Dritter" vom 07.05.2003 (Bl. 50 f. PA) und bezüglich der Betriebskosten für die BP 25 nach einer entsprechenden Kostenkalkulation (Bl. 25 ff. d. Beiakte A).

12

Das Verwaltungsgericht - 3. Kammer, Einzelrichter - hat der Klage mit Urteil vom 17.09.2013 stattgegeben und den Bescheid vom 07.10.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 10.04.2012 aufgehoben.

13

Zur Begründung hat es ausgeführt, dass für den angefochtenen Kostenbescheid keine ausreichende Rechtsgrundlage bestehe. § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG stelle keine Ermächtigung für die streitgegenständliche Kostenfestsetzung dar. Es könne dahinstehen, ob im vorliegenden Fall die Bundespolizei auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 BPolG ermächtigt war, die kostenauslösende Seenotrettung des Klägers bzw. dessen Schwester durchzuführen. Daran sei zu zweifeln, weil § 14 Abs. 1 BPolG ausdrücklich auf die Aufgaben nach §§ 1 bis 7 BPolG Bezug nehme, die wiederum in enumerativer Form bestimmte Sonderzuständigkeiten festlegten. Auch sei fraglich, ob in einer ausweglosen Lage die zu schützenden Personen gleichzeitig als Verantwortliche in Anspruch genommen werden könnten. Jedenfalls eigne sich § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG nicht als Grundlage für den streitgegenständlichen Kostenbescheid. Soweit der Begriff der Kosten in § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG nicht näher definiert sei, könne zwar auf die Definition in § 1 Abs. 1 S. 1 des im Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Widerspruchsbescheides noch in Kraft befindlichen Verwaltungskostengesetzes (VwKostG, seit dem 15.08.2013 ersetzt durch das Bundesgebührengesetz, BGebG) abgestellt werden, wonach darunter Gebühren und Auslagen zu verstehen seien. Die Regelungen des Bundeskostenrechts träfen aber nur allgemeine Regelungen über die Erhebung von Kosten, die der Ergänzung durch Rechtsverordnung bedürften. Die gesetzlichen Grundlagen für den Erlass einer Kostenordnung fänden sich in den jeweiligen Fachgesetzen. Eine solche fehle im BPolG und dementsprechend sei eine Kostenordnung auch nicht erlassen worden. Entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Möglichkeit, die Kostenordnung in Form einer Rechtsverordnung zu erlassen, seien bestimmte Anforderungen an die gesetzliche Verordnungsgrundlage zu stellen, nämlich, dass Tendenz und Ausmaß der Verordnung vom Gesetzgeber soweit vorgezeichnet sind, dass der mögliche Inhalt der Verordnung vorhersehbar ist.

14

Auf die (Verwaltungs-) Vorschrift zur Ermittlung der Personalkosten könne bereits deswegen nicht zurückgegriffen werden, weil es schon an der grundlegenden gesetzlichen (Verordnungs-)Ermächtigung im BPolG fehle. Außerdem sei die Verwaltungsvorschrift auch nicht anwendbar, weil ihr Inhalt wirtschaftliche Leistungen zugunsten Dritter betreffe, nicht aber hoheitliches Handeln der Bundespolizei.

15

Auf den Zulassungsantrag der Beklagten hat der Senat die Berufung mit Beschluss vom 12.02.2014 wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.

16

Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor, dass das Verwaltungsgericht fehlerhaft auf die Definition des Begriffes Kosten im VwKostG abgestellt habe. Überdies werde aus der gesetzlichen Formulierung im nunmehr geltenden § 2 Abs. 2 Nr. 4 BGebG ersichtlich, dass dieses nicht für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen der Bundespolizei gelte. Hierdurch solle nach dem Willen des Gesetzgebers den besonderen Bindungen im Bereich der staatlichen Gefahrenabwehr Rechnung getragen werden. Es sei danach in das Ermessen des Gesetzgebers gestellt, ob er individuell zurechenbare Leistungen im Bereich der Gefahrenabwehr über von der Allgemeinheit zu tragende Steuern oder durch Gebühren und Auslagen refinanzieren möchte. Unter diesem Aspekt müsste als Erhebung von „Kosten" i.S.d. § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG auch die Abwälzung der bei der Polizei entstandenen Selbstkosten einer Gefahrenabwehrmaßnahme in Betracht kommen. In jedem Fall setze das Kostendeckungsprinzip i.S. einer betriebswirtschaftlichen Betrachtung der Kostenerhebung eine Grenze nach oben hin. Dies gelte auch im Falle des Ansatzes lediglich der Selbstkosten. In diesem Sinne habe die Beklagte die vom Verwaltungsgericht Hamburg im Urteil vom 21.02.1996 (Az.: 22 VG 2232/93) angewandten Maßstäbe für die Berechnung der Selbstkosten bzw. die Auferlegung dieser Kosten auf den Gefahrenverursacher zur Grundlage ihrer Berechnungen gemacht. Auch im Falle eines Verzichts auf den Erlass einer Gebühren- bzw. Kostenordnung und Abwälzung der Selbstkosten sei die Höhe der potentiellen Kosten aufgrund des Wirtschaftlichkeits- und Kostendeckungsprinzips eindeutig bestimmbar. Im Übrigen eröffne § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG auch den Rückgriff auf eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. eine entsprechende Kostenbelastung des Klägers, weil die Vorschrift deutlich mache, dass die Regelungen des öffentlichen Rechts nicht erschöpfend sein sollten.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage unter Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 17.09.2013 abzuweisen.

19

Der Kläger beantragt,

20

die Berufung zurückzuweisen.

21

Er führt aus, dass im Rahmen des streitgegenständlichen Einsatzes der BP 25 keine Kosten entstanden seien, die anderenfalls nicht entstanden wären, so dass es an der Kausalität fehle. Die von der Beklagten herangezogene Gesetzesbegründung zum BGebG sei als Klarstellung zu verstehen, dass im Bereich der staatlichen Gefahrenabwehr die Selbstkosten der Gefahrabwehrbehörden durch Steuern und nicht durch Gebühren und Auslagen zu finanzieren seien, soweit nicht in einzelnen Fachgesetzen etwas Abweichendes geregelt sei. Eine solche abweichende Regelung liege aber mit Blick auf § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG gerade nicht vor. Die vom Verwaltungsgericht herangezogenen verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Gesetzgeber müssten erst recht für eine kostenrechtliche Generalklausel gelten, mit der die Exekutive im Einzelfall Kosten unmittelbar festsetzen könnte. Auch die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 S. 1 BPolG lägen nicht vor, da der Kläger nicht Gefahrverantwortlicher, sondern lediglich Helfer seiner Schwester gewesen sei, weil er diese nicht manövrierunfähig zurücklassen wollte. Auch eine Kostenerhebung im Wege der Geltendmachung einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag scheitere sowohl an der fehlenden Befugnis, dies im Wege eines Bescheides zu tun als auch mangels Erfüllung der Voraussetzungen derselben.

