Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13

bei uns veröffentlicht am29.10.2013

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Kläger, ein Ehepaar und seine vier Kinder, sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit.
Sie reisten am 23.12.2012 in das Bundesgebiet ein und beantragten am 25.01.2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.
Bei einer Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 20.02.2013 gaben der Kläger zu Ziff. 1) und die Klägerin zu Ziff. 2) an, sie hätten am 24.10.2012 in Polen einen Asylantrag gestellt. Sie seien dort erkennungsdienstlich behandelt worden und hätten die Adresse von einem Lager erhalten. Sie seien dann aber nicht ins Lager sondern nach Warschau gefahren. Am Bahnhof hätten sie eine tschetschenische Familie kennengelernt, die ihnen angeboten habe, eine Woche bei ihnen zu bleiben. Der Kläger zu Ziff. 1) habe in der Wohnung Renovierungsarbeiten vorgenommen, so seien aus einer Woche zwei Monate geworden. Da ihnen das Geld ausgegangen sei, hätten sie sich entschlossen, nach Deutschland weiterzufahren.
Mit Schreiben vom 29.04.2013 und vom 02.05.2013 erkannten die polnischen Behörden ihre Zuständigkeit für die Behandlung der Asylanträge an.
Mit Bescheid vom 03.06.2013 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Asylanträge als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an.
Am 27.06.2013 haben die Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben, zu deren Begründung sie auf den Gesundheitszustand ihrer Kinder abheben.
Sie beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 03.06.2013 zu verpflichten, ihnen in die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,
hilfsweise: zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2, 3 oder 7 S. 2 AufenthG vorliegen.
Die Beklagte beantragt,
10 
die Klagen abzuweisen.
11 
Sie ist der Auffassung, einer Rückführung nach Polen stünden keine Gründe entgegen.
12 
Dem Gericht lag die einschlägige Akte des Bundesamtes vor. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akte sowie auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
19 
Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
20 
Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
21 
Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
22 
Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
23 
Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
24 
Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
25 
Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
26 
- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
27 
Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
28 
Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
29 
Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
30 
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
35 
Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
36 
Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Gründe

