Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 13. Dez. 2017 - 3 K 1425/16.MZ
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Die Kläger wenden sich gegen eine den Beigeladenen erteilten Baugenehmigung zur Vorgartengestaltung mit Errichtung von Stützmauern.
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Sie sind Eigentümer des in B. gelegenen Grundstücks Im R... ..., Flur ... Flurstücke .../2 und ... (zwischenzeitlich zu einem Flurstück vereinigt). Den Beigeladenen gehört das östlich angrenzende Grundstück Im R... ..., Flur ... Flurstück .../3. Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „R. - I. R.“ der Beklagten und fallen von Süd nach Nord ab.
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Mit Bauschein vom 16. September 1971 wurde dem Rechtsvorgänger der Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung zur Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Flurstück .../3 erteilt.
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Mit weiterem Bauschein vom 24. November 1993 erteilte die Beklagte den Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung zum Neubau einer Doppelgarage sowie eines geneigten Dachs auf dem bestehenden Flachdach des Wohnhauses.
- 5
Am 30. Dezember 2015 beantragten die Beigeladenen die bauaufsichtliche Genehmigung zur Neugestaltung des Vorgartens unter Errichtung von Stützmauern. Ausweislich der dem Bauantrag beigefügten Baupläne sollen mehrere parallel zur Straße im R... verlaufende Stützmauern – teils mit Versprüngen - errichtet werden. Dabei verlaufen die als Stützmauern 1 und 2 bezeichneten Mauern mit einer Breite von jeweils 0,3 m und – bezogen auf das vorhandene Grundstücksniveau auf dem Grundstück der Beigeladenen – einer Höhe von 2,47 m (Stützmauer 1) bzw. 2,60 m (Stützmauer 2) senkrecht auf das klägerische Grundstück zu.
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Mit Bauschein vom 15. Januar 2016 erteilte die Beklagte den Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung. Ein Abdruck wurde den Klägern am 19. Januar 2016 zugestellt.
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Mit ihrem am 10. Februar 2016 erhobenen Widerspruch trugen die Kläger vor, die genehmigten Stützmauern stünden nicht mit Abstandsflächenrecht in Einklang. Sie seien bereits nach § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO unzulässig, da sie mit 2,47 m bzw. 2,60 m die höchstzulässige Höhe für Stützmauern von 2 m überschritten. Bezogen auf die natürliche Geländeoberfläche auf ihrem Grundstück seien die Stützmauern noch deutlich höher. Überdies seien die Mauern ihnen gegenüber rücksichtslos, da von ihnen eine erdrückende Wirkung ausgehe. Die Belichtung ihres Grundstücks werde speziell in den Sommermonaten bis in den Nachmittag hinein erheblich eingeschränkt.
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Der Widerspruch der Kläger wurde durch Widerspruchsbescheid vom 11. November 2016 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Abstandsflächenvorschriften seien nicht verletzt. Insbesondere gingen von den streitgegenständlichen Stützmauern keine Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden aus. Im Übrigen sei hinsichtlich der Höhe der Mauern auf das Grundstücksniveau auf dem Grundstück der Beigeladenen abzustellen, welche vor rund 45 Jahren hergestellt worden und damit natürliche Geländeoberfläche sei.
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Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 15. November 2016 haben die Kläger am 8. Dezember 2016 Klage erhoben. Sie tragen unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor: In Anbetracht ihres Umfangs und der Größe gingen von den beiden Stützmauern Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden aus. Es sei unzutreffend, dass die Geländeoberfläche auf dem Grundstück der Beigeladenen vor 45 Jahren modelliert worden sei, denn das jetzige Geländeniveau finde seine Grundlage in der 1993 genehmigten Errichtung der Doppelgarage auf dem Grundstück der Beigeladenen. Die Mauern böten eine erhöhte Einsichtsmöglichkeit in ihr Grundstück. Jedenfalls verstießen sie gegen § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO. Insoweit spiele es keine Rolle, dass sie nicht parallel zu ihrer Grundstücksgrenze verliefen, denn eine solche Differenzierung sei dem Abstandsflächenrecht fremd. Schließlich gehe von den Stützmauern eine erdrückende Wirkung in Bezug auf ihr Grundstück aus.
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Die Kläger beantragen,
- 11
die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2016 aufzuheben.
- 12
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
- 14
Sie trägt unter Bezugnahme auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid vor, die Ausführungen der Kläger zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Belichtung und Besonnung ihres Grundstücks seien im Hinblick auf die Lage der Grundstücke nicht nachvollziehbar. Die Geländetopografie auf dem Grundstück der Beigeladenen sei ausweislich der Bauakten im Wesentlichen 1971 entstanden. Infolge des senkrechten Verlaufs der Mauern auf das Grundstück der Kläger finde das Stützmauerprivileg keine Anwendung.
- 15
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
- 16
Sie tragen vor, seit 1971 sei das Gelände im Bereich der streitgegenständlichen Mauern nicht mehr verändert worden. Die in den 1990er Jahren errichtete Doppelgarage ende vorher. Den Klägern sei beim Kauf ihres Grundstücks im Jahr 1993 das unterschiedliche Geländeniveau bekannt gewesen. Von einer unzumutbaren Verschattung könne aufgrund der Lage der Grundstücke keine Rede sein. Eine Verschattung könne allenfalls von dem 1972 auf ihrem Grundstück errichteten Wohngebäude ausgehen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten in den Gerichtsakten sowie auf die vorgelegten Bau- und Widerspruchsakten der Beklagten einschließlich der Planaufstellungsakten des Bebauungsplans „R. – I. R.“ Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15. Januar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Nach § 70 Abs. 1 Satz 1 der Landesbauordnung – LBauO – ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine baurechtlichen oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Der Nachbar kann indes die Aufhebung der Baugenehmigung nur dann und insoweit beanspruchen, als diese gegen Vorschriften verstößt, die gerade auch seinem Schutz zu dienen bestimmt sind. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
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In bauplanungsrechtlicher Hinsicht beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach § 30 Abs. 1 BauGB, denn es liegt im Geltungsbereich des rechtsgültigen qualifizierten Bebauungsplans „R. – I. R.“ der Beklagten. Dieser setzt hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung für die Grundstücke der Kläger und der Beigeladenen ein reines Wohngebiet (WR) fest. In einem solchen Baugebiet sind Stützmauern und Einfriedungen als ungeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO grundsätzlich zulässig. Dies gilt vorliegend für das streitgegenständliche Vorhaben, denn dieses ist sowohl in seiner Funktion als auch räumlich-gegenständlich dem primären Nutzungszweck des in dem Baugebiet gelegenen Grundstücks der Beigeladenen sowie der diesem Nutzungszweck entsprechenden Wohnbebauung dienend zu- und untergeordnet.
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Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch ansonsten nicht gegen nachbarschützende Vorschriften. Es steht insbesondere mit der das Rücksichtnahmegebot konkretisierenden Abstandsflächenvorschrift des § 8 LBauO in Einklang (1) und erweist sich in Bezug auf das klägerische Grundstück auch ansonsten nicht als rücksichtslos (2).
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1) Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt nicht zu Lasten der Kläger gegen Abstandsflächenrecht. Zwar überschreiten die beiden Mauern ausweislich der genehmigten Baupläne mit 2,47 m bzw. 2,60 m die in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO enthaltene Höhenbegrenzung; indes ist diese Vorschrift vorliegend nicht anwendbar (a). Sie sind auch im Übrigen ohne Einhaltung von Abstandsflächen zulässig, weil von dem Vorhaben der Beigeladenen keine gebäudegleiche Wirkung ausgeht (b).
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a) Gemäß § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO sind ohne eigene Abstandsflächen und in den Abstandsflächen von Gebäuden Einfriedungen und Stützmauern bis zu 2 m Höhe, in Gewerbe- und Industriegebieten ohne Begrenzung der Höhe zulässig. Diese Vorschrift stellt eine für Einfriedungen und Stützmauer spezielle, abschließende Regelung dar, die einen Rückgriff auf § 8 Abs. 8 Sätze 1 und 2 LBauO ausschließt (vgl. BayVGH, Beschluss vom 22. Februar 2017 – 15 CS 16.1883 –, juris Rn. 24; OVG RP, Urteil vom 28. März 2001 – 8 A 12042/00.OVG –, juris Rn. 37; Beschluss vom 6. Juni 2011 – 8 A 10377/11.OVG –, juris Rn. 7; VG Mainz, Urteil vom 11. November 2015 – 3 K 431/15.MZ –, juris Rn. 37; Jeromin, LBauO RhPf, 4. Auflage 2016, § 8 Rn. 114). § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO ist vorliegend indes nicht anwendbar. Wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist, stellen die streitgegenständlichen Mauern keine Einfriedungen im Sinne dieser Vorschrift dar. Sie sind in Bezug auf das Grundstück der Kläger aber auch keine Stützmauern.
- 24
Der Begriff der Stützmauer wird – obgleich in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO vorausgesetzt – in der Landesbauordnung selbst nicht (legal)definiert. Insofern ist er nach seinem Wortsinn und dem gewöhnlichen Sprachgebrauch auszulegen. Angesichts des technischen Charakters baulicher Anlagen kann dabei mangels anderer Erkenntnisse auch auf allgemein anerkannte technische Begriffsdefinitionen abgestellt werden (vgl. VGH BW, Urteil vom 22. März 2017 – 11 S 266/13 –, juris Rn. 46). Ausgehend von der Definition des Stützbauwerks – wie sie sich etwa in Ziffer 9.1.2 der DIN EN 1997-1:2014-03 „Eurocode 7 - Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik - Teil 1: Allgemeine Regeln“ findet – sind Stützbauwerke solche Tragwerke, die einen Untergrund abstützen, der Boden, Fels oder Hinterfüllung und Wasser enthält. Ein Material ist danach gestützt, wenn es in steilerer Neigung gehalten wird als die, unter der es sich ohne ein stützendes Tragwerk einstellen würde. Stützbauwerke umfassen alle Arten von Wänden oder Stützsystemen, bei denen Bauteile durch Kräfte aus dem gestützten Material beansprucht werden. Ein Stützbauwerk zur Stützung und Begrenzung von Böschungen oder Hängen ist – nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch und damit auch im Sinne des hier anzuwendenden § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO – eine Stützmauer (vgl. VGH BW, Urteil vom 22. März 2017, a.a.O. Rn. 47), und zwar unabhängig davon, ob es aus einzelnen Steinen oder wie im vorliegenden Fall aus Beton besteht.
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Maßgeblich für die Eigenschaft als Stützmauer ist mithin die Funktion, ein dahinter gelegenes Gelände zu einer bestimmten Seite hin anzufangen. Dies setzt regelmäßig voraus, dass eine Stützwand die Parallelität zu dem dahinter gelegenen Gelände – und soweit sie abstandsflächenrechtlich von Bedeutung ist – zu dem Nachbargrundstück erfordert, um diese Funktion zu erfüllen. Hiernach können die beiden streitgegenständlichen Mauern in Bezug auf das Grundstück der Kläger nicht als Stützmauern (im Sinne von § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO) angesehen werden, denn sie treffen ausweislich der genehmigten Baupläne in einem Winkel von 90° mit einer Breite von jeweils rund 0,3 m auf das klägerische Grundstück und sind insoweit in Bezug auf dieses zum Abfangen des höher gelegenen Grundstücks der Beigeladenen ungeeignet. Die Kläger haben überdies in der mündlichen Verhandlung selbst angegeben, dass die beiden Mauern lediglich gestalterische Funktion im Hinblick auf die Vorgartengestaltung des Grundstücks der Beigeladenen hätten.
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b) Die streitgegenständlichen Mauern sind auch im Übrigen ohne Einhaltung von Abstandsflächen zulässig. § 8 Abs. 1 Satz 1 LBauO, der die grundsätzliche Pflicht zur Einhaltung von Abstandsflächen statuiert, ist schon deshalb nicht anwendbar, weil es sich bei dem Vorhaben der Beigeladenen nicht um ein Gebäude handelt. Eine Pflicht zur Einhaltung von Abstandsflächen ergibt sich indes auch nicht aus § 8 Abs. 8 Satz 1 LBauO).
- 27
Nach § 8 Abs. 8 Satz 1 LBauO finden die Absätze 1 bis 7 auf solche baulichen Anlagen Anwendung, von denen Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden ausgehen. Hintergrund dieser Regelung ist, dass nicht nur von oberirdischen Gebäuden, sondern auch von anderen baulichen Anlagen negative Auswirkungen auf die Belichtung und Belüftung benachbarter Gebäude ausgehen können, so dass es sachgerecht ist, die Abstandsflächenregelungen auch auf diese baulichen Anlagen anzuwenden (vgl. Jeromin, a.a.O. § 8 Rn. 104). Bestimmte Mindestmaße für sonstige bauliche Anlagen werden dabei nicht vorgegeben; vielmehr ist die Anwendbarkeit des Abstandsflächenrechts auf sonstige bauliche Anlagen im Einzelfall zu prüfen (Jeromin, a.a.O. § 8 Rn. 105).
