Verwaltungsgericht München Beschluss, 14. Apr. 2014 - 16 S 14.30395

bei uns veröffentlicht am14.04.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Anträge werden abgelehnt.

II.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.

Die Antragsteller sind Staatsangehörige der Russischen Föderation mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben am 9. Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 24. Juni 2013 Asylanträge.

Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 6. November 2013 hin, haben die polnischen Behörden mit Schreiben vom 18. November 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge erklärt.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014, zugestellt am 18. Februar 2014, erklärte das Bundesamt die Asylanträge der Antragsteller für unzulässig und ordnete unter Hinweis auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ihre Abschiebung nach Polen an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Asylanträge seien wegen § 27a AsylVfG unzulässig, da Polen aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 d) Dublin II-Verordnung für deren Behandlung zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Am 25. Februar 2014 erhob der Bevollmächtigte der Antragsteller Klage (M 16 K 14.30394) und beantragte,

die aufschiebende Wirkung der Klagen herzustellen.

Im Wesentlichen wurde vorgetragen, die Antragsteller befänden sich aufgrund der Verfolgungsproblematik in ihrer Heimat in einer humanitären Notlage. Die minderjährigen Kinder der Antragsteller zu 1 und 2 seien traumatisiert. Der Antragsteller zu 1 leide aufgrund des in der Heimat Erlebten und aus Besorgnis der Abschiebung nach Polen an einer posttraumatischen Belastungsstörung und depressiven Verstimmungszuständen, die einer regelmäßigen Therapierung bedürften. Bei der Antragstellerin zu 2 lasse sich eine Suizidalität nicht ausschließen, wobei sich durch eine Abschiebung nach Polen das Suizidalitätsrisiko noch wesentlich erhöhen würde. Polen sei kein sicherer Drittstaat. Das Asylsystem in Polen sei bekanntermaßen völlig überlastet und entspreche nicht europarechtlichen Standards. Asylsuchende hätten keinen Zugang zu einem Gesundheitssystem. In Polen habe man die Antragsteller in einer von Bettwanzen befallenen Asylbewerberunterkunft untergebracht. Die Antragsgegnerin sei schon deshalb für die Asylanträge zuständig, weil das (Wieder-) Aufnahmeersuchen an Polen erst nach Ablauf der hierfür vorgesehenen Frist gestellt worden sei. Wegen der systemischen Mängel des Asylverfahrens und der persönlichen Umstände der Antragsteller sei die Antragsgegnerin verpflichtet, von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Dem Antragsschriftsatz waren ein für die Antragstellerin zu 2 ausgestelltes ärztliches Attest vom ... Februar 2014 und ein Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker über die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen aus dem Jahr 2011 beigefügt.

Erst am 1. April 2014 legte das Bundesamt die Behördenakte vor. Eine Äußerung erfolgte nicht.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

II.

Die nach § 34a Abs. 2 AsylVfG i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässigen Anträgen bleiben in der Sache ohne Erfolg.

An der Rechtsmäßigkeit der auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG gestützten Abschiebungsanordnung bestehen keine Zweifel. Nach dieser Vorschrift ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

Da die Antragsteller zunächst nach Polen eingereist sind und dort nach eigenen Angaben auch Asylanträge gestellt haben, ist Polen für die Durchführung der Asylverfahren zuständig. Dies hat zur Folge, dass eine Rücküberstellung der Antragsteller nach Polen zu erfolgen hat, nachdem die polnischen Behörden mit Schreiben vom 18. November 2013 gemäß Art. 16 Abs. 1 d) der hier noch anwendbaren Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18. Februar 2003 - Dublin II-VO (vgl. Art. 49 Abs. 2 Verordnung (EG) 604/2013 vom 26. Juni 2013 - Dublin III-VO) ihre Bereitschaft zur Rückübernahme erklärt haben.

Gründe, die die Antragsgegnerin zum Selbsteintritt nach Art. 3 Abs. 2 Dublin II-VO verpflichten könnten, sind nicht ersichtlich. Bei der Republik Polen handelt es sich als Mitgliedstaat der EU um einen sicheren Drittstaat i. S. v. Art. 16a GG und § 26a AsylVfG.

