Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. März 2015 - M 11 SN 14.4578

bei uns veröffentlicht am26.03.2015

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert wird auf EUR 3.750,-- festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine dem Beigeladenen bzw. dessen Rechtsvorgänger für das Grundstück FlNr. ... erteilte Baugenehmigung.

Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks ...str. 9 in ..., FlNr. ... Gemarkung ..., das mit einem Wohnhaus bebaut ist. Westlich hieran grenzt das Grundstück FlNr. ... Gemarkung ....

Sowohl das Grundstück der Antragstellerin, als auch das Nachbargrundstück liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans ... ... ... „Bereich ...straße“ der Antragsgegnerin in der aktuellen Fassung der Änderung von 1990. Für das Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin wurde im Jahre 2002 eine Tekturgenehmigung zum Anbau eines Wintergartens, Neubau eines Carports und Nutzungsänderung von einer Garage und eines Wohnraums in zwei Büroräume genehmigt. Im nordwestlichen Teil des Grundstückes FlNr. ... steht ein Anbau am Gebäude der Antragstellerin mit Fenstern direkt auf der Grundstücksgrenze zur jetzigen FlNr. ... (früher zum Zeitpunkt der Tekturgenehmigung noch FlNr. ...). Zugunsten des Grundstücks der Antragstellerin wurde eine Abstandsflächenübernahme auf dem Grundstück FlNr. ... erteilt. Die zu übernehmende Abstandsfläche beträgt laut den genehmigten Bauplänen 3 Meter Tiefe auf 5,82 Meter Länge. Im Übrigen, das heißt weiter in südliche bzw. südwestliche Himmelsrichtung steht das Gebäude auf dem Grundstück der Antragstellerin in einem Abstand von 1,22 Meter zur gemeinsamen Grundstücksgrenze zum Grundstück FlNr. .... In diesem Bereich besteht keine Abstandsflächenübernahme. Der dem Tekturbescheid vom ... November 2002 beigefügte genehmigte Bauplan stellt im Erdgeschoss die im Osten des Gebäudes auf dem Grundstück der Antragstellerin gelegenen Räume als Büro 1, Büro 2 sowie privaten Arbeitsbereich dar.

Auf entsprechenden Bauantrag des Rechtsvorgängers des Beigeladenen erteilte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom ... August 2014 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer Doppelhaushälfte auf dem Grundstück FlNr. .... Dabei wurden unter anderem Befreiungen hinsichtlich der Baugrenzen, der Dachneigung, der Firstrichtung sowie der Errichtung der Stellplätze außerhalb des Bauraums erteilt. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.

Mit Bescheid vom ... August 2014 wurde auf einen entsprechenden Tekturantrag hin eine Baugenehmigung für die geänderte Dachneigung einer Dachhälfte erteilt. Auf den Bescheid wird Bezug genommen.

Die Baugenehmigung vom ... August 2014 wurde der Antragstellerin mit Postzustellungsurkunde am 13. August 2014 zugestellt, die Tekturbaugenehmigung ebenfalls mit Postzustellungsurkunde am 23. August 2014.

Die Antragstellerin hat mit Schreiben vom 12. September 2014, beim Gericht eingegangen am selben Tag, gegen

„die Baugenehmigung vom ... August 2014 für die Doppelhaushälfte FlNr. ....0 Az: ... ..., zugestellt am 13. August 2014“

Klage erhoben (M 11 K 14.4152) und mit der Klageerhebung als Anlage einen Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin, datierend vom ... September 2014 eingereicht, der mit dem in der Akte der Antragsgegnerin befindlichen Genehmigungsbescheid vom ... August 2014 inhaltsgleich ist. Auf dem von der Antragstellerin mit der Klageerhebung vorgelegten Bescheid ist handschriftlich links neben dem Bescheidsdatum ... September 2014 „ursprünglich ... August 2014“ ergänzt.

Weiterhin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 18. September 2014, beim Gericht eingegangen mit Telefax am 19. September 2014, Klage erhoben

„gegen die Baugenehmigung vom ... August 2014 für die Doppelhaushälfte Az: ..., zugestellt am 23. August 2014“

und dabei in der Anlage ein Schreiben der Antragsgegnerin, datierend vom 21. August 2014, beigefügt, mit dem die ebenfalls beigefügte Tekturgenehmigung vom ... August 2014 an die Antragstellerin übersandt wurde (M 11 K 14.4324).

