Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 27. Apr. 2018 - 1 L 279/18.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2018:0427.1L279.18.00
bei uns veröffentlicht am27.04.2018

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Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

1

Die Antragstellerin begehrt – vertreten durch ihre Eltern –, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr ab dem Zeitpunkt einer Entscheidung der Kammer bis einschließlich 15. August 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten, hilfsweise einen Platz in einem Kindergarten bestehend aus einer Vor- und Nachmittagsbetreuung einschließlich einer Betreuung über Mittag mit Mittagessen, in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes, das heißt maximal 30 Minuten einfache Wegzeit zur betreffenden Einrichtung, zu verschaffen.

2

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat weder im Hauptantrag noch im Hilfsantrag Erfolg.

3

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung nötig erscheint, um – unter anderem – wesentliche Nachteile abzuwenden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch glaubhaft macht (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozess-ordnung – ZPO –). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

4

Vorliegend ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin ein Anspruch auf Verschaffung eines Platzes in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes zusteht. Dieser Anspruch folgt aus § 5 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes Rheinland-Pfalz (KiTaG). Danach haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten. Das Jugendamt der Antragsgegnerin hat zu gewährleisten, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht. Die Antragstellerin ist am XX. Oktober 2015 geboren und hat daher das zweite Lebensjahr vollendet. Ferner wohnt sie zusammen mit ihren Eltern im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, so dass die materiellen Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 KiTaG dem Grunde nach vorliegen. Die Eltern der Antragstellerin haben diese auch für einen Kindergartenplatz ab dem 1. Oktober 2017 hinsichtlich ihres aktuellen Wohnortes mit E-Mail vom 28. Februar 2017 angemeldet.

5

Vorliegend ist ferner unstreitig, dass der Anspruch der Antragstellerin auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes für den im Antrag spezifizierten Zeitraum – Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer bis einschließlich 15. August 2018 – nicht erfüllt ist. Der Antragstellerin steht erst ab dem 16. August 2018 ein Platz in der Kindertagesstätte „F.“ zur Verfügung. In der Antragserwiderung vom 18. April 2018 hat die Antragsgegnerin insoweit mitgeteilt, dass derzeit kein freier Platz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung vom Wohnsitz der Antragstellerin vorliege. Der geltend gemachte Anspruch könne daher mangels Kapazität nicht erfüllt werden.

6

Anders als die Antragstellerin meint, ist dieser Einwand der Kapazitätserschöpfung für die Frage des Erlasses der beantragten einstweiligen Anordnung zur Überzeugung der Kammer nicht unerheblich (a.A.: SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, juris Rn. 7; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 22. März 2018 – OVG 6 S 6.18 sowie OVG 6 SOVG 6 S 2.18 –, juris Rn. 9 f. bzw. 11 f.). Ebenso wie § 24 Abs. 2 des Achten Sozialgesetzbuchs – SGB VIII – ist zwar auch § 5 Abs. 1 KiTaG ohne expliziten Kapazitätsvorbehalt ausgestaltet. Es handelt sich insoweit um eine „unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung“ (vgl. BayVGH, Urteil vom 22. Juli 2016 – 12 BV 15.719 –, juris Rn. 27). Damit ist aber nicht zwingend verbunden, dass eine derartige Leistung auch stets mit Erfolg eingeklagt werden kann bzw. auch tatsächlich erfüllbar ist. Die Kammer hält insoweit an ihrer Auffassung fest, dass die vorläufige Verpflichtung zur – tatsächlichen – Verschaffung eines Kindergartenplatzes mangels Spruchreife ausscheidet, wenn rechtliche oder tatsächliche Hindernisse für die Erfüllung der Verpflichtung bestehen, bei denen fraglich ist, ob sie ausgeräumt werden können (vgl. Beschluss der Kammer vom 23. November 2017 – 1 L 1234/17.MZ –, BA S. 2 f.). Der auf vorläufige Verpflichtung zur Verschaffung eines Kindergarten-platzes gerichtete Antrag hat bei Vorliegen rechtlicher oder tatsächlicher Hindernis-gründe daher keinen Erfolg. Der jeweilige Antragsteller ist in einem solchen Fall indes nicht gänzlich schutzlos gestellt. Vielmehr wandelt sich die Primär-verantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe bei Nichterfüllbarkeit in eine Sekundärverantwortung um, die unter anderem darin besteht, nunmehr die Kosten einer Ersatzbeschaffung zu tragen (vgl. zu § 24 SGB VIII: VG Berlin, Beschluss vom 21. Februar 2018 – VG 18 L 43.18 –, beck-online; BayVGH, Beschluss vom 17. November 2015 – 12 ZB 15.1191 –, juris Rn. 36). Zur Sicherung eines Rechts des jeweiligen Antragstellers kommt als Grundlage etwaiger Sekundäransprüche die vorläufige Feststellung einer Verpflichtung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zur Verschaffung eines geeigneten Kindergartenplatzes in Betracht (vgl. Beschluss der Kammer vom 23. November 2017 – 1 L 1234/17.MZ –, BA S. 4 ff.).

7

Eine solche vorläufige Feststellung einer Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verschaffung eines geeigneten Kindergartenplatzes scheidet vorliegend jedoch auch aus, da die Antragstellerin keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat, so dass der Antrag auf Erlass der beantragten Regelungsanordnung bereits aus diesem Grund unbegründet ist. Dem Einwand der Antragstellerin, die Antragsgegnerin dürfe sich vorliegend nicht auf die Erschöpfung der Kapazitäten berufen, braucht daher nicht nachgegangen zu werden.

8

Unter Anordnungsgrund ist die Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit der Rechtsschutzgewährung zu verstehen. Notwendig ist ein spezifisches Interesse an einer vorläufigen Regelung, das sich von dem allgemeinen Interesse an einem baldigen Verfahrensabschluss abhebt. Die Bejahung des Anordnungsgrundes verlangt ein Bedürfnis auf Gewährung gerade vorläufigen Rechtsschutzes (Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, § 123 Rn. 81). Ein besonderes Dringlichkeitsinteresse besteht, wenn es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen sowie der öffentlichen Interessen und der Interessen Dritter nicht zumutbar ist, den Abschluss des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (vgl. etwa HessVGH, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 7 TG 2479/92 –, NVwZ-RR 1993, 387 [389]; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123 Rn. 26).

9

Gemessen an diesen Grundsätzen erscheint der Erlass einer einstweiligen Anordnung vorliegend objektiv nicht nötig, weil der Antragstellerin bzw. deren Eltern ohne eine vorläufige Regelung keine wesentlichen Nachteile drohen. Die anwaltlich vertretene Antragstellerin hat keine Gründe vorgetragen, weshalb eine Regelungsanordnung im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO erlassen werden müsste. Solche Gründe sind auch nicht ersichtlich.

10

Die Antragstellerin wird derzeit von ihren hierzu gemäß Art. 6 Abs. 2 Satz 1 Grund-gesetz, Art. 25 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz berechtigten und verpflichteten Eltern betreut. Da der Vater der Antragstellerin berufstätig ist, kann davon ausgegangen werden, dass die seit der Geburt der Antragstellerin nicht berufstätige Mutter den Hauptanteil der Betreuung leistet. Dass der Antragstellerin durch diese Art der Betreuung bis zur bald anstehenden Aufnahme in eine Kindertagesstätte ein (wesentlicher) Nachteil entsteht, wurde vorliegend nicht vorgetragen. Ein solcher Nachteil ist auch nicht ersichtlich. Zwar geht die Kammer davon aus, dass der Besuch eines Kindergartens – jedenfalls in der Regel – positiven Einfluss auf die kindliche Entwicklung hat. Vorliegend ist aber gerade maßgeblich zu berücksichtigen, dass für die Antragstellerin ab dem 16. August 2018 ein Platz in der Kindertagesstätte „F.“ zur Verfügung steht. Die Antragstellerin wird daher bereits in Kürze (etwa 15 Wochen) an der „frühkindlichen Förderung“ (vgl. § 24 Abs. 2 SGB VIII) bzw. „Erziehung, Bildung und Betreuung“ (vgl. § 5 Abs. 1 KiTaG) im Kindergarten teilhaben.

11

Die Antragstellerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass sich die Kinderbetreuung nicht für die vergangene Zeit nachholen lässt und ihr Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten sich daher mit jedem Tag, an dem die Antragsgegnerin ihrer Gewährleistungspflicht aus § 5 Abs. 1 KiTaG nicht nachkommt, erledigt (vgl. zu § 24 SGB VIII: BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 35/12 –, juris Rn. 38; VGH BW, Urteil vom 8. Dezember 2016 – 12 S 1782/15 –, juris Rn. 36). Daraus kann aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, für den Anordnungsgrund genüge vorliegend die irreversible Nichterfüllung des Anspruchs auf Erziehung, Bildung und Betreuung in einem Kindergarten (so aber: SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, juris Rn. 10). Vielmehr muss auch in Fällen der vorliegenden Art ein besonderes – über die Erledigung des Anspruchs durch Zeitablauf hinausgehendes – Dringlich-keitsinteresse glaubhaft gemacht werden. Andernfalls wäre in diesen Fällen bei Vorliegen des Anordnungsanspruchs stets auch der Anordnungsgrund zu bejahen. Der Anordnungsgrund verlöre damit seine eigenständige Bedeutung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens.

12

Ein Anordnungsgrund ergibt sich vorliegend auch nicht aus etwaigen Nachteilen für die Eltern der Antragstellerin, denn der Umstand, dass die Mutter der Antragstellerin künftig wieder in das Berufsleben einsteigen möchte, vermag noch nicht das erforderliche besondere Dringlichkeitsinteresse zu begründen. Es ist unstreitig, dass der Mutter derzeit kein konkretes Stellenangebot vorliegt. Soweit die Antragstellerin insoweit vorträgt, ihre Mutter habe eine Zusage für eine neue Arbeitsstelle in M. ab dem 1. Februar 2018 aufgrund des fehlendes Kindergartenplatzes absagen müssen, handelt es sich um einen abgeschlossenen Vorgang in der Vergangenheit, der nicht rückgängig zu machen und daher für den Anordnungsgrund zum jetzigen Zeitpunkt nicht von Bedeutung ist. Insoweit hätte es den Eltern der Antragstellerin frei gestanden, zum Zeitpunkt der Stellenzusage einen Kindergartenplatz für ihre Tochter im Wege des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens geltend zu machen. Anders als die Bevollmächtigten der Antragstellerin ist die Kammer auch nicht der Auffassung, die Mutter sei ohne eine Betreuung ihrer Tochter im antragsgegenständlichen Zeitraum an Bewerbungen gehindert. Denn die Frage, ob bzw. wann für ihre Tochter ein Kindergartenplatzplatz zur Verfügung stehen und die Betreuung damit gesichert sein wird, ist hier nicht offen. Vielmehr steht – wie bereits dargelegt – fest, dass die Antragstellerin ab dem 16. August 2018 die Kindertagesstätte „F.“ besuchen darf. Die Mutter der Antragstellerin kann sich damit jedenfalls ohne weiteres auf Stellenangebote mit einem Eintrittszeitpunkt ab dem 16. August 2018 bewerben. Darüber hinaus steht es der Mutter der Antragstellerin aus Sicht der Kammer auch frei, sich auf Stellenangebote mit einem früheren Einstiegszeitpunkt zu bewerben. Zum einen erstreckt sich ein Bewerbungsverfahren erfahrungsgemäß auf einen längeren Zeitraum und auch eine Anstellung erfolgt nur selten ohne jeglichen zeitlichen Vorlauf, so dass zwischen Aufnahme des Bewerbungsvorgangs und Antritt der neuen Arbeitsstelle in der Regel ein Zeitraum von mehreren Wochen bzw. Monaten liegt. Zum anderen besteht für die Eltern der Antragstellerin die Möglichkeit, im Falle einer konkreten Stellenzusage mit einem Eintrittspunkt vor dem 16. August 2018 ein weiteres – gerichtskostenfreies – einstweiliges Rechtsschutzverfahren einzuleiten. Der berufliche Wiedereinstieg der Mutter der Antragstellerin wird nach alledem ohne die begehrte einstweilige Anordnung nicht (unzumutbar) erschwert.

13

Soweit die Antragstellerin geltend macht, ein Anordnungsgrund liege in Fällen der vorliegenden Art selbst dann vor, wenn ein Elternteil bzw. beide Elternteile gar nicht erwerbstätig seien, weil die Erwerbstätigkeit der Eltern keine Voraussetzung für den Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten sei, vermag die Kammer dem in dieser Reichweite nicht zu folgen. Die Antragstellerin differenziert insoweit nicht ausreichend zwischen den im Rahmen der Begründetheit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gesondert zu prüfenden Voraussetzungen „Anordnungsanspruch“ und „Anordnungsgrund“. Allein der Umstand, dass der Anspruch des Kindes auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung – wie im Fall des § 5 Abs. 1 KiTaG – unabhängig von der Erwerbstätigkeit seiner Eltern besteht, verbietet nicht, die Erwerbstätigkeit der Eltern im Rahmen des Anordnungsgrundes, d.h. der Frage der Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung, zu berücksichtigen. Hierfür spricht insbesondere der Umstand, dass die Eltern bzw. die jeweiligen Personensorgeberechtigten eines Kindes durch den in § 5 Abs. 1 KiTaG normierten Anspruch des Kindes auf einen Platz im Kindergarten bei der „Erziehung“ und „Betreuung“ des Kindes entlastet und damit jedenfalls reflexhaft begünstigt werden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14 –, juris Rn. 28; vgl. auch das Urteil des BGH vom 20. Oktober 2016 – III ZR 303/15 –, wonach die Eltern in den Schutzbereich der mit § 24 Abs. 2 SGB VIII verbundenen Amtspflicht einbezogen sind, juris Rn. 20 ff.).

14

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 21. Januar 2015 - M 18 K 14.2448 - wird geändert.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Aufwendungsersatzanspruch des Klägers für die Monate April bis einschließlich Juni 2014 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte 3/5 und der Kläger 2/5. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Den Beteiligten wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Mehraufwendungen für die Unterbringung des Klägers in einer privaten Kindertagesstätte.

Mit E-Mail vom 25. September 2013 meldete die Mutter des am 30. August 2011 geborenen Klägers bei der Beklagten den Bedarf für einen Vollzeitbetreuungsplatz (Tagesmutter oder Krippe) für den Kläger, da sie im November von K. nach M. ziehen würden. In einem am 3. Dezember 2013 bei der Beklagten eingegangenen Formblatt zur Bedarfsfeststellung wurde angegeben, ab dem 1. April 2014 einen Betreuungsplatz (Montag bis Freitag 7.30/8.00 bis 16.00 Uhr) zu benötigen. Mangels aktueller Wohnadresse in M. wurde die Adresse der künftigen Zahnarztpraxis (A.-str. 4) der Mutter des Klägers in M. als „Arbeitsadresse“ angegeben.

Mit E-Mail vom 29. Januar 2014 benannte die Beklagte freie Plätze bei insgesamt sechs Tagespflegepersonen, die mit E-Mail vom gleichen Tage von der Klägerseite abgelehnt wurden, da die vorgeschlagenen Tagespflegeangebote entweder zu früh schließen würden oder Freitag nicht geöffnet hätten. Am 5. Februar 2014 schlossen die Eltern des Klägers für diesen einen Betreuungsvertrag mit der privat betriebenen Kindertagesstätte „T.“, in die er ab 1. April 2014 aufgenommen wurde.

Mit Schriftsatz vom 21. Mai 2014, aus dem erstmals die Wohnadresse des Klägers (A.-str. 25A) in M. hervorging, teilte die Klägerbevollmächtigte der Beklagten mit, dass die Mutter des Klägers diesen in verschiedenen städtischen Einrichtungen angemeldet, aber nur Absagen erhalten habe. Die Vermittlung eines Platzes bei einem freien Träger sei nicht angeboten worden. Der wegen der Dringlichkeit beschaffte Ersatzplatz in einer völlig überteuerten privaten Einrichtung liege mit 1.380,-- Euro monatlich weit über dem zumutbaren 1,5-fachen Basiswert bzw. über dem Betrag der städtischen Kinderkrippen. Um Zurverfügungstellung eines städtischen oder vergleichbaren Platzes eines freien Trägers werde gebeten.

Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 1. Juli 2014 mit, dass der Kläger für einen Betreuungsplatz in einer städtischen Einrichtung (M.-straße 7) vorgesehen sei, die voraussichtlich im August 2014 eröffne. Sollte vorab dringend ein Betreuungsplatz benötigt werden, werde versucht, im Rahmen der Tagespflege oder in einer befristeten Übergangsgruppe in einer anderen Einrichtung einen Platz bereitzustellen. Die Einrichtung M.-straße 7 hat im Oktober 2014 eröffnet.

Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (M 18 E 14.2447) wurde mit Schriftsatz der Bevollmächtigten am 16. Juli 2014 zurückgenommen, weil für den Kläger ein Betreuungsplatz in einer privaten Einrichtung ab dem 1. September 2014 gefunden wurde.

Die mit Schriftsatz vom 7. Juni 2014 erhobene Klage auf Erstattung der Kosten für einen selbstbeschafften Kinderbetreuungsplatz wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 21. Januar 2015 ab. Selbst wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 36a Abs. 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) vorliegen sollten und damit ein Sekundäranspruch dem Grunde nach entstanden wäre, würde dieser inhaltlich - hinsichtlich der Höhe der zu erstattenden Aufwendungen - leerlaufen. Nach § 36a Abs. 3 SGB VIII könnten diese nur dann verlangt werden, wenn bei einer rechtzeitigen Beschaffung durch den Jugendhilfeträger dieser für die inmitten stehende Maßnahme die Kosten dem Grunde nach zu tragen hätte. Eine Kostenerstattung im Rahmen des Sekundäranspruchs ohne Kostentragungspflicht des Jugendhilfeträgers für den Primäranspruch würde zu einer Besserstellung der „Selbstbeschaffer“ führen. Eine Verpflichtung zur Kostentragung könne weder aus den Vorschriften des Achten Buchs Sozialgesetzbuch noch aus dem Bayerischen Landesrecht entnommen werden. Die insoweit in Bezug genommene Norm des Art. 20 Satz 1 Nr. 3 des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) sei für die hier maßgebliche Frage der Förderung in Kindertageseinrichtungen nicht einschlägig. Die Erfüllung des Primäranspruchs aus § 24 Abs. 1 und Abs. 3 SGB VIII unterliege im Hinblick auf die Höhe der entstehenden Kostenbeitragspflicht nach § 90 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII keiner gesetzlichen Zumutbarkeitsschranke. Da der streitgegenständliche Sekundäranspruch inhaltlich an die Verpflichtung des Jugendhilfeträgers zur Kostenerstattung bei Erfüllung des Primäranspruches anknüpfe, gelte insoweit das Gleiche. Hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit der Kostenbeiträge für die Inanspruchnahme einer Kindertageseinrichtung existiere mit § 90 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VIII bereits ein gesetzliches Korrektiv.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerseite ihr Begehren weiter. In der am 22. Mai 2015 mit Poststempel vom 17. Mai 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Berufungsbegründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die von der Beklagten angebotene Betreuung im Kindertagespflegebereich sei nicht geeignet gewesen, die notwendigen Betreuungszeiten abzudecken. Der früheste Tagespflegeplatz (C.-B. 128) sei erst ab 7.45 Uhr mit einer Fahrzeit von 30 Minuten mit dem öffentlichen Nahverkehr verfügbar gewesen. Zur Zeit der Praxisgründung habe die Mutter des Klägers auch keinen Pkw besessen. Ein Sekundäranspruch nach § 36a Abs. 3 SGB VIII könne nicht nur in dem Umfang bestehen, in dem der Jugendhilfeträger auch bei rechtzeitiger Erfüllung des Primäranspruchs zur Kostentragung verpflichtet sei. Das Verwaltungsgericht übersehe, dass es bei dem Anspruch aus § 24 Abs. 2 und 3 SGB VIII um die „geschuldete Leistung“ Tageseinrichtung gehe, ohne dass § 24 SGB VIII dies näher definiere. Der Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz sei nicht erfüllt, wenn der Betreuungsplatz nur für einen Elternbeitrag zur Verfügung stehe, der den im Betreuungsbereich durchschnittlichen Elternbeitrag um ein Vielfaches übersteige. Nichts anderes sagten auch die „Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten 1. Lebensjahr mit Wirkung ab 1. August 2013“. Der Verweis auf § 90 Abs. 3 SGB VIII stehe im Widerspruch zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. September 2013 (Az. 5 C 35/12). In der alleinigen Bezugnahme auf den Anspruch aus § 90 Abs. 3 SGB VIII liege zugleich ein Verstoß gegen Art. 3 GG.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 21. Januar 2015 insoweit aufzuheben als seine Klage abgewiesen wurde und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Selbstbeschaffung eines Kinderbetreuungsplatzes in den Monaten April bis August 2014 einen Betrag in Höhe von 3.771,85 Euro zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Anspruch sei zum einen bereits durch das bedarfsdeckende Angebot im C.- B. 128 erfüllt. Ein darüber hinausgehender Bedarf werde bestritten. Dieser bestimme sich nach dem individuellen Bedarf des Kindes und nicht durch den der Erziehungsberechtigten. Der Regelförderbedarf liege bei 20 Stunden pro Woche bzw. einem Halbtagesplatz. Zum anderen habe der Kläger seit dem 1. April 2014 einen Platz in einer privaten Krippe im Wege der Selbstbeschaffung erhalten. Genau diesen Platz hätte auch die Beklagte ihm im Rahmen des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII vermitteln können, wenn er nicht bereits von ihm belegt gewesen wäre. Ein Bereitstellen durch aktives Handeln sehe das Gesetz nicht vor. Auf den Rechtsgedanken des § 267 BGB werde verwiesen. Hilfsweise werde angemerkt, dass ein Tun im Sinne des § 194 BGB auch in der geschuldeten frühen Förderung selbst gesehen werden könnte.

Im Übrigen seien zu jeder Zeit Übergangsplätze vorhandenen gewesen oder hätten bereitgestellt werden können, wenn diese nachgefragt worden wären. Im Falle des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO hätte die Beklagte dem Kläger jederzeit sofort einen geeigneten Platz angeboten. Sie benennt beispielhaft einige in angemessener Zeit erreichbare Platzfreimeldungen sowie freie Plätze, die an den Kläger vermittelt oder von diesem hätten in Anspruch genommen werden können. Sie betont erneut ihre Auffassung der Gleichwertigkeit von Tagespflege und Einrichtung und verweist auf die Grenzen des Wunsch- und Wahlrechts im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten, das bei ihr bestehende Konzept von Anmeldung und Geltendmachung des Rechtsanspruchs sowie auf die bei ihr vorliegende Trägervielfalt.

Des Weiteren sei sie über den Bedarf nicht rechtzeitig in Kenntnis gesetzt worden, jedenfalls sei die Frist des Art. 45a AGSG noch nicht abgelaufen gewesen. Auch der gewöhnliche Aufenthalt des Klägers habe seinerzeit noch nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich gelegen. Ebenso wenig seien die tatbestandlichen Voraussetzungen analog § 36a Abs. 3 SGB VIII gegeben. Selbst wenn man jedoch das Vorliegen der Voraussetzungen des § 36a Abs. 3 SGB VIII analog unterstellen wolle, ergäbe sich auf der Rechtsfolgenseite kein Aufwendungsersatz, da eine kostenlose oder kostengünstigere Zurverfügungstellung von Betreuungsplätzen nach bayerischem Landesrecht nicht geschuldet sei. Auch eine einschränkende Auslegung des § 24 SGB VIII dahingehend, dass nur Betreuungsplätze mit zumutbaren Elternbeiträgen erfüllungsgeeignet seien, sei unzulässig, weil der Bundesgesetzgeber mit § 90 Abs. 3, 4 SGB VIII in Fällen einer individuell unzumutbaren Belastung bereits eine (volle oder teilweise) Übernahme des Beitrags vorgesehen habe. Sollte es nach dem Willen des Landesgesetzgebers tatsächlich eine Deckelung von Elternbeiträgen auf das 1,5-fache der staatlichen Förderung entsprechend den Auslegungshinweisen geben, wäre eine solche für den Bereich der Kindertagesbetreuung im Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz zu verankern. Eine Verwaltungspraxis zur Leistung von einkommensunabhängigem Kostenersatz in vergleichbaren Fällen gebe es nicht. Die Beklagte könnte ihre derzeitige Gebühr im Krippenbereich von 370,00 € für einen 8-Stunden-Platz gem. Art. 8 Abs. 2 KAG bis zur Deckung der tatsächlichen Kosten um rund 663,00 € auf 1033,00 € erhöhen. Eine unterschiedliche Elternbeitragsbelastung sei angesichts der uneinheitlichen Finanzierungssysteme nach der geltenden Bundessowie ergänzenden bayerischen Landesgesetzgebung unvermeidlich. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege nicht vor.

Bestritten werde, dass der Vater zur Betreuung im Hinblick auf das Bringen und Holen des Klägers umfassend verhindert sein solle; auch sei die Frage der Zugriffsmöglichkeit auf einen Pkw durch Vater oder Mutter bzw. des Carsharings nicht hinreichend geklärt. Hinsichtlich der zumutbaren Entfernung zwischen Wohnung und Tagesstätte werde auf den öffentlichen Personennahverkehr verwiesen, aber auch auf die Zumutbarkeit, sich einen Pkw zu verschaffen. Die Eltern des Klägers hätten nicht mitgeteilt, dass sie auf den öffentlichen Personennahverkehr angewiesen seien. Die Wegstreckenentfernung sei zulässig mittels Routenplaner zu ermitteln. Bestritten werde zudem die Erforderlichkeit der von der gewählten Einrichtung angebotenen „überobligatorischen Zusatzleistungen“, die zur Erfüllung der gesetzlich bestimmten Förderziele nicht notwendig seien.

Die Klägerbevollmächtigte hält dem entgegen, dass der Vater des Klägers im Außendienst tätig sei und sich unter der Woche nicht in M. aufhalte. Der Mutter habe weder zurzeit der Praxisgründung noch im streitbefangenen Zeitraum ein Pkw zur Verfügung gestanden. Es sei dem Kläger ab dem 1. Juli 2014 auch lediglich ein Betreuungsplatz in Aussicht gestellt worden. Die angedachte Einrichtung habe erst im August 2014 öffnen sollen.

Die Landesanwaltschaft Bayern ist dem Verfahren als Vertreterin des öffentlichen Interesses beigetreten. Sie teile nicht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, nach der die Anknüpfung an die Leistungspflicht des Jugendhilfeträgers zur Folge habe, dass dieser im Fall des Bestehens eines Anspruchs analog § 36a Abs. 3 SGB VIII nur das zahlen müsse, was er bei rechtzeitiger Leistung hätte zahlen müssen und ausschließlich § 90 Abs. 3 SGB VIII die Zumutbarkeitsgrenze hinsichtlich der finanziellen Belastbarkeit definiere. Die Höhe des Anspruchs sei beschränkt durch den Vorbehalt der Erforderlichkeit, so dass zumutbare Möglichkeiten der Kostenbegrenzung im Rahmen der Selbstbeschaffung zu nutzen seien. Der Anspruchsinhaber solle nicht besser gestellt werden als derjenige, dessen Leistungsbegehren rechtzeitig erfüllt worden sei. § 90 Abs. 3 SGB VIII sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf die Fälle der Selbstbeschaffung von Kinderbetreuungsplätzen nicht zugeschnitten und auch Art. 20 Satz 1 Ziff. 3 BayKiBiG greife nicht unmittelbar ein, weil die Vorschriften nur die Fördervoraussetzungen im Verhältnis Freistaat Bayern zum Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Bereich der Kindertagespflege regle. Aus dieser Vorschrift lasse sich jedoch ableiten, dass - soweit nicht § 90 Abs. 3 SGB VIII unmittelbar greife - Eltern zumindest das 1,5-fache des staatlichen Förderanteils zumutbar sei. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift überschreite nicht die Kompetenzen des Landesgesetzgebers, da die Regelungen des BayKiBiG keine konkurrierenden Regelungen darstellten, sondern den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz unterstützten und ergänzten, indem ein Sicherungsauftrag normiert, eine gesetzliche Grundförderung sichergestellt und eine qualitative Grundlage geschaffen werde. Mangels weiterer Regelung sei die finanzielle Zumutbarkeitsschwelle darüber hinaus individuell zu bestimmen. Die Beiträge, die sich Eltern anrechnen lassen müssten, seien unter Berücksichtigung der konkreten Einkommenssituation und der Höhe der Elternbeiträge der zumutbaren Kindertageseinrichtung festzustellen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Gerichts- und Behördenakten, den in der Form eines Beschlusses ergangenen Vergleichsvorschlag des Senats vom 19. November 2015 sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21. Juli 2016 Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.

Die Berufung ist zulässig. Dem Kläger ist wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Die Frist für die Begründung des Rechtsmittels lief am 20. Mai 2015 ab, der Berufungsbegründungsschriftsatz ging jedoch erst am 22. Mai 2015 beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof ein. Allerdings ist dem Briefumschlag zu entnehmen, dass die Aufgabe zur Post bereits am 17. Mai 2015 (Datum des Poststempels), mithin 3 Tage vor Fristablauf erfolgte, so dass dem Kläger bereits von Amts wegen Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zu gewähren ist, weil offen zu Tage liegende Umstände - der Poststempel auf dem die Berufungsbegründung enthaltenden Umschlag - die Fristversäumung als unverschuldet erkennen lassen (vgl. BVerwG, B. v. 27.3.2000 - 3 B 41/00 -, NJW 2000, 1967; Czybulka, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 60 Rn. 129 f., 63).

B.

Die Berufung ist auch überwiegend begründet. Dem Kläger steht ein Aufwendungsersatzanspruch analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für die Monate April, Mai und Juni 2014 zu, weil die Beklagte dem Rechtsanspruch der Klägers aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erst mit Schreiben vom 1. Juli 2014 in einer Übergangsgruppe, nicht aber wie gewünscht ab dem 1. April 2014 entsprechen konnte. Insoweit ist über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch erneut entsprechend der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO analog). Im Übrigen (für die Monate Juli und August 2014) war die Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.

I.

1.) Die örtlich (§ 86 SGB VIII) und sachlich (§ 85 Abs. 1 SGB VIII) zuständigen Träger der Jugendhilfe, im Freistaat Bayern die Landkreise und kreisfreien Städte (vgl. § 69 Abs. 1 SGB VIII i. V. m. Art. 15 Abs. 1 AGSG), haben im Rahmen ihrer Gewährleistungsverantwortung (§ 79 Abs. 2 SGB VIII i. V. m. § 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB I) sicherzustellen, dass für jedes Kind, das einen Rechtsanspruch (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) besitzt und für das ein entsprechender Bedarf gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG an die dort genannten Stellen herangetragen wird, auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung steht (vgl. Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 13; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 20). Insoweit besteht eine unbedingte Gewährleistungspflicht (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839 f.; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 12 f.; Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 40 m. w. N.), die der Sache nach auf die Bereitstellung oder Verschaffung eines entsprechenden Platzes in einer Tageseinrichtung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) oder in Kindertagespflege (§ 22 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 23 SGB VIII) gerichtet ist (vgl. Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 20; siehe auch BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [450 f.] Rn. 24). Die ausschließlich objektivrechtliche Verpflichtung der Gemeinden aus Art. 5 Abs. 1 des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes - BayKiBiG (vgl. hierzu Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, Rn. 20; Bauer/Hundmeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, Art. 5 Anm. 3; Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Art. 5 Anm. 1.1 u. 3), im eigenen Wirkungskreis und in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, dass die nach der Bedarfsplanung (vgl. hierzu Art. 7 BayKiBiG) notwendigen Plätze in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege rechtzeitig zur Verfügung stehen, lässt die Gewährleistungsverantwortung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe unberührt (vgl. Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 7 Satz 3 BayKiBiG).

a) Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat dem anspruchsberechtigten Kind (und nicht den sorgeberechtigten Eltern, vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 -5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1260] Rn. 47) deshalb entweder einen Platz in einer eigenen Kindertageseinrichtung zuzuweisen (zu verschaffen) oder in einer Einrichtung eines anderen (freien) Trägers bzw. einer kreisangehörigen Gemeinde oder in Kindertagespflege bei einem Tagesvater oder einer Tagesmutter nachzuweisen (bereitzustellen), der/die bereit ist, das Kind aufzunehmen (vgl. Lakies in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 12, 67; Rixen, NJW 2012, 2839 [2840]; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 20; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 20; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 20; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387]; Wiesner, ZKJ 2014, 458), sofern ein entsprechender Bedarf gemäß den Voraussetzungen des § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG rechtzeitig geltend gemacht wird (vgl. BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [451] Rn. 25). Nach diesen Vorschriften setzt die Zuweisung eines Betreuungsplatzes gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung grundsätzlich voraus, dass die Erziehungsberechtigten die Gemeinde und bei einer gewünschten Betreuung durch eine Tagespflegeperson den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens drei Monate vor der geplanten Inanspruchnahme in Kenntnis setzen (vgl. näher LT-Drucks. 16/16443, S. 12). Im Zeitraum vom 16. Juli 2013 bis einschließlich 15. August 2013 galt Art. 45 a AGSG mit der Maßgabe, dass die Frist zwei Wochen, im Zeitraum ab dem 16. August 2013 bis 2015, einschließlich 16. Oktober 2013 mit der Maßgabe, dass die Frist vier Wochen betrug (vgl. Art. 118 Abs. 2 AGSG a. F.).

b) Der Anspruch kann bei allen Einrichtungen der Gemeinde bzw. des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe, namentlich in den kommunalen Kinderkrippen selbst, geltend gemacht werden, da sich § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45 AGSG nicht entnehmen lässt, dass der Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII bei einer bestimmten Stelle innerhalb der Gemeinde bzw. des örtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe zu erheben wäre. Voraussetzung ist lediglich, dass der Wille des Anspruchstellers bzw. seiner Eltern, nicht nur den einrichtungsbezogenen Anspruch aus Art. 21 Abs. 1 BayGO, sondern den Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII geltend zu machen, hinreichend deutlich hervortritt. Denn nur in diesen Fällen kann (und muss) die Gemeinde bzw. der örtlich zuständige Jugendhilfeträger nach Weiterleitung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I erkennen, dass sich der Bedarf des Anspruchsberechtigten nicht lediglich auf die konkret angefragten Einrichtungen beschränkt und im Hinblick auf den durch § 24 Abs. 2 SGB VIII gewährten Rechtsanspruch bislang unerfüllt geblieben ist (vgl. hierzu näher BayVGH, B. v. 17.11.2015 -12 ZB 15.1703 -, NJW 2016, 1460 [1461] Rn. 26). Macht der nach § 24 Abs. 2 SGB VIII Anspruchsberechtigte zunächst nur den einrichtungsbezogenen Anspruch aus Art. 21 Abs. 1 BayGO in einer oder mehreren bestimmten Kinderkrippen geltend und erhält er insoweit Absagen, so muss er deshalb entweder im Rahmen der Rückmeldung zur Aufrechterhaltung seiner Vormerkung oder aber durch Anmeldung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII innerhalb des durch § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG vorgesehenen Verfahrens selbst kundtun, dass sein Bedarf weiterhin fortbesteht, sich mithin auch auf entsprechende Plätze bei freien und privaten Trägern erstreckt, um das Anspruchssystem des § 24 Abs. 2 SGB VIII zu aktivieren (vgl. hierzu näher BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1703 -, NJW 2016, 1460 [1462] Rn. 32).

c) Hinsichtlich der Modalitäten der Anmeldung macht Art. 45a AGSG bewusst keine Vorgaben, um nicht in bereits vorhandene und bewährte Anmeldeverfahren einzugreifen (vgl. LT-Drucks. 16/16443, S. 12). Die Gemeinden bzw. örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben jedoch die Möglichkeit, das Anmeldeverfahren durch Satzungsrecht näher auszugestalten (vgl. LT-Drucks. 16/16443, S. 12). Geschieht dies nicht, so bietet Art. 45a AGSG keine Handhabe, über das Kriterium des Herantragens des Bedarfs im Wege eines bloßen „In-Kenntnis-Setzens“ hinaus weitere Anforderungen an den Beginn des Laufs der Anmeldefrist zu stellen. Fehlen der Gemeinde bzw. dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII noch weitere Informationen, so tritt allein dadurch eine Hemmung oder gar Unterbrechung des Laufs der Anmeldefrist nicht ein. Vielmehr muss die Gemeinde bzw. der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die großzügig bemessene Frist des Art. 45a AGSG nutzen, um sich die noch fehlenden Informationen unter Mitwirkung des Antragstellers (vgl. §§ 60 ff. SGB I) zu beschaffen. Ungeachtet dessen dürfen Sozialleistungen wegen fehlender Mitwirkung auch nur versagt werden, nachdem der Leistungsberechtigte oder sein gesetzlicher Vertreter auf diese Folge schriftlich hingewiesen worden und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten angemessenen Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I).

d) Hat der Leistungsberechtigte seinen Bedarf den Anforderungen des Art. 45a AGSG entsprechend an die dort genannten Adressaten herangetragen, so trifft den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe unter den Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 SGB VIII eine unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung, die unabhängig von der jeweiligen finanziellen Situation der Kommunen zur Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots und damit - sofern entsprechende Betreuungsplätze fehlen - zu einer Kapazitätserweiterung zwingt; dem Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII kann der Einwand der Kapazitätserschöpfung nicht entgegengehalten werden (vgl. BVerfG, U. v. 21.7.2015 - 1 BvF 2/13 -, NJW 2015, 2399 [2401] Rn. 43; siehe auch Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 40; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387] jeweils m. w. N.).

e) Der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erschöpft sich nicht in einem wie auch immer gearteten „Versorgtsein mit einem Betreuungsplatz“; er erfordert auf der Grundlage der aus § 79 Abs. 2 SGB VIII folgenden Gewährleistungsverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe die Verschaffung bzw. Bereitstellung eines entsprechenden Platzes durch aktives Handeln (Vermitteln) des örtlich zuständigen Trägers (vgl. näher Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 20; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 12, 67; Rixen, NJW 2012, 2839 [2840]; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 20; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387]; Wiesner, ZKJ 2014, 458; siehe auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [450] Rn. 21). Zu Recht bezieht die Beklagte deshalb auch Personen, die sich zum Zeitpunkt des Herantragens des Bedarfs bzw. des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII am 1. August 2013 bereits im Besitz eines zum damaligen Zeitpunkt (notgedrungen) außerhalb des staatlichen Anspruchssystems der Jugendhilfe selbst beschafften, naturgemäß teureren privaten Betreuungsplatzes befanden, in ihre Vermittlungsbemühungen ein. § 24 Abs. 2 SGB VIII begründet einen Verschaffungsanspruch (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1257] Rn. 14 u. 17), nicht lediglich einen Selbstbeschaffungsanspruch. Letzteres ist in einer freien Gesellschaft selbstverständlich und bedürfte keiner gesetzlichen Regelung. Die Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen „auf dem freien Markt“ bleibt jedem Leistungsberechtigten unbenommen (vgl. statt aller Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 40). Sie erfolgt ausschließlich im Bereich und mit den Mitteln des bürgerlichen Rechts (vgl. Wiesner, ZKJ 2014, 458 [463]).