- 28
Wann von einer baulichen Anlage eine gebäudegleiche Wirkung ausgeht, ist, da § 8 Abs. 8 LBauO dies nicht näher regelt, mit Blick auf die Schutzzwecke des Abstandsflächengebots zu ermitteln. Die Abstandsflächen sollen eine Brandübertragung verhindern, eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung in den Räumen der Gebäude und der Gebäude zueinander gewährleisten und nach dem überkommenen Verständnis der Abstandsvorschriften auch sozialen Zwecken, nämlich der Sicherung der „Privatheit“ und der Wahrung des Wohnfriedens dienen. Zentraler Zweck ist es auch, unzumutbare Belästigungen zu verhüten und die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu verwirklichen (vgl. OVG RP, Urteil vom 19. Januar 2006 – 1 A 10845/05.OVG –, NVwZ-RR 2006, 768 = juris Rn. 21). Eine Einschränkung erfährt dieser Schutzzweck aber im Falle von Anlagen, von denen Wirkungen wie von oberirdischen Gebäuden ausgehen; wie sich aus § 8 Abs. 8 Satz 2 LBauO entnehmen lässt, spielen bei solchen Anlagen nur die Belichtung und Besonnung sowie der Brandschutz abstandsrechtlich eine Rolle, nicht aber die Wahrung des Wohnfriedens (vgl. OVG RP, Beschluss vom 03. Januar 2007 – 8 A 11422/06.OVG –, S. 3 BA; Urteil vom 22. September 2000 – 1 A 10952/00.OVG –, NVwZ-RR 2001, 290 = juris Rn. 20). Hiervon ausgehend kommt eine die Einhaltung von Abstandsflächen auslösende gebäudegleiche Wirkung solchen oberirdischen baulichen Anlagen zu, die Gebäuden vergleichbare Abmessungen haben und aus diesem Grund die mit dem Abstandsflächenrecht verfolgten Schutzzwecke beeinträchtigen (vgl. BayVGH, Urteil vom 9. August 2007 – 25 B 05.1341 –, juris Rn. 41; OVG RP, Urteil vom 13. Okto-ber 1993 – 8 A 12355/92.OVG –, AS 24, 149 = juris Rn. 24). Demzufolge kann erst bei sonstigen baulichen Anlagen mit Höhen von mehr als 2 m und Längen ab 3 m bis 5 m davon gesprochen werden, dass die bauliche Anlage eine Gebäudegleiche Wirkung hat und deshalb ein Bedürfnis nach der Einhaltung von Abstandsflächen auslöst (vgl. Saarl.OVG, Urteil vom 26. November 1996 – 2 R 20/95 –, BRS 58 Nr. 175 = juris Rn. 41; VG Neustadt/Wstr, Urteil vom 17. April 2008 – 4 K 25/08.NW –, juris Rn. 34). Hiernach ist davon auszugehen, dass die zwar mehr als 2 m hohen, aber mit einer gegenüber den Klägern wirksamen Breite von ca. 0,3 m geplanten Mauerscheiben keine gebäudegleiche Wirkung entfalten, da sie die Belichtung, Besonnung und Belüftung auf ihrem Grundstück nicht nachteilig beeinflussen können (vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 14. Juni 2016 – 2 CS 16.836 –, juris Rn. 10 [betreffend eine Schallschutzwand mit einer auf das Nachbargrundstück zulaufenden Breite von rund 0,5 m]).
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2) Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch im Übrigen nicht zu Lasten der Kläger gegen das partiellen Drittschutz vermittelnde Gebot der Rücksichtnahme.
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Das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO bzw. im Begriff des „Einfügens“ in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Gebot der Rücksichtnahme betrifft das Austauschverhältnis zwischen dem Baugrundstück und der in der unmittelbaren Nähe vorhandenen Bebauung. Es stellt ab auf den engeren Kreis der in nachbarlicher Beziehung stehenden Grundstücke, d. h. auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation unmittelbar benachbarter Grundstücke (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 2010 – 4 C 7/10 –, NVwZ 2011, 436 = juris Rn. 23). Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme hiernach im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer demgegenüber die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2012 – 4 C 11/11 –, BVerwGE 145, 290 = juris Rn. 32).
- 31
Gemessen an diesen Voraussetzungen erweisen sich die beiden Streitgegenständlichen Mauern ungeachtet des Umstandes, dass sie augenscheinlich keine technische Funktion haben, den Klägern gegenüber nicht als rücksichtslos. Insbesondere geht von den Vorhaben aufgrund seiner optischen Gestaltung und seines geplanten Standortes auf dem Baugrundstück in Bezug auf das klägerische Grundstück keine die Grenze der Zumutbarkeit übersteigende Abriegelungswirkung bzw. keine erdrückende Wirkung aus.
- 32
Eine bauliche Anlage kann bei Beachtung der notwendigen Abstandsflächen, die den Belangen einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung Rechnung tragen sollen, gegenüber dem Nachbargrundstück rücksichtslos sein, wenn aufgrund ihres Erscheinungsbildes und ihres Standortes eine Abriegelungswirkung, das Gefühl des „Eingemauertseins“ oder gar eine „Gefängnishofsituation“ entsteht (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 15. Januar 2007, 1 ME 80/07 –, ZfBR 2007, 284 = juris Rn. 13; OVG Bremen, Urteil vom 25. Oktober 2002 – 1 A 88/02 –, BRS 65 Nr. 81 = juris Rn. 36). Eine solche Wirkung liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn die bisherigen Verhältnisse durch eine bauliche Verdichtung nachteilig verändert werden. Vom Neubauvorhaben muss vielmehr aufgrund seiner optischen Präsenz und Lage eine qualifizierte, handgreifliche Störung auf das Nachbargrundstück ausgehen; diesem muss gleichsam die Luft zum Atmen genommen werden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27. April 2015 – 8 B 10304/15.OVG –, juris Rn. 11; OVG Nds., Beschluss vom 25. Januar 2007, a.a.O. = juris Rn. 13). Hiervon ausgehend kommt die Annahme einer Abriegelungswirkung oder eine erdrückende Wirkung nur unter besonderen Umständen in Betracht. So wurde in der Rechtsprechung eine erdrückende Wirkung dann angenommen, wenn in unmittelbarer Nähe eines nur zweieinhalb-geschossigen Gebäudes ein zwölfgeschossiges Hochhaus errichtet werden sollte. Ferner wurde eine solche Fallgestaltung bei einer Situation bejaht, in der drei Silos von jeweils 11,50 m Höhe an der Grenze eines lediglich 7 m breiten Grundstücks errichtet wurden. Daneben wurde ein Einmauerungseffekt oder eine Riegelwirkung in dem Falle für möglich gehalten, in dem das Grundstück auf drei Seiten von jeweils 70 m, 30 m und 20 m langen und ca. 9 m hohen Hallen eingeschlossen werden sollte (vgl. hierzu OVG RP, Beschluss vom 8. September 2014 – 1 A 10851/14.OVG –, S. 5 BA m.w.N.). Hingegen wurde eine erdrückende Wirkung bzw. eine Abriegelungswirkung verneint bei einer zwischen 5,02 m und 7,10 m hohen und 16,87 m bzw. 33,27 m langen Bebauung, die das Nachbargrundstück an 2 Seiten abriegelt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27. April 2015, a.a.O. Rn. 8 f.), ferner bei einem L-förmigen Gebäude mit zum Teil 17,50 m hohen Wänden (vgl. OVG NW, Urteil vom 19. Juli 2010 – 7 A 3199/08 –, BauR 2011, 248 = juris Rn. 6, 60). In Anbetracht dessen kann in Bezug auf die beiden streitgegenständlichen Mauern nicht einmal ansatzweise von einer erdrückenden Wirkung bzw. von einem Abgeriegeltsein gesprochen werden, und zwar auch dann, wenn man bei der Bewertung auf das tatsächlich vorhandene Geländeniveau der beiden Grundstücken abstellt und zudem in Blick nimmt, dass zwischen den bis an die Grundstücksgrenze reichenden Mauerscheiben und dem Wohnhaus der Kläger ein nur rund 4,70 m breiter Grundstücksteil verbleibt, über den der Zugang zum Haus der Kläger führt.
- 33
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.
- 34
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.
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Beschluss des Einzelrichters der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 13. Dezember 2017
- 36
Der Streitwert wird auf 7.500 € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 13. Dez. 2017 - 3 K 1425/16.MZ
Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 13. Dez. 2017 - 3 K 1425/16.MZ
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Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 13. Dez. 2017 - 3 K 1425/16.MZ zitiert oder wird zitiert von 6 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.
(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.
(1) Außer den in den §§ 2 bis 13 genannten Anlagen sind auch untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen zulässig, die dem Nutzungszweck der in dem Baugebiet gelegenen Grundstücke oder des Baugebiets selbst dienen und die seiner Eigenart nicht widersprechen. Soweit nicht bereits in den Baugebieten nach dieser Verordnung Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung, einschließlich der Kleintiererhaltungszucht, zulässig sind, gehören zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 auch solche für die Kleintierhaltung. Zu den untergeordneten Nebenanlagen und Einrichtungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Anlagen zur Erzeugung von Strom oder Wärme aus erneuerbaren Energien. Im Bebauungsplan kann die Zulässigkeit der Nebenanlagen und Einrichtungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
(1a) In den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 sind Nebenanlagen, die der öffentlichen Versorgung mit Telekommunikationsdienstleistungen dienen, zulässig; Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
(2) Die der Versorgung der Baugebiete mit Elektrizität, Gas, Wärme und Wasser sowie zur Ableitung von Abwasser dienenden Nebenanlagen können in den Baugebieten als Ausnahme zugelassen werden, auch soweit für sie im Bebauungsplan keine besonderen Flächen festgesetzt sind. Dies gilt auch für fernmeldetechnische Nebenanlagen sowie für Anlagen für erneuerbare Energien, soweit nicht Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 1a Anwendung findet.
(3) Soweit baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie in, an oder auf Dach- und Außenwandflächen oder Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen innerhalb von Gebäuden nicht bereits nach den §§ 2 bis 13 zulässig sind, gelten sie auch dann als Anlagen im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, wenn die erzeugte Energie vollständig oder überwiegend in das öffentliche Netz eingespeist wird. In Gewerbe-, Industrie- und sonstigen Sondergebieten gilt Satz 1 auch für sonstige baulich untergeordnete Anlagen zur Nutzung solarer Strahlungsenergie.
(4) In einem Gebiet nach § 11 Absatz 2 für Anlagen, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dienen, sind Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Wasserstoff zulässig, wenn die Voraussetzungen entsprechend § 249a Absatz 4 gegeben sind. In Gewerbe- und Industriegebieten gilt Satz 1 entsprechend, wenn dort eine Anlage, die der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient und die keine Nebenanlage im Sinne dieser Vorschrift ist, tatsächlich vorhanden ist. Absatz 1 Satz 4 gilt entsprechend.
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1 und zu 2.
III. Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750 € festgesetzt.
Gründe
I.
II.
Müller Schweinoch Dr. Seidel
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen, einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
- 1
Die Kläger wenden sich gegen eine Rückbauverfügung des Beklagten.
- 2
Sie sind Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Am l. R. ... in N. (Flur ..., Flurstück .../14). Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans „Ober dem langen Rech“ der Stadt N., welcher keine Festsetzungen über die Höhe von Einfriedungen enthält. Das Baugrundstück fällt infolge einer vorhandenen Hanglage zum nördlich angrenzenden Grundstück des Beigeladenen (Flur ... Flurstück .../4) hin über mehrere Meter ab.
- 3
Anlässlich einer am 23. Mai 2013 durchgeführten Baukontrolle stellte der Beklagte fest, dass auf dem Grundstück der Kläger grenzständig zum Grundstück des Beigeladenen hin eine rund 2,70 m hohe Stützmauer aus leicht versetzten begrünten Hangflorsteinen errichtet worden war.
- 4
Der Beklagte forderte die Kläger mit Bescheiden vom 24. Juli 2013 unter Androhung eines Zwangsgelds auf, innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Bestandskraft die Stützmauer auf eine Höhe von maximal 2 m zurückzubauen und das dahinter befindliche Gelände gegen Abrutschen zu sichern. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Stützmauer verstoße gegen § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO, da sie mit einer Höhe von rund 2,70 m die maximal zulässige Höhe von 2 m deutlich überschreite. Weder die Tatsache, dass die Gebäude auf dem Grundstück des Beigeladenen zur Grenze einen Abstand von mehr als 5 m einhielten, noch ein möglicherweise zu Gunsten der Stadt N. bestehendes Wegerecht entbinde von der der Verpflichtung zur Einhaltung von Abstandsflächen. Deren Übernahme auf das Grundstück des Beigeladenen komme mangels öffentlich-rechtlicher Sicherung nicht in Betracht. Die Stützmauer sei weder unter Erteilung einer Abweichung genehmigungsfähig noch habe sie der Beigeladene geduldet.
- 5
Mit ihrem am 24. August 2013 erhobenen Widerspruch trugen die Kläger vor, die standsichere Mauer sei in der Höhe notwendig, um den dahinter liegenden Hang gegen das Abrutschen zum Nachbarn hin abzusichern. Der Beigeladene habe die Stützmauer bislang hingenommen. Er sei ursprünglich Eigentümer der Baugrundstücke gewesen und habe mit dem Verkauf an den Bauträger Beeinträchtigungen in Kauf genommen. Ein Rückbau sei nur mit extrem hohem Aufwand möglich. Im Übrigen sei ein Einschreiten nach 12 Jahren verjährt.
- 6
Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2014 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde über den angefochten Bescheid hinaus ausgeführt, der angeordnete Rückbau sei ermessensfehlerfrei erfolgt. Entgegen der Auffassung der Kläger komme es nicht darauf an, dass von der Stützmauer keine Gefährdungen für das Grundstück des Beigeladenen ausgingen. Eine Abweichung nach § 69 LBauO könne nicht erteilt werden, da es an einer besonderen Situation im Einzelfall fehle. Diese ergebe sich insbesondere nicht aus der von den Klägern geschilderten Hanglage, denn es sei nichts dafür ersichtlich, dass der Verzicht auf eine Stützmauer in besagter Höhe zu einer Unbebaubarkeit des klägerischen Grundstücks führe. Allein die infolge der Stützmauer mögliche größere Ausnutzung des Grundstücks rechtfertige keine Abweichung. Da ein Verstoß gegen § 8 LBauO und damit gegen eine nachbarschützende Vorschrift vorliege, sei das Ermessen hin zu einer Pflicht zum Einschreiten hin verdichtet. Die Rückbauverfügung verstoße nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
- 7
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 18. März 2015 haben die Kläger am 17. April 2015 Klage erhoben. Sie tragen unter Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens ergänzend vor: Das Nachbargrundstück werde durch die Stützmauer nur geringfügig beschränkt. Geländeveränderungen seien durch den Bauträger vorgenommen worden. Diese seien aufgrund der hängigen Geländetopographie notwendig gewesen.
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Die Kläger beantragen,
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die Bescheide vom 24. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Dezember 2014 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen.
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Der Beigeladene beantragt ebenfalls,
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die Klage abzuweisen.