Nach dem Prinzip der normativen Vergewisserung (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris) bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U. v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris) gilt die Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedstaat der EU den Vorschriften der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK) und der Charta der Grundrechte i. S. v. Art. 6 Abs. 1 EUV entspricht. Allerdings ist diese Vermutung nicht unwiderleglich. Vielmehr obliegt den nationalen Gerichten die Prüfung, ob es im jeweiligen Mitgliedstaat Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber gibt, welche zu einer Gefahr für die Antragsteller führen, bei Rückführung in den zuständigen Mitgliedstaat einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtscharta) ausgesetzt zu werden (vgl. EuGH v. 21.12.2011 a. a. O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist daher nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.3.2014 - 10 B 6.14 - juris).

Ausgehend von diesen Maßstäben und im Einklang mit der bislang ergangenen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. die umfangreichen Nachweise im angefochtenen Bescheid) ist im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen, dass die Antragsteller in Polen aufgrund systemischer Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber tatsächlich Gefahr laufen, dort einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt zu sein (vgl. VG Bremen, B. v. 4.3.2014 - 1 V 220/14 - juris, m. w. N.). Diese Einschätzung wird auch nicht durch den von Antragstellerseite vorgelegten Bericht der Gesellschaft für bedrohte Völker vom Januar 2011 „Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen“ erschüttert. Die aktuell vorliegenden Erkenntnisse über die Situation von Asylbewerbern in Polen belegen vielmehr, dass die Aufnahmebedingungen in Polen den grund- und menschenrechtlichen Standards genügen (vgl. VG Karlsruhe, U. v. 29.10.2013 - A 1 K 1565/13 - juris, m. w. N.). Dies gilt auch hinsichtlich der medizinischen Versorgung (vgl. die Antwort der Bundesregierung vom 25.9.2013, BT-Drs. 17/14795 S. 6f.). Danach haben Asylbewerber in gleichem Umfang Anspruch auf - kostenlose - medizinische Versorgung wie polnische Staatsangehörige, wozu auch die psychologische Betreuung gehört. Damit sind in Polen auch posttraumatische Belastungsstörungen, an denen die Antragsteller leiden sollen, behandelbar.

Auch auf eine etwaige Versäumung von Fristen können sich die Antragsteller nicht mit Erfolg berufen. Die Dublin II-VO enthält nur für Aufnahmegesuche nach Art. 17 Dublin II-VO, nicht aber für die hier vorliegenden Wiederaufnahmegesuche eine Frist (vgl. Art. 20 Dublin II-VO, anders nunmehr Art. 23 Abs. 2 Dublin III-VO). Im Übrigen gewähren die Fristenregelungen der Dublin II-VO keinen subjektiven Anspruch auf die Zuständigkeit eines bestimmten Mitgliedstaats für die Durchführung des Asylverfahrens (vgl. VG München, B. v. 27.3.2014 - M 16 S 14.50039). Ein Ermessensfehler oder gar eine Selbsteintrittspflicht wegen überlanger Verfahrensdauer kommt hier ebenfalls nicht in Betracht (vgl. hierzu etwa VG Würzburg, B. v. 21.3.2014 - W 6 S 14.50007 - juris), da ein Zeitablauf von fünf Monaten ab Kenntnis des Bundesamts von der möglichen Zuständigkeit eines anderen Staats im Juni 2013 bis zum Wiederaufnahmegesuch im November 2013 (noch) nicht die Annahme einer überlangen Verfahrensdauer rechtfertigt.

Der Abschiebung der Antragsteller stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG verpflichtet ist (vgl. BayVGH, B. v. 12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris). Insbesondere reicht der Hinweis im vorgelegten allgemeinärztlichen Attest auf eine nicht sicher auszuschließende Suizidalität der Antragstellerin zu 2 zur Glaubhaftmachung ihrer Reiseunfähigkeit nicht aus. Sollte die Suizidgefährdung konkret belegt werden, wäre die Abschiebung nach amtsärztlicher Abklärung ggf. unter (fach-) ärztlicher Aufsicht durchzuführen.