 
13 
Das Gericht konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, denn sie ist in der Ladung auf diese Rechtsfolge ihres Ausbleibens hingewiesen worden (§ 102 Abs. 2 VwGO).
14 
Die zulässigen Klagen sind in Haupt- und Hilfsantrag nicht begründet.
15 
Ziffer 1 des angegriffen Bescheids ist rechtmäßig. Denn die Asylanträge sind im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylVfG) gemäß § 27a AsylVfG unzulässig, da die polnische Republik gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18.02.2003 für die Behandlung der Asylanträge zu diesem Zeitpunkt noch für die Behandlung der Asylanträge zuständig war.
16 
Auch die Abschiebungsandrohungen im angegriffenen Bescheid sind rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finden ihre Rechtsgrundlage in § 34a Abs. 1 AsylVfG, dessen tatbestandliche Voraussetzungen vorliegen.
17 
Auf zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse können sich die Antragssteller nicht berufen.
18 
Die Regelungen in § 26a, § 27a AsylVfG sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 14.05.1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 -, BVerfGE 94, 49 = NJW 1996, 1665 = DÖV 1996, 647) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Regelungen in Art. 16a GG und im Asylverfahrensgesetzkann der Ausländer, der in den Drittstaat zurückgewiesen oder zurückverbracht werden soll, den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern. Der Ausländer kann sich auch nicht darauf berufen, ein - niemals völlig auszuschließendes - Fehlverhalten der Behörden im Drittstaat könne in seinem Fall zu einer Weiterschiebung in den Herkunftsstaat führen.Die Bundesrepublik Deutschland hat allerdings Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse nach § 51 Abs. 1 oder § 53 AuslG (nunmehr § 60 AufenthG) durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung von Verfassung oder Gesetz berücksichtigt werden können und damit von vornherein außerhalb der Grenzen liegen, die der Durchführung eines solchen Konzepts aus sich selbst heraus gesetzt sind. So kann sich im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 Satz 2 EMRK, wonach die Todesstrafe nicht konventionswidrig ist, ein Ausländer gegenüber einer Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat auf das Abschiebungshindernis des § 60 Abs. 3 AufenthG berufen, wenn ihm dort die Todesstrafe drohen sollte. Weiterhin kann er einer Abschiebung in den Drittstaat § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG etwa dann entgegenhalten, wenn er eine erhebliche konkrete Gefahr dafür aufzeigt, dass er in unmittelbarem Zusammenhang mit der Zurückweisung oder Rückverbringung in den Drittstaat dort Opfer eines Verbrechens werde, welches zu verhindern nicht in der Macht des Drittstaates steht. Ferner kommt der Fall in Betracht, dass sich die für die Qualifizierung als sicher maßgeblichen Verhältnisse im Drittstaat schlagartig geändert haben und die gebotene Reaktion der Bundesregierung nach § 26a Abs. 3 AsylVfG, der sich allerdings nur auf die in Anlage I zum AsylVfG bezeichneten Staaten, nicht jedoch auch auf Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften bezieht, hierauf noch aussteht. Nicht umfasst vom Konzept normativer Vergewisserung über einen Schutz für Flüchtlinge durch den Drittstaat sind auch Ausnahmesituationen, in denen der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und dadurch zum Verfolgerstaat wird. Schließlich kann sich - im seltenen Ausnahmefall - aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich - etwa aus Gründen besonderer politischer Rücksichtnahme gegenüber dem Herkunftsstaat - von seinen mit dem Beitritt zu den beiden Konventionen eingegangenen und von ihm generell auch eingehaltenen Verpflichtungen löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne jede Prüfung des Schutzgesuchs entledigen wird. Ein solcher Ausnahmefall liegt nicht vor, wenn die ihn begründenden Umstände sich schon im Kontakt zwischen deutschen Behörden und Behörden des Drittstaates ausräumen lassen. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann der Ausländer freilich nur erreichen, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass er von einem der soeben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen.
19 
Auch Gemeinschaftsrecht gebietet es nicht, von einer Überstellung der Kläger nach Polen abzusehen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - , InfAuslR 2012, 108 = AuAS 2012, 56 = NVwZ 2012, 417) ist Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass es den Mitgliedstaaten einschließlich der nationalen Gerichte obliegt, einen Asylbewerber nicht an den „zuständigen Mitgliedstaat“ im Sinne der Verordnung Nr. 343/2003 zu überstellen, wenn ihnen nicht unbekannt sein kann, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedstaat ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne dieser Bestimmung ausgesetzt zu werden. Nach dieser Entscheidung wäre es jedoch auch nicht mit den Zielen und dem System der Verordnung Nr. 343/2003 vereinbar, wenn der geringste Verstoß gegen die Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 genügen würde, um die Überstellung eines Asylbewerbers an den normalerweise zuständigen Mitgliedstaat zu vereiteln. Mit der Verordnung Nr. 343/2003 soll nämlich, ausgehend von der Vermutung, dass die Grundrechte des Asylbewerbers in dem normalerweise für die Entscheidung über seinen Antrag zuständigen Mitgliedstaat beachtet werden, eine klare und praktikable Methode eingerichtet werden, mit der rasch bestimmt werden kann, welcher Mitgliedstaat für die Entscheidung über einen Asylantrag zuständig ist. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung Nr. 343/2003 vor, dass für die Entscheidung über in einem Land der Union gestellte Asylanträge nur ein Mitgliedstaat zuständig ist, der auf der Grundlage objektiver Kriterien bestimmt wird. Wenn aber jeder Verstoß des zuständigen Mitgliedstaats gegen einzelne Bestimmungen der Richtlinien 2003/9, 2004/83 oder 2005/85 zur Folge hätte, dass der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag eingereicht wurde, daran gehindert wäre, den Antragsteller an den erstgenannten Staat zu überstellen, würde damit den in Kapitel III der Verordnung Nr. 343/2003 genannten Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ein zusätzliches Ausschlusskriterium hinzugefügt, nach dem geringfügige Verstöße gegen die Vorschriften dieser Richtlinien in einem bestimmten Mitgliedstaat dazu führen könnten, dass er von den in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen entbunden wäre. Dies würde die betreffenden Verpflichtungen in ihrem Kern aushöhlen und die Verwirklichung des Ziels gefährden, rasch den Mitgliedstaat zu bestimmen, der für die Entscheidung über einen in der Union gestellten Asylantrag zuständig ist. Falls dagegen ernsthaft zu befürchten wäre, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesen Mitgliedstaat überstellten Asylbewerber im Sinne von Art. 4 der Charta implizieren, so wäre die Überstellung mit dieser Bestimmung unvereinbar.
20 
Die Kläger sind weder von einem der oben genannten, im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen noch weist das Asylverfahren in Polen systemische Mängel auf.Durchgreifende Anhaltspunkte für erhebliche systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Polen bestehen nach aktueller Rechtsprechung nicht (vgl. etwa: VG Lüneburg, Beschlüsse vom 25.10.2013 – 2 B 48/13 - und 10.10.2013 – 2 B 47/13 -; VG Berlin, Beschluss vom 24.10.2013 – 33 L 450.13 A - ;VG Regensburg vom 16.10.2013 – RN 9 S 13.30520 - ; VG Stade, Beschluss v. 02.10.2013 – 3 B 3029/13 -; VG Kassel, Beschluss v. 27.08.2013 – 9 L 984/13.K.S.A - ; VG Schleswig, Beschluss v. 27.08.2013 – 1 B 43/13 -; VG Osnabrück, Beschluss v. 26.09.2013 – 5 B 133/13 -; VG Hannover, Beschluss v. 30.08.2013 – 1 B 6140/13 - ; VG Oldenburg, Beschluss v. 16.08.2013 - 3 A 5177/13 - ; VG Braunschweig, Beschluss v. 29.07.2013 – 8 B 434/13 - ; VG Saarbrücken, Beschluss vom 24.06.2013 - 6 L 839/13 -;). Nach dieser Rechtsprechung, die das erkennende Gericht teilt, hat Polen die rechtlichen Regelungen des vergemeinschafteten Asyl- und Flüchtlingsrechts der europäischen Union in den wesentlichen Grundzügen in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt (UNHCR, Submission by the United Nations High Commissioner for Refugees for the Office of the High Commissioner for Human Rights‘ Compilation Report - Universal Periodic Review: Poland, vom November 2011, abrufbar unter www.refword.org).
21 
Die Entscheidungen in Asylverfahren sollen innerhalb von 6 Monaten getroffen werden; im Schnitt dauert ein Asylverfahren 18 Monate (Dublin Transnational Project, General information on asylum and Dublin in Poland, www.dublin-project.eu/dublin/Poland).Im Jahr 2012 wurden die Asylanträge von 2.435 Asylbewerbern beschieden. In 3,5% der Fälle wurde Flüchtlingsschutz, in 5,7% der Fälle wurde subsidiärer Schutz und in 10,3% der Fälle wurde humanitärer Schutz gewährt (insgesamt 19,5% Schutzgewährungen; zum Vergleich: das Bundesamt hat in 14,9% der Fälle Flüchtlingsschutz gewährt, in 11,9% der Fälle subsidiären Schutz und in 2,4 % der Fälle humanitären Schutz, insgesamt in 29,2% der Fälle Schutzgewährungen; vgl. zu all diesen Zahlen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge , Das Bundesamt in Zahlen 2012, www.bamf.de). Auf Asylbewerber aus der Russischen Föderation entfielen dabei 1072 entschiedene Asylanträge. 41 Asylbewerber aus der Russischen Föderation erhielten einen Flüchtlingsstatus (3,8%,), 104 subsidiären Schutz (9,7%) und 137 humanitären Schutz (12,7%), insgesamt also 26,2% einen Schutzstatus, wohingegen 790 Asylanträge abgelehnt wurden (UDSC, Polish Asylum Procedure, 2012, www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf; zum Vergleich: das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat im Jahr 2012 in 1.208 Fällen über Asylanträge von Asylsuchenden aus der Russischen Föderation mit einer Schutzquote von 14,4% entschieden; dabei wurde in 0,9 % der Fälle eine Asylanerkennung ausgesprochen, in 10,4 % der Fälle die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und in 3,1 % der Fälle ein Abschiebungsverbot festgestellt ). Insgesamt lässt sich mit den Jahren der Zuwachs ablehnender Entscheidungen feststellen (Gesellschaft für bedrohte Völker , Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, 2011, S. 8). In diesem Zusammenhang wird eine restriktive Auslegung und Handhabung der Flüchtlingsanerkennung beklagt (Comité Belge d‘Aide aux Refugiés , Polish asylum procedure and refugee status determination, 2011, S. 15 ff., 33). Schwierigkeiten macht der Zugang zur rechtlichen Beratung und Vertretung im Asylverfahren. Ein staatliches System der Rechtshilfe gibt es nicht. Allerdings sind in diesem Feld NGOs tätig, die aber den Bedarf nicht decken können. Dies gilt insbesondere für die Gewahrsamszentren (GfbV, Flüchtlinge in Polen. Mangelnder Schutz an EU-Außengrenze, progrom 2012, Heft 4, S. 41 f.; UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; insgesamt The Jusuit Refugee Service , Protection interrupted. The Dublin regulation’s impact on asylum seekers’ protection, 2013, abrufbar unter www.refworld.org). In diesem Zusammenhang ist auch problematisch, dass die Übersetzung durch qualifizierte Dolmetscher nur unzureichend gewährleistet ist. In vielen Fällen erfolgt eine Übertragung mit Hilfe informeller Kontakte (UNHCR, Submission, 2011, a.a.O., S. 3; Helsinki Foundation for Human Rights, Migration Is Not a Crime, 2013, S.19, www.intervencjaprawna.pl/wp.content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf).Insgesamt ist deshalb zur rechtlichen Regelung und der Praxis der Asylverfahren festzustellen, dass grundsätzlich von einem ordnungsgemäßen und nicht übermäßig langen Verfahren gesprochen werden kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Einzelfall nicht geprüft wird, gibt es nicht. Insbesondere bei der Information der Asylantragsteller und bei der Ausgestaltung der rechtlichen Beratung gibt es aber Mängel.