Dementsprechend stellt sich die Selbstbeschaffung eines Betreuungsplatzes im Vergleich zur Erlangung eines solchen Platzes im Wege des Verschaffungsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auch (lediglich) als ein aliud dar (verkannt von VG Darmstadt, U. v. 9.11.2015 - 5 K 1331/14. DA - juris, Rn. 29). Allein der Umstand, dass der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auch durch den Nachweis eines Platzes bei einem freien oder privaten Träger erfüllt werden kann, bewirkt keine wie auch immer geartete öffentlichrechtliche Überformung dieses Betreuungsangebots. Die freien und privaten Träger gestalten ihr Rechtsverhältnis zum Bürger autonom und agieren dabei ausschließlich im Bereich des bürgerlichen Rechts (vgl. Wiesner, ZKJ 2014, 458 [463]). Weder das Achte Buch Sozialgesetzbuch noch das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz verleihen freien oder privaten Trägern hoheitliche Befugnisse. Eine wie auch immer geartete „Beauftragung“ liegt nicht vor (vgl. BayVGH, U. v. 23.10.2013 - 12 BV 13.650 -, BayVBl. 2014, 309 Rn. 18). Wer -wie die freien und privaten Träger - in Erfüllung einer eigenen (vertraglichen) Verbindlichkeit leistet, ist auch nicht Dritter im Sinne des § 267 BGB (vgl. Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 267 Rn. 2). Die freien bzw. privaten Träger erbringen deshalb auch keine Leistung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen des § 24 Abs. 2 SGB VIII, sondern eine eigene.

Demzufolge kann die (Selbst-)Beschaffung eines Betreuungsplatzes durch die Eltern eines anspruchsberechtigten Kindes auch keine Erfüllung des Verschaffungsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII bewirken. Erfüllung tritt stets nur dann ein, wenn die geschuldete Leistung - die Verschaffung eines Platzes auf der Grundlage von § 24 Abs. 2 SGB VIII - bewirkt wird (vgl. Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 362 Rn. 3; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 362 Rn. 3). Tritt der Erfolg ohne eine Leistung des Schuldners (Träger der öffentlichen Jugendhilfe) ein, etwa dadurch, dass die Eltern eine Selbst- oder Ersatzbeschaffung bei einem freien oder privaten Träger vornehmen, so erlischt die gesetzliche Verpflichtung aus § 24 Abs. 2 SGB VIII hierdurch nicht (vgl. Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 362 Rn. 2 m. w. N.). In einem solchen Fall wird vielmehr eine andere als die geschuldete Leistung erbracht. Eine Erfüllungswirkung tritt dadurch nicht ein (vgl. Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 362 Rn. 3; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 362 Rn. 3). Ersatzbzw. Selbstbeschaffung einerseits und Verschaffungsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII andererseits mögen letztlich auf dasselbe Interesse - die Erlangung eines Betreuungsplatzes - gerichtet sein; sie sind aber gleichwohl nicht identisch. Die Selbstbeschaffung lässt den Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII vielmehr unberührt. Infolgedessen kann das Innehaben eines selbst beschafften Betreuungsplatzes den Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht erfüllen. Dieser Primäranspruch wandelt sich vielmehr unter den Voraussetzungen analog § 36a Abs. 3 SGB VIII in einen Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz um.

Wer die Leistungsverwaltung durch Auslagerung von Aufgaben der Daseinsvorsorge in den privaten Sektor mehr und mehr zur bloßen Gewährleistungsverwaltung herabstuft, darf sich nicht wundern, wenn die kraft Gesetzes Leistungsberechtigten sich notgedrungen auch außerhalb des staatlichen Anspruchssystems bedienen, ohne dass dadurch eine Erfüllungswirkung zugunsten der Anspruchsverpflichteten (Träger der öffentlichen Jugendhilfe) eintritt. Das Handeln der Eltern lässt folglich die Gewährleistungsverantwortung des Jugendamtes unberührt.

f) Nach zutreffender Ansicht handelt es sich bei dem Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII um einen echten Alternativanspruch („Tageseinrichtung oder Kindertagespflege“), der von keinen weiteren Voraussetzungen als dem Erreichen des in der Vorschrift genannten Alters abhängt (vgl. Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; VG Köln, B. v. 18.7.2013 - 19 L 877/13 -, JAmt 2013, 412 [413]; U. v. 9.5.2014 - 19 K 3602/13 - juris, Rn. 17 ff.; a.A. OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13 -, NJW 2013, 3803 [3804 f.]; VGH BW, B. v. 29.11.2013 - 12 S 2175/13 -, JAmt 2014, 40 [41]; HessVGH, B. v. 4.2.2014 - 10 B 1973/13 -, NJW 2014, 1753 [1754] Rn. 8 allerdings jeweils unter Missachtung des bereits im Gesetzeswortlaut [„Tageseinrichtung oder Kindertagespflege“] mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommenden Willens des (Bundes-) Gesetzgebers, eine Betreuung entsprechend dem Elternwillen alternativ entweder in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu eröffnen, vgl. BT-Drs. 16/9299, S. 15:

„Dieser Rechtsanspruch wird entsprechend den Wünschen bzw. Bedürfnissen des Kindes und der Eltern sowohl in Tageseinrichtungen ... als auch in Kindertagespflege ... erfüllt.“

und BT-Drucks. 16/9299, S. 2:

„Eltern und Kinder benötigen aufgrund ihrer unterschiedlichen Lebenssituationen und Bedürfnisse Betreuungsangebote in großer Vielfalt. Dies kann nicht allein durch die Bereitstellung neuer Plätze in Tageseinrichtungen sichergestellt werden. Es geht um die Vielfalt der Angebote in Kinderkrippen, in altersgemischten Gruppen und in der Kindertagespflege.“

sowie BT-Drucks. 16/9299, S. 10:

„Nur durch eine vielfältige Betreuungslandschaft kann das Wahlrecht der Eltern vollständig realisiert werden.“;

siehe insoweit auch die Äußerung der damaligen, im Gesetzgebungsverfahren zuständigen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von der Leyen in der 2. Lesung des Bundestages, BT-Plenarprotokoll 16/180, S. 19236 (D):

„... Wir werden den Eltern nicht vorschreiben, wo und wie sie ihre Kinder betreuen und fördern. Sie sollen selbst organisieren, wie sie ihren Alltag mit Kindern leben, ob zu Hause, in einer altersgemischten Gruppe, einer Krippe oder der Kindertagespflege, ob wohnortnah oder betriebsnah. Wie immer sie ihren Alltag organisieren wollen, das liegt alleine im Ermessen der Eltern.“).

Letzteres bedeutet, dass die Eltern als Vertreter des allein anspruchsberechtigten Kindes vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht auf die Inanspruchnahme einer Tagesmutter oder eines Tagesvaters verwiesen werden können, wenn Plätze in einer Tageseinrichtung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen und umgekehrt (vgl. Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; Schwarz/Lammert, ZKJ 2014, 360 [362; 364] - „Wahlschuld mit Wahlrecht der Eltern“; Schewe, NZFam 2015, 740; VG Köln, B. v. 18.7.2013 - 19 L 877/13 -, JAmt 2013, 412 [413]; U. v. 9.5.2014 - 19 K 3602/13 - juris, Rn. 17 ff.; a.A. Wiesner/Grube/Kössler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 29; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [389]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 266, 267; Wiesner, ZKJ 2014, 458; Dunkl/Rath, BayVBl. 2016, 438 [439 f.]; OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13 -, NJW 2013, 3803 [3804 f.]; VGH BW, B. v. 29.11.2013 - 12 S 2175/13 -, JAmt 2014, 40 [41]; HessVGH, B. v. 4.2.2014 - 10 B 1973/13 -, NJW 2014, 1753 [1754] Rn. 8).

Beide Alternativen stehen vielmehr gleichrangig - wenn auch nicht gleichwertig (vgl. zum „professionellen Gefälle“ zwischen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 22 Rn. 24; Schwarz/Lammert, ZKJ 2014, 360 [362f.] - „lediglich fingierte Gleichrangigkeit“) -nebeneinander (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 22). Gewährt der Staat - wie in § 24 Abs. 2 SGB VIII geschehen -soziale Leistungen, so besteht damit zugleich auch ein aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitendes, derivatives Teilhabe- und Leistungsrecht auf gleichheitsgerechte Entscheidung über die Leistungsgewährung (vgl. statt aller Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 53 m. w. N.). Dem Träger der Jugendhilfe kommt es infolgedessen nicht zu, das anspruchsberechtigte Kind entgegen dem Elternwillen gleichheitswidrig von der gewünschten Begünstigung - Tageseinrichtung statt Kindertagespflege - auszuschließen (im Ergebnis ebenso Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; Schwarz/Lammert, ZKJ 2014, 360 [362; 364]; Schewe, NZFam 2015, 740; a.A. unter unzutreffendem Hinweis auf den Gesichtspunkt der Gleichrangigkeit beider Betreuungsformen Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [389] u. NJW 2014, 1216 [1217]).

Der Gesichtspunkt der Gleichrangigkeit besagt lediglich, dass der Rechtsanspruch des Kindes - nach Wahl der Eltern - entweder in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege erfüllt werden kann; er legitimiert kein im Gesetz nicht vorgesehenes Zuweisungsrecht des Jugendhilfeträgers entgegen dem Elternwillen. Nach den Wünschen der Eltern und den Bedürfnissen des Kindes (vgl. BT-Drucks. 16/9299, S. 15), nicht aber nach den Vorstellungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hat sich die Erfüllung des Rechtsanspruchs zu richten. Ungeachtet dessen ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Erziehungsprimats der Eltern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1 Abs. 2 SGB VIII) auch nicht ersichtlich, weshalb der Staat besser als die Erziehungsberechtigten selbst wissen sollte, was gut oder besser für das Kind ist und was nicht. Dies schließt zugleich auch eine wie auch immer geartete Ersetzungsbefugnis des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe aus. Kann der jugendhilferechtliche Bedarf im Einzelfall durch mehrere Hilfearten (Tageseinrichtung oder Kindertagespflege) gedeckt werden, so umfasst das Wunsch- und Wahlrecht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (ausnahmsweise) auch die Art der Hilfe (vgl. statt aller Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 5 Rn. 11). Das Recht, zwischen einer Leistungsgewährung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu wählen, steht daher entgegen der Auslegungsregel des § 262 BGB, nach der das Wahlrecht zwischen mehreren alternativ geschuldeten Leistungen lediglich im Zweifel dem Schuldner zukommt, nach dem Willen des Gesetzgebers allein den Eltern zu (vgl. hierzu auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [451 f.] Rn. 27 -33). Dies gilt auch im Fall von Kapazitätsengpässen (verkannt von OVG NRW, U. v. 20.04.2016 - 12 A 1262/14 - juris, Rn. 79). § 24 Abs. 2 SGB VIII begründet einen einklagbaren Leistungsanspruch, der nicht unter Kapazitätsvorbehalt gestellt ist (so ausdrücklich BVerfG, U. v. 21.7.2015 - 1 BvF 2/13 -, NJW 2015, 2399 [2401] Rn. 43).

Die Systematik des Gesetzes (§ 24 Abs. 3 SGB VIII) steht dem schon deshalb nicht entgegen, weil der Gesetzgeber den Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) gänzlich anders ausgestaltet hat als den Rechtsanspruch auf Besuch einer Tageseinrichtung für Kinder über drei Jahren bis zum Schuleintritt (§ 24 Abs. 3 SGB VIII). Während § 24 Abs. 2 SGB VIII den Eltern ein Wahlrecht zwischen den Betreuungsformen der Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege eröffnet, gewährt § 24 Abs. 3 SGB VIII für über dreijährige Kinder „lediglich“ einen Rechtsanspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung und nur für den Fall eines besonderen Bedarfs bzw. ergänzend auch eine Förderung in Kindertagespflege (vgl. § 24 Abs. 3 Satz 3 SGB VIII). Die Vorschrift des § 24 Abs. 3 SGB VIII gibt daher für die Auslegung des § 24 Abs. 2 SGB VIII entgegen der Ansicht von Dunkl/Rath (vgl. BayVBl. 2016, 438 [439 f.]) nichts her. § 24 Abs. 2 SGB VIII und § 24 Abs. 3 SGB VIII betreffen unterschiedliche Sachverhalte, Personengruppen und Regelungsadressaten, weshalb Schlussfolgerungen aus der einen für die andere Vorschrift nicht gezogen werden können und dürfen.

Die „Ministerialbürokratie“ in Bund und Ländern mag mit der Formulierung „in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege“ in § 24 Abs. 2 SGB VIII durchaus die (rechtsirrige) Vorstellung verbunden haben, sie könne die Zuweisung von Betreuungsplätzen im Verwaltungsvollzug entsprechend eigenem Gutdünken nach Kapazitätsgesichtspunkten steuern (so offenbar auch Dunkl/Rath, BayVBl. 2016, 438 [440]). Indes sind diese Vorstellungen, wie sich den Gesetzgebungsmaterialien mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen lässt, nicht Gesetz geworden. Sie wären darüber hinaus auch mit höherrangigem Recht (Art. 3 Abs. 1 GG) unvereinbar, denn nach welchen Auswahlkriterien und in welchem Auswahlverfahren sollte ohne konkrete Vorgaben des Gesetzgebers entschieden werden, welches Kind im Falle eines Kapazitätsengpasses einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung erhält und welches sich entgegen dem Elternwillen mit einem solchen bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater begnügen muss und umgekehrt. Es bestanden daher entgegen Dunkl/Rath (vgl. BayVBl. 2016, 438 [440]) sehr wohl sachliche Gründe seitens des Gesetzgebers, die Wahl zwischen einem Platz in einer Tageseinrichtung oder in Tagespflege nicht dem Jugendhilfeträger, sondern den Eltern zu überlassen.

g) Aufgrund der Verweisung in § 24 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII auf § 24 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII richtet sich der Umfang der täglichen Förderung nach dem konkretindividuellen Bedarf des anspruchsberechtigten Kindes und seiner personensorgeberechtigten Eltern. Dieser kann nach Art und Dauer differieren und von einer Vormittags- oder Nachmittagsbis hin zu einer Ganztagsbetreuung reichen. Bedarfsgerecht ist ein Angebot nur dann, wenn es geeignet ist, die Nachfrage tatsächlich zu befriedigen. Bei einer Vormittags- oder Nachmittagsbetreuung muss die Betreuungsdauer in der Einrichtung oder in Tagespflege unter Berücksichtigung der Arbeits-, An- und Abfahrtszeiten der Eltern jeweils mindestens 6 Stunden, bei einer Ganztagsbetreuung mindestens 8 bis 9 Stunden und bei langen An- und Abfahrtszeiten auch bis zu 10 Stunden betragen (vgl. Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67 u. 45; Rixen, NJW 2012, 2839 [2840]). Die Erziehungsberechtigten können, da der Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII - anders als der aus Absatz 1 - nicht von der Erfüllung von Bedarfskriterien abhängig ist, auch dann eine Halb- oder Ganztagsbetreuung für ihr Kind in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege in Anspruch nehmen, wenn sie überhaupt nicht oder nur zum Teil erwerbstätig sind, im Rahmen der Ausübung des Wunschund Wahlrechts des Kindes (§ 5 SGB VIII) aber gleichwohl professioneller Betreuung den Vorzug geben wollen (vgl. BT-Drucks. 16/9299, S. 15: „Dieser Rechtsanspruch wird entsprechend den Wünschen bzw. Bedürfnissen des Kindes und der Eltern .... erfüllt“). Eine Differenzierung zwischen einem „infrastrukturellen Regelangebot (Grundanspruch)“ und einer „einzelfallindizierten Erweiterung dieses Regelangebots“ (hierfür namentlich Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3, 2013, Rn. 45, 129 ff. u. 138 ff.) findet in § 24 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 24 Abs. 1 Satz 3 SGB VIII keine Stütze (zu Recht ablehnend Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, S.10; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 27 m. w. N.). Maßgeblich ist infolgedessen stets der durch die Erziehungsberechtigten definierte individuelle Bedarf, begrenzt allein durch das Wohl des zu betreuenden Kindes (insoweit zutreffend Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3, 2013, Rn. 196 ff.). Der Anspruch des Kindes aus § 24 Abs. 2 SGB VIII ist an keinerlei Bedingungen geknüpft und hat - abgesehen von der Vollendung des ersten Lebensjahres - keine weiteren Voraussetzungen (so zutreffend Schewe, NZFam 2015, 697 699).

h) Angemessen Rechnung getragen wird dem Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege regelmäßig nur dann, wenn diese entsprechend dem das Jugendhilferecht beherrschenden Prinzip der Wohnortnähe (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) vom Wohnsitz des Kindes aus in vertretbarer Zeit erreicht werden können (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 29 f.; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 69 u. 21; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 38 ff.; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 18; siehe auch BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [452] Rn. 34 f.).

In der Regel ist von der am nächsten gelegenen Einrichtung am Wohnort des Kindes auszugehen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 22.12.2008 - 4 ME 326/08 -, NVwZ-RR 2009, 425 [426]; VG Göttingen, B. v. 21.8.1998 - 2 B 2297/98 -, NVwZ-RR 1999, 130). Wünschenswert ist eine fußläufige Erreichbarkeit (vgl. OVG Frankfurt/Oder, B. v. 30.12.1996 - 4 B 175/96 -, NVwZ-RR 1997, 555 [558]), allerdings ist es den Kindern und damit auch ihren Eltern regelmäßig zumutbar, für den Weg zur Kindertageseinrichtung öffentliche Verkehrsmittel bzw. ihren (bereits vorhandenen) privaten PKW zu benutzen (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 30; siehe auch VG Halle, B. v. 27.9.2010 -7 B 238/10 - juris, Rn. 8. u. 9). Eine Obliegenheit oder gar rechtliche Verpflichtung, sich im Wege des Car-Sharing einen PKW erst zu beschaffen bzw. einen Mietwagen zu benutzen, um auch weiter entfernt liegende Einrichtungen noch zeitgerecht erreichen zu können, besteht indes nicht.

In der Rechtsprechung wurde ein kombinierter Fuß- und Busweg von 30 Minuten für eine Wegstrecke als nicht mehr zumutbar angesehen (vgl. VG Schleswig, B. v. 12.1.2000 - 15 B 62/99 -, ZfJ 2000, 193). Nach engerer Auffassung soll die Grenze bereits bei 20 Minuten zu ziehen sein (so OVG Saarlouis, B. v. 16.12.1997 - 8 W 6/97 -, NVwZ-RR 1998, 435 [436]). Welche Entfernung zwischen Wohnort und Tagesstätte noch zumutbar ist, lässt sich indes nicht abstraktgenerell festlegen (vgl. VG Hannover, B. v. 26.11.2002 - 7 B 5435/02 - juris, Rn. 15; OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13 -, NJW 2013, 3803 [3805]). Vielmehr ist einerseits die Zumutbarkeit für das Kind selbst und andererseits auch der Zeitaufwand für den begleitenden Elternteil zu berücksichtigen (vgl. Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 69 u. 21; Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 30; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3, Rn. 306 ff.). Einzubeziehen sind dabei auch die Entfernung zur Arbeitsstätte und der damit verbundene gesamte zeitliche Aufwand für die Eltern (vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 40) bzw. den nach Absprache (§ 1627 BGB) primär betreuenden Elternteil (vgl. hierzu näher Peschel-Gutzeit, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 1627 Rn. 5, 6 u. 7). Letztlich maßgeblich ist damit eine konkretindividuelle Betrachtung im Einzelfall (vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 39).

2.) Ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe entgegen seiner Gewährleistungsverpflichtung (§ 79 SGB VIII) nicht imstande, entsprechend dem jeweiligen Elternwillen einen angemessenen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zur Verfügung zu stellen mit der Folge, dass der Rechtsanspruch des anspruchsberechtigten Kindes aus § 24 SGB VIII leerläuft, so hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Aufwendungsersatz in Form der Kostenerstattung für einen selbstbeschafften Tagesstättenplatz bzw. für entsprechende Aufwendungen im Rahmen einer privaten Elterninitiative analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu leisten, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 - NJW 2014, 1256 [1257] Rn. 17; OVG RhPf, U. v. 25.10.2012 - 7 A 10671/12 -, JAmt 2012, 603 [604 f.]; Schübel-Pfister, NJW 2014, 1216 ff.; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 42; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 23 ff.). Die Primärverantwortung des Trägers schlägt in eine Sekundärverantwortung um, die darin besteht, nunmehr die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen (vgl. BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 452 Rn. 36).

a) Einer Beachtung des allgemeinen Grundsatzes, dass Primäransprüche gegenüber Sekundäransprüchen vorrangig im Wege der Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz (§ 123 VwGO) geltend zu machen sind, bedarf es im Rahmen der Verwirklichung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII regelmäßig nicht (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 51: „Im Wortlaut des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII. hat das Erfordernis des Eilrechtsschutzes keinen Ausdruck gefunden“). Der Grundsatz der Vorrangigkeit des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes kommt - wenn überhaupt - nur dann zum Tragen, wenn das Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz überhaupt zumutbar ist, mit anderen Worten, Abhilfe durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe tatsächlich erwartet werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 52). Daran fehlt es, wenn dem Rechtsanspruch nur unter Überschreitung des von Art. 45a AGSG vorgegebenen Rahmens und damit unter einer erheblichen zeitlichen Verzögerung, teilweise auch nur mittels ad hoc angebotener Übergangsgruppen Rechnung getragen werden kann und infolgedessen nicht von vornherein absehbar ist, wann der Träger seiner Bereitstellungs- und Nachweisverpflichtung im Einzelnen wird genügen können (BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 52; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 25.10.2012 - 7 A 10671/12 -, JAmt 2012, 603 [605]; BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [452] Rn. 37; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3; Rn. 444). Eine Verpflichtung, ein offensichtlich aussichtsloses Rechtsmittel einzulegen, ist der Rechtsordnung fremd (vgl. Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 36a Rn. 30 a.E.).

b) Der Umfang der nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII vom Träger der Jugendhilfe zu übernehmenden Aufwendungen entspricht in der Regel dem Betrag, der bei rechtzeitiger Gewährung der Hilfe entsprechend den zugrundeliegenden öffentlichrechtlichen Bestimmungen zu tragen gewesen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 1.3.2012 - 5 C 12.11 -, BVerwGE 142, 115 [122] Rn. 22). Können die Anspruchsteller die erforderliche Hilfe zu diesen Konditionen jedoch selbst nicht beschaffen, etwa weil diese durch erhebliche staatliche Förderungen unter dem ansonsten Üblichen gehalten wird, so haben sie Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die sie bei rechtmäßigem Handeln des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe erspart hätten (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 55). Damit bezieht sich der Erstattungsanspruch aus § 36a Abs. 3 SGB VIII grundsätzlich auf die Aufwendungen, die im Rahmen anderweitiger Selbstbeschaffung tatsächlich entstanden sind (vgl. Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, 6. Aufl. 2016, SGB VIII, § 24 Rn. 24; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 475 m. w. N.). In der Höhe orientiert sich der Aufwendungsersatz infolgedessen letztlich an § 670 BGB (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 55). Der Anspruch unterliegt insoweit grundsätzlich weder dem Mehrkostenvorbehalt des § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII noch sind die Anspruchsteller verpflichtet, einen Leistungserbringer zu wählen, mit dem der Träger eine Vereinbarung nach § 78b SGB VIII abgeschlossen hat (vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 36a Rn. 54). Zu erstatten sind damit in der Regel diejenigen Aufwendungen, die der Selbstbeschaffer unter Berücksichtigung der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln nach Lage der Dinge für erforderlich halten durfte (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 477 f.; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, 6. Aufl. 2016, SGB VIII, § 24 Rn. 24; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 44; siehe auch OVG NRW, B. v. 17.3.2014 - 12 B 70/14 - juris, Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [102]). Dies schließt vermeidbare, nicht auf einem zwingenden Leistungskatalog des privaten Anbieters beruhende Luxusaufwendungen aus und aus sachlichen Gründen zu rechtfertigende Mehrausgaben ein. Gegebenenfalls ist eine Deckelung auf das Erforderliche vorzunehmen (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [452] Rn. 38). Den Nachweis einer (behaupteten) Unverhältnismäßigkeit der Aufwendungen hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu führen (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 478 m. w. N.).

Erbringt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die von Gesetzes wegen geschuldete Leistung nicht, so sind die Betroffenen gezwungen, eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Maßnahmen zur angemessenen Lösung der Belastungssituation zu treffen. Dies hat zur Folge, dass die Verwaltungsgerichte nur das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu prüfen haben, sich aber hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbstbeschafften Hilfe auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus exante Sicht der Leistungsberechtigten beschränken müssen (vgl. BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1 [10] Rn. 34; Wiesner, ZKJ 2015, 50 [61]; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 48). Die Höhe der Aufwendungen richtet sich deshalb nach dem auch sonst bei freien bzw. privaten Trägern Üblichen. Abzusetzen sind im Wege des Vorteilsausgleichs etwaige ersparte (fiktive) Kostenbeiträge nach § 90 Abs. 1 SGB VIII (vgl. OVG NRW, B. v. 17.3.2014 - 12 B 70/14 - juris, Rn. 35 m. w. N.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [102]; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 23 a.E.; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 48 m. w. N.), die sich, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine Bestimmung - wie etwa der in der Wunscheinrichtung zu zahlende Betrag - fehlen, im Wege einer typisierenden Betrachtung nach dem jeweiligen Durchschnitt der (gegebenenfalls nach dem Elterneinkommen gestaffelten) Beiträge der kommunalen Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Jugendhilfeträgers richten, allerdings nur dann, wenn den Eltern und dem Kind die Übernahme eines solchen Beitrags überhaupt gemäß § 90 Abs. 3 SGB VIII zuzumuten gewesen wäre (vgl. BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [452 f.] Rn. 39; siehe auch Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 492 ff. m. w. N.). Da es sich um eine rein fiktive Berechnung handelt, sind die Beteiligten jeweils so zu stellen, wie wenn sie in den besagten Einrichtungen tatsächlich Aufnahme gefunden und mögliche Ermäßigungsanträge rechtzeitig gestellt hätten sowie etwaige Ausschlussfristen beachtet worden wären. Der nicht von vorneherein gänzlich unberechtigten Sorge, freie und private Träger könnten ihre Elternbeiträge beliebig erhöhen und die Eltern den Träger der öffentlichen Jugendhilfe auf Ausgleich auch dieser erhöhten Beträge in Anspruch nehmen, ist im Rahmen einer sachgerechten Wahrnehmung der Gewährleistungsverantwortung (§ 79 SGB VIII) zu begegnen. Den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bleibt es in den Grenzen der Verpflichtung zur Vorhaltung eines pluralen Angebots unbenommen, den Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auch ausschließlich mit kommunalen Angeboten zu erfüllen oder durch Abschluss sog. Leistungssicherstellungsvereinbarungen mit freien und privaten Trägern, die naturgemäß zugleich auch eine Defizitübernahme durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe beinhalten, ein im wesentlichen einheitliches Preisniveau herzustellen (vgl. zur Problematik näher Wiesner, ZKJ 2014, 458 [462]; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 13 ff. m. w. N.; siehe auch BayVGH, U. v. 23.10.2013 - 12 BV 13.650 -, BayVBl. 2014, 309 f. Rn. 18, 21 f., 28).

Für eine Begrenzung des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 36a Abs. 3 SGB VIII auf den das 1,5-fache des staatlichen Förderanteils in der Kindertagespflege übersteigenden Betrag analog Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG (in diese Richtung offenbar die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Landesjugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 [Stand 2. Juli 2013], Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]) besteht ohne ausdrückliche (bundes-)gesetzliche Anordnung keine Grundlage (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [453] Rn. 40). Zum einen betrifft Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG nur die Kindertagespflege, nicht aber die Höhe der Elternbeteiligung bei der Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen. Zum anderen ist der bundesrechtlich konturierte Aufwendungsersatzanspruch analog § 36a Abs. 3 SGB VIII einer - zumal lediglich interpretatorischen - Einschränkung bzw. Überformung durch den Landesgesetzgeber bzw. das lediglich für die Umsetzung zuständige Landesministerium nicht zugänglich (vgl. hierzu in ähnlichem Zusammenhang bereits Wiesner, ZKJ 2014, 458 [461 ff.]).

Reine „Praktikabilitätsüberlegungen“ können eine analoge Anwendung von Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG entgegen Dunkl/Rath (vgl. BayVBl. 2016, 438 [441 f.]) ebenfalls nicht rechtfertigen. § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII legt den Umfang des nach einer Selbstbeschaffung zu gewährenden Betrages mittels der Verpflichtung des Jugendhilfeträgers „zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen“ selbst abschließend fest. Für eine richterliche Rechtsfortbildung im Wege der Analogie bleibt insoweit keinerlei Raum, zumal eine solche letztlich auf eine Beschränkung des Anspruchsumfangs gerichtet wäre und sich deshalb als contra legem erwiese. Ebenso wenig eröffnet das Abstellen auf die Wunscheinrichtung bei der Bemessung der abzusetzenden (fiktiven) Kostenbeiträge die Möglichkeit der Manipulation. Die Eltern werden als Wunscheinrichtungen meist die kostengünstigeren kommunalen Einrichtungen wählen. Können sie nur erheblich teurere private Einrichtungen finden, so lässt sich in der Verpflichtung des Jugendhilfeträgers, die Differenz im Wege des Aufwendungsersatzes analog § 36a SGB VIII zu übernehmen, eine Manipulation auch nicht ansatzweise erkennen. Ungeachtet dessen hat der Jugendhilfeträger je derzeit die Möglichkeit - siehe hierzu später - durch auch nachträgliches Anbieten eines erfüllungstauglichen (kostengünstigeren) Platzes das Erlöschen des Sekundäranspruchs auf Aufwendungsersatz analog § 36a Abs. 3 SGB VIII zu bewirken (verkannt von Dunkl/Rath, BayVBl. 2016, 438 [441]).

c) Dem Anspruch auf Kostenerstattung analog § 36a Abs. 3 SGB VIII steht auch nicht entgegen, dass die Eltern des anspruchsberechtigten Kindes im Falle des „Systemversagens“ für dieses selbst einen Betreuungsplatz bei einem freien Träger beschafft haben (so aber Beutel, DVBl. 2014, 313; in diese Richtung nunmehr offenbar auch Wiesner, ZKJ 2015, 60 [61] u. Kepert, ZKJ 2015, 267 [268], die annehmen, der Primäranspruch werde dadurch ebenfalls erfüllt und ein etwaiger Sekundäranspruch könne infolgedessen gar nicht erst entstehen). Die Selbstbeschaffung ist entgegen dieser Auffassung vielmehr Anspruchsvoraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch überhaupt und lässt ihn deshalb gerade nicht entfallen (so zutreffend VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [101]; im Ergebnis ebenso Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 23 ff.; Schübel-Pfister, NJW 2014, 1216 [1218]; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 41 ff.).

§ 24 Abs. 2 SGB VIII vermittelt die Befugnis, von einem anderen - hier dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe - ein aktives Tun zu verlangen (vgl. hierzu auch die Legaldefinition des Anspruchs in § 194 BGB). Infolgedessen kann auch lediglich die Anspruchsbefriedigung durch den Schuldner - den Jugendhilfeträger - selbst, nicht aber die Ersatzbeschaffung durch das anspruchsberechtigte Kind bzw. dessen Eltern anspruchserfüllend wirken (unzutreffend daher Kepert, ZKJ 2015, 267 [268]). Nicht ohne Grund hat die Beklagte eigens eine Servicestelle eingerichtet, die sich ausschließlich um die Zuweisung und Bereitstellung (Vermittlung) von Betreuungsplätzen kümmert. Diese wäre weithin überflüssig, wenn allein das Tätigwerden der Eltern anspruchserfüllend wirken würde. Eine solche Ersatzbeschaffung kann die Gewährleistungsverantwortung (§ 79 Abs. 2 SGB VIII) des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nicht beseitigen; sie ist vielmehr Ausdruck des „Systemversagens“, in dessen Folge sich der ursprüngliche Primäranspruch in einen Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz umwandelt. Der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erschöpft sich nicht in einem wie auch immer gearteten „Versorgtsein mit einem Betreuungsplatz“ (so unzutreffend Beutel, DVBl. 2014, 313 u. Kepert, ZKJ 2015, 267); er erfordert auf der Grundlage der aus § 79 Abs. 2 SGB VIII folgenden Gewährleistungsverantwortung die Verschaffung bzw. Bereitstellung eines entsprechenden Platzes (vgl. näher Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 20; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 24 Rn. 20; siehe auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [453] Rn. 41).

Letzteres gilt auch dann, wenn der Anspruchsteller vor Inkrafttreten des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII bzw. des Erreichens der Anspruchsvoraussetzungen (Altersgrenze) bereits einen „auf dem freien Markt“ (selbst) beschafften Betreuungsplatz inne hatte, er aber nunmehr nach Inkrafttreten des Anspruchs bzw. dem Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen - aus welchen Gründen auch immer -das staatliche Anspruchssystem durch Anmeldung seines Bedarfs erstmals aktiviert (vgl. § 24 Abs. 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG) und dadurch das Entstehen seines Leistungsanspruchs bewirkt (vgl. § 40 Abs. 1 SGB I). Die Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen „auf dem freien Markt“ bleibt jedem Leistungsberechtigten unbenommen (vgl. statt aller Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 40). Sie erfolgt ausschließlich im Bereich und mit den Mitteln des bürgerlichen Rechts (vgl. Wiesner, ZKJ 2014, 458 [463]). Dementsprechend stellt sich die Selbstbeschaffung eines Betreuungsplatzes - wie bereits dargelegt - im Vergleich zur Erlangung eines solchen Platzes im Wege des Verschaffungsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auch (lediglich) als ein aliud dar (verkannt von VG Darmstadt, U. v. 9.11.2015 - 5 K 1331/14. DA - juris, Rn. 29). Allein der Umstand, dass der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auch durch den Nachweis eines Platzes bei einem freien oder privaten Träger erfüllt werden kann, bewirkt keine wie auch immer geartete öffentlichrechtliche Überformung dieses Betreuungsangebots.

Demzufolge kann die (Selbst-)Beschaffung eines Betreuungsplatzes durch die Eltern eines anspruchsberechtigten Kindes auch keine Erfüllung des Verschaffungsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII bewirken und dem Anspruch auf Aufwendungsersatz analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. In einem solchen Fall wird vielmehr eine andere als die geschuldete Leistung erbracht. Eine Erfüllungswirkung tritt dadurch nicht ein (vgl. Fetzer, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 362 Rn. 3; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 362 Rn. 3). Das Innehaben eines vor Entstehen der Anspruchsvoraussetzungen selbst beschafften Betreuungsplatzes kann infolgedessen den Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht erfüllen. Ebenso wenig steht das Innehaben eines solchen, bei einem freien oder privaten Träger vor Entstehung des Rechtsanspruchs selbst beschafften, naturgemäß teureren Platzes der Anspruchsberechtigung aus § 24 Abs. 2 SGB VIII entgegen.

Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben deshalb auch Personen, die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII am 1. August 2013 bzw. des erstmaligen Herantragens des Bedarfs nach Entstehen der Anspruchsvoraussetzungen bereits im Besitz eines zum damaligen Zeitpunkt (notgedrungen) außerhalb des staatlichen Anspruchssystems der Jugendhilfe selbst beschafften, naturgemäß teureren privaten Betreuungsplatzes befanden, in ihre Vermittlungsbemühungen einzubeziehen. § 24 Abs. 2 SGB VIII begründet einen Verschaffungsanspruch (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1257] Rn. 14 u. 17), nicht lediglich einen Selbstbeschaffungsanspruch. Letzteres ist in einer freien Gesellschaft selbstverständlich und bedürfte - wie bereits erwähnt - keiner gesetzlichen Regelung.