Im nicht nummerierten Verwaltungsvorgang der Antragsgegnerin findet sich im Übrigen auch ein entsprechendes Anschreiben der Antragsgegnerin an die Antragstellerin, datierend vom 11. August 2014, mit dem die Baugenehmigung vom ... August 2014 übersandt wurde.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 7. Oktober 2014 ließ die Antragstellerin

die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklagen gegen die Baugenehmigungen der Antragsgegnerin „vom ... August 2014 und vom ... August 2014“

beantragen. Zur Begründung wurde auf die Klagebegründung in der Hauptsache verwiesen.

Ebenfalls mit Schreiben vom 7. Oktober 2014 wurde die Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom ... August 2014 begründet und beantragt,

den Bescheid vom „... August 2014“ aufzuheben.

Zur Begründung ist vorgetragen, dass das genehmigte Bauvorhaben des Beigeladenen gegen das Rücksichtnahmegebot verstoße, da es zu unzumutbaren Zuständen für das klägerische Grundstück führe und es zumutbare Alternativen für Antragsgegnerin bzw. Beigeladenen gebe. Das streitgegenständliche Gebäude werde in einem Abstand von nur 4,22 Meter von dem Wohngebäude der Antragstellerin stehen. Dabei halte das Bauvorhaben mit einer Wandhöhe von 6 Metern wohl den Mindestabstand von 3 Metern zur Grundstücksgrenze ein, werde aber dem besonderen Zustand auf dem benachbarten Grundstück der Antragstellerin nicht gerecht, da das Gebäude der Antragstellerin in einem Abstand von nur 1,22 Meter von der Grundstückgrenze stehe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei dem betroffenen Zimmer auf der Ostseite des Hauses der Antragstellerin um das Wohnzimmer handele, bei dem die beiden einzigen Wohnzimmerfenster in einem Abstand von nur 4,22 Meter gegenüber einer 6 Meter hohen Mauer lägen. Hinzu komme auf voller Länge dann noch ein ca. 3,60 Meter hohes Dach. Dass es sich bei dem betroffenen Zimmer um das Wohnzimmer der Antragstellerin handele, habe die Antragsgegnerin in ihrem Abwägungsprozess nicht einbezogen. Die Sachbearbeiterin der Antragsgegnerin sei sehr erstaunt gewesen, als sie von dem Ehemann der Antragstellerin erfahren habe, dass es sich bei den dem streitgegenständlichen Gebäude gegenüberliegenden Räumen um das Wohnzimmer der Antragstellerin handele. In diesem Raum finde das Familienleben statt. Zwar befände sich auf der Südseite noch ein Wintergarten, dieser könne allerdings nur in den Übergangszeiten genutzt werden. Die Antragstellerin und ihre Familie seien von einem Einmauerungseffekt bedroht. Eine nur 4,22 Meter entfernte 6 Meter hohe Mauer bzw. ein mit dem Dach insgesamt auf einer Länge von 13 Metern ca. 9,6 Meter hohes Gebäude beeinträchtige die Interessen der Antragstellerin in unzumutbarer Weise. Eine Rücksichtnahme wäre auch dem Beigeladenen zumutbar, da eine alternative Planung möglich gewesen wäre. Der Beigeladene bzw. einer der Voreigentümer sei auf die Antragstellerin zugekommen, ob Bereitschaft bestünde, auf die von einer Bebauung freizuhaltende Fläche mit einer Tiefe von 3 Metern zu verzichten. An das Gebäude der Antragstellerin wäre eine Grenzgarage errichtet worden, im Gegenzug hätte das streitgegenständliche Gebäude im südlichen Teil einen Abstand von 6 Metern zur Grundstücksgrenze eingehalten. Obwohl die Antragstellerin an einer solchen Lösung interessiert gewesen sei, sei diese Planungsalternative nicht weiter verfolgt worden. Der für die Klägerin unzumutbare Zustand werde von den erteilten Befreiungen noch verschlechtert. Die Antragsgegnerin habe offensichtlich die negativen Auswirkungen der Befreiungen für die Antragstellerin nicht in ihr Ermessen einbezogen. Die Befreiung hinsichtlich der Drehung der Firstrichtung um 90 Grad habe den Einmauerungseffekt verstärkt. Zu der wesentlich größeren Dachfläche, die durch die Firstdrehung zum Grundstück der Antragstellerin zeige, komme noch ein Verlust an Abstandsflächentiefe, die sich bei giebelständiger Bauweise aus Art. 6 Abs. 4 Satz 2 BayBO ergeben würde. Es würde sich, eine maximal zulässige Dachneigung