22 
Was die Aufnahmebedingungen angeht, werden Asylbewerber in Polen entweder in einem der sog. Aufnahmezentren, in einer der geschlossenen Gewahrsamszentren oder in einem Abschiebezentrum aufgenommen. Dabei erfolgt die Aufnahme regelmäßig in einem der Aufnahmezentren (GfbV, Situation, a.a.O., S. 4). Dort wird den Asylbewerbern die erforderliche Verpflegung zur Verfügung gestellt, außerdem bekommen sie ein kleines Taschengeld und ggf. Reisegeld für erforderliche Fahrten. Kinder können die örtliche Schule besuchen; ihnen steht Schulmaterial kostenlos zur Verfügung (GfbV, Situation, a.a.O., S. 6, JRS, Protection, a.a.O., S. 186). Eine medizinische Basisversorgung war und ist in der Regel gewährleistet. Schwierigkeiten machte in der Vergangenheit allerdings der Zugang zu einer zufriedenstellenden medizinischen Versorgung insbesondere für Kinder und traumatisierte Asylbewerber (GfbV, Situation, a.a.O., S., 5; Huma network, Access to healthcare and living conditions of asylum seekers and undocumented migrants in Cyprus, Malta, Poland and Romania, www.ec.europa.eu/ewsi/UDRW/-imgaes/items/doc_20498_605665099.pdf). Dies hat sich zwischenzeitlich gebessert. Denn nach der aktuelleren Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Christine Buchholz, Sevim Dagdelen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – BT-Drucksache 17/14713 – gestaltet sich die gesundheitliche Versorgung nunmehr wie folgt:
23 
Im Rahmen der Dublin-Verfahren und in gerichtlichen Eilverfahren vor den Verwaltungsgerichten von russischen Staatsangehörigen tschetschenischer Volkszugehörigkeit, die über Polen nach Deutschland einreisen, werden sehr häufig gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Erkrankungen vorgetragen.
24 
Nach aktueller Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen ist die medizinische Versorgung dort für Asylbewerber wie folgt sichergestellt:
25 
Die Behandlung von Asylbewerbern, die eine medizinische Versorgung und eine psychologische Betreuung in Anspruch nehmen müssen, ist in Polen kostenlos und erfolgt grundsätzlich durch qualifiziertes Personal. Die medizinische Versorgung während des Flüchtlingsverfahrens umfasst alle Ausländer (gemäß Artikel 73 des polnischen Flüchtlingsgesetzes), die einen Antrag auf Flüchtlingsschutz gestellt haben und sich bei der Sozialhilfe-Abteilung des Amtes für Ausländer registriert haben, unabhängig von ihrer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen oder außerhalb. Personen im Flüchtlingsverfahren haben den gleichen Anspruch auf den Umfang der medizinischen Versorgung wie polnische Staatsangehörige (ausgeschlossen sind lediglich Kurfahrten). Die medizinische Versorgung von Personen im Flüchtlingsverfahren in Polen koordiniert das Zentrale Krankenhaus des Innenministeriums in Warschau. Die medizinische Versorgung umfasst:
26 
- Durchführung sog. epidemiologische Untersuchungen – alle Ausländer, die zum ersten Mal einen Antrag auf Flüchtlingsschutz stellen, werden in der Aufnahmeeinrichtung in Biala Podlaska oder in Podkowa Lesna-Debak epidemiologisch untersucht. Die Untersuchung beinhaltet die Feststellung, ob der Ausländer an Infektionskrankheiten leidet (darunter Tuberkulose, Hepatitis B und C Typ, HIV, Geschlechtskrankheiten).
- In jeder Aufnahmeeinrichtung in Polen gibt es medizinische Behandlungs- räume, dort stehen Krankenschwestern, ein Arzt und ein Kinderarzt zur Verfügung.
- Kranke Personen, die spezielle Untersuchungen benötigen, werden ans Krankenhaus oder zu speziellen Untersuchungen überwiesen. Die Untersuchungen finden entweder im Zentralen Krankenhaus des Innen- und Verwaltungsministeriums statt oder auch in anderen Krankenhäusern, mit dem das Zentrale Krankenhaus eine Vereinbarung unterschrieben hat.
- Zahnbehandlungen.
- Psychologische Hilfe.
- Rehabilitation.
27 
Nach dem Bericht der Helsinki Foundation for Human Rights (Helsinki-Stiftung) „Migration is not a crime“ aus dem Jahr 2013 erhalten Ausländer schriftlich und mündlich alle erforderlichen Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten. In allen Zentren können die Ausländer medizinische Hilfe erhalten, wobei es – wie auch in deutschen Unterkünften – Sprachschwierigkeiten mit dem medizinischen Personal geben kann. Zudem können sich z. B. Opfer von Übergriffen innerhalb der Unterkünfte an die Polizei wenden.
28 
Behandelbarkeit von Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) in Polen
29 
Laut Auskunft der Liaisonbeamtin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge in Polen vom April 2013 wird gemäß Artikel 68 des polnischen Flüchtlingsschutzgesetzes vom 13. Mai 2003 jeder Ausländer, der in seinem Antrag auf Flüchtlingsschutz erklärt hat, dass er Opfer von psychischer oder physischer Gewalt ist, vor seiner Anhörung im Flüchtlingsverfahren an einen Psychologen verwiesen. Dieses Gespräch findet im Amt für Ausländer in Warschau statt. Während dieses Gesprächs ist neben dem Psychologen auch ein Dolmetscher anwesend, der ebenso wie der Psychologe vom Budget des Amtes für Ausländer bezahlt wird. Nach diesem Gespräch verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, aus der hervorgeht, ob bei dem Antragsteller ein Verdacht auf eine PTBS besteht und ob die Teilnahme eines Psychologen an der Anhörung erforderlich ist. Wenn der Psychologe festgestellt hat, dass seine Anwesenheit bei der Anhörung im Flüchtlingsverfahren erforderlich ist, nimmt er an der Anhörung teil. Er beobachtet das Verhalten und die Reaktionen des Antragstellers, er hat das Recht, Fragen zu stellen, und vom Anhörenden kann er verlangen, von bestimmten Fragen abzusehen. Nach der Anhörung verfasst der Psychologe eine Stellungnahme, die Bestandteil der Akte im Flüchtlingsverfahren ist, auf die sich der Entscheider im Bescheid berufen muss. Sofern der Psychologe eine PTBS festgestellt hat, informiert er den Antragsteller über die Erforderlichkeit der Behandlung und die Kontaktaufnahme mit dem Psychologen in der Aufnahmeeinrichtung, in der der Antragsteller untergebracht ist. Der Zugang zum Psychologen ist kostenlos, und es gibt keine festgelegte Zahl an Gesprächen mit dem Psychologen (jeder Fall wird individuell behandelt). Wenn es erforderlich ist, verweist der Psychologe per Überweisungsschein an einen Psychiater zur weiteren Behandlung.
30 
Das polnische Amt für Ausländer arbeitet derzeit mit vier Psychologen zusammen (einer davon ist speziell für den Umgang mit Minderjährigen geschult), die Erstgespräche mit Antragstellern durchführen und auch an den Anhörungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es in jeder Aufnahmeeinrichtung Psychologen, die dort Dienst haben und zu denen Antragsteller uneingeschränkten Zugang haben.
31 
Antragsteller können sich sowohl an die Psychologen, mit denen das polnische Amt für Ausländer zusammenarbeitet, als auch an die Psychologen, die für nichtstaatliche Organisationen tätig sind, wenden. Die Informationen zum Zugang zum Psychologen erhalten Antragsteller in den Aufnahmeeinrichtungen, in denen sie untergebracht sind. Nach alledem ist davon auszugehen, dass für psychisch kranke Menschen systemische Mängel im in Polen praktizierten Asylverfahren nicht bestehen (so auch Verwaltungsgericht – VG – Saarland, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 L 961/13).
32 
Dass sich die Gesundheitsfürsorge in den letzten Jahren verbessert hat, ergibt sich aus einem chronologischen Abgleich der Jahresberichte von Amnesty International. Denn letztmals im Jahresbericht 2010 hat sich die Organisation darüber beklagt, dass Flüchtlinge und Asylsuchende sich beim Zugang zu Gesundheitsfürsorge und zum Arbeitsmarkt nach wie vor Schwierigkeiten ausgesetzt sähen. In den Folgejahren findet sich dies nicht mehr.
33 
Hinsichtlich der Aufnahmebedingungen in Polen führt die Bundesregierung in der o.g. Antwort anschließend aus:
34 
Der Bericht der Helsinki-Stiftung „Migration is not a crime“, der sich auf eine Überprüfung der sechs „Guarded Centres for Foreigners“ in Polen, also der sechs geschlossenen/bewachten Ausländereinrichtungen im Herbst 2012 beschränkte, rügt zwar im Einzelnen die Einweisungs- und Versorgungsbedingungen in dieser Art von Einrichtungen, hebt aber auch hervor, dass sie ziemlich unterschiedlich organisiert und ausgestattet sind (siehe Seite 36 des Berichts).
35 
Weiterhin ergibt sich aus dem Bericht der Helsinki-Stiftung zur Unterbringungssituation u. a., dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in gutem Zustand befinden. Die umfangreiche Regulierung des Aufenthalts in diesen Unterkünften ist zwar verglichen mit den Verhältnissen in Deutschland erheblich restriktiver, erreicht aber nicht die Qualität einer Inhaftierung. Des Weiteren ist die Möglichkeit, mit der Welt außerhalb des jeweiligen Zentrums in Kontakt zu treten, sichergestellt; gleiches gilt für Besuche von Verwandten und die Möglichkeit, sich an internationale Organisationen zu wenden (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 29. Juli 2013 – 3 b 185/13MD). Einem Bericht des U.S. Department of State zufolge hat die polnische Regierung zusätzlich zu den geschlossenen/bewachten Einrichtungen für Ausländer elf offene Zentren für Asyl- suchende initiiert, die sich in den Gebieten Warschau, Bialystok und Lublin befinden und ungefähr 2.000 Personen aufnehmen können.
36 
Insgesamt ergibt für Polen danach das Bild eines asylverfahrensrechtlichen Regimes und von Aufnahmebedingungen, das den Maßgaben der Genfer Flüchtlingskonvention und des asylrechtlichen System der Europäischen Union in den Grundlinien genügt. Das Refoulement-Verbot wird im Grundsatz eingehalten, es werden geordnete Asylverfahren geführt und in überschaubarer Zeit Entscheidungen getroffen, die Einzelfallentscheidungen darstellen und es werden den Asylbewerbern während des Asylverfahrens im Großen und Ganzen auch ausreichende Lebensgrundlagen (Unterkunft, Verpflegung, medizinische Hilfe) zur Verfügung gestellt. Allerdings gibt es, wie dargestellt, nach wie vor Mängel. Soweit vereinzelte Missstände oder Mängel beschrieben werden, lässt dies nicht den Schluss zu, dass systematisch gegen die Vorschriften der Richtlinie 2003/9/EG (Aufnahmerichtlinie) verstoßen werden würde oder menschenrechtswidrige Aufnahmebedingungen vorherrschten. Legt man die in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs aufgeführten Gründe für die Zuständigkeitsregelungen der Dublin II-VO und den sich daraus ergebenden strengen Maßstab an die Qualifizierung als systemische Mängel an, so stellen sich die aufgeführten Mängel im Asylverfahren und bei den Aufnahmebedingungen in Polen auch in der Summe nicht als systemische Mängel im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dar.
37 
Zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse bestehen somit nicht, insbesondere ist die medizinische und psychologische Versorgung für die Kläger in ausreichendem Maße sichergestellt.
38 
Der Abschiebung stehen auch keine inlandsbezogenen Abschiebungshindernisse entgegen, zu deren Prüfung das Bundesamt in Fällen der Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG - anders als sonst in Asylverfahren - ausnahmsweise verpflichtet ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 01.02.2012 - OVG 2 S 6.12 -, juris). Aus den von den Klägern zu 1) und 2) vorgelegten, ihre Kinder betreffenden Attesten ergibt sich insbesondere keine Reiseunfähigkeit.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO, § 83b AsylVfG.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di
Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13 zitiert 7 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 100 Kosten bei Streitgenossen