Kann der Jugendhilfeträger dieser - durch eigenes, aktives Handeln (Vermitteln) zu erfüllenden - Verpflichtung aus welchen Gründen auch immer nicht genügen und muss der Anspruchsberechtigte sich die Leistung deshalb selbst beschaffen, sei es weil er bislang weder einen kommunalen Betreuungsplatz noch einen solchen bei einem freien oder privaten Anbieter nachgewiesen erhalten hat, sei es weil er im Wege der Eigeninitiative vor Entstehen des Rechtsanspruchs bzw. des Eintritts der Anspruchsvoraussetzungen lediglich einen naturgemäß erheblich teureren Platz „auf dem freien Markt“ zu beschaffen vermochte, ohne dass der Jugendhilfeträger in der Lage wäre, ihm nunmehr einen geeigneten und zumutbaren Platz zu vermitteln, so hat der Träger die Kosten der Ersatzbeschaffung abzüglich etwaiger ersparter (fiktiver) Kostenbeiträge zu tragen. Jede andere Sicht der Dinge müsste dem System der staatlichen Jugendhilfe mit einem Rechtsanspruch auf kindgerechte Förderung einerseits und einer Ausfallhaftung analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Falle des „Systemversagens“ andererseits die Grundlage entziehen (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [453] Rn. 41).

d) Ebenso wenig kann dem Anspruch auf Aufwendungsersatz analog § 36a Abs. 3 SGB VIII mit der Erwägung entgegengetreten werden, die Kostenerstattung im Rahmen eines Sekundäranspruchs erfordere unabhängig vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen, dass auch der zugrundeliegende Primäranspruch eine Kostenerstattungspflicht des öffentlichen Jugendhilfeträgers beinhalte (so namentlich VG München, U. v. 21.1.2015 - M 18 K 14.2448 -, Umdruck, S. 10 ff.) oder anders gewendet, wenn bereits der Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII keine Kostenfreiheit vermittele, könne eine solche auch nicht im Wege eines Sekundäranspruchs aus § 36a Abs. 3 SGB VIII in Betracht kommen (so namentlich Kepert, ZKJ 2015, 267 [268]). Wer so argumentiert, berücksichtigt nicht, dass es sich beim Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII um einen Sachleistungsanspruch, beim Sekundäranspruch aus § 36a Abs. 3 SGB VIII hingegen um einen Geldleistungsanspruch handelt mit der Folge, dass Maßstäbe und Grundsätze, die für den einen Anspruch gelten, nicht unbesehen auf den anderen übertragen werden können; er blendet zugleich auch den in der Vermittlung eines kostengünstigen kommunalen Betreuungsplatzes regelmäßig liegenden geldwerten Vorteil stillschweigend aus. Letzteres indes kommt im Lichte der Bindung jeglichen staatlichen Handelns an die Beachtung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht in Betracht (siehe hierzu nachfolgend 3). Vielmehr ist der mangelnden Kostenfreiheit des Primäranspruchs auch im Rahmen des Sekundäranspruchs Rechnung zu tragen, nämlich dadurch, dass sich der Anspruchsteller im Wege des Vorteilsausgleichs etwaige Kostenbeiträge nach § 90 Abs. 1 SGB VIII anspruchsmindernd entgegenhalten lassen muss (vgl. statt aller Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 492 ff. m. w. N.). Dies hat zur Folge, dass der Sekundäranspruch im Fall der mangelnden Kostenfreiheit des Primäranspruchs der Sache nach lediglich auf den Ersatz der Mehrkosten der Selbstbeschaffung gerichtet ist. Dadurch wird zugleich erreicht, dass Primär- und Sekundäranspruch einander dem Werte nach entsprechen. Der Selbstbeschaffer wird damit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts München nicht etwa besser, sondern allenfalls gleichgestellt (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 -12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [453 f.] Rn. 42).

Maßgebend ist mithin allein, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Bedarf des anspruchsberechtigten Kindes nicht gedeckt hat und derjenige, der sich eine unaufschiebbar notwendige Leistung, deren Gewährung zu Unrecht abgelehnt wurde oder über die nicht rechtzeitig entschieden wurde, selbst beschafft hat, nicht schlechter stehen darf, als derjenige, dessen Leistungsbegehren rechtzeitig erfüllt wurde (so ausdrückl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1259] Rn. 37 m. w. N.). Es verstieße gegen die gesetzliche Gewährleistung des Rechtsanspruchs schlechthin, wenn der Hilfebedürftige seiner Rechte alleine deshalb verlustig ginge, weil er die ihm zustehende Hilfe nicht rechtzeitig vom Leistungsträger erhalten hat (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1259] Rn. 37 a.E. m. w. N.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [101]) und in der Folge im Wege der Selbstbeschaffung tätig werden musste (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [453 f.] Rn. 43).

e) Anders verhält es sich lediglich dann, wenn der Anspruchsberechtigte sich die begehrte Leistung ohne jede Inanspruchnahme des staatlichen Systems der Jugendhilfe von vornherein „auf eigene Faust“ bei einem freien oder privaten Träger „besorgt“ und auch später keinen entsprechenden Bedarf an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe heranträgt. Hier wird der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII mangels Anmeldung (§ 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG) schon gar nicht erst effektuiert und das staatliche System der Jugendhilfe überhaupt nicht aktiviert, weder primär noch im Wege des Aufwendungsersatzes sekundär. Das Jugendamt kann in einem solchen Fall auch später nicht als reine „Zahlstelle“ in Anspruch genommen bzw. „missbraucht“ werden (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 2 m. w. N.; siehe zum Erfordernis der „Vorbefassung des Trägers der Jugendhilfe“ auch BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1260] Rn. 40).

3.) Ungeachtet dessen sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte), insbesondere dann, wenn sie - wie die kreisfreien Städte -Gemeinde und Jugendhilfeträger zugleich sind, ohne Vorliegen eines besonderen -hier nicht ersichtlichen - Rechtstitels verpflichtet, alle ihre Bürger gleich zu behandeln (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGSG i. V. m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayLKrO, Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayGO). Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 98, 365 [385]; 110, 412 [431]; st.Rspr.). Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 [17]; 110, 412 [431]). Verboten ist daher insbesondere ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 [396]; 105, 73 [110 ff., 133]; 110, 412 [431]), bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen jedoch vorenthalten bleibt, ohne dass sich ausreichende Gründe für eine solche Differenzierung finden lassen (vgl. BVerfGE 93, 386 [396 f.]; 112, 164 [174]; 116, 164 [180]; 124, 251 [265]). Dies gilt selbst dann, wenn im Einzelfall kein Rechtsanspruch auf (kostenfreie) Leistung besteht (vgl. statt aller Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 11; nicht gesehen von Wiesner, ZKJ, 2014, 458 [460; 461 ff.] u. Kepert, ZKJ 2015, 267 [268 f.]).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber und die Verwaltung (vgl. Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, 67. Lfg. Okt. 1992, Art. 3 Rn. 130 u. 177), die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 [291]; 112, 164 [174]; 124, 251 [265]). Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt regelmäßig vor, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 89, 132 [141]; 105, 73 [110]) oder wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 93, 386 [397]; 105, 73 [110]; 107, 27 [45 f.]; 133, 377 [408] Rn. 76).

a) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann deshalb, insbesondere dann, wenn er - als kreisfreie Stadt - Gemeinde und Jugendhilfeträger zugleich ist, mit anderen Worten eine Doppelrolle wahrnimmt, ohne Vorschaltung eines alle Interessenten gleichermaßen einbeziehenden Auswahlverfahrens und ohne Festlegung sach- und interessengerechter Vergabekriterien, ein im Wesentlichen vergleichbares Angebot unterstellt, nicht einerseits einem Teil des anspruchsberechtigten Personenkreises einen „günstigen“ Platz in einer eigenen oder kommunalen Tageseinrichtung verschaffen, einen anderen, in gleicher Weise anspruchsberechtigten Personenkreis jedoch auf „weniger günstige“ Einrichtungen eines freigemeinnützigen oder gar „erheblich teurere“ Einrichtungen eines privaten Trägers verweisen bzw. mit der Folge der Selbstbeschaffung von vornherein ohne jedes Angebot belassen und damit letztlich ebenfalls einem erheblich teureren Privaten anheimgeben, der zwar bereit ist, das Kind aufzunehmen, jedoch zu einem erheblich höheren Betrag als in einer eigenen oder kommunalen Einrichtung. Hierin läge, ein im Wesentlichen vergleichbares Leistungsangebot unterstellt, ein weder verfassungsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) noch einfachrechtlich (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGSG i. V. m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayLKrO bzw. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayGO) zulässiger - gleichheitswidriger - Begünstigungsausschluss (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [454] Rn. 47).

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, die in der Regel kostengünstigeren Plätze in kommunalen Einrichtungen würden bereits im Rahmen des einrichtungsbezogenen Anspruchs aus Art. 21 BayGO vergeben; insoweit habe jedes Kind die gleiche Chance, ebenfalls einen kostengünstigen Platz zu erlangen. Eine solche Betrachtung verkennt nicht nur, dass es sich bei dem hier in Rede stehenden Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII um den im Vergleich mit Art. 21 BayGO weitergehenden Anspruch handelt; sie lässt zugleich auch unberücksichtigt, dass Art. 21 BayGO nicht als Gesamtvergabeanspruch hinsichtlich aller kostengünstigen (kommunalen) Betreuungsplätze konzipiert ist, sondern ausschließlich einen bestimmten Platz in einer konkreten Einrichtung zum Gegenstand hat. Die L. M. kennt kein zentrales Vergabe- bzw. Vermittlungsverfahren. Über den einrichtungsbezogenen Anspruch aus Art. 21 BayGO entscheidet auf der Grundlage der städtischen Krippensatzung allein die Leitung der jeweiligen Einrichtung (vgl. hierzu näher Wiesner, ZKJ 2014, 458 [460]). Es können deshalb gerade nicht alle Gemeindebürger gleichermaßen in den Genuss des geldwerten Vorteils eines günstigeren kommunalen Platzes gelangen, weil die Beklagte diese Plätze nicht in das gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII i. V. m. § 79 Abs. 2 SGB VIII geschuldete Vermittlungsverfahren einbezieht und dementsprechend auch keine den Anforderungen des Gleichheitssatzes Rechnung tragende Vergabekriterien entwickelt hat, sondern lediglich außerhalb dieses Verfahrens einen einrichtungsbezogenen Anspruch (Art. 21 BayGO) gewährt, der - wie bereits erwähnt - von vorneherein nicht als den Anforderungen des Gleichheitssatzes entsprechender Gesamtvergabeanspruch hinsichtlich aller kostengünstigen (kommunalen) Plätze konzipiert ist.

Der Gesichtspunkt der Vergabe kostengünstigerer kommunaler Plätze im Verhältnis zu erheblich teureren bei freien und privaten Trägern spielt nach der Krippensatzung der L. M. vom 26. Juli 2006 (vgl. Bek. vom 21.8.2006, MüABl. S. 257, in der Fassung vom 2.9.2015, MüABl. S. 318) für die Vergabeentscheidung keine Rolle. Diese richtet sich in dem (regelmäßig vorliegenden) Fall, dass nicht genügend freie Plätze verfügbar sind, ausschließlich nach Rangstufen (1 und 2) und innerhalb der Rangstufen nach Dringlichkeitsstufen (vgl. § 2 Abs. 4 d. Satzung). Sofern das aufzunehmende Kind nicht bereits im Vorjahr einen Platz in der Einrichtung erhalten hatte (Rangstufe 1), erfolgt die Verteilung auf die einzelnen Altersstufen in Rangstufe 2 entsprechend der jeweiligen Hauskonzeption (vgl. § 3 d. Satzung) und sodann nach den Dringlichkeitsstufen, „Erwerbstätigkeit beider Personensorgeberechtigten (Dringlichkeitsstufe A)“, „beide Personensorgeberechtigten arbeitssuchend (Dringlichkeitsstufe B)“ und „Kinder, die im Interesse der sozialen Integration der Betreuung bedürfen (Dringlichkeitsstufe C)“. Innerhalb der Dringlichkeitsstufe A erfolgt die Verteilung zusätzlich nach einem Punktesystem (vgl. § 4 d. Satzung). Die Platzvergabe nach der städtischen Satzung ist daher von vorneherein nicht auf die Herstellung von Verteilungsgerechtigkeit hinsichtlich der Vergabe kostengünstigerer kommunaler Plätze im Verhältnis zu erheblich teureren bei freien und privaten Trägern ausgerichtet.

Ungeachtet dessen darf auch nicht verkannt werden, dass zwischen freien und privaten Trägern ebenfalls ein erhebliches Kostengefälle besteht. Auch insoweit ist den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG Rechnung zu tragen und ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss zu vermeiden, entweder dadurch, dass ein im Wesentlichen einheitliches Preisniveau für alle im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB VIII erfüllungsgeeigneten Plätze hergestellt wird oder sachgerechte Kriterien für eine „Verwaltung des Mangels an kostengünstigen Einrichtungen“, beispielsweise unter Beachtung der Einkommensverhältnisse der Eltern (vgl. zur Berücksichtigung des Familieneinkommens im Bereich gleichheitskonformer Rechtsanwendung allgemein BVerfGE 97, 332 [344]), entwickelt werden.

Der L. kommt kein - vergleichbar etwa dem (Bundes-) Gesetzgeber - weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. hierzu BVerfGE 17, 210 [216]; 93, 319 [350]; 122, 1 [23]), der ihr Handeln legitimieren und einen hieraus resultierenden gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss rechtfertigen könnte (verkannt von Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl. 2016, § 24 Rn. 13, der das Tätigwerden der Verwaltung in unzulässiger Weise und unter unzutreffender Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mit einem solchen des Gesetzgebers gleichsetzt). Vielmehr ist die L. von Verfassungs wegen gehalten, ihre Verwaltung nach Art, Umfang und Leistungsvermögen entsprechend den Anforderungen sachgerechter Erledigung des sich aus der Bundesgesetzgebung ergebenden Aufgabenbestandes (vgl. § 24 Abs. 2 SGB VIII) einzurichten (vgl. BVerfGE 55, 274 [318]) und den Anforderungen des Gleichheitssatzes Rechnung zu tragen. Die L. kann daher entweder ein einheitliches Preisniveau für alle Plätze herstellen, indem sie die Preise der kommunalen Einrichtungen auf das Niveau der freien und privaten Träger anhebt oder mit den freien bzw. privaten Trägern im Rahmen von Leistungssicherstellungsvereinbarungen ein einheitliches Preisniveau festlegt und diesen einen entsprechenden Defizitausgleich gewährt (vgl. hierzu BayVGH, U. v. 23.10.2013 - 12 BV 13.650 -, BayVBl. 2014, 309 f. Rn. 18, 21 f., 28), den betroffenen Eltern im Falle der Vermittlung eines teureren Platzes einen Ausgleichsbetrag zahlt und den Freistaat Bayern auf Gewährung eines Mehrbelastungsausgleichs (Art. 83 Abs. 3 Satz 2 BV) in Anspruch nimmt (vgl. hierzu näher Wolff, in: Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaats Bayern, 2009, Art. 83 Rn. 127 ff.; Wollenschläger, in: Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaats Bayern, 5. Aufl. 2014, Art. 83 Rn. 75 ff.; Zieglmeier, NVwZ 2008, 270 [273 ff.]; Huber/Wollenschläger, VerwArch 2009 (100), 305 [330, 338 f.]) oder den Mangel an kostengünstigen Plätzen durch Entwicklung den Anforderungen des Gleichheitssatzes Rechnung tragender Kriterien in einem einheitlichen Verfahren sachgerecht verteilt. Welchen Weg sie letztlich wählt, liegt alleine in ihrem Ermessen.

b) Die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Landesjugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 (Stand 2. Juli 2013) nehmen diese Gesichtspunkte auf und tragen ihnen, da sowohl das Herstellen eines einheitlichen Preisniveaus als auch die Anwendung „mangelverwaltender Kriterien“ auf nicht unerhebliche praktische Schwierigkeiten stoßen würde, durch folgende Vorgabe Rechnung (vgl. Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]):

„Kann ein Kind nur auf einen Platz mit einem höheren Elternbeitrag verwiesen werden, ist den Eltern für die Dauer des Besuchs der zugewiesenen Einrichtung ein Ausgleichsbetrag zu zahlen.“

Auch wenn die genannten Auslegungshinweise eine Rechtsgrundlage für die Zahlung des Ausgleichsbetrags nicht ausdrücklich benennen, so ist diese nach dem zuvor Gesagten doch gleichwohl im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit seinen einfachrechtlichen Ausprägungen in der Landkreis- und Gemeindeordnung zu sehen. Die Auszahlung selbst ist im Rahmen des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu bewirken (vgl. auch bereits BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [454] Rn. 50). Insoweit gilt: Kann ein Kind ohne Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe nur auf einen Platz mit einem höheren Elternbeitrag verwiesen werden, so ist der damit verbundene gleichheitswidrige Begünstigungsausschluss, der dem anspruchsberechtigten Kind regelmäßig auch ohne Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse seiner Eltern unzumutbar ist, durch Zahlung eines Ausgleichsbetrags (§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII) bzw. im Falle der Selbstbeschaffung durch Übernahme der Mehrkosten analog § 36a Abs. 3 SGB VIII zu kompensieren. Die Höhe der entsprechenden Beträge bestimmt sich, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine Bemessung fehlen, grundsätzlich nach der Differenz der tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz bei einem freien oder privaten Träger zu denen in einer kommunalen Einrichtung. Für eine Begrenzung auf den das 1,5-fache des staatlichen Förderanteils in der Kindertagespflege übersteigenden Betrag entsprechend Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG (in diese Richtung offenbar die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Landesjugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 [Stand 2. Juli 2013], Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]) besteht ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung keine Grundlage. Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG betrifft im Übrigen auch nur die Kindertagespflege, nicht aber die Höhe der Elternbeteiligung bei der Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen (vgl. hierzu näher Wiesner, in: ZKJ 2014, 458 [461 ff.]).

4. Bietet der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe nachträglich einen auch hinsichtlich der Entfernung zum Wohnort der Familie geeigneten Betreuungsplatz an, so erlischt der Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz dann, wenn dem anspruchsberechtigten Kind unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln ein Einrichtungswechsel zumutbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2014 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, 464 [466]; BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [455] Rn. 54; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 486 ff.).

Zwar soll einem Kind der Aufbau einer neuen Beziehung verbunden mit einem Wechsel der Betreuungsperson nicht allzu oft zugemutet werden; leider lässt er sich aufgrund der Wechselfälle des Lebens (Ausscheiden der Betreuungsperson aus dem Berufsleben infolge Heirat, Schwangerschaft, Weiterbildung, Krankheit oder Erreichen der Altersgrenze bzw. Wohnsitzverlagerung der Eltern) aber nie ganz vermeiden. Von einer generellen Unzumutbarkeit eines solchen Wechsels kann daher nicht ausgegangen werden (so zutreffend OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2014 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, 464 [466]; BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [455] Rn. 55).

Auch eine weitreichende Verfestigung des Aufenthalts in einer bestimmten Einrichtung, die unter dem Gesichtspunkt der Hilfekontinuität (vgl. hierzu näher Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 489) einen Wechsel unzumutbar erscheinen ließe mit der Folge, dass die durch die selbst gesuchte Betreuung entstehenden Mehrkosten unter Zurückstellung der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Verhalten auch weiterhin vom Jugendhilfeträger zu erstatten wären (vgl. Meysen/Beckmann, a. a. O., Rn. 490), wird deshalb nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht kommen, etwa dann, wenn der Wechsel in den Kindergarten (§ 24 Abs. 3 SGB VIII) unmittelbar oder zumindest innerhalb weniger Monate bevorsteht.

II.

Gemessen an diesen Maßstäben und Grundsätzen steht dem Kläger ein Aufwendungsersatzanspruch analog § 36a Abs. 3 SGB VIII für die Monate April bis einschließlich Juni 2014 zu, weil die Beklagte dem Rechtsanspruch des Klägers erst mit Schreiben vom 1. Juli 2014, nicht aber wie gewünscht ab dem 1. April 2014 entsprechen konnte. Für die Monate Juli und August 2014 hingegen kommt ein Aufwendungsersatzanspruch nicht in Betracht, da die Eltern des Klägers das im Schreiben vom 1. Juli 2014 unterbreitete Angebot eines Betreuungsplatzes in einer Übergangsgruppe nicht nachgefragt haben.

1. Die Eltern des Klägers haben den Bedarf für einen Vollzeitplatz bereits mit E-Mail vom 25. September 2013 (vgl. Bl. 2 der Behördenakte) an die Beklagte herangetragen (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII analog). Mit E-Mail vom 21. November 2013 (vgl. Bl. 1 d. Behördenakte) wurde als „(Arbeits-)-Adresse“ die Praxisanschrift „A.-straße 4“ angegeben. In dem am 3. Dezember 2013 bei der Beklagten eingegangenen Formblatt (vgl. Bl. 4 ff. der Behördenakte) wurde der Bedarf näher konkretisiert (ab 1.4.2014, Montag bis Freitag 7:30/8:00 bis 16:00). Dass die Eltern des Klägers zu diesen beiden Zeitpunkten - 25. September bzw. 3. Dezember 2013 - noch nicht in M. gemeldet waren, sondern erst zum 1. April 2014 von K. nach M. übersiedeln wollten, hindert die Annahme der Zuständigkeit der Beklagten für den beantragten Zeitraum ab 1. April 2014 nicht. Der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII entfaltet „Vorwirkung“. Wird der Bedarf - wie hier - für einen Zeitraum ab Verlagerung des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes rechtzeitig an den Jugendhilfeträger herangetragen, haben dessen Bemühungen unverzüglich einzusetzen. Den Anforderungen des Art. 45a AGSG war damit durch rechtzeitiges Herantragen des Bedarfs am 25. September 2013 mit Beginn ab dem 1. April 2014 Rechnung getragen. Die Anmeldefrist dieser Vorschrift lief unmittelbar mit Eingang der E-Mail am 25. September 2013 und nicht erst mit dem Rücklauf des Bedarfsformulars - ein solches ist in Art. 45a AGSG gar nicht vorgesehen - an, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass zum damaligen Zeitpunkt noch die Übergangsregelung des Art. 118 Abs. 2 AGSG a. F. galt und die Frist lediglich 4 Wochen betrug. Aufgrund des Vorlaufs von über einem halben Jahr (25.09.2013 - 1.04.2014) kommt es auf Beginn und Länge der Frist indes nicht entscheidungserheblich an. Ungeachtet dessen gilt die Anmeldefrist des Art. 45a AGSG entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift auch nur grundsätzlich.

Der Kenntnis der künftigen Wohnadresse der Eltern des Klägers bedurfte es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Fehlen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe für die Erfüllung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII noch weitere Informationen, so tritt allein dadurch eine Hemmung oder Unterbrechung des Laufs der Anmeldefrist nicht ein. Vielmehr muss die Gemeinde bzw. der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Frist des Art. 45a AGSG nutzen, um sich die noch fehlenden Informationen unter Mitwirkung des Antragstellers (§ 60 ff. SGB I) zu beschaffen. Ungeachtet dessen dürfen Sozialleistungen auch nur versagt werden, nachdem der Leistungsberechtigte oder sein gesetzlicher Vertreter schriftlich auf die Folgen fehlender Mitwirkung hingewiesen wurde und seiner Mitwirkungspflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist nachgekommen ist (§ 66 Abs. 3 SGB I). Die Beklagte hätte die Eltern des Klägers deshalb (rechtzeitig) zu einer Benennung der künftigen Wohnadresse auffordern müssen, um einen Anspruchsausschluss zu bewirken. Unabhängig hiervon war der Beklagten zumindest die Praxisadresse der Mutter des Klägers als insoweit maßgeblicher örtlicher Bezugspunkt für die Bereitstellung und Vermittlung eines bedarfsgerechten Angebots bekannt. Die (Drei-Monats-)Frist des Art. 45a AGSG lief daher nicht - wie die Beklagte rechtsirrig meint - erst mit Bekanntwerden der neuen Wohnadresse des Klägers in M. am 21. Mai 2014, sondern bereits am 25. September 2013 für den Zeitraum ab 1. April 2014 an. (Spätestens) ab diesem Zeitpunkt hatte der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Abs. 1 SGB I) in M. mit der Folge, dass die L. zuständig (§ 86 Abs. 1 SGB VIII) und der Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII fällig (§§ 41, 40 SGB I) war.

Der individuelle Bedarf des Klägers wurde durch die Angabe in „Vollzeit“ von vornherein auf einen Ganztagsplatz festgelegt (vgl. Bl. 2 d. Behördenakte). Gleiches gilt aufgrund der Angabe 7:30/8:00 Uhr bis 16:00 Uhr im Bedarfsmeldeformular (vgl. Bl. 5 d. Behördenakten). Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht aus dem „Steckbrief Tagespflege“ vom 27. Januar 2014 (vgl. Bl. 84 f. der VG-Akte). Dort hat die Mutter des Klägers ebenfalls konkrete Zeiten (Mo - Fr., 7.30 bzw. 8.00 Uhr bis 15.00 bzw. 16.00 Uhr) angegeben und ergänzend handschriftlich ausgeführt „kann Zeiten momentan noch nicht festlegen“. Hieraus folgt entgegen der Auffassung der Beklagten jedoch nicht, es seien keine Betreuungszeiten über die „Regelförderung“ hinaus erforderlich. Die Mutter des Klägers hat lediglich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Zeiten noch nicht exakt festlegen kann. Ein wie auch immer gearteter „Regelförderungsbedarf“, der den Anspruch des Klägers auf eine Halbtagsbetreuung reduzieren würde, existiert entgegen der Auffassung der Beklagten nicht. Eine solche Einschränkung findet im Gesetz keine Stütze. Jedenfalls müssen die Eltern sich auf einen solchen - mangels Bedarfskriterien -nicht verweisen lassen. Dass eine Vollzeitbetreuung dem Kindeswohl des Klägers widersprechen würde, ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

2. Der Umstand, dass die Eltern des anspruchsberechtigten Klägers (bereits) am 5. Februar 2014 selbst auf eigenes Risiko einen Betreuungsplatz für den Zeitraum ab dem 1. April 2014 beschafften (vgl. Betreuungsvertrag, Bl. 23 ff. d. VG-Akte-Eilverfahren), lässt den Primäranspruch des Klägers aus § 24 Abs. 2 SGB VIII unberührt und kann dementsprechend dem Aufwendungsersatzanspruch analog § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. § 24 Abs. 2 SGB VIII begründet einen Verschaffungsanspruch, nicht lediglich einen Selbstbeschaffungsanspruch. Letzteres ist in einer freien Gesellschaft selbstverständlich und bedürfte keiner gesetzlichen Regelung. Die Inanspruchnahme von Betreuungsleistungen „auf dem freien Markt“ bleibt jedem Leistungsberechtigten unbenommen. Sie erfolgt ausschließlich im Bereich und mit den Mitteln des bürgerlichen Rechts.

Dementsprechend stellt sich die Selbstbeschaffung eines Betreuungsplatzes im Vergleich zur Erlangung eines solchen Platzes im Wege des Verschaffungsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auch (lediglich) als ein aliud dar. Allein der Umstand, dass der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII auch durch den Nachweis eines Platzes bei einem freien oder privaten Träger erfüllt werden kann, bewirkt keine wie auch immer geartete öffentlichrechtliche Überformung dieses Betreuungsangebots. Weder das Achte Buch Sozialgesetzbuch noch das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz verleihen freien oder privaten Trägern hoheitliche Befugnisse. Eine wie auch immer geartete „Beauftragung“ liegt nicht vor. Die Beklagte hat nach eigenem Bekunden auch keine Leistungssicherstellungsvereinbarungen mit freien oder privaten Trägern abgeschlossen (vgl. Bl. 258 d. Senatsakten). Wer -wie die freien und privaten Träger - in Erfüllung einer eigenen (vertraglichen) Verbindlichkeit leistet, ist auch nicht Dritter im Sinne des § 267 BGB. Die freien bzw. privaten Träger erbringen deshalb auch keine Leistung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen des § 24 Abs. 2 SGB VIII, sondern eine eigene.

Demzufolge kann die (Selbst-)Beschaffung eines Betreuungsplatzes durch die Eltern eines anspruchsberechtigten Kindes auch keine Erfüllung des Verschaffungsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII bewirken. Erfüllung tritt stets nur dann ein, wenn die geschuldete Leistung - die Verschaffung eines Platzes auf der Grundlage von § 24 Abs. 2 SGB VIII - bewirkt wird. Tritt der Erfolg ohne eine Leistung des Schuldners (Träger der öffentlichen Jugendhilfe) ein, etwa dadurch, dass die Eltern eine Selbst- oder Ersatzbeschaffung bei einem freien oder privaten Träger vornehmen, so erlischt das gesetzliche Schuldverhältnis aus § 24 Abs. 2 SGB VIII hierdurch nicht. In einem solchen Fall wird vielmehr eine andere als die geschuldete Leistung erbracht. Eine Erfüllungswirkung tritt dadurch nicht ein. Der Verschaffungsanspruch kann nur durch ein „aktives Handeln“ des Jugendhilfeträgers erfüllt werden; es gibt keine „Erfüllung durch Unterlassen“. Infolgedessen kann das bloße Innehaben eines selbst beschafften Betreuungsplatzes den Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht erfüllen. Ebenso wenig steht das Innehaben eines entsprechenden, bei einem freien oder privaten Träger vor Entstehung bzw. Fälligkeit des Rechtsanspruchs selbst beschafften, naturgemäß teureren Platzes der Anspruchsberechtigung aus § 24 Abs. 2 SGB VIII entgegen. Vielmehr wandelt sich dieser Primäranspruch unter den Voraussetzungen analog § 36a Abs. 3 SGB VIII in einen Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz um. Die vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe geschuldete Vermittlungsleistung wird deshalb - soweit die Anspruchsberechtigten einen entsprechenden Bedarf an einem naturgemäß kostengünstigeren Platz rechtzeitig (Art. 45a AGSG) an den Jugendhilfeträger herantragen - nicht entbehrlich.

Kann der Jugendhilfeträger dieser - durch eigenes, aktives Handeln (Vermitteln) zu erfüllenden - Verpflichtung zum Fälligkeitszeitpunkt nicht genügen und muss der Anspruchsberechtigte sich die begehrte Leistung durch weitere Inanspruchnahme des zuvor auf eigenes Risiko „auf dem freien Markt“ besorgten Platzes selbst beschaffen, hat der Träger der Jugendhilfe die Kosten der (Ersatz-)Beschaffung abzüglich etwaiger ersparter (fiktiver) Kostenbeiträge zu tragen. Der Umstand, dass die besorgten Eltern des Klägers sich bereits unter dem 5. Februar 2014 für den Fall, dass die Beklagte zum 1. April 2014 „nicht werde liefern können“ auf eigenes Risiko einen Platz auf dem „freien Markt“ beschafft haben, steht daher weder der weiteren Geltendmachung des Primäranspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nach diesem Zeitpunkt noch dem Einfordern von Aufwendungsersatz aufgrund Systemversagens bei weiterem Ausbleiben der Leistung entgegen.

3. Dem Anspruch auf Aufwendungsersatz analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte den Eltern des Klägers Tagesmutterplätze angeboten hat (vgl. E-Mail vom 29.01.2014, Bl. 86 d. VG-Akte), die diese nicht angenommen haben (vgl. E-Mail vom 29.01.2014, Bl. 87 d. VG-Akte). Zum einen haben die Eltern des anspruchsberechtigten Kindes nach dem Willen des Gesetzgebers gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe ein Wunsch- und Wahlrecht (§ 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) und können damit selbst entscheiden, ob der Bedarf des Kindes in Kindertagespflege oder in einer Kindertageseinrichtung gedeckt werden soll. Die Eltern des Klägers haben dieses Wahlrecht auch betätigt, indem sie zum einen am 5. Februar 2014 einen Platz in einer (privaten) Tageseinrichtung beschafften (vgl. Betreuungsvertrag, Bl. 23 ff. d. VG-Akte-Eilverfahren) und darüber hinaus die Beklagte mittels eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Vermittlung eines ebensolchen Platzes in Anspruch nahmen (vgl. Bl. 2. d. VG-Akte-Eilverfahren). Zum anderen waren bereits fünf der sechs von der Beklagten angebotenen Tagesmutterplätze nach dem im Formular abgefragten Bedarf von vornherein nicht bedarfsdeckend. Die Angebote „D.-str. 59“ und „R.-str. 53“ deckten den Freitag nicht ab. Die Angebote „S. Str. 183“ und „O.-Str.“ endeten am Dienstag und Donnerstag bereits um 15.00 Uhr, statt um 16.00 Uhr, und das Angebot „L. Str. 40“ konnte entgegen den Anforderungen am Mittwoch und Freitag keine Betreuung liefern (vgl. im Einzelnen Bl. 84 u. 86 d. VG-Akte). Auch eine Kombination aus diesen Angeboten kommt nach der Überzeugung des Senats aufgrund des damit verbundenen ständigen Wechsels der Bezugs- und Betreuungspersonen und der daraus resultierenden Beeinträchtigung des Kindeswohls nicht in Betracht, ungeachtet dessen, dass die Beklagte eine solche Kombination in ihrer E-Mail vom 29. Januar 2014 (vgl. Bl. 86 d. VG-Akte) gar nicht angeboten, sondern erstmals im Berufungsverfahren als Möglichkeit in den Raum gestellt hat. Auf einen sogenannten Grundbedarf (Halbtagsbetreuung) müssen die Eltern des anspruchsberechtigten Kindes sich - wie bereits erwähnt - nicht verweisen lassen.

Der von der Beklagten benannte Tagesmutterplatz „C.-B. 128“ (vgl. Bl. 86 d. VG-Akte) wäre zwar nach dem angegebenen individuellen Bedarf noch am ehesten geeignet gewesen, sofern man davon absieht, dass der Kläger dienstags und donnerstags bereits ab 7.30 Uhr eine Betreuung benötigte (vgl. Bl. 84 d. VG-Akte), die Tagesmutter jedoch erst ab 7.45 Uhr zur Verfügung gestanden hätte (vgl. Bl. 86 d. VG-Akte). Allerdings steht insoweit, was aufgrund des Umstands, dass nur ein zumutbarer Platz anspruchserfüllend wirken kann, bereits von Amts wegen zu prüfen ist, entgegen, dass der Tagesbetreuungsplatz vom Wohnsitz des Kindes bzw. der damals allein vorhandenen Praxisadresse der Mutter des Klägers aus nicht in vertretbarer Zeit erreicht werden konnte. Da die Mutter des Klägers im Zeitpunkt der möglichen Inanspruchnahme April 2014 - August 2014 mangels eigenem Auto auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen war, hätte der erforderliche Zeitaufwand für die einfache (schnellste) Wegstrecke zum Tagesmutterplatz - im Normalfall 29 bzw. 30 Minuten betragen (vgl. Bl. 96 d. VG-Akte [Berechnung Praxis] u. Bl. 92 u.100 d. VG-Akte [Berechnung Wohnsitz]). Dabei ist nicht nur zu berücksichtigen, dass neben einem insgesamt 10 Minuten in Anspruch nehmenden Fußweg zusätzlich auch noch Bus und U-Bahn hätten benutzt werden müssen (vgl. Bl. 100 u. 101 d. VG-Akte), vielmehr ist darüber hinaus auch zu beachten, dass dieser Weg im Ballungsraum der L. M. zu Zeiten des Berufsverkehrs hätte zurückgelegt werden sollen. Im Hinblick auf das das Jugendhilferecht beherrschende Prinzip der Wohnortnähe war dieses Angebot nach der Überzeugung des Senats infolgedessen nicht mehr zumutbar und deshalb auch nicht geeignet, den Rechtsanspruch des Klägers zu erfüllen. Allein der Zeitaufwand der freiberuflich erwerbstätigen Mutter des Klägers für die Bewältigung des Hin- und Rückwegs hätte zwei Stunden pro Tag betragen. Eine Obliegenheit oder gar Verpflichtung der Eltern, sich des Carsharings oder eines Mietwagens zu bedienen, um die Wegezeiten zu verkürzen, bestand entgegen der Ansicht der Beklagten nicht. Ebenso wenig waren die Eltern verpflichtet, sich die Bewältigung des täglichen Hin- und Rückwegs zur Betreuungseinrichtung zu teilen und damit erträglicher zu gestalten. Gemäß § 1627 BGB bestimmen allein die Eltern, wer sich der Betreuung des Kindes primär zu widmen hat und die Bewältigung des Weges zur Betreuungseinrichtung und zurück übernimmt (vgl. hierzu näher Peschel-Gutzeit, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2015, § 1627 Rn. 5, 6 u 7). Ungeachtet dessen kam der Vater des Klägers aufgrund seiner Außendienstverwendung außerhalb M. für eine Begleitung zur Betreuungseinrichtung von vorneherein nicht in Frage. Der Senat war daher entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht gehalten, die persönlichen Lebensumstände der Familie, namentlich diejenigen des Vaters des Klägers (Arbeitsorte, Arbeitszeiten, eigenes Kraftfahrzeug), über die abgegebenen Erklärungen (vgl. Schreiben vom 11. Juli 2016, Bl. 397 ff. d. Senatsakten) hinaus weiter aufzuklären.

Ebenso wenig waren die Eltern des Klägers verpflichtet, der Beklagten - ungefragt - mitzuteilen, dass sie auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen seien. Vielmehr durften die Eltern entsprechend dem das Jugendhilferecht beherrschenden Prinzip der Wohnortnähe (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) erwarten, dass sie nur in zumutbarer Entfernung zur angegebenen „Arbeitsadresse“ A.-straße 4 gelegene Angebote erreichen. Diese lag von der späteren Wohnung der Familie auch lediglich 450 Meter entfernt (vgl. Bl. 98 d. VG-Akte).

Soweit die Beklagte mit Schreiben vom 13. Juli 2016 erstmals mitgeteilt hat, sie hätte dem Kläger aufgrund von Platzfreimeldungen zum 1. April 2014 weitere Plätze vermitteln können (vgl. Bl. 355 ff. d. Senatsakten), kommt dieses Angebot - über 2 Jahre nach dem maßgeblichen Zeitpunkt am 1. April 2014 - nunmehr deutlich zu spät. Ungeachtet dessen sagt eine bloße Platzfreimeldung über die tatsächliche Nachfragelage am 1. April 2014 und damit die Erfüllbarkeit des Anspruchs auch überhaupt nichts aus.

4. Der Bedarf des Klägers war des Weiteren auch unaufschiebbar (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII analog), da die durch § 24 Abs. 2 SGB VIII gewährte Leistung für die Vergangenheit nicht nachholbar ist und eine Betreuung, die nicht für den Zeitraum gewährt wird, für den sie begehrt wird, in irreversibler Weise unerfüllt bliebe (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1259] Rn. 38). Eine weitere Vorenthaltung staatlicher bzw. staatlich vermittelter frühkindlicher Förderung ist regelmäßig unzumutbar, wenn sie bei rechtzeitiger Anmeldung nicht fristgerecht ermöglicht werden kann (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 439 m.w.N). Angesichts des Ausbleibens eines zumutbaren Angebots seitens der Beklagten, haben sich die Eltern des Klägers zu Recht herausgefordert gesehen, am 5. Februar 2014 für den Zeitraum ab dem 1. April 2014 eine „Eigenbeschaffung“ auf dem „freien Markt“ durch Abschluss eines Betreuungsvertrages mit einer privaten Einrichtung ins Werk zu setzen (vgl. Betreuungsvertrag, Bl. 23 ff. d. VG-Akte-Eilverfahren), die mit dem endgültigen Ausbleiben jeglichen zumutbaren Angebots der Beklagten am 1. April 2014 in eine „Selbstbeschaffung“ analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII überging. Nach der Überzeugung des Senats war vor dem Hintergrund des Umzugs der Familie von K. nach M. und der bevorstehenden Praxiseröffnung am 1. April 2014 jedes weitere Zuwarten unzumutbar. Die Familie benötigte Planungssicherheit.