Die Anträge waren daher mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO abzulehnen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 14. Apr. 2014 - 16 S 14.30395

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 14. Apr. 2014 - 16 S 14.30395

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma
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Verwaltungsgericht München Gerichtsbescheid, 20. Okt. 2015 - M 16 K 14.30394

bei uns veröffentlicht am 20.10.2015

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht München M 16 K 14.30394 Im Namen des Volkes Gerichtsbescheid vom 20. Oktober 2015 16. Kammer Sachgebiets-Nr. 710 Hauptpunkte: Asylrecht; Herkunftsland: Russische Föder

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 12. März 2014 - 10 CE 14.427

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Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt. Gründe

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13

bei uns veröffentlicht am 29.10.2013

Tenor Die Klagen werden abgewiesen.Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Tatbestand  1 Die Kläger, ein Ehepaar und seine vier Kinder, sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit.2 Sie reisten am

Referenzen

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 16 K 14.30394

Im Namen des Volkes

Gerichtsbescheid

vom 20. Oktober 2015

16. Kammer

Sachgebiets-Nr. 710

Hauptpunkte: Asylrecht; Herkunftsland: Russische Föderation; Dublin-Verfahren; Ablauf der Überstellungsfrist; keine Umdeutung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ...

2. ...

3. ...

4. ...

5. ...

zu 3 bis 5:

vertreten durch den Vater ...

vertreten durch die Mutter ...

zu 1 bis 5 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 bis 5 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Bundesrepublik Deutschland,

vertreten durch Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Außenstelle München, Boschetsrieder Str. 41, 81379 München,

...

- Beklagte -

beteiligt:

Regierung von Oberbayern, Vertreter des öffentlichen Interesses, Bayerstr. 30, München

wegen Vollzugs des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG)

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 16. Kammer, durch die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts ... als Einzelrichterin am 20. Oktober 2015 folgenden Gerichtsbescheid:

I.

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

II.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Februar 2014 wird in Nr. 1 aufgehoben.

III.

Von den Kosten des Verfahrens tragen die Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

IV.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Kläger sind Staatsangehörige der Russischen Föderation mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten nach eigenen Angaben am 9. Juni 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 24. Juni 2013 Asylanträge.

Auf das Übernahmeersuchen des Bundesamts vom 6. November 2013 hin, haben die polnischen Behörden mit Schreiben vom 18. November 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge erklärt.

Mit Bescheid vom ... Februar 2014, zugestellt am 18. Februar 2014, erklärte das Bundesamt die Asylanträge der Kläger für unzulässig (Nr. 1) und ordnete unter Hinweis auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ihre Abschiebung nach Polen (Nr. 2) an. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Asylanträge seien wegen § 27a AsylVfG unzulässig, da Polen aufgrund der dort bereits gestellten Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 d) Dublin II-Verordnung für deren Behandlung zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 3 Abs. 2 Dublin II-Verordnung auszuüben, seien nicht ersichtlich.

Am 25. Februar 2014 hat der Bevollmächtigte der Kläger Klage erhoben und beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klagen herzustellen.

Am 1. April 2014 legte das Bundesamt die Behördenakte vor. Eine Äußerung erfolgte zunächst nicht.

Mit Beschluss vom 14. April 2014 (M 16 S 14.30395) wurden die Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO abgelehnt.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 hat die Beklagte mitgeteilt, der Bescheid vom ... Februar 2014 sei in Nr. 2 aufgehoben worden. Insofern werde einer Erledigung der Hauptsache zugestimmt.