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Er trägt vor, dass die streitgegenständliche Stützmauer gegen § 8 LBauO verstoße und auch nicht im Wege einer Abweichung zugelassen werden könne. Sie sei formell und materiell illegal und verletze ihn in seinen nachbarschützenden Rechten. Er habe sein Recht auf Einschreiten nicht verwirkt, denn er habe sich bereits 2002 gegen die Errichtung überhöhter Stützmauern auf den Nachbargrundstücken gewandt. Eine Verjährung nachbarlicher Rechte sei nicht möglich. Abgrabungen auf seinem Grundstücke hätten nicht stattgefunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die Verwaltungs- und Widerspruchsakten des Beklagten liegen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Rückbauverfügungen des Beklagten vom 24. Juli 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids 18. Dezember 2014 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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(1) Rechtsgrundlage für die angefochtene Rückbauverfügung ist § 81 Satz 1 der Landesbauordnung – LBauO –. Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung baulicher Anlagen oder anderer Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 LBauO anordnen, wenn diese gegen baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften über die Errichtung, die Änderung, die Instandhaltung oder die Nutzungsänderung dieser Anlagen verstoßen. Auf tatbestandlicher Seite erfordert dies, dass die bauliche Anlage ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet wurde und gegen materielle baurechtliche oder sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt; ist das Vorhaben genehmigungsfrei (§§ 62, 67 LBauO), reicht die materielle Rechtswidrigkeit aus. Auf der Rechtsfolgenseite ist zudem erforderlich, dass die Bauaufsichtsbehörde das ihr zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat. Diese Voraussetzungen liegen vor.
- 19
a) Die Streitgegenständliche Stützmauer ist formell illegal. Sie bedarf gemäß § 61 LBauO einer Baugenehmigung, da sie höher als 2 m errichtet wurde (Umkehrschluss aus § 62 Abs. 1 Nr. 6 Buchst b) LBauO). Eine Baugenehmigung wurde den Klägern unstreitig nicht erteilt.
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b) Die Stützmauer ist auch materiell illegal, denn sie verletzt § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO, weil sie die dort enthaltene Höhenbegrenzung von 2 m überschreitet.
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Nach § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO sind Einfriedungen und Stützmauern außerhalb von Gewerbe- und Industriegebieten ohne eigene Abstandflächen und in den Abstandsflächen von Gebäuden bis zum 2 m Höhe zulässig. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber für die genannten baulichen Anlagen eine spezielle, abschließende Regelung des Abstandsflächenrechts aufgestellt, die einen Rückgriff auf andere Bestimmungen des § 8 LBauO – insbesondere in Abs. 8 Satz 1 und Abs. 9 – ausschließt (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. März 2001 – 8 A 12042/00.OVG –, juris Rn. 37; Beschluss vom 6. Juni 2011 – 8 A 10377/11.OVG –, juris Rn. 7). Dies hat zur Folge, dass Einfriedungen und Stützmauern nur dann abstandsflächenrechtlich privilegiert sind, wenn sie die in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO genannte – abschließende – Höhenbegrenzung von 2 m einhalten (vgl. OVG RP, Urteil vom 28. März 2001, a.a.O. = juris Rn. 37). Angesichts dieser gesetzlichen Systematik kommt es entgegen der Ansicht der Kläger nicht darauf an, ob und inwieweit die grenzständige Stützmauer sich auf die Belichtungsverhältnisse des Nachbargrundstücks auswirkt. Ebensowenig lässt die Gesetzessystematik eine Vergleichsbetrachtung in dem Sinne zu, dass andere abstandsflächenrechtlich zulässige Grenzgestaltungen (etwa in Form von Abböschungen) die Belichtungsinteressen des Nachbarn nachhaltiger berühren würden.
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Unterer Bezugspunkt für die Höhenbegrenzung des § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO ist – soweit eine Festsetzung der Geländeoberfläche nach § 2 Abs. 6 Hs. 1 LBauO nicht erfolgt ist – grundsätzlich die natürliche, an die Einfriedung angrenzende Geländeoberfläche auf dem Baugrundstück (OVG RP, Beschluss vom 6. Juni 2011, a.a.O. = juris Rn. 8). Die natürliche Geländeoberfläche bleibt für die Errichtung von Einfriedungen oder Stützmauern nach § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO auch dann maßgeblich, wenn im Grenzbereich Veränderungen der Geländeoberfläche – sei es auf dem Baugrundstück selbst, sei es auf dem Nachbargrundstück – vorgenommen wurden. Allerdings bedarf die Anwendung von § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO in diesen Fällen vor dem Hintergrund des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses einer an Sinn und Zweck der Abstandsflächennorm orientierten Anpassung. Angesichts dessen, dass der Nachbar eine bis zu 2 m hohe Einfriedung oder Stützmauer an der Grundstücksgrenze hinzunehmen hat und (lediglich) darüber hinausgehende Anlagen beseitigt verlangen kann, führt dies dazu, dass in den Fällen, in denen der Bauherr sein Grundstück durch Aufschüttung verändert hat, bei der Höhenbegrenzung für Stützmauern oder Einfriedungen die Geländeoberfläche auf dem Nachbargrundstück als unterer Bezugspunkt heranzuziehen ist. Im Übrigen kann zur zweckentsprechenden Anpassung der in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO enthaltenen Grundaussage in atypischen Fallgestaltungen auch die Erteilung einer Abweichung nach § 69 LBauO in Betracht kommen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. Juni 2011, a.a.O. = juris Rn. 12; Jeromin, a.a.O. § 8 Rn. 114).
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Gemessen an diesen Voraussetzungen, überschreitet die streitgegenständliche Stützmauer der Kläger zum Grundstück der Beigeladenen hin das in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO genannte Höhenmaß von 2 m und verstößt damit gegen eine Nachbarschutz vermittelnde Vorschrift. Wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung letztlich eingeräumt haben, wurde ihr Grundstück zum Grundstück des Beigeladenen hin aufgeschüttet, so dass für die Ermittlung der Höhenbegrenzung der vorgenannten Vorschrift die an die Grundstücksgrenze angrenzende Geländeoberfläche auf dem Grundstück des Beilgeladenen als unterer Bezugspunkt abzustellen ist. Soweit die Kläger demgegenüber einwenden, das Grundstück des Beigeladenen sei im Grenzbereich im Zuge der Errichtung ihres Hauses seinerseits um zwischen 50 cm und 1 m abgegraben und planiert und nach dem Ende der Bauarbeiten nicht wieder aufgefüllt worden, so dass die Stützmauern tiefer als auf dem natürlichen Geländeverlauf errichtet worden seien, überzeugt dies nicht. Abgesehen davon, dass sowohl Beklagter wie Beigeladener dem nachdrücklich entgegengetreten sind, haben die Kläger dies nicht näher substantiiert. Anhaltspunkte für eine Abgrabung auf dem Grundstück des Beigeladenen ergeben sich insbesondere nicht aus dem im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Lichtbild, welches das Gelände während der Baumaßnahme zeigt. Diesem Lichtbild kann lediglich entnommen werden, dass das Gelände im Bereich des Baukörpers geebnet und im Anschluss daran zum Grundstück des Beigeladenen hin abgeböscht wurde. Ausweislich der dem Bauantrag des Klägers zu 2) vom 4. September 2002 beigefügten Schnittzeichnung sollte die Stützmauer von dem natürlichen Geländeverlauf in abgetreppter Form in eine Höhe bis 3 m aufsteigen. Ist mithin für die Ermittlung der Höhe der Stützmauer von der Geländeoberfläche auf dem Grundstück des Beigeladenen auszugehen, weist die Mauer eine Höhe von etwa 2,70 m bei einem Neigungswinkel von 70° bis 80° auf und überschreitet das Höchstmaß des § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO um rund 70 cm.
- 24
c) Die angegriffene Rückbauanordnung ist auch unter Ermessengesichtspunkten nicht zu beanstanden. Insbesondere durfte sich der der Beklagte zur Anordnung des Rückbaus der Einfriedung entschließen, denn bei Nachbarrechte beeinträchtigenden Baulichkeiten ist das der Bauaufsichtsbehörde nach § 81 Satz 1 LBauO zustehende Ermessen regelmäßig dahingehend reduziert, dass – zur Wahrung der Rechte des Nachbarn – nur noch die Pflicht zur Beseitigung des baurechtswidrigen Zustandes verbleibt (vgl. OVG RP, Urteile vom 25. November 2009 – 8 A 10636/09.OVG –, AS 38, 130 = juris Rn. 29, und vom 22. September 2000 – 1 A 10962/00.OVG –, NVwZ-RR 2001, 290 = juris Rn. 16). Eine solche Ermessensreduktion auf Null tritt nur dann nicht ein, wenn eine Abweichung von der nachbarschützenden Vorschrift in Betracht kommt, übergeordnete, sich aus der Sache selbst ergebende öffentliche Interessen einem Einschreiten entgegenstehen oder sich die Abweichung von der nachbarschützenden Vorschrift im Bagatellbereich hält (vgl. OVG RP, Beschluss vom 6. Juni 2011, a.a.O. = juris Rn. 6; Urteil vom 7. Dezember 2005 – 8 A 11062/05.OVG –, S. 8 UA). Diese Ausnahmen sind vorliegend nicht gegeben.
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Die überhöhte Einfriedung kann nicht im Wege einer Abweichung nach § 69 Abs. 1 LBauO zugelassen werden, da es bereits an den tatbestandsmäßigen Voraussetzungen hierfür fehlt.
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Aus den Tatbestandsmerkmalen des § 69 Abs. 1 LBauO ergeben sich hinreichend klare Maßstäbe, wann eine Abweichung zugelassen werden darf. Maßgebend ist entsprechend dem Wortlaut der Vorschrift die Vereinbarkeit mit den öffentlichen Belangen unter Berücksichtigung des Zwecks der gesetzlichen Anforderungen und unter Würdigung der nachbarlichen Interessen, wobei die tatbestandlichen Voraussetzungen restriktiv zu handhaben sind. Dies gebietet allein der Umstand, dass durch die baurechtlichen Vorschriften die schutzwürdigen und schutzbedürftigen Belange und Interessen regelmäßig schon in einen gerechten Ausgleich gebracht worden sind und die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs ein mehr oder minder beliebiges Abweichen von den Vorschriften der Landesbauordnung nicht gestattet. Angesichts dessen lässt das Merkmal der "Berücksichtigung des Zwecks der gesetzlichen Anforderung" eine Abweichung nur dann zu, wenn im konkreten Einzelfall eine besondere Situation vorliegt, die sich vom gesetzlichen Regelfall derart unterscheidet, dass die Nichtberücksichtigung oder Unterschreitung des normativ festgelegten Standards gerechtfertigt ist. Eine derartige Lage ist gegeben, wenn aufgrund der besonderen Umstände der Zweck, der mit einer Vorschrift verfolgt wird, die Einhaltung der Norm nicht erfordert oder wenn deren Einhaltung aus objektiven Gründen außer Verhältnis zu der Beschränkung steht, die mit einer Versagung der Abweichung verbunden wäre. Um dies sachgerecht beurteilen zu können, sind stets die mit der gesetzlichen Anforderung verfolgten Ziele zu bestimmen und den Gründen gegenüber zu stellen, die im Einzelfall für die Abweichung streiten (vgl. OVG RP, Urteil vom 3. November 1999 – 8 A 10951/99.OVG –, NVwZ 2000, 580 = juris Rn. 25). Ebenso sind die betroffenen nachbarlichen Interessen zu gewichten und angemessen zu würdigen. Je stärker die Interessen des Nachbarn berührt sind, umso gewichtiger müssen die für die Abweichung sprechenden Gründe sein. Soll gar von einer nachbarschützenden Vorschrift abgewichen werden, sind die entgegenstehenden Rechte des Nachbarn materiell mitentscheidend. Eine Abweichung kommt in einer derartigen Situation nur in Betracht, wenn aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles der Nachbar nicht schutzbedürftig ist oder die Gründe, die für eine Abweichung streiten, objektiv derart gewichtig sind, dass die Interessen des Nachbarn ausnahmsweise zurücktreten müssen. Stehen weder der Zweck der gesetzlichen Anforderung noch die nachbarlichen Interessen unüberwindbar entgegen, ist zu prüfen, ob die Abweichung mit den konkret betroffenen öffentlichen Belangen, also allen im öffentlichen Interesse liegenden Anliegen, zu vereinbaren ist (vgl. OVG RP, Urteil vom 3. November 1999, a.a.O.; Beschluss vom 8. Juni 2001 – 8 B 10855/01.OVG –, S. 4 BA).
- 27
Gemessen an diesen Voraussetzungen ist die Versagung der Zulassung einer Abweichung durch den Beklagten nicht zu beanstanden, denn es fehlt bereits an einer atypischen Sondersituation, die ein Abweichen von der gesetzlichen Regel rechtfertigt. Zwar kann eine eine Abweichung rechtfertigende atypische Sondersituation auch in Besonderheiten der Geländetopografie begründet sein (vgl. BayVGH, Urteil vom 15. Dezember 2008 – 22 B 07.143 –, juris Rn. 39; OVG NW, Beschluss vom 5. März 2007 – 10 B 274/07 –, NVwZ-RR 2007, 501 = juris Rn. 17). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die zur Begründung der Abweichung angeführte Geländetpopografie nicht nur das Grundstück der Kläger, sondern gleichermaßen weitere Grundstücke in vergleichbarer Situation betrifft, so dass schon aus diesem Grunde an einem für eine Abweichung erforderlichen atypischen Einzelfall fehlen dürfte. Überdies werden vergleichbare Geländesituationen in einer durch hängiges Gelände geprägten Region wie Rheinhessen in einer Vielzahl von Fällen vorkommen, so dass sie letztlich deren Bebaubarkeit prägen. Zwar bedingt der vorhandene, durch eine Hanglage zum Grundstück des Beigeladenen geprägte Geländeverlauf, dass das Grundstück der Kläger bei Einhaltung der abstandsflächenrechtlichen Vorgaben nur eingeschränkt nutzbar ist, wie insbesondere das vorgelegte Lichtbild, aber auch die Schnittzeichnung dokumentieren. Dies ist jedoch Ausfluss der vorhandenen Geländestruktur, die regelmäßig die Bebaubarkeit eines Grundstücks bestimmt und als vorgegeben hinzunehmen ist. Vorliegend führen weder Geländestruktur noch Größe oder Zuschnitt des Grundstücks dazu, dass dieses bei Einhaltung der abstandsflächenrechtlichen Vorschriften unbebaubar wäre; hiergegen sprechen eindeutig das vorgelegte Lichtbild sowie die Schnittzeichnung, und auch die Kläger haben derartiges nicht dargetan. Hingegen kann der bloße Wunsch des Eigentümers, sein Grundstück (und dessen Freibereich) stärker nutzen zu können als es die Abstandsflächenvorschriften erlauben, keine atypische Einzelfallsituation begründen (vgl. BayVGH, Urteil vom 15. Dezember 2008, a.a.O. Rn. 39; OVG NW, Urteil vom 17. Januar 2008 – 7 A 2761/06 –, juris Rn. 35, und Beschluss vom 5. März 2007, a.a.O. Rn. 17).