Ebenso wenig waren die gesetzlichen Vertreter des Klägers gehalten, zunächst Primärrechtsschutz im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) in Anspruch zu nehmen. Der Grundsatz der Vorrangigkeit des Primärrechtsschutzes kommt - wenn überhaupt (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 51) - nur dann zum Tragen, wenn das Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz dem Betroffenen zumutbar ist, mit anderen Worten, Abhilfe auch tatsächlich erwartet werden kann und der Verweis auf dieses „Erfordernis“ nicht von vornherein als rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) oder gar als schikanös (§ 226 BGB) erscheinen muss. An einer solchen Zumutbarkeit fehlt es, wenn dem Rechtsanspruch - wie hier - nur unter Überschreitung des von Art. 45a AGSG vorgegebenen Rahmens und damit unter einer erheblichen zeitlichen Verzögerung mittels einer „ad hoc“ angebotenen Übergangsgruppe Rechnung getragen werden kann und infolgedessen von vornherein nicht absehbar ist, wann der Träger seiner Bereitstellungsund Nachweisverpflichtung im Einzelnen würde genügen können. Die Beklagte kann nicht einerseits den Leistungszeitpunkt 1. April 2014 mit der Folge des Eintritts des Schuldnerverzuges analog § 286 BGB (vgl. zur entsprechenden Anwendbarkeit Ernst, in: Münchener Kommentar, BGB, 6. Aufl. 2012, § 286 Rn. 5 m. w. N.) ohne Verschaffung eines Platzes verstreichen lassen und andererseits vortragen, für den Fall des Erlasses einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) durchaus in der Lage gewesen zu sein, einen Platz zur Verfügung zu stellen. Ein solches Vorgehen ist nicht nur rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB); es erweist sich zugleich auch als schikanös (§ 226 BGB).

Die Ausübung und das Beharren auf einem (vermeintlichen) Recht sind unzulässig, wenn sie - wie hier - ausschließlich den Zweck verfolgen, einem anderen - dem Kläger und dessen Eltern - Schaden zuzufügen, indem sie die Folgen des Verzugseintritts - die Verpflichtung zur Leistung von Aufwendungsersatz analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII - für eine nicht unerhebliche Zeit hinausschieben oder gar gänzlich unmöglich machen (vgl. näher Ellenberger, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 226 Rn. 2). Ungeachtet dessen hat der Kläger vorliegend unter dem 7. Juni 2014 auch tatsächlich einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, gerichtet auf die Zur-Verfügung-Stellung eines Betreuungsplatzes in einer Kindertageseinrichtung, stellen lassen, ohne dass die Beklagte diesem Begehren unmittelbar hätte entsprechen können. Erst mit Schreiben vom 1. Juli 2014 vermochte sie einen Platz in der städtischen Einrichtung M.-straße 7 ab voraussichtlich August 2014 in Aussicht zu stellen und für die Zwischenzeit einen Platz in einer Übergangseinrichtung anzubieten. Die Einrichtung M.-straße 7 hat dann auch nicht im August, sondern erst im Oktober 2014 geöffnet.

5. Allerdings steht dem Kläger ein Aufwendungsersatzanspruch analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII nur für die Monate April bis Juni 2014 zu. Weitergehende (Aufwendungsersatz-)Ansprüche für die Monate Juli und August 2014 kommen - wie bereits erwähnt - nicht in Betracht:

Bietet der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wie vorliegend unter dem 1. Juli 2014 geschehen, nachträglich einen auch hinsichtlich der Entfernung zum Wohnort der Familie geeigneten Betreuungsplatz an, so erlischt der Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz dann, wenn dem anspruchsberechtigten Kind unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln ein Einrichtungswechsel zumutbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2015 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, 464 [466]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3, Rn. 486 ff.; siehe zum Ganzen auch BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [455] Rn. 54).

Dem Kläger wurde am 1. Juli 2014 für den Fall eines dringenden Bedarfs im Rahmen des Angebots für die Kinderkrippe in der M.-straße zugleich ein Platz in einer Übergangsgruppe in einer anderen Einrichtung angeboten, der von ihm hätte in Anspruch genommen werden können, sofern dies von den Eltern gewünscht worden wäre. Die von der Beklagten im Schriftsatz vom 15. September 2015 (vgl. Bl. 91 d. Senatsakte) genannte Einrichtung „C.-krippe M.“ in der P.-Str. 29 b + c war auch in einer zumutbaren Entfernung zum Wohnort des Klägers gelegen (vgl. Bl. 30 d. Behördenakten).

Einem Kind soll zwar der Aufbau einer neuen Beziehung verbunden mit einem Wechsel der Betreuungsperson nicht allzu oft zugemutet werden; leider lässt er sich aufgrund der Wechselfälle des Lebens (Ausscheiden der Betreuungsperson aus dem Berufsleben in Folge Heirat, Schwangerschaft, Weiterbildung, Krankheit oder Erreichen der Altersgrenze bzw. Wohnsitzverlagerung der Eltern) aber nie ganz vermeiden. Von einer generellen Unzumutbarkeit kann daher nicht ausgegangen werden (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2014 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, 464 [466]; BayVGH, B. v. 17.11.2015 - 12 ZB 15.1191 -, BayVBl. 2016, 448 [455] Rn. 55).

Vorliegend wäre es dem Kläger nach Auffassung des Senats zumutbar gewesen, die zunächst zur Verfügung gestellte Betreuungsmöglichkeit in der Übergangsgruppe in Anspruch zu nehmen und damit unnötige Kosten für die Allgemeinheit zu vermeiden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls. Die Eltern des Klägers haben keine Anhaltspunkte dafür benannt, die einen Wechsel zum damaligen Zeitpunkt hätten als unzumutbar erscheinen lassen. Insbesondere haben sie, nachdem sie zunächst selbst einen privaten Betreuungsplatz gefunden hatten, ihrem Kind -aus Kostengründen - ebenfalls einen Einrichtungswechsel zugemutet.

6. Dem Kläger steht danach Aufwendungsersatz gemäß § 36a Abs. 3 SGB VIII analog für den Zeitraum April bis einschließlich Juni 2014 zu. Dieser erstreckt sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht lediglich auf einen sogenannten Grundbedarf (Halbtagsbetreuung). Der Primäranspruch des Klägers ist einer derartigen Beschränkung nicht unterworfen, ebenso wenig ist es der Sekundäranspruch analog § 36a SGB VIII. Zu erstatten sind damit - vorbehaltlich noch abzusetzender Beträge - diejenigen Aufwendungen, die die Eltern unter Berücksichtigung der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln nach Lage der Dinge für erforderlich halten durften, vorliegend mithin die Kosten der Betreuung des Klägers in der privaten Einrichtung „T.“ vom 1. April bis 30. Juni 2014.

Anhaltspunkte dafür, dass in dem monatlich anfallenden Betrag in Höhe von 1380 Euro „vermeidbare“, nicht auf einem zwingenden Leistungskatalog des Anbieters beruhende „Luxus“-Aufwendungen enthalten waren, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich. Die Eltern des Klägers hatten nach dem vorliegenden Vertragstext (vgl. Bl. 23 ff. d. VG-Akte-Eilverfahren) nur die Möglichkeit, den Leistungsumfang des privaten Anbieters zu akzeptieren oder auf dessen Angebot zu verzichten mit der Folge dass ihr Sohn ohne Betreuung geblieben und seines Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII für den zurückliegenden Zeitraum (ab 1. April 2014) verlustig gegangen wäre. Ungeachtet dessen trägt die L. mit Schreiben vom 13. Juli 2016 (vgl. Bl. 379 d. Senatsakten) selbst vor, dass ihr ein kommunaler Kindertagesstättenplatz -ohne Aufwendungen für Gebäude (Investitionskosten AfA, Heizung, Strom, Wasser, Immobilienbewirtschaftung, Reinigung) - (ebenfalls) 1033 Euro kostet. Der von der privaten Einrichtung erhobene Betrag von 1380 Euro lässt deshalb entgegen der Auffassung der Beklagten nicht von vornherein darauf schließen, dass dort „Luxus“ geboten würde. Der Private muss mit und nicht ohne die in der L. besonders hohen Gebäudekosten kalkulieren. Ferner beträgt der Stundensatz in der privaten Einrichtung nach dem Vertrag vom 5. Februar 2014 lediglich 8 Euro (vgl. Bl. 25 Rückseite d. VG-Akte-Eilverfahren). Auch dies lässt den Einwand der Beklagten, dort würde übertriebener „Luxus“ geboten, als von vornherein fernliegend erscheinen. Soweit die Beklagte darüber hinaus Aufwendungen der Eltern des Klägers für das Essensgeld bestreitet, ist darauf hinzuweisen, dass diese nach dem Betreuungsvertrag (vgl. Bl. 25 Rückseite d. VG-Akte-Eilverfahren) von vornherein nicht in dem vom Kläger eingeklagten Betrag von 1380 Euro monatlich enthalten sind und das Essensgeld von den Eltern gesondert entrichtet wurde (vgl. Kontoauszüge, Bl. 293 d. Senatsakte).

Aufgrund des den Eltern zukommenden Beurteilungsspielraums hat der Senat auch lediglich das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs (die - unstreitige - Vollendung des ersten Lebensjahres des Klägers) zu prüfen, sich aber hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus exante Sicht des Leistungsberechtigten zu beschränken (vgl. BVerwGE, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1 [10] Rn. 34). Im Lichte dieses Maßstabes ist angesichts des vollständigen Ausfalls der von der Beklagten geschuldeten Vermittlungsleistung gegen die Auswahl der privaten Einrichtung „T.“ nach der Überzeugung des Senats nichts zu erinnern. Der Anspruch aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII unterliegt weder dem Mehrkostenvorbehalt des § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII noch ist der Anspruchsteller verpflichtet, einen Leistungserbringer zu wählen, mit dem der Träger eine Vereinbarung nach § 78b SGB VIII abgeschlossen hat (vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 36a Rn. 54), da die Beklagte als Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe ihrer Steuerungsverantwortung in vorwerfbarer Weise nicht nachgekommen ist. Die Beklagte trägt darüber hinaus selbst vor, dass sie dem Kläger im Rahmen seines Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII genau denselben Platz bei der besagten privaten Einrichtung hätte vermitteln können, wenn er nicht bereits von ihm selbst belegt gewesen wäre. Damit ist ihr jedweder Einwand, die Eltern hätten sich um einen kostengünstigeren Platz bemühen müssen, aus der Hand genommen. Die Beklagte kann den Kläger nicht einerseits ohne jedes zumutbare Angebot belassen und damit die Rechtswirkungen der Auslegungshinweise des Bayer. Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen vom 2. Juli 2013 (vgl. Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]) sehenden Auges unterlaufen, die für den Fall der Zuweisung eines Platzes mit einem höheren Elternbeitrag die Zahlung eines Ausgleichsbeitrags ausdrücklich vorsehen, dem Kläger sodann jedoch andererseits im Rahmen des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII analog entgegenhalten wollen, er habe in seiner Not eine zu teure - weil nicht in gleicher Weise wie die kommunalen Plätze subventionierte - Einrichtung gewählt. Ein solches Verhalten ist in hohem Maße widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich.

Kommt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner Verschaffungspflicht nicht oder nur verspätet nach, so muss er die von den Eltern getroffene Beschaffungsentscheidung respektieren und kann nicht einwenden, er hätte - weil kostengünstiger -eine andere Lösung für geeigneter gehalten (vgl. BVerwGE, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1 [10] Rn. 34 a.E.). Ungeachtet dessen hat alleine der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Nachweis einer behaupteten Unverhältnismä-ßigkeit des Kostenaufwands zu führen (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3, Rn. 478 a.E.). Ein solcher Nachweis ist angesichts des Umstands, dass die Beklagte nach eigenem Bekunden für das Zur-Verfügung-Stellen eines kommunalen Platzes -ohne Berücksichtigung der Gebäudekosten (Investitionskosten AfA, Heizung, Strom, Wasser, Immobilienbewirtschaftung, Reinigung) - bereits ebenfalls 1033 Euro monatlich aufwenden muss, nicht zur Überzeugung des Senats erbracht worden. Der private Anbieter kann nur inklusive der in der L. besonders hohen Gebäudekosten kalkulieren. Insoweit erscheinen 1380 Euro pro Monat für eine Vollzeitbetreuung im Umfang von 40 Wochenstunden nicht unverhältnismäßig hoch, zumal die Betreuungskosten pro Stunde insoweit lediglich 8 Euro betragen (vgl. Bl. 25 Rückseite d. VG-Akte-Eilverfahren).

7. Abzusetzen sind im Wege des Vorteilsausgleichs ersparte (fiktive) Kostenbeiträge (§ 90 Abs. 1 SGB VIII), die sich nach den in der Wunscheinrichtung zu zahlenden Beträgen richten. Vorliegend haben die Eltern des Klägers sich am 2. April 2014 um Aufnahme ihres Sohnes in kommunale (städtische) Einrichtungen bemüht, ohne jedoch Berücksichtigung finden zu können. Auf dem einheitlichen Aufnahmeantrag für Krippenplätze, Kindergartenplätze und Horte (vgl. Bl. 9 d. VG-Akte-Eilverfahren) ist zwar die Rubrik „Kindergartenplatz“ angekreuzt worden, allerdings findet sich auf dem Antragsformular unter dem Stichwort „gewünschter Zeitpunkt der Aufnahme“ der Eintrag „schnellstmöglich“. Angesichts des Umstandes, dass der am 30. August 2011 geborene Kläger am 2. April 2014 die Voraussetzungen für eine Aufnahme in den Kindergarten - die Vollendung des dritten Lebensjahres - noch gar nicht erfüllte, geht der Senat deshalb davon aus, dass nicht ein Kindergarten-, sondern ein Kinderkrippenplatz begehrt wurde und es sich insoweit lediglich um eine „Falschbezeichnung“ handelt. Letzteres deckt sich mit einem an den „Städtischen Kindergarten S.-straße 23“ gerichteten Schreiben der Eltern vom 2. Mai 2014 (vgl. Bl. 15 d. VG-Akte-Eilverfahren), in dem ausdrücklich gebeten wird, den Kläger auf der Vormerkliste zu belassen, da man „unbedingt auf einen Kita-Platz angewiesen“ sei und sich eine private Kinderbetreuungseinrichtung langfristig nicht leisten könne. Nach der Überzeugung des Senats bestehen daher keine vernünftigen Zweifel, dass Wunscheinrichtung der Eltern des Klägers in jedem Fall eine kommunale Kindertagesstätte war. Mithin sind ausschließlich diese Einrichtungen für die Berechnung des fiktiven Abzugsbetrages maßgebend. Da es sich um eine rein fiktive Berechnung handelt, sind die Beteiligten so zu stellen, wie wenn sie in den begehrten Einrichtungen tatsächlich Aufnahme gefunden hätten, etwaige Ermäßigungsanträge rechtzeitig gestellt und mögliche Ausschlussfristen beachtet worden wären.

Die Durchführung des Berechnungsverfahrens obliegt der Beklagten auf der Grundlage der vorgenannten Erwägungen im Rahmen einer entsprechenden Anwendung ihrer Kindertageseinrichtungsgebührensatzung nach vorheriger Erhebung der Daten zu den Einkommensverhältnissen der Eltern. Dies setzt die Durchführung eines eigenen Verwaltungsverfahrens voraus, dem im Rahmen des vorliegenden Berufungsverfahrens nicht vorgegriffen werden kann. Der Senat muss sich deshalb auf den Erlass eines Bescheidungsurteils analog § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO beschränken (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 113 Rn. 193, 195 und 197; Knauff, in: Gärditz, VwGO, § 113 Rn. 101 f.).

Nach allem hat die Berufung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

III.

1. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 i. V. m. § 188 Satz 2 VwGO.

2. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

3. Gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Der vorliegende Fall gibt dem Bundesverwaltungsgericht Gelegenheit, Inhalt und Umfang des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII und des auf ihn bezogenen Sekundäranspruchs analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Anschluss an seine Entscheidung vom 12. September 2013 - 5 C 35.12 -, NJW 2014, 1256 näher zu konturieren. Derzeit sind weitere fünf vergleichbare Fälle aus dem Geschäftsbereich der Beklagten beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof anhängig. Eine nicht näher bekannte Anzahl ähnlicher Fälle beschäftigen das Verwaltungsgericht München.

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Tenor

Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den beiden Antragstellern jeweils ab dem 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes zu verschaffen.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses einen Antrag beim Landesamt ... des Landes Rheinland-Pfalz zur Genehmigung einer vorübergehenden Überbelegung der relevanten Kindergärten im Zeitraum vom 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu stellen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾ und die Antragsteller zu ¼.

Gründe

1

Die Antragsteller begehren – vertreten durch ihre Eltern –, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen jeweils ab dem 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes, das heißt maximal 30 Minuten einfache Wegzeit zur betreffenden Einrichtung, zu verschaffen.

2

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat teilweise Erfolg.

3

Soweit das Begehren der Antragsteller darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin zu einer bestimmten Leistung vorläufig zu verpflichten, hat der Antrag mangels Spruchreife keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat glaubhaft dargelegt, dass jedenfalls nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kein Platz in den Kindergärten, die die im Antrag genannten Voraussetzungen erfüllen, vorhanden ist. Eine Betreuung der Antragsteller in einer anderen Betreuungsform wird nicht begehrt. Der Kammer ist es daher im Rahmen der hier durchzuführenden summarischen Überprüfung nicht möglich, abschließend über die tatsächlich zu gewährende konkrete Leistung zu entscheiden. Es wäre so nicht sichergestellt, dass der Antragsgegner die ihm dann im Rahmen der – sofort vorläufig vollstreckbaren – einstweiligen Anordnung auferlegten Pflicht rechtlich oder tatsächlich nachkommen könnte. Insoweit ist die Frage, ob eine Erfüllbarkeit vorliegt nicht nur an die tatsächlichen, sondern auch an die rechtlichen Voraussetzungen gebunden. Dazu gehört auch die Einholung der Zustimmung des zuständigen Landesamtes im Hinblick auf eine – zumindest vorübergehende – Kapazitätserweiterung (vgl. zu § 24 SGB VIII: NdsOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 4 ME 596/02 –, NJW 2003, 1826 [1827]; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 6. Auflage 2016, § 24, Rn. 21). Dies hat die Antragsgegnerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 17. November 2017 bisher zwar geprüft und als abwegig befunden, aber noch nicht erfolglos durchgeführt. Insoweit bestehen derzeit rechtliche und tatsächliche Hindernisse für die Erfüllung des Anordnungsanspruchs, bei denen fraglich ist, ob sie ausgeräumt werden können. Die vorläufige Verpflichtung zur – tatsächlichen – Gewährung der konkret begehrten Leistung scheidet daher mangels Spruchreife aus, denn auch das Gericht kann die Antragsgegnerin nicht zu einer unmöglichen Leistung im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichten (vgl. allgemein OVG SH, Beschluss vom 22. August 2005 – 2 MB 30/05 –, NVwZ 2006, 363 [364]). Insoweit ist der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zumindest unbegründet.

4

Der Antrag ist allerdings gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO als Regelungsanordnung zulässig und begründet, soweit der Antragsteller inzident die vorläufigeFeststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt (vgl. allgemein dazu BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 [857]; kürzlich etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 13 B 238/17 –, BeckRS 2017, 114873, Rn. 11). Der Antrag war gemäß §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass im – hier nicht erfolgreichen – Leistungsantrag gleichzeitig ein Feststellungsbegehren als Minus enthalten ist.

5

Statthafte Klageart in der Hauptsache wäre hier insoweit die Feststellungsklage. Diese ist hier nicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär, da sie ausnahmsweise für die Antragsteller rechtsschutzintensiver wäre und die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer alternativ in Betracht kommenden Leistungsklage nicht unterlaufen werden. Die Antragsteller begehren hier zumindest auch die Feststellung, dass die Antragsgegnerin zur Zurverfügungstellung eines geeigneten Kindergartenplatzes verpflichtet ist. Insoweit kommt eine Regelungsanordnung insbesondere zur Sicherung eines Rechts der Antragsteller als Grundlage etwaiger Sekundäransprüche in Betracht (vgl. zu § 24 SGB VIII: Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, Rn. 395). Ansonsten wäre den Antragstellern auch effektiver Eilrechtsschutz in dieser Konstellation insgesamt verwehrt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 [857]).

6

Der Antrag ist in diesem Umfang auch begründet.

7

Die Voraussetzungen für eine Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO – Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund – haben die Antragsteller glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Nach dieser Bestimmung ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um – unter anderem – wesentliche Nachteile abzuwenden. Hierbei bedarf es im Unterschied zur Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht der vollen Prüfung und Glaubhaftmachung des behaupteten Rechtes, vielmehr kann auch bei offener Erfolgsaussicht des Verfahrens in der Hauptsache eine vorläufige Regelung für die Dauer des Verfahrens ergehen, sofern diese sich unter Abwägung der privaten Interessen mit den öffentlichen Interessen als geboten erweist. Läuft die beantragte einstweilige Anordnung auf eine vollständige oder zeitweilige Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, so kann wegen des verfassungsrechtlichen Gebotes effektiver Rechtsschutzgewährung eine einstweilige Anordnung ausnahmsweise nur dann ergehen, wenn bei einer Ablehnung des Antrags auf Gewährung von vorläufigen Rechtsschutz und einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren den Rechtsuchenden nicht ausgleichbare Nachteile entstehen, deren Hinnahme ihm nicht zuzumuten ist. Die Anforderungen an den Nachweis des geltend gemachten Anspruchs sind dabei umso höher, je stärker sich das mit der Anordnung Begehrte mit dem Ziel der Hauptsache deckt (OVG RP, Beschluss vom 15. März 1978 – 2 B 154/78 –, NJW 1978, 2355).

8

Der Anspruch auf die Verschaffung des begehrten Kindergartenplatzes folgt für die Antragsteller aus § 5 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes (KiTaG). Demnach haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten. Das Jugendamt hat zu gewährleisten, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht.

9

Die Antragsteller sind – vertreten durch ihre Eltern – aktivlegitimiert. Das Kind ist im Rahmen von § 5 Abs. 1 KiTaG alleiniger Anspruchsinhaber (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 28; Hötzel/Baader/Flach/Lerch/Zwick, PdK Rheinland-Pfalz, Stand: Juli 2015, § 5 KiTaG, Ziffer 2; a. A. noch OVG RP, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 7 A 10671/12.OVG –, juris, Rn. 41; VG Mainz, Urteil vom 10. Mai 2012 – 1 K 981/11.MZ –, juris, Rn. 24). Am 24. November 2017 vollenden beide Antragsteller das zweite Lebensjahr und haben ihren Wohnsitz im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, sodass die materiellen Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 KiTaG dem Grunde nach vorliegen.

10

Die Eltern der Antragsteller haben die Antragsteller auch für einen Kindergartenplatz ab dem 24. November 2017 hinsichtlich ihres aktuellen Wohnsitzes mit Antrag vom 16. Oktober 2016 angemeldet. Die Antragsgegnerin bestätigte den Eingang mit Schreiben vom 21. Oktober 2016. Mit Schreiben vom 19. September 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte erneut die Zurverfügungstellung eines Kindergartenplatzes bei der Antragsgegnerin.

11

Ebenso wie § 24 Abs. 2 SGB VIII im Bundesrecht ist § 5 Abs. 1 KiTaG ohne expliziten Kapazitätsvorbehalt ausgestaltet. Es handelt sich insoweit um eine „unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung“ (BayVGH, Urteil vom 22. Juli 2016 – 12 BV 15.719 –, juris, Rn. 27). Damit ist jedoch nicht zwingend verbunden, dass eine derartige Leistung auch stets mit Erfolg eingeklagt werden kann bzw. auch tatsächlich erfüllbar ist. Die – hier festzustellende – Primärverantwortung des Trägers schlägt bei objektiver Erschöpfung der Kapazitäten in eine Sekundärverantwortung um, die unter anderem darin besteht, nunmehr die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen (vgl. zu § 24 SGB VIII: BayVGH, Beschluss vom 17. November 2015 – 12 ZB 15.1191 –, juris, Rn. 36). Im Fall der Nichterfüllbarkeit des (primären) Anspruchs können sich allenfalls sekundäre Ersatzansprüche gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergeben, der den Primäranspruch nicht zu erfüllen vermag (vgl. zu § 24 SGB VIII: HessVGH, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 10 B 1973/13 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2013 – 12 B 793/13 –, juris, Rn. 10; OVG SH, Beschluss vom 1. November 2000 – 2 M 32/00 –, juris, Rn. 4; a.A. SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, LKV 2017, 316, Rn. 7). Dies entspricht allgemeinen Rechtsgrundsätzen und muss auch im Rahmen der einstweiligen Anordnung hinreichende Beachtung finden (vgl. allgemein OVG SH, Beschluss vom 22. August 2005 – 2 MB 30/05 –, NVwZ 2006, 363 [364]: „selbstverständlicher Grundsatz“). Eine zusätzliche „Sanktionierung“ der Antragsgegnerin für die Versäumung ihres gesetzlichen Gewährleistungsauftrags über die Verhängung von Zwangsgeldern gemäß § 172 VwGO wäre daher zumindest in diesem Einzelfall derzeit auch nicht angezeigt (a. A. SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, LKV 2017, 316, Rn. 13). Die Antragsgegnerin kann hinreichend durch die Anerkennung entsprechender Sekundäransprüche in die Verantwortung genommen werden. Bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung besteht unter bestimmten Voraussetzungen insbesondere ein aus dem Bundesrecht in analoger Anwendung von § 36a Abs. 3 SGB VIII abzuleitender Sekundäranspruch. Demnach kann Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Leistungen verlangt werden, falls der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes nicht erfüllt oder in rechtswidriger Weise verweigert wird (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 35.12 –, NJW 2014, 1256, Rn. 17 ff.; OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 27). Etwaige Ersatzansprüche sind jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

12

Die Antragsgegnerin hat hier glaubhaft darlegen können, dass alle vorhandenen Kapazitäten erschöpft sind. Sie teilte dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Oktober 2017 mit, dass erst ab dem 1. April 2018 geeignete Kindergartenplätze im „Provisiorium ...“ für die Antragsteller zur Verfügung stünden. Es könne kein früherer Aufnahmetermin angeboten werden, da in den bestehenden Einrichtungen in den Stadtteilen V., I. und Umgebung alle Plätze belegt seien und für die Neu-/Umbauten noch keine Fertigstellungstermine feststünden. In der Antragserwiderung vom 27. Oktober 2017 teilte die Antragsgegnerin ferner mit, dass ein früherer Aufnahmetermin möglich sein könnte, allerdings nur für den Fall, dass der Einzug in das vorgenannte „Provisorium“ früher als geplant stattfinden könne. Mit Schriftsatz vom 17. November 2017 führte die Antragsgegnerin aus, dass nach ihrem Kenntnisstand auch keine freien Plätze in Kindertagesstätten, die nicht in ihrer Trägerschaft stünden, verfügbar seien. Denn wenn in solchen noch freie Platzkapazitäten vorhanden seien, werde ihr dies mitgeteilt. Zusätzlich überprüfe sie die Belegungszahlen anhand von Belegungslisten, die ihr jährlich überreicht würden. Eine vorübergehende Überbelegung sei nur dann möglich, wenn vorab eine Genehmigung vom Landesamt ... erteilt werde. Dies sei aber nur möglich, wenn eine besondere pädagogisch notwendige Situation vorliege oder wenn zusätzliches Personal für die Überbelegung zur Verfügung gestellt werden könne. Eine solche pädagogische Notwendigkeit ergebe sich aus den derzeit vorliegenden Informationen nicht. Ferner gestalte es sich äußerst schwierig, kurzfristig ausreichend pädagogisches Personal einzustellen, zumal ohnehin weiteres Personal vorrangig für die neu und weiter ausgebauten Kitas benötigt werde.

13

Sofern – wie hier – seitens der Antragsteller akuter Bedarf vorliegt, aber zur selben Zeit sämtliche vorhandenen Kapazitäten ausgeschöpft sind, beschränkt sich das Ermessen des Gerichts in der Regel darauf, einen dem Grunde nach bestehenden Primäranspruch – hier aus § 5 Abs. 1 KiTaG – festzustellen (vgl. zu § 24 SGB VIII: Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, Rn. 395). Dieser bildet auch die Grundlage für etwaige Sekundäransprüche, die in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen wären. Insofern haben die Antragsteller mit der einstweiligen Anordnung zwar (teilweise) „formal Erfolg [...], ohne dass es dadurch jedoch zu einer Anspruchserfüllung durch Zurverfügungstellung eines Kindergartenplatzes kommen würde“ (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 33). Zudem war im Rahmen des gerichtlichen Ermessens zusätzlich auszusprechen, dass die Antragsgegnerin Ungewissheiten hinsichtlich der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Erfüllung eines Verschaffungsanspruchs ausräumt. Insbesondere hat die Antragsgegnerin ihre rechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich einer vorübergehenden Überbelegung im Einvernehmen mit dem Landesamt ... auszuschöpfen. Sie hat sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben um eine entsprechende Genehmigung zu bemühen, um ihrem Gewährleistungsauftrag möglichst effektiv nachzukommen. Die Beantragung einer solchen Genehmigung ist der Antragsgegnerin weiterhin tatsächlich und rechtlich möglich, allerdings sind hier die Erfolgsaussichten – wie von der Antragsgegnerin dargelegt – ungewiss.

14

Auch die Eilbedürftigkeit haben die Antragsteller hinsichtlich des Feststellungsbegehrens hinreichend glaubhaft machen können. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen sowie der öffentlichen Interessen und der Interessen Dritter nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (vgl. etwa HessVGH, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 7 TG 2479/92 –, NVwZ-RR 1993, 387 [389]; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123, Rn. 26). Dies ist hier der Fall. Für den von den Antragstellern im Antrag spezifizierten Zeitraum vom 24. November 2017 bis 31. März 2018 ist keine Entscheidung in der Hauptsache zu erwarten, sodass die Inanspruchnahme des Eilrechtsschutzes geboten war. Es handelt sich um einen zeit- bzw. altersgebundenen Anspruch, dessen Erfüllung sich daher nicht mehr nachholen lässt. Zudem kann auch davon ausgegangen werden, dass das Ende der Elternzeit der Kindesmutter am 24. November 2017 geplant ist, wobei die Antragsteller bisher ihrerseits nicht glaubhaft gemacht haben, dass eine etwaige Verlängerung der Elternzeit oder eine anderweitige Betreuung der Antragsteller – auch hinsichtlich beider Elternteile – für die hier streitgegenständliche Übergangsphase in jeglicher Hinsicht unmöglich oder unzumutbar wäre. Aus diesem Grunde war im Rahmen des gerichtlichen Ermessens die Einräumung einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses für die Antragsgegnerin geboten.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Die Verfahrensbeteiligten streiten um die Erstattung von Mehraufwendungen für die Unterbringung der Klägerin in einer privaten Kinderkrippe.

1. Bereits am 9. Juli 2012 meldeten die Eltern die am ... August 2012 geborene Klägerin für einen Krippenplatz in den Einrichtungen „k.“ und „k. der Beklagten an, welche jeweils federführend für weitere sechs Krippen tätig waren. Mit Schreiben vom 20. und 25. April 2013 erhielten die Eltern von der Beklagten, Abteilung „KITA“, städtischer Betrieb, mitgeteilt, dass in diesen Einrichtungen kein Platz angeboten werden könne.

Unter dem 29. April 2013 meldete die Mutter und spätere Prozessbevollmächtigte der Klägerin den weiterhin bestehenden Bedarf für einen Vollzeitbetreuungsplatz ab 1. September 2013 bei den beiden federführenden Einrichtungen an. Im Fall der Nichterfüllung werde der entsprechende Schaden (Verdienstausfall, Kosten einer anderweitigen Betreuung in einer privaten Einrichtung) gerichtlich geltend gemacht.

Am 14. Mai 2013 schlossen die Eltern der Klägerin für ihre Tochter einen Bildungs- und Betreuungsvertrag mit einer privat betriebenen Kinderkrippe ab. In diesem Vertrag wurde die Aufnahme der Klägerin ab 1. September 2013 für fünf Tage pro Woche, acht bis neun Stunden täglich zu einer Monatsgebühr in Höhe von 780,- Euro vereinbart. Die Vertragsdauer betrug zunächst ein Jahr mit Verlängerungsmöglichkeit bis zum 31. August 2015.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2013 setzte die Abteilung „KITA-Strategie und Grundsatz“ die Mutter der Klägerin darüber in Kenntnis, dass ihre Rückmeldungsschreiben vom 29. April 2013 zuständigkeitshalber an sie weitergeleitet worden seien. Gleichzeitig wurde weiterhin Unterstützung bei der Suche nach einem Vollzeitbetreuungsplatz angeboten und empfohlen, neben der Vormerkung bei nicht städtischen Einrichtungen und Eltern-Kind-Initiativen auf der Warteliste der Wunscheinrichtungen zu verbleiben. Das beigefügte Formblatt zur Ermittlung des aktuellen Betreuungsbedarfs solle schnellstmöglich zurückgesandt werden. Hieran wurde seitens der Beklagten nochmals mit E-Mail vom 4. Juni 2013 erinnert.

2. Nach weiterem Schriftverkehr beantragte die Mutter der Klägerin am 21. August 2013, die Mehrkosten der privaten Betreuung ihrer Tochter gegenüber einem Platz in einer städtischen Einrichtung zu übernehmen. Die Beklagte lehnte dieses Anliegen mit Schreiben vom 6. September 2013 ab. Der Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung nach § 24 Abs. 2 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) werde auch durch den Besuch von Einrichtungen gemeinnütziger und sonstiger Träger erfüllt. Hinsichtlich der Übernahme von Kosten für den Besuch von Einrichtungen privater Träger wurde auf die wirtschaftliche Jugendhilfe entsprechend den individuellen Einkommensverhältnissen der Eltern verwiesen.

Unter dem 19. September 2013 bot die Beklagte der Mutter der Klägerin einen Platz in der Kinderkrippe in der d. Straße ... an. Daraufhin teilte die Mutter der Einrichtung mit, dass sie bereits einen Platz in einer privaten Einrichtung habe und wegen der erneuten Eingewöhnungsphase und des nicht passenden Konzepts die Einrichtung nicht wechseln wolle.

3. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. Oktober 2013 ließ die Klägerin beim Verwaltungsgericht München Klage erheben und zuletzt beantragen, die Beklagte zu verpflichten, für das erste Krippenjahr 1. September 2013 bis 31. August 2014 Euro 3.051,- und für das Krippenjahr 1. September 2014 bis 31. März 2015 Euro 2.238,- an die Klägerin zu zahlen sowie festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, auch die Mehrkosten für den Zeitraum vom 1. April 2015 bis 31. August 2015 zu tragen. Für die Vergleichsberechnung (Differenz private Einrichtung/städtische Krippe) sei jeweils der Höchstsatz der Gebühren für eine städtische Einrichtung maßgebend. Die Klägerin, die am 2. August 2013 das erste Lebensjahr vollendet habe, habe analog § 36 Abs. 3 SGB VIII Anspruch auf Ersatz der Mehrkosten, die ihr für die Selbstbeschaffung einer Vollzeitbetreuung entstanden seien. Der Betreuungsbedarf sei rechtzeitig, ca. 14 Monate vor seiner Entstehung erstmals bei der Beklagten geltend gemacht und im April 2013, vier Monate vor Beginn der beabsichtigten Inanspruchnahme am 1. September 2013, nochmals wiederholt worden. Der erst am 19. September 2013 angebotene Platz sei zu spät gekommen. Zu diesem Zeitpunkt sei die Klägerin bereits in der selbst beschafften Einrichtung eingewöhnt gewesen. Neben dem nochmaligen hohen Zeitaufwand und dem Abbruch erst geschaffener Beziehungen zur Betreuungsperson sei eine erneute Eingewöhnung mit starken emotionalen Belastungen für die Klägerin verbunden und demzufolge nicht zumutbar gewesen. Da im Mai 2013 eine Betreuung ab September 2013 nicht gewährleistet gewesen sei, sei der Abschluss des Betreuungsvertrages mit dem privaten Träger unaufschiebbar gewesen.

Die Beklagte trat dem entgegen. Unabhängig von der Beitragshöhe sei der Primäranspruch der Klägerin bereits durch den Besuch der privaten förderfähigen Kinderkrippe befriedigt worden. Auch der am 19. September 2013 angebotene Platz in der Kinderkrippe eines gemeinnützigen Trägers sei geeignet gewesen, den Rechtsanspruch der Klägerin auf frühkindliche Förderung zu erfüllen. Die Einrichtung befinde sich in 4,1 km Entfernung zur Wohnung der Familie der Klägerin und sei per Auto in zehn Minuten und mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 23 Minuten zu erreichen. Die Arbeitsstelle der Mutter befinde sich nur 1 km von der Einrichtung entfernt und könne zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in 11 Minuten erreicht werden. Der Übergang von der bereits besuchten privaten Einrichtung in die angebotene Einrichtung d. Straße ... sei der Klägerin aufgrund der ihr obliegenden Schadensminderungspflicht zumutbar gewesen. Ungeachtet dessen sei der Vertragsschluss mit der privaten Kinderkrippe am 14. Mai 2013 auch nicht unaufschiebbar gewesen. Die Klägerin habe der Beklagten eine angemessene Zeit zur Vermittlung eines Platzes einräumen müssen.

