Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 23. Nov. 2017 - 1 L 1234/17.MZ
Tenor
Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den beiden Antragstellern jeweils ab dem 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes zu verschaffen.
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses einen Antrag beim Landesamt ... des Landes Rheinland-Pfalz zur Genehmigung einer vorübergehenden Überbelegung der relevanten Kindergärten im Zeitraum vom 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu stellen.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾ und die Antragsteller zu ¼.
Gründe
- 1
Die Antragsteller begehren – vertreten durch ihre Eltern –, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen jeweils ab dem 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes, das heißt maximal 30 Minuten einfache Wegzeit zur betreffenden Einrichtung, zu verschaffen.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat teilweise Erfolg.
- 3
Soweit das Begehren der Antragsteller darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin zu einer bestimmten Leistung vorläufig zu verpflichten, hat der Antrag mangels Spruchreife keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat glaubhaft dargelegt, dass jedenfalls nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kein Platz in den Kindergärten, die die im Antrag genannten Voraussetzungen erfüllen, vorhanden ist. Eine Betreuung der Antragsteller in einer anderen Betreuungsform wird nicht begehrt. Der Kammer ist es daher im Rahmen der hier durchzuführenden summarischen Überprüfung nicht möglich, abschließend über die tatsächlich zu gewährende konkrete Leistung zu entscheiden. Es wäre so nicht sichergestellt, dass der Antragsgegner die ihm dann im Rahmen der – sofort vorläufig vollstreckbaren – einstweiligen Anordnung auferlegten Pflicht rechtlich oder tatsächlich nachkommen könnte. Insoweit ist die Frage, ob eine Erfüllbarkeit vorliegt nicht nur an die tatsächlichen, sondern auch an die rechtlichen Voraussetzungen gebunden. Dazu gehört auch die Einholung der Zustimmung des zuständigen Landesamtes im Hinblick auf eine – zumindest vorübergehende – Kapazitätserweiterung (vgl. zu § 24 SGB VIII: NdsOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 4 ME 596/02 –, NJW 2003, 1826 [1827]; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 6. Auflage 2016, § 24, Rn. 21). Dies hat die Antragsgegnerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 17. November 2017 bisher zwar geprüft und als abwegig befunden, aber noch nicht erfolglos durchgeführt. Insoweit bestehen derzeit rechtliche und tatsächliche Hindernisse für die Erfüllung des Anordnungsanspruchs, bei denen fraglich ist, ob sie ausgeräumt werden können. Die vorläufige Verpflichtung zur – tatsächlichen – Gewährung der konkret begehrten Leistung scheidet daher mangels Spruchreife aus, denn auch das Gericht kann die Antragsgegnerin nicht zu einer unmöglichen Leistung im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichten (vgl. allgemein OVG SH, Beschluss vom 22. August 2005 – 2 MB 30/05 –, NVwZ 2006, 363 [364]). Insoweit ist der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zumindest unbegründet.
- 4
Der Antrag ist allerdings gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO als Regelungsanordnung zulässig und begründet, soweit der Antragsteller inzident die vorläufigeFeststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt (vgl. allgemein dazu BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 [857]; kürzlich etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 13 B 238/17 –, BeckRS 2017, 114873, Rn. 11). Der Antrag war gemäß §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass im – hier nicht erfolgreichen – Leistungsantrag gleichzeitig ein Feststellungsbegehren als Minus enthalten ist.
- 5
Statthafte Klageart in der Hauptsache wäre hier insoweit die Feststellungsklage. Diese ist hier nicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär, da sie ausnahmsweise für die Antragsteller rechtsschutzintensiver wäre und die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer alternativ in Betracht kommenden Leistungsklage nicht unterlaufen werden. Die Antragsteller begehren hier zumindest auch die Feststellung, dass die Antragsgegnerin zur Zurverfügungstellung eines geeigneten Kindergartenplatzes verpflichtet ist. Insoweit kommt eine Regelungsanordnung insbesondere zur Sicherung eines Rechts der Antragsteller als Grundlage etwaiger Sekundäransprüche in Betracht (vgl. zu § 24 SGB VIII: Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, Rn. 395). Ansonsten wäre den Antragstellern auch effektiver Eilrechtsschutz in dieser Konstellation insgesamt verwehrt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 [857]).
- 6
Der Antrag ist in diesem Umfang auch begründet.
- 7
Die Voraussetzungen für eine Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO – Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund – haben die Antragsteller glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Nach dieser Bestimmung ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um – unter anderem – wesentliche Nachteile abzuwenden. Hierbei bedarf es im Unterschied zur Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht der vollen Prüfung und Glaubhaftmachung des behaupteten Rechtes, vielmehr kann auch bei offener Erfolgsaussicht des Verfahrens in der Hauptsache eine vorläufige Regelung für die Dauer des Verfahrens ergehen, sofern diese sich unter Abwägung der privaten Interessen mit den öffentlichen Interessen als geboten erweist. Läuft die beantragte einstweilige Anordnung auf eine vollständige oder zeitweilige Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, so kann wegen des verfassungsrechtlichen Gebotes effektiver Rechtsschutzgewährung eine einstweilige Anordnung ausnahmsweise nur dann ergehen, wenn bei einer Ablehnung des Antrags auf Gewährung von vorläufigen Rechtsschutz und einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren den Rechtsuchenden nicht ausgleichbare Nachteile entstehen, deren Hinnahme ihm nicht zuzumuten ist. Die Anforderungen an den Nachweis des geltend gemachten Anspruchs sind dabei umso höher, je stärker sich das mit der Anordnung Begehrte mit dem Ziel der Hauptsache deckt (OVG RP, Beschluss vom 15. März 1978 – 2 B 154/78 –, NJW 1978, 2355).
- 8
Der Anspruch auf die Verschaffung des begehrten Kindergartenplatzes folgt für die Antragsteller aus § 5 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes (KiTaG). Demnach haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten. Das Jugendamt hat zu gewährleisten, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht.