22

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

23

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

24

Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Recht stattgegeben. Der angefochtene Leistungsbescheid vom 7. Oktober 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10. April 2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

25

Der Kläger ist im Wege der gesamtschuldnerischen Haftung zur Erstattung der für die Seenotrettung entstandenen Kosten in Höhe von 1.508,21 Euro herangezogen worden. Ein solcher Leistungsbescheid bedarf der gesetzlichen Grundlage. Die Beklagte hat den Bescheid auf § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG gestützt. Nach der Vorschrift des § 19 BPolG kann die Bundespolizei eine Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten unmittelbar ausführen, wenn der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann (§ 19 Abs. 1 Satz 1 BPolG). Entstehen der Bundespolizei durch die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme Kosten, so sind die nach § 17 oder § 18 Verantwortlichen zum Ersatz verpflichtet. Mehrere Verantwortliche haften als Gesamtschuldner (§19 Abs. 2 Satz 1 und 2 BPolG).

26

Voraussetzung für eine rechtmäßige Heranziehung zu Kosten einer unmittelbaren Ausführung ist zunächst ein zugrundeliegendes rechtmäßiges Verwaltungshandeln. Nur für rechtmäßiges Handeln muss gezahlt werden. Der Bundespolizei obliegen die Aufgaben, die ihr durch das Bundespolizeigesetz übertragen werden oder ihr bis zum 1. November 1994 durch ein anderes Bundesgesetz oder aufgrund eines Bundesgesetzes zugewiesen worden sind (§ 1 Abs. 2 BPolG). § 6 BPolG regelt die Aufgaben auf See. Hiernach hat die Bundespolizei unbeschadet der Zuständigkeit anderer Behörden oder der Streitkräfte auf See außerhalb des deutschen Küstenmeers die Maßnahmen zu treffen, zu denen die Bundesrepublik Deutschland nach dem Völkerrecht befugt ist (§6 Satz 1 BPolG). Diese gesetzliche Aufgabenzuweisung greift hier jedoch nicht ein, da die Rettungsaktion nicht außerhalb, sondern innerhalb des Küstenmeeres stattgefunden hat. Im Bereich des Küstenmeeres obliegen allgemeinpolizeiliche Aufgaben - insbesondere die Gefahrenabwehr - grundsätzlich der Polizei des jeweiligen Küstenbundeslandes. Für den hier vorliegenden Fall einer Rettungsmaßnahme von in Seenot befindlichen Personen ist jedoch in den Blick zu nehmen, dass gemäß § 1 Abs. 4 BPolG der Bundespolizei im Rahmen ihrer Aufgaben der Schutz privater Rechte obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne Hilfe der Bundespolizei die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde. Darüber hinaus hat der Schiffsführer oder sonst für die Sicherheit Verantwortliche eines auf See befindlichen und zur Hilfeleistung fähigen Schiffes, dem gemeldet wird, dass sich Menschen in Seenot befinden, ihnen mit größter Geschwindigkeit zur Hilfe zu eilen und ihnen oder den betreffenden Such- und Rettungsdienst nach Möglichkeit hiervon Kenntnis zu geben (§ 2 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Sicherheit der Seefahrt - SeeFSichV -). Die Verordnung gilt auf den Seeschifffahrtsstraßen und darüber hinaus für Seeschiffe einschließlich Traditionsschiffe und Sportfahrzeuge im Sinne der Schiffssicherheitsverordnung vom 18. September 1998 (BGBl. I S.3013, 3023) in der jeweils geltenden Fassung, die berechtigt sind, die Bundesflagge zu führen. Keine Geltung beansprucht die Verordnung für Schiffe der Bundeswehr. Hieraus folgt, dass die Bundespolizei bei Gefahr im Verzuge (vgl. dazu § 1 Abs. 6 BPolG) berechtigt und verpflichtet war, auf den vom Kläger ausgelösten Seenotruf zu reagieren und die erforderlichen Rettungsmaßnahmen durchzuführen.

27

Die Beklagte hat vorliegend auch im Wege der unmittelbaren Ausführung im Sinne von §19 Abs. 1 und 2 BPolG gehandelt. Unmittelbare Ausführung im Sinne dieser Vorschrift bedeutet nicht die Beseitigung einer Störung oder Gefahr im Wege der Ersatzvornahme oder des unmittelbaren Zwanges, sondern die Ausführung einer Maßnahme selbst oder durch einen Beauftragten durch Realakt in den Fällen, in denen der Zweck der Maßnahme durch Inanspruchnahme der Verantwortlichen (der Störer) nicht oder nicht rechtzeitig erreicht werden kann. Es handelt sich um eine Gefahrenabwehr mit eigenen Mitteln der Polizeibehörde durch Realakt (vgl. Drews/Wacke/Vogel/Martens Gefahrenabwehr Allgemeines Polizeirecht 9. Aufl. § 25 S. 442 f.) Die Überwindung eines entgegenstehenden Willens des Verantwortlichen ist nicht Voraussetzung (Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl., E Rn. 817 bb). Die Annahme einer rechtmäßigen unmittelbaren Ausführung scheitert deshalb nicht daran, dass die im Einverständnis erfolgte Rettungsmaßnahme keinen Eingriffscharakter aufweist. Wird etwa ein Nichtschwimmer durch die rasche Hilfe eines Polizeibeamten vor dem Ertrinken gerettet, so liegt darin nicht die Anwendung von Verwaltungszwang, sondern eine unmittelbare Ausführung (Lisken/Denninger a.a.O. D Rn. 157).

28

Die Bundespolizei kann zur Erfüllung ihrer Aufgaben die notwendigen Maßnahmen treffen, um eine Gefahr abzuwehren (§ 14 Abs. 1 BPolG). Im vorliegenden Falle durfte die Bundespolizei zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vornahme der Maßnahme vom Vorliegen einer erheblichen Gefahr ausgehen. Eine erhebliche Gefahr im Sinne des Abschnitts 2 des Bundespolizeigesetzes ist eine Gefahr für ein bedeutsames Rechtsgut, wie Bestand des Staates, Leben, Gesundheit, Freiheit, wesentliche Vermögenswerte oder andere strafrechtlich geschützte Güter von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit (§14 Abs. 2 BPolG). Aufgrund des durch den Kläger ausgelösten Notrufes und der fehlenden Einsatzbereitschaft der Kite-Ausrüstung durfte ohne Weiteres von einer Gefahr für Leben und Gesundheit der beiden Kite-Surfer ausgegangen werden. Da das Vorliegen einer Gefahr zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Vornahme der Maßnahme beurteilt werden muss, kommt es nicht darauf an, ob der Kläger trotz Auslösen des Notrufes selbst noch in der Lage gewesen wäre, mit seinem Kite Helgoland zu erreichen. Aus der Natur der polizeilichen Gefahrenabwehr folgt, dass die Unerlässlichkeit einer Maßnahme nicht danach zu beurteilen ist, wie sich die Sachlage später - vielleicht nach eingehender Beweisaufnahme - darstellt, sondern nach Maßgabe der zum Zeitpunkt der Vornahme der Maßnahme bestehenden Verhältnisse. Es genügt, dass bei objektiver Betrachtung in diesem Zeitpunkt eine Sachlage gegeben war, die die Annahme einer gegenwärtigen Gefahr rechtfertigte, auch wenn sich dies im Nachhinein nicht bestätigt (BVerwG, Urt. v. 26.02.1974, DÖV 1974, 637).