4. Mit Bescheid vom 13. November 2013 gewährte die Beklagte der Klägerin als Leistung der Jugendhilfe für die Zeit vom 1. September 2013 bis 30. September 2013 Hilfe in Form von Übernahme des Teilnahmebeitrags für den Besuch der privaten Kinderkrippe in Höhe von einmalig 710.- Euro.

5. Mit Urteil vom 18. März 2015 wies das Verwaltungsgericht München die Klage als unbegründet ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erstattung der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz in der selbst gewählten privaten Einrichtung zu denen in einer städtischen Kinderkrippe analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII. Die Eltern der Klägerin hätten den Betreuungsbedarf nicht gemäß § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII vor der Selbstbeschaffung an die Beklagte herangetragen, so dass ein Sekundäranspruch aus diesem Grunde ausscheide. Erst durch die Weiterleitung der an die beiden federführenden Kinderkrippen gerichteten Schreiben vom 29. April 2013 habe die Beklagte Kenntnis vom grundsätzlichen Betreuungsbedarf der Klägerin erhalten. Trotz der zunächst erfolgten Selbstbeschaffung mit Betreuungsvertrag vom 14. Mai 2013 habe die Beklagte den Eltern der Klägerin Unterstützung bei der Suche nach einer kostengünstigeren Einrichtung angeboten und der Klägerin am 19. September 2013 auch tatsächlich einen Betreuungsplatz in der Kinderkrippe in der d. Straße ... nachgewiesen, welche in zumutbarer Entfernung zur Wohnung der Eltern und auch zur Arbeitsstelle der Mutter der Klägerin liege und deren Gebühren der städtischen Gebührensatzung entsprächen. Dieser Platz sei von der Klägerin bzw. ihren Eltern jedoch nicht in Anspruch genommen worden. Ungeachtet dessen erscheine der Abschluss eines privaten Betreuungsvertrages Mitte Mai 2013 im Hinblick auf den erst ab dem 2. August 2013 bestehenden Rechtsanspruch der Klägerin auf einen Krippenplatz auch nicht zeitlich unaufschiebbar mit der Folge, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII insgesamt nicht vorlägen.

6. Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Das Verwaltungsgericht habe den Anspruch zu Unrecht mit der Erwägung abgelehnt, der Antrag sei bei der falschen Behörde gestellt worden. Der bestehende Bedarf für einen Vollzeitbetreuungsplatz sei der zuständigen Behörde vor der Selbstbeschaffung bereits bekannt gewesen. Die Frage, bei wem der Anspruch hätte geltend gemacht werden müssen, besitze zudem grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Darüber hinaus lägen Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) vor. Das Verwaltungsgericht habe den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) verletzt, indem es sich mit dem Klageantrag in keiner Weise auseinandergesetzt habe. Eine Befassung mit den zeitlichen Abläufen, Anmeldung des Betreuungsbedarfs im Jahr 2012, Absagen im Frühjahr 2013, Selbstbeschaffung und Vertragsunterzeichnung am 14. Mai 2013 fehle gänzlich. Es sei stets beantragt worden, „einen Vollzeitbetreuungsplatz“ zur Verfügung zu stellen und nicht etwa einen bestimmten Platz in einer konkreten Einrichtung. Bezüglich der Nichtannahme des im September 2013 angebotenen Platzes fehle jegliche Auseinandersetzung mit dem vorgetragenen Argument, ein Wechsel sei nach bereits erfolgter Eingewöhnung mit dem Kindeswohl nicht mehr vereinbar gewesen. Ferner habe das Verwaltungsgericht auch den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Die streitigen Rechtsfragen seien in der mündlichen Verhandlung nicht erläutert worden. Vielmehr habe die Entscheidung bereits vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung festgestanden. Es handele sich um ein sog. Überraschungsurteil, da das Gericht einen bis dahin nicht erörterten Gesichtspunkt -das vermeintlich fehlende Herantragen des Betreuungsbedarfs an den Jugendhilfeträger - zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gegeben habe, mit der nach dem bisherigen Verlauf nicht zu rechnen gewesen sei. Zudem habe der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung auf ein zum damaligen Zeitpunkt noch unveröffentlichtes Urteil der Kammer zu derselben Thematik verwiesen, in dem die Berufung zugelassen worden sei. Im vorliegenden Verfahren hingegen sei eine Zulassung der Berufung in der mündlichen Verhandlung ohne Angaben von Gründen abgelehnt worden.

Die Beklagte tritt dem entgegen und verteidigt die Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Die Klägerin habe lediglich einen Antrag gemäß Art. 21 Bayer. Gemeindeordnung (BayGO) auf Zulassung zu mehreren konkret ausgewählten Kindertageseinrichtungen in kommunaler Trägerschaft der Beklagten gestellt, nicht aber einen Anspruch auf frühkindliche Förderung gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII geltend gemacht. Auch die Rückmeldung vom 29. April 2013 habe sich wiederum lediglich auf den Anspruch aus Art. 21 BayGO, nicht aber auf die Geltendmachung eines allgemeinen Bedarfs im Sinne des § 24 SGB VIII bezogen. Mit E-Mail vom 31. Mai 2013 habe die Klägerin vielmehr eine Rücksendung des mit Schreiben vom 22. Mai 2013 übermittelten Bedarfserhebungsformulars abgelehnt und auch am 31. Juli 2013 nochmals telefonisch mitgeteilt, dass weitere Angaben zum Betreuungsbedarf nicht erfolgen werden. Damit habe bereits vor Entstehung des Rechtsanspruchs am 1. August 2013 festgestanden, dass seitens der Klägerin kein Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB VIII geltend gemacht werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsund Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zulassungsgründe liegen - soweit dargelegt - nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Die Richtigkeit der angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung begegnet keinen ernstlichen Zweifeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht ist - im Ergebnis - zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin kein (weiterer) Anspruch auf Erstattung der Differenz zwischen den tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz in der gewählten privaten Einrichtung und denen einer städtischen Kinderkrippe analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zusteht. Die Beklagte hat dem Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin bereits mit Bescheid vom 13. November 2013 in vollem Umfang Rechnung getragen, indem sie für die Zeit vom 1. September 2013 bis 30. September 2013 Jugendhilfe in Form der Übernahme des Teilnahmebeitrags für den Besuch der Klägerin in der privaten Kinderkrippe in Höhe von 710,- Euro gewährte. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu, wovon - jedenfalls im Ergebnis - auch das Verwaltungsgericht zu Recht ausgegangen ist.

a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nicht bereits dann gegeben, wenn lediglich einzelne Rechtssätze oder tatsächliche Feststellungen, die das Urteil tragen, zu Zweifeln Anlass geben, dieses aber im Ergebnis aus anderen Gründen offensichtlich richtig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO analog). § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verlangt nicht, die Berufung wegen eines Fehlers zuzulassen, der für den Ausgang des Berufungsverfahrens und damit für das Ergebnis des Prozesses erkennbar bedeutungslos bleiben wird (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/07 -, NVwZ-RR 2004, 542 [543]; BVerfG, B. v. 24.1.2007 - 1 BvR 16 382/05 -, NVwZ 2007, 805 [806]; BayVGH, B. v. 6.11.2003 - 22 ZB 03.2602 -, NVwZ-RR 2004, 223).

b) Hiervon ausgehend hat die Bevollmächtigte der Klägerin zwar entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zu Recht darauf hingewiesen, dass sie den Bedarf der Klägerin mit Schreiben vom 29. April 2013 rechtzeitig an die Beklagte herangetragen hat. Diese selbst hat die Klägerin mit Schreiben vom 22. Mai 2013 darüber in Kenntnis gesetzt, dass ihre beiden Rückmeldungsschreiben vom 29. April 2013 zuständigkeitshalber an sie weitergeleitet worden seien, nachdem bislang kein Betreuungsplatz habe zur Verfügung gestellt werden können. Spätestens damit ist das Leistungsbegehren der Klägerin aus § 24 Abs. 2 SGB VIII - und nicht etwa lediglich aus Art. 21 BayGO, wie die Beklagte rechtsirrig meint - in den Machtbereich des zuständigen Jugendhilfeträgers gelangt (§ 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I) und damit im Sinne des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII an sie herangetragen worden. Die Mutter der Klägerin hat in ihrer E-Mail an die Beklagte vom 31. Mai 2013 auch ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei den Einrichtungen in der „k. und der „K. sowie den von diesen federführend betreuten weiteren sechs kommunalen Krippen keineswegs um „Wunscheinrichtungen“ handelt. Die Annahme der Beklagten, die Klägerin habe auch anlässlich der Rückmeldung vom 29. April 2013 lediglich einen Anspruch aus Art. 21 BayGO auf Zulassung zu bestimmten, konkret ausgewählten Einrichtungen in kommunaler Trägerschaft, nicht aber einen allgemeinen Bedarf im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB VIII geltend gemacht, geht daher fehl. Im Übrigen ist die Beklagte in ihrer E-Mail an die Mutter der Klägerin vom 4. Juni 2013 selbst davon ausgegangen, dass der Rechtsanspruch aus § 24 SGB VIII geltend gemacht wird. Ansonsten machte die Erinnerung an die Rücksendung des Bedarfsermittlungsformulars keinen Sinn.

Die Nichtbeachtung der innerorganisatorischen Zuständigkeitsverteilung (Anmeldung des Rechtsanspruchs bei der Tageseinrichtung statt bei der Abteilung „KITA Strategie und Grundsatz“) durch die Mutter der Klägerin steht einer wirksamen Entgegennahme des Leistungsbegehrens nicht entgegen (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3: Förderung in KITA und Kindertagespflege, 2013, Rn. 430 m. w. N.). Soweit es sich - wie hier - bei den Einrichtungen der Beklagten in der „K. und „k. um rechtlich nicht verselbstständigte „Eigeneinrichtungen“ handelt, können und müssen diese - wie vorliegend auch geschehen - ein entsprechendes Leistungsbegehren in Empfang nehmen und weiterleiten (Mrozynski, SGB I, 4. Aufl. 2010, § 16 Rn. 13 ff.; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 430). Die in Art. 45a des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) festgelegte Anmeldefrist für einen Betreuungsplatz (vgl. auch die Übergangsregelung in Art. 118 Abs. 2 AGSG) trat erst am 16. Juli 2013 in Kraft (vgl. § 2 Satz 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze vom 24. Juni 2013, GVBl. 385 [387]) und war deshalb von der Klägerin noch nicht zu beachten. Im Übrigen hatte die Beklagte zu diesem Zeitpunkt bereits vom Betreuungsbedarf Kenntnis.

Dass die Mutter und spätere Bevollmächtigte der Klägerin das mit Schreiben vom 22. Mai 2013 übersandte Formblatt zur Feststellung des aktuellen Bedarfs nicht zurückgesandt hat, steht einer wirksamen Geltendmachung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII ebenfalls nicht entgegen. Zum einen ist die Verwendung eines solchen gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. Art. 45a AGSG). Zum anderen waren der Beklagten die wesentlichen Daten der Anspruchsberechtigten (Name, Alter, Wohnort, Vollzeitbetreuung, Betreuungsbeginn) bereits aus der erfolglosen Bewerbung um einen Betreuungsplatz in den kommunalen Einrichtungen bekannt. Eine Bedarfsprüfung im Rechtssinne sieht der Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII - anders als derjenige der unter Einjährigen (§ 24 Abs. 1 SGB VIII) - nicht vor; vor allem ist der Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht von einer (beabsichtigten) Erwerbstätigkeit der Eltern abhängig. Maßgeblich ist vielmehr allein der durch die Erziehungsberechtigten definierte individuelle Bedarf, begrenzt durch das Wohl des zu betreuenden Kindes (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 10 f.). Ungeachtet dessen war die Beklagte auch in der Lage, der Klägerin unter dem 19. September 2013 einen Betreuungsplatz anzubieten, ohne dass ihr das erbetene Formblatt ausgefüllt vorgelegen hätte.

Das Begehren der Klägerin ist auch nicht etwa deshalb als erfüllt zu betrachten, weil diese sich zum Zeitpunkt des Herantragens des Bedarfs an die Beklagte und der Entstehung des Rechtsanspruchs am 1. August 2013 bereits im Besitz eines zum damaligen Zeitpunkt noch notgedrungen außerhalb des staatlichen Anspruchssystems der Jugendhilfe selbst beschafften privaten Krippenplatzes befand. Der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erschöpft sich nicht in einem wie auch immer gearteten „Versorgtsein mit einem Betreuungsplatz“; er erfordert auf der Grundlage der noch näher zu erörternden, aus § 79 Abs. 2 SGB VIII folgenden Gewährleistungsverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe die Verschaffung bzw. Bereitstellung eines entsprechenden Platzes durch aktives Handeln (Vermitteln) des örtlich zuständigen Trägers (vgl. näher Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 20; Lakies in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 12, 67; Rixen, NJW 2012, 2839 [2840]; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 20; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387]; Wiesner, ZKJ 2014, 458). Zu Recht bezieht die Beklagte deshalb auch Personen wie die Klägerin, die sich zum Zeitpunkt des Herantragens des Bedarfs bzw. des Inkrafttretens des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII am 1. August 2013 bereits im Besitz eines zum damaligen Zeitpunkt notgedrungen außerhalb des staatlichen Anspruchssystems der Jugendhilfe selbst beschafften, naturgemäß teureren privaten Betreuungsplatzes befanden, in ihre Vermittlungsbemühungen mit ein.

Ebenso wenig war den Eltern der Klägerin zuzumuten, im Mai 2013 mit der Selbstbeschaffung eines Krippenplatzes im Hinblick darauf weiter zuzuwarten, dass ihrer Tochter erst mit Vollendung des ersten Lebensjahres am 2. August 2013 ein entsprechender Rechtsanspruch gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII zustehen würde. Die Deckung des individuellen Betreuungsbedarfs der Klägerin duldete im Hinblick auf den zum fraglichen Zeitpunkt nicht nur im Zuständigkeitsbereich der Beklagten bestehenden Mangel an Betreuungsplätzen keinen weiteren Aufschub (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. a) SGB VIII). Obwohl der Beklagten der Bedarf der Klägerin bereits am 22. Mai 2013 bekannt war, konnte sie einen entsprechenden Platz nicht - wie gewünscht - spätestens zum 1. September 2013, sondern erst ab dem 19. September 2013 zur Verfügung stellen. Damit liegt die Notwendigkeit der von den Eltern der Klägerin bereits im Mai 2013 in die Wege geleiteten Selbstbeschaffung auf der Hand. Eine weitere Vorenthaltung frühkindlicher Förderung ist regelmäßig unzumutbar, wenn sie - wie hier - bei rechtzeitiger Anmeldung nicht fristgerecht ermöglicht werden kann (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 439 m. w. N.).

c) Allerdings hat die Beklagte den Aufwendungsersatzanspruch der Klägerin analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII für den hier allein in Betracht kommenden Zeitraum vom 1. September 2013 bis 19. September 2013 bereits durch die mit Bescheid vom 13. November 2013 gewährte Übernahme des Teilnahmebeitrags für den Besuch der privaten Kinderkrippe in Höhe von 710,- Euro in vollem Umfang erfüllt. Aufwendungsersatz und Teilnahmebeitrag sind bezogen auf den Zeitraum September 2013 auf dasselbe Interesse gerichtet. Weitergehende (Aufwendungsersatz-) Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu, weshalb eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht erfolgen kann (§ 144 Abs. 4 VwGO analog).

aa) Die örtlich (§ 86 SGB VIII) und sachlich (§ 85 Abs. 1 SGB VIII) zuständigen Träger der Jugendhilfe, im Freistaat Bayern die Landkreise und kreisfreien Städte (vgl. § 69 Abs. 1 SGB VIII i. V. m. Art. 15 Abs. 1 AGSG), haben im Rahmen ihrer Gewährleistungsverantwortung (§ 79 Abs. 2 SGB VIII i. V. m. § 27 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB I) sicherzustellen, dass für jedes Kind, das einen Rechtsanspruch (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) besitzt und für das ein entsprechender Bedarf gemäß § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG an die dort genannten Stellen herangetragen wird, auch tatsächlich ein Platz zur Verfügung steht (vgl. Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 13; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 30). Insoweit besteht eine unbedingte Gewährleistungspflicht (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839 f.; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 12 f.; Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 40 m. w. N.), die der Sache nach auf die Bereitstellung oder Verschaffung eines entsprechenden Platzes in einer Tageseinrichtung (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) oder in Kindertagespflege (§ 22 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 23 SGB VIII) gerichtet ist (vgl. Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 20).

Die ausschließlich objektiv-rechtliche Verpflichtung der Gemeinden aus Art. 5 Abs. 1 des Bayerischen Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes - BayKiBiG (vgl. hierzu Jung/Lehner, BayKiBiG, 2. Aufl. 2009, Rn. 20; Bauer/Hundmeyer, Kindertagesbetreuung in Bayern, Art. 5 Anm. 3; Dunkl/Eirich, BayKiBiG, 4. Aufl. 2015, Art. 5 Anm. 1.1 u. 3), im eigenen Wirkungskreis und in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit zu gewährleisten, dass die nach der Bedarfsplanung (vgl. hierzu Art. 7 BayKiBiG) notwendigen Plätze in Kindertageseinrichtungen und in Kindertagespflege rechtzeitig zur Verfügung stehen, lässt die Gewährleistungsverantwortung der Träger der öffentlichen Jugendhilfe unberührt (vgl. Art. 5 Abs. 3, Art. 6 Abs. 1 Satz 1 und Art. 7 Satz 3 BayKiBiG).

Der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe hat dem anspruchsberechtigten Kind (und nicht etwa den sorgeberechtigten Eltern, vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1260] Rn. 47) deshalb entweder einen Platz in einer eigenen Kindertageseinrichtung zuzuweisen (zu verschaffen) oder in einer Einrichtung eines anderen (freien) Trägers bzw. einer kreisangehörigen Gemeinde oder in Kindertagespflege bei einem Tagesvater oder einer Tagesmutter nachzuweisen (bereitzustellen), der/die bereit ist, das Kind aufzunehmen (vgl. Lakies in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 12, 67; Rixen, NJW 2012, 2839 [2840]; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 20; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 20; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387]; Wiesner, ZKJ 2014, 458), sofern ein entsprechender Bedarf gemäß den Voraussetzungen des § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG rechtzeitig geltend gemacht wird. Nach diesen Vorschriften setzt die Zuweisung eines Betreuungsplatzes gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII in der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung grundsätzlich voraus, dass die Erziehungsberechtigten die Gemeinde und bei einer gewünschten Betreuung durch eine Tagespflegeperson den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens drei Monate vor der geplanten Inanspruchnahme in Kenntnis setzen.

Den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe trifft unter diesen Voraussetzungen eine unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung, die unabhängig von der jeweiligen finanziellen Situation der Kommunen zur Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots und damit - sofern entsprechende Betreuungsplätze fehlen - zu einer Kapazitätserweiterung zwingt; dem Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII kann der Einwand der Kapazitätserschöpfung nicht entgegengehalten werden (vgl. BVerfG, U. v. 21.7.2015 - 1 BvF 2/13 -, NJW 2015, 2399 [2401] Rn. 43; siehe auch Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 40; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [387] jeweils m. w. N.)

Nach zutreffender Ansicht handelt es sich um einen echten Alternativanspruch („Tageseinrichtung oder Kindertagespflege“), der von keinen weiteren Voraussetzungen als dem Erreichen des in der Vorschrift genannten Alters abhängt (vgl. Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; VG Köln, B. v. 18.7.2013 - 19 L 877/13 -, JAmt 2013, 412 [413]; U. v. 9.5.2014 - 19 K 3602/13 -juris, Rn. 17 ff.; a. A. OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13 -, NJW 2013, 3803 [3804 f.]; VGH BW, B. v. 29.11.2013 - 12 S 2175/13 -, JAmt 2014, 40 [41]; Hess-VGH, B. v. 4.2.2014 - 10 B 1973/13 -, NJW 2014, 1753 [1754] Rn. 8 allerdings jeweils unter Missachtung des bereits im Gesetzeswortlaut [„Tageseinrichtung oder Kindertagespflege“] mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck kommenden Willens des (Bundes-)Gesetzgebers [vgl. zu diesem Erfordernis näher BVerfGE 11, 126 [130] m. w. N.], eine Betreuung entsprechend dem Elternwillen alternativ entweder in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zu eröffnen, vgl. BT-Drs. 16/9299, S. 15:

„Dieser Rechtsanspruch wird entsprechend den Wünschen bzw. Bedürfnissen des Kindes und der Eltern sowohl in Tageseinrichtungen ... als auch in Kindertagespflege ... erfüllt.“;

siehe insoweit auch die Äußerung der damaligen, im Gesetzgebungsverfahren zuständigen Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend von der Leyen in der 2. Lesung des Bundestages, BT-Plenarprotokoll 16/180, S. 19236 (D):

„Wir werden den Eltern nicht vorschreiben, wo und wie sie ihre Kinder betreuen und fördern. Sie sollen selbst organisieren, wie sie ihren Alltag mit Kindern leben, ob zu Hause, in einer altersgemischten Gruppe, einer Krippe oder der Kindertagespflege, ob wohnortnah oder betriebsnah. Wie immer sie ihren Alltag organisieren wollen, das liegt alleine im Ermessen der Eltern.“).

Letzteres bedeutet, dass die Eltern als Vertreter des allein anspruchsberechtigten Kindes vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe nicht auf die Inanspruchnahme einer Tagesmutter oder eines Tagesvaters verwiesen werden können, wenn Plätze in einer Tageseinrichtung nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen und umgekehrt (vgl. Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; VG Köln, B. v. 18.7.2013 - 19 L 877/13 -, JAmt 2013, 412 [413]; U. v. 9.5.2014 - 19 K 3602/13 - juris, Rn. 17 ff.; a. A. Wiesner/Grube/Kössler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 29; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [389]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 266, 267; Wiesner, ZKJ 2014, 458; OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13 -, NJW 2013, 3803 [3804 f.]; VGH BW, B. v. 29.11.2013 - 12 S 2175/13 -, JAmt 2014, 40 [41]; HessVGH, B. v. 4.2.2014 - 10 B 1973/13 -, NJW 2014, 1753 [1754] Rn. 8).

Beide Alternativen stehen vielmehr gleichrangig - wenn auch nicht gleichwertig (vgl. zum „professionellen Gefälle“ zwischen Tageseinrichtungen und der Kindertagespflege Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 22 Rn. 24) - nebeneinander (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 43a). Gewährt der Staat - wie in § 24 Abs. 2 SGB VIII geschehen - soziale Leistungen, so besteht damit zugleich auch ein aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitendes, derivatives Teilhabe- und Leistungsrecht auf gleichheitsgerechte Entscheidung über die Leistungsgewährung (vgl. statt aller Osterloh/Nußberger, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 53 m. w. N.). Dem Träger der Jugendhilfe kommt es infolgedessen nicht zu, das anspruchsberechtigte Kind entgegen dem Elternwillen gleichheitswidrig von der gewünschten Begünstigung - Tageseinrichtung statt Kindertagespflege -auszuschließen (im Ergebnis ebenso Rixen, NJW 2012, 2039; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 67; Richter, NJW 2013, 2650 f.; a. A. unter unzutreffendem Hinweis auf den Gesichtspunkt der Gleichrangigkeit beider Betreuungsformen Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 [389] u. NJW 2014, 1216 [1217]).

Der Gesichtspunkt der Gleichrangigkeit besagt lediglich, dass der Rechtsanspruch des Kindes - nach Wahl der Eltern - entweder in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege erfüllt werden kann; er legitimiert kein im Gesetz nicht vorgesehenes Zuweisungsrecht des Jugendhilfeträgers entgegen dem Elternwillen. Nach den Wünschen der Eltern und den Bedürfnissen des Kindes (vgl. BT-Drucks. 16/9299, S. 15), nicht aber nach den Vorstellungen des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe hat sich die Erfüllung des Rechtsanspruchs zu richten. Ungeachtet dessen ist im Lichte des verfassungsrechtlichen Erziehungsprimats der Eltern (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1 Abs. 2 SGB VIII) auch nicht ersichtlich, weshalb der Staat besser als die Erziehungsberechtigten selbst wissen sollte, was gut oder besser für das Kind ist und was nicht. Kann der jugendhilferechtliche Bedarf im Einzelfall durch mehrere Hilfearten (Tageseinrichtung oder Kindertagespflege) gedeckt werden, so umfasst das Wunsch- und Wahlrecht aus § 5 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII (ausnahmsweise) auch die Art der Hilfe (vgl. statt aller Wiesner, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 5 Rn. 11).

Angemessen Rechnung getragen wird dem Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege regelmäßig nur dann, wenn diese entsprechend dem das Jugendhilferecht beherrschenden Prinzip der Wohnortnähe (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII) vom Wohnsitz des Kindes aus in vertretbarer Zeit erreicht werden können (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 29 f.; Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 69 u. 21; Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 24 Rn. 20; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 18).

In der Regel ist von der am nächsten gelegenen Einrichtung am Wohnort des Kindes auszugehen (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 22.12.2008 - 4 ME 326/08 -, NVwZ-RR 2009, 425 [426]; VG Göttingen, B. v. 21.8.1998 - 2 B 2297/98 -, NVwZ-RR 1999, 130). Wünschenswert ist eine fußläufige Erreichbarkeit (vgl. OVG Frankfurt/Oder, B. v. 30.12.1996 - 4 B 175/96 -, NVwZ-RR 1997, 555 [558]), allerdings ist es den Kindern und damit auch ihren Eltern regelmäßig zumutbar, für den Weg zur Kindertageseinrichtung öffentliche Verkehrsmittel bzw. ihren privaten PKW zu benutzen (vgl. Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 30; siehe auch VG Halle, B. v. 27.9.2010 - 7 B 238/10 - juris, Rn. 8. u. 9). In der Rechtsprechung wurde ein kombinierter Fuß- und Busweg von 30 Minuten für eine Wegstrecke als nicht mehr zumutbar angesehen (vgl. VG Schleswig, B. v. 12.1.2000 - 15 B 62/99 -, ZfJ 2000, 193). Nach engerer Auffassung soll die Grenze bereits bei 20 Minuten zu ziehen sein (so OVG Saarlouis, B. v. 16.12.1997 - 8 W 6/97 -, NVwZ-RR 1998, 435 [436]). Welche Entfernung zwischen Wohnort und Tagesstätte noch zumutbar ist, lässt sich indes nicht abstrakt-generell festlegen (vgl. VG Hannover, B. v. 26.11.2002 - 7 B 5435/02 - juris, Rn. 15; OVG NRW, B. v. 14.8.2013 - 12 B 793/13-, NJW 2013, 3803 [3805]). Vielmehr ist einerseits die Zumutbarkeit für das Kind selbst und andererseits auch der Zeitaufwand für den begleitenden Elternteil zu berücksichtigen (vgl. Lakies, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 24 Rn. 69 u. 21; Wiesner/Grube/Kößler, Der Anspruch auf frühkindliche Förderung und seine Durchsetzung, 2013, S. 30; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3, Rn. 306 ff.).

bb) Ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe entgegen seiner Gewährleistungsverpflichtung (§ 79 SGB VIII) nicht imstande, entsprechend dem jeweiligen Eltern- willen einen angemessenen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege zur Verfügung zu stellen mit der Folge, dass der Rechtsanspruch des anspruchsberechtigten Kindes aus § 24 SGB VIII leerläuft, so hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Aufwendungsersatz in Form der Kostenerstattung für einen selbstbeschafften Tagesstättenplatz bzw. für entsprechende Aufwendungen im Rahmen einer privaten Elterninitiative analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu leisten, sofern dessen Voraussetzungen vorliegen (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 - NJW 2014, 1256 [1257] Rn. 17; OVG RhPf, U. v. 25.10.2012 - 7 A 10671/12 -, JAmt 2012, 603 [604 f.]; Schübel-Pfister, NJW 2014, 1216 ff.; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 42; Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 23 ff.). Die Primärverantwortung des Trägers schlägt in eine Sekundärverantwortung um, die darin besteht, nunmehr die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen.

Einer Beachtung des allgemeinen Grundsatzes, dass Primäransprüche gegenüber Sekundäransprüchen vorrangig im Wege der Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz (§ 123 VwGO) geltend zu machen sind (vgl. § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 lit. b) SGB VIII), bedarf es im Rahmen der Verwirklichung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII regelmäßig nicht. Der Grundsatz der Vorrangigkeit des Primärrechtsschutzes kommt vielmehr nur dann zum Tragen, wenn das Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz überhaupt zumutbar ist, mit anderen Worten, Abhilfe durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe tatsächlich erwartet werden kann (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 52). Daran fehlt es, wenn - wie auch im vorliegenden Fall - von vornherein nicht absehbar war, wann der Träger seiner Bereitstellungs- und Nachweisverpflichtung würde genügen können (BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1261] Rn. 52; OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 25.10.2012 - 7 A 10671/12 -, JAmt 2012, 603 [605]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3; Rn. 444). Eine Verpflichtung, ein offensichtlich aussichtsloses Rechtsmittel einzulegen, ist der Rechtsordnung fremd (vgl. Fischer, in: Schellhorn/Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl. 2012, § 36a Rn.30 a. E.).

Der Umfang der nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII vom Träger der Jugendhilfe zu übernehmenden Aufwendungen entspricht in der Regel dem Betrag, der bei rechtzeitiger Gewährung der Hilfe entsprechend den zugrundeliegenden öffentlichrechtlichen Bestimmungen zu tragen gewesen wäre (vgl. BVerwG, U. v. 1.3.2012 -5 C 12.11 -, BVerwGE 142, 115 [122] Rn. 22). Können die Anspruchsteller die erforderliche Hilfe zu diesen Konditionen jedoch selbst nicht beschaffen, so haben sie Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen, die sie bei rechtmäßigem Handeln des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe erspart hätten (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 55). Damit bezieht sich der Erstattungsanspruch aus § 36a Abs. 3 SGB VIII grundsätzlich auf die Aufwendungen, die im Rahmen anderweitiger Selbstbeschaffung tatsächlich entstanden sind (vgl. Kaiser, in: Kunkel, 5. Aufl. 2014, SGB VIII, § 24 Rn. 24; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 475 m. w. N.). In der Höhe orientiert sich der Aufwendungsersatz infolgedessen letztlich an § 670 BGB (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 55). Der Anspruch unterliegt insoweit grundsätzlich weder dem Mehrkostenvorbehalt des § 5 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII noch sind die Anspruchsteller verpflichtet, einen Leistungserbringer zu wählen, mit dem der Träger eine Vereinbarung nach § 78b SGB VIII abgeschlossen hat (vgl. Struck, in: Wiesner, SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 36a Rn. 54). Zu erstatten sind damit in der Regel diejenigen Aufwendungen, die der Selbstbeschaffer unter Berücksichtigung der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln nach Lage der Dinge für erforderlich halten durfte (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 477 f.; Kaiser, in: Kunkel, 5. Aufl. 2014, SGB VIII, § 24 Rn. 24; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 44; siehe auch OVG NRW, B. v. 17.3.2014 - 12 B 70/14 - juris, Rn. 31 ff.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 -7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [102]). Dies schließt Luxusaufwendungen aus und aus sachlichen Gründen zu rechtfertigende Mehrausgaben ein. Gegebenenfalls ist eine Deckelung auf das Erforderliche vorzunehmen.

Erbringt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die von Gesetzes wegen geschuldete Leistung nicht, so sind die Betroffenen gezwungen, eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und die Erforderlichkeit der Maßnahmen zur angemessenen Lösung der Belastungssituation zu treffen. Dies hat zur Folge, dass die Verwaltungsgerichte nur das Vorhandensein des jugendhilferechtlichen Bedarfs zu prüfen haben, sich aber hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbstbeschafften Hilfe auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus ex-ante Sicht der Leistungsberechtigten beschränken müssen (vgl. BVerwG, U. v. 18.10.2012 - 5 C 21.11 -, BVerwGE 145, 1 [10] Rn. 34). Die Höhe der Aufwendungen richtet sich deshalb nach dem auch sonst bei freien bzw. privaten Trägern Üblichen. Abzusetzen sind im Wege des Vorteilsausgleichs etwaige ersparte (fiktive) Kostenbeiträge nach § 90 Abs. 1 SGB VIII (vgl. OVG NRW, B. v. 17.3.2014 - 12 B 70/14 - juris, Rn. 35 m. w. N.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [102]), die sich, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine Bestimmung - wie etwa der in der Wunscheinrichtung zu zahlende Betrag - fehlen, im Wege einer typisierenden Betrachtung nach dem jeweiligen Durchschnitt der (gegebenenfalls nach dem Elterneinkommen gestaffelten) Beiträge der kommunalen Einrichtungen im Zuständigkeitsbereich des jeweiligen Jugendhilfeträgers richten, allerdings nur dann, wenn den Eltern und dem Kind die Übernahme eines solchen Beitrags überhaupt gemäß § 90 Abs. 3 SGB VIII zuzumuten gewesen wäre (vgl. Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 492 ff. m. w. N.).

Für eine Begrenzung des Aufwendungsersatzanspruchs aus § 36a Abs. 3 SGB VIII auf den das 1,5-fache des staatlichen Förderanteils in der Kindertagespflege übersteigenden Betrag analog Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG (in diese Richtung offenbar die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Jugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 [Stand 2. Juli 2013], Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]) besteht ohne ausdrückliche (bundes-)gesetzliche Anordnung keine Grundlage. Zum einen betrifft Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG nur die Kindertagespflege, nicht aber die Höhe der Elternbeteiligung bei der Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen. Zum anderen ist der bundesrechtlich konturierte Aufwendungsersatzanspruch analog § 36a Abs. 3 SGB VIII einer - zumal lediglich interpretatorischen - Einschränkung bzw. Überformung durch den Landesgesetzgeber bzw. das lediglich für die Umsetzung zuständige Landesministeriums nicht zugänglich (vgl. hierzu in ähnlichem Zusammenhang bereits Wiesner, ZKJ 2014, 458 [461 ff.]).

Dem Anspruch auf Kostenerstattung analog § 36a Abs. 3 SGB VIII steht auch nicht entgegen, dass die Eltern des anspruchsberechtigten Kindes im Falle des „Systemversagens“ für dieses selbst einen Betreuungsplatz bei einem freien Träger beschafft haben (so aber Beutel, DVBl. 2014, 313; in diese Richtung nunmehr offenbar auch Wiesner, ZKJ 2015, 60 [61] u. Kepert, ZKJ 2015, 267 [268], die annehmen, der Primäranspruch werde dadurch ebenfalls erfüllt und ein etwaiger Sekundäranspruch könne infolgedessen gar nicht erst entstehen). Die Selbstbeschaffung ist entgegen dieser Auffassung vielmehr Anspruchsvoraussetzung für den Kostenerstattungsanspruch überhaupt und lässt ihn deshalb gerade nicht entfallen (so zutreffend VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [101]; im Ergebnis ebenso Kaiser, in: Kunkel, SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 24 Rn. 27; Schübel-Pfister, NJW 2014, [1216] [1218]; Grube, in: Hauck/Noftz, a. a. O., § 24 Rn. 41 ff.). § 24 Abs. 2 SGB VIII vermittelt die Befugnis, von einem anderen - hier dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe - ein aktives Tun zu verlangen (vgl. hierzu auch die Legaldefinition des Anspruchs in § 194 BGB). Infolgedessen kann auch lediglich die Anspruchsbefriedigung durch den Schuldner - den Jugendhilfeträger - selbst, nicht aber die Ersatzbeschaffung durch das anspruchsberechtigte Kind bzw. dessen Eltern anspruchserfüllend wirken (unzutreffend daher Kepert, ZKJ 2015, 267 [268]). Nicht ohne Grund hat die Beklagte eigens eine Servicestelle eingerichtet, die sich ausschließlich um die Zuweisung und Bereitstellung (Vermittlung) von Betreuungsplätzen kümmert. Diese wäre überflüssig, wenn allein das Tätigwerden der Eltern anspruchserfüllend wirken würde. Eine solche Ersatzbeschaffung kann die Gewährleistungsverantwortung (§ 79 Abs. 2 SGB VIII) des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe nicht beseitigen; sie ist vielmehr Ausdruck des „Systemversagens“, in dessen Folge sich der ursprüngliche Primäranspruch in einen Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz umwandelt. Der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII erschöpft sich nicht in einem wie auch immer gearteten „Versorgtsein mit einem Betreuungsplatz“ (so unzutreffend Beutel, DVBl. 2014, 313 u. Kepert, ZKJ 2015, 267); er erfordert auf der Grundlage der aus § 79 Abs. 2 SGB VIII folgenden Gewährleistungsverantwortung die Verschaffung bzw. Bereitstellung eines entsprechenden Platzes (vgl. näher Grube, in: Hauck/Noftz, SGB VIII, Lfg. 1/14, § 24 Rn. 20). Kann der Jugendhilfeträger dieser - durch eigenes, aktives Handeln (Vermitteln) zu erfüllenden - Verpflichtung aus welchen Gründen auch immer nicht genügen und muss der Anspruchsberechtigte sich die Leistung deshalb selbst beschaffen, so hat der Träger die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen. Jede andere Sicht der Dinge müsste dem System der staatlichen Jugendhilfe mit einem Rechtsanspruch auf kindgerechte Förderung einerseits und einer Ausfallhaftung analog § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Falle des „Systemversagens“ andererseits die Grundlage entziehen.