- 9
Die Antragsteller sind – vertreten durch ihre Eltern – aktivlegitimiert. Das Kind ist im Rahmen von § 5 Abs. 1 KiTaG alleiniger Anspruchsinhaber (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 28; Hötzel/Baader/Flach/Lerch/Zwick, PdK Rheinland-Pfalz, Stand: Juli 2015, § 5 KiTaG, Ziffer 2; a. A. noch OVG RP, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 7 A 10671/12.OVG –, juris, Rn. 41; VG Mainz, Urteil vom 10. Mai 2012 – 1 K 981/11.MZ –, juris, Rn. 24). Am 24. November 2017 vollenden beide Antragsteller das zweite Lebensjahr und haben ihren Wohnsitz im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, sodass die materiellen Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 KiTaG dem Grunde nach vorliegen.
- 10
Die Eltern der Antragsteller haben die Antragsteller auch für einen Kindergartenplatz ab dem 24. November 2017 hinsichtlich ihres aktuellen Wohnsitzes mit Antrag vom 16. Oktober 2016 angemeldet. Die Antragsgegnerin bestätigte den Eingang mit Schreiben vom 21. Oktober 2016. Mit Schreiben vom 19. September 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte erneut die Zurverfügungstellung eines Kindergartenplatzes bei der Antragsgegnerin.
- 11
Ebenso wie § 24 Abs. 2 SGB VIII im Bundesrecht ist § 5 Abs. 1 KiTaG ohne expliziten Kapazitätsvorbehalt ausgestaltet. Es handelt sich insoweit um eine „unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung“ (BayVGH, Urteil vom 22. Juli 2016 – 12 BV 15.719 –, juris, Rn. 27). Damit ist jedoch nicht zwingend verbunden, dass eine derartige Leistung auch stets mit Erfolg eingeklagt werden kann bzw. auch tatsächlich erfüllbar ist. Die – hier festzustellende – Primärverantwortung des Trägers schlägt bei objektiver Erschöpfung der Kapazitäten in eine Sekundärverantwortung um, die unter anderem darin besteht, nunmehr die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen (vgl. zu § 24 SGB VIII: BayVGH, Beschluss vom 17. November 2015 – 12 ZB 15.1191 –, juris, Rn. 36). Im Fall der Nichterfüllbarkeit des (primären) Anspruchs können sich allenfalls sekundäre Ersatzansprüche gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergeben, der den Primäranspruch nicht zu erfüllen vermag (vgl. zu § 24 SGB VIII: HessVGH, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 10 B 1973/13 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2013 – 12 B 793/13 –, juris, Rn. 10; OVG SH, Beschluss vom 1. November 2000 – 2 M 32/00 –, juris, Rn. 4; a.A. SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, LKV 2017, 316, Rn. 7). Dies entspricht allgemeinen Rechtsgrundsätzen und muss auch im Rahmen der einstweiligen Anordnung hinreichende Beachtung finden (vgl. allgemein OVG SH, Beschluss vom 22. August 2005 – 2 MB 30/05 –, NVwZ 2006, 363 [364]: „selbstverständlicher Grundsatz“). Eine zusätzliche „Sanktionierung“ der Antragsgegnerin für die Versäumung ihres gesetzlichen Gewährleistungsauftrags über die Verhängung von Zwangsgeldern gemäß § 172 VwGO wäre daher zumindest in diesem Einzelfall derzeit auch nicht angezeigt (a. A. SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, LKV 2017, 316, Rn. 13). Die Antragsgegnerin kann hinreichend durch die Anerkennung entsprechender Sekundäransprüche in die Verantwortung genommen werden. Bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung besteht unter bestimmten Voraussetzungen insbesondere ein aus dem Bundesrecht in analoger Anwendung von § 36a Abs. 3 SGB VIII abzuleitender Sekundäranspruch. Demnach kann Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Leistungen verlangt werden, falls der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes nicht erfüllt oder in rechtswidriger Weise verweigert wird (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 35.12 –, NJW 2014, 1256, Rn. 17 ff.; OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 27). Etwaige Ersatzansprüche sind jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
- 12
Die Antragsgegnerin hat hier glaubhaft darlegen können, dass alle vorhandenen Kapazitäten erschöpft sind. Sie teilte dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Oktober 2017 mit, dass erst ab dem 1. April 2018 geeignete Kindergartenplätze im „Provisiorium ...“ für die Antragsteller zur Verfügung stünden. Es könne kein früherer Aufnahmetermin angeboten werden, da in den bestehenden Einrichtungen in den Stadtteilen V., I. und Umgebung alle Plätze belegt seien und für die Neu-/Umbauten noch keine Fertigstellungstermine feststünden. In der Antragserwiderung vom 27. Oktober 2017 teilte die Antragsgegnerin ferner mit, dass ein früherer Aufnahmetermin möglich sein könnte, allerdings nur für den Fall, dass der Einzug in das vorgenannte „Provisorium“ früher als geplant stattfinden könne. Mit Schriftsatz vom 17. November 2017 führte die Antragsgegnerin aus, dass nach ihrem Kenntnisstand auch keine freien Plätze in Kindertagesstätten, die nicht in ihrer Trägerschaft stünden, verfügbar seien. Denn wenn in solchen noch freie Platzkapazitäten vorhanden seien, werde ihr dies mitgeteilt. Zusätzlich überprüfe sie die Belegungszahlen anhand von Belegungslisten, die ihr jährlich überreicht würden. Eine vorübergehende Überbelegung sei nur dann möglich, wenn vorab eine Genehmigung vom Landesamt ... erteilt werde. Dies sei aber nur möglich, wenn eine besondere pädagogisch notwendige Situation vorliege oder wenn zusätzliches Personal für die Überbelegung zur Verfügung gestellt werden könne. Eine solche pädagogische Notwendigkeit ergebe sich aus den derzeit vorliegenden Informationen nicht. Ferner gestalte es sich äußerst schwierig, kurzfristig ausreichend pädagogisches Personal einzustellen, zumal ohnehin weiteres Personal vorrangig für die neu und weiter ausgebauten Kitas benötigt werde.