von 38 Grad bei einer Gebäudetiefe von zulässigen 12 Metern zugrunde gelegt, eine maximale Firsthöhe von 11,10 Meter und somit ein zusätzlicher Abstand von 0,85 Metern bei den Privilegien nach Art. 6 Abs. 6 BayBO ergeben. Ein Gebäude mit einer Wandhöhe von 6,5 Metern würde damit mindestens einen Abstand zur Grundstücksgrenze von 4,10 Meter benötigen, ein Gebäude mit einer Wandhöhe von 6 Metern immer noch einen Abstand von 3,85 Meter. Das streitgegenständliche Bauvorhaben mit einer Wandhöhe von 6 Metern halte aber nur einen Abstand von 3 Metern ein. Damit sei durch die Firstdrehung auch indirekt das Abstandsflächenrecht als nachbarschützende Norm verletzt. Selbst wenn das Vorhaben bei der Drehung der Firstrichtung keine zusätzliche Abstandsfläche einzuhalten hätte, stelle die Vergrößerung der der Antragstellerin zugewandten Dachfläche in einer Entfernung von nur 4,22 Metern eine Beeinträchtigung der Antragstellerin in unzumutbarer Weise dar. Zur Verschlechterung des Zustandes nach dem Bebauungsplan trage auch die Befreiung, wonach dem Beigeladenen genehmigt worden sei, die Gebäudetiefe 13 Meter statt lediglich 12 Meter auszuführen, bei. Diese Vergrößerung der Gebäudetiefe sei dem Beigeladenen auch noch an der Südfassade genehmigt worden, so dass dadurch die Wohnzimmerfenster der Klägerin zusätzlich betroffen seien. Mit dieser Vergrößerung der Bebauungstiefe habe die Antragsgegnerin eine größere Überbaubarkeit im Bereich der hinteren nachbarschützenden Baugrenze ermöglicht. Wegen der genehmigten Drehung der Firstrichtung und bei Ausnutzung der seitlichen Mindestabstandsflächen von je 3 Metern ergebe sich eine maximale Traufhöhe (besser Wandhöhe) von 6 Metern, was das Bauvorhaben auch einhalte. Außerdem könne der Beigeladene bei Ausnutzung der seitlichen Mindestabstände und Einhaltung des straßenseitigen zusätzlichen Abstandes von 3 Metern vor dem Anbau der Antragstellerin zum Grundstück der Antragstellerin sowie bei der gegebenen Grundstücksbreite und dem maximalen Dachneigungswinkel von 38 Grad einen straßenseitig fast mittigen First von höchstens 10 Metern realisieren. Gartenseitig weise das Doppelhaus wegen des seitlichen Vorsprungs der streitgegenständlichen Doppelhaushälfte dagegen ungleiche Hausbreiten und damit einen „außermittigen“ First auf. Bei der damit vorgegebenen Firsthöhe und Firstlage müsste sich bei Einhaltung der Mindestdachneigung gemäß Bebauungsplan von 32 Grad eine Wandhöhe gartenseitig zum Grundstück der Antragstellerin von maximal 5,40 Meter ergeben. Die Gewährung der Befreiung hinsichtlich der Mindestdachneigung von inzwischen unter Berücksichtigung der Tekturgenehmigung auf einheitlich 27,8 Grad stelle wiederum eine indirekte Verletzung des Abstandsflächenrechts dar. Das streitgegenständliche Bauvorhaben dürfte damit keine Wandhöhe von 6 Metern haben, sondern lediglich 5,40 Meter. Diese Reduzierung um 0,6 Meter hätte die Verhältnisse für die Antragstellerin deutlich verbessert. Insbesondere aufgrund des von der Grenze nur 1,22 Meter entfernten Gebäudes der Antragstellerin hätte die Antragsgegnerin die Befreiung nachbarrechtlich neutral nur durch eine Reduzierung der Wandhöhe oder durch eine Vergrößerung der Tiefe der Abstandsfläche gewähren dürfen. Diese Verschlechterung durch die gem. § 31 Abs. 2 BauGB kumulativ gewährten Befreiungen für das Grundstück der Antragstellerin habe die Antragsgegnerin bei der Erteilung der Befreiungen im Rahmen ihres Ermessens ganz offensichtlich nicht berücksichtigt. Damit habe sie nachbarschützende Normen bzw. das Gebot der Rücksichtnahme verletzt. Insbesondere aufgrund der gegebenen Situierung des Gebäudes der Antragstellerin und der Auswirkungen der einzelnen beantragten Befreiungen hätte die Antragsgegnerin die Antragstellerin als Beteiligte nach Art. 28 BayVwVfG anhören müssen. Die Antragsgegnerin habe sich ganz offensichtlich keine Vorstellungen darüber gemacht, wie sich die einzelnen Befreiungen, aber auch die Befreiung kumuliert auf das Grundstück der Antragstellerin negativ auswirkten.