29

Das Verwaltungsgericht hat letztlich offengelassen, ob im Falle der Rettung von Risikosportlern aus einer ausweglosen Lage die gefährdeten und polizeilich zu schützenden Personen gleichzeitig als Verantwortliche für die Gefahr (Störer) in Anspruch genommen werden können. Der Senat kann diese Frage im vorliegenden Falle ebenfalls offenlassen, merkt jedoch gleichwohl an: Nach der auch für den Verursacherbegriff in § 17 Abs. 1 BPolG anzuwendenden Theorie der unmittelbaren Verursachung ist ein Verhalten dann ursächlich, wenn es für sich gesehen die polizeirechtliche Gefahrenschwelle überschreitet und dadurch die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes begründet oder erhöht (Schenke in: Schenke/Graulich/Rutig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014, § 17 BPolG, Rn. 18). In Literatur und Rechtsprechung wird diese Frage in den Fällen der Ausübung risikoreichen Sportes unterschiedlich beantwortet. Während etwa vertreten wird, der Sportausübende sei nicht Störer (vgl. etwa Götz, Allgemeines Polizeirecht, 15. Aufl., 2013, § 14 Rn. 48) sind im sogenannten „Mordloch-Höhlen-Fall" zwei Sporttaucher, die in die Höhle eingestiegen waren und aus eigener Kraft nicht mehr zurückkonnten, nach Bergung im Rahmen einer von der Polizei geleiteten Rettungsaktion als Verantwortliche angesehen worden (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 20.09.1981 - 1 S 2484/81 -, VBlBW 1994 S. 20 f.). Auch wenn die Distanz zwischen St. Peter-Ording und Helgoland von Hochleistungssurfern bewältigt werden kann und man davon ausgeht, dass ein bis dahin unerkannter Materialfehler an der Sicherheitsausrüstung eines der Kites zu der Notfalllage geführt hat, spricht einiges dafür, im vorliegenden Falle von einer Verantwortlichkeit im Sinne von § 19 Abs. 1 BPolG auszugehen. Hierfür spricht insbesondere, dass die Sportler trotz der - allerdings für einen vorangegangenen, zunächst abgesagten Termin - ausgesprochenen Warnung der Polizei gestartet waren, ohne ein Begleitboot zu organisieren. Dies dürfte die Annahme rechtfertigen, dass die Beteiligten die polizeirelevante Gefahrenschwelle bereits in dem Moment übertraten, als sie entgegen den ausdrücklichen Hinweisen auf die Gefahrgeneigtheit ihres Vorhabens zu ihrer Tour von erheblicher Länge ohne Begleitboot oder andere vergleichbare Eigensicherung auf offener See aufbrachen.

30

Letztlich kann der Senat diese Frage offenlassen, weil § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG für die hier geltend gemachten Kosten keine Rechtsgrundlage bietet. Die Verpflichtung zum Ersatz von Kosten setzt nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG voraus, dass Kosten „durch" die unmittelbare Ausführung einer Maßnahme entstanden sind. Ersatzfähig sind nur solche Kosten, die in unmittelbar kausalem Zusammenhang mit der Maßnahme stehen. Der Ersatz von allgemeinen Personalkosten oder sonstigen Fix- bzw. sogenannten Sowiesokosten sieht die Vorschrift nicht vor. Sie erfasst lediglich solche Kosten, die ohne die unmittelbare Ausführung der Maßnahme nicht angefallen wären und sich rechnerisch ohne Weiteres von den allgemeinen Sach- und Personalkosten der Verwaltung deutlich abgrenzen lassen (vgl. hierzu OVG Münster, Beschl. v. 04.08.2006 - 4 A 2976/05 -, Juris; OVG Koblenz, Urt. v. 25.08.2005 - 12 A 10619/05 -, Juris; Schenke in: Schenke/Graulich/Rutig, Sicherheitsrecht des Bundes, 2014 § 19 BPolG Rn. 16; Dre- wes/Malmberg/Walter, Bundespolizeigesetz, Zwangsanwendung nach Bundesrecht, 4. Aufl. 2010, § 19 Rn. 29). Für die Auffassung, dass § 19 Abs. 2 BPolG einen unmittelbar kausalen Zusammenhang zwischen Kosten und unmittelbarer Ausführung verlangt, spricht auch der Kontrast zur früheren Kostenregelung des § 40 Abs. 2 Nr. 2 Bundesgrenzschutzgesetz (BGBl. I 1972, S. 1834, BGSG). Diese Regelung sprach allgemeiner vom „Ersatz der Aufwendungen" der Beklagten im Falle einer unmittelbaren Ausführung zur Gefahrenabwehr. Demgegenüber ist der Wortlaut des § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG augenscheinlich enger gefasst. Für das Erfordernis eines unmittelbar kausalen Zusammenhangs spricht in systematischer Hinsicht der Abgleich mit der Regelung des § 50 Abs. 3 Satz 1 BPolG. Diese Vorschrift regelt die Kostenerstattungspflicht im Falle einer Sicherstellung und Verwahrung. In der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 12/7562 S. 77) wird klargestellt, dass „Kosten der Sicherstellung (...) alle bei der Sicherstellung und ihrer Durchführung sowie der etwaigen Verwertung anfallenden Ausgaben" zu verstehen sind. Hiervon werden nur unmittelbar kausale Kosten der Sicherstellung und Verwahrung erfasst (Drewes/Malmberg/Walter Bundespolizeigesetz, Zwangsanwendung nach Bundesrecht, 4. Aufl. 2010, § 50 Rn. 9).

31

Die so gefundene Auslegung, wonach allgemeine Personalkosten und sonstige Fix- bzw. Sowiesokosten nicht dem Kostenbegriff des § 19 Abs. 2 Satz 1 Bundespolizeigesetz unterfallen, hierunter vielmehr nur die „Mehrkosten“ der unmittelbaren Ausführung zu verstehen sind, entsprechen dem Grundsatz, dass die den Gefahrenabwehrbehörden im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung entstehende Kostenlast, das heißt Personal- und Sachkosten, zunächst von diesen selbst beziehungsweise ihrem Rechtsträger zu bewältigen ist, es sei denn der Gesetzgeber hat eine Kostenerstattung ausdrücklich geregelt.

32

Entscheidend ist, dass eine weite Auslegung des § 19 Abs. 2 BPolG den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer Kostenerstattungsnorm widersprechen würde. Gesetzliche Grundlagen decken den Erlass eines belastenden Verwaltungsaktes nur dann, wenn sie (in Parallele zu dem, was Art. 80 Abs. 1 GG bei Verordnungsermächtigungen fordert) „nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt“ sind (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.10.1970 - BVerwG IV C 95.68 -, Buchholz 407.4 § 8 Fernstraßengesetz Nr. 6 S. 4 und 7 f.). Dies folgt aus dem Bundesverfassungsrecht, nämlich aus dem Rechtsstaatsprinzip (BVerwG, Urt. v. 21.10.1970, a.a.O. S. 7). Wollte man § 19 Abs. 2 BPolG im Sinne einer umfassenden Kostenerstattungsermächtigung in Fällen der unmittelbaren Ausführung verstehen, so wäre den genannten Anforderungen nicht Genüge getan, weil nicht hinreichend bestimmt ist, welche allgemeinen Vorhaltekosten ersatzfähig sein sollen und wie deren Höhe zu berechnen ist.