- 13
Sofern – wie hier – seitens der Antragsteller akuter Bedarf vorliegt, aber zur selben Zeit sämtliche vorhandenen Kapazitäten ausgeschöpft sind, beschränkt sich das Ermessen des Gerichts in der Regel darauf, einen dem Grunde nach bestehenden Primäranspruch – hier aus § 5 Abs. 1 KiTaG – festzustellen (vgl. zu § 24 SGB VIII: Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, Rn. 395). Dieser bildet auch die Grundlage für etwaige Sekundäransprüche, die in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen wären. Insofern haben die Antragsteller mit der einstweiligen Anordnung zwar (teilweise) „formal Erfolg [...], ohne dass es dadurch jedoch zu einer Anspruchserfüllung durch Zurverfügungstellung eines Kindergartenplatzes kommen würde“ (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 33). Zudem war im Rahmen des gerichtlichen Ermessens zusätzlich auszusprechen, dass die Antragsgegnerin Ungewissheiten hinsichtlich der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Erfüllung eines Verschaffungsanspruchs ausräumt. Insbesondere hat die Antragsgegnerin ihre rechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich einer vorübergehenden Überbelegung im Einvernehmen mit dem Landesamt ... auszuschöpfen. Sie hat sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben um eine entsprechende Genehmigung zu bemühen, um ihrem Gewährleistungsauftrag möglichst effektiv nachzukommen. Die Beantragung einer solchen Genehmigung ist der Antragsgegnerin weiterhin tatsächlich und rechtlich möglich, allerdings sind hier die Erfolgsaussichten – wie von der Antragsgegnerin dargelegt – ungewiss.
- 14
Auch die Eilbedürftigkeit haben die Antragsteller hinsichtlich des Feststellungsbegehrens hinreichend glaubhaft machen können. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen sowie der öffentlichen Interessen und der Interessen Dritter nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (vgl. etwa HessVGH, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 7 TG 2479/92 –, NVwZ-RR 1993, 387 [389]; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123, Rn. 26). Dies ist hier der Fall. Für den von den Antragstellern im Antrag spezifizierten Zeitraum vom 24. November 2017 bis 31. März 2018 ist keine Entscheidung in der Hauptsache zu erwarten, sodass die Inanspruchnahme des Eilrechtsschutzes geboten war. Es handelt sich um einen zeit- bzw. altersgebundenen Anspruch, dessen Erfüllung sich daher nicht mehr nachholen lässt. Zudem kann auch davon ausgegangen werden, dass das Ende der Elternzeit der Kindesmutter am 24. November 2017 geplant ist, wobei die Antragsteller bisher ihrerseits nicht glaubhaft gemacht haben, dass eine etwaige Verlängerung der Elternzeit oder eine anderweitige Betreuung der Antragsteller – auch hinsichtlich beider Elternteile – für die hier streitgegenständliche Übergangsphase in jeglicher Hinsicht unmöglich oder unzumutbar wäre. Aus diesem Grunde war im Rahmen des gerichtlichen Ermessens die Einräumung einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses für die Antragsgegnerin geboten.
- 15
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 23. Nov. 2017 - 1 L 1234/17.MZ
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Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 23. Nov. 2017 - 1 L 1234/17.MZ zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) §§ 88, 108 Abs. 1 Satz 1, §§ 118, 119 und 120 gelten entsprechend für Beschlüsse.
(2) Beschlüsse sind zu begründen, wenn sie durch Rechtsmittel angefochten werden können oder über einen Rechtsbehelf entscheiden. Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung (§§ 80, 80a) und über einstweilige Anordnungen (§ 123) sowie Beschlüsse nach Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 161 Abs. 2) sind stets zu begründen. Beschlüsse, die über ein Rechtsmittel entscheiden, bedürfen keiner weiteren Begründung, soweit das Gericht das Rechtsmittel aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist.
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).
(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen einen Betrag in Höhe von 2.187,77 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Klägerinnen gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
- 1
Die Klägerinnen begehren Ersatz der Aufwendungen für die Betreuung der Klägerin zu 2) in einer privaten Kinderkrippe in Höhe von 2.244,34 € in der Zeit vom 8. April bis 16. Oktober 2011.
- 2
Die 1973 geborene Klägerin zu 1) ist die Mutter der am 8. April 2009 geborenen Klägerin zu 2). Die Klägerin zu 1) begann am 8. Juni 2010 ihr Referendariat für das Lehramt in H. und R..
- 3
Die Klägerin zu 1) hat erstmals am 4. Dezember 2009 bei der Beklagten die Zuteilung eines Kindergartenplatzes in A-Stadt beantragt. Ab dem 12. Juli 2010 brachte die Klägerin zu 1) die Klägerin zu 2) in der privaten „Krippe B... e.V“ in A-Stadt-B. unter. Die monatlichen Kosten hierfür beliefen sich auf 347,00 € zuzüglich 50,00 € Verpflegungskosten und ab Oktober 2011 auf 397,00 € zuzüglich Verpflegungskosten. Ab dem 14. Oktober 2011 brachte die Kläger zu 1) die Klägerin zu 2) in dem städtischen Kindergarten K. Straße in A-Stadt unter.
- 4
Die Klägerin zu 1) hat am 14. Oktober 2010 bei der Beklagten die Übernahme des Beitrags für den Besuch der „Krippe B... e.V.“ beantragt. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 12. Juli 2011 abgelehnt, da das Einkommen über der maßgeblichen Einkommensgrenze liege. Gegen diesen mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid hat die Klägerin zu 1) keinen Widerspruch eingelegt.
- 5
Die Klägerin zu 1) hat am 22. September 2011 Klage erhoben, mit der sie die Erstattung der ihnen entstandenen Kosten für den privaten Krippenplatz begehrt.
- 6
In der mündlichen Verhandlung wurde die Klage im Einverständnis mit der Beklagten um die Klägerin zu 2) erweitert.
- 7
Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass ihnen ein derartiger Ersatzanspruch zustehe, da trotz rechtzeitiger Anmeldung der Klägerin zu 2) diese nicht mit der Vollendung des zweiten Lebensjahres, sondern erst zum 16. Oktober 2011 einen Kindergartenplatz erhalten habe. Die Unterbringung der Klägerin zu 2) in der Kindertagesstätte „B...“ sei wegen der Berufstätigkeit beider Elternteile erforderlich gewesen.
- 8
Die Klägerinnen beantragen,
- 9
die Beklagte zu verpflichten, an sie einen Betrag in Höhe von 2.244,34 € zu zahlen.
- 10
Die Beklagte beantragt,
- 11
die Klage abzuweisen.