Mit Beschluss vom 16. Februar 2015 hat die Kammer den Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

In der Folgezeit hat der Bevollmächtigte der Kläger die Klage im Hinblick auf Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides für erledigt erklärt und im Übrigen beantragt,

den Bescheid des Bundesamts vom ... Februar 2014 in Nr. 1 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie führt aus, die Beklagte sei zwar wegen Ablaufs der Überstellungsfrist zur Prüfung des Asylantrags der Kläger zuständig geworden. Die Kläger hätten sich aber vor ihrer Einreise in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufgehalten und dort ein Asylverfahren betrieben. Der hiesige Asylantrag stelle sich somit als Zweitantrag i. S. d. § 71a AsylVfG dar. Ein wegen Unzulässigkeit des Antrags ablehnender Bescheid könne aber nur dann aufgehoben werden, wenn nach § 71a AsylVfG die Voraussetzungen für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens vorlägen. Bislang seien aber von den Klägern keine Gründe für ein Wiederaufgreifen vorgetragen. Jedenfalls lägen auch die Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VwVfG für eine Umdeutung des Bescheides vor, weil das Bundesamt einen auf das gleiche Ziel gerichteten Verwaltungsakt hätte erlassen können.

Der Bevollmächtigte der Kläger hat sich mit dem Erlass eines Gerichtsbescheides einverstanden erklärt. Das Bundesamt hat mit allgemeiner Erklärung gegenüber dem Bayerischen Verwaltungsgericht München vom 24. Juni 2015 auf die Anhörung vor Erlass eines Gerichtsbescheides verzichtet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens, des Verfahrens M 16 S 14.30395 sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Hinsichtlich der Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides (Abschiebungsanordnung nach Polen) hat der Bevollmächtigte der Kläger am 21. September 2015 die Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der Erledigung mit Schreiben vom 23. Januar 2015 bereits vorab zugestimmt. Das Verfahren ist daher insoweit in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) einzustellen.

Über die noch anhängigen Klageanträge konnte durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Klagen, die sich nunmehr nur noch gegen Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides richten, sind als Anfechtungsklagen zulässig (vgl. BayVGH, B. v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - juris) und begründet.

Die unter Nr. 1 des angegriffenen Bescheides erfolgte Ablehnung der Asylanträge der Kläger als unzulässig ist im maßgeblichen Zeitpunkt dieser Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylVfG) aufgrund des zwischenzeitlichen Ablaufs der sog. Überstellungsfrist und des hierdurch bedingten Zuständigkeitsübergangs auf die Bundesrepublik Deutschland rechtswidrig geworden und verletzt die Kläger nunmehr auch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Da die Kläger ihre Asylanträge vor dem 19. Juli 2013 gestellt haben, unterliegt der vorliegende Fall weiterhin der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 - Dublin II-VO (vgl. VG Stuttgart, U. v. 28.2.2014 - A 12 K 383/14 - juris Rn. 13; VG Bremen, U. v. 16.7.2014 - 1 K 152/14 - juris Rn. 23). Danach war ursprünglich Polen gehalten, die Kläger wieder aufzunehmen (Art. 16 Abs. 1 d) Dublin II-VO). Diese Verpflichtung hat Polen mit Schreiben vom 18. November 2013 auch anerkannt.

Nach Art. 20 Abs. 1 d) Satz 2 Dublin II-VO erfolgt die Überstellung gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung zwischen den beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies materiell möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Antrags auf Wiederaufnahme durch einen anderen Mitgliedstaat oder der Entscheidung über einen Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Diese sechsmonatige Überstellungsfrist ist hier inzwischen unstreitig abgelaufen. Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, so geht die Zuständigkeit auf den Mitgliedstaat über, in dem der Asylantrag gestellt wurde (Art. 20 Abs. 2 Satz 1 Dublin II-VO).

Die Asylanträge der Kläger sind, auch wenn es sich dabei um Zweitanträge i. S. d. § 71a AsylVfG handeln sollte, damit nicht mehr nach § 27a AsylVfG wegen Unzuständigkeit der Beklagten unzulässig. Dass Polen sich entgegen der europarechtlichen Bestimmungen nicht auf den Fristablauf berufen wird und ausnahmsweise dennoch zur Übernahme der Kläger bereit ist, ist weder mitgeteilt worden noch kann hiervon grundsätzlich ausgegangen werden (vgl. BayVGH, B. v. 11.2.2015 - 13a ZB 15.50005 - juris Rn. 4; B. v. 26.6.2015 - 11 ZB 15.50021 - juris Rn. 8). Für das Verwaltungsgericht besteht auch keine Veranlassung im Wege der Amtsermittlung der Frage nachzugehen, ob Polen trotz des Ablaufs der Überstellungsfrist zur Wiederaufnahme der Kläger bereit wäre. Vielmehr hätte es dem Bundesamt oblegen, diese Frage rechtzeitig zu klären und das Ergebnis in das verwaltungsgerichtliche Verfahren einzuführen (vgl. BayVGH, B. v. 1.6.2015 - 11 ZB 15.50090 - juris Rn. 9).