- 28
Die Rückbauverfügung erweist sich auch ansonsten nicht als ermessensfehlerhaft. Soweit die Kläger geltend machen, der Beklagte habe vor dem Hintergrund der vorhandenen Geländesituation keinen angemessenen Interessenausgleich zwischen ihnen und dem Beigeladenen vorgenommen, übersehen sie, dass dieser Interessenausgleich bereits durch den Gesetzgeber in der abstandsflächenrechtlichen Vorschrift des § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO erfolgt ist. Jeder Bauherr hat dafür Sorge zu tragen, dass den gesetzlichen Anforderungen auf seinem Baugrundstück Rechnung getragen wird. Etwas anderes kann auch nicht mit Blick auf den Einwand gelten, die vorhandene Stützmauer sei für den Beigeladenen hinsichtlich der Belichtungssituation günstiger, als wenn die Stützmauer auf 2 m gekürzt und das dahinter liegende Gelände in einem Winkel von 45° abgeböscht würde. Abgesehen davon, dass eine solche Veränderung im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der dann (für die Böschung) anwendbaren Vorschrift des § 8 Abs. 8 Satz 2 LBauO nicht gleichsam auf der Hand liegt, sondern einer Überprüfung durch die Bauaufsichtsbehörde bedarf, müsste der Beigeladene im Falle einer baulichen Zulässigkeit die sich dann bestehende Belichtungssituation in Bezug auf sein Grundstück hinnehmen. Dies wäre die Folge der gesetzgeberischen Systematik des § 8 LBauO.
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Die Kläger können sich auch nicht darauf berufen, dass das Recht des Beklagten auf bauaufsichtliches Einschreiten verjährt oder verwirkt ist. Bauordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse unterliegen weder der Verjährung (vgl. BayVGH, Beschluss vom 2. April 2013 – 2 ZB 12.1210 –, juris Rn. 10; VG Düsseldorf, Beschluss vom 4. Mai 2015 – 11 L 1419/15 –, juris Rn. 28) noch der Verwirkung (vgl. OVG RP, Urteil vom 12. Juni 2012 – 8 A 10291/12.OVG –, AS 41, 181 = juris Rn. 34; VGH BW, Urteil vom 1. April 2008 – 10 S 1388/06 –, NVwZ-RR 2008, 696 = juris Rn. 50 m.w.N.). Ungeachtet dessen hat der Beklagte aber auch nicht durch vorangegangenes positives Tun bei den Klägern einen Vertrauenstatbestand geschaffen, der dazu geführt hätte, dass diese im Vertrauen auf ein Nichteinschreiten nicht unerhebliche und nur schwer rückgängig zu machende Vermögensdispositionen getroffen hätten (vgl. OVG RP, Urteil vom 12. Juni 2012, a.a.O. = juris Rn. 34 m.w.N.). Vielmehr hat der Beklagte – wie nicht zuletzt das das Baugrundstück Am l. R. ... (Flur ..., Flurstück .../13) betreffende Verfahren 3 K 1262/10.MZ zeigt – in der Vergangenheit in Ausübung seiner bauaufsichtlichen Befugnisse zweifelsfrei zu erkennen gegeben, dass er gegen eine Überschreitung der in § 8 Abs. 8 Satz 3 LBauO normierten Höhenbegrenzung einschreiten wird. Auch von einer Verwirkung seiner Nachbarrechte durch den Beigeladenen kann keine Rede sein; auch dieser hat bereits 2002 bekundet, eine Überschreitung des Höhenmaßes von 2 m durch die streitgegenständliche Stützmauer nicht hinnehmen zu wollen.
- 30
Soweit die Kläger schließlich geltend machen, der angeordnete Rückbau erweise sich im Hinblick auf die zu erwartenden erheblichen Kosten als unverhältnismäßig, können sie hiermit ebenfalls nicht durchdringen. Aus der Höhe der Rückbaukosten kann, wenn durch die Errichtung einer baulichen Anlage gegen Vorschriften des materiellen Baurechts – zumal wenn diese nachbarschützend sind – verstoßen wurde und der Rückbau das geeignete und erforderliche Mittel zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände ist, kein Umstand hergeleitet werden, der ausnahmsweise zu einem Ermessensfehler bei Erlass der erforderlichen Beseitigungsanordnung führen könnte (OVG Berlin, Beschluss vom 27. November 2001 – 2 N 27.01 –, BRS 64 Nr. 11 = juris Rn. 10).
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2) Auch die in den streitgegenständlichen Verfügungen enthaltene Verpflichtung zur Absicherung des hinter den Stützmauern gelegenen Geländes gegen Abrutschen begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie findet als Annex zu dem angeordneten Rückbau der Stützmauer auf das Maß von 2 m ihre Rechtsgrundlage in § 13 Abs. 1 i.V.m. § 59 LBauO und ist auch unter Ermessensgesichtspunkten nicht zu beanstanden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Da der Beigeladene einen Antrag gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist, hat er einen Anspruch auf Erstattung seiner eigenen außergerichtlichen Kosten gegenüber den Klägern erworben.
- 33
Das Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Beschluss der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 11. November 2015
- 34
1. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten des Beigeladenen im Vorverfahren wird für notwendig erklärt (§ 162 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 VwGO).
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2. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
Tenor
Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. September 2011 - 8 K 3119/09 - werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben mit Ausnahme der ausscheidbaren, durch die Beweiserhebung mittels Sachverständigengutachten entstanden Gerichtskosten, die der Kläger trägt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München
II.
Der Antrag der Antragstellerin wird abgelehnt.
III.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
IV.
Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt.
Gründe
(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.
(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.
(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.
(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.
(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.
(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung
- 1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient: - a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs, - b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder - c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
- 2.
städtebaulich vertretbar ist und - 3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
(4) Die Gemeinde kann durch Satzung
- 1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, - 2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind, - 3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass
- 1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind, - 2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und - 3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung einer Baugenehmigung.
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Die Klägerin betreibt auf dem Hafengelände von Norddeich eine Schiffswerft. Mit Datum vom 20. Januar 2005 beantragte sie die Erteilung einer Baugenehmigung zur Nutzung ihrer Bootslagerhalle als Parkhaus für ca. 250 Kraftfahrzeuge in den Sommermonaten und zum Bau von schotterunterlegten Parkplätzen für ca. 750 Kraftfahrzeuge auf der ca. 110 m tiefen, zwischen der Bootslagerhalle und dem östlichen Hafenschutzdamm gelegenen, Freifläche. Die geplanten Stellplätze sind für die Fahrzeuge von Gästen der Inseln Juist und Norderney vorgesehen, die mit den im Hafen ablegenden Fährschiffen vom Festland übersetzen wollen.
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Die am 2. Juni 2005 erhobene Untätigkeitsklage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen, weil das einheitlich nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilende Vorhaben die Entstehung einer Splittersiedlung befürchten lasse und deshalb den öffentlichen Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB beeinträchtige. § 35 BauGB sei maßgeblich, weil nur die Bootslagerhalle, nicht aber die Freifläche zwischen ihr und dem östlichen Hafenschutzdamm im Innenbereich liege. Der Damm habe trotz Anstiegs und erhöhter Lage keine topografische Bedeutung in dem Sinne, dass der im Zusammenhang bebaute Ortsteil bis an ihn heranreichen würde.
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Das Oberverwaltungsgericht hat die von ihm zugelassene Berufung zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Dabei könne offen bleiben, ob der Hafenschutzdeich geeignet sei, einen Innenbereich vom Außenbereich abzugrenzen; denn das Vorhaben sei weder nach § 34 BauGB noch nach § 35 BauGB genehmigungsfähig.
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Beurteile man das Vorhaben nach § 34 BauGB, könne sein Absatz 2 keine Anwendung finden, weil das Gelände allenfalls als faktisches Hafengebiet einzustufen wäre und sich damit als Sondergebiet im Sinne des § 11 BauNVO darstellen würde. Ein Rückgriff auf § 11 BauNVO im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB scheide aber aus, weil sich ein derartiges Baugebiet erst durch die Festsetzungen eines Bebauungsplans näher definieren lasse. Der auf dem Außengelände anzulegende Stellplatz sowie die Nutzung der vorhandenen Halle als Stellplatz in der Sommersaison fügten sich nicht im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB in die Umgebung ein. Da vergleichbare Stellplätze im Hafengebiet nicht vorhanden seien, überschritte das Vorhaben deutlich den vorhandenen Rahmen. Zwar befänden sich westlich und nordwestlich des Grundstücks der Klägerin einzeilige Autoabstellplätze/Parkplätze parallel zu den vorhandenen Straßen im Hafengelände; jedoch sei ein Abstellplatz für Autos in der von der Klägerin geplanten Größe im eigentlichen Hafengebiet nicht vorhanden. Selbst wenn es im eigentlichen Hafengebiet für das umstrittene Projekt Vorbilder gäbe, löste es städtebauliche Spannungen aus, deren negative Folgewirkungen nicht verlässlich auszuschließen seien. Das Vorhaben würde durch seine Vorbildwirkung dazu führen, dass für weitere nicht (mit Gebäuden) bebaute Grundstücke der Wunsch nach einer Einrichtung von Stellplätzen für die Fahrzeuge der Feriengäste aufkäme. Zusätzlich werfe die Erschließung eines Stellplatzes für annähernd 1 000 Fahrzeuge bewältigungsbedürftige Spannungen auf. Es bestünden erhebliche Zweifel, ob die Zufahrt zu dem geplanten Parkplatz den zu erwartenden Fahrzeugverkehr aufnehmen könne.
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Das Vorhaben der Klägerin sei aber auch nicht genehmigungsfähig, wenn das Grundstück dem Außenbereich zuzurechnen wäre. Die geplante Stellplatzanlage sei nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB privilegiert. Sie sei nicht standortgebunden, weil sie auch außerhalb des Hafengebiets angelegt werden könne. Das Vorhaben beeinträchtige öffentliche Belange. Es sei geeignet, eine vorhandene Splittersiedlung in zu missbilligender Weise zu verfestigen.
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Die Nutzung allein der Bootslagerhalle zur Einstellung von Kraftfahrzeugen sei ebenfalls aus planungsrechtlichen Gründen unzulässig. Wäre die Halle noch dem Innenbereich zuzuordnen, sei die Nutzung als Stellplatz für nur 250 Kraftfahrzeuge nicht mit der vorhandenen Umgebung zu vereinbaren; denn auch diese gegenüber der Nutzung des gesamten Areals verringerte Nutzung finde in der Umgebung keine Entsprechung. Maßgeblich sei insoweit, ob die Neuerrichtung der Halle mit diesem Nutzungszweck planungsrechtlich zulässig wäre. Das sei sowohl hinsichtlich § 34 BauGB als auch bei Anwendung von § 35 BauGB zu verneinen.
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Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Berufungsurteil ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Da die tatrichterlichen Feststellungen nicht ausreichen, um dem Senat eine abschließende Entscheidung zu ermöglichen, ist die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
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1. Die vom Berufungsgericht offen gelassene Frage, ob auf das Vorhaben § 34 oder § 35 BauGB Anwendung findet, kann auf Grund der im angefochtenen Urteil enthaltenen Feststellungen im Revisionsverfahren nicht entschieden werden.
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§ 34 BauGB setzt nach seinem ersten Absatz für seine Anwendbarkeit voraus, dass die Fläche, auf der ein Vorhaben errichtet werden soll, innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile liegt. Diese Voraussetzung bestimmt räumlich den Umfang des unbeplanten Innenbereichs und dient gleichzeitig dessen Abgrenzung zum Außenbereich. Nach gesicherter Rechtsprechung reichen Bebauungszusammenhänge des unbeplanten Innenbereichs stets so weit, wie die aufeinander folgende Bebauung trotz vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt (vgl. etwa Urteile vom 6. November 1968 - BVerwG 4 C 2.66 - BVerwGE 31, 20 <21>, vom 1. Dezember 1972 - BVerwG 4 C 6.71 - BVerwGE 41, 227 <233 f.>, vom 19. September 1986 - BVerwG 4 C 15.84 - BVerwGE 75, 34 <36> und vom 22. Juni 1990 - BVerwG 4 C 6.87 - ZfBR 1990, 293; Beschluss vom 27. Mai 1988 - BVerwG 4 B 71.88 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 127). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Würdigung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten einzelfallbezogen zu entscheiden (Urteile vom 6. Dezember 1967 - BVerwG 4 C 94.66 - BVerwGE 28, 268 <272> und vom 12. Dezember 1990 - BVerwG 4 C 40.87 - BRS 50 Nr. 72 S. 164).