(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen. (2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Ma

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 159


Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 27. Aug. 2013 - 1 B 43/13

bei uns veröffentlicht am 27.08.2013

Tenor Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.06.2013 wird bis zum 17.10.2013 angeordnet. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin zu 1/10 und d
4 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Okt. 2013 - A 1 K 1565/13.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 15. Dez. 2014 - M 11 S 14.50690

bei uns veröffentlicht am 15.12.2014

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Der Antragsteller ist ukrainischer Staatsangehöriger und reiste nach eigenen Angaben üb

Verwaltungsgericht München Beschluss, 14. Apr. 2014 - 16 S 14.30395

bei uns veröffentlicht am 14.04.2014

Tenor I. Die Anträge werden abgelehnt. II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens. Gründe I. Die Antragsteller sind Staatsangehörige der Russischen Föderation mit tschetschenischer Vol

Verwaltungsgericht Ansbach Beschluss, 26. Nov. 2015 - AN 14 S 15.50435

bei uns veröffentlicht am 26.11.2015

Tenor 1. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 2. Oktober 2015 wird zurückgewiesen. 2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Gründe I. Die K

Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juli 2016 - M 7 S 16.50425

bei uns veröffentlicht am 13.07.2016

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Die Antragsteller, ukrainische Eheleute und ihr am … geborener Sohn …,

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.06.2013 wird bis zum 17.10.2013 angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin zu 1/10 und den Antragstellern zu 9/10 auferlegt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 14.08.2013 zum Az. 1 A 172/13 erhobenen Klage hat wegen eines befristet vorliegenden, von der Antragsgegnerin zu prüfenden und zu berücksichtigenden inländischen Vollstreckungshindernisses in dem sich aus dem Beschlusstenor ergebenden Umfang Erfolg. Eine Rücküberstellung der Antragsteller nach Polen kann wegen der nach ärztlicher Bescheinigung am 19.09.2013 bevorstehenden Niederkunft der Antragstellerin zu 2) bis zu einem Zeitpunkt von 4 Wochen nach der Entbindung nicht vollzogen werden.

2

Im Übrigen ist der Antrag unzulässig.

3

Der Zulässigkeit des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz im Übrigen steht die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG entgegen. Nach dieser Vorschrift darf die Abschiebung nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll und das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet.

4

Eine unmittelbare Anwendbarkeit der am 19.07.2013 in Kraft getretenen VO (EU) Nr.604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.Juni 2013 („Dublin-III-VO“) auf den vorliegend in Rede stehenden Schutzantrag erfolgt gemäß Art. 49 UA 2 der Dublin-III-VO nicht, da die VO (EU) 604/2013 danach erst auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die ab dem 1.Tag des 6.Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden.

5

Die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist im Hinblick auf die Ausdehnung ihres Anwendungsbereiches auf die Fälle des § 27 a AsylVfG durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung Aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. Januar 2007 (BGBl. I S. 1970), die auf den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 19 Abs. 2 Satz 4 der weiterhin zum jetzigen Zeitpunkt für diesen gestellten Schutzantrag anwendbaren (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) beruht, in den Fällen bundesverfassungskonform einschränkend auszulegen, wenn in dem als Zielstaat der Abschiebung vorgesehenen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die Verfahrenspraxis nicht an die zu fordernden und bei Schaffung der Regelungen vorausgesetzten unions- bzw. völkerrechtlichen wesentlichen Standards heranreichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08. September 2009 - 2 BvQ 56/09 - NVwZ 2009, 1281; VG Köln, Beschluss vom 10. Januar 2011 - 20 L 1920/10.A - VG Minden, Beschluss vom 07. Dezember 2010 - 3 L 625/10.A; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07. Januar 2011 - 21 L 2285/10.A -).

6

Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich der einstweilige Rechtsschutzantrag - soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft des Klagverfahrens begehrt wird, als unzulässig; vorliegend unterliegt die Rücküberstellung der Antragsteller nach Polen als dem nach § 27 a AsylVfG zuständigem Staat grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken im oben dargestellten Sinn. Eine verfassungskonforme Reduktion des Anwendungsbereichs des § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist vorliegend nicht geboten.

7

Die Zuständigkeit Polens ergibt sich aus Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs.1 c) der Dublin-II-VO. Ausweislich des Akteninhalts haben die Antragsteller in Polen ein Schutzgesuch angebracht und sind im Eurodac-System entsprechend gespeichert worden. Polen hat sich mit Nachricht vom 31.05.2013 zur Übernahme nach dem Dublin-Regime (Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c) Dublin-II-VO) bereiterklärt. Die Eurodac-Treffer-Nummer beginnt mit der Ziffer 1. Nach der Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 407/2002 EG zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen über die Einrichtung von Eurodac werden die Daten von Asylbewerbern mit der Ziffer 1 gekennzeichnet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Definition des Asylbewerbers an der Definition des „Antrages auf internationalen Schutz“ in Art. 2 lit. g) der Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) auszurichten ist, wonach das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, einen solchen Antrag darstellt, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, und wenn er nicht ausdrücklich um eine andere, gesondert zu beantragende Form des Schutzes außerhalb des Anwendungsbereiches der Richtlinie ersucht. Danach ist nach Aktenlage von einem entsprechenden Schutzgesuch der Antragsteller in Polen auszugehen.