Die Kläger sind durch die Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides auch in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zwar richten sich die Bestimmungen der Dublin-Verordnungen als zwischenstaatliche Regelungen vorrangig an den Mitgliedstaat und begründen keine subjektiven Rechte der Asylbewerber (EuGH, U. v. 14.11.2013 - C-4/11 - juris; U. v. 10.12.2013 - C-394/12 - juris; OVG SH, B. v. 24.2.2015 - 2 LA 15/15 - juris m. w. N.). Wenn allerdings - wie hier - wegen Ablaufs der Überstellungsfrist eine Überstellung in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat nicht (mehr) möglich ist und allein die Zuständigkeit der Beklagten bleibt, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anträge als unzulässig im Sinne des § 27a i. V. m. § 31 Abs. 6 AsylVfG nicht mehr vor (vgl. VGH BW, U. v. 29.4.2015 - A 11 S 121/15 - juris Rn. 32). Durch die Aufrechterhaltung der rechtswidrig gewordenen Regelung unter Nr. 1 des angegriffenen Bescheids sind die Kläger deshalb in ihrem subjektiven Recht auf ordnungsgemäße Prüfung ihres Asylbegehrens in der zuständig gewordenen Bundesrepublik Deutschland verletzt. Durch den Fristablauf wird das Verfahren in den Zustand zurückversetzt, in dem es sich bei Antragstellung in Deutschland befunden hat. Damit lebt die Pflicht der Beklagten zur Behandlung des Asylantrags wieder auf. Im Ergebnis geht es daher nicht um eine unionsrechtlich determinierte Zuständigkeitsbestimmung, der die subjektive Komponente fehlt, sondern um die ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens im innerstaatlichen Bereich (vgl. VG Hannover, U. v. 22.4.2014 - 1 A 9674/14 - juris Rn. 21).

Eine Umdeutung des streitgegenständlichen Dublin-Bescheides in eine ablehnende Entscheidung nach § 71a AsylVfG kommt nicht in Betracht, da die Voraussetzungen des § 47 VwVfG nicht vorliegen. Dies ist zwischenzeitlich auch obergerichtlich geklärt (vgl. BayVGH, B. v. 10.8.2015 - 13a ZB 15.50052 - juris Rn. 7; B. v. 3.8.2015 - 11 ZB 15.50100 - juris Rn. 12; B. v. 29.7.2015 - 13a ZB 15.50096 - juris Rn. 13; B. v. 20.7.2015 - 13a ZB 15.50095 - juris Rn. 9).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Es entspricht billigem Ermessen, insoweit den Klägern die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, da die Abschiebungsanordnung bis zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses, d. h. dem Ablauf der Überstellungsfrist, rechtmäßig war. Dabei wird die Abschiebungsanordnung mit 1/3, der Anfechtungsantrag mit 2/3 berücksichtigt. Hinsichtlich des streitig gebliebenen Teils folgt die Kostenentscheidung aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83b AsylVfG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nr. I ist unanfechtbar.

Im Übrigen können die Beteiligten gegen diesen Gerichtsbescheid die Zulassung der Berufung innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Der Antrag muss den angefochtenen Gerichtsbescheid bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder der Gerichtsbescheid von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Anstelle des Antrags auf Zulassung der Berufung können die Beteiligten innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Gerichtsbescheids beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten mündliche Verhandlung beantragen.

Wird von beiden Rechtsbehelfen Gebrauch gemacht, findet mündliche Verhandlung statt.