- 12
Sie hält die Klage für unbegründet. Nach §§ 5, 13 Abs. 3 Satz 5 KiTaG bestehe ein Anspruch auf Bereitstellung eines Kindergartenplatzes ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr. Hieraus resultiere jedoch kein Erstattungsanspruch für anderweitig angefallene Betreuungskosten. Ein Anspruch auf Beitragsübernahme gemäß § 90 SGB VIII habe ausweislich des Ablehnungsbescheides vom 12. Juli 2011 nicht bestanden.
- 13
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakte der Beklagten, die vorlag und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
- 14
Die zulässige Klage ist zum überwiegenden Teil begründet, da den Klägerinnen ein Anspruch auf Zahlung der ihnen infolge des fehlenden Kindergartenplatzes für die Klägerin zu 2) entstandenen Kosten in Höhe von 2.187,77 € nach den von der Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs in Gestalt des Folgenbeseitigungsentschädigungsanspruchs zusteht.
- 15
Die Klage ist zulässig.
- 16
Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 40 Abs. 1 VwGO eröffnet, da die Klägerinnen sich für ihr Begehren auf das Institut des allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruchs berufen können, der in Art. 20 Abs. 3 GG wurzelt, und dem allgemeinen Verwaltungsrecht zuzuordnen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. Juli 1984, Az.: 3 C 81/82 – JURIS –; BVerwG, Urteil vom 26. August 1993, Az.: 4 C 24/91), so dass – trotz des ursprünglich formulierten Begehrens auf Schadensersatz – eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt.
- 17
Für den geltend gemachten Folgenbeseitigungsanspruch ist die allgemeine Leistungsklage die statthafte Klageart, so dass es eines Vorverfahrens bedarf.
- 18
Die Klagebefugnis der Klägerin zu 1) entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO ergibt sich daraus, dass ihr möglicherweise ein Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen für die Unterbringung der Klägerin zu 2) nach den Grundsätzen des Folgenbeseitigungsanspruchs in Gestalt des Folgenbeseitigungs-entschädigungsanspruchs i.V.m. § 5 Abs. 1 und § 13 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 1 Satz 5 des Kindertagesstättengesetzes (KiTaG) zusteht. Der Klägerin zu 2) steht möglicherweise ein Anspruch auf Kostenersatz gemäß § 5 Abs. 1 KiTaG i.V.m. mit den Grundsätzen des Folgenbeseitigungsanspruchs in Gestalt des Folgenbeseitigungsentschädigungsanspruchs zu.
- 19
Gemäß § 91 Abs. 1 VwGO ist die durch die Einbeziehung der Klägerin zu 2) vorgenommene Klageänderung zulässig, da die Beklagte dieser Klageerweiterung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2012 zugestimmt hat.
- 20
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet.
- 21
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt Urteil vom 15. Juni 2011, Az.: 9 C 4/10 – JURIS – und Beschluss vom 14. Juli 2011, Az.: 1 B 13/10 – JURIS – jeweils m.w.N.) entsteht der Folgenbeseitigungsanspruch, wenn durch einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht ein noch andauernder rechtswidriger Zustand geschaffen wird. Der Folgenbeseitigungsanspruch ist dann auf die Wiederherstellung des ursprünglichen durch hoheitlichen Eingriff veränderten rechtmäßigen Zustands gerichtet. Inhalt und Umfang des Folgenbeseitigungsanspruchs sind dabei grundsätzlich allein auf die Beseitigung der rechtswidrigen Folgen eines Tuns oder Unterlassens der vollziehenden Gewalt im Wege der Naturalherstellung gerichtet. Eine Geldrestitution kann dabei aber in Betracht kommen, wenn die rechtswidrigen Folgen in einem Geldverlust bestehen (BVerwG, Urteil vom 19. Juli 1984, Az.: 3 C 81/82 – JURIS –).
- 22
Der Anspruch auf Folgenbeseitigung folgt dabei als Sanktionsrecht dem jeweiligen sachlichen Recht. Mit seiner Verwirklichung soll grundsätzlich jener rechtmäßige Zustand hergestellt werden, der unverändert bestünde, wenn es zu dem rechtswidrigen Eingriff nicht gekommen wäre. Die Wiederherstellung des ursprünglichen rechtmäßigen Zustandes soll dem Verpflichteten indessen nicht angesonnen werden, wenn damit ein unverhältnismäßig hoher Aufwand für den Hoheitsträger verbunden ist. Im äußersten Falle fehlender Zumutbarkeit ist es naheliegend, dass sich ein Anspruch auf Beseitigung der Folgen, der nur wegen Unzumutbarkeit zu versagen ist, dann als sogenannter „Folgenbeseitigungsentschädigungsanspruch“ in einem Anspruch auf Entschädigung als Surrogat fortsetzt, wenn die Gründe der Unzumutbarkeit allein oder doch überwiegend in der Handlungssphäre des durch den Anspruch verpflichteten Hoheitsträgers liegen (BVerwG, Urteil vom 26. August 1993, Az.: 4 C 24/91 – JURIS –). Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.
- 23
Im Hinblick auf die Klägerinnen zu 1) und zu 2) liegt ein Eingriff in ihnen zustehende subjektiv-öffentliche Rechte vor.
- 24
Aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 KiTaG folgt unmittelbar, dass die Klägerin zu 2) aufgrund ihres Alters selbst Inhaberin des Anspruchs auf Bereitstellung eines entsprechenden Kindergartenplatzes ist (so auch Gerstein/Roth/Käseberg/Langer/Meiswinkel, Kommentar zur Kindertagesbetreuung in Rheinland Pfalz, Rdn. 5 zu § 5 KiTaG). Hingegen betrifft die dem Grundsatz nach in § 13 Abs. 1 Satz 1 KiTaG angeordnete Beitragserhebung naturgemäß die Eltern des Kindes, welche somit auch durch die in § 13 Abs. 3 Satz 5 KiTaG angeordnete Beitragsfreiheit begünstigt werden. Da sich die finanzielle Belastung der Eltern durch eine anderweitige, entgeltliche Unterbringung des Kindes als unmittelbare Folge der fehlenden Bereitstellung eines Kindergartenplatzes manifestiert und § 13 Abs. 3 Satz 5 KiTaG insoweit keinen Normadressaten nennt, sind sowohl das Kind als auch seine Eltern gleichermaßen in ihnen zustehenden subjektiv-öffentlich Rechten betroffen und daher anspruchsberechtigt. § 13 Abs. 3 Satz 5 KiTaG wurde ausweislich der amtlichen Begründung (LT-Drucks. 15/773 S. 5) gerade deshalb eingeführt, um eine finanzielle Entlastung der Familien zu erreichen.