Ebenso wenig kann dem Anspruch auf Aufwendungsersatz analog § 36a Abs. 3 SGB VIII mit der Erwägung entgegengetreten werden, die Kostenerstattung im Rahmen eines Sekundäranspruchs erfordere unabhängig vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen, dass auch der zugrundeliegende Primäranspruch eine Kostenerstattungspflicht des öffentlichen Jugendhilfeträgers beinhalte (so namentlich VG München, U. v. 21.1.2015 - M 18 K 14.2448 -, Umdruck, S. 10 ff) oder anders gewendet, wenn bereits der Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII keine Kostenfreiheit vermittele, könne eine solche auch nicht im Wege eines Sekundäranspruchs aus § 36a Abs. 3 SGB VIII in Betracht kommen (so namentlich Kepert, ZKJ 2015, 267 [268]). Wer so argumentiert, berücksichtigt nicht, dass es sich beim Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII um einen Sachleistungsanspruch, beim Sekundäranspruch aus § 36a Abs. 3 SGB VIII hingegen um einen Geldleistungsanspruch handelt mit der Folge, dass Maßstäbe und Grundsätze, die für den einen Anspruch gelten, nicht einfach unbesehen auf den anderen übertragen werden können; er blendet zugleich auch den in der Vermittlung eines kostengünstigen kommunalen Betreuungsplatzes regelmäßig liegenden geldwerten Vorteil stillschweigend aus. Letzteres indes kommt im Lichte der Bindung jeglichen staatlichen Handelns an die Beachtung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht in Betracht (siehe hierzu nachfolgend cc). Umgekehrt wird der mangelnden Kostenfreiheit des Primäranspruchs auch im Rahmen des Sekundäranspruchs Rechnung getragen, nämlich dadurch, dass sich der Anspruchsteller im Wege des Vorteilsausgleichs etwaige Kostenbeiträge nach § 90 Abs. 1 SGB VIII anspruchsmindernd entgegenhalten lassen muss (vgl. statt aller Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 492 ff. m. w. N.). Dies hat zur Folge, dass der Sekundäranspruch im Fall der mangelnden Kostenfreiheit des Primäranspruchs der Sache nach lediglich auf den Ersatz der Mehrkosten der Selbstbeschaffung gerichtet ist. Dadurch wird zugleich erreicht, dass Primär- und Sekundäranspruch einander dem Werte nach entsprechen. Der Selbstbeschaffer wird damit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts München nicht etwa besser, sondern allenfalls gleichgestellt. Die eingangs geschilderten Überlegungen treffen deshalb nicht zu.

Maßgebend ist mithin allein, dass der Träger der öffentlichen Jugendhilfe den Bedarf des anspruchsberechtigten Kindes nicht gedeckt hat und derjenige, der sich eine unaufschiebbar notwendige Leistung, deren Gewährung zu Unrecht abgelehnt wurde oder über die nicht rechtzeitig entschieden wurde, selbst beschafft hat, nicht schlechter stehen darf, als derjenige, dessen Leistungsbegehren rechtzeitig erfüllt wurde (so ausdrückl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1259] Rn. 37 m. w. N.). Es verstieße gegen die gesetzliche Gewährleistung des Rechtsanspruchs schlechthin, wenn der Hilfebedürftige seiner Rechte alleine deshalb verlustig ginge, weil er die ihm zustehende Hilfe nicht rechtzeitig vom Leistungsträger erhalten hat (vgl. BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1259] Rn. 37 a. E. m. w. N.; VG Stuttgart, U. v. 28.11.2014 - 7 K 3274/14 -, JAmt 2015, 98 [101]) und in der Folge im Wege der Selbstbeschaffung tätig werden musste.

Anders verhält es sich lediglich dann, wenn der Anspruchsberechtigte sich die begehrte Leistung ohne jede Inanspruchnahme des staatlichen Systems der Jugendhilfe von vornherein „auf eigene Faust“ bei einem freien oder privaten Träger „besorgt“. Hier wird der Rechtsanspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII mangels Anmeldung (§ 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG) schon gar nicht erst effektuiert und das staatliche System der Jugendhilfe überhaupt nicht aktiviert, weder primär noch im Wege des Aufwendungsersatzes sekundär. Das Jugendamt kann in einem solchen Fall auch später nicht als reine „Zahlstelle“ in Anspruch genommen bzw. „missbraucht“ werden (vgl. Meysen, in: Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 36a Rn. 2 m. w. N.; siehe zum Erfordernis der „Vorbefassung des Trägers der Jugendhilfe“ auch BVerwG, U. v. 12.9.2013 - 5 C 35/12 -, NJW 2014, 1256 [1260] Rn. 40).

cc) Ungeachtet dessen sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (Landkreise und kreisfreie Städte), insbesondere dann, wenn sie - wie die kreisfreien Städte -Gemeinde und Jugendhilfeträger zugleich sind, ohne Vorliegen eines besonderen -hier nicht ersichtlichen - Rechtstitels verpflichtet, alle ihre Bürger gleich zu behandeln (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGSG i. V. m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayLKrO, Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayGO). Auch der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 98, 365 [385]; 110, 412 [431]; st. Rspr.). Er verbietet ungleiche Belastungen ebenso wie ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 [17]; 110, 412 [431]). Verboten ist daher insbesondere ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss (vgl. BVerfGE 93, 386 [396]; 105, 73 [110 ff., 133]; 110, 412 [431]), bei dem einem Personenkreis eine Begünstigung gewährt wird, einem anderen jedoch vorenthalten bleibt, ohne dass sich ausreichende Gründe für eine solche Differenzierung finden lassen (vgl. BVerfGE 93, 386 [396 f.]; 112, 164 [174]; 116, 164 [180]; 124, 251 [265]). Dies gilt selbst dann, wenn im Einzelfall kein Rechtsanspruch auf (kostenfreie) Leistung besteht (vgl. statt aller Jarass, in: Jarass/Pieroth, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 3 Rn. 11; nicht gesehen von Wiesner, ZKJ, 2014, 458 [460; 461 ff.] u. Kepert, ZKJ 2015, 267 [268 f.]).

Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber und die Verwaltung (vgl. Rüfner, in: Bonner Kommentar zum GG, 67. Lfg. Okt. 1992, Art. 3 Rn. 130 u. 177), die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 110, 274 [291]; 112, 164 [174]; 124, 251 [265]). Eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG liegt regelmäßig vor, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache sich ergebender oder sonstwie einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (vgl. BVerfGE 1, 14 [52]; 89, 132 [141]; 105, 73 [110]) oder wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe unterschiedlich behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 93, 386 [397]; 105, 73 [110]; 107, 27 [45 f.]; 133, 377 [408] Rn. 76).

Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe kann deshalb, insbesondere dann, wenn er - als kreisfreie Stadt - Gemeinde und Jugendhilfeträger zugleich ist, mit anderen Worten eine Doppelrolle wahrnimmt, ohne Vorschaltung eines alle Interessenten gleichermaßen einbeziehenden Auswahlverfahrens und ohne Festlegung sach- und interessengerechter Vergabekriterien, ein im Wesentlichen vergleichbares Angebot unterstellt, nicht einerseits einem Teil des anspruchsberechtigten Personenkreises einen „günstigen“ Platz in einer eigenen oder kommunalen Tageseinrichtung verschaffen, einen anderen, in gleicher Weise anspruchsberechtigten Personenkreis jedoch auf „weniger günstige“ Einrichtungen eines freigemeinnützigen oder gar „erheblich teurere“ Einrichtungen eines privaten Trägers verweisen bzw. mit der Folge der Selbstbeschaffung von vornherein ohne jedes Angebot belassen und damit letztlich ebenfalls einem erheblich teureren Privaten anheimgeben, der zwar bereit ist, das Kind aufzunehmen, jedoch zu einem erheblich höheren Betrag als in einer eigenen oder kommunalen Einrichtung. Hierin läge, ein im Wesentlichen vergleichbares Leistungsangebot unterstellt, ein weder verfassungsrechtlich (Art. 3 Abs. 1 GG) noch einfach-rechtlich (Art. 15 Abs. 1 Satz 2 AGSG i. V. m. Art. 11 Abs. 1 Satz 2 BayLKrO bzw. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 BayGO) zulässiger - gleichheitswidriger - Begünstigungsausschluss.

Die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Jugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 (Stand 2. Juli 2013) nehmen diesen Gesichtspunkt auf und tragen ihm durch folgende Vorgabe Rechnung (vgl. Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]):

„Kann ein Kind nur auf einen Platz mit einem höheren Elternbeitrag verwiesen werden, ist den Eltern für die Dauer des Besuchs der zugewiesenen Einrichtung ein Ausgleichsbetrag zu zahlen.“

Auch wenn die genannten Auslegungshinweise eine Rechtsgrundlage für die Zahlung des Ausgleichsbetrags nicht ausdrücklich benennen, so ist diese nach dem zuvor Gesagten doch gleichwohl im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit seinen einfach-rechtlichen Ausprägungen in der Landkreis- und Gemeindeordnung zu sehen. Die Auszahlung selbst ist im Rahmen des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu bewirken.

Nach allem gilt: Kann ein Kind ohne Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe nur auf einen Platz mit einem höheren Elternbeitrag verwiesen werden, so ist der damit verbundene gleichheitswidrige Begünstigungsausschluss, der dem anspruchsberechtigten Kind regelmäßig auch ohne Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse seiner Eltern unzumutbar ist, durch Zahlung eines Ausgleichsbetrags (§ 90 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII) bzw. im Falle der Selbstbeschaffung durch Übernahme der Mehrkosten analog § 36a Abs. 3 SGB VIII zu kompensieren. Die Höhe der entsprechenden Beträge bestimmt sich, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine Bemessung fehlen, grundsätzlich nach der Differenz der tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz bei einem freien oder privaten Träger zu denen in einer kommunalen Einrichtung. Für eine Begrenzung auf den das 1,5-fache des staatlichen Förderanteils in der Kindertagespflege übersteigenden Betrag entsprechend Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG (in diese Richtung offenbar die unter Mitwirkung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, des Bayerischen Gemeindetags, des Bayerischen Städtetags, des Bayerischen Landkreistags, des Bayerischen Jugendamts, der bayerischen Jugendbehörden und des Staatsinstituts für Frühpädagogik erarbeiteten Hinweise zur Auslegung des Rechtsanspruchs für Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr mit Wirkung ab dem 1. August 2013 [Stand 2. Juli 2013], Bayer. Gemeindetag 2013, 334 [335]) besteht ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung keine Grundlage. Art. 20 Satz 1 Ziffer 3 BayKiBiG betrifft im Übrigen auch nur die Kindertagespflege, nicht aber die Höhe der Elternbeteiligung bei der Inanspruchnahme von Tageseinrichtungen (vgl. hierzu näher Wiesner, in: ZKJ 2014, 458 [461 ff.]).

dd) Hieran gemessen hat die Beklagte sich zu Recht für verpflichtet gehalten, mit Bescheid vom 13. November 2013 den im Zeitraum vom 1. September 2013 bis 30. September 2013 angefallenen Teilnahmebeitrag für den Besuch der privaten Kinderkrippe in Höhe von Euro 710,- zu übernehmen (§ 90 Abs. 3 Satz 1, 2. Alt. SGB VIII), da sie dem Rechtsanspruch der Klägerin erst ab dem 19. September 2013, nicht aber - wie von den Erziehungsberechtigten gewünscht - ab dem 1. September 2013 entsprechen konnte. Zwar kennen weder das Bundesrecht noch das bayerische Landesrecht einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Krippenplatz (insoweit zutreffend Wiesner, ZKJ 2014, 458 [460; 462] u. ZKJ 2015, 60 [61; 62]), einen aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als „derivatives Leistungs- und Teilhaberecht“ abzuleitenden Anspruch auf Gleichbehandlung bezüglich der Gewährung eines Kostenvorteils anlässlich der Vermittlung (Nachweis oder Verschaffung) eines entsprechenden Betreuungsplatzes hingegen sehr wohl (nicht gesehen von Wiesner, ZKJ 2014, 458 [460; 462] u. Kepert ZKJ 2015, 267 [268 f.]).

Dass der gezahlte Betrag von 710,- Euro bei einer Monatsgebühr in der privaten Einrichtung von 780,- Euro im fraglichen Zeitraum September 2013 nicht der Differenz der tatsächlichen Kosten für einen Betreuungsplatz in der privaten Einrichtung zu denen in einer städtischen Kinderkrippe entsprechen würde, haben die Eltern der Klägerin, die entsprechend ihren Einkommensverhältnissen jeweils den Höchstsatz der Gebühren für eine städtische Einrichtung für maßgeblich erachten, weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Damit hat die Beklagte den der Klägerin für den Monat September 2013 analog § 36a Abs. 3 SGB VIII zustehenden Aufwendungsersatzanspruch bereits durch Übernahme des auf das gleiche Interesse gerichteten, mit Bescheid vom 13. November 2013 für den Besuch der selbst beschafften Einrichtung gewährten Teilnahmebeitrags (§ 90 Abs. 3 SGB VIII) erfüllt.

ee) Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin nicht zu. Bietet der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wie vorliegend unter dem 19. September 2013 geschehen, nachträglich einen auch hinsichtlich der Entfernung zum Wohnort der Familie geeigneten Betreuungsplatz an, so erlischt der Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz dann, wenn dem anspruchsberechtigten Kind unter Berücksichtigung des Kindeswohls und der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Handeln ein Einrichtungswechsel zumutbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2014 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, 464 [466]; Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 486 ff.).

Zwar soll einem Kind der Aufbau einer neuen Beziehung verbunden mit einem Wechsel der Betreuungsperson nicht allzu oft zugemutet werden; leider lässt er sich aufgrund der Wechselfälle des Lebens (Ausscheiden der Betreuungsperson aus dem Berufsleben infolge Heirat, Schwangerschaft, Weiterbildung, Krankheit oder Erreichen der Altersgrenze bzw. Wohnsitzverlagerung der Eltern) aber nie ganz vermeiden. Von einer generellen Unzumutbarkeit kann daher nicht ausgegangen werden (so zutreffend OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 28.5.2014 - 7 A 10276/14 -, JAmt 2014, [464] [466]).

Vorliegend war es der Klägerin nach einer Aufnahmedauer in der selbst beschafften Einrichtung von lediglich 14 Tagen (2.9. bis 19.9.2013) zuzumuten, die verspätet zur Verfügung gestellte Betreuungsmöglichkeit in der d. Straße ... in Anspruch zu nehmen und damit unnötige Kosten für die Allgemeinheit zu vermeiden. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Kindeswohls. Von einer weitreichenden Verfestigung, die unter dem Gesichtspunkt der Hilfekontinuität (vgl. hierzu näher Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U 3, Rn. 489) einen Wechsel unzumutbar erscheinen ließe mit der Folge, dass die durch die selbst gesuchte Betreuung entstehenden Mehrkosten unter Zurückstellung der Verpflichtung zu wirtschaftlichem Verhalten auch weiterhin zu erstatten wären (vgl. Meysen/Beckmann, a. a. O., Rn. 490), kann vorliegend nicht gesprochen werden.

Selbstverständlich hätte die Beklagte - für den Fall, dass die Eltern einem Wechsel in die Einrichtung d. Straße ... nicht widersprochen hätten - die Kosten der erneuten Eingewöhnung, den Verdienstausfall eines Elternteils während dieser Zeit und die bis zum ersten möglichen Kündigungstermin in der privaten Einrichtung weiterhin anfallenden Monatsbeiträge zusätzlich übernehmen müssen. Auf die hiermit verbundenen rechtlichen Fragestellungen ist jedoch aufgrund der Weigerung der Erziehungsberechtigten, den von der Beklagten angebotenen Platz in der d. Straße ... anzunehmen, nicht weiter einzugehen.

Das Verwaltungsgericht hat die (weitergehenden) Ansprüche der Klägerin deshalb - im Ergebnis - zu Recht abgewiesen. Das Vorbringen der Klägerin ist infolgedessen nicht geeignet, eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu erwirken (§ 144 Abs. 4 VwGO analog). Einer vorherigen Gewährung rechtlichen Gehörs (vgl. hierzu BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 -, NVwZ-RR 2004, 542 [543]; BVerfG, B. v. 2.3.2006 - 2 BvR 767/02 -, NVwZ 2006, 683 [684 f.]; B. v. 15.2.2011 - 1 BvR 980/07 -, NVwZ-RR 2011, 460 [461]) bedurfte es insoweit ausnahmsweise nicht. Die Frage der Zumutbarkeit eines Wechsels der Klägerin von der selbst beschafften privaten Betreuungseinrichtung in die Einrichtung in der d. Straße ... war bereits Gegenstand der Erörterungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, so dass sich die Prozessbevollmächtigte hierauf rechtzeitig einstellen konnte und - wie ihr Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren zeigt - auch tatsächlich eingestellt hat. Nimmt der Kläger im Zulassungsverfahren selbst zu den Tatsachen Stellung, die eine anderweitige Ergebnisrichtigkeit begründen, so bedarf es keiner erneuten Gewährung rechtlichen Gehörs, wenn das Berufungsgericht den Antrag aus eben diesem Grunde ablehnen will (vgl. BayVGH, B. v. 6.11.2003 - 22 ZB 03.2602 -, NVwZ-RR 2004, 223; Dietz, in: Gärditz, VwGO, 2013, § 124 Rn. 33).

2. Ebenso wenig besitzt die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die Frage, bei wem der Rechtsanspruch aus § 24 SGB VIII geltend zu machen ist, ist gesetzlich geregelt. Nach § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII i. V. m. Art. 45a AGSG setzt die Zuweisung eines Betreuungsplatzes grundsätzlich voraus, dass die Erziehungsberechtigten die Gemeinde und bei einer gewünschten Betreuung durch eine Tagespflegeperson den örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe mindestens drei Monate vor der geplanten Inanspruchnahme in Kenntnis setzen. Die Gemeinde hat das Begehren gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB I unverzüglich an den Träger der öffentlichen Jugendhilfe weiterzuleiten, sofern sie nicht selbst Jugendhilfeträger ist. Dass der jeweils sachlich (§ 85 Abs. 1 SGB VIII) und örtlich (§ 86 SGB VIII) zuständige Träger der Jugendhilfe Anspruchsgegner des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII ist, folgt im Übrigen bereits unmittelbar aus § 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII. Wer Träger der öffentlichen Jugendhilfe ist, wird durch Landesrecht bestimmt (§ 69 Abs. 1 SGB VIII). In Bayern sind dies die Landkreise und kreisfreien Städte (Art. 15 Abs. 1 AGSG). Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist damit bereits unmittelbar vom Gesetz selbst geregelt. Insoweit besteht kein Klärungsbedarf (vgl. Happ, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 38).

3. Entgegen der Auffassung der Klägerbevollmächtigten ist die Berufung auch nicht wegen Verfahrensmängeln (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.

a) Eine Verletzung des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) liegt nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat aus dem festgestellten und der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt lediglich nicht die von der Bevollmächtigten der Klägerin für richtig erachteten Schlussfolgerungen gezogen. Darauf indes gewährt der Grundsatz der Amtsermittlung keinen Anspruch. Mit dem Argument der Klägerbevollmächtigten, ein Wechsel der Einrichtung sei der Klägerin nach bereits erfolgter Eingewöhnung nicht mehr zumutbar gewesen, musste sich das Verwaltungsgericht vor dem Hintergrund seiner - allerdings unzutreffenden - Rechtsauffassung, der Rechtsanspruch sei bereits nicht wirksam geltend gemacht worden, nicht (mehr) befassen. Auch insoweit ist mithin eine Verletzung des Grundsatzes der Amtsermittlung (§ 86 VwGO) nicht ersichtlich.

b) Ebenso wenig ist der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) verletzt. Das Gericht ist nicht verpflichtet, von sich aus ein Rechtsgespräch mit den Verfahrensbeteiligten zu suchen und diesen seine Rechtsauffassung gleichsam vorab zu offenbaren. Ein Hinweis auf die eigene Rechtsauffassung ist zur Vermeidung eines sog. Überraschungsurteils lediglich dann geboten, wenn das Gericht auf einen rechtlichen Gesichtspunkt abstellen will, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. BVerfGE 86, 133 [144 f.] m. w. N.).

Hieran gemessen war die Kammer nicht gehalten, die Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich darauf hinzuweisen, der Rechtsanspruch aus § 24 SGB VIII sei bereits nicht wirksam geltend gemacht worden. Letzteres hatte schon die Beklagte in ihrer Klageerwiderung vertreten. Es oblag deshalb der Klägerin, sich in ihrem Vortrag darauf einzustellen, dass gegebenenfalls auch das Verwaltungsgericht dieser - allerdings unzutreffenden - Rechtsauffassung folgen könnte. Ein Überraschungsurteil liegt damit nicht vor.

Auch soweit der Vorsitzende in der mündlichen Verhandlung auf eine zum damaligen Zeitpunkt noch unveröffentlichte Entscheidung der Kammer zu derselben Thematik verwiesen haben soll, ist allein darin eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht zu erkennen. Diese Entscheidung hat ausweislich der Urteilsbegründung (vgl. Umdruck, S. 9) für das vorliegende Verfahren - jedenfalls aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Kammer - keine Rolle gespielt. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass die Entscheidung der Kammer im vorliegenden Verfahren bereits vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung festgestanden hätte, wie die Bevollmächtigte der Klägerin lediglich behauptet, nicht aber den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend darlegt.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb abzulehnen.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

5. Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vom 18. März 2015 rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Tenor

Es wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet ist, den beiden Antragstellern jeweils ab dem 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes zu verschaffen.

Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, innerhalb von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses einen Antrag beim Landesamt ... des Landes Rheinland-Pfalz zur Genehmigung einer vorübergehenden Überbelegung der relevanten Kindergärten im Zeitraum vom 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben zu stellen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens zu ¾ und die Antragsteller zu ¼.

Gründe

1

Die Antragsteller begehren – vertreten durch ihre Eltern –, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen jeweils ab dem 24. November 2017 bis zum 31. März 2018 einen Ganztagsplatz in einem Kindergarten in zumutbarer Entfernung ihres Wohnsitzes, das heißt maximal 30 Minuten einfache Wegzeit zur betreffenden Einrichtung, zu verschaffen.

2

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat teilweise Erfolg.

3

Soweit das Begehren der Antragsteller darauf gerichtet ist, die Antragsgegnerin zu einer bestimmten Leistung vorläufig zu verpflichten, hat der Antrag mangels Spruchreife keinen Erfolg. Die Antragsgegnerin hat glaubhaft dargelegt, dass jedenfalls nach derzeitiger Sach- und Rechtslage kein Platz in den Kindergärten, die die im Antrag genannten Voraussetzungen erfüllen, vorhanden ist. Eine Betreuung der Antragsteller in einer anderen Betreuungsform wird nicht begehrt. Der Kammer ist es daher im Rahmen der hier durchzuführenden summarischen Überprüfung nicht möglich, abschließend über die tatsächlich zu gewährende konkrete Leistung zu entscheiden. Es wäre so nicht sichergestellt, dass der Antragsgegner die ihm dann im Rahmen der – sofort vorläufig vollstreckbaren – einstweiligen Anordnung auferlegten Pflicht rechtlich oder tatsächlich nachkommen könnte. Insoweit ist die Frage, ob eine Erfüllbarkeit vorliegt nicht nur an die tatsächlichen, sondern auch an die rechtlichen Voraussetzungen gebunden. Dazu gehört auch die Einholung der Zustimmung des zuständigen Landesamtes im Hinblick auf eine – zumindest vorübergehende – Kapazitätserweiterung (vgl. zu § 24 SGB VIII: NdsOVG, Beschluss vom 24. Januar 2003 – 4 ME 596/02 –, NJW 2003, 1826 [1827]; Kaiser, in: Kunkel/Kepert/Pattar, Sozialgesetzbuch VIII, 6. Auflage 2016, § 24, Rn. 21). Dies hat die Antragsgegnerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 17. November 2017 bisher zwar geprüft und als abwegig befunden, aber noch nicht erfolglos durchgeführt. Insoweit bestehen derzeit rechtliche und tatsächliche Hindernisse für die Erfüllung des Anordnungsanspruchs, bei denen fraglich ist, ob sie ausgeräumt werden können. Die vorläufige Verpflichtung zur – tatsächlichen – Gewährung der konkret begehrten Leistung scheidet daher mangels Spruchreife aus, denn auch das Gericht kann die Antragsgegnerin nicht zu einer unmöglichen Leistung im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichten (vgl. allgemein OVG SH, Beschluss vom 22. August 2005 – 2 MB 30/05 –, NVwZ 2006, 363 [364]). Insoweit ist der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zumindest unbegründet.

4

Der Antrag ist allerdings gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO als Regelungsanordnung zulässig und begründet, soweit der Antragsteller inzident die vorläufigeFeststellung einer entsprechenden Verpflichtung der Antragsgegnerin begehrt (vgl. allgemein dazu BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 [857]; kürzlich etwa OVG NRW, Beschluss vom 22. Juni 2017 – 13 B 238/17 –, BeckRS 2017, 114873, Rn. 11). Der Antrag war gemäß §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass im – hier nicht erfolgreichen – Leistungsantrag gleichzeitig ein Feststellungsbegehren als Minus enthalten ist.

5

Statthafte Klageart in der Hauptsache wäre hier insoweit die Feststellungsklage. Diese ist hier nicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär, da sie ausnahmsweise für die Antragsteller rechtsschutzintensiver wäre und die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer alternativ in Betracht kommenden Leistungsklage nicht unterlaufen werden. Die Antragsteller begehren hier zumindest auch die Feststellung, dass die Antragsgegnerin zur Zurverfügungstellung eines geeigneten Kindergartenplatzes verpflichtet ist. Insoweit kommt eine Regelungsanordnung insbesondere zur Sicherung eines Rechts der Antragsteller als Grundlage etwaiger Sekundäransprüche in Betracht (vgl. zu § 24 SGB VIII: Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, Rn. 395). Ansonsten wäre den Antragstellern auch effektiver Eilrechtsschutz in dieser Konstellation insgesamt verwehrt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2003 – 1 BvR 2129/02 –, NVwZ 2003, 856 [857]).

6

Der Antrag ist in diesem Umfang auch begründet.

7

Die Voraussetzungen für eine Regelungsanordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO – Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund – haben die Antragsteller glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Nach dieser Bestimmung ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um – unter anderem – wesentliche Nachteile abzuwenden. Hierbei bedarf es im Unterschied zur Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht der vollen Prüfung und Glaubhaftmachung des behaupteten Rechtes, vielmehr kann auch bei offener Erfolgsaussicht des Verfahrens in der Hauptsache eine vorläufige Regelung für die Dauer des Verfahrens ergehen, sofern diese sich unter Abwägung der privaten Interessen mit den öffentlichen Interessen als geboten erweist. Läuft die beantragte einstweilige Anordnung auf eine vollständige oder zeitweilige Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, so kann wegen des verfassungsrechtlichen Gebotes effektiver Rechtsschutzgewährung eine einstweilige Anordnung ausnahmsweise nur dann ergehen, wenn bei einer Ablehnung des Antrags auf Gewährung von vorläufigen Rechtsschutz und einer Verweisung auf das Hauptsacheverfahren den Rechtsuchenden nicht ausgleichbare Nachteile entstehen, deren Hinnahme ihm nicht zuzumuten ist. Die Anforderungen an den Nachweis des geltend gemachten Anspruchs sind dabei umso höher, je stärker sich das mit der Anordnung Begehrte mit dem Ziel der Hauptsache deckt (OVG RP, Beschluss vom 15. März 1978 – 2 B 154/78 –, NJW 1978, 2355).

8

Der Anspruch auf die Verschaffung des begehrten Kindergartenplatzes folgt für die Antragsteller aus § 5 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes (KiTaG). Demnach haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten. Das Jugendamt hat zu gewährleisten, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht.

9

Die Antragsteller sind – vertreten durch ihre Eltern – aktivlegitimiert. Das Kind ist im Rahmen von § 5 Abs. 1 KiTaG alleiniger Anspruchsinhaber (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 28; Hötzel/Baader/Flach/Lerch/Zwick, PdK Rheinland-Pfalz, Stand: Juli 2015, § 5 KiTaG, Ziffer 2; a. A. noch OVG RP, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 7 A 10671/12.OVG –, juris, Rn. 41; VG Mainz, Urteil vom 10. Mai 2012 – 1 K 981/11.MZ –, juris, Rn. 24). Am 24. November 2017 vollenden beide Antragsteller das zweite Lebensjahr und haben ihren Wohnsitz im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, sodass die materiellen Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 KiTaG dem Grunde nach vorliegen.

10

Die Eltern der Antragsteller haben die Antragsteller auch für einen Kindergartenplatz ab dem 24. November 2017 hinsichtlich ihres aktuellen Wohnsitzes mit Antrag vom 16. Oktober 2016 angemeldet. Die Antragsgegnerin bestätigte den Eingang mit Schreiben vom 21. Oktober 2016. Mit Schreiben vom 19. September 2017 beantragte der Prozessbevollmächtigte erneut die Zurverfügungstellung eines Kindergartenplatzes bei der Antragsgegnerin.

11

Ebenso wie § 24 Abs. 2 SGB VIII im Bundesrecht ist § 5 Abs. 1 KiTaG ohne expliziten Kapazitätsvorbehalt ausgestaltet. Es handelt sich insoweit um eine „unbedingte Garantie- und Gewährleistungshaftung“ (BayVGH, Urteil vom 22. Juli 2016 – 12 BV 15.719 –, juris, Rn. 27). Damit ist jedoch nicht zwingend verbunden, dass eine derartige Leistung auch stets mit Erfolg eingeklagt werden kann bzw. auch tatsächlich erfüllbar ist. Die – hier festzustellende – Primärverantwortung des Trägers schlägt bei objektiver Erschöpfung der Kapazitäten in eine Sekundärverantwortung um, die unter anderem darin besteht, nunmehr die Kosten der Ersatzbeschaffung zu tragen (vgl. zu § 24 SGB VIII: BayVGH, Beschluss vom 17. November 2015 – 12 ZB 15.1191 –, juris, Rn. 36). Im Fall der Nichterfüllbarkeit des (primären) Anspruchs können sich allenfalls sekundäre Ersatzansprüche gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe ergeben, der den Primäranspruch nicht zu erfüllen vermag (vgl. zu § 24 SGB VIII: HessVGH, Beschluss vom 4. Februar 2014 – 10 B 1973/13 –, juris, Rn. 4; OVG NRW, Beschluss vom 14. August 2013 – 12 B 793/13 –, juris, Rn. 10; OVG SH, Beschluss vom 1. November 2000 – 2 M 32/00 –, juris, Rn. 4; a.A. SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, LKV 2017, 316, Rn. 7). Dies entspricht allgemeinen Rechtsgrundsätzen und muss auch im Rahmen der einstweiligen Anordnung hinreichende Beachtung finden (vgl. allgemein OVG SH, Beschluss vom 22. August 2005 – 2 MB 30/05 –, NVwZ 2006, 363 [364]: „selbstverständlicher Grundsatz“). Eine zusätzliche „Sanktionierung“ der Antragsgegnerin für die Versäumung ihres gesetzlichen Gewährleistungsauftrags über die Verhängung von Zwangsgeldern gemäß § 172 VwGO wäre daher zumindest in diesem Einzelfall derzeit auch nicht angezeigt (a. A. SächsOVG, Beschluss vom 7. Juni 2017 – 4 B 100/17 –, LKV 2017, 316, Rn. 13). Die Antragsgegnerin kann hinreichend durch die Anerkennung entsprechender Sekundäransprüche in die Verantwortung genommen werden. Bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung besteht unter bestimmten Voraussetzungen insbesondere ein aus dem Bundesrecht in analoger Anwendung von § 36a Abs. 3 SGB VIII abzuleitender Sekundäranspruch. Demnach kann Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Leistungen verlangt werden, falls der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes nicht erfüllt oder in rechtswidriger Weise verweigert wird (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 35.12 –, NJW 2014, 1256, Rn. 17 ff.; OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 27). Etwaige Ersatzansprüche sind jedoch nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

12

Die Antragsgegnerin hat hier glaubhaft darlegen können, dass alle vorhandenen Kapazitäten erschöpft sind. Sie teilte dem Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mit Schreiben vom 23. Oktober 2017 mit, dass erst ab dem 1. April 2018 geeignete Kindergartenplätze im „Provisiorium ...“ für die Antragsteller zur Verfügung stünden. Es könne kein früherer Aufnahmetermin angeboten werden, da in den bestehenden Einrichtungen in den Stadtteilen V., I. und Umgebung alle Plätze belegt seien und für die Neu-/Umbauten noch keine Fertigstellungstermine feststünden. In der Antragserwiderung vom 27. Oktober 2017 teilte die Antragsgegnerin ferner mit, dass ein früherer Aufnahmetermin möglich sein könnte, allerdings nur für den Fall, dass der Einzug in das vorgenannte „Provisorium“ früher als geplant stattfinden könne. Mit Schriftsatz vom 17. November 2017 führte die Antragsgegnerin aus, dass nach ihrem Kenntnisstand auch keine freien Plätze in Kindertagesstätten, die nicht in ihrer Trägerschaft stünden, verfügbar seien. Denn wenn in solchen noch freie Platzkapazitäten vorhanden seien, werde ihr dies mitgeteilt. Zusätzlich überprüfe sie die Belegungszahlen anhand von Belegungslisten, die ihr jährlich überreicht würden. Eine vorübergehende Überbelegung sei nur dann möglich, wenn vorab eine Genehmigung vom Landesamt ... erteilt werde. Dies sei aber nur möglich, wenn eine besondere pädagogisch notwendige Situation vorliege oder wenn zusätzliches Personal für die Überbelegung zur Verfügung gestellt werden könne. Eine solche pädagogische Notwendigkeit ergebe sich aus den derzeit vorliegenden Informationen nicht. Ferner gestalte es sich äußerst schwierig, kurzfristig ausreichend pädagogisches Personal einzustellen, zumal ohnehin weiteres Personal vorrangig für die neu und weiter ausgebauten Kitas benötigt werde.

13

Sofern – wie hier – seitens der Antragsteller akuter Bedarf vorliegt, aber zur selben Zeit sämtliche vorhandenen Kapazitäten ausgeschöpft sind, beschränkt sich das Ermessen des Gerichts in der Regel darauf, einen dem Grunde nach bestehenden Primäranspruch – hier aus § 5 Abs. 1 KiTaG – festzustellen (vgl. zu § 24 SGB VIII: Meysen/Beckmann, Rechtsanspruch U3: Förderung in Kita und Kindertagespflege, Rn. 395). Dieser bildet auch die Grundlage für etwaige Sekundäransprüche, die in einem gesonderten Verfahren geltend zu machen wären. Insofern haben die Antragsteller mit der einstweiligen Anordnung zwar (teilweise) „formal Erfolg [...], ohne dass es dadurch jedoch zu einer Anspruchserfüllung durch Zurverfügungstellung eines Kindergartenplatzes kommen würde“ (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. Mai 2014 – 7 A 10276/14.OVG –, juris, Rn. 33). Zudem war im Rahmen des gerichtlichen Ermessens zusätzlich auszusprechen, dass die Antragsgegnerin Ungewissheiten hinsichtlich der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit der Erfüllung eines Verschaffungsanspruchs ausräumt. Insbesondere hat die Antragsgegnerin ihre rechtlichen Möglichkeiten hinsichtlich einer vorübergehenden Überbelegung im Einvernehmen mit dem Landesamt ... auszuschöpfen. Sie hat sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben um eine entsprechende Genehmigung zu bemühen, um ihrem Gewährleistungsauftrag möglichst effektiv nachzukommen. Die Beantragung einer solchen Genehmigung ist der Antragsgegnerin weiterhin tatsächlich und rechtlich möglich, allerdings sind hier die Erfolgsaussichten – wie von der Antragsgegnerin dargelegt – ungewiss.

14

Auch die Eilbedürftigkeit haben die Antragsteller hinsichtlich des Feststellungsbegehrens hinreichend glaubhaft machen können. Voraussetzung ist grundsätzlich, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen sowie der öffentlichen Interessen und der Interessen Dritter nicht zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten (vgl. etwa HessVGH, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 7 TG 2479/92 –, NVwZ-RR 1993, 387 [389]; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 123, Rn. 26). Dies ist hier der Fall. Für den von den Antragstellern im Antrag spezifizierten Zeitraum vom 24. November 2017 bis 31. März 2018 ist keine Entscheidung in der Hauptsache zu erwarten, sodass die Inanspruchnahme des Eilrechtsschutzes geboten war. Es handelt sich um einen zeit- bzw. altersgebundenen Anspruch, dessen Erfüllung sich daher nicht mehr nachholen lässt. Zudem kann auch davon ausgegangen werden, dass das Ende der Elternzeit der Kindesmutter am 24. November 2017 geplant ist, wobei die Antragsteller bisher ihrerseits nicht glaubhaft gemacht haben, dass eine etwaige Verlängerung der Elternzeit oder eine anderweitige Betreuung der Antragsteller – auch hinsichtlich beider Elternteile – für die hier streitgegenständliche Übergangsphase in jeglicher Hinsicht unmöglich oder unzumutbar wäre. Aus diesem Grunde war im Rahmen des gerichtlichen Ermessens die Einräumung einer Frist von drei Wochen ab Zustellung des Beschlusses für die Antragsgegnerin geboten.

15

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für die Unterbringung der Klägerin zu 2 in der Kinderkrippe einer privaten Elterninitiative in der Zeit vom 8. April bis zum 15. Oktober 2011.

2

Die Klägerin zu 1 ist die Mutter der am 8. April 2009 geborenen Klägerin zu 2. Anfang Dezember 2009 beantragte die Klägerin zu 1 erstmals bei der beklagten Stadt als Trägerin der Jugendhilfe, ihrer Tochter einen Krippen- bzw. Kindergartenplatz zuzuteilen. Weil die Beklagte hierauf nicht reagierte, brachte die Klägerin zu 1 ihr Kind ab Juli 2010 in der genannten privaten Einrichtung unter. Ein im Oktober 2010 gestellter Antrag der Klägerin zu 1 auf Übernahme des Elternbeitrags für die Unterbringung in der privaten Krippe blieb ohne Erfolg. Mit Schreiben vom 26. Februar und 1. März 2011 machte die Klägerin zu 1 bei der Beklagten erneut den Anspruch geltend, ihrer Tochter einen Kindergartenplatz zur Verfügung zu stellen.

3

Am 22. September 2011 hat die Klägerin zu 1 Klage auf Zuweisung eines Kindergartenplatzes sowie auf Kostenerstattung für die ab 8. April 2011 aufgewendeten Kosten für die Unterbringung in der privaten Elterninitiative erhoben. Die Beklagte stellte der Klägerin zu 2 ab dem 16. Oktober 2011 einen Kindergartenplatz zur Verfügung. Daraufhin hat die Klägerin zu 1 ihr Begehren auf die Kostenübernahme beschränkt. Mit Einverständnis der Beklagten ist die Klage ferner um die Klägerin zu 2 erweitert worden.