Dem Antrag eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger, ein Ehepaar und seine vier Kinder, sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit.
Sie reisten am 23.12.2012 in das Bundesgebiet ein und beantragten am 25.01.2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Bei einer Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 20.02.2013 gaben der Kläger zu Ziff. 1) und die Klägerin zu Ziff. 2) an, sie hätten am 24.10.2012 in Polen einen Asylantrag gestellt. Sie seien dort erkennungsdienstlich behandelt worden und hätten die Adresse von einem Lager erhalten. Sie seien dann aber nicht ins Lager sondern nach Warschau gefahren. Am Bahnhof hätten sie eine tschetschenische Familie kennengelernt, die ihnen angeboten habe, eine Woche bei ihnen zu bleiben. Der Kläger zu Ziff. 1) habe in der Wohnung Renovierungsarbeiten vorgenommen, so seien aus einer Woche zwei Monate geworden. Da ihnen das Geld ausgegangen sei, hätten sie sich entschlossen, nach Deutschland weiterzufahren.
Mit Schreiben vom 29.04.2013 und vom 02.05.2013 erkannten die polnischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Behandlung der Asylanträge an.
Mit Bescheid vom 03.06.2013 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an.
Am 27.06.2013 haben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben, zu deren Begründung sie auf den Gesundheitszustand ihrer Kinder abheben.
Sie beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 03.06.2013 zu verpflichten, ihnen in die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise: zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 S. 2 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klagen abzuweisen.
11 
Sie ist der Auffassung, einer Rückführung nach Polen stünden keine Gründe entgegen.
12 
Dem Gericht lag die einschlägige Akte des Bundesamtes vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akte sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
19 
Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
20 
Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
21 
Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
22 
Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
23 
Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
24 
Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
25 
Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
26 
- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
27 
Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
28 
Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
29 
Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
30 
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
35 
Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
36 
Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Gründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
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Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
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Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
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Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
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Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
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Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
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Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
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Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
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- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
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Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
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Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
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Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
30 
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
35 
Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
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Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrer Beschwerde wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung ihres Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin vorläufig untersagt werden soll, Abschiebungsmaßnahmen aus dem Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 20. Januar 2014 sowie aus der Zurückschiebungsverfügung der Bundespolizeiinspektion R. vom 2. Dezember 2013 bzw. Abschiebungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin bis zur Entscheidung über diesen Antrag durchzuführen.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die zur Begründung der Beschwerde dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.

Den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO erforderlichen Anordnungsanspruch gegenüber der Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, weil sich aus ihrem Vorbringen nicht ergibt, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung oder Zurückschiebung zusteht.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin die Vollziehung der Abschiebung aus der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 zu untersagen, bleibt ohne Erfolg. Insoweit ist

die Antragsgegnerin auch passivlegitimiert. Entgegen der vom Verwaltungsgericht im Beschluss vom 10. Februar 2014 (Az. M 12 S7 14.30227) vertretenen Auffassung hat das Bundesamt im Rahmen einer Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylVfG die (rechtliche und tatsächliche) Durchführbarkeit der Abschiebung und damit sowohl zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse als auch der Abschiebung entgegenstehende inlandsbezogene Vollzugshindernisse zu prüfen, so dass daneben für eine eigene Entscheidungskompetenz der Ausländerbehörde für die Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG kein Raum verbleibt (st. Rspr. des Senats; vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 28.10.2013 - 10 CE 13.2257 - juris Rn. 4; B.v. 20.11.2012 - 10 CE 12.2428 - juris Rn. 4; NdsOVG, U.v. 4.7.2012 - 2 LB 163/10 - juris Rn. 41; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.2.2012 - 2 S 6/12 - juris Rn. 4; VGH BW, B.v. 31.5.2011 - A 11 S 1523/11 - juris Rn. 4). Dies gilt nicht nur hinsichtlich bereits bei Erlass der Abschiebungsanordnung vorliegender Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe. Bei nach Erlass der Abschiebungsanordnung auftretenden Abschiebungshindernissen hat das Bundesamt gegebenenfalls die Abschiebungsanordnung aufzuheben oder die Ausländerbehörde anzuweisen, von der Vollziehung der Abschiebungsanordnung abzusehen (OVG NRW, B.v. 30.8.2011 - 18 B 1060/11 - juris Rn. 4).