33

Grundsätzlich kann eine Gebührenregelung allerdings auch im Verordnungswege erfolgen. In einem solchen Falle muss der Gesetzgeber - wie bereits ausgeführt - Tendenz und Ausmaß der zu treffenden Regelung im Rahmen der Verordnungsermächtigung soweit bestimmen, dass der mögliche Inhalt der zu erlassenen Verordnung voraussehbar ist. Auch unter Beachtung der Prinzipien der Kostendeckung und der Äquivalenz lassen sich nämlich Kostenordnungen denken, die voneinander völlig verschieden sind und den Bürger unterschiedlich belasten, sodass sich mit diesen Kriterien allein das Ausmaß der Ermächtigung nicht hinreichend bestimmen lässt (BVerfG, Beschl. v. 11.10.1966 - 2 BvR 179/64-, NJW 1967, 339 f.).

34

Eine Rechtsverordnung, die im Tatbestand den Grund und in der Rechtsfolge das Ausmaß der Kostentragung im Falle einer unmittelbaren Ausführung durch die Bundespolizei regelt, existiert nicht. Die Frage einer ausreichenden Verordnungsermächtigung im BPolG stellt sich insoweit nicht.

35

Der angefochtene Leistungsbescheid kann sich folglich weder auf eine Rechtsverordnung noch - unmittelbar - auf die Vorschrift des § 19 Abs. 2 Satz 1 BPolG stützen. Ausweislich der Berechnung in den angefochtenen Bescheiden werden nämlich nicht etwa - was denkbar wäre - unmittelbar verursachte Kosten (wie etwa erhöhter Kraftstoffverbrauch infolge gebotener Fahrt unter Volllast oder Mehrkosten, die infolge der Erreichung der Gefahrenstelle im Hinblick auf erhöhten Kraftstoffbedarf erforderlich wurden) geltend gemacht, sondern ein bestimmter Stundensatz pro eingesetztem Beamten und eingesetzter Zeit, mithin allgemeine Personalkosten, ferner allgemeine Betriebskosten für das Einsatzschiff Typ 66. Diese Kosten können auch nicht - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung argumentiert hat - deshalb als Mehrkosten der unmittelbaren Ausführung verstanden werden, weil das Einsatzschiff während des Rettungseinsatzes seine „eigentlichen" Aufgaben nicht wahrnehmen konnte. Zum einen gehört - unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen - auch der Schutz privater Rechte Dritter zu den Aufgaben der Bundespolizei. Zum anderen ist nicht ersichtlich, dass durch den Rettungseinsatz anderweitig unmittelbar Kosten verursacht wurden, weil die BP 25 einer anderen Aufgabe nicht nachkommen konnte. Der hypothetische Verhinderungsfall infolge der durch den Rettungseinsatz eingetretenen Bindung macht die allgemeinen Personal- und Betriebskosten nicht zu Kosten, die „durch" die unmittelbare Ausführung entstanden sind.

36

Eine Rechtsgrundlage für die Geltendmachung der streitgegenständlichen Kosten findet sich auch weder in dem bis zum 14. August 2013 geltenden Verwaltungskostengesetz des Bundes beziehungsweise dem Nachfolgegesetz, dem Bundesgebührengesetz (BGBl. I 2013, S. 3154) noch im Verwaltungsvollstreckungsgesetz (BGBl. I 1953, 157- VwVG -). Streitgegenständlich ist vorliegend die Frage einer aus der staatlichen Gefahrenabwehrpflicht resultierenden Kostentragungspflicht. Hierbei handelt es sich um eine außerhalb des eigentlichen Abgabenrechts (Steuern, Gebühren, Beiträge, Sonderabgaben) begründete öffentlich-rechtliche Geldleistungspflicht eigener Art (Götz, DVBl. 1984, S. 14; Pieroth/Schlink/Kniesel, Polizei- und Ordnungsrecht mit Versammlungsrecht, 8. Aufl. 2014, § 25 Rn. 3). Es handelt sich nicht um Kosten (Gebühren und Auslagen) im Sinne des Bundesgebührengesetzes. § 2 Abs. 2 Nr. 4 BGebG stellt insoweit ausdrücklich klar, dass die Anwendbarkeit dieses Gesetzes nicht für individuell zurechenbare öffentliche Leistungen der Bundespolizei gilt. Für das - hier noch einschlägige - Verwaltungskostengesetz des Bundes gilt nichts anderes. Insoweit bestimmte § 1 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG hinsichtlich des Anwendungsbereiches, dass dieses Gesetz für die Kosten öffentlichrechtlicher Verwaltungstätigkeit der Behörden des Bundes gilt, soweit die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes geltenden bundesrechtlichen Vorschriften für eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung der öffentlichen Verwaltung (kostenpflichtige Amtshandlung) die Erhebung von Verwaltungsgebühren oder die Erstattung von Auslagen vorsehen und keine inhaltsgleichen oder entgegenstehenden Bestimmungen enthalten oder zulassen. Das Verwaltungskostengesetz setzt folglich einen Kostentatbestand bereits voraus und normiert diesen nicht eigenständig.

37

Auch die Kostenerstattungsvorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 1 VwVG normiert keine die hier in Streit stehenden Mehrkosten einer unmittelbaren Ausführung umfassende Kostenerstattungspflicht. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 VwVG werden für Amtshandlungen nach diesem Gesetz Kosten (Gebühren und Auslagen) gemäß §§337 Abs. 1, 338 - 346 der Abgabenordnung erhoben. Als Amtshandlung nach diesem Gesetz kommt am ehesten noch § 12 in Betracht, wonach die Vollzugsbehörde den Pflichtigen zur Handlung, Duldung oder Unterlassung zwingen oder die Handlung selbst vornehmen kann, wenn die Ersatzvornahme oder das Zwangsgeld nicht zum Ziel führt oder diese untunlich sind. Die der vorliegenden Kostenforderung zugrunde liegenden Rettungsmaßnahme lässt sich jedoch nicht als unmittelbarer Zwang im Sinne von § 12 VwVG einordnen und stellt deshalb schon keine Amtshandlung im Sinne des VwVG dar.

38

Selbst wenn man aber die unmittelbare Ausführung als Amtshandlung im Sinne des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes verstehen wollte, fehlt es an einem konkreten Gebührentatbestand für die hier geltend gemachten Kosten. Gemäß §§ 337 Abs. 1 Satz 1, 338 AO sind im Vollstreckungsverfahren nur eine beschränkte Zahl von Gebühren ersatzfähig, von denen die hier in Streit stehende unmittelbare Ausführung nicht erfasst wird. Die geltend gemachten Kosten stellen auch keine ersatzfähigen Auslagen dar. Einer der in § 344 Abs. 1 Nr. 1 - 7 AO normierten Auslagetatbestände liegt nicht vor. §§ 344 Abs. 1 Nr. 8 AO erweitert den Auslagenersatz unter anderem auf alle Beträge, die der Behörde durch Ausführung des unmittelbaren Zwanges entstanden sind. Auch hier erfasst der Begriff der Auslagen jedoch nur die tatsächlichen Aufwendungen und Unkosten der Behörde und des handelnden Beamten im Einzelfall, die nach der tatsächlich entstandenen Höhe erhoben werden. Allgemeine Fixkosten wie zum Beispiel die Personalkosten und die Vorhaltung von Verwaltungseinrichtungen werden hiervon nicht erfasst (vgl. Hohrmann, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler AO/FGO, Komm. Loseblatt, Stand: Juli 2014, § 337 AO Rn. 7 f.; vgl ferner BVerwG, Urt. v. 21.11.1980 - 4 C 71/78 -, NJW 1981,1571). Die streitgegenständliche Kostenforderung konnte daher auch nicht auf der Grundlage des § 19 Abs. 1 Satz 1 VwVG ergehen.