4

Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerinnen einen Betrag in Höhe von 2 187,77 € zu zahlen.

5

Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Nach dem rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetz habe das Jugendamt der Beklagten zu gewährleisten, dass für jedes Kind vom vollendeten zweiten Lebensjahr ein Platz in einer Kindertagesstätte beitragsfrei zur Verfügung stehe. Diesen Anspruch habe die Beklagte nicht erfüllen können. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Jugendhilferecht sei seit jeher anerkannt, dass die Kostenübernahme vom Jugendhilfeträger verlangt werden könne, wenn die Leistung zu Recht begehrt worden sei und ohne Vermittlung des Jugendhilfeträgers in Anspruch genommen werden musste. Nach dieser Rechtsprechung setze sich die "Primärverantwortung" des für die Gewährleistung verantwortlichen Jugendhilfeträgers sekundär in der Verantwortung für die Übernahme der Kosten fort, wenn die geschuldete Leistung anderweitig beschafft werden musste. Diese Rechtsgrundsätze seien auch durch die Schaffung des § 36a Sozialgesetzbuch Achtes Buch (SGB VIII) im Jahre 2005 nicht in Zweifel gezogen oder ausgeschlossen worden. Die Voraussetzungen eines solchen Übernahmeanspruchs seien hier erfüllt. Neben der Klägerin zu 2 könne auch die sorgeberechtigte Klägerin zu 1 Kostenerstattung beanspruchen. Denn nach der gesetzlichen Konzeption stehe der Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz auch den Sorgeberechtigten zu. Maßgeblich dafür sei ihre gesetzlich bezweckte Begünstigung, eine durch öffentliche Mittel hoch subventionierte Einrichtung in Anspruch nehmen zu können.

6

Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, die Klägerin zu 1 sei bereits nicht aktivlegitimiert, weil der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes nach den klaren gesetzlichen Regelungen nur dem Kind zustehe und nicht den sorgeberechtigten Personen. Für einen Anspruch der Klägerin zu 2 auf Erstattung der Kosten des selbstbeschafften Kindergartenplatzes gebe es keine Rechtsgrundlage. Eine Ausdehnung des richterrechtlichen Haftungsinstituts für selbstbeschaffte Leistungen bei Systemversagen auf die vorliegende Fallgruppe der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen sei nicht zulässig. Das Haftungsinstitut zum Kostenersatz für selbstbeschaffte Hilfen bei Systemversagen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur im Rahmen der Hilfen zur Erziehung und der Eingliederungshilfe anwendbar. Mit § 90 Abs. 3 SGB VIII bestehe eine selbständige und abschließende Sonderregelung zur Kostentragung für das Kindergartenrecht. Zudem sei der Rückgriff auf das richterrechtliche Haftungsinstitut ausgeschlossen, weil § 36a Abs. 3 SGB VIII eine abschließende Spezialregelung über den Kostenersatz für selbstbeschaffte Hilfe bei Systemversagen für das SGB VIII darstelle. Insbesondere die systematische Ausgestaltung dieser Vorschrift sowie ihre Regelungshistorie belegten die Annahme des Gesetzgebers, dass sich die richterrechtlichen Grundsätze mit ihrer Einführung erledigt hätten und nicht mehr ergänzend herangezogen werden könnten. Das Berufungsgericht habe auch deshalb Bundesrecht verletzt, weil es zu Unrecht angenommen habe, dass die Voraussetzungen des richterrechtlichen Haftungsinstituts vorlägen. Dieser Anspruch sei schon wegen der fehlenden Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes ausgeschlossen. Es sei den Klägerinnen zuzumuten gewesen, ihren Verschaffungsanspruch auf einen Kindergartenplatz im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO durchzusetzen. Ein Anspruch der Klägerinnen auf Kostenerstattung scheitere weiter daran, dass Elterninitiativen nach den Vorgaben des rheinland-pfälzischen Kindertagesstättengesetzes nicht in rechtmäßiger Weise den Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes erfüllen könnten, weil sie nicht Träger einer Kindertagesstätte im Sinne des Gesetzes seien.

7

Die Klägerinnen verteidigen das angegriffene Urteil.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung der Beklagten.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat den Klägerinnen den im Streit stehenden Aufwendungsersatzanspruch zugesprochen, ohne dass dies im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO Bundesrecht verletzt.

10

Soweit das Oberverwaltungsgericht die Existenz des aus dem Landesrecht folgenden Aufwendungsersatzanspruchs vom Verständnis bundesrechtlicher Grundsätze abhängig macht, ist dies einer revisionsgerichtlichen Überprüfung zugänglich (1.). Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Rechtssatz, dass nach Bundesrecht unter bestimmten Voraussetzungen ein Sekundäranspruch auf Ersatz von Aufwendungen besteht, wenn der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kinderbetreuungsplatzes nicht erfüllt oder in rechtswidriger Weise verweigert wird, und das rheinland-pfälzische Landesrecht dem folgt, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden (2.). Eine Verletzung von Bundesrecht liegt auch im Übrigen nicht vor (3.).

11

1. Obgleich der von den Klägerinnen geltend gemachte und vom Oberverwaltungsgericht bejahte Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz seine Grundlage im irrevisiblen Landesrechts findet (a), sind die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu der Frage, ob es im Bundesrecht einen entsprechenden Anspruch auf Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Kinderbetreuungsplätze gibt, im Revisionsverfahren zu überprüfen (b).

12

a) Der Anspruch der Klägerinnen auf Aufwendungsersatz ist ein Sekundäranspruch, der seiner Rechtsnatur nach dem Landesrecht angehört. Dies beruht darauf, dass der diesem zugrunde liegende (primäre) Leistungsanspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes auf einen Gesetzesbefehl des Landesrechts zurückgeht. Nach § 5 Abs. 1 des Kindertagesstättengesetzes des Landes Rheinland-Pfalz - KitaG - vom 15. März 1991 (GVBl S. 79) in der Fassung der Änderung durch das Gesetz vom 16. Dezember 2005 (GVBl S. 502) haben Kinder vom vollendeten zweiten Lebensjahr bis zum Schuleintritt Anspruch auf Erziehung, Bildung und Betreuung im Kindergarten (Satz 1), wobei das Jugendamt zu gewährleisten hat, dass für jedes Kind rechtzeitig ein Kindergartenplatz in zumutbarer Entfernung zur Verfügung steht (Satz 2). Mit dem Wirksamwerden des Satzes 1 dieser Vorschrift ab dem 1. August 2010 ist in Rheinland-Pfalz ein Rechtsanspruch bereits für zweijährige Kinder eingeräumt worden, der nach der bundesrechtlich nicht zu beanstandenden Auslegung des Oberverwaltungsgerichts nicht an weitere Voraussetzungen (wie etwa die Erwerbstätigkeit der Eltern) geknüpft ist.

13

Dem Bundesrecht ließ sich im hier maßgeblichen Zeitraum von April bis Oktober 2011, für den die Klägerinnen Aufwendungsersatz begehren, kein entsprechender Betreuungsanspruch für zweijährige Kinder entnehmen. Das Sozialgesetzbuch Achtes Buch - SGB VIII - (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990 in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Dezember 2006 , zuletzt geändert durch Gesetz vom 10. Dezember 2008 ) sah in § 24 Abs. 1 SGB VIII (a.F.) einen (unbedingten) Rechtsanspruch nur für Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr vor. Für Kinder unter drei Jahren enthielt das Bundesrecht lediglich eine Verpflichtung der Jugendhilfeträger, ein bedarfsgerechtes Angebot an Plätzen vorzuhalten (§ 24 Abs. 2 SGB VIII a.F.), und begründete eine Förderungsverpflichtung nur unter bestimmten Voraussetzungen, wie etwa der Erwerbstätigkeit der Erziehungsberechtigten (§ 24 Abs. 3, § 24a Abs. 3 und 4 SGB VIII). Die Neuregelung des § 24 Abs. 3 SGB VIII (in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 ), die ab dem 1. August 2013 einen Rechtsanspruch für Kinder, die das erste Lebensjahr vollendet haben, gewährt, ist hier noch nicht anwendbar.

14

Ist der maßgebliche Primäranspruch - hier auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes - landesrechtlicher Natur, so folgt daraus, dass auch die an seine Verletzung oder Nichterfüllung geknüpften sekundärrechtlichen Folgen dem Landesrecht zuzuordnen sind. Der Sekundäranspruch - hier auf Aufwendungsersatz gerichtet - teilt in aller Regel und so auch hier die Rechtsnatur des ihm zugrunde liegenden Leistungsanspruchs (vgl. etwa zum öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch und zum Anspruch aus öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag: Urteile vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 - BVerwGE 111, 162 <172> = Buchholz 316 § 56 VwVfG Nr. 13 S. 10 und vom 6. Oktober 1989 - BVerwG 8 C 52.87 - BVerwGE 82, 350 <351>; vgl. ferner Beschluss vom 3. Januar 1992 - BVerwG 6 B 20.91 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 240).

15

b) Soweit das Berufungsgericht Landesrecht ausgelegt und angewendet hat, ist das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich daran gebunden (§ 137 Abs. 1 VwGO, § 173 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO). Es hat aber nachzuprüfen, ob die Vorinstanz eine irrevisible Norm des Landesrechts unter Verkennung von oder im Widerspruch zu Bundesrecht ausgelegt hat (vgl. Urteile vom 18. Dezember 1987 - BVerwG 4 C 9.86 - BVerwGE 78, 347 <351> = Buchholz 310 § 42 VwGO Nr. 151 S. 9, vom 23. August 1994 - BVerwG 1 C 18.91 - BVerwGE 96, 293 <294 f.> = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 230 S. 15 und vom 21. September 2005 - BVerwG 6 C 16.04 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 40). Zudem ist eine revisionsgerichtliche Überprüfung auch dann eröffnet, wenn die Vorinstanz die Auslegung des irrevisiblen Rechts wesentlich vom Verständnis des Bundesrechts abhängig gemacht hat (vgl. Urteil vom 6. September 1984 - BVerwG 3 C 16.84 - BVerwGE 70, 64 <65> = Buchholz 415.16 § 28 BJagdG Nr. 1 S. 2 f.; Neumann, in: Sodan/Ziekow , VwGO, 3. Aufl. 2010, § 137 Rn. 106). So liegt es hier.

16

Das Oberverwaltungsgericht hat sich bei seiner Prüfung des dem Landesrecht zuzuordnenden Sekundäranspruchs auf Aufwendungsersatz im Wesentlichen davon leiten lassen, wie dieser Anspruch im Bundesrecht entwickelt und konturiert wird. Daran anknüpfend ist es der Sache nach davon ausgegangen, dass das Landesrecht dem folge. Es hat sich mithin bei der Konkretisierung des landesrechtlichen Sekundäranspruchs wesentlich vom Verständnis des Bundesrechts abhängig gemacht. Dies erschließt sich insbesondere daraus, dass es im Hinblick auf den im Streit stehenden Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz keine spezifisch landesrechtlichen Erwägungen angestellt, sondern maßgeblich auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts herausgebildeten Grundsätze zum Jugendhilferecht des Bundes abgestellt und sich an diesen ausgerichtet hat. Soweit die Erwägungen des Berufungsgerichts Inhalt und Grenzen eines bundesrechtlichen Sekundäranspruchs betreffen, unterliegen sie der revisionsgerichtlichen Kontrolle.

17

2. Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Rechtssatz, dass aus dem Bundesrecht ein Sekundäranspruch abzuleiten ist, wonach unter bestimmten Voraussetzungen Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Leistungen der Jugendhilfe verlangt werden kann, wenn der Primäranspruch - hier auf Verschaffung eines Kinderbetreuungsplatzes - nicht erfüllt oder in rechtswidriger Weise verweigert wird, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Er beruht auf einer analogen Anwendung des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII.

18

a) Dem Oberverwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass ein solcher bundesrechtlicher Rechtssatz ursprünglich in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Wege richterlicher Rechtsfortbildung entwickelt worden ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Rechtsprechung sowohl zum Jugendwohlfahrts- und Jugendhilferecht als auch zum Sozialhilferecht stets angenommen, dass der Jugendhilfe- bzw. Sozialhilfeträger zur Übernahme der Kosten bereits durchgeführter selbstbeschaffter Hilfemaßnahmen verpflichtet sein kann (Beschluss vom 25. August 1987 - BVerwG 5 B 50.87 - Buchholz 436.51 § 5 JWG Nr. 2 = NVwZ-RR 1989, 252 m.w.N.). Besondere praktische Bedeutung erlangte dieser Anspruch auf Kostenübernahme für selbstbeschaffte Leistungen im Jugendhilferecht namentlich im Bereich der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Erziehung (vgl. Urteil vom 13. Juni 1991 - BVerwG 5 C 27.88 - Buchholz 436.51 § 6 JWG Nr. 13). Er war aber nicht darauf beschränkt, sondern erstreckte sich grundsätzlich auf alle Leistungen der Jugendhilfe.

19

Dies und die Voraussetzungen eines entsprechenden Sekundäranspruchs hat das Bundesverwaltungsgericht mit den Worten zum Ausdruck gebracht, "dass dann, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Jugendhilfe vorlagen, erforderliche Maßnahmen aber nicht vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe, sondern von Dritten durchgeführt wurden, der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Jugendhilfe noch nachträglich leisten könne und müsse, indem er die Kosten der bereits durchgeführten Maßnahme übernimmt" (Urteil vom 28. September 2000 - BVerwG 5 C 29.99 - BVerwGE 112, 98 <100> = Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII Nr. 3 S. 2). Der Jugendhilfeträger hat für diese Kosten aber nur dann aufkommen müssen, wenn der Hilfebedarf rechtzeitig an ihn herangetragen worden ist (Urteil vom 28. September 2000 a.a.O. <103> bzw. S. 5; bestätigt durch Urteil vom 11. August 2005 - BVerwG 5 C 18.04 - BVerwGE 124, 83 <86> = Buchholz 436.511 § 35a KJHG/SGB VIII Nr. 4 S. 10). Die Notwendigkeit, den Träger von Anfang an mit einzubeziehen, hat das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich daraus hergeleitet, dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe nur in diesem Fall ihre aus § 79 Abs. 1 SGB VIII folgende Gesamtverantwortung für die Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben wie auch ihre Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VIII nicht nur institutionell, sondern auch durch die Hilfegestaltung im individuellen Einzelfall wahrnehmen (Urteil vom 28. September a.a.O. <103> bzw. S. 4 f. unter Hinweis auf das Urteil vom 27. Januar 2000 - BVerwG 5 C 19.99 - BVerwGE 110, 320 = Buchholz 436.511 § 90 KJHG/SGB VIII Nr. 7 - Selbstbeschaffung eines Kinderkrippenplatzes).

20

Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist im Fachschrifttum wie auch von Berufungsgerichten zu Recht dahin verstanden worden, dass damit ein richterrechtliches Haftungsinstitut für das Jugendhilferecht konkretisiert worden ist. Danach ist eine Selbstbeschaffung mit der Folge eines (Sekundär-)Anspruchs auf Ersatz von Aufwendungen gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe grundsätzlich nur zulässig, wenn ein (Primär-)Anspruch auf die beschaffte Leistung bestanden hat, diese Leistung nicht rechtzeitig erbracht oder zu Unrecht abgelehnt worden ist (mithin ein "Systemversagen" bei der Leistungsgewährung zu verzeichnen war) und es dem Leistungsberechtigten wegen der Dringlichkeit seines Bedarfs nicht zuzumuten war, die Bedarfsdeckung aufzuschieben (vgl. insbes. die Stellungnahme der Ständigen Fachkonferenz 1 "Grund- und Strukturfragen" des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V., ZfJ 2003, 61 ff.; OVG Münster, Urteil vom 14. März 2003 - 12 A 1193/01 - NVwZ-RR 2003, 864 m.w.N.). Der Anwendungsbereich dieser Grundsätze ist im Fachschrifttum teilweise auch ausdrücklich und zu Recht auf die Selbstbeschaffung von Leistungen der Kinderbetreuung nach § 24 SGB VIII erstreckt worden (Fischer, JAmt 2002, 492<493>).

21

b) Dem Oberverwaltungsgericht ist nicht darin beizupflichten, dass der Anspruch der Klägerinnen seine Grundlage in dem dargestellten richterrechtlichen Haftungsinstitut bei zulässiger Selbstbeschaffung findet. Dies folgt daraus, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz für selbstbeschaffte Leistungen im Jugendhilferecht nunmehr durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe vom 8. September 2005 (BGBl I S. 2729) mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 in § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII geregelt worden ist. Damit hat der Gesetzgeber der Sache nach im Wesentlichen den zuvor richterrechtlich begründeten Anspruch auf Aufwendungsersatz kodifiziert. In der Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung wird ausdrücklich auf die zuvor genannte Rechtsprechung und Literatur Bezug genommen (nämlich auf das Urteil des Senats vom 28. September 2000 a.a.O., die Stellungnahme der Ständigen Fachkonferenz 1 a.a.O. und das Urteil des OVG Münster vom 14. März 2003 a.a.O.) und dazu ausgeführt, diese Rechtsprechung solle nunmehr im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit eine positiv-rechtliche Grundlage erfahren (BRDrucks 586/04 S. 45 und BTDrucks 15/3676 S. 26).

22

Die nunmehr geschaffene gesetzliche Grundlage geht dem richterrechtlichen Haftungsinstitut vor. Zwar ist § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII hier nicht unmittelbar anzuwenden (aa). Jedoch liegen die Voraussetzungen einer analogen Anwendung vor (bb). Da die gesetzesübersteigende richterliche Rechtsfortbildung nur dann als zulässig erachtet werden kann, wenn die Lösung nicht im Wege der Auslegung oder der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung (etwa der Analogie) gefunden werden kann (vgl. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 426), haben ihr gegenüber die Formen der gesetzesimmanenten Rechtsfortbildung Vorrang.

23

aa) Eine unmittelbare Anwendung des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII auf die Fälle der Selbstbeschaffung von Kindergartenplätzen scheidet aus.

24

Dies erschließt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift. § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII bezieht sich auf "Hilfen" und erfasst damit nicht alle der in § 2 Abs. 2 SGB VIII aufgelisteten Leistungen der Jugendhilfe, sondern nur solche, die sich als Hilfen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 bis 6 SGB VIII darstellen, also nicht zu der Leistungsform der Angebote (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 SGB VIII) gehören. Bei den Regelungen über die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (§ 22 ff. SGB VIII) handelt es sich um die zuletzt genannte Kategorie (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII).

25

Auch die systematische Stellung des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII im Vierten Abschnitt des Gesetzes spricht in gewichtiger Weise dafür, dass diese Vorschrift unmittelbar nur die in diesem Abschnitt geregelten Hilfen, nicht aber die im Dritten Abschnitt normierten Angebote erfasst. Zudem lassen die Gesetzesmaterialien erkennen, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 36a SGB VIII die Hilfen im Auge hatte und insbesondere die Selbstbeschaffung von Leistungen der Eingliederungshilfe (§ 35a SGB VIII) begrenzen wollte (BTDrucks 15/3676 S. 36).

26

bb) § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII ist jedoch auf jugendhilferechtliche Leistungen, welche die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege betreffen, entsprechend anzuwenden. Die Voraussetzungen eines Analogieschlusses sind erfüllt.

27

Jede Art der gesetzesimmanenten richterlichen Rechtsfortbildung - hier die Analogie - setzt eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus (vgl. Urteile vom 18. April 2013 - BVerwG 5 C 18.12 - NJW 2013, 2457 Rn. 22 und zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen, vom 15. November 2012 - BVerwG 3 C 12.12 - LKV 2013, 78 Rn. 19 und vom 20. Mai 1999 - BVerwG 3 C 3.98 - Buchholz 451.512 MGVO Nr. 134 S. 5). Hat der Gesetzgeber eine eindeutige Entscheidung getroffen, dürfen die Gerichte diese nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern oder durch eine judikative Lösung ersetzen. Ob eine Gesetzeslücke vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob die vom Regelungsprogramm des Gesetzgebers erfassten Fälle in den gesetzlichen Vorschriften tatsächlich Berücksichtigung gefunden haben. Sie ist zu bejahen, wenn festzustellen ist, dass der Wortlaut der Vorschrift nicht alle Fälle erfasst, die nach dem Sinn und Zweck der Regelung erfasst sein sollten (vgl. Urteil vom 18. April 2013 a.a.O. Rn. 22 m.w.N.).

28

(1) Das Sozialgesetzbuch Achtes Buch weist die danach vorausgesetzte Gesetzeslücke auf. Der in Rede stehende Sachverhalt, ob und welche Rechtsfolgen das Bundesrecht daran knüpft, wenn ein Rechtsanspruch auf Verschaffung eines Kinderbetreuungsplatzes nicht erfüllt und die Leistung selbst beschafft wird, wird weder unmittelbar von § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII noch von einer sonstigen gesetzlichen Bestimmung des Kinder- und Jugendhilferechts erfasst.

29

(a) Der Einwand der Beklagten, dass mit § 90 Abs. 3 SGB VIII eine selbständige und abschließende Sonderregelung zur Kostentragung für das Kindergartenrecht bestehe, verfängt insoweit nicht. Nach dieser Vorschrift soll im Falle des Abs. 1 Nr. 3 (der Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und Kindertagespflege nach den §§ 22 bis 24 SGB VIII) der Kostenbeitrag auf Antrag ganz oder teilweise erlassen oder ein Teilnahmebeitrag auf Antrag ganz oder teilweise vom Träger der öffentlichen Jugendhilfe übernommen werden, wenn die Belastung den Eltern und dem Kind nicht zuzumuten ist. Für die Feststellung der zumutbaren Belastung kommt es auf das maßgebliche Einkommen an (§ 90 Abs. 4 SGB VIII).

30

Diese Regelung ist nicht auf die Fälle der Selbstbeschaffung von Kinderbetreuungsplätzen wegen Systemversagens zugeschnitten. Vielmehr bezieht sich der Übernahmeanspruch nach § 90 Abs. 3 SGB VIII auf eine andere Sachlage. Er setzt im Wesentlichen die Unzumutbarkeit der Belastung voraus und ist neben der sozialen Staffelung (§ 90 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) eine weitere soziale Komponente der Ausgestaltung der Kostenbeteiligung der Eltern (vgl. etwa Wiesner, in: ders. , SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 90 Rn. 20).

31

Soweit das Bundesverwaltungsgericht - worauf die Beklagte hinweist - im Urteil vom 25. April 2002 (- BVerwG 5 C 16.01 - Buchholz 436.511 § 90 KJHG/ SGB VIII Nr. 9) ausgeführt hat, dass nach der Systematik des Gesetzes die Kostenbeteiligung für die in § 90 SGB VIII bezeichnete Inanspruchnahme von Angeboten der Jugendhilfe abschließend in dieser Vorschrift geregelt sei, beziehen sich diese Ausführungen allein auf die Kostenbeteiligung der Eltern und damit auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Eltern einen Kostenbeitrag zu zahlen oder Anspruch auf Erlass dieses Beitrags haben bzw. seine Übernahme durch den Jugendhilfeträger beanspruchen können. Für die hier in Rede stehende Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Aufwendungsersatzanspruch daran geknüpft ist, wenn der Primäranspruch des Kindes auf Verschaffung eines Betreuungsplatzes von dem Träger der Jugendhilfe nicht erfüllt worden ist, ist damit keine Aussage getroffen worden.

32

(b) Dies gilt auch für die gesetzlich normierten Erstattungsansprüche für selbstbeschaffte Leistungen bei Systemversagen im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 13 Abs. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -) und im Schwerbehindertenrecht (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX -). Diese betreffen andere Regelungsbereiche und bieten keine Anhaltspunkte dafür, dass ihnen für den Bereich des Jugendhilferechts Aussagekraft zukommen soll.

33

(c) Eine gesetzliche Regelungslücke kann schließlich auch nicht deshalb abgelehnt werden, weil - wie die Beklagte meint - das Staatshaftungsrecht allgemeine Haftungsinstitute wie den Folgenbeseitigungsanspruch und die Amtshaftung vorsieht. Aus der Existenz des Amtshaftungsanspruchs (Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB), der ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten eines Amtswalters voraussetzt und nicht nur Aufwendungs-, sondern weiterreichenden Schadensersatz gewährt, ist wegen dieser Unterschiede für die Frage, ob eine gesetzliche Regelungslücke im Hinblick auf einen verschuldensunabhängigen, an ein Systemversagen bei der Erfüllung von Kinderbetreuungsplätzen anknüpfenden Sekundäranspruch besteht, nichts herzuleiten. Auch die Existenz von ungeschriebenen allgemeinen Haftungsinstituten wie des Folgenbeseitigungsanspruchs gibt keine Antwort auf die Frage, ob das Gesetz in einem bestimmten Bereich - wie hier im Bereich der Nichterfüllung von jugendhilferechtlichen Ansprüchen auf Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen - Unvollständigkeiten aufweist.

34

(2) Die festgestellte Gesetzeslücke stellt sich auch als planwidrig dar. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist § 36a Abs. 3 SGB VIII nicht als abschließende Spezialregelung für das gesamte Jugendhilferecht zu begreifen, die eine Ausdehnung des Erstattungsanspruchs auf Leistungen des Kinder- und Jugendhilferechts, die nicht unmittelbar Gegenstand der Vorschrift sind, ausschließt. Vielmehr entspricht es dem Plan des Gesetzgebers, den Erstattungsanspruch auch auf die Fälle der Nichterfüllung eines Anspruchs auf Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege anzuwenden. Dies erschließt sich vor allem aus den in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Intentionen.

35

Der Gesetzgeber verfolgte mit der Schaffung des § 36a Abs. 3 SGB VIII - wie oben aufgezeigt - das Ziel, die Rechtsprechung zum Anspruch auf Aufwendungsersatz im Fall der Selbstbeschaffung von Leistungen im Jugendhilferecht zu kodifizieren. Mit dem Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen hat der Gesetzgeber im Vergleich zur früheren Rechtslage keine Schlechterstellung der Berechtigten bezweckt (Urteil vom 1. März 2012 - BVerwG 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 = Buchholz 436.511 § 33 SGB VIII Nr. 2 jeweils Rn. 23). Da das richterliche Haftungsinstitut - wie oben ebenfalls dargelegt - auch die sekundärrechtlichen Folgen eines enttäuschten (Primär-)Anspruchs auf Kinderbetreuung umfasste, bleibt § 36a Abs. 3 SGB VIII insoweit hinter dem Plan des Gesetzgebers zurück.

36

(3) Die planwidrige Lücke ist durch analoge Anwendung des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu schließen. Die Rechtsfolge des Aufwendungsersatzanspruchs ist auf den hier zur Beurteilung stehenden Sachverhalt übertragbar, weil eine vergleichbare Sach- und Interessenlage zu den geregelten Fällen besteht.

37

Kennzeichnend für die in § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII normierten Fälle ist, dass ein gesetzlicher Primäranspruch, der keine bloße Geldleistung, sondern eine Sach- und Dienstleistung zum Gegenstand hat (nämlich insbesondere der Anspruch auf Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Erziehung) nicht erfüllt wird und diejenigen, die sich die unaufschiebbar notwendige Leistung, deren Gewährung der Jugendhilfeträger zu Unrecht abgelehnt oder über die er nicht rechtzeitig entschieden hat, selbstbeschaffen, nicht schlechter stehen sollen als diejenigen, deren Leistungsbegehren rechtzeitig erfüllt worden ist (vgl. Urteil vom 1. März 2012 a.a.O. Rn. 23). Weil der Anspruch (etwa auf Eingliederungshilfe oder Hilfe zur Erziehung) mit Zeitablauf nicht mehr erfüllt werden kann, verhindert der Betroffene durch die Selbstbeschaffung den Verlust der Leistung. Es würde gegen die gesetzliche Gewährung des Rechtsanspruchs verstoßen, wenn der Hilfebedürftige seinen Anspruch allein deshalb verlieren würde, weil er die ihm zustehende Hilfe nicht rechtzeitig vom Leistungsträger erhalten hat (vgl. bereits die Rechtsprechung des Senats zum Sozialhilferecht: Urteil vom 23. Juni 1994 - BVerwG 5 C 26.92 - BVerwGE 96, 152 <155> = Buchholz 436.0 § 5 BSHG Nr. 12 S. 4).

38

Die Sach- und Interessenlage, die besteht, wenn der Jugendhilfeträger einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte nicht oder nicht rechtzeitig erfüllt, ist der zuvor beschriebenen ähnlich und mit ihr wertungsmäßig vergleichbar. Die Kinderbetreuung, die - trotz Rechtsanspruchs - nicht für den Zeitraum gewährt wird, für den sie begehrt wird, lässt sich nicht verschieben, sondern bleibt für diesen Zeitraum in irreversibler Weise unerfüllt; der Anspruch auf Zuweisung eines real verfügbaren Platzes erledigt sich durch Zeitablauf (vgl. Rixen, NJW 2012, 2839 <2841>; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385 <390>). Soweit der Primäranspruch auf einen Betreuungsplatz nicht auf andere Weise rechtzeitig durchgesetzt werden kann, ist der Betroffene - wenn er den endgültigen Anspruchsverlust verhindern will - auf eine Selbstbeschaffung verwiesen, die es ihm dann noch ermöglicht, den Bedarf zu decken und zumindest die erforderlichen Aufwendungen hierfür erstattet zu bekommen.

39

Wegen der ähnlichen Sach- und Interessenlage ist der Analogieschluss auch auf alle Tatbestandsmerkmale, die 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII an die Rechtsfolge des Aufwendungsersatzanspruchs knüpft, sinngemäß zu erstrecken. Das gilt insbesondere für das Merkmal, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf in Kenntnis gesetzt haben muss (Nr. 1). Die Bedeutung dieses Merkmals und seine Notwendigkeit, es als Voraussetzung für einen entsprechend hergeleiteten Aufwendungsersatzanspruch anzusehen, erschließt sich aus dem systematischen Zusammenhang des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII zu Absatz 1 dieser Vorschrift. Gesetzlicher Leitgedanke des § 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist die Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers. Nach dieser Regelung hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann zu tragen, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird. Der Vorschrift liegt der Gedanke zugrunde, dass es nicht dem gesetzlichen Auftrag des Jugendhilfeträgers entspricht, nur "Zahlstelle" und nicht Leistungsträger zu sein. Das Jugendhilferecht zielt auf eine partnerschaftliche Hilfe unter Achtung familiärer Autonomie und auf kooperative pädagogische Entscheidungsprozesse. Nur wenn die Eltern bzw. der Hilfeempfänger grundsätzlich den Träger der Jugendhilfe von Anfang an in den Entscheidungsprozess einbeziehen, kann er seine aus § 36a Abs. 1, § 79 Abs. 1 SGB VIII folgende Gesamtverantwortung für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben und die Planungsverantwortung nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGB VIII wahrnehmen (Urteil vom 18. Oktober 2012 - BVerwG 5 C 21.11 - BVerwGE 145, 1 = Buchholz 436.511 § 36a SGB VIII Nr. 2 jeweils Rn. 31; Beschluss vom 22. Mai 2008 - BVerwG 5 B 130.07 - JAmt 2008, 600).

40

Der genannte Gedanke, dass eine Vorbefassung des Trägers der Jugendhilfe erforderlich ist, bevor ein Bedarf im Wege der Selbstbeschaffung gedeckt wird, greift auch für die Ansprüche auf Kinderbetreuung. Auch im Hinblick auf die Verpflichtung zur Erfüllung dieser Rechtsansprüche hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe - unabhängig davon, ob der Anspruch im Bundesrecht oder wie hier im Landesrecht (§ 5 Abs. 1 KitaG) wurzelt - seine Gewährleistungspflicht zunächst durch eine bedarfsgerechte Planung entsprechend den objektivrechtlichen Vorgaben der §§ 79, 80 SGB VIII zu erfüllen und dabei bereits das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern zu berücksichtigen. Der Jugendhilfeträger trägt so für die Bereitstellung eines bedarfsgerechten Angebots die Gesamtverantwortung, der er etwa durch die Finanzierung von Betreuungsplätzen kommunaler Träger und durch finanzielle Förderung nichtstaatlicher (freier) Träger nachkommt.

41

3. Das angefochtene Urteil ist auch im Übrigen revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

42

a) Soweit das Oberverwaltungsgericht davon ausgeht, dass der an die Nichterfüllung des landesrechtlichen Verschaffungsanspruchs anknüpfende Sekundäranspruch auf Aufwendungsersatz dem bundesrechtlichen Maßstab folgt, unterliegt dies ebenso wenig der revisionsgerichtlichen Kontrolle wie seine Prüfung, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen des landesrechtlichen Aufwendungsersatzanspruchs erfüllt sind. Dies entzieht sich grundsätzlich der revisionsgerichtlichen Überprüfung, weil es sich insoweit um die Anwendung von Landesrecht handelt.

43

b) Der Einwand der Beklagten, das Oberverwaltungsgericht habe jedenfalls der Klägerin zu 1 zu Unrecht einen Aufwendungsersatzanspruch zugebilligt, weil der Primäranspruch auf Verschaffung eines Kindergartenplatzes nach den gesetzlichen Regelungen nur dem Kind und nicht den sorgeberechtigten Personen zustehe, begründet ebenfalls nicht die Annahme eines Bundesrechtsverstoßes.

44

aa) Die auf der Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 1 KitaG beruhende Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, dass auch die Klägerin zu 1 als Sorgeberechtigte nach dieser Vorschrift anspruchsberechtigt sei, ist als Auslegung irrevisiblen Landesrechts für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend, § 137 Abs. 1 VwGO, § 173 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 560 ZPO (Urteil vom 21. September 2005 - BVerwG 6 C 16.04 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 40).

45

Das Oberverwaltungsgericht hat die Anspruchsberechtigung der Sorgeberechtigten vorrangig auf landesrechtliche Erwägungen gestützt. Es hat dazu in den Urteilsgründen ausgeführt, zwar ergebe sich aus dem Wortlaut des § 5 Abs. 1 KitaG, dass der Rechtsanspruch auf einen Kindertagesstättenplatz zunächst dem Kind eingeräumt sei. Er stehe nach der gesetzlichen Konzeption aber ebenso den Sorgeberechtigten zu. Maßgeblich dafür sei nicht ihre Befreiung von dem verhältnismäßig geringen Anteil an den Personalkosten in der Form des Elternbeitrags (§ 13 Abs. 2 KitaG), sondern die Begünstigung durch die Inanspruchnahme einer durch öffentliche Mittel hoch subventionierten Einrichtung.

46

bb) Eine revisionsgerichtliche Prüfung ist auch nicht deshalb eröffnet, weil sich das Oberverwaltungsgericht für seine Auslegung des Landesrechts im Wesentlichen vom Bundesrecht hätte leiten lassen (vgl. Urteil vom 6. September 1984 - BVerwG 3 C 16.84 - BVerwGE 70, 64 = Buchholz 415.16 § 28 BJagdG Nr. 1) oder weil es von der Annahme ausgegangen wäre, es sei an Bundesrecht gebunden und müsse aufgrund eines bundesrechtlichen Rechtsanwendungsbefehls § 5 Abs. 1 KitaG im Hinblick auf die Anspruchsberechtigung genauso auslegen wie eine bundesrechtliche Vorschrift (vgl. Urteile vom 18. Mai 1977 - BVerwG 8 C 44.76 - BVerwGE 54, 54 <56 f.> = Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 1 S. 2 f. und vom 16. Januar 2003 - BVerwG 4 CN 8.01 - BVerwGE 117, 313 <317> = Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 160 S. 96).

47

Zwar hat das Oberverwaltungsgericht auch eine im entscheidungserheblichen Zeitraum geltende bundesrechtliche Regelung ausgelegt und dabei zu Unrecht angenommen, dass Anspruchsinhaber nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F. nicht nur das Kind, sondern auch die sorgeberechtigte Person gewesen sei. Letzteres trifft nicht zu, weil nach dem unmissverständlichen Wortlaut dieser Vorschrift ausdrücklich und allein das Kind als Berechtigter genannt wird. Dies lässt sich auch im Hinblick auf die Systematik des SGB VIII, Rechtsansprüche entweder dem Kind bzw. Jugendlichen (wie etwa bei Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII) oder den personensorgeberechtigten Eltern (wie etwa bei der Hilfe zur Erziehung nach § 27 SGB VIII) zuzuweisen, nur als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers interpretieren, allein dem Kind den Anspruch nach § 24 Abs. 1 SGB VIII a.F. auf Verschaffung eines Betreuungsplatzes zu vermitteln. Soweit das Oberverwaltungsgericht diese bundesrechtliche Anspruchsberechtigung verkannt hat, wirkt sich dies hier jedoch nicht aus.

48

Das Oberverwaltungsgericht gelangt zu der in Rede stehenden Anspruchsberechtigung eigenständig tragend auch durch rein landesrechtlich ausgerichtete Erwägungen. Maßgeblich sei die Begünstigung der Eltern durch die Inanspruchnahme einer durch öffentliche Mittel hoch subventionierten Einrichtung. Das Oberverwaltungsgericht legt insoweit sowohl die bundesrechtliche als auch die landesrechtliche Anspruchsgrundlage - mit gleichem Ergebnis - parallel aus.

49

cc) Schließlich ist die Auslegung des § 5 Abs. 1 KitaG auch nicht deswegen revisionsgerichtlich zu beanstanden, weil das Bundesrecht ein anderes als das vom Oberverwaltungsgericht vertretene Ergebnis gebieten würde (vgl. Urteil vom 23. August 1994 - BVerwG 1 C 18.91 - BVerwGE 96, 293 <294 f.> = Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 230 S. 15). Denn eine einschränkende bundesrechtskonforme Auslegung war weder im Hinblick auf einfaches noch auf Verfassungsrecht des Bundes erforderlich. Vielmehr ist der Landesgesetzgeber gemäß § 24 Abs. 6 SGB VIII frei darin, weitergehende Begünstigungen als der Bund zu gewähren. Denn nach dieser Vorschrift bleibt weitergehendes Landesrecht unberührt.