Der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO auf vorläufige Aussetzung der mit Bescheid vom 20. Januar 2014 angeordneten Abschiebung ist allerdings unzulässig. Für den vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG verweist § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG ausdrücklich auf das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO. Ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ist somit gemäß § 123 Abs. 5 VwGO nicht statthaft. Die Antragstellerin kann insoweit im noch beim Verwaltungsgericht anhängigen Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO (Az. M 12 S7 14.30364) effektiven Rechtsschutz erlangen. In diesem Verfahren macht die Antragstellerin ebenfalls geltend, dass in ihrer Person sowohl inlandsbezogene als auch zielstaats-bezogene Abschiebungshindernisse vorliegen. Käme das Verwaltungsgericht in diesem Verfahren bei summarischer Prüfung zum Ergebnis, dass die geltend gemachten Abschiebungshindernisse vorlägen, so hätte es die aufschiebende Wirkung der Klage (M 12 K 14.30132) gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 anzuordnen, so dass die Abschiebungsanordnung bis zu einer anderweitigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht vollziehbar wäre. Damit hätte die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel, die Antragsgegnerin zu verpflichten, Vollzugsmaßnahmen aus der Abschiebungsanordnung vom 20. Januar 2014 zu unterlassen, vollständig erreicht.

Im Übrigen handelt es sich bei einer Rechtsstreitigkeit über die Entscheidung des Bundesamtes nach § 34a Abs. 1 AsylVfG um eine asylverfahrensrechtliche Streitigkeit i. S. d. § 80 AsylVfG, die nicht mit der Beschwerde angefochten werden kann.

Der Antrag der Antragstellerin, der Antragsgegnerin vorläufig zu untersagen, Abschiebungsmaßnahmen aus der Zurückschiebungsverfügung vom 2. Dezember 2013 durchzuführen, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Für eine diesbezügliche einstweilige Anordnung fehlt (wohl schon) das Rechtsschutzbedürfnis, weil sich die Zurückschiebungsverfügung durch die Abschiebungsanordnung im Bescheid des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 auf andere Weise erledigt hat (s. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Eine Zurückschiebungsanordnung auf der Grundlage von § 57 Abs. 2 Hs. 2 AufenthG stellt einen belastenden anfechtbaren Verwaltungsakt dar (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum AufenthaltsG, Stand August 2013, § 57 Rn. 17), der durch die Stellung des Antrags auf internationalen Schutz am 13. Januar 2014 und die Entscheidung des Bundesamtes vom 20. Januar 2014 obsolet geworden ist und sich deshalb dadurch erledigt hat. Rechtsgrundlage für eine mögliche Abschiebung der Antragstellerin nach Ungarn ist damit ausschließlich die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 AsylVfG.

Selbst wenn man davon ausginge, dass die Zurückschiebungsanordnung noch Rechtswirkungen entfaltet, hätte es die Antragstellerin versäumt, gegen die Zurückschiebungsverfügung als belastenden Verwaltungsakt entsprechend der Rechtsbehelfsbelehrung Rechtsmittel einzulegen, so dass die Zurückschiebungsverfügung bestandskräftig geworden wäre. Vorläufigen Rechtsschutz hätte die Antragstellerin im Übrigen auch nur im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zurückschiebungsverfügung erlangen können. Daher stünde auch § 123 Abs. 5 VwGO einem Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO entgegen.

Soweit das Verwaltungsgericht im Beschluss vom 20. Februar 2014 davon ausgegangen sein sollte, dass der Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Abschiebung unabhängig von der asylverfahrensrechtlichen Streitigkeit aus § 34a AsylVfG als (zusätzliche) ausländerrechtliche Streitigkeit auf Erteilung einer Duldung nach § 60a AufenthG zu behandeln sei, hilft auch dies der Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der auf Erteilung einer Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG gerichtete Eilantrag in einem solchen Fall gegen den Rechtsträger der zuständigen Ausländerbehörde und nicht gegen die Antragsgegnerin zu richten gewesen wäre. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts erweist sich daher jedenfalls im Ergebnis als zutreffend.

Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG:

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.