- 25
Die Beklagte hat in diese Rechte der Klägerinnen eingegriffen, indem sie es pflichtwidrig unterlassen hat für die Klägerin zu 2) ab dem vollendeten zweiten Lebensjahr einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen.
- 26
Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 KiTaG hat das Jugendamt zu „gewährleisten“, dass für „jedes“ Kind „rechtzeitig“ ein Kindergartenplatz zur Verfügung gestellt wird. Damit wird dem Jugendhilfeträger durch das Gesetz in zeitlicher und personeller Hinsicht eine umfassende Garantenstellung auferlegt, um ein gesetzeskonformes Betreuungsangebot zu schaffen. Diese Garantenpflicht wird nochmals bestätigt durch § 9 Abs. 1 Satz 1 KiTaG, wonach das Jugendamt „zu gewährleisten hat“, dass die erforderlichen Kindertagesstätten zur Verfügung stehen. Hierbei muss nach § 5 Abs. 2 Satz 1 KiTaG „sichergestellt“ sein, dass für „jedes“ Kind zur Erfüllung des Anspruchs nach § 5 KiTaG ein Platz zur Verfügung steht.
- 27
Da die Beklagte ihrer gesetzlichen Verpflichtung aus diesen Vorschriften nicht nachgekommen ist, weil sie der Klägerin zu 2) im maßgeblichen Zeitpunkt keinen Kindergartenplatz zur Verfügung gestellt hat, liegt ein Eingriff in das Recht der Klägerin zu 2) aus § 5 Abs. 1 Satz 1 KiTaG vor. Dieser Eingriff betrifft zugleich die damit korrespondierende Rechtsstellung der Klägerin zu 2) bezüglich eines Anspruchs auf einen beitragsfreien Kindergartenplatz gemäß § 13 Abs. 3 Satz 5 KiTaG.
- 28
Dieser Eingriff dauert im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung auch noch an, da die finanziellen Einbußen durch die kostenpflichtige Unterbringung der Klägerin zu 2) noch nicht ausgeglichen sind. Dabei ist zu sehen, dass die Nichterfüllung des Anspruchs auf einen beitragsfreien Kindergartenplatz für die Klägerin zu 2) in eine Vermögenseinbuße für die Klägerin zu 1) und damit in einen Eingriff in deren Rechte umgeschlagen ist, da die vom Gesetzgeber in § 13 Abs. 3 Satz 5 KiTaG versprochene Beitragsfreiheit unerfüllt geblieben ist.
- 29
Da der Folgenbeseitigungsanspruch nach den oben genannten Grundsätzen im Falle der Unzumutbarkeit seiner Erfüllung durch tatsächliches Verwaltungshandeln in einen auf Geldersatz gerichteten Folgenbeseitigungsentschädigungsanspruch umwandelt, steht den Klägerinnen ein Anspruch auf Geldersatz zu.
- 30
Vorliegend ist der Anspruch der Klägerin zu 2) auf Bereitstellung eines Kindergartenplatzes und der damit verbundenen altersgerechten Betreuung durch die Beklagte zum zweiten Lebensjahr jedoch nicht nur unzumutbar, sondern durch Zeitablauf unmöglich geworden, so dass hierdurch erst recht die Bejahung eines Folgenbeseitigungsentschädigungsanspruchs angezeigt ist. Dies gilt umso mehr als die Ursache des Eingriffs in die Rechte der Klägerinnen ausschließlich durch die Beklagte zu verantworten ist. Wie bereits ausgeführt, war die Beklagte – auch – im Falle der Klägerin zu 2) zur Schaffung und Sicherstellung eines entsprechenden Kindergartenplatzes verpflichtet. Diese Gewährleistung wird der Beklagten vom Gesetz ohne Einschränkungen oder Ausnahmen abgefordert. So hat der Gesetzgeber (LT-Drucks. 14/4453, S. 19) in der amtlichen Begründung zur Neufassung des § 5 Abs. 1 KiTaG ausdrücklich darauf abgestellt, dass dem Rechtsanspruch in Rheinland-Pfalz ein „bedarfsgerecht ausgebautes Betreuungsangebot“ zugrunde liegt.
- 31
Der Anspruch der Klägerinnen umfasst jedoch nur einen Betrag in Höhe von 2.187,77 €. Die von den Klägerinnen mit der Klageforderung in Höhe von 2.244,34 € ebenfalls geltend gemachten Verpflegungskosten in Höhe von 56,57 € sind nicht erstattungsfähig.
- 32
Der vorliegende Folgenbeseitigungserstattungsanspruch deckt nur Eingriffe insoweit ab, als der Anspruch der Klägerin zu 1) aus § 13 Abs. 5 Satz 3 KiTaG auf einen beitragsfreien Krippenplatz berührt ist. Nach § 13 Abs. 1 KiTaG ist jedoch zu unterscheiden zwischen dem Beitrag für die Deckung der Personalkosten in § 13 Abs. 1 Satz 1 KiTaG und dem „gesonderten Beitrag“ für das Mittagessen in § 13 Abs. 1 Satz 2 KiTaG. Die Beitragsfreiheit für den Besuch eines Kindergartens bezieht sich nicht auf den gesonderten Beitrag für Mittagessen nach § 13 Abs. 11 Satz 2 KiTaG (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. September 2009, Az.: 7 A 10431/09 – JURIS –).
- 33
Nach dieser gesetzlichen Systematik sind daher die entstandenen Verpflegungskosten in Höhe von 56,57 € im Gegensatz zu den Unterbringungskosten in Höhe von 2.187,77 € nicht erstattungsfähig. Im vorliegenden Verfahren können daher die Klägerinnen insoweit keine Erstattung verlangen.
- 34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO, da die Klägerinnen nur zu einem geringen Teil unterlegen sind.
- 35
Gerichtskosten werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.