50

c) Ein Bundesrechtsverstoß ergibt sich schließlich auch nicht daraus, dass die Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses auf einen Grundsatz vom Vorrang des verwaltungsgerichtlichen Primärrechtsschutzes verweisen und dazu geltend machen, ein Aufwendungsersatzanspruch sei hier ausgeschlossen, weil es die Klägerinnen versäumt hätten, den Verschaffungsanspruch auf einen Kindergartenplatz im Wege eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO durchzusetzen.

51

Ob die Inanspruchnahme verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutzes eine Voraussetzung des landesrechtlichen Sekundäranspruchs auf Aufwendungsersatz darstellt und ob diese etwaige Voraussetzung im konkreten Fall erfüllt ist, ist als Auslegung und Anwendung von Landesrecht der revisionsgerichtlichen Überprüfung grundsätzlich nicht zugänglich. Darüber hinaus ist es zweifelhaft, ob im Rahmen des Anspruchs auf Aufwendungsersatz nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII die vorherige Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz geboten ist. Im Wortlaut des § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII, der nur verlangt, dass die Deckung des Bedarfs durch die selbstbeschaffte Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet haben darf und der dabei zwischen dem Fall der Bedarfsdeckung bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung (Buchst. a) und dem Fall bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung (Buchst. b) unterscheidet, hat das Erfordernis des Eilrechtsschutzes keinen Ausdruck gefunden.

52

Diese Frage bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung, weil jedenfalls gegen die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass das Nachsuchen um vorläufigen Rechtsschutz nur dann verlangt werden kann, wenn es dem Betroffenen zumutbar ist, bundesrechtlich nichts zu erinnern ist. Selbst beim Amtshaftungsanspruch, bei dem der grundsätzliche Vorrang des primären gerichtlichen Rechtsschutzes in deutlicher Form in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegt ist, wird die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz nur verlangt, wenn durch diese eine rechtzeitige Abhilfe überhaupt erwartet werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1995 - III ZR 71/93 - BGHZ 128, 346 <358>; s. auch BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - BVerwG 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <32 f.> = Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 40 S. 3). Dies war jedoch nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht der Fall. Es hat dazu ausgeführt, dass eine Abhilfe auch dann nicht zu erwarten gewesen wäre, wenn die Sorgeberechtigten von Anfang an versucht hätten, den Primäranspruch im Verwaltungsrechtsweg durchzusetzen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
III ZR 303/15
Verkündet am:
20. Oktober 2016
P e l l o w s k i
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
ECLI:DE:BGH:2016:201016UIIIZR303.15.0

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Herrmann, die Richter Tombrink, Dr. Remmert und Reiter und die Richterin Dr. Arend

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 26. August 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand


1
Die Klägerin begehrt von der beklagten Stadt im Wege der Amtshaftung Ersatz von Verdienstausfall (nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten) wegen unterbliebener Bereitstellung eines Betreuungsplatzes für ihren am 4. April 2013 geborenen Sohn.
2
Mit Schreiben vom 24. Juli 2013 meldete die Klägerin für ihren Sohn bei der Beklagten Bedarf für einen Kinderbetreuungsplatz für die Zeit ab April 2014 an. In ihrer Eingangsbestätigung vom 6. August 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Nachfrage nach Betreuungsplätzen im gesamten Stadtgebiet besonders hoch sei und derzeit die verfügbaren Kapazitäten übersteige.
Am 14. Januar 2014 stellte die Klägerin bei der Beklagten unter Hinweis auf die beabsichtigte Berufsaufnahme einen Antrag auf "dringende Platzsuche". Am 22. April 2014 wurde ein Vertrag über die Betreuung des Sohnes der Klägerin in einer Kindertageseinrichtung der Beklagten ab dem 1. September 2014 geschlossen.
3
Die Klägerin hat behauptet, dass sie sich seit Juni 2013, auch parallel zur Bedarfsanmeldung gegenüber der Beklagten, intensiv bei verschiedenen Betreuungseinrichtungen um einen Platz für ihren Sohn bemüht habe. Zudem habe sie in regelmäßigen Abständen bei der Beklagten nachgefragt. Nachdem ihre Anstrengungen erfolglos geblieben seien und auch die Beklagte ihr keinen Platz ab April 2014 zur Verfügung gestellt habe, habe sie sich gezwungen gesehen , im Januar 2014 mit ihrem Arbeitgeber eine Verlängerung der bis zum 3. April 2014 laufenden Elternzeit zu vereinbaren. Ab dem 19. Mai 2014 habe sie Teilzeitbeschäftigungen bei ihrem Arbeitgeber aufgenommen, und zwar zunächst mit einem Stellenumfang von 25 % (10 Wochenstunden) und ab dem 25. August 2014 mit einem Stellenumfang von 75 % (30 Wochenstunden). Ab dem 15. September 2014 - nach Ablauf einer zweiwöchigen Zeit für die Eingewöhnung ihres Sohnes - sei sie ihrer Berufstätigkeit wieder in vollem Umfang (100 %) nachgekommen. Unter Abzug ersparter Elternbeiträge und des ihr gezahlten Betreuungsgelds hat die Klägerin ihren Verdienstausfallschaden auf 7.332,93 € (netto) berechnet.
4
Die Klägerin hat geltend gemacht, aus dem Rechtsanspruch nach § 24 Abs. 2 SGB VIII folge die Amtspflicht der Beklagten, nach rechtzeitiger Bedarfsanmeldung Kindern bei Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen. Diese Amtspflicht beziehe sich nicht allein auf das betreuungsbedürftige Kind, sondern auch auf die erziehungsberechtig- ten Eltern des Kindes. In ihren Schutzbereich falle auch das berufliche Erwerbsinteresse der Eltern. Die Beklagte habe schuldhaft gehandelt, weil der Kapazitätsengpass frühzeitig vorherzusehen gewesen und nichts Ausreichendes hiergegen unternommen worden sei.
5
Die Beklagte hat eine drittschützende Wirkung des Rechtsanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII in Abrede gestellt und gemeint, diese Norm bezwecke allein einen Anspruch des Kindes auf frühkindliche Förderung. Sie hat weiterhin entgegnet, sie habe eine ordnungsgemäße Bedarfsplanung vorgenommen; Verzögerungen bei der Errichtung von zusätzlichen Betreuungseinrichtungen habe sie selbst nicht zu vertreten.
6
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Ersturteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe


7
Die zulässige Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.


8
Das Berufungsgericht (LKV 2015, 572) hat einen Schadensersatzanspruch der Klägerin aus Amtshaftung (§ 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG) abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar habe die Beklagte die ihr nach § 24 Abs. 2 SGB VIII obliegende Amtspflicht, dem Sohn der Klägerin zum 4. April 2014 einen Betreuungsplatz in einer Kindertagesstätte zu verschaffen , verletzt. Der Anspruch auf einen Betreuungsplatz bestehe nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität. Ob die Beklagte schuldhaft gehandelt habe , könne allerdings dahinstehen. Denn die Klägerin sei nicht geschützte Dritte der Amtspflicht der Beklagten. Anspruchsberechtigt nach § 24 Abs. 2 SGB VIII sei allein das betreuungsbedürftige Kind. Der Anspruch ziele ausschließlich auf dessen frühkindliche Förderung. Die erziehungsberechtigten Eltern des Kindes seien vom Schutzbereich dieser Norm nicht umfasst. Anderes ergebe sich auch aus den Gesetzesmaterialien nicht. Von den in § 22 Abs. 2 SGB VIII genannten Förderungsgrundsätzen habe der Gesetzgeber ausdrücklich nur die frühkindliche Förderung in § 24 Abs. 2 SGB VIII erwähnt, nicht aber die Hilfe zur besseren Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Kindererziehung. Im Übrigen wäre der geltend gemachte Verdienstausfallschaden selbst dann, wenn die Eltern geschützte Dritte sein sollten, vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht nicht erfasst. Dieser beziehe sich allein auf die frühkindliche Förderung, nicht hingegen auf das Erwerbsinteresse der Eltern. Auf die Verletzung von Pflichten aus einem - drittschützenden - öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis (§§ 280, 311, 249 BGB analog) könne die Klage ebenfalls nicht mit Erfolg gestützt werden , weil es an einer entsprechenden Sonderverbindung mit der Beklagten gefehlt habe.

II.


9
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
10
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen der Verletzung von Pflichten aus einem - gegebenenfalls drittschützenden - öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis (§§ 280, 311, 249 BGB analog) verneint. Hiergegen erhebt die Revision auch keine Einwände.
11
2. Auch ein Aufwendungsersatzanspruch aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (analog) verhilft der Klage nicht zum Erfolg.
12
a) § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII gewährt einen Anspruch auf Aufwendungsersatz gegen den Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn die durch diesen zu gewährenden Hilfen vom Leistungsberechtigten selbst beschafft werden. Diese Vorschrift bezieht sich zwar unmittelbar nur auf Hilfen im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 4 bis 6 SGB VIII; sie ist jedoch auf jugendhilferechtliche Leistungen , welche die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege betreffen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3, §§ 22 ff SGB VIII), entsprechend anzuwenden (BVerwGE 148, 13 Rn. 17 ff; Bayerischer VGH, Beschluss vom 17. November 2015 - 12 ZB 15.1191, BeckRS 2016, 41519 Rn. 36; OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 25. Oktober 2012 - 7 A 10671/12, KommJur 2013, 21, 22 f und vom 28. Mai 2014 - 7 A 10276/14, BeckRS 2014, 53254; Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 14; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 48; Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 42; Fischer in Schellhorn /Fischer/Mann/Kern, SGB VIII, 4. Aufl., § 24 Rn. 28; Mayer, VerwArch 2013, 344, 371 ff; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385, 390 und NJW 2014, 1216 ff; Rixen, NJW 2012, 2839, 2843).
13
b) Der Aufwendungsersatzanspruch steht aber ebenso wie der Primäranspruch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII nicht den Eltern des zu betreuenden Kindes, sondern allein dem Kind selbst zu (s. BVerwG aaO Rn. 47 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 2014 aaO [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF] unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht im Urteil vom 25. Oktober 2012 aaO S. 24 f; Struck in Wiesner aaO; Mayer aaO S. 372; Schübel-Pfister, NVwZ 2013 aaO; aA Meysen aaO). Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin indes nicht Ansprüche ihres Sohnes, sondern eigene Ansprüche. Zudem stellt der hier geltend gemachte Verdienstausfall eines Elternteils keinen im Rahmen des Anspruchs aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (analog) ersatzfähigen (Mehr-)Aufwand dar (s. VG Köln, Urteil vom 18. März 2016 - 19 K 3699/14, BeckRS 2016, 47915; Mayer aaO S. 376; Schübel-Pfister, NJW 2014, S. 1218).
14
3. Ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB), der von der Klägerseite in der mündlichen Revisionsverhandlung angesprochen worden ist, steht der Klägerin nicht zu. Eltern, die ihr Kind selbst betreuen, führen kein "(auch) fremdes Geschäft" (hier: des zuständigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe), sondern nehmen eine originär ihnen selbst obliegende Pflicht wahr (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, § 1631 Abs. 1 BGB; s. Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445, 449; Mayer, VerwArch 2013, 345, 367 ff).
15
4. Rechtsfehlerhaft jedoch hat das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) abgelehnt.
16
a) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung liegt eine Amtspflichtverletzung der Beklagten vor. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts sind zutreffend.
17
aa) Mit dem durch das Kinderförderungsgesetz (Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege vom 10. Dezember 2008, BGBl. I S. 2403) geschaffenen § 24 Abs. 2 SGB VIII hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 1. August 2013 (Art. 10 Abs. 3 Kinderförderungsgesetz) einem Kind, welches das erste Lebensjahr vollendet hat, bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung (§ 22 Abs. Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) oder in Kindertagespflege (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) eingeräumt. Hieraus erwächst für den örtlich (§ 86 SGB VIII) und sachlich (§ 85 Abs. 1 SGB VIII) zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 3 Abs. 2 Satz 2, § 69 Abs. 1 SGB VIII i.V.m. dem jeweiligen Landesrecht) die (Amts-)Pflicht, im Rahmen seiner die Planungsverantwortung umfassenden Gesamtverantwortung (§ 79 Abs. 1 und 2 Nr. 1, § 80 SGB VIII) sicherzustellen, dass für jedes anspruchsberechtigte Kind, für das ein entsprechender Bedarf rechtzeitig angemeldet worden ist (§ 24 Abs. 5 Satz 2 SGB VIII), ein Betreuungsplatz zur Verfügung steht; insoweit trifft ihn eine unbedingte Gewährleistungspflicht (Bayerischer VGH, Beschluss vom 17. November 2015 - 12 ZB 15.1191, BeckRS 2016, 41519 Rn. 24; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 20 f; Rixen, NJW 2012, 2839; Mayer, VerwArch 2013, 344, 346 f, 349 f, 358).
18
Die vorbezeichnete Amtspflicht besteht nicht nur im Rahmen der vorhandenen Kapazität; vielmehr ist der gesamtverantwortliche Jugendhilfeträger gehalten , eine ausreichende Zahl von Betreuungsplätzen selbst zu schaffen oder durch geeignete Dritte - freie Träger der Jugendhilfe oder Tagespflegepersonen - bereitzustellen (vgl. BVerfG, NJW 2015, 2399, 2401 Rn. 43; Bayerischer VGH aaO Rn. 25 f, 41; Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 40; Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl., § 24 Rn. 12; Lakies in Münder/Meysen/Trenczek, Frankfurter Kommentar zum SGB VIII, 7. Aufl., § 24 Rn. 67; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385, 387; Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 13; Rixen aaO S. 2840 f; Mayer aaO S. 351 f, 365; s. auch Niedersächsisches OVG, NJW 2003, 1826, 1827 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]; aA wohl Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445, 446 f). Diese Pflicht kann der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe dadurch erfüllen, dass er einen (zumutbaren) Platz entweder in einer Tageseinrichtung oder im Rahmen der Kindertagespflege zuweist (so OVG Nordrhein-Westfalen, NJW 2013, 3803, 3804, 3805; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. November 2013 - 12 S 2175/13, BeckRS 2013, 59599; Hessischer VGH, NJW 2014, 1753, 1754 Rn. 8; Schleswig -Holsteinisches OVG, Beschluss vom 30. Juni 2014 - 3 MB 7/14, BeckRS 2014, 54048; Sächsisches OVG, NJW 2015, 1546, 1547 Rn. 8; Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 19, 25; Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar aaO Rn. 14; Schübel -Pfister, NVwZ 2013, S. 389 und NJW 2014, 1216, 1217; aA Bayerischer VGH aaO Rn. 31, 33; Lakies in Münder/Meysen/Trenczek aaO; Rixen aaO S. 2839; Mayer aaO S. 350, 358: verbindliches Wahlrecht der Eltern). Beide Alternativen stehen prinzipiell gleichrangig nebeneinander; dies ergibt sich aus demWortlaut von § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII und einem Vergleich mit der Regelung in § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB VIII (s. Hessischer VGH aaO Rn. 9; Schleswig-Holsteinisches OVG aaO; Rixen aaO; Mayer aaO).
19
bb) Trotz rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfs hat die Beklagte - als zuständiger Träger der öffentlichen Jugendhilfe - dem Sohn der Klägerin zum Ablauf seines ersten Lebensjahres keinen Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt. Damit hat die Beklagte ihre Amtspflicht zur Erfüllung des Förderanspruchs aus § 24 Abs. 2 SGB VIII verletzt, denn in der Nichterfüllung des Anspruchs liegt zugleich die Amtspflichtverletzung (vgl. hierzu Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 48; Meysen aaO S. 15; Rixen aaO S. 2843; Mayer aaO S. 380 f; aA Pauly/Beutel aaO S. 450).

20
b) Die Auffassung des Berufungsgerichts, die hier in Rede stehende Amtspflicht schütze allein die Belange des zu betreuenden Kindes, nicht aber auch die Interessen der personensorgeberechtigten Eltern, ist hingegen von Rechtsfehlern beeinflusst.
21
aa) Ob eine Amtspflicht gegenüber einem geschädigten Dritten besteht, bestimmt sich danach, ob die Amtspflicht - wenn auch nicht notwendig allein, so doch gegebenenfalls neben der Erfüllung allgemeiner Interessen und öffentlicher Zwecke auch - den Sinn hat, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Aus den die Amtspflicht begründenden und sie umreißenden Bestimmungen sowie aus der besonderen Natur des Amtsgeschäfts muss sich ergeben, dass der Geschädigte zu dem Personenkreis zählt, dessen Belange nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt und gefördert werden sollen; darüber hinaus kommt es darauf an, ob in qualifizierter und zugleich individualisierbarer Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist. Es muss mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten Dritten bestehen (ständige Senatsrechtsprechung, s. z.B. Urteile vom 11. Juli 1955 - III ZR 178/53, BGHZ 18, 110, 113; vom 12. Juni 1986 - III ZR 146/85, NJW 1987, 585, 586; vom 13. Juli 1989 - III ZR 240/88, BeckRS 1989, 30401299; vom 26. Oktober 1989 - III ZR 147/88, BGHZ 109, 163, 167 f; vom 6. Mai 1993 - III ZR 2/92, BGHZ 122, 317, 320 f; vom 18. Februar 1999 - III ZR 272/96, BGHZ 140, 380, 382; vom 26. Juli 2001 - III ZR 243/00, NJW-RR 2002, 124; vom 20. Januar 2005 - III ZR 48/01, BGHZ 162, 49, 55; vom 22. Oktober 2009 - III ZR 295/08, VersR 2010, 346, 348 Rn. 20; vom 13. Oktober 2011 - III ZR 126/10, BGHZ 191, 173, 179 Rn. 14; vom 8. November 2012 - III ZR 151/12, BGHZ 195, 276, 282 f Rn. 14 f; vom 6. Juni 2013 - III ZR 196/12, NJW 2013, 3370, 3371 Rn. 14 und vom 14. Juli 2016 - III ZR 265/15, BeckRS 2016, 14013 Rn. 16 [zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen]).
22
Hierfür ist die unmittelbare Beteiligung am Amtsgeschäft ebenso wenig notwendige Voraussetzung wie ein Rechtsanspruch des Betroffenen auf die maßgebliche Amtshandlung. Andererseits genügt es nicht allein, dass sich die Verletzung der Amtspflicht für den Geschädigten nachteilig ausgewirkt hat; die Amtshandlung muss entweder im Interesse des Dritten vorgenommen werden oder in seine Rechtsstellung eingreifen (s. etwa Senatsurteile vom 13. Juli 1989 aaO; vom 8. November 2012 aaO S. 283 Rn. 15; vom 6. Juni 2013 aaO und vom 14. Juli 2016 aaO).
23
Für die Frage, ob der Geschädigte zu dem Personenkreis zu rechnen ist, dessen Interessen durch die Amtspflicht (mit) geschützt werden sollen, oder ob er lediglich reflexartig durch die Wahrnehmung der im öffentlichen Interesse liegenden Amtspflichten begünstigt wird, kommt es wesentlich darauf an, welche Wertungen und Zielvorstellungen dem betreffenden Gesetz mit den herkömmlichen Auslegungsmethoden zu entnehmen sind (Senatsurteil vom 20. Januar 2005 aaO S. 56).
24
bb) Nach diesen Maßstäben sind die personensorgeberechtigten Eltern geschützte Dritte der mit § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII korrespondierenden Amtspflicht, dem Kind bei rechtzeitiger Bedarfsanmeldung ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen.
25
(1) Nach Wortlaut und Zweck des § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII, der Systematik der §§ 22 ff SGB VIII sowie der Regelungsabsicht des Gesetzgebers steht der Förderungsanspruch zwar nicht den Kindeseltern, sondern allein dem Kind selbst zu (Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 22; Schübel-Pfister, NVwZ 2013, 385, 386 und NJW 2014, 1216, 1217; Kümper, NVwZ 2015, 1739, 1740; Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445 f; Pernice-Warnke, FamRZ 2015, 905, 906; Mayer, VerwArch 2013, 344, 347, 362; vgl. auch BVerwGE 148, 13 Rn. 47 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 2014 - 7 A 10276/14, BeckRS 2014, 53254 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF] unter Aufgabe der gegenteiligen Ansicht im Urteil vom 25. Oktober 2012, KommJur 2013, 21, 24 f). Dies hindert einen Drittschutz zugunsten der Eltern nach den oben dargelegten Rechtsprechungsgrundsätzen jedoch nicht, weil die hier im Streit stehende Amtspflicht gerade auch den Zweck hat, ihre Belange wahrzunehmen (s. auch Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 47; Rixen, NJW 2012, 2839, 2843; Mayer aaO S. 346, 381; Hahn, LKV 2015, 545, 546; wohl auch: Pernice-Warnke aaO S. 906, 907; aA Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 390 und NJW 2014, S. 1218; Kümper aaO S. 1742).
26
(2) Mit dem Kinderförderungsgesetz, insbesondere der Einführung des Anspruchs nach § 24 Abs. 2 SGB VIII (nF), beabsichtigte der Gesetzgeber neben der Förderung des Kindeswohls auch die Entlastung der Eltern zu Gunsten der Aufnahme oder Weiterführung einer Erwerbstätigkeit. Es ging ihm - auch - um die Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben und, damit verbunden, um die Schaffung von Anreizen für die Erfüllung von Kinderwünschen (s. Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD, BTDrucks. 16/9299 S. 1, 10, 11 f; Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/10173, S. 1; s. dazu auch Pauly/Beutel aaO S. 450; Hahn, LKV 2015, 545, 546; Mayer aaO S. 381; vgl. auch Niedersächsisches OVG, NJW 2003, 1826, 1827 [zu § 24 Abs. 1 SGB VIII aF]).
27
Diese Regelungsabsicht hat - entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung - auch im Gesetzestext ihren Niederschlag gefunden. Im dritten Abschnitt des zweiten Kapitels des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs, betreffend die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen und in der Kindertagespflege (§§ 22-26 SGB VIII), sind zu Beginn die Grundsätze der Förderung beschrieben (§ 22 SGB VIII). Tageseinrichtungen für Kinder und Kindertagespflege sollen danach neben Erziehungs-, Bildungs- und Förderungszwecken auch den Eltern dabei helfen, Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser miteinander vereinbaren zu können (§ 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII). Diese Förderungsgrundsätze gelten auch für den Anspruch aus § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII (s. Rixen aaO S. 2840; Mayer aaO S. 346, 381; Hahn aaO S. 546 f; vgl. auch Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 386). Das hiergegen vorgebrachte Argument, in § 24 Abs. 2 SGB VIII sei nur die frühkindliche Förderung erwähnt und keine generelle Bezugnahme auf § 22 Abs. 2 SGB VIII enthalten (Kümper aaO; Pernice-Warnke aaO S. 906), überzeugt nicht. Die in § 22 Abs. 2 SGB VIII beschriebenen Förderungsgrundsätze gelten ohne Einschränkung und Differenzierung für den gesamten dritten Abschnitt des zweiten Kapitels des Achten Buchs des Sozialgesetzbuchs , also auch für § 24 Abs. 2 SGB VIII. Mit der dort gewählten Bezeichnung "frühkindliche Förderung" wird nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die spezifische Zielsetzung der Förderung der Altersgruppe von einem Jahr bis drei Jahren hervorgehoben und zugleich der Bezug zu den Förderungsgrundsätzen in § 22 SGB VIII hergestellt (BT-Drucks. 16/9299 S. 15). Es ist weder ersichtlich noch gedanklich naheliegend, dass der Gesetzgeber das in § 22 Abs. 2 Nr. 3 SGB VIII genannte Förderungsziel gerade für den Anspruch in § 24 Abs. 2 SGB VIII nicht gelten lassen wollte (zutreffend: Hahn aaO S. 547). Vielmehr knüpft der in § 24 Abs. 2 SGB VIII verwendete Begriff "frühkindliche Förderung" uneingeschränkt an die in § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII enthaltene Formulierung "gefördert werden" an. In § 22 Abs. 2 SGB VIII werden die Förde- rungsziele näher bestimmt, die insbesondere auch die Hilfe zugunsten der Eltern , Erwerbstätigkeit und Kindererziehung besser vereinbaren zu können, umfassen.
28
Die für den Anspruch aus § 24 Abs. 2 SGB VIII relevanten Regelungen in § 24 Abs. 5 Satz 1, § 80 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII sehen die Berücksichtigung der elterlichen Interessen vor (s. dazu Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 386; Rixen aaO; Mayer aaO S. 346; Hahn aaO; vgl. ferner OVG Rheinland-Pfalz, KommJur 2013, 21, 24 f). Nach § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB VIII sind die Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, "Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 3 in Anspruch nehmen wollen", zu informieren und bei der Auswahl zu beraten. Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII haben die Träger im Rahmen ihrer Planungsverantwortung den Bedarf "unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und der Personensorgeberechtigten" zu ermitteln und nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII Einrichtungen und Dienste so zu planen, dass "Mütter und Väter Aufgaben in der Familie und Erwerbstätigkeit besser miteinander vereinbaren können".
29
Aus dem Gesetz geht sonach deutlich hervor, dass der Gesetzgeber - auch in Bezug auf § 24 Abs. 2 SGB VIII - neben dem Kindeswohl die Belange der Eltern im Blick gehabt hat. Damit hat er zugleich der Erkenntnis Rechnung getragen, dass Kindes- und Elternwohl sich gegenseitig bedingen und ergänzen und zum gemeinsamen Wohl der Familie verbinden (s. Schübel-Pfister, NVwZ 2013, S. 386; Kümper aaO). Demgegenüber greift es zu kurz, wenn man es den Eltern unter Hinweis auf die Abgrenzung von Gefahren- und Verantwortungsbereichen schlicht als "eigene Sache" zuweisen wollte, ob sie neben der Kinderbetreuung einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder nicht (so aber Kümper aaO S. 1742 f).
30
Der Einbeziehung der Eltern in den Schutzbereich der mit § 24 Abs. 2 SGB VIII verbundenen Amtspflicht steht der Einwand, insoweit fehle es an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes, nicht entgegen (so aber Pauly/Beutel aaO S. 446, 450). Das Bundesverfassungsgericht hat für das Kinderförderungsgesetz keine Bedenken gegen die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (öffentliche Fürsorge) zu erkennen gegeben und zum Ausdruck gebracht, dass unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit (Art. 72 Abs. 2 GG) auf den Zusammenhang zwischen Kinderbetreuungsmöglichkeit und Möglichkeiten der Beteiligung der Eltern am Arbeitsleben abgestellt und damit an die Bedeutung der Regelungen als Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsfaktor angeknüpft werden darf (s. BVerfG, NJW 2015, 2399, 2403 Rn. 53; zutreffend Hahn aaO S. 546, 547).
31
Die Anerkennung eines Aufwendungsersatzanspruchs aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII analog (s.o., unter 2) lässt ein Bedürfnis für den (Dritt-)Schutz der Eltern nicht entfallen. Denn dieser Anspruch kommt dann nicht zum Zuge, wenn Anstrengungen zur Selbstbeschaffung einer Betreuung erfolglos geblieben sind, und er ist problematisch, wenn die anderweitige Betreuung - auch wenn ein auf die bloße fachliche Vertretbarkeit der Auswahl aus der ex anteSicht der Leistungsberechtigten beschränkter Kontrollmaßstab anzulegen ist (s. BVerwG, NJW 2013, 1111, 1113 f Rn. 34; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Mai 2014 - 7 A 10276/14, BeckRS 2014, 53524; Bayerischer VGH, Beschluss vom 17. November 2015 - 12 ZB 15/1191, BeckRS 2016, 41519 Rn. 39 - den hierfür geltenden Eignungsanforderungen nicht entspricht (s. dazu Grube in Hauck/Noftz aaO Rn. 46, 48; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 49; Mayer aaO S. 379). Einen Anspruch auf Ersatz von Verdienstausfall gewährt dieser Anspruch, wie bereits oben (unter 2) ausgeführt, nicht.
32
Letztlich genügt die Einbeziehung der Eltern in den Schutzbereich der Amtspflicht auch den Erfordernissen der hinreichenden Individualisierbarkeit, Überschaubarkeit und Abgrenzbarkeit des geschützten Personenkreises (s. zu diesen Kriterien z.B. Senatsurteile vom 16. Februar 1995 - III ZR 135/93, BGHZ 129, 17, 19; vom 8. November 2012 aaO S. 287 f und vom 6. Juni 2013 aaO S. 3372 Rn. 19). Sie betrifft allein die Personensorgeberechtigten und führt damit nicht zu einer uferlosen Ausweitung der Amtshaftung (so auch PerniceWarnke aaO; Mayer aaO S. 381).
33
c) Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts wird der geltend gemachte Verdienstausfallschaden vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht umfasst.
34
aa) Da eine Person, der gegenüber eine Amtspflicht zu erfüllen ist, nicht in allen ihren Belangen immer als Dritter anzusehen sein muss, ist jeweils zu prüfen, ob gerade das im Einzelfall berührte Interesse nach dem Zweck und der rechtlichen Bestimmung des Amtsgeschäfts geschützt sein soll (s. bspw. Senatsurteile vom 12. Juni 1986 - III ZR 146/85, NJW 1987, 585, 586; vom 26. Oktober 1989 - III ZR 147/88, BGHZ 109, 163, 168; vom 18. Februar 1999 - III ZR 272/96, BGHZ 140, 380, 382; vom 13. September 2001 - III ZR 228/00, VersR 2002, 97; vom 20. Januar 2005 - III ZR 48/01, BGHZ 162, 49, 55; vom 22. Januar 2009 - III ZR 172/08, VersR 2009, 931, 932 Rn. 15; vom 22. Januar 2009 - III ZR 197/08, VersR 2009, 1362, 1363 Rn. 11; vom 13. Oktober 2011 - III ZR 231/10, BGHZ 191, 187, 193 Rn. 13; vom 8. November 2012 - III ZR 151/12, BGHZ 195, 276, 283 Rn. 15; vom 6. Juni 2013 - III ZR 196/12, NJW-RR 2013, 3370, 3371 Rn. 14; vom 3. Juli 2014 - III ZR 502/13, NJW 2014, 2642, 2643 Rn. 14 und vom 14. Juli 2016 - III ZR 265/15, BeckRS 2016, 14013 Rn. 16). Der Geschädigte kann dementsprechend nur den Ersatz solcher Schäden verlangen , deren Ausgleich vom Schutzzweck der verletzten Amtspflicht gedeckt ist (s. etwa Senatsurteile vom 24. Oktober 2002 - III ZR 259/01, NVwZ 2003, 576, 377 und vom 3. Juli 2014 aaO).
35
bb) Die auch gegenüber den personensorgeberechtigten Eltern als geschützten Dritten bestehende, mit § 24 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII korrespondierende Amtspflicht, dem Kind bei rechtzeitiger Bedarfsanmeldung ab Vollendung des ersten Lebensjahres einen Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, erstreckt sich insbesondere auch auf das Erwerbsinteresse der Eltern. Wie oben (unter b) ausgeführt, entspricht es der im Gesetz zum Ausdruck gekommenen Regelungsabsicht des Gesetzgebers, die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben zu verbessern und Anreize für die Erfüllung von Kinderwünschen zu schaffen. Den Eltern ein- bis dreijähriger Kinder soll eine Erwerbstätigkeit leichter als bisher ermöglicht werden. Hieraus folgt, dass der Verdienstausfallschaden , den ein Elternteil infolge der Nichtbereitstellung eines Betreuungsplatzes erleidet, grundsätzlich vom Schutzbereich der verletzten Amtspflicht mitumfasst wird (so auch Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 15; Rixen, NJW 2012, 2839, 2844; Struck in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl., § 24 Rn. 49; Mayer, VerwArch 2013, 344, 382; Hahn, LKV 2015, 545, 547; wohl auch Kaiser in Kunkel/Kepert/Pattar, SGB VIII, 6. Aufl., § 24 Rn. 23, 27; Winkler in Rolfs/ Giesen/Kreikebohm/Udsching, BeckOK Sozialrecht, Stand 1. April 2016, § 24 SGB VIII Rn. 34 f; aA Kümper, NVwZ 2015, 1739, 1742 f; BeckOGK/Dörr, BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 839 Rn. 429).
36
Dem Bedenken der Revisionserwiderung, damit liege es in der Hand der Eltern, die Haftung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe durch eine Vertragsgestaltung mit dem Arbeitgeber beliebig zu erweitern, ist entgegenzuhalten , dass die Befürchtung eines Missbrauchs die vollständige Versagung des Ersatzes von Verdienstausfall nicht zu begründen vermag und der Geschädigte nach § 254 BGB gehalten ist, seinen Schaden möglichst gering zu halten.
37
d) Ob die Bediensteten der Beklagten schuldhaft gehandelt haben, hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig offengelassen. Die hierzu noch erforderlichen Feststellungen hat es nachzuholen.
38
In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht Folgendes zu beachten haben:
39
Mit der Nichterfüllung des Anspruchs auf einen Betreuungsplatz ist das Verschulden der Bediensteten des Jugendhilfeträgers zwar nicht schon abschließend - im Sinne einer unwiderleglichen Vermutung - festgestellt (so aber wohl Grube in Hauck/Noftz, SGB VIII, Stand 01/14, § 24 Rn. 48; Meysen, DJI Impulse, 2/2012, 12, 15); solches gilt auch nicht in Anbetracht dessen, dass zwischen der Verkündung des Kinderförderungsgesetzes am 15. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2403) und dem Inkrafttreten von § 24 Abs. 2 SGB VIII nF am 1. August 2013 (Art. 10 Abs. 3 Kinderförderungsgesetz) ein Zeitraum von immerhin gut viereinhalb Jahren verstrichen ist (in diesem Sinne Rixen, NJW 2012, 2839, 2843 f; Mayer, VerwArch 2013, 344, 381).
40
Dem Geschädigten kommt jedoch eine Beweiserleichterung zustatten. Nach der Rechtsprechung des Senats genügt für den grundsätzlich dem Geschädigten obliegenden Nachweis des Verschuldens des Amtsträgers der Be- weis eines Sachverhalts, der nach dem regelmäßigen Ablauf der Dinge die Folgerung begründet, dass ein Beamter seine Amtspflicht schuldhaft verletzt hat; auf dieser Grundlage besteht zugunsten des Geschädigten in Bezug auf das Verschulden des Amtsträgers ein Beweis des ersten Anscheins (s. Senatsurteile vom 25. Juni 1957 - III ZR 244/55, BeckRS 1957, 31206202 und vom 23. Mai 1960 - III ZR 110/59, VersR 1960, 905, 906; BeckOGK/Dörr, BGB, Stand: 1. Juli 2016, § 839 Rn. 446). Ein solcher Sachverhalt liegt vor, wenn der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner unbedingten Gewährleistungspflicht, einen rechtzeitig beantragten Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, nicht nachkommt.
41
Es ist daher Sache der Beklagten, den gegen sie streitenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Auf allgemeine finanzielle Engpässe kann sie sich hierbei nicht mit Erfolg berufen (so aber wohl Pauly/Beutel, DÖV 2013, 445, 451, die unter Hinweis auf eine allgemeine finanzielle Notlage der Kommunen die Vermutung eines unverschuldeten Unvermögens der kommunalen Leistungsträger befürworten), weil der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach der gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt - insbesondere: ohne "Kapazitätsvorbehalt" (BVerfG, NJW 2015, 2399, 2401 Rn. 43) - einstehen muss.
42
Soweit die Beklagte einen zur Erschütterung des Anscheinsbeweises geeigneten Vortrag hält, ist sie im Bestreitensfalle gehalten, diesen zu beweisen.
43
Gelingt die Erschütterung des Anscheinsbeweises, so ist es Aufgabe der Klägerseite - unter Berücksichtigung einer sekundären Darlegungslast der Beklagten in Bezug auf Vorgänge aus ihrer Sphäre - zum Verschulden der Beklagten vorzutragen und diesen Vortrag gegebenenfalls nachzuweisen.

44
5. Nach alledem kommt ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) in Betracht und kann das Berufungsurteil somit keinen Bestand haben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie wegen ausstehender Feststellungen zum Verschulden der Bediensteten der Beklagten und zum Umfang des erstattungsfähigen Schadens noch nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Eigene Feststellungen hierzu kann das Revisionsgericht nicht treffen.
Herrmann Tombrink Remmert
Reiter Arend
Vorinstanzen:
LG Leipzig, Entscheidung vom 02.02.2015 - 7 O 2439/14 -
OLG Dresden, Entscheidung vom 26.08.2015 - 1 U 321/15 -

(1) Ein Kind, das das erste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist in einer Einrichtung oder in Kindertagespflege zu fördern, wenn

1.
diese Leistung für seine Entwicklung zu einer selbstbestimmten, eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit geboten ist oder
2.
die Erziehungsberechtigten
a)
einer Erwerbstätigkeit nachgehen, eine Erwerbstätigkeit aufnehmen oder Arbeit suchend sind,
b)
sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder
c)
Leistungen zur Eingliederung in Arbeit im Sinne des Zweiten Buches erhalten.
Lebt das Kind nur mit einem Erziehungsberechtigten zusammen, so tritt diese Person an die Stelle der Erziehungsberechtigten. Der Umfang der täglichen Förderung richtet sich nach dem individuellen Bedarf.

(2) Ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat, hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Ein Kind, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, hat bis zum Schuleintritt Anspruch auf Förderung in einer Tageseinrichtung. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben darauf hinzuwirken, dass für diese Altersgruppe ein bedarfsgerechtes Angebot an Ganztagsplätzen zur Verfügung steht. Das Kind kann bei besonderem Bedarf oder ergänzend auch in Kindertagespflege gefördert werden.

(4) Für Kinder im schulpflichtigen Alter ist ein bedarfsgerechtes Angebot in Tageseinrichtungen vorzuhalten. Absatz 1 Satz 3 und Absatz 3 Satz 3 gelten entsprechend.

(5) Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die von ihnen beauftragten Stellen sind verpflichtet, Eltern oder Elternteile, die Leistungen nach den Absätzen 1 bis 4 in Anspruch nehmen wollen, über das Platzangebot im örtlichen Einzugsbereich und die pädagogische Konzeption der Einrichtungen zu informieren und sie bei der Auswahl zu beraten. Landesrecht kann bestimmen, dass die erziehungsberechtigten Personen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder die beauftragte Stelle innerhalb einer bestimmten Frist vor der beabsichtigten Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis setzen.

(6) Weitergehendes Landesrecht bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.