39

Auch die Geltendmachung eines Kostenanspruchs nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag im Sinne der §§ 677 ff. BGB scheidet vorliegend aus. Ein solcher Ansatz ist dann verwehrt, wenn erschöpfende Regelungen des speziellen öffentlichen Rechts bestehen (vgl. nur Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht 6. Aufl. 2013, S. 415; Gurlit in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., 2010 §35 Rn. 14 m.w.N.). Vor dem Hintergrund des Grundsatzes des Gesetzesvorbehalts für den Erlass von Kostenbescheiden kann das oben gewonnene Auslegungsergebnis nicht durch Rückgriff auf die zivilrechtlichen Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag unterlaufen werden. Bestehen gesetzliche Sonderregelungen für das Verhältnis zwischen Geschäftsführer und Geschäftsherrn, schließen diese die Anwendung der §§ 677 ff. BGB aus (vgl. BVerwG, Urt. v. 01.12.2010 - 9 C 8.09-, NVwZ 2011, 690; vgl. auch BGH, Urt. v. 13.11.2013- III ZR 70/03- NJW 2004, 213).

40

Hiervon abgesehen wäre jedenfalls auch die Geltendmachung einer entsprechenden Forderung mangels gesetzlicher Grundlage durch Leistungsbescheid nicht möglich (OVG für das Land Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 30.01.2013 - 3 L 93/09 -, Juris).

41

Abschließend sei noch angemerkt, dass die Rechtsprechung des VGH Mannheim (Urt. v. 20.09.1981 - 1 S 2484/81 -, VBlBW 1984, S. 20 f. sowie des VG Hamburg v. 21.02.1996 - 22 VG 2232/93 - (auf diese beiden Urteil hat sich die Beklagte berufen) an der Rechtsauffassung des Senats nicht zu ändern vermag. Das sogenannte „Mordloch-Höhlen-Urteil“ des VGH Mannheim ist auf der Grundlage einer anderen gesetzlichen Norm über die Kostenerstattung (§ 78 des Polizeigesetzes für Baden-Württemberg in der seinerzeit geltenden Fassung) ergangen. Diese Vorschrift zählte zu den Kosten alle unmittelbaren und mittelbaren persönlichen und sächlichen Ausgaben für die allgemeinen Polizeibehörden und die Polizeidienststellen. Für eine andere Auslegung des § 19 Abs. 2 Bundespolizeigesetz gibt diese Entscheidung nichts her. Das Verwaltungsgericht Hamburg wiederum setzt sich mit den Anforderungen an die hinreichende Bestimmtheit einer Kostengrundlage nicht auseinander.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

43

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorlag


Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26. Februar 2015 – 1 K 1096/14.KO – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine Partnerschaft von Rechtsanwälten, wendet sich gegen die Erhebung einer Gebühr für die Akteneinsicht in eine Bauakte.

2

Sie war im Jahr 2014 als Bevollmächtigte für einen Bauherrn in einem Baugenehmigungsverfahren tätig. Der Beklagte gewährte die von ihr beantragte Akteneinsicht in die einschlägige Bauakte, die sie bei ihm abholte, und setzte hierfür mit Bescheid vom 11. Juli 2014 – Az. 63-2014-01499 – eine Gebühr in Höhe von 30,00 € fest.

3

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, der nicht beschieden wurde. Daraufhin hat sie Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Februar 2015 als unbegründet abgewiesen hat. Die festgesetzte Gebühr von 30,00 € finde ihre Rechtsgrundlage in Nr. 4.5 der Anlage 1 zur Landesverordnung über Gebühren und Vergütungen für Amtshandlungen und Leistungen nach dem Bauordnungsrecht (Besonderes Gebührenverzeichnis), wonach die Bauaufsichtsbehörde für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten eine Gebühr zwischen 30,00 € und 600,00 € erhebe. Die im Besonderen Gebührenverzeichnis vorgesehene Mindestgebühr verstoße auch nicht gegen das Äquivalenz- und das Kostendeckungsprinzip.

4

Mit ihrer vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Klägerin geltend: Der Gebührentatbestand der Nr. 4.5 der Anlage 1 zum hier einschlägigen Besonderen Gebührenverzeichnis sei nicht anwendbar, weil er nur für die Akteneinsicht außerhalb eines Verwaltungsverfahrens gelte. Bei der Gewährung von Akteneinsicht im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens handele es sich nämlich um eine Verfahrenshandlung, die mit der Baugenehmigungsgebühr nach Abschnitt 1 „Baugenehmigung“ der Anlage 1 zum Besonderen Gebührenverzeichnis abgegolten sei, der eine ausdifferenzierte und daher abschließende Regelung der im Baugenehmigungsverfahren zu erhebenden Gebühren enthalte. Der Gebührentatbestand für die Gewährung von Akteneinsicht sei jedoch nicht im Abschnitt 1 „Baugenehmigung“, sondern im Abschnitt 4 der Anlage 1 für „Sonstige Amtshandlungen“ geregelt. Die Erhebung einer Akteneinsichtsgebühr im Baugenehmigungsverfahren sei auch deswegen ausgeschlossen, weil sie als Bevollmächtigte des Bauherrn einen Anspruch auf die Gewährung von Akteneinsicht gehabt habe. Die Höhe der im Besonderen Gebührenverzeichnis vorgesehenen Mindestgebühr von 30,00 € für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten sei außerdem mit höherrangigem Recht unvereinbar. Die Höhe stehe sowohl zu dem Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner als auch zu dem Verwaltungsaufwand außer Verhältnis. Die Akteneinsicht stelle keinen über die beantragte Baugenehmigung hinausgehenden eigenständigen wirtschaftlichen Wert dar. Das Bauvorhaben werde nicht durch die Akteneinsicht, sondern durch die Baugenehmigung gefördert. Durch die Gewährung von Akteneinsicht sei lediglich ein Verfahrensfehler vermieden worden. Die Gebührenhöhe stehe außer Verhältnis zu dem für die Aushändigung der Akte angefallenen Verwaltungsaufwand. Hierfür sei in einfach gelagerten Fällen – wie hier bei Abholung der Akte bei der Behörde – ein Zeitaufwand von lediglich rund fünf Minuten zu veranschlagen. Auf der Grundlage der Personal- und Sachkosten eines Beamten des zweiten Einstiegsamts errechne sich bei einem solchen Zeitaufwand ein Betrag von deutlich unter 10,00 € und damit weit unter der im Besonderen Gebührenverzeichnis vorgesehenen Mindestgebühr. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe habe sogar in einem Fall, in dem eine Akte von 124 Seiten zur Akteneinsicht zu kopieren und versenden gewesen sei, die Annahme eines Zeitaufwands von 45 Minuten als überhöht und lediglich einen Aufwand von rund 15 Minuten und eine Gebühr von 12,50 € als angemessen erachtet. Außerdem fehle eine Kalkulation der Mindestgebühr durch den Verordnungsgeber, die sicherstelle, dass die Kosten nicht wesentlich überschritten würden. Die im Berufungsverfahren eingeholte Auskunft des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Finanzen teile keine Berechnung mit, sondern enthalte lediglich eine rechtliche Stellungnahme zur Frage der Rechtmäßigkeit der Mindestgebühr. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die zum 1. Januar 2013 in Kraft getretene Erhöhung der Mindestgebühr auf 30,00 € auf den im Auskunftsschreiben des Ministeriums genannten Gründen beruht habe. Entgegen der Ansicht des Ministeriums bedürfe es zur Gewährung von Akteneinsicht – insbesondere zur Anfertigung von Kopien – keines Beamten des dritten Einstiegsamts.