8

§ 34 a Abs. 2 AsylVfG liegt die Annahme zugrunde, dass die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention in allen Mitgliedstaaten der EU sichergestellt ist. Eine Durchbrechung des Ausschlusses vorläufigen Rechtsschutzes kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass ein Asylbewerber von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht erfasst wird. Von einem solchen Ausnahmefall kann nur dann ausgegangen werden, wenn es ernstzunehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Mitgliedstaat von den nach dem erwähnten Konzept als generell eingehalten vermuteten Verpflichtungen gelöst hat, d.h. die allgemein europaweit vereinbarten Mindeststandards aufgrund von innerstaatlichen systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen nicht mehr gewährleistet bzw. gewährleisten kann. Hierzu ist erforderlich, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber die tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat ausgesetzt zu sein.

9

Ein solcher Ausnahmefall ist zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in Polen nicht erkennbar. Systemische Mängel im Asylverfahren in Polen lassen sich den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Berichte des UNHCR, von amnesty international oder anderen Menschenrechtsorganisationen über unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen von Flüchtlingen in Polen liegen nicht vor.

10

Das Gericht legt seiner Bewertung dabei folgende Auskunftslage zugrunde:

11

- UNHCR, Where is my home, Homelessness and Access to Housing among Asylum-seekers, refugees and Persons with International Protection, 2013

12

http://www.unhcr-centraleurope.org/pdf/where-we-work/poland/where-is-my-home- poland.html

13

- Helsinki Foundation for Human Rights u. a., Migration Is Not a Crime, Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners, 2013

14

http://interwencjaprawna.pl/wp-content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf

15

- USA, State Departement, Poland Human Rights Report, 2012

16

http://www.state.gov/documents/organization/204536.pdf

17

- Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, Januar 2011 http://www.gfbv.de/show_file.php?type=inhaltsDok&property=download&id=2158

18

- Der Schlepper, Flüchtlinge im Verschiebebahnhof EU, Sonderheft April 2008,

19

http://www.frsh.de/fileadmin/schlepper/schl_dubII/schl_dublin_online.pdf

20

- Amnesty International, Jahresbericht Polen 2013

21

http://www.amnesty.de/jahresbericht/2013/polen

22

- Evangelische Landeskirche Baden, Berichte zur 14. Europäischen Asylrechtstagung in Warschau:

23

- Department for Refugee Procedures, Office for Foreigners, POLISH ASYLUM PROCEDURE

24

http://www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf

25

- Jacek Chlebny, judge of the Supreme Administrative Court, Judicial protection of asylum seekers in Poland

26

http://www.ekiba.de/download/Asylsystem-II-Administrative-Court-MrChlebny.pdf

27

Aus den vorstehenden Auskünften ergibt sich zusammengefasst Folgendes:

28

In Polen wird durch den „act of 13th of june 2003 on granting protection to foreigners“ das Recht, die Bedingungen und das Verfahren auf Erlangung von Asyl und Flüchtlingsschutz geregelt und gewährleistet. Die gesetzlichen Regelungen garantieren den Zugang, die Durchführung und den Rechtsschutz für Flüchtlinge. Neben dem Flüchtlingsstatus und Asyl besteht die Möglichkeit der Erlangung subsidiären Schutzes sowie eines geduldeten Aufenthalts (tolerated stay). Neben dem Standardverfahren, welches eine Verfahrensdauer von 6 Monaten und eine Rechtsmittelmöglichkeit gegen die Entscheidung innerhalb von 14 Tagen vorsieht, gibt es eine „fast procedure“ bei offensichtlich unbegründeten Anträgen, bei der eine Verfahrensdauer von 30 Tagen vorgesehen ist und bei der gegen ablehnende Entscheidungen 5 Tage für Rechtsmittel vorgesehen sind. Des Weiteren ist ein spezielles Verfahren für Gewaltopfer, unbegleitete Minderjährige und behinderte Personen vorgesehen. Gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Entscheidungen des „refugee board“ bestehen bei einem der 14 bezirklichen Verwaltungsgerichte (voivodship administrative court) und gegen dessen Entscheidung beim Obersten Verwaltungsgericht in Warschau (supreme administrative court) (vgl. zum Vorstehenden: Department for Refugee Procedures, Office for Foreigners, Polish Asylum Procedure).

29

Anhaltspunkte für systemische Mängel in der rechtlichen Ausgestaltung des Asyl-und Flüchtlingsschutzverfahrens lassen sich weder Stellungnahmen des UNHCR noch Berichten von amnesty international entnehmen, die sich mit der diesbezüglichen Situation in Polen beschäftigen (ai Report 2013, Polen; UNHCR, where is my home.

30

Während des Antragsverfahrens werden Schutzsuchende in einem der vom „Office for foreigners“ betriebenen 11 offenen Aufnahmezentren oder außerhalb eines Zentrums untergebracht. Der Belegungsgrad der Aufnahmezentren beträgt derzeit 97% (Departement for refugees, aaO). Daneben gibt es 5 sogenannte Gewahrsamszentren und 14 Abschiebeinrichtungen. Die Unterbringung dort betrifft abgelehnte Asylbewerber/Schutzsuchende sowie illegal Einreisende und erfolgt auf Grund eines richterlichen Beschlusses (US State Departement, Poland 2012, Human Rights Report, section 1.d)

31

Unbegleiteten Minderjährigen, die nach Polen einreisen, wird staatliche Unterstützung dabei gewährt, Familienangehörige in anderen Mitgliedsstaaten ausfindig zu machen. Im Oktober 2012 erklärte Polen seine Absicht, die Inhaftierung unbegleiteter Minderjähriger unter 13 Jahren zu verbieten (ai, Jahresbericht).

32

Hinsichtlich der Unterbringungssituation führt der Bericht „Migration is not a crime“ aus, dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in einem guten Zustand befinden. Soweit etwa durch die Bewohner Beschwerden über das Essen erhoben wurden, war beabsichtigt, die Catering-Firma im Dezember 2012 durch eine andere zu ersetzen.

33

Die Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten, werden nach dem Bericht den Ausländern in den Regeln über ihren Verbleib sowohl schriftlich als auch mündlich mitgeteilt. In den Unterkünften besteht das Recht, Besuche zu empfangen und Ausländer können dort mit Nicht-Regierungsorganisationen in Kontakt treten. Ausländer erhalten in allen Zentren medizinische Hilfe, wobei der Zugang in den Zentren unterschiedlich gewährleistet ist. Die dort erwähnten sprachlichen Barrieren sind indes auch in der Bundesrepublik Deutschland an der Tagesordnung.

34

Der Bericht führt weiter aus, dass Opfer von Übergriffen innerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte sich an die Polizei wenden können und berichtet auch von einem exemplarischen Fall, in dem die Polizei von einem Opfer von Gewalt eine Strafanzeige aufgenommen hat.

35

Soweit sich einem Bericht des UNHCR vom 10.06.2013 zufolge in Polen 10 % der Personen, die einen internationalen Schutzstatus erhalten haben, in einer Situation „extremer Obdachlosigkeit“ befänden, betrifft dies nicht das Asylverfahren selbst, sondern die Verhältnisse nach dessen Abschluss. Abgesehen davon verstößt es nicht gegen Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder Art. 3 EMRK, wenn anerkannte Flüchtlinge sich ebenso wie polnische Staatsangehörige selbst um eine Unterkunft kümmern müssen (VG Saarland, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13, juris).

36

Diese Erkenntnisgrundlagen lassen für das Gericht keine systemischen Mängel in Asylverfahren in Polen erkennen. Im Einzelfall bestehende Mängel (etwa in einer für verbesserungsfähig erachteten ärztlich Betreuung) führen nicht bereits zu einer Situation der Behandlung von Flüchtlingen in Polen, die Anlass geben könnte, von systemischen Mängeln im polnischen Asylverfahren zu sprechen.