- 36
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils ergeht nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
- 37
Die Berufung wird gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zukommt. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit liegt es nämlich im allgemeinen Interesse, die Frage zu klären, ob bei Nichterfüllung des Anspruchs auf einen beitragsfreien Kindergartenplatz finanzielle Einbußen auszugleichen sind.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
Tenor
I.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts
Die Beklagte wird verpflichtet, über den Aufwendungsersatzanspruch des Klägers für die Monate April bis einschließlich Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
II.
Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte 3/5 und der Kläger 2/5. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
III.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Beteiligten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Gründe
A.
B.
I.
II.
III.
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
Tenor
I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
II.
Die ausschließlich objektiv-rechtliche Verpflichtung der Gemeinden aus Art. 5 Abs. 1 des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes - BayKiBiG (vgl. hierzu Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, Rn. 20; Bauer/Hundmeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, Art. 5 Anm. 3; Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Art. 5 Anm. 1.1 u. 3), im eigenen Wirkungskreis und in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, dass die nach der Bedarfsplanung (vgl. hierzu Art. 7 BayKiBiG) notwendigen Plätze in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege rechtzeitig zur Verfügung stehen, lässt die Gewährleistungsverantwortung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe unberührt (vgl. Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 7 Satz 3 BayKiBiG).
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
Tenor
Der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts wird abgeändert.
Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens beider Instanzen.
1
G r ü n d e :
2Die zulässige Beschwerde ist begründet.
3Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu verpflichten, ihm zum 1. August 2013 vorläufig einen ganztägigen Betreuungsplatz in einer wohnortnahen städtischen Kindertageseinrichtung in L. -M. oder L. -T. zur Verfügung zu stellen, ist unbegründet.
4Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Erforderlich ist die Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsanspruches als auch eines Anordnungsgrundes, vgl. § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2 ZPO.
5Der Senat, der mit seiner Entscheidung aufgrund der vom Antragsteller unter dem 30. Juli 2013 erbetenen zweiwöchigen Frist zur Stellungnahme über den 1. August 2013 hinaus zugewartet hat, kann offen lassen, ob der Antrag für den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum ab dem 1. August 2013 bis zum 14. August 2013 schon unstatthaft geworden ist. Der Antragsteller hat jedenfalls einen Anordnungsanspruch auf frühkindliche Förderung in einer der Kindertagesstätten in L. -M. oder L. -T. nicht glaubhaft gemacht.
6Die Antragsgegnerin hat den Rechtsanspruch des Antragstellers auf frühkindliche Förderung nach § 24 Abs. 2 SGB VIII in der ab dem 1. August 2013 gültigen Fassung mit dem Nachweis von Plätzen in der Kindertagespflege unter dem 17. Mai 2013 bereits erfüllt. Die Antragsgegnerin hatte dem Antragsteller hier mitgeteilt, man habe fünf in der Anlage aufgeführte Träger der freien Jugendhilfe beauftragt, in seinem Namen freie Betreuungsplätze in der Kindertagespflege passgenau zu vermitteln. Es seien auch ausreichend Betreuungsplätze in Kindertagespflege vorhanden.
7Der vom Antragsteller erstmals im Beschwerdeverfahren unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung seiner Mutter erfolgte Vortrag, diese habe sich umgehend nach Erhalt des Schreibens vom 17. Mai 2013 sowohl an die dort genannten freien Träger der Jugendhilfe als auch an die wenigen ihr benannten Tageseltern gewandt und man habe ihr einen ihren Anforderungen entsprechenden Platz nicht anbieten können, reicht nicht aus, um glaubhaft zu machen, dass ein Platz in der Tagespflege entgegen der Angaben der Antragsgegnerin tatsächlich nicht zur Verfügung steht. Insoweit hätte es - insbesondere vor dem Hintergrund des ausdrücklichen Hinweises des Antragstellers im erstinstanzlichen Verfahren, er wolle "nicht in der Kindertagespflege betreut werden" und werde "eine Betreuung ausschließlich in einer Kindertagesstätte akzeptieren" - über die dann pauschale Behauptung hinaus, solche Gespräche hätten umgehend stattgefunden, zumindest konkreter Angaben zu den genauen Zeitpunkten, den jeweiligen Ansprechpartnern und dem genauen Inhalt dieser Gespräche bedurft.
8Nach der Vorschrift des § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII hat ein Kind, das - wie der Antragsteller - das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege.
9Entgegen der Annahme des Antragstellers werden die frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung und die frühkindliche Förderung in Kindertagespflege vom Gesetz schon nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift als gleich geeignete, mithin gleichwertige Formen der Tagesbetreuung von unter dreijährigen Kindern eingestuft. Beide Betreuungsformen stehen danach in einem gesetzlichen Gleichrangig-keitsverhältnis. Dies hat zur Folge, dass der zuständige Träger der Jugendhilfe seine Verpflichtung zur Förderung von unter dreijährigen Kindern gleichermaßen mit dem Nachweis eines zumutbaren Platzes in einer Kindertagesstätte und mit dem Nachweis eines zumutbaren Platzes in der Kindertagespflege - also regelmäßig bei einer sogenannten Tagesmutter - erfüllen kann. Letzteres ist hier - wie oben dargelegt - erfolgt. Diese Möglichkeit ist auch nicht infolge des Zuweisungsbescheid von 5. Juni 2013 hinfällig oder obsolet geworden, weil die Eltern des Antragstellers einseitig auf eine Betreuungsform festgelegt worden wären und das öffentlich-rechtliche Verhältnis konkretisiert und individualisiert worden wäre. Die Zuweisung eines Platzes in einer Kindertagesstätte erfolgte - ergänzend zum Angebot der Kindertagespflege - auf das ausdrücklichen Begehren der Eltern des Antragstellers hin, ihnen (nur) einen Platz in einer Kindertagesstätte zu vermitteln.
10Etwas anderes gilt auch nicht im Lichte des Wunsch- und Wahlrechts nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII. Allerdings steht in Anwendung der für sämtliche kinder- und jugendhilferechtlichen Leistungen geltenden Vorschrift des § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII den Leistungsberechtigen - hier wahrgenommen durch die Eltern des Antragstellers als dessen gesetzliche Vertreter - das Recht zu, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen und Wünsche hinsichtlich der Gestaltung der Hilfe zu äußern, sofern dies nicht i.S.d. § 5 Abs. 2 SGB VIII mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Das zuständige Jugendamt ist in Ansehung dieses Wunsch- und Wahlrechts verpflichtet, den Leistungsberechtigten auch die ihren Wünschen entsprechende Betreuungsform zu vermitteln.