Die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 23. Oktober 2014 Antragsablehnung beantragt und mit Schreiben vom 14. November 2014 den Antrag begründet.

Der Antrag sei bereits unzulässig. Der Genehmigungsbescheid vom ... August 2014 sei bestandskräftig. Die Antragstellerin habe durch ihre frühere Prozessbevollmächtigte Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht erhoben. Das Verfahren sei mit dem Az: M 11 K 14.4199 anhängig gewesen. Mit der Klage sei gemäß Klageschrift vom 15. September 2014 ausdrücklich der Baugenehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom ... August 2014, zugestellt am 13. August 2014, angegriffen worden. Diese rechtzeitig erhobene Klage sei jedoch mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2014 zurückgenommen worden, so dass der Bescheid der Antragsgegnerin vom ... August 2014 bestandskräftig sei. In dem dem hiesigen Verfahren zugrundeliegenden Klageverfahren habe die Antragstellerin selbst mit Schreiben vom 12. September 2014 Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin „vom ... August 2014“ erhoben. Sie habe ausdrücklich nur diesen Bescheid genannt, so dass eine Entscheidung über den bereits bestandskräftigen Bescheid vom ... August 2014 nicht mehr möglich sei. Ein Bescheid der Antragsgegnerin vom ... August 2014 existiere nicht. Der Antrag sei auch unbegründet. Der Bescheid der Antragsgegnerin sei rechtmäßig. Es würden keine nachbarschützenden Normen durch die angegriffene Baugenehmigung verletzt. Eine rechtswidrige Baugenehmigung auf der Grundlage von bauordnungsrechtlichen Vorschriften könne bereits deswegen nicht vorliegen, weil diese, insbesondere die Abstandsflächen, im hier angewendeten vereinfachten Genehmigungsverfahren nicht geprüft worden seien. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot liege nicht vor und sei im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren auch nicht zu prüfen. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass durch das Bauvorhaben nicht in Rechte der Antragstellerin eingegriffen werde. Zudem sei im Gebäude der Antragstellerin im Erdgeschoss zum Grundstück des Beigeladenen hin Büronutzung genehmigt, so dass die hier im Verfahren vorgetragene Wohnnutzung einer rechtlichen Prüfung durch die Antragsgegnerin bedürfe. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin sich nicht auf eine Nichteinhaltung von Abstandsflächen durch das Bauvorhaben des Beigeladenen berufen könne, weil das Bestandsgebäude der Antragstellerin selbst die Abstandsflächen zum Grundstück des Beigeladenen in erheblichem Maß nicht einhalte und in Bezug auf die Qualität der mit der Verletzung der Abstandsflächenvorschriften einhergehenden Beeinträchtigung davon auszugehen sei, dass die wechselseitigen Abweichungen zumindest gleichwertig seien.