37

(wie hier: VG Schleswig, Beschluss vom 29.07.2013, 7 B 35/13; VG Saarlouis, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13; VG Potsdam, Urteil vom 04.06.2013, VG 6 K 732/13.A - juris-; VG Ansbach, Beschluss vom 20.03.2012, AN 10 E 11.30140 - juris -; VG Saarland, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13 - juris -; VG Weimar, Beschluss vom 12.06.2013, 7 E 20129/13; a.A. VG Karlsruhe, Beschluss vom 09.07.2013, A 1 K 1566/13; VG Meiningen, Beschluss vom 26.04.2013, 8 E 20075/13 Me.).

38

Von der Antragsgegnerin auch im Rahmen einer Entscheidung über den Asylantrag nach §§ 27a, 34a AsylVfG zu prüfende inländische Vollstreckungshindernisse wie etwa eine aktuelle Reiseunfähigkeit, die einer Abschiebung in den Drittstaat entgegenstünden, sind nur für den im Beschlusstenor genannten Zeitraum dargelegt und zu berücksichtigen.

39

Ein tatsächliches oder rechtliches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG - das hier allein in Betracht kommt - ist vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) dann anzunehmen, wenn die Gesundheit eines abzuschiebenden Ausländers so angegriffen ist, dass das ernsthafte Risiko besteht, dass sein Gesundheitszustand unmittelbar durch den Abschiebungsvorgang wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert wird, sofern nicht einzelfallbezogen effektive Schutzmaßnahmen durch die Ausländerbehörde ergriffen werden.

40

Ausweislich der ärztlichen Bescheinigung ist die Antragstellerin zu 2) schwanger, der voraussichtliche Entbindungstermin ist am 19.09.2013. Eine Rücküberstellung nach Polen, auch wenn sie auf dem Landweg erfolgt, ist jedenfalls bis zu einem Zeitpunkt von 4 Wochen nach der Geburt des Kindes zum Schutz der Gesundheit der Antragstellerin zu 2) und des Neugeborenen nicht zu vollziehen. Eine weitere Einschränkung der Reisefähigkeit ist indes nicht erkennbar. Medizinische, ggf. durch amtsärztliches Attest nachzuweisende Tatsachen, die den rechtlichen Begriff der Reiseunfähigkeit im Sinne eines weitergehenden inländischen Vollstreckungshindernisses zu begründen vermögen, liegen nicht vor.

41

Das Vorbringen im Hinblick auf den Antragsteller zu 1), er befinde sich wegen einer Rückenerkrankung in ärztlicher Behandlung, die hier in Deutschland fortgeführt werden müsse, vermag ebenfalls die Annahme einer aktuellen Reiseunfähigkeit als inländisches Vollstreckungshindernis nicht zu begründen. Ein in Bezug auf Polen als dem Zielstaat der Abschiebung begründetes Abschiebeverbot wegen etwaiger vollständig fehlender medizinischer Versorgung liegt ebenfalls nicht vor; die medizinische Versorgung ist - wie oben dargelegt - während des Asylverfahrens in Polen in ausreichendem Maße gewährleistet. Auf die Verhältnisse im Heimatland des Antragstellers - auf die in der ärztlichen Bescheinigung verwiesen wird - kommt es insoweit nicht an.

42

Auf das Vorliegen hiesiger nationaler Abschiebeverbote nach § 60 Abs.7 S.1 AufenthG können sich die Antragsteller nämlich nicht berufen.

43

Selbst wenn das Unionsrecht auch den zuständigen Mitgliedstaat für Ersuchen um subsidiären Schutz umfasst, wie dies in der „Dublin III“ – Verordnung vorgesehen ist, kann sich eine unionsrechtliche Zuständigkeitsregelung nur auf den unionsrechtlich geregelten subsidiären Schutz beziehen und nicht auf jenen, der aufgrund nationalen Rechts gewährt wird (VG Frankfurt, Urteil vom 12.1.2.2012, 1 K 2973/12.F.A, juris).

44

Indes ergeht eine Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebeverbote nach § 60 Abs.2-7 AufenthG durch die Antragsgegnerin gemäß § 31 Abs.1,3 AsylVfG nur im Rahmen beachtlicher oder unbeachtlicher, nicht jedoch - wie hier gegeben -unzulässiger Asylanträge.

45

Die isolierte Berufung auf zielstaatsbezogene nationale Abschiebeverbote scheidet damit in den Fällen aus, in denen die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates für die Durchführung des Asylverfahrens nach der Dublin-II Verordnung feststeht und dieser - wie hier in Bezug auf Polen festzustellen - ein den europäischen Rechtsakten entsprechendes Flüchtlingsschutzverfahren und den Zugang hierzu gewährleistet.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

47

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war ebenfalls abzulehnen, weil es dem Rechtsschutzbegehren der Antragsteller aus den ausgeführten Gründen hinsichtlich des weitergehenden Begehrens der Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Klagverfahren an der erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

48

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 14.06.2013 wird bis zum 17.10.2013 angeordnet.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin zu 1/10 und den Antragstellern zu 9/10 auferlegt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

1

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der am 14.08.2013 zum Az. 1 A 172/13 erhobenen Klage hat wegen eines befristet vorliegenden, von der Antragsgegnerin zu prüfenden und zu berücksichtigenden inländischen Vollstreckungshindernisses in dem sich aus dem Beschlusstenor ergebenden Umfang Erfolg. Eine Rücküberstellung der Antragsteller nach Polen kann wegen der nach ärztlicher Bescheinigung am 19.09.2013 bevorstehenden Niederkunft der Antragstellerin zu 2) bis zu einem Zeitpunkt von 4 Wochen nach der Entbindung nicht vollzogen werden.

2

Im Übrigen ist der Antrag unzulässig.

3

Der Zulässigkeit des Antrages auf vorläufigen Rechtsschutz im Übrigen steht die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG entgegen. Nach dieser Vorschrift darf die Abschiebung nicht nach § 80 oder § 123 VwGO ausgesetzt werden, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26 a AsylVfG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27 a AsylVfG) abgeschoben werden soll und das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat anordnet.

4

Eine unmittelbare Anwendbarkeit der am 19.07.2013 in Kraft getretenen VO (EU) Nr.604/2013 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 26.Juni 2013 („Dublin-III-VO“) auf den vorliegend in Rede stehenden Schutzantrag erfolgt gemäß Art. 49 UA 2 der Dublin-III-VO nicht, da die VO (EU) 604/2013 danach erst auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die ab dem 1.Tag des 6.Monats nach ihrem Inkrafttreten gestellt werden.

5

Die Vorschrift des § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist im Hinblick auf die Ausdehnung ihres Anwendungsbereiches auf die Fälle des § 27 a AsylVfG durch Art. 3 des Gesetzes zur Umsetzung Aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. Januar 2007 (BGBl. I S. 1970), die auf den unionsrechtlichen Vorgaben des Art. 19 Abs. 2 Satz 4 der weiterhin zum jetzigen Zeitpunkt für diesen gestellten Schutzantrag anwendbaren (Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II-VO) beruht, in den Fällen bundesverfassungskonform einschränkend auszulegen, wenn in dem als Zielstaat der Abschiebung vorgesehenen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union die flüchtlingsrechtlichen Gewährleistungen und die Verfahrenspraxis nicht an die zu fordernden und bei Schaffung der Regelungen vorausgesetzten unions- bzw. völkerrechtlichen wesentlichen Standards heranreichen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 08. September 2009 - 2 BvQ 56/09 - NVwZ 2009, 1281; VG Köln, Beschluss vom 10. Januar 2011 - 20 L 1920/10.A - VG Minden, Beschluss vom 07. Dezember 2010 - 3 L 625/10.A; VG Düsseldorf, Beschluss vom 07. Januar 2011 - 21 L 2285/10.A -).