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Die Klägerin nimmt für sich in Anspruch, dass § 34 BauGB auf ihr Vorhaben Anwendung finde. Sie teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass ihre Bootshalle am Bebauungszusammenhang teilnehme, meint aber, dass der Bebauungszusammenhang nicht an der Rück(Nord-Ost)-Seite der Halle ende, sondern sich bis zum östlichen Hafenschutzdeich erstrecke. Nach dem Berufungsurteil bleibt bereits offen, ob es zutrifft, dass die Bootslagerhalle noch Bestandteil eines Bebauungszusammenhangs ist. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, könnte der Senat nicht beurteilen, ob dies auch für die sich daran anschließende Freifläche gilt, die für die Außenstellplätze vorgesehen ist. Zwar endet der Bebauungszusammenhang in aller Regel am letzten Baukörper (Urteile vom 22. März 1972 - BVerwG 4 C 121.68 - BRS 25 Nr. 38 und vom 12. Oktober 1973 - BVerwG 4 C 3.72 - BRS 27 Nr. 56; Beschluss vom 12. März 1999 - BVerwG 4 B 112.98 - NVwZ 1999, 763); örtliche Besonderheiten können es aber rechtfertigen, dem Bebauungszusammenhang noch bis zu einem Geländehindernis, einer Erhebung oder einem Einschnitt (Damm, Böschung, Fluss, Waldrand o.ä.) ein oder mehrere Grundstücke zuzuordnen, die unbebaut sind (Urteil vom 12. Dezember 1990 a.a.O.; Beschlüsse vom 20. August 1998 - BVerwG 4 B 79.98 - Buchholz 406.11 § 34 BauGB Nr. 191 und vom 17. Januar 2005 - BVerwG 4 B 3.05 - juris Rn. 7). Um dies zu beurteilen, bedarf es einer "echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts" durch den Tatrichter (Urteil vom 6. November 1968 a.a.O.).
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2. Auf die ungeklärte Frage, ob das Vorhaben im Innen- oder im Außenbereich ausgeführt werden soll, käme es für den Ausgang des Verfahrens nicht an, wenn das Vorhaben entweder nach beiden Vorschriften zulässig oder aber nach beiden Vorschriften unzulässig sein sollte. Dazu lässt sich jedoch derzeit Abschließendes ebenfalls nicht sagen.
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a) Das Oberverwaltungsgericht hat für den Fall der Innenbereichslage verneint, dass das Vorhaben der Klägerin nach § 34 BauGB zulässig ist. Die hierfür angegebenen Gründe halten der revisionsgerichtlichen Kontrolle nicht stand.
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Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Für den Fall, dass die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete entspricht, die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind, ordnet § 34 Abs. 2 BauGB an, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach beurteilt, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet (allgemein oder ausnahmsweise) zulässig wäre.
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aa) Das Oberverwaltungsgericht hat es für möglich gehalten, dass das Baugrundstück in einem faktischen Hafengebiet und damit in einem Sondergebiet im Sinne des § 11 BauNVO liegt, einen Rückgriff auf § 11 BauNVO im Rahmen des § 34 Abs. 2 BauGB aber aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Dem ist beizupflichten. Im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB "bezeichnet" sind Baugebiete nicht schon dann, wenn sie in der Baunutzungsverordnung namentlich genannt sind. Da § 34 Abs. 2 BauGB auf der Rechtsfolgenseite "allein" auf die nach der Baunutzungsverordnung zulässigen Arten der baulichen Nutzung verweist, können zu den bezeichneten Baugebieten im Sinne des Tatbestandes auch nur diejenigen Baugebiete gehören, für die die Baunutzungsverordnung die zulässige Art der baulichen Nutzung selbst regelt. Sondergebiete nach § 11 BauNVO gehören dazu nicht. Die Vorschrift trifft die Entscheidung, welche Anlagen allgemein zulässig, unzulässig oder ausnahmsweise zulassungsfähig sind, nicht selbst, sondern verlangt sie nach ihrem Absatz 2 Satz 1 vom Planungsträger. Dies gilt auch für die in Absatz 2 Satz 2 aufgelisteten Sondergebiete und namentlich die Hafengebiete (Urteil vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 52.87 - BRS 49 Nr. 15 S. 32). Ob es rechtlich zulässig wäre, faktische Sondergebiete für Einkaufszentren und den großflächigen Einzelhandel anzuerkennen (vgl. dazu Urteil vom 11. Februar 1993 - BVerwG 4 C 15.92 - BRS 55 Nr. 174 S. 479 f.; bejahend OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. März 2008 - OVG 2 S 116.07 - BRS 73 Nr. 83 S. 420
), bedarf hier keiner Entscheidung.
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bb) Die Zulässigkeit des klägerischen Vorhabens nach der Art der baulichen Nutzung hat das Oberverwaltungsgericht deshalb zu Recht nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beurteilt. Es hat kumulativ begründet, dass sich das Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Das Vorhaben sei - erstens - ohne Vorbild, weil die im "eigentlichen" Hafengebiet bereits vorhandenen Parkplätze nach ihrer räumlichen Ausdehnung (einzeilig entlang den bestehenden Straßen) mit ihm nicht vergleichbar seien. Es überschritte daher den aus der Umgebungsbebauung ableitbaren Rahmen. Selbst wenn es - zweitens - im eigentlichen Hafengebiet Vorbilder gäbe, das Vorhaben mithin den Rahmen einhielte, fügte es sich nicht ein, weil es geeignet sei, städtebaulich relevante Spannungen auszulösen. Beide Begründungselemente stehen mit der Rechtslage nicht im Einklang.
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(1) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass sich ein Vorhaben in der Regel in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, wenn es sich innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <385>; stRspr). Als richtig unterstellt werden mag auch seine Ansicht, dass die geplante Nutzungsart in der maßgeblichen Umgebung bereits verwirklicht sein muss (vgl. dazu Urteil vom 3. April 1987 - BVerwG 4 C 41.84 - BRS 47 Nr. 63). Nicht berücksichtigt hat es jedoch, dass bei der Frage, ob ein Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung den Rahmen der Umgebungsbebauung einhält, von der Typisierung von Nutzungen in der Baunutzungsverordnung als einer insoweit sachverständigen Konkretisierung allgemeiner städtebaulicher Grundsätze auszugehen (Urteile vom 3. Februar 1984 - BVerwG 4 C 25.82 - BVerwGE 68, 360 <368> und vom 19. September 1986 a.a.O. S. 42) und somit auf die Vorschriften des ersten Abschnitts (§§ 1 bis 15) der Baunutzungsverordnung als Auslegungs- oder Orientierungshilfe zurückzugreifen ist (so schon Urteil vom 23. April 1969 - BVerwG 4 C 12.67 - BVerwGE 32, 31 <36>). Auf diesem Versäumnis beruht sein Irrtum, dass das umstrittene Vorhaben mit den vorhandenen Stellplätzen im "eigentlichen" Hafengebiet nach der Art der baulichen Nutzung nicht vergleichbar ist.
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Die Zulässigkeit von Stellplätzen und den ihnen gleich gestellten Garagen, zu denen auch Parkhäuser zu zählen sind (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Oktober 2010, § 12 BauNVO Rn. 33), regelt § 12 BauNVO.
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Nach § 12 Abs. 1 BauNVO sind Stellplätze und Garagen in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt. Nach § 12 Abs. 6 BauNVO ist es zwar zulässig, Stellplätze und Garagen dem Umfang nach zu beschränken. Dies ist allerdings nur durch eine entsprechende Festsetzung in einem Bebauungsplan möglich. Das vom Oberverwaltungsgericht gewählte Differenzierungskriterium der unterschiedlichen räumlichen Ausdehnung (Anordnung und Größe) von Stellplatzanlagen (UA S. 8 f.) ist ansonsten in § 12 BauNVO nicht angelegt und kann bei der Prüfung des § 34 Abs. 1 BauGB, soweit es um die Art der Nutzung geht, nicht herangezogen werden. § 12 Abs. 2 BauNVO ordnet an, dass Stellplätze und Garagen in Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig sind. Stellplätze und Garagen für einen darüber hinausgehenden, außerhalb des Baugebiets ausgelösten Bedarf sind allein in den übrigen, nicht in § 12 Abs. 2 genannten Gebieten zulässig. In diesen Gebieten erlaubt § 12 Abs. 1 BauNVO nicht nur Einstellplätze, die als Nebenanlagen einer Hauptnutzung zugeordnet sind, wie beispielsweise Kundenparkplätze für einen Gewerbebetrieb, sondern auch solche, die keine funktionale Zuordnung zu einer Hauptnutzung aufweisen. Darunter fallen gewerblich betriebene Einstellplätze, die - wie vorliegend geplant - außerhalb öffentlicher Verkehrsflächen errichtet und Dritten gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden sollen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 18. Mai 2000 - 7 A 1155/99 - BRS 63 Nr. 89; Stock, a.a.O. Rn. 35). Der Grundsatz des § 12 Abs. 1 BauNVO und die Einschränkung des § 12 Abs. 2 BauNVO knüpfen an die unterschiedliche Störempfindlichkeit und Schutzbedürftigkeit von Baugebieten, die vorwiegend dem Wohnen und der Erholung dienen, und den übrigen Baugebieten an. Zur Bewahrung des gebietstypischen Immissionsniveaus sollen in den Baugebieten, die in § 12 Abs. 2 BauNVO genannt sind, die mit dem Kraftfahrzeugverkehr unvermeidlich einhergehenden Störungen auf das Maß begrenzt werden, das sich aus dem Bedarf der im Gebiet zugelassenen Nutzungen ergibt (Urteile vom 1. November 1974 - BVerwG 4 C 38.71 - BVerwGE 47, 144 <150> und vom 7. Dezember 2006 - BVerwG 4 C 11.05 - BVerwGE 127, 231 <233 f.>). Für § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gibt die Systematik des § 12 Abs. 1 und 2 BauNVO deshalb nichts her, wenn - wie vorliegend - in der maßgeblichen Umgebung keine Nutzungen ausgeübt werden, die im Sinne des § 12 Abs. 2 BauNVO schutzwürdig sind.
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Ohne Bedeutung ist, dass für die vorhandenen einzeiligen Stellplätze § 12 BauNVO nicht gilt, wenn sie Bestandteil des öffentlichen Straßenraums sind. Stellplätze auf öffentlichem Straßengrund stellen nicht eine andere Art der Nutzung dar als Stellplätze auf privaten Grundstücken.
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(2) Der Prüfungsansatz des Oberverwaltungsgerichts, ein Vorhaben, das den Rahmen einhält, sei unzulässig, wenn es geeignet sei, städtebauliche Spannungen auszulösen, ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Hält sich ein Vorhaben - wie hier jedenfalls nach der Art der Nutzung - im vorgefundenen Rahmen, so fügt es sich gleichwohl nicht ein, wenn es gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstößt (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O. S. 386). Auf die Eignung zur Auslösung städtebaulicher (bodenrechtlicher) Spannungen kommt es demgegenüber nur an, wenn es um die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens geht, das den aus der Umgebung ableitbaren Rahmen überschreitet (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O. S. 386).
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Das Gebot der Rücksichtnahme ist mit dem Verbot der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen nicht in jeder Beziehung identisch. Das Gebot der Rücksichtnahme dient dem Schutz der sonstigen, d.h. vor allem: der in der unmittelbaren Nähe des Vorhabens vorhandenen, Bebauung vor nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen (Urteile vom 18. Oktober 1974 - BVerwG 4 C 77.73 - Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 45 S. 118 und vom 26. Mai 1978 a.a.O. S. 386); es hebt auf die gegenseitige Verflechtung der baulichen Situation benachbarter Grundstücke ab und will einen angemessenen Ausgleich schaffen, der dem einen das ermöglicht, was für ihn unabweisbar ist, und den anderen vor unzumutbaren Belästigungen oder Benachteiligungen schützt (Urteil vom 13. März 1981 - BVerwG 4 C 1.78 - BRS 38 Nr. 186 S. 412). Bodenrechtlich beachtliche und bewältigungsbedürftige Spannungen sind demgegenüber dadurch gekennzeichnet, dass das Vorhaben die vorhandene Situation in bauplanungsrechtlich relevanter Weise verschlechtert, stört oder belastet und das Bedürfnis hervorruft, die Voraussetzungen für seine Zulassung unter Einsatz der Mittel der Bauleitplanung zu schaffen (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O. S. 386 f.; Beschluss vom 25. März 1999 - BVerwG 4 B 15.99 - BRS 62 Nr. 101). Zwar wird ein Vorhaben, das gegenüber der Nachbarschaft "rücksichtslos" ist, auch städtebaulich relevante Spannungen hervorrufen. Umgekehrt ist aber nicht jedes Vorhaben, das bodenrechtlich beachtliche Spannungen begründet oder erhöht und deshalb ein Planungsbedürfnis auslöst, gleichzeitig rücksichtslos.
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Dass das Vorhaben der Klägerin gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen könnte, ist nicht ersichtlich. Dem angefochtenen Urteil lässt sich nichts dafür entnehmen, dass der mit dem Vorhaben verbundene Zu- und Abgangsverkehr unzumutbare Umgebungsbelastungen erzeugen würde.
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(3) Auf die Auslösung städtebaulicher Spannungen hätte das Oberverwaltungsgericht zu Recht abgestellt, wenn das Vorhaben - wie von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht - nach dem Maß der baulichen Nutzung den Umgebungsrahmen überschritte. Ob das der Fall ist, kann der Senat indes nicht beurteilen. Der Rahmen wird nämlich nicht nur, wie die Beklagte meint, durch die vorhandenen einzeiligen Kfz-Stellplätze, sondern durch die gesamte Bebauung in der näheren Umgebung abgesteckt.
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cc) Ob die Erschließung des klägerischen Vorhabens gesichert ist, kann der Senat ebenfalls nicht beantworten. Das Oberverwaltungsgericht hat zwar die Frage aufgeworfen, ob die Straßen im Hafengebiet dem vorhabenbedingten Zu- und Abgangsverkehr gewachsen sind, zu ihr jedoch keine Feststellungen getroffen, sondern sich insoweit auf Vermutungen beschränkt. Sollte die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens von der Sicherung der Erschließung abhängen, wird das Oberverwaltungsgericht die erforderlichen Ermittlungen anzustellen haben. Als rechtlicher Maßstab gilt: Nicht jede Zunahme der Verkehrsbelastung mit der Folge von Wartezeiten gefährdet die Sicherung der Erschließung des dafür ursächlichen Vorhabens. Die Erschließung wäre allerdings dann nicht gesichert, wenn das Vorhaben zu einer solchen Belastung der Zuwegung führen würde, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs nicht nur in Spitzenzeiten ohne zusätzliche Erschließungsmaßnahmen nicht mehr gewährleistet wäre (Urteil vom 19. September 1986 a.a.O S. 44 f.). Im unbeplanten Innenbereich sind nämlich nur solche Vorhaben zulässig, die sich mit der vorhandenen Erschließung abfinden können.