Der Beigeladene hat mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. Oktober 2014 seine anwaltliche Vertretung anzeigen lassen, jedoch keinen Antrag gestellt.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2014 ließ die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten auf die Antragserwiderung replizieren. Die Antragstellerin habe Klage gegen den Baugenehmigungsbescheid mit dem Az. ... erhoben, der gegenüber dem Bauherrn mit Datum vom ... August 2014 und gegenüber der Antragstellerin mit Datum vom ... August 2014 ergangen sei. Das Rücksichtnahmegebot bzw. § 15 BauNVO gehörten dem Bauplanungsrecht an und seien somit auch im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen. Der Antragstellerin sei nicht bekannt, dass das Wohnzimmer ihres Hauses, dessen einzige Fenster durch den streitgegenständlichen Bau eingemauert werden sollten, als Arbeitszimmer genehmigt sei. Zumindest die Voreigentümer hätten diesen Raum auch als Wohnzimmer genutzt. Selbst wenn dies der Fall wäre, stelle eine 6 Meter hohe Fassade und ein Dach mit einer Firsthöhe von 10 Metern auch bei einem Arbeitszimmer einen Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot dar, insbesondere, weil vom Beigeladenen ursprünglich eine alternative Planung angeboten worden sei. Außerdem seien in dem streitgegenständlichen Baugenehmigungsverfahren mehrere Befreiungen nach § 31 BauGB erteilt worden. Auch diese seien im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu prüfen. Gerade durch die kumulativen Befreiungen sei mehrfach gegen das Abstandsflächenrecht verstoßen und zudem das Gebot der Rücksichtnahme weiter verletzt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten, auch in den Verfahren M 11 K 14.4152, M 11 K 14.4324 und M 11 K 14.4199 sowie auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Der Antrag nach § 80a Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist zulässig, aber unbegründet.

1. Der Antrag ist zulässig. Eine zulässige, insbesondere fristgerechte Klage, deren aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte, ist von der Antragstellerin erhoben worden. Die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin überspannt die Anforderungen, die an die ausreichend bestimmte Bezeichnung des Klagegegenstands, insbesondere bei Klageerhebung durch eine anwaltlich nicht vertretene Partei, zu stellen sind. Die Klageerhebung (Verfahren M 11 K 14.4152) mit Schreiben der Antragstellerin vom 12. September 2014, beim Gericht eingegangen am selben Tag, richtet sich ohne vernünftige Zweifel gegen den Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin vom ... August 2014. Zwar hat die Antragstellerin diesen Bescheid fälschlicherweise als Bescheid vom ... August 2014 bezeichnet. Das geschah jedoch offensichtlich deswegen, weil ihr ausweislich der Behördenakte der Antragsgegnerin diese Baugenehmigung an den damaligen Bauherrn mit einem an sie adressierten vorgeschalteten Übersendungsschreiben datierend gerade vom 11. August 2014 übersandt wurde. Sie hat außerdem den entsprechenden Bescheid als Anlage der Klageerhebung beigefügt, wobei auffällt, dass dieser Bescheid vom ... September 2014 datiert. Wodurch sich dieses Datum - ein entsprechender Bescheid datierend vom ... September 2014 findet sich in der allerdings leider nicht nummerierten Behördenakte der Antragsgegnerin überhaupt nicht - erklären lässt, ist letztlich unerheblich. Denn jedenfalls ist dieser Bescheid, dessen falsches Datum möglicherweise auf einem Ausdruck aus einer elektronischen Datei resultiert, bei der das Datum automatisch nachgehalten wird, inhaltsgleich mit dem in der Behördenakte vorzufindenden Bescheid vom ... August 2014. Deswegen, wegen des Übersendungsschreibens vom ... August 2014 und wegen der in der Behördenakte vorzufindenden Postzustellungsurkunde an die Antragstellerin datierend vom 13. August 2014 unterliegt es keinen vernünftigen Zweifeln, dass der streitgegenständliche Baugenehmigungsbescheid vom ... August 2014 der Antragstellerin am 13. August 2014 zuging, weswegen eine Klageerhebung per Telefax am 12. September 2014 ohne weiteres die Klagefrist aus § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO wahrt.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 212a Abs. 1 BauGB hat die Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Jedoch kann das Gericht der Hauptsache gemäß § 80a Abs. 3 Satz 1, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die Aussetzung der Vollziehung anordnen. Hierbei kommt es auf eine Abwägung der Interessen des Bauherrn an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung mit den Interessen des Dritten, keine vollendeten, nur schwer wieder rückgängig zu machenden Tatsachen entstehen zu lassen, an.