11Das Wunsch- und Wahlrecht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII findet jedoch dann seine Grenze, wenn keine Plätze in der gewünschten Betreuungsform (mehr) vorhanden oder verfügbar sind. Stehen nur freie Plätze in Tageseinrichtungen oder bei bestimmten Kindertagespflegepersonen zur Verfügung, beschränkt sich das Wunsch- und Wahlrecht auf diese freien Plätze. Insoweit gilt nichts anderes als im Zusammenhang mit den anderen kinder- und jugendrechtlichen Leistungsformen, unter anderem auch mit dem bereits seit langem gesetzlich verankerten Rechtsanspruch von über dreijährigen Kindern auf einen Kindergartenplatz. Hier ist anerkannt, dass das Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten nach § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII keinen Anspruch auf die Schaffung neuer Dienste und Einrichtungen schafft, sondern sich nur auf das tatsächlich vorhandene Angebot, d.h. auf die tatsächlich zur Verfügung stehenden Plätze, beschränkt. Kann der Anspruch auf frühkindliche Förderung weder in der einen noch in der anderen vom Gesetz vorgesehenen Betreuungsform erfüllt werden, kommen daher nur noch Ersatzansprüche in Betracht.
12Vgl. Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 24, Rn. 19 und § 5, Rn. 9; Schindler, in: LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 5 , Rn. 5; Wiesner und Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 5, Rn. 9 sowie § 24, Rn. 23; Münder, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 5, Rn. 11, jeweils m.w.N.; auch: Meysen/ Beckmann, Rechtsanspruch U 3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, S. 84ff., 87; Schübel-Pfister, Kindertagesbetreuung zwischen (Rechts-) Anspruch und Wirklichkeit, NVwZ 2013, 385.
13Nichts anderes wird in der Gesetzesbegründung zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (Kinderförderungsgesetz – KiFöG), BT-Drucks. 16/8299 vom 27. Mai 2008, S. 15, zu der ab dem 1. August 2013 geltenden Neufassung des § 24 Abs. 2 SGB VIII deutlich, wenn dort ausgeführt wird, dieser Rechtsanspruch werde entsprechend den Wünschen und Bedürfnissen des Kindes sowohl in Tageseinrichtungen als auch in Kindertagespflege erfüllt. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lässt sich diesem allgemeinen Hinweis nichts Substantiiertes für den Willen des Gesetzgebers entnehmen, im Rahmen des § 24 Abs. 2 SGB VIII über das kapazitätsabhängige allgemeine Wunsch- und Wahlrecht des § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII hinaus – sowohl abweichend von der Rechtslage beim Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für über dreijährige Kinder als auch abweichend von der Rechtslage bei allen übrigen kinder- und jugendhilferechtlichen Leistungsarten – eine unbedingte Gewährleistungspflicht des zuständigen Trägers der Jugendhilfe hinsichtlich der von den Eltern konkret gewünschten Form der frühkindlichen Förderung zu begründen und damit einen Anspruch auf eine entsprechende Kapazitätserweiterung zu schaffen.
14So Rixen, Kein Kita-Platz trotz Rechtsanspruch?, NJW 2012, 2839 und Lakies, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 24, Rn. 67 und 68.
15Auch der Verweis des Verwaltungsgerichts auf eine Äußerung der damaligen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor dem Bundestag, wonach im Rahmen des Rechtsanspruchs auf Förderung in einer Kindertagesstätte und in der Tagespflege eine echte Wahlfreiheit der Eltern in dem Sinne hergestellt werden solle, dass diesen nicht vorgeschrieben werden solle, wo und wie sie ihre Kinder betreuen und fördern, sondern sie selbst im eigenen Ermessen organisieren sollten, wie sie ihren Alltag mit Kindern lebten, ob zuhause, in einer altersgemischten Gruppe, einer Krippe oder der Kindertagespflege, ob wohnortnah oder betriebsnah, führt zu keinem anderen Ergebnis. Hierbei handelt es sich ersichtlich um eine politisch motivierte Formulierung der mit der Neuregelung idealerweise angezielten Sachlage und nicht um eine bindende Willensäußerung des Bundesgesetzgebers zu einer grundlegenden Umgestaltung des jugendhilferechtlichen Fördersystems durch die Schaffung eines unbedingten Anspruchs auf Kapazitätserweiterung.
16Da die Kapazitäten in den vom Antragsteller auch unter Gesichtspunkten der Wohnortnähe für zumutbar erachteten Kindertagesstätten in L. -M. und L. -T. erschöpft sind, ist folglich der insoweit noch relevante Wunsch seiner Eltern nach einer wohnortnahen Förderung durch den Nachweis eines Platzes in der Kindertagespflege erfüllt. Für die Vermutung des Antragstellers, die Antragsgegnerin habe den Antrag des Antragstellers in gesetzeswidriger Weise schlicht unbearbeitet gelassen und so mutwillig sein Recht auf einen Platz in der Kindertagesstätte trotz rechtzeitiger Antragstellung vereitelt, bestehen mit Blick darauf, dass die Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren ihre - zulässigen - Vergabekriterien offen gelegt hat, keine hinreichenden Anhaltspunkte. Auf die ergänzenden Angaben der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom heutigen Tag kommt es daher nicht an.
17Das Vorhalten eines ausreichenden Angebots in beiden Betreuungsformen spricht zudem gegen die Fehlerhaftigkeit der Bedarfsplanung der Antragsgegnerin. Ferner bestehen insbesondere mit Blick auf das Eignungserfordernis und die Eignungskriterien des § 23 Abs. 1 und Abs. 3 SGB VIII keine Anhaltspunkte dafür, dass die dem Antragsteller konkret angebotene Kindertagespflegeperson in qualitativer Hinsicht unzureichend und damit das Angebot deshalb unzumutbar wäre. Dass die Eltern des Antragstellers nach ihrem eigenen Bekunden bei früheren Suchen nach einer Tagesmutter schlechte Erfahrungen gemacht haben, reicht offensichtlich nicht aus, die Eignung der angebotenen Tagespflegeperson substantiiert in Frage zu stellen.