5

Die Klägerin beantragt,

6

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 26. Februar 2015 – 1 K 1096/14.KO – den Gebührenbescheid des Beklagten vom 11. Juli 2014 – Az. 63-2014-01499 – aufzuheben.

7

Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,

8

die Berufung zurückzuweisen.

9

Der Senat hat eine amtliche Auskunft des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz zu der Frage eingeholt, welche Berechnung der in Nr. 4.5 der Anlage 1 des Besonderen Gebührenverzeichnisses vorgesehenen Mindestgebühr für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten zugrunde liegt. Hinsichtlich des Inhalts der Auskunft wird auf das Schreiben des Ministeriums der Finanzen vom 22. Juli 2016 (vgl. Blatt 125 der Gerichtsakte) Bezug genommen.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsniederschrift vom 3. November 2016 und die vorgelegten Behördenakten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

11

Die Berufung ist unbegründet.

12

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO statthaft und auch ansonsten zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Gebührenbescheid des Beklagten vom 11. Juli 2014 – Az. 63-2014-01499 – ist rechtmäßig.

13

Rechtsgrundlage der Erhebung einer Gebühr für die Akteneinsicht in Bauakten ist § 2 Abs. 4 Landesgebührengesetz – LGebG – i.V.m. § 1 Abs. 1 und 2 der Landesverordnung über Gebühren und Vergütungen für Amtshandlungen und Leistungen nach dem Bauordnungsrecht (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 9. Januar 2007 (GVBl. S. 22) in der Fassung der am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Verordnung vom 4. Dezember 2012 (GVBl. S. 380) sowie Nr. 4.5 der Anlage 1 hierzu. Danach erheben die Bauaufsichtsbehörden für die Gewährung von Einsicht in Bauakten einschließlich der Erlaubnis zur Fertigung von Abzeichnungen, Abschriften und Abdrucken eine Gebühr in Höhe von 30,00 € bis 600,00 €.

14

Die hiermit normierte Rahmengebühr ist nach Maßgabe des § 9 Abs. 1 LGebG nach pflichtgemäßem Ermessen festzusetzen (vgl. OVG RP, Urteil vom 16. Mai 2006 – 7 A 11713/05.OVG –, veröffentlicht in ESOVGRP).

15

Der in Nr. 4.5 der Anlage 1 des Besonderen Gebührenverzeichnisses aufgeführte Gebührentatbestand – Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten – ist im vorliegenden Fall erfüllt. Da der Beklagte die hierfür vorgesehene Mindestgebühr festgesetzt hat, bedurfte es im Gebührenbescheid keiner Ermessenserwägungen zur Gebührenhöhe.

16

Nr. 4.5 der Anlage 1 des Besonderen Gebührenverzeichnisses ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht nur bei der Gewährung von Akteneinsicht außerhalb eines anhängigen bauaufsichtlichen Verfahrens anwendbar, sondern auch bei der Akteneinsicht – wie hier – während des laufenden Verwaltungsverfahrens.

17

Der Gebührentatbestand der Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten ist nicht in Abschnitt 1 „Baugenehmigung“ der Anlage 1 des Besonderen Gebührenverzeichnisses geregelt, sondern in Abschnitt 4 „Sonstige Amtshandlungen“. Die differenzierte Regelung der im Baugenehmigungsverfahren zu erhebenden Gebühren in Abschnitt 1 der Anlage 1 rechtfertigt jedoch nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss, dass die Akteneinsicht während eines laufenden Baugenehmigungsverfahrens eine Verfahrenshandlung sei, die mit der Baugenehmigungsgebühr abgegolten sei, sodass eine gesonderte Gebühr nur für die Akteneinsicht in Bauakten außerhalb eines laufenden Baugenehmigungsverfahrens vom Verordnungsgeber vorgesehen sei.

18

Hiergegen spricht zum einen der Vergleich mit der allgemeinen gebührenrechtlichen Regelung der Akteneinsicht. In der Landesverordnung über die Gebühren für Amtshandlungen allgemeiner Art (Allgemeines Gebührenverzeichnis) vom 8. November 2007 (GVBl. S. 277) ist unter Nr. 2 der Anlage hierzu ausdrücklich bestimmt, dass nur für die Gewährung von Akteneinsicht „außerhalb eines anhängigen Verwaltungsverfahrens“ eine Gebühr erhoben wird. Da das Besondere Gebührenverzeichnis für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten eine entsprechende Einschränkung nicht enthält, legt dies im Umkehrschluss nahe, dass der Gebührentatbestand der Akteneinsicht auch innerhalb eines anhängigen Baugenehmigungsverfahrens Anwendung finden soll.

19

Hierfür spricht auch die Systematik des Besonderen Gebührenverzeichnisses. Im Abschnitt 4 „Sonstige Amtshandlungen“ der Anlage 1 zum Besonderen Gebührenverzeichnis ist unter Nr. 4.2 bestimmt, dass eine Gebühr für die Beratung gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 LBauO „außerhalb bauaufsichtlicher Verfahren (z.B. im Vorfeld von Baugenehmigungsverfahren)“ erhoben wird. Hat der Verordnungsgeber den Gebührentatbestand auf eine Beratung „außerhalb bauaufsichtlicher Verfahren“ beschränkt, im Gebührentatbestand der Nr. 4.5, der sich ebenfalls in Abschnitt 4 „Sonstige Amtshandlungen“ der Anlage 1 zum Besonderen Gebührenverzeichnis befindet, hingegen nicht, so lässt dies nur den Schluss zu, dass nach dem Willen des Verordnungsgebers die Gebühr für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten nicht nur außerhalb bauaufsichtlicher Verfahren erhoben werden soll. Denn anderenfalls hätte er eine entsprechende Einschränkung ebenso wie in Nr. 4.2 der Anlage 1 zum Besonderen Gebührenverzeichnis auch in Nr. 4.5 normiert.