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b) Ob dem Oberverwaltungsgericht bei der Prüfung des § 35 BauGB ebenfalls Rechtsfehler unterlaufen sind, kann dahingestellt bleiben. Da das Oberverwaltungsgericht die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 34 BauGB und des § 35 BauGB alternativ verneint hat, genügt es für den Erfolg der Revision, dass der Begründungsteil des Urteils, der § 34 BauGB betrifft, gegen Bundesrecht verstößt. Denn es ist nicht gesichert, dass der andere Begründungsteil das Urteil trägt (vgl. Beschluss vom 26. Mai 1993 - BVerwG 4 NB 3.93 - BRS 55 Nr. 28 S. 73).
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Gleichwohl und vorsorglich weist der Senat auf Folgendes hin: Sollte sich das Oberverwaltungsgericht der Ansicht des Verwaltungsgerichts anschließen, dass die Bootslagerhalle dem Innenbereich, der Parkplatz im Freien aber dem Außenbereich zuzuordnen ist, wird es das Vorhaben, falls dieses tatsächlich nur einheitlich beurteilt werden kann, insgesamt an § 35 BauGB zu messen und dabei zu bedenken haben, dass sich der Außenstellplatz selbst nicht unter den Begriff der Splittersiedlung subsumieren lässt; denn eine Siedlung setzt die Existenz von Gebäuden voraus, die wenigstens zum gelegentlichen Aufenthalt von Menschen bestimmt sind (Urteil vom 18. Februar 1983 - BVerwG 4 C 19.81 - BVerwGE 67, 33 <38>). Allerdings kann die Errichtung einer nicht zum Aufenthalt von Menschen bestimmten baulichen Anlage, die die Ausweitung einer in der Splittersiedlung ausgeübten oder auszuübenden Nutzung ermöglicht, die Splittersiedlung verfestigen (Beschluss vom 7. September 1984 - BVerwG 4 B 188.84 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 215). Als Bestandteil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils wäre die Bootshalle indes keine Keimzelle einer Splittersiedlung, weil Splittersiedlung und im Zusammenhang bebauter Ortsteil einen Gegensatz bilden (Roeser, in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Stand Oktober 2010, § 35 Rn. 84). Anliegen des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB ist es, eine zusammenhanglose oder sonst unorganische Streubebauung im Außenbereich zu verhindern (Urteil vom 13. Februar 1976 - BVerwG 4 C 72.74 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 123 S. 17). Wenn ein Vorhaben, das für sich allein den Begriff der Splittersiedlung nicht erfüllt, nach der Vorschrift missbilligt wird, liegt das daran, dass die Splittersiedlung, der es funktional und räumlich zugeordnet ist und deren Verfestigung sie befürchten lässt, ihrerseits missbilligt wird. Das kann aber nur der Fall sein, wenn die Splittersiedlung im Außenbereich liegt.
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt die Zurückweisung eines Nachbarwiderspruchs gegen einen ihr erteilten Bauvorbescheid für ein großflächiges Gartencenter in der Nachbarschaft eines sog. Störfallbetriebs.
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Die Klägerin ist Eigentümerin von Grundstücken im unbeplanten Innenbereich in D. mit einer Gesamtfläche von über 3 ha, die in der Nachbarschaft des Betriebs der Beigeladenen (eines Störfallbetriebs, der unter die Richtlinie 96/82/EG - kurz: "Seveso-II-Richtlinie" - fällt) liegen und die derzeit u.a. für eine Schrott- und Metallrecyclinganlage genutzt werden. Sie beantragte die Erteilung einer Bebauungsgenehmigung für die Errichtung eines Gartencenters (Verkaufsfläche 9 368 qm, davon 1 340 qm Freifläche). Zu diesem Zeitpunkt hatte die Klägerin das Baugrundstück bereits an die Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 12.11 verkauft. Der Vertrag soll jedoch erst wirksam werden, wenn u.a. der Nachweis des Vorliegens der Bestandskraft des beantragten Vorbescheids oder der Bestandskraft einer Baugenehmigung erbracht worden sei. Die Stadt D. erteilte der Klägerin den Vorbescheid antragsgemäß. Hiergegen erhob die Beigeladene Widerspruch, über den das beklagte Land Hessen bisher nicht (abschließend) entschieden hat.
- 3
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Auf die Untätigkeitsklage der Klägerin hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Widerspruch der Beigeladenen gegen den der Klägerin erteilten Bauvorbescheid zurückzuweisen. Die Berufungen des Beklagten und der Beigeladenen blieben erfolglos. Der erteilte Bauvorbescheid - so die Begründung des Berufungsurteils - sei rechtmäßig, so dass die Unterlassung der begehrten Zurückweisung des Widerspruchs die Klägerin in ihren Rechten verletze. Das Bauvorhaben sei bauplanungsrechtlich zulässig und verstoße auch nicht gegen das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme. Eine Verletzung der gegenüber dem Störfallbetrieb gebotenen Rücksichtnahme scheide deswegen aus, weil sich innerhalb der gutachtlich ermittelten "Achtungsgrenzen" bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen befänden, darunter auch Baumärkte, die ebenfalls Freiverkaufsflächen aufwiesen und nur unwesentlich weiter als das geplante Gartencenter vom Betriebsgelände der Beigeladenen entfernt lägen. Auch bei etwaiger Nichteinhaltung eines erforderlichen Sicherheitsabstands sei deshalb nicht erkennbar, dass es durch das Heranrücken einer weiteren schutzwürdigen Bebauung zu einer Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen für die Beigeladene kommen könne. Eine Verpflichtung der Klägerin zur Einhaltung eines Abstands gegenüber dem Störfallbetrieb ergebe sich auch nicht aus § 50 BImSchG. Selbst wenn man § 50 BImSchG im Rahmen von § 34 BauGB für anwendbar halten wollte, scheitere eine Anwendung im vorliegenden Fall daran, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Vorhaben nicht um eine raumbedeutsame Maßnahme im Sinne der Vorschrift handle. Das Vorhaben verstoße auch nicht gegen die gemäß § 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB zu wahrenden Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, die auf die Abwehr städtebaulicher Missstände beschränkt seien. Eine unmittelbare Anwendung des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG bzw. eine richtlinienkonforme Auslegung des § 50 BImSchG komme nicht in Betracht. Ein zwingendes Gebot der Abstandswahrung, das auch bei der Zulassung von Einzelvorhaben zu beachten sei, sei der Richtlinie nicht zu entnehmen. Selbst wenn man annehme, dass der deutsche Gesetzgeber Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG nicht vollständig umgesetzt habe, fehle es an der für eine unmittelbare Anwendung der Richtlinie erforderlichen inhaltlichen Unbedingtheit und hinreichenden Genauigkeit.
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Der Senat hat die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zum Anlass genommen, das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht auszusetzen und den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg im Wege der Vorabentscheidung (Art. 267 AEUV) um Klärung mehrerer Fragen zu bitten (Beschluss vom 3. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 5.09 - juris). Der Senat war der Auffassung, dass die Revisionen auf der Grundlage des nationalen Rechts zurückzuweisen wären, hatte es allerdings für zweifelhaft gehalten, ob die Zulassung des Vorhabens unter den hier gegebenen bzw. unterstellten Umständen mit Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG vereinbar ist (Beschluss vom 3. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 11 ff. und 22 ff.).
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Mit Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - (ABl EU 2011 Nr. C 319 S. 5 = ZfBR 2011, 763) hat der EuGH über die Vorlagefragen entschieden.
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Die erste Vorlagefrage hat er wie folgt beantwortet:
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Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG ist dahin auszulegen, dass die Pflicht der Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und öffentlich genutzten Gebäuden andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt, auch von einer Behörde wie der für die Erteilung von Baugenehmigungen zuständigen Stadt D. zu beachten ist, und zwar auch dann, wenn sie in Ausübung dieser Zuständigkeit eine gebundene Entscheidung zu erlassen hat.
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Auf die zweite und dritte Frage hat der EuGH geantwortet:
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Die in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG vorgesehene Verpflichtung, langfristig dem Erfordernis Rechnung zu tragen, dass zwischen den unter diese Richtlinie fallenden Betrieben einerseits und öffentlich genutzten Gebäuden andererseits ein angemessener Abstand gewahrt bleibt, schreibt den zuständigen nationalen Behörden nicht vor, unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens die Ansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes zu verbieten. Dagegen steht diese Verpflichtung nationalen Rechtsvorschriften entgegen, nach denen eine Genehmigung für die Ansiedlung eines solchen Gebäudes zwingend zu erteilen ist, ohne dass die Risiken der Ansiedlung innerhalb der genannten Abstandsgrenzen im Stadium der Planung oder der individuellen Entscheidung gebührend gewürdigt worden wären.
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Der Beklagte und die Beigeladene sehen ihre Rechtsauffassungen durch die Vorabentscheidung des EuGH im Wesentlichen bestätigt. Die Verpflichtung zur gebührenden Würdigung der mit einer Neuansiedlung verbundenen Risiken bestehe nicht erst dann, wenn ein hinzukommendes Vorhaben im Hinblick auf die Auswirkungen eines Störfalls einen weitergehenden Schutzbedarf als die bisherige Bebauung auslöse, sondern bereits dann, wenn durch die Neuansiedlung - wie hier - eine wesentliche Verschlechterung des Status quo u.a. im Hinblick auf das Ziel der Begrenzung der Folgen eines schweren Unfalls eintrete. Die vom EuGH geforderten Bewertungen, insbesondere unter Berücksichtigung "sozioökonomischer" Faktoren, seien hier noch nicht vorgenommen worden. Der Entscheidung des EuGH könne im Ergebnis mit der Auslegung des § 34 BauGB entsprechend Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG nur dadurch Rechnung getragen werden, dass die Klage abgewiesen werde. Welche Faktoren dazu führen sollten, dass diese Risikoermittlung und -bewertung nicht maßgeblich sei bzw. überwunden werden könne, sei nicht ersichtlich.
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Die Klägerin hält das Vorhaben nach wie vor für bauplanungsrechtlich zulässig. Der EuGH habe das Konzept des deutschen Gesetzgebers zur Umsetzung der Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG im Hinblick auf bereits bebaute Einwirkungsbereiche von Störfallbetrieben akzeptiert. Die von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderte störfallrechtliche Risikobewertung sei schon bislang in einem ausreichenden Maße im Rahmen von § 34 Abs. 1 BauGB erfolgt.
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Revisionen sind begründet. Das Berufungsurteil verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).
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Der Verwaltungsgerichtshof hat zu Recht die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des streitgegenständlichen Gartencenters und damit die Rechtmäßigkeit des der Klägerin erteilten Bauvorbescheids an § 34 Abs. 1 BauGB und dem über das Tatbestandsmerkmal des Einfügens darin enthaltenen Rücksichtnahmegebot gemessen. Mit Bundesrecht unvereinbar ist allerdings die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dass eine Verletzung der gegenüber dem Störfallbetrieb der Beigeladenen gebotenen Rücksichtnahme deshalb ausscheide, weil sich innerhalb der gutachtlich ermittelten "Achtungsgrenzen" bereits verschiedene gewerbliche Nutzungen befänden und wegen dieser Vorbelastung - die Nichteinhaltung des angemessenen Abstands unterstellt - nicht erkennbar sei, dass es durch die Neuansiedlung zu einer Verschärfung der immissionsschutzrechtlichen Anforderungen für die Beigeladene kommen könne.
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Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG verlangt, dass die Risiken der Zulassung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ungeachtet etwaiger Vorbelastungen gebührend gewürdigt werden (1). Diesem unionsrechtlichen Erfordernis ist durch eine richtlinienkonforme Handhabung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots Geltung zu verschaffen (2). Dessen Anforderungen hat der Verwaltungsgerichtshof verkannt (3). Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, weil die hierfür erforderlichen Tatsachenfeststellungen fehlen (4).
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1. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG schließt es aus, die Neuansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs allein im Hinblick auf bestehende Vorbelastungen zuzulassen, ohne zuvor ermittelt zu haben, welcher Abstand angemessen ist und welche Risiken mit der Neuansiedlung innerhalb dieser Abstandsgrenzen einhergehen.
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Der EuGH (Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - UPR 2011, 443 LS 1) hat Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG dahin ausgelegt, dass die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, langfristig dem Erfordernis der Wahrung angemessener Abstände zwischen einem Störfallbetrieb und öffentlich genutzten Gebäuden Rechnung zu tragen, auch von Baugenehmigungsbehörden bei gebundenen Entscheidungen über die Zulassung von Vorhaben zu beachten ist. Dass der Betrieb der Beigeladenen ein Störfallbetrieb und das von der Klägerin beantragte Gartencenter ein öffentlich genutztes Gebäude im Sinne der Richtlinie ist, ist unstreitig (EuGH a.a.O. Rn. 2 und 3). Die als Baugenehmigungsbehörde tätig gewordene Stadt D. war deshalb bei der Entscheidung über den von der Klägerin beantragten Bauvorbescheid verpflichtet, dem Abstandserfordernis des Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 96/82/EG Rechnung zu tragen.
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Diese Verpflichtung hat der EuGH (a.a.O. LS 2) zwar nicht in dem Sinne ausgelegt, dass jede Neuansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes innerhalb des angemessenen Abstands zwingend untersagt werden müsste. Es ist mit der Richtlinie aber nicht vereinbar, wenn die Ansiedlung zugelassen wird, ohne dass die Risiken einer Ansiedlung innerhalb des angemessenen Abstands gebührend gewürdigt worden wären (EuGH a.a.O. Rn. 49). Die Genehmigungsbehörde muss deshalb in einem ersten Schritt ermitteln, welcher Abstand "angemessen" ist und ob das Neuansiedlungsvorhaben innerhalb dieser Abstandsgrenze liegt. Ist der angemessene Abstand nicht eingehalten, muss sich die Behörde in einem zweiten Schritt darüber Gedanken machen, ob ein Unterschreiten des angemessenen Abstands im Einzelfall vertretbar ist.