6

Gemessen an diesen Maßstäben erweist sich der einstweilige Rechtsschutzantrag - soweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft des Klagverfahrens begehrt wird, als unzulässig; vorliegend unterliegt die Rücküberstellung der Antragsteller nach Polen als dem nach § 27 a AsylVfG zuständigem Staat grundsätzlich keinen rechtlichen Bedenken im oben dargestellten Sinn. Eine verfassungskonforme Reduktion des Anwendungsbereichs des § 34 a Abs. 2 AsylVfG ist vorliegend nicht geboten.

7

Die Zuständigkeit Polens ergibt sich aus Art. 13 i.V.m. Art. 16 Abs.1 c) der Dublin-II-VO. Ausweislich des Akteninhalts haben die Antragsteller in Polen ein Schutzgesuch angebracht und sind im Eurodac-System entsprechend gespeichert worden. Polen hat sich mit Nachricht vom 31.05.2013 zur Übernahme nach dem Dublin-Regime (Art. 16 Abs. 1 Buchstabe c) Dublin-II-VO) bereiterklärt. Die Eurodac-Treffer-Nummer beginnt mit der Ziffer 1. Nach der Art. 2 Abs. 3 der Verordnung Nr. 407/2002 EG zur Festlegung von Durchführungsbestimmungen über die Einrichtung von Eurodac werden die Daten von Asylbewerbern mit der Ziffer 1 gekennzeichnet. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Definition des Asylbewerbers an der Definition des „Antrages auf internationalen Schutz“ in Art. 2 lit. g) der Richtlinie 2004/83/EG (Qualifikationsrichtlinie) auszurichten ist, wonach das Ersuchen eines Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen um Schutz durch einen Mitgliedstaat, einen solchen Antrag darstellt, wenn davon ausgegangen werden kann, dass der Antragsteller die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung des subsidiären Schutzstatus anstrebt, und wenn er nicht ausdrücklich um eine andere, gesondert zu beantragende Form des Schutzes außerhalb des Anwendungsbereiches der Richtlinie ersucht. Danach ist nach Aktenlage von einem entsprechenden Schutzgesuch der Antragsteller in Polen auszugehen.

8

§ 34 a Abs. 2 AsylVfG liegt die Annahme zugrunde, dass die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention in allen Mitgliedstaaten der EU sichergestellt ist. Eine Durchbrechung des Ausschlusses vorläufigen Rechtsschutzes kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass ein Asylbewerber von einem Sonderfall betroffen ist, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht erfasst wird. Von einem solchen Ausnahmefall kann nur dann ausgegangen werden, wenn es ernstzunehmende, durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird. Dies ist dann der Fall, wenn sich der Mitgliedstaat von den nach dem erwähnten Konzept als generell eingehalten vermuteten Verpflichtungen gelöst hat, d.h. die allgemein europaweit vereinbarten Mindeststandards aufgrund von innerstaatlichen systemischen Mängeln des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen nicht mehr gewährleistet bzw. gewährleisten kann. Hierzu ist erforderlich, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber die tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat ausgesetzt zu sein.

9

Ein solcher Ausnahmefall ist zu dem gemäß § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hinsichtlich der Verhältnisse in Polen nicht erkennbar. Systemische Mängel im Asylverfahren in Polen lassen sich den vorliegenden Erkenntnisquellen nicht entnehmen. Berichte des UNHCR, von amnesty international oder anderen Menschenrechtsorganisationen über unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen von Flüchtlingen in Polen liegen nicht vor.

10

Das Gericht legt seiner Bewertung dabei folgende Auskunftslage zugrunde:

11

- UNHCR, Where is my home, Homelessness and Access to Housing among Asylum-seekers, refugees and Persons with International Protection, 2013

12

http://www.unhcr-centraleurope.org/pdf/where-we-work/poland/where-is-my-home- poland.html

13

- Helsinki Foundation for Human Rights u. a., Migration Is Not a Crime, Report on the Monitoring of Guarded Centres for Foreigners, 2013

14

http://interwencjaprawna.pl/wp-content/uploads/migration-is-not-a-crime.pdf

15

- USA, State Departement, Poland Human Rights Report, 2012

16

http://www.state.gov/documents/organization/204536.pdf

17

- Gesellschaft für bedrohte Völker, Die Situation tschetschenischer Flüchtlinge in Polen, Januar 2011 http://www.gfbv.de/show_file.php?type=inhaltsDok&property=download&id=2158

18

- Der Schlepper, Flüchtlinge im Verschiebebahnhof EU, Sonderheft April 2008,

19

http://www.frsh.de/fileadmin/schlepper/schl_dubII/schl_dublin_online.pdf

20

- Amnesty International, Jahresbericht Polen 2013

21

http://www.amnesty.de/jahresbericht/2013/polen

22

- Evangelische Landeskirche Baden, Berichte zur 14. Europäischen Asylrechtstagung in Warschau:

23

- Department for Refugee Procedures, Office for Foreigners, POLISH ASYLUM PROCEDURE

24

http://www.ekiba.de/download/Polish_Asylum_Procedure.pdf

25

- Jacek Chlebny, judge of the Supreme Administrative Court, Judicial protection of asylum seekers in Poland

26

http://www.ekiba.de/download/Asylsystem-II-Administrative-Court-MrChlebny.pdf

27

Aus den vorstehenden Auskünften ergibt sich zusammengefasst Folgendes:

28

In Polen wird durch den „act of 13th of june 2003 on granting protection to foreigners“ das Recht, die Bedingungen und das Verfahren auf Erlangung von Asyl und Flüchtlingsschutz geregelt und gewährleistet. Die gesetzlichen Regelungen garantieren den Zugang, die Durchführung und den Rechtsschutz für Flüchtlinge. Neben dem Flüchtlingsstatus und Asyl besteht die Möglichkeit der Erlangung subsidiären Schutzes sowie eines geduldeten Aufenthalts (tolerated stay). Neben dem Standardverfahren, welches eine Verfahrensdauer von 6 Monaten und eine Rechtsmittelmöglichkeit gegen die Entscheidung innerhalb von 14 Tagen vorsieht, gibt es eine „fast procedure“ bei offensichtlich unbegründeten Anträgen, bei der eine Verfahrensdauer von 30 Tagen vorgesehen ist und bei der gegen ablehnende Entscheidungen 5 Tage für Rechtsmittel vorgesehen sind. Des Weiteren ist ein spezielles Verfahren für Gewaltopfer, unbegleitete Minderjährige und behinderte Personen vorgesehen. Gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die Entscheidungen des „refugee board“ bestehen bei einem der 14 bezirklichen Verwaltungsgerichte (voivodship administrative court) und gegen dessen Entscheidung beim Obersten Verwaltungsgericht in Warschau (supreme administrative court) (vgl. zum Vorstehenden: Department for Refugee Procedures, Office for Foreigners, Polish Asylum Procedure).

29

Anhaltspunkte für systemische Mängel in der rechtlichen Ausgestaltung des Asyl-und Flüchtlingsschutzverfahrens lassen sich weder Stellungnahmen des UNHCR noch Berichten von amnesty international entnehmen, die sich mit der diesbezüglichen Situation in Polen beschäftigen (ai Report 2013, Polen; UNHCR, where is my home.

30

Während des Antragsverfahrens werden Schutzsuchende in einem der vom „Office for foreigners“ betriebenen 11 offenen Aufnahmezentren oder außerhalb eines Zentrums untergebracht. Der Belegungsgrad der Aufnahmezentren beträgt derzeit 97% (Departement for refugees, aaO). Daneben gibt es 5 sogenannte Gewahrsamszentren und 14 Abschiebeinrichtungen. Die Unterbringung dort betrifft abgelehnte Asylbewerber/Schutzsuchende sowie illegal Einreisende und erfolgt auf Grund eines richterlichen Beschlusses (US State Departement, Poland 2012, Human Rights Report, section 1.d)

31

Unbegleiteten Minderjährigen, die nach Polen einreisen, wird staatliche Unterstützung dabei gewährt, Familienangehörige in anderen Mitgliedsstaaten ausfindig zu machen. Im Oktober 2012 erklärte Polen seine Absicht, die Inhaftierung unbegleiteter Minderjähriger unter 13 Jahren zu verbieten (ai, Jahresbericht).