20

Die Erhebung einer Akteneinsichtsgebühr ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil der Klägerin und dem von ihr anwaltlich vertretenen Mandanten ein Recht auf Akteneinsicht zustand (vgl. § 1 LVwVfG i.V.m. § 29 VwVfG). Zwar ist das Akteneinsichtsrecht der Betroffenen notwendiger Bestandteil eines rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Auflage 2016, § 29 Rn. 2 m.w.N.). Daraus folgt aber nicht, dass die Akteneinsicht gebührenfrei gewährt werden müsste. Verfassungsrechtlich unzulässig und auch mit dem in § 3 LGebG verankerten Äquivalenzprinzip unvereinbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1961 – 7 C 109/60 –, juris, Rn. 40 = BVerwGE 12, 162) wäre lediglich eine Akteneinsichtsgebühr in einer Höhe, die geeignet wäre, die Betroffenen von der Wahrnehmung ihres rechtsstaatlich notwendigen Akteneinsichtsrechts abzuschrecken. Für eine solche abschreckende Wirkung durch die Erhebung der Mindestgebühr von 30,00 € ist nichts ersichtlich.

21

Die Höhe der in Nr. 4.5 der Anlage 1 zum Besonderen Gebührenverzeichnis bestimmten Mindestgebühr von 30,00 € für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten verstößt auch nicht gegen die in § 3 LGebG festgelegten Gebührengrundsätze.

22

Danach sind die Gebührensätze so zu bemessen, dass zwischen der den Verwaltungsaufwand berücksichtigenden Höhe der Gebühr einerseits und der Bedeutung, dem wirtschaftlichen Wert oder dem sonstigen Nutzen der Amtshandlung für den Kostenschuldner andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Der Gesetzgeber hat damit die Höhe der Gebühr nicht nur von dem mit der Amtshandlung verbundenen Verwaltungsaufwand abhängig gemacht (Kostendeckungsprinzip). Die Regelung in § 3 LGebG stellt sich vielmehr in erster Linie als Ausformung des Äquivalenzprinzips dar (vgl. OVG RP, Urteil vom 17. Februar 2005 – 12 A 11833/04.OVG –, juris, Rn. 18 = AS 32, 122). Dieses besagt, dass die Gebühr in keinem Missverhältnis zu der von der öffentlichen Gewalt gebotenen Leistung und dem sich daraus für den Gebührenschuldner ergebenden Nutzen stehen darf (vgl. OVG RP, Urteil vom 17. Februar 2005, a.a.O.). Das Äquivalenzprinzip stellt somit die gebührenrechtliche Ausformung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 1967 – 4 C 179/65 –, juris, Rn. 21 = BVerwGE 26, 305).

23

Die Mindestgebühr in Höhe von 30,00 € ist mit dem Äquivalenzprinzip vereinbar.

24

Angesichts der Bedeutung einer Einsicht in die Bauakten für den Bauherrn oder einen Dritten steht die Höhe der Mindestgebühr nicht außer Verhältnis zur gewährten Akteneinsicht. Die Akteneinsicht dient regelmäßig der Förderung eines Bauvorhabens oder seiner Abwehr, worauf das Verwaltungsgericht zutreffend hingewiesen hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin wird das Bauvorhaben nicht erst durch die Baugenehmigung gefördert, sondern bereits durch die Akteneinsicht in das Bauvorhaben. So wird beispielsweise regelmäßig erst durch eine solche Akteneinsicht festzustellen sein, inwiefern für vorhandenen Baubestand auf dem Vorhabengrundstück oder auf Nachbargrundstücken Baugenehmigungen vorliegen.

25

Etwas anderes folgt auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Umstand, dass das Akteneinsichtsrecht des Betroffenen notwendiger Bestandteil eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist und durch die Gewährung von Akteneinsicht ein Verfahrensfehler vermieden wird. Dies ändert nichts daran, dass die Akteneinsicht für den Betroffenen regelmäßig mit einem nicht unerheblichen Nutzen verbunden ist. Wie bereits ausgeführt, ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Mindestgebühr von 30,00 € so hoch ist, dass sie eine abschreckende Wirkung auf die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts hätte, was mit dem Äquivalenzprinzip unvereinbar wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1961, a.a.O.).

26

Die Höhe der Mindestgebühr steht auch mit dem in § 3 LGebG festgelegten Kostendeckungsprinzip in Einklang.

27

Das Kostendeckungsprinzip ist nicht schon verletzt, wenn in einem Einzelfall eine Gebühr die Aufwendungen für die besondere Leistung, für die sie gefordert wird, übersteigt, sondern erst dann, wenn die Gesamtheit der Gebühren für besondere Leistungen bestimmter Art die Gesamthöhe der Aufwendungen für diese besonderen Leistungen übersteigt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. März 1961, a.a.O., Rn. 31), wobei das Gebührenaufkommen den Verwaltungsaufwand schwerwiegend und nachhaltig, das heißt wesentlich und nicht nur vorübergehend übersteigen muss (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Mai 2009 – 7 A 11398/08.OVG –, juris, Rn. 21; Dehe/Beucher, in: Praxis der Kommunalverwaltung, Stand November 2012, § 3 LGebG, Anm. 6).

28

Bei der Beurteilung der Frage, ob die im Besonderen Gebührenverzeichnis vorgesehene Mindestgebühr bei einem Rahmengebührensatz von 30,00 € bis 600,00 € gegen das Kostendeckungsprinzip verstößt, ist allerdings zu beachten, dass die Gesamtheit des Gebührenaufkommens für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten im Verhältnis zum gesamten Verwaltungsaufwand hierfür nicht aussagekräftig ist. Denn selbst wenn das Gebührenaufkommen den Verwaltungsaufwand überstiege, ließe dies nicht den Schluss zu, dass ein überhöhter Mindestgebührensatz der Rahmengebühr hierfür ursächlich wäre. Dies könnte nämlich auch auf einem überhöhten maximalen Gebührensatz der Rahmengebühr oder auf der Anwendung des Gebührenrahmens durch die Behörde beruhen. Maßgeblich kann daher für die Vereinbarkeit der Mindestgebühr mit dem Kostendeckungsprinzip nur sein, ob die Einnahmen aus der Mindestgebühr den durchschnittlichen Verwaltungsaufwand in einfach gelagerten Fällen der Akteneinsicht in Bauakten, in denen die Mindestgebühr erhoben wird, wesentlich und nicht nur vorübergehend übersteigen.

29

Es ist nicht erforderlich, dass der hierbei zugrunde gelegte Verwaltungsaufwand genau berechnet wird. Es genügt, wenn er sachgerecht geschätzt wird. Die Ermittlung des Verwaltungsaufwands muss allerdings darauf gerichtet sein, eine wesentliche Kostenüberdeckung zu vermeiden (vgl. OVG RP, Urteil vom 7. Mai 2009, a.a.O.).