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a) Welcher Abstand "angemessen" ist, ist im Unionsrecht nicht geregelt. Damit obliegt es den zuständigen nationalen Genehmigungsbehörden und Gerichten zumindest implizit, die angemessenen Abstände im jeweiligen Einzelfall anhand aller relevanten störfallspezifischen Faktoren festzulegen (EuGH a.a.O. Rn. 45 und 50).
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Die nationalen Behörden haben im Falle der Ansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs den Anstieg des Unfallrisikos oder die Verschlimmerung der Unfallfolgen zu bewerten (Art. 12 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 96/82/EG; EuGH a.a.O. Rn. 43). Das erfordert jedenfalls dann, wenn die Behörde Anhaltspunkte dafür hat, dass das zur Genehmigung gestellte Vorhaben den angemessenen Abstand nicht einhält (vgl. Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1047>), eine Abschätzung nicht nur der Risiken und Schäden, sondern auch aller anderen in jedem Einzelfall relevanten (störfall-) "spezifischen Faktoren", die je nach den besonderen Gegebenheiten der Gebiete unterschiedlich ausfallen können (EuGH a.a.O. Rn. 43 f.). Das wird in aller Regel nicht ohne eine Heranziehung technisch-fachlichen Sachverstands möglich sein. Gegebenenfalls kann auch in Betracht kommen, vom Vorhabenträger die Vorlage eines entsprechenden Gutachtens zu verlangen (Uechtritz, a.a.O. S. 1047).
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Als störfallspezifische Faktoren, die im jeweiligen Einzelfall relevant sein können, nennt der EuGH (a.a.O. Rn. 44) die Art der jeweiligen gefährlichen Stoffe, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines schweren Unfalls, die Folgen eines etwaigen Unfalls für die menschliche Gesundheit und die Umwelt, die Art der Tätigkeit der neuen Ansiedlung, die Intensität ihrer öffentlichen Nutzung sowie die Leichtigkeit, mit der Notfallkräfte bei einem Unfall eingreifen können. Die Nennungen sind nur beispielhaft. In Betracht zu ziehen sind ferner, wie der EuGH (a.a.O. Rn. 43) betont, vorhabenbedingte Veränderungen, etwa die Verschlimmerung von Unfallfolgen durch einen vorhabenbedingten Anstieg der möglicherweise betroffenen Personen. Andererseits können aber auch technische Maßnahmen zur Verminderung des Unfallrisikos oder zur weiteren Begrenzung möglicher Unfallfolgen zu berücksichtigen sein, sei es im Betriebsbereich, soweit diese dem Betreiber des Störfallbetriebs auferlegt werden können, sei es außerhalb des Betriebsbereichs, wie etwa Nutzungseinschränkungen oder besondere bauliche Anforderungen an das an den Störfallbetrieb heranrückende Vorhaben, sofern über diese Maßnahmen mögliche Schadensfolgen und damit auch die Angemessenheit des Abstands beeinflusst werden können (vgl. auch Berkemann, ZfBR 2010, 18 <24>).
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Im Hinblick auf sonstige - nicht störfallspezifische - Belange unterliegt der angemessene Abstand demgegenüber keiner Relativierung (zutreffend Uechtritz, a.a.O. S. 1046 f.). Insbesondere haben "sozioökonomische" Faktoren, die der EuGH (a.a.O. Rn. 46) in diesem Zusammenhang nennt, bei der Festlegung des "angemessenen" Abstands außer Betracht zu bleiben. Das ergibt sich zum einen daraus, dass der EuGH die vom Senat im Vorlagebeschluss vertretene Auffassung ausdrücklich bestätigt hat, wonach insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange zwar im jeweiligen Einzelfall "abwägungsrelevante" sonstige Faktoren sein können, die den Ausschlag für die Zulassung eines öffentlich genutzten Gebäudes innerhalb der gegenüber einem Störfallbetrieb grundsätzlich zu wahrenden angemessenen Abstände geben können, aber den störfallspezifischen Faktoren gerade gegenüberstehen. Zum anderen bestimmen die "angemessenen" Abstände generell den Anwendungsbereich der Richtlinie 96/82/EG, und zwar auch insoweit, als die Verhütung schwerer Unfälle sowie die Begrenzung der Unfallfolgen durch Betreiberpflichten nach deren Art. 5 sichergestellt werden soll (EuGH a.a.O. Rn. 37); es ist nicht ernstlich in Erwägung zu ziehen, dass die Richtlinie den Umfang der Betreiberpflichten und damit auch das Risikopotential eines Störfallbetriebs von sozioökonomischen Faktoren abhängig machen will (Uechtritz, a.a.O.).
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Der Begriff des "angemessenen" Abstands ist ein zwar unbestimmter, aber technisch-fachlich bestimmbarer Rechtsbegriff. Im Einzelfall können erhebliche Unsicherheiten bestehen, welcher Abstand angemessen ist. Die Angemessenheit kann von einer Vielzahl störfallrelevanter technischer Faktoren abhängen und je nach den besonderen Gegebenheiten der Gebiete und den Besonderheiten des Einzelfalls in erheblichem Maße unterschiedlich ausfallen (EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 44). Präzise, absolute und objektive Grenzen der "Gefahrenzone" um einen Störfallbetrieb kann es insoweit nicht geben (Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 14. April 2011 in der Rs. C-53/10 - im Folgenden: Schlussanträge - juris Rn. 39). Gleichwohl unterliegt die behördliche Festlegung des angemessenen Abstands der vollen gerichtlichen Überprüfung (Kraus, ZfBR 2012, 324 <329 f.>; vgl. Berkemann, a.a.O. S. 27); ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum kommt der Genehmigungsbehörde insoweit nicht zu. Die in der Vorabentscheidung (EuGH a.a.O. Rn. 24) verwendete Formulierung, Art. 12 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 96/82/EG lasse den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten bei der Festlegung dieser Abstände einen "Wertungsspielraum", von dem aber jedenfalls innerhalb der Grenzen der Verpflichtung, der Wahrung angemessener Abstände Rechnung zu tragen, Gebrauch gemacht werden müsse, bezieht sich nach dem Verständnis des EuGH (z.B. a.a.O. Rn. 45 f.) ersichtlich nicht auf die Ermittlung, sondern auf die "Berücksichtigung" des angemessenen Abstands.
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b) Dieser Berücksichtigungspflicht hat die Genehmigungsbehörde in einem zweiten Schritt nachzukommen, wenn das Neuansiedlungsvorhaben innerhalb des angemessenen Abstands liegt.
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Diese Verpflichtung ist nicht im Sinne eines Verschlechterungsverbots zu verstehen. Zwar wird mit jedem Vorhaben, das den angemessenen Abstand unterschreitet, der störfallrechtlich unerwünschte Zustand in der Regel weiter verfestigt. Gleichwohl zwingt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG die Baugenehmigungsbehörden nicht dazu, Neuansiedlungen in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs ausnahmslos abzulehnen und das Abstandskriterium damit zum alleinigen Genehmigungs- oder Ablehnungskriterium zu machen. Allein die Zuerkennung eines Wertungsspielraums ermöglicht es, die volle praktische Wirksamkeit des Erfordernisses sicherzustellen (EuGH a.a.O. Rn. 45). Deshalb erscheint es grundsätzlich denkbar, ein öffentlich genutztes Gebäude je nach den Umständen des Einzelfalls auch innerhalb der angemessenen Abstände zuzulassen. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG gestattet es, den "störfalltechnisch" ermittelten angemessenen Abstand zu unterschreiten, wenn im Einzelfall hinreichend gewichtige Belange für die Zulassung des Vorhabens streiten. In Betracht kommen insbesondere soziale, ökologische und wirtschaftliche Belange. Diese Auffassung hatte der Senat bereits in seinem Vorlagebeschluss vertreten. Der EuGH (a.a.O. Rn. 44) hat sie in seiner Vorabentscheidung ausdrücklich bestätigt. Störfallspezifische Faktoren können nach den Worten des EuGH (a.a.O.) mit "sozioökonomischen Faktoren zusammentreffen". Es unterliegt keinen Zweifeln, dass der EuGH ihnen die Eigenschaft von Belangen zumisst, die den störfallspezifischen Faktoren gegenüberstehen, die mithin auf der anderen Seite "in die Gleichung" (Schlussanträge a.a.O. Rn. 41) einzustellen sind.
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Andererseits kann der Wertungsspielraum der Mitgliedstaaten nicht so ausgelegt werden, dass er es ihnen gestatten würde, von der Berücksichtigung angemessener Abstände abzusehen (EuGH a.a.O. Rn. 49). Die "Berücksichtigung" angemessener Abstände verlangt, dass diese bei der Risikobewertung - sei es auf planerischer Ebene, sei es bei der Vorhabenzulassung - neben anderen Faktoren auch tatsächlich berücksichtigt werden (EuGH a.a.O. Rn. 50). Daraus folgt, dass Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG einer nationalen Regelung entgegensteht, soweit sie vorschreibt, dass die Genehmigung eines öffentlich genutzten Gebäudes in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs zwingend zu erteilen ist, ohne dass die Risiken der Ansiedlung innerhalb der angemessenen Abstände im Genehmigungsverfahren gebührend gewürdigt worden wären (EuGH a.a.O. LS 2 Satz 2 und Rn. 51). Die Genehmigungsbehörde muss sich folglich in jedem Einzelfall darüber Gedanken machen, ob ein Unterschreiten des eigentlich erforderlichen "angemessenen Abstands" im Hinblick auf sonstige - nicht störfallspezifische - Faktoren vertretbar ist (Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1047>), sofern dies nicht bereits seitens der Planungsbehörden geschehen ist (EuGH a.a.O. Rn. 28). Das verkennt die Klägerin, die sich auf den Standpunkt stellt, der EuGH habe das in § 34 Abs. 1 BauGB zum Ausdruck kommende Konzept des deutschen Gesetzgebers gebilligt, der bereits auf gesetzlicher Grundlage eine "generalisierende Risikobewertung" in der Weise vorgenommen habe, dass die Genehmigung im Falle einer Vorbelastung stets zu erteilen sei.
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Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG enthält ferner die zeitliche Vorgabe, dass dem Erfordernis der Wahrung eines angemessenen Abstands "langfristig" Rechnung zu tragen ist. Diese zielt darauf ab, dass Abstände dort, wo sie bereits eingehalten werden, gewahrt bleiben, und dass sie für die Zukunft als langfristiges Ziel aufgestellt werden, wenn sie noch nicht umgesetzt worden sind (EuGH a.a.O. Rn. 47; vgl. auch Schlussanträge a.a.O. Rn. 40). Liegt ein Neuansiedlungsvorhaben innerhalb der angemessenen Abstände, ist deshalb wie folgt zu differenzieren: Die erstmalige Schaffung einer Gemengelage wird im Regelfall unzulässig sein, weil ein angemessener Abstand, der bisher eingehalten ist, auch in Zukunft - langfristig - gewahrt bleiben muss (Schlussanträge a.a.O.; Uechtritz, a.a.O. S. 1048). Ist der angemessene Abstand demgegenüber schon bisher nicht eingehalten, greift der Wertungsspielraum, den der EuGH den Genehmigungsbehörden im Rahmen des Erfordernisses, der Wahrung angemessener Abstände Rechnung zu tragen, zuerkannt hat.
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In welcher Weise dieser Wertungsspielraum auszufüllen ist, gibt Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG den Mitgliedstaaten nicht vor. Insbesondere legt die Norm die Mitgliedstaaten nicht auf eine durch planerische Gestaltungsspielräume gekennzeichnete, prinzipiell ergebnisoffene Abwägung fest (a.A. Jäde, Publicus 2011.11, 4 <5> (online); vgl. auch Uechtritz, a.a.O. S. 1052), etwa im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB. Der Vorabentscheidung lassen sich auch keine Hinweise entnehmen, die erkennen ließen, dass der EuGH die Berücksichtigung des Abstandserfordernisses im Wege der Vorhabenzulassung verfahrensrechtlich nur um den Preis einer Systemänderung akzeptieren würde (a.A. Jäde, a.a.O. und Uechtritz, a.a.O. S. 1051 ff.). Die Richtlinie verlangt nur, dass das fragliche Erfordernis zu irgendeinem Zeitpunkt des Verfahrens zur Durchführung der Pläne oder Politiken zur Flächennutzung oder Flächenausweisung beachtet werden muss, der aber von den Mitgliedstaaten frei bestimmt werden kann (EuGH a.a.O. z.B. Rn. 26, 27, 28). Im Übrigen respektiert sie die mitgliedstaatlichen Systementscheidungen. Schon gar nicht erzwingt sie eine "Strukturrevolution" (so aber Jäde, a.a.O.). Auch die auf eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung gerichteten Reformvorschläge der Kommission (KOM(2010)781 vom 21. Dezember 2010; BTDrucks 17/5891 vom 24. Mai 2011) bei allen von Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG erfassten "neuen Bauprojekten", stellen den Weg einer Umsetzung des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG im Rahmen der gebundenen Entscheidung nicht in Frage. Öffentlichkeitsbeteiligungen sind auch nach bisherigen nationalrechtlichen Maßstäben einem gebundenen Genehmigungsanspruch nicht fremd (vgl. etwa § 10 Abs. 3 bis 6 BImSchG). Die Richtlinie lässt den Mitgliedstaaten mithin auch in instrumenteller Hinsicht Spielräume, um das Abstandserfordernis in bestehende nationalrechtliche Systementscheidungen einzupassen, sei es "in allgemeiner Weise bei der Aufstellung der Flächenausweisungs- oder Flächennutzungspläne", sei es - mangels einer Planung - "in spezifischer Weise ... beim Erlass von Entscheidungen über Baugenehmigungen" (EuGH, Urteil vom 15. September 2011 - Rs. C-53/10 - UPR 2011, 443 Rn. 50). Beide Wege sieht der EuGH insoweit grundsätzlich als gleichwertig an. Die Planungsbehörden sind deshalb nicht gehindert, die Pflicht zur Berücksichtigung angemessener Abstände auf die Genehmigungsbehörden zu übertragen (EuGH a.a.O. Rn. 26).