32

Hinsichtlich der Unterbringungssituation führt der Bericht „Migration is not a crime“ aus, dass die Zentren offiziell für die Unterbringung von Ausländern umgebaut, zum Teil umfänglich renoviert wurden und sich in einem guten Zustand befinden. Soweit etwa durch die Bewohner Beschwerden über das Essen erhoben wurden, war beabsichtigt, die Catering-Firma im Dezember 2012 durch eine andere zu ersetzen.

33

Die Informationen über die Möglichkeit, medizinische und psychologische Betreuung zu erhalten, werden nach dem Bericht den Ausländern in den Regeln über ihren Verbleib sowohl schriftlich als auch mündlich mitgeteilt. In den Unterkünften besteht das Recht, Besuche zu empfangen und Ausländer können dort mit Nicht-Regierungsorganisationen in Kontakt treten. Ausländer erhalten in allen Zentren medizinische Hilfe, wobei der Zugang in den Zentren unterschiedlich gewährleistet ist. Die dort erwähnten sprachlichen Barrieren sind indes auch in der Bundesrepublik Deutschland an der Tagesordnung.

34

Der Bericht führt weiter aus, dass Opfer von Übergriffen innerhalb der Gemeinschaftsunterkünfte sich an die Polizei wenden können und berichtet auch von einem exemplarischen Fall, in dem die Polizei von einem Opfer von Gewalt eine Strafanzeige aufgenommen hat.

35

Soweit sich einem Bericht des UNHCR vom 10.06.2013 zufolge in Polen 10 % der Personen, die einen internationalen Schutzstatus erhalten haben, in einer Situation „extremer Obdachlosigkeit“ befänden, betrifft dies nicht das Asylverfahren selbst, sondern die Verhältnisse nach dessen Abschluss. Abgesehen davon verstößt es nicht gegen Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder Art. 3 EMRK, wenn anerkannte Flüchtlinge sich ebenso wie polnische Staatsangehörige selbst um eine Unterkunft kümmern müssen (VG Saarland, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13, juris).

36

Diese Erkenntnisgrundlagen lassen für das Gericht keine systemischen Mängel in Asylverfahren in Polen erkennen. Im Einzelfall bestehende Mängel (etwa in einer für verbesserungsfähig erachteten ärztlich Betreuung) führen nicht bereits zu einer Situation der Behandlung von Flüchtlingen in Polen, die Anlass geben könnte, von systemischen Mängeln im polnischen Asylverfahren zu sprechen.

37

(wie hier: VG Schleswig, Beschluss vom 29.07.2013, 7 B 35/13; VG Saarlouis, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13; VG Potsdam, Urteil vom 04.06.2013, VG 6 K 732/13.A - juris-; VG Ansbach, Beschluss vom 20.03.2012, AN 10 E 11.30140 - juris -; VG Saarland, Beschluss vom 24.06.2013, 6 L 839/13 - juris -; VG Weimar, Beschluss vom 12.06.2013, 7 E 20129/13; a.A. VG Karlsruhe, Beschluss vom 09.07.2013, A 1 K 1566/13; VG Meiningen, Beschluss vom 26.04.2013, 8 E 20075/13 Me.).

38

Von der Antragsgegnerin auch im Rahmen einer Entscheidung über den Asylantrag nach §§ 27a, 34a AsylVfG zu prüfende inländische Vollstreckungshindernisse wie etwa eine aktuelle Reiseunfähigkeit, die einer Abschiebung in den Drittstaat entgegenstünden, sind nur für den im Beschlusstenor genannten Zeitraum dargelegt und zu berücksichtigen.

39

Ein tatsächliches oder rechtliches inlandsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60a Abs. 2 AufenthG - das hier allein in Betracht kommt - ist vor dem Hintergrund des grundrechtlichen Schutzes von Leben und körperlicher Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) dann anzunehmen, wenn die Gesundheit eines abzuschiebenden Ausländers so angegriffen ist, dass das ernsthafte Risiko besteht, dass sein Gesundheitszustand unmittelbar durch den Abschiebungsvorgang wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert wird, sofern nicht einzelfallbezogen effektive Schutzmaßnahmen durch die Ausländerbehörde ergriffen werden.

40

Ausweislich der ärztlichen Bescheinigung ist die Antragstellerin zu 2) schwanger, der voraussichtliche Entbindungstermin ist am 19.09.2013. Eine Rücküberstellung nach Polen, auch wenn sie auf dem Landweg erfolgt, ist jedenfalls bis zu einem Zeitpunkt von 4 Wochen nach der Geburt des Kindes zum Schutz der Gesundheit der Antragstellerin zu 2) und des Neugeborenen nicht zu vollziehen. Eine weitere Einschränkung der Reisefähigkeit ist indes nicht erkennbar. Medizinische, ggf. durch amtsärztliches Attest nachzuweisende Tatsachen, die den rechtlichen Begriff der Reiseunfähigkeit im Sinne eines weitergehenden inländischen Vollstreckungshindernisses zu begründen vermögen, liegen nicht vor.

41

Das Vorbringen im Hinblick auf den Antragsteller zu 1), er befinde sich wegen einer Rückenerkrankung in ärztlicher Behandlung, die hier in Deutschland fortgeführt werden müsse, vermag ebenfalls die Annahme einer aktuellen Reiseunfähigkeit als inländisches Vollstreckungshindernis nicht zu begründen. Ein in Bezug auf Polen als dem Zielstaat der Abschiebung begründetes Abschiebeverbot wegen etwaiger vollständig fehlender medizinischer Versorgung liegt ebenfalls nicht vor; die medizinische Versorgung ist - wie oben dargelegt - während des Asylverfahrens in Polen in ausreichendem Maße gewährleistet. Auf die Verhältnisse im Heimatland des Antragstellers - auf die in der ärztlichen Bescheinigung verwiesen wird - kommt es insoweit nicht an.

42

Auf das Vorliegen hiesiger nationaler Abschiebeverbote nach § 60 Abs.7 S.1 AufenthG können sich die Antragsteller nämlich nicht berufen.

43

Selbst wenn das Unionsrecht auch den zuständigen Mitgliedstaat für Ersuchen um subsidiären Schutz umfasst, wie dies in der „Dublin III“ – Verordnung vorgesehen ist, kann sich eine unionsrechtliche Zuständigkeitsregelung nur auf den unionsrechtlich geregelten subsidiären Schutz beziehen und nicht auf jenen, der aufgrund nationalen Rechts gewährt wird (VG Frankfurt, Urteil vom 12.1.2.2012, 1 K 2973/12.F.A, juris).

44

Indes ergeht eine Entscheidung über zielstaatsbezogene Abschiebeverbote nach § 60 Abs.2-7 AufenthG durch die Antragsgegnerin gemäß § 31 Abs.1,3 AsylVfG nur im Rahmen beachtlicher oder unbeachtlicher, nicht jedoch - wie hier gegeben -unzulässiger Asylanträge.

45

Die isolierte Berufung auf zielstaatsbezogene nationale Abschiebeverbote scheidet damit in den Fällen aus, in denen die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedsstaates für die Durchführung des Asylverfahrens nach der Dublin-II Verordnung feststeht und dieser - wie hier in Bezug auf Polen festzustellen - ein den europäischen Rechtsakten entsprechendes Flüchtlingsschutzverfahren und den Zugang hierzu gewährleistet.

46

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

47

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war ebenfalls abzulehnen, weil es dem Rechtsschutzbegehren der Antragsteller aus den ausgeführten Gründen hinsichtlich des weitergehenden Begehrens der Anordnung der aufschiebenden Wirkung bis zur Rechtskraft der Entscheidung im Klagverfahren an der erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht fehlt (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

48

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.