30

Für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwands bei der Feststellung der nach dem Landesgebührengesetz zu erhebenden Verwaltungs- und Benutzungsgebühren hat das Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz Richtwerte errechnet und mit Rundschreiben vom 21. Februar 2013 veröffentlicht (vgl. MinBl. S. 137). Die Richtwerte werden der Kostenentwicklung angepasst und grundsätzlich alle drei Jahre neu berechnet. Sie sind dem Rundschreiben zufolge insbesondere dazu bestimmt, einen Anhalt für die Festsetzung und Fortschreibung der Gebührensätze in den Landesverordnungen gemäß § 3 und § 25 LGebG zu geben. Grundlage der Ermittlung des Verwaltungsaufwands sind nach dem Zeitaufwand bemessene Pauschsätze (Stundensätze). Für einen Beamten des dritten Einstiegsamts ist danach in der Regel von einem Pauschsatz je Arbeitsstunde von 47,91 € auszugehen. Hinzu kommen pauschale Sachkosten pro Arbeitsplatz (Raumkosten und sonstiger Verwaltungsaufwand) von insgesamt 4,09 €, sodass sich für einen Beamten des dritten Einstiegsamts ein Richtwert von 52,00 € als Gesamtkosten je Arbeitsstunde ergibt.

31

Hiervon ausgehend liegt der Festsetzung der Mindestgebühr in Höhe von 30,00 € für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten in Nr. 4.5 der Anlage 1 zum Besonderen Gebührenverzeichnis eine nachvollziehbare sachgerechte Schätzung des Verwaltungsaufwands zugrunde.

32

Nach der vom Senat eingeholten amtlichen Auskunft des Ministeriums der Finanzen vom 22. Juli 2016 wurde die Erhöhung der Mindestgebühr von 15,00 € auf 30,00 € zum 1. Januar 2013 von der bauaufsichtlichen Praxis angeregt. Der Verwaltungsaufwand sei nicht auf die reine Abholung der Akte aus der Registratur beschränkt. Vielmehr sei auch bei einfach gelagerten Fällen der umfassende Verwaltungsaufwand im Blick zu halten, der hinter einer Einsichtnahme, Aushändigung oder Versendung einer Akte stehe, wie zum Beispiel die sachliche Prüfung eines Akteneinsichtsbegehrens, Fertigung einer Kopie für die Hausakte, Schwärzung der Daten Dritter, Fertigung eines Anschreibens, gegebenenfalls Aufwand für Versendung sowie Kontrolle des Rücklaufs und der Vollständigkeit der Akte. Hierfür dürfte pauschal eine durchschnittliche Arbeitszeit von ca. 30 Minuten eines Sachbearbeiters des dritten Einstiegsamts anfallen; bei Zugrundelegung des gültigen Stundensatzes ergebe dies bereits einen Verwaltungsaufwand in Höhe von ca. 25,00 €. Daneben sei aufgrund des Äquivalenzprinzips auch der wirtschaftliche Wert der Amtshandlung für den Kostenschuldner zu berücksichtigen.

33

Der vom Ministerium der Finanzen angenommene Verwaltungsaufwand in Höhe von ca. 25,00 € ist nachvollziehbar. Bei einem Zeitaufwand von einer halben Stunde errechnet sich unter Zugrundelegung des oben genannten Richtwerts von 52,00 € für einen Beamten des dritten Einstiegsamts je Arbeitsstunde ein Kostenaufwand von 26,00 €.

34

Es ist nicht zu beanstanden, dass bei der Ermittlung des Verwaltungsaufwands von der Tätigkeit eines Beamten des dritten Einstiegsamts ausgegangen wurde. Denn bei der Gewährung von Akteneinsicht ist auch innerhalb eines anhängigen bauaufsichtlichen Verfahrens regelmäßig eine Überprüfung der Akte auf eine mögliche Betroffenheit Dritter zu prüfen (vgl. OVG RP, Urteil vom 16. Mai 2006, a.a.O.).

35

Die Annahme eines Zeitaufwands von 30 Minuten für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten beruht zwar nicht auf einer Erhebung des tatsächlichen Aufwands hierfür bei den Bauaufsichtsbehörden des Landes, sondern auf einer Schätzung. Dies ist aber ausreichend, sofern die Schätzung – wie hier – sachgerecht ist. Es ist insbesondere plausibel, dass bei der Ermittlung des Aufwands für die Gewährung von Akteneinsicht nicht nur die Abholung der Akte aus der Registratur, sondern auch die weiteren vom Ministerium der Finanzen genannten Tätigkeiten berücksichtigt wurden, da sie regelmäßig auch bei einfach gelagerten Fällen der Akteneinsicht anfallen. Diese Tätigkeiten rechtfertigen die Annahme eines durchschnittlichen Zeitaufwands von 30 Minuten in einfach gelagerten Fällen.

36

Unerheblich ist, ob für die Gewährung der Akteneinsicht im vorliegenden Einzelfall ein geringerer Zeitaufwand benötigt wurde, wie von der Klägerin geltend gemacht. Denn maßgeblich für die Wahrung des Kostendeckungsprinzips ist der durchschnittliche Aufwand in einfach gelagerten Fällen der Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten, wie oben bereits ausgeführt.

37

Die Sachgerechtheit der Annahme eines durchschnittlichen Zeitaufwands von 30 Minuten für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten in einfach gelagerten Fällen wird auch nicht durch das von der Klägerin angeführte Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe (vgl. Urteil vom 26. Juli 2011 – 6 K 2797/10 –, juris, Rn. 36) durchgreifend in Frage gestellt. Dieses hat bei der Überprüfung einer Gebührenfestsetzung durch die Behörde für die Gewährung von Akteneinsicht, bei der eine Akte von 124 Seiten kopiert und versendet werden musste, einen angenommenen Zeitaufwand von 45 Minuten als überhöht beanstandet und lediglich eine Viertelstundengebühr von 12,50 € als angemessen angesehen. Eine Erhebung über den tatsächlichen Aufwand für die Gewährung von Akteneinsicht in Baden-Württemberg lag diesem Urteil aber nicht zugrunde. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe den für die Gewährung von Akteneinsicht erforderlichen Zeitaufwand auch nur geschätzt. Diese Schätzung ist nach Auffassung des Senats sehr knapp bemessen. Sie rechtfertigt jedenfalls nicht den Schluss, dass sich der vom rheinland-pfälzischen Verordnungsgeber angenommene Zeitaufwand von 30 Minuten nicht mehr im Rahmen einer sachgerechten Schätzung hält.

38

Es gibt schließlich auch keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte für die von der Klägerin aufgestellte Behauptung, dass die Änderung des Gebührentatbestands Nr. 4.5 der Anlage 1 zum Besonderen Gebührenverzeichnis (Mindestgebühr von 30,00 €) nicht auf den im Auskunftsschreiben des Ministeriums der Finanzen vom 22. Juli 2016 genannten Gründen beruhte. Daher war dem von der Klägerin zum Beweis dieser Behauptung gestellten Beweisantrag, die betreffenden Verwaltungsvorgänge des Ministeriums der Finanzen beizuziehen, nicht nachzukommen. Denn hierbei handelt es sich um einen sogenannten Ausforschungsbeweisantrag, bei dem eine „aus der Luft gegriffene“ Behauptung aufgestellt wird, für die jegliche tatsächliche Grundlage fehlt bzw. für deren Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 86 Rn. 18a m.w.N.).

39

Bei einem durchschnittlichen Verwaltungsaufwand von 26,00 € für die Gewährung von Akteneinsicht in Bauakten in einfach gelagerten Fällen kann keine Rede davon sein, dass die Mindestgebühr in Höhe von 30,00 € den Verwaltungsaufwand wesentlich übersteigt.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

42

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

43

Beschluss

44

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 30,00 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.