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Entscheidet sich die Gemeinde für das Instrument der Bauleitplanung, ist den Erfordernissen des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG in planerischer Weise Rechnung zu tragen. Die von der Richtlinie geforderten Wertungsspielräume gehen im bauleitplanerischen Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) auf, in dessen Rahmen der Trennungsgrundsatz (§ 50 BImSchG) als Abwägungsdirektive zu beachten ist. Die Ergebnisse der Planung unterliegen einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Unterbleibt eine Planung, ist dem Abstandserfordernis "in spezifischer Weise" im Rahmen der Vorhabenzulassung Rechnung zu tragen. Unionsrechtlich gefordert, aber auch ausreichend ist insoweit eine "nachvollziehende" Abwägung (im Ergebnis ebenso OVG Münster, Beschluss vom 21. Februar 2012 - 2 B 15/12 - juris Rn. 22 und - vorausgehend - VG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2011 - 25 L 581/11 - juris Rn. 62; zum Begriff der "nachvollziehenden" Abwägung BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2001 - BVerwG 4 C 4.00 - BVerwGE 115, 17 <24 f.>; vgl. im Überblick auch Roeser, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Stand November 2012, § 35 Rn. 10), verstanden als ein Vorgang der Rechtsanwendung, der eine auf den Einzelfall ausgerichtete Gewichtsbestimmung verlangt. Sie ist nicht planerische Abwägung im Sinne rechtsgeleiteter politischer Dezision, sondern sachgeleitete Wertung, und unterliegt insoweit der vollen gerichtlichen Kontrolle (Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1050 f.>; Kraft, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2009, § 38 Rn. 25).
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Wie weit die Leistungsfähigkeit des Instruments der "nachvollziehenden" Abwägung reicht, ist keine Frage des Unionsrechts, sondern des nationalen Rechts. Ist die Leistungsfähigkeitsgrenze überschritten, ist der Weg einer gebundenen Entscheidung mit einer lediglich "nachvollziehenden" Abwägung versperrt. Einer Vorhabenzulassung kann dann nur auf der Grundlage eines Bebauungsplans näher getreten werden, bei dessen Aufstellung die Anforderungen des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG im Rahmen des Abwägungsgebots planerisch zu bewältigen und zu verantworten sind.
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2. Den Anforderungen, die Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG an die Zulassung von Vorhaben in der Nachbarschaft eines Störfallbetriebs stellt, ist durch eine richtlinienkonforme Auslegung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots Rechnung zu tragen.
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Unter Zugrundelegung der Entscheidung des EuGH (a.a.O.) und der unter 1. b) gemachten Ausführungen ist zunächst davon auszugehen, dass Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG keine unmittelbare Wirkung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH (vgl. hierzu etwa Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 4. Aufl. 2011, Art. 288 Rn. 47 ff.) entfaltet. Damit bleibt nationales Recht - hier § 34 Abs. 1 BauGB - weiter anwendbar. Der Senat hat allerdings das nationale Gesetz soweit wie möglich richtlinienkonform auszulegen, um sich dadurch die Möglichkeit zu verschaffen, im Rahmen seiner Zuständigkeit die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten (EuGH a.a.O. Rn. 32 bis 34 und 52). Dieses Ziel wird durch eine richtlinienkonforme Handhabung des in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltenen Rücksichtnahmegebots erreicht, die sich auch mit den in § 34 Abs. 1 BauGB angelegten Systemmerkmalen verträgt. Eines Rückgriffs auf die im Schrifttum erörterten sonstigen Möglichkeiten der Implementierung des Unionsrechts (vgl. dazu im Überblick Uechtritz, a.a.O. S. 1049 ff.) bedarf es mithin nicht.
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a) Einer richtlinienkonformen Auslegung steht nicht entgegen, dass sich das Vorhaben in die Eigenart der "näheren Umgebung" einfügen muss. Schon nach bisherigem Verständnis ist hierbei auf diejenige Umgebung abzustellen, auf die sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann und die ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (Urteil vom 26. Mai 1978 - BVerwG 4 C 9.77 - BVerwGE 55, 369 <380>). Störfallrechtliche Konfliktlagen lassen sich hierunter auch insoweit subsumieren, als sie über den unmittelbaren Nahbereich hinausreichen, weil und soweit sie die bodenrechtliche Situation eines Vorhabengrundstücks prägen. Abgesehen davon sind städtebauliche Fernwirkungen dem Entscheidungsprogramm des § 34 BauGB generell nicht mehr fremd, seit der Gesetzgeber mit dem EAG Bau 2004 den Maßstab des § 34 Abs. 3 BauGB in das Prüfprogramm integriert hat (Kraus, ZfBR 2012, 324<329>).
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b) Das in § 34 Abs. 1 BauGB enthaltene Rücksichtnahmegebot bietet eine geeignete Anknüpfung für die unionsrechtlich geforderte "nachvollziehende" Abwägung.
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Ein Vorhaben, das sich in jeder Hinsicht innerhalb des aus seiner Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, fügt sich in die Eigenart der näheren Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB dann nicht ein, wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Nähe vorhandene Bebauung fehlen lässt (Urteil vom 26. Mai 1978 a.a.O. S. 386 m.w.N.). Ziel des Rücksichtnahmegebots ist es, einander abträgliche Nutzungen in rücksichtsvoller Weise zuzuordnen sowie Spannungen und Störungen zu vermeiden. Welche Anforderungen sich hieraus ergeben, hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, namentlich davon, was dem Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und dem Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits nach Lage der Dinge zuzumuten ist (stRspr; zuletzt Urteil vom 29. November 2012 - BVerwG 4 C 8.11 - juris Rn. 16 m.w.N.). Es wird dabei durch die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und den auf dieser Grundlage ergangenen rechtsförmlichen technischen Regelwerken und normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften näher bestimmt (vgl. Urteil vom 23. September 1999 - BVerwG 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 <319 f.>). Im Übrigen ist eine Einzelfallbeurteilung geboten.
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Das Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme erweist sich insoweit als wertungsoffenes Korrektiv (vgl. auch Berkemann, ZfBR 2010, 18 <30>: "planerisches Korrektiv"), das auch für störfallrechtlich vorgegebene Wertungen offensteht. Es erlaubt die in Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG geforderte abwägende Gegenüberstellung von störfallspezifischen und nicht störfallspezifischen, insbesondere "sozioökonomischen" Faktoren, um auf dieser Grundlage entscheiden zu können, ob im Einzelfall ein Unterschreiten des eigentlich erforderlichen "angemessenen" Abstands ausnahmsweise vertretbar ist. Insoweit unterscheiden sich störfallrechtliche nicht grundlegend von anderen immissionsschutzrechtlichen Konfliktsituationen. Das Rücksichtnahmegebot ist deshalb ein geeigneter Rahmen auch für die unionsrechtlich geforderte "nachvollziehende" Abwägung, innerhalb derer die Genehmigungsbehörde den ihr nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG zukommenden Wertungsspielraum auszufüllen hat. Unerheblich ist, dass der Begriff der "nachvollziehenden" Abwägung in der Senatsrechtsprechung für Fälle im Anwendungsbereich des § 35 BauGB entwickelt und darüber hinaus bisher - soweit ersichtlich - lediglich im Bereich des § 38 BauGB thematisiert worden ist. Der Sache nach ist auch die im Rahmen des Rücksichtnahmegebots zu treffende Entscheidung sachgeleitete Wertung, die ebenfalls der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (vgl. Kraft, a.a.O.).
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Einer Anpassung bedarf die Dogmatik des Rücksichtnahmegebots im störfallrechtlichen Zusammenhang allerdings insoweit, als Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG verlangt, dass der angemessene Abstand bei der Risikobewertung neben anderen Faktoren - wie dargestellt - auch im Fall einer bestehenden Vorbelastung tatsächlich berücksichtigt wird. In Anbetracht der in der Richtlinie zum Ausdruck kommenden besonderen Zielsetzung (Art. 1 der Richtlinie 96/82/EG), die Folgen schwerer Unfälle für Mensch und Umwelt nicht nur durch eine entsprechende Ausgestaltung der Betreiberpflichten (Art. 5 der Richtlinie 96/82/EG), sondern auch durch die Wahrung angemessener Abstände (Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG) zu begrenzen, darf eine bestehende Vorbelastung nicht dazu führen, die durch eine Neuansiedlung im Fall eines Störfalls zusätzlich exponierten Menschen auszublenden. Bedenkt man ferner, dass die erstmalige Schaffung einer störfallrechtlichen Gemengelage - wie dargestellt - im Regelfall ohnehin unzulässig sein wird, weil ein angemessener Abstand, der bisher eingehalten ist, "langfristig", also auch in Zukunft gewahrt bleiben muss (Beschluss vom 3. Dezember 2009 - BVerwG 4 C 5.09 - juris Rn. 32; Uechtritz, BauR 2012, 1039 <1048 ff.>), liegt auf der Hand, dass eine bestehende Vorbelastung im Störfallrecht nicht Grenze, sondern vielmehr gerade Voraussetzung des Wertungsspielraums ist, den Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG eröffnet. Das Kriterium der Vorbelastung ist deshalb im Störfallrecht bei richtlinienkonformer Handhabung unbrauchbar.
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c) Von vornherein überschritten sind allerdings die Leistungsgrenzen des Rücksichtnahmegebots, wenn die nach Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG zu berücksichtigenden "sozioökonomischen Faktoren" den Rahmen der im Rücksichtnahmegebot abgebildeten gegenseitigen Interessenbeziehung zwischen Rücksichtnahmebegünstigten einerseits und Rücksichtnahmeverpflichteten andererseits verlassen, etwa dann, wenn nicht individuelle, sondern städtebauliche Gründe für eine Zulassung eines Vorhabens in der Gefahrenzone eines Störfallbetriebs streiten, oder wenn Alternativstandorte für die Verwirklichung des Vorhabens in Frage stehen. Entsprechendes gilt, wenn ein Neuansiedlungsvorhaben städtebauliche Spannungen bewirkt, die im Wege einer "nachvollziehenden" Abwägung nicht beseitigt werden können, sondern einer planerischen Bewältigung bedürfen, oder wenn eine rechtsfehlerfreie Konfliktbewältigung auf das Festsetzungsinstrumentarium der Bauleitplanung angewiesen ist. In all diesen Fällen ist eine Zulassung des Vorhabens auf der Grundlage des § 34 Abs. 1 BauGB abzulehnen, weil es einen Koordinierungsbedarf auslöst, dem nicht das Konditionalprogramm des Rechts der Vorhabenzulassung, sondern nur eine förmliche Planung Rechnung zu tragen vermag (vgl. Urteil vom 1. August 2002 - BVerwG 4 C 5.01 - BVerwGE 117, 25 <29 f.>; jüngst auch Urteil vom 2. Februar 2012 - BVerwG 4 C 14.10 - BVerwGE 142, 1
). Entschließt sich die Gemeinde in diesen Fällen zur Bauleitplanung, ist auch dem Abstandserfordernis planerisch Rechnung zu tragen.
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3. Diesen Einfluss des Unionsrechts auf die Handhabung des Rücksichtnahmegebots hat das Berufungsurteil verkannt.
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Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar zu Recht angenommen, dass die Pflicht zur Rücksichtnahme grundsätzlich nicht unabhängig von etwaigen Vorbelastungen bewertet werden kann (Beschluss vom 3. Dezember 2009 a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Er hat allerdings nicht erkannt, dass das Kriterium der Vorbelastung im Störfallrecht unbrauchbar ist, weil es - wie der EuGH mit bindender Wirkung für die mitgliedstaatliche Rechtsanwendung vorgegeben hat - die Mitgliedstaaten nicht von der sich aus Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 96/82/EG ergebenden Verpflichtung befreit, die Risiken der Neuansiedlung eines öffentlich genutzten Gebäudes innerhalb des angemessenen Abstands gebührend zu würdigen.
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Mangels Bebauungsplanung war die Genehmigungsbehörde in der Pflicht, bei der Entscheidung über den von der Klägerin beantragten Bauvorbescheid dem Abstandserfordernis Rechnung zu tragen. Dieser Verpflichtung ist sie nicht nachgekommen. Sie hat es unterlassen, vor ihrer Entscheidung zu ermitteln, welcher Abstand gegenüber dem Störfallbetrieb der Beigeladenen angemessen ist und ob das streitgegenständliche Gartencenter innerhalb dieser Abstandsgrenze liegt; den TÜV hatte sie erst im Zusammenhang mit dem Bauantrag der Klägerin im Verfahren BVerwG 4 C 12.11 mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt.
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Dieses Versäumnis hätte der Verwaltungsgerichtshof zum Anlass nehmen müssen, die erforderlichen Ermittlungen und Bewertung im Rahmen seiner uneingeschränkten gerichtlichen Prüfungskompetenz selbst vorzunehmen. Er hätte feststellen müssen, welcher Abstand angemessen ist und ob das streitgegenständliche Gartencenter innerhalb dieses angemessenen Abstands liegt, etwa weil die vom TÜV gutachtlich ermittelten "Achtungsgrenzen" die Abstandsgrenzen zutreffend wiedergeben. Bejahendenfalls wäre er gehalten gewesen, zu ermitteln, ob und gegebenenfalls welche nicht-störfallspezifischen Faktoren dem Abstandserfordernis gegenüberstehen. Er hätte sich vergewissern müssen, dass die in Betracht kommenden Faktoren das Entscheidungsprogramm des § 34 Abs. 1 BauGB nicht überfordern, etwa, weil nur individuelle Gründe der Vorhabenträgerin in Frage stehen. Schließlich hätte er auf dieser Grundlage im Wege der "nachvollziehenden" Abwägung darüber befinden müssen, ob im Hinblick auf diese Gründe ein Unterschreiten des "angemessenen Abstands" vertretbar und deshalb eine Zulassung des Vorhabens innerhalb der Abstandsgrenzen gerechtfertigt erscheint. An all dem fehlt es.
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4. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 VwGO). Es fehlen bereits abschließende tatrichterliche Feststellungen zu den maßgeblichen Faktoren zur Bestimmung des angemessenen Abstands (vgl. oben 1.) sowie dazu, ob das streitgegenständliche Gartencenter innerhalb dieses Abstands liegt. Die Sache ist deshalb zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.