18Der Senat kann vor diesem Hintergrund im Ergebnis offen lassen, ob die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zutrifft, bei einer pauschalierenden Betrachtung seien die Fahrtzeiten für das Zurücklegen einer Fahrtstrecke von mehr als fünf Kilometern im städtischen Ballungsraum - insbesondere zu den Hauptverkehrszeiten am Morgen und am frühen Abend - regelmäßig nicht mehr zumutbar. Dies könnte allerdings deshalb Zweifeln unterliegen, weil die Fahrtzeiten für vergleichbare Entfernungen schon in unterschiedlichen Stadtteilen derselben Großstadt durchaus erheblich voneinander abweichen dürften. Der Senat weist ferner darauf hin, dass Pauschalisierungen bei der Prüfung der - von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängigen - Frage, ob eine Tageseinrichtung oder eine Tagespflegestelle vom Wohnort des Kindes aus in vertretbarer Zeit erreichbar ist, grundsätzlich allenfalls einen ersten groben Anhalt bieten und jedenfalls in streitigen Fällen allein eine abschließende Beurteilung nicht tragen können. Das gilt auch für die Wertung der Antragsgegnerin, ein Zeitaufwand von 30 Minuten sei für das Kind und die Eltern generell zumutbar. Die Bewertung der Zumutbarkeit einer Entfernung zur Tageseinrichtung oder Tagespflegestelle ist nämlich immer auch kontextabhängig. Außer den konkreten örtlichen Verhältnissen wird daher - in Anlehnung an die bereits vorhandene Literatur und Rechtsprechung zur zumutbaren Entfernung zwischen Wohnort des über dreijährigen Kindes und dem Kindergarten,
19vgl. z.B. Bayer.VGH, Urteil vom 30. März 1994 - 7 B 93.2773 -, BayVBl 1995, 341, juris, und Beschluss vom 2. Dezember 2003 - 7 CE 03.2722 -, juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 30. Dezember 1996 - 4 B 175/96 -, NVwZ-RR 1997, 555, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Dezember 2008 - 4 ME 326/08 -, NVwZ-RR 2009, 425, juris; VG Göttingen, Beschluss vom 21. August 1998 - 2 B 2297/98 -, NVwZ-RR, 130; Fischer, in Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Auflage 2012, § 24, Rn. 15; Kaiser, in: LPK-SGB VIII, 4. Auflage 2011, § 24, Rn. 13; Lakies, in: FK-SGB VIII, 7. Auflage 2013, § 24, Rn. 21, jeweils m.w.N.; auch: Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, S. 95ff; Schübel-Pfister, Kindertagesbetreuung zwischen (Rechts-) Anspruch und Wirklichkeit, NVwZ 2013, 385, -
20neben allgemeinen und individuellen kind- und/oder elternbezogenen Bedarfsgesichtspunkten (etwa ob und inwieweit nicht berufstätige Hilfspersonen Unterstützung leisten) in die Prüfung mit einzubeziehen sein, ob und aus welchen sachlich gerechtfertigten Gründen das Kind zu Fuß, mit dem Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Betreuungsort gebracht werden soll. Je nach Art der Transportnotwendigkeit können sich unterschiedliche Höchstgrenzen für die noch zumutbare Entfernung und den noch zumutbaren Zeitaufwand ergeben. Jedenfalls aber bedarf es konkreter Ermittlungen zu dem jeweils maßgeblichen, durchschnittlichen Zeitaufwand während der voraussichtlichen Bring- und Abholzeiten. Vor diesem Hintergrund dürfte vorliegend zumindest der - schon keine Angaben zum Zeitpunkt enthaltende - Hinweis des Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin, er habe persönlich überprüft, dass die Wegstrecke mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 29 Minuten zu bewältigen sei, nicht ausreichen. Ob seine Angabe, mit dem Auto könne die Stecke in 11 Minuten zurückgelegt werden, was den Berechnungen des Routenplaners in der Internetseite www.google.maps entspricht, zu den hier maßgeblichen Zeiten praktisch verifiziert wurde, ist den Angaben des Prozessbevollmächtigten nicht eindeutig zu entnehmen. Die Frage, ob die Mutter des Antragstellers, die einer Ganztagsbeschäftigung in einem Umfang von 40 Wochenstunden ohne Pausenzeiten in C. nachgeht, unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten überhaupt darauf verwiesen werden könnte, ihren Sohn mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Kindertagesstätte zu bringen, bedarf hier ebenfalls keiner abschließenden Entscheidung.
21Dasselbe gilt auch für die weitere Frage, ob und wenn ja, welche Auswirkungen der Umstand, dass der Antragsteller unter Berücksichtigung der von seiner Mutter geltend gemachten - erheblichen - berufsbedingten Abwesenheitszeiten in zeitlicher Hinsicht einen individuellen Betreuungsbedarf haben dürfte, der deutlich über der unter Kindeswohlgesichtspunkten hinnehmbaren Obergrenze für eine Fremdbetreuung von neun Stunden täglich und 45 Stunden wöchentlich liegt,
22vgl. Meysen/ Beckmann, Rechtsanspruch U 3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, S. 75,
23auf den Inhalt seines Rechtsanspruchs gegenüber der Antragsgegnerin hat. Bei einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden und einer Fahrtzeit von einer Stunde für die einfache Wegstrecke bis zum Arbeitsplatz ergibt sich nämlich bereits ein zeitlicher Betreuungsbedarf des Antragstellers von 50 Stunden (der sich bei Pausenzeiten von einer Stunde täglich sogar auf 55 Stunden erhöhen würde), so dass sich die Geeignetheit der hier begehrten wohnortnahen Förderung gegenüber einer arbeitsplatznahen Förderung in C. jedenfalls nicht ohne vertiefende Begründung erschließt.
24Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.
25Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.
(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.
(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.
(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn
- 1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat, - 2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und - 3.
die Deckung des Bedarfs - a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder - b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn
- 1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder - 2.
die Erziehungsberechtigten - a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind, - b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder - c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.
(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.
(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.
(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.