Im Regelfall ist es unbillig, einem Bauwilligen die Nutzung seines Eigentums durch Gebrauch der ihm erteilten Baugenehmigung zu verwehren, wenn eine dem summarischen Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entsprechende vorläufige Prüfung des Rechtsbehelfs ergibt, dass dieser letztlich erfolglos bleiben wird. Ist demgegenüber der Rechtsbehelf offensichtlich begründet, so überwiegt das Interesse des Antragstellers. Sind die Erfolgsaussichten offen, so kommt es darauf an, ob das Interesse eines Beteiligten es verlangt, dass die Betroffenen sich so behandeln lassen müssen, als ob der Verwaltungsakt bereits unanfechtbar sei. Bei der Abwägung ist den Belangen der Betroffenen umso mehr Gewicht beizumessen, je stärker und je irreparabler der Eingriff in ihre Rechte wäre (BVerfG, Beschluss v. 18.7.1973 - 1 BvR 155/73 -, 1 BvR 23/73 -, BVerfGE 35, 382; zur Bewertung der Interessenlage vgl. auch BayVGH, Beschluss v. 14.1.1991 - 14 CS 90.3166 -, BayVBl 1991, 275).

Die im Eilverfahren auch ohne Durchführung eines Augenscheins mögliche Überprüfung der Angelegenheit anhand der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Behördenakten samt Plänen ergibt, dass die Klage der Antragstellerin in der Hauptsache aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben wird.

Zu berücksichtigen ist im vorliegenden Fall, dass Nachbarn - wie sich aus § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergibt - eine Baugenehmigung nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiv öffentlichen Recht verletzt werden. Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Eine baurechtliche Nachbarklage kann allerdings auch dann Erfolg haben, wenn ein Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (BVerwG, Urteil v. 25.2.1977 - 4 C 22.75 -, BVerwGE 52, 122).

Vorliegend verletzt die angefochtene Baugenehmigung die Antragstellerin voraussichtlich nicht in ihren Rechten.

Weder fehlt es der Baugenehmigung einschließlich der Tekturgenehmigung vom ... August 2014 wegen einer vom Bevollmächtigten der Antragstellerin geltend gemachten „erdrückenden Wirkung“ an der gebotenen Rücksichtnahme auf das Grundstück der Antragstellerin (nachfolgend 2.1). Noch ergibt sich aus den von der Antragsgegnerin erteilten Befreiungen eine Verletzung der Antragstellerin in Nachbarrechten (nachfolgend 2.2). Dies gilt sowohl bei einer einzelnen Betrachtung der jeweiligen Befreiungen als auch bei der vom Bevollmächtigten der Antragstellerin reklamierten kumulativen Betrachtung der erteilten Befreiungen. Schließlich verletzt die Baugenehmigung die Antragstellerin auch nicht in sonstigen (nachbarschützenden) Rechten (nachfolgend 2.3).

2.1 Das Vorhaben verstößt nicht gegen die Antragstellerin schützende Vorschriften des Bauplanungsrechts, insbesondere unter dem Gesichtspunkt des vom Bevollmächtigten der Antragstellerin geltend gemachten Verstoßes gegen das Maß der baulichen Nutzung als Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot in Gestalt einer geltend gemachten „einmauernden Wirkung“.

Rechtsgrundlage für die Erteilung der Baugenehmigung ist Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO. Danach hat der Beigeladene einen Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Eine Verletzung drittschützender Normen kommt nur insoweit in Betracht, als die Feststellungswirkung der hier erteilten Baugenehmigung reicht (BayVGH, B.v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 -, juris Rn. 22). Im vorliegenden Fall ist der Prüfungsumfang gem. Art. 59 BayBO beschränkt, da es sich bei dem genehmigten Gebäude des Beigeladenen um keinen Sonderbau i. S. d. Art. 2 Abs. 4 BayBO handelt.

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit beurteilt sich hier gemäß § 29 Abs. 1 BauGB nach § 30 BauGB. Der insoweit maßgebliche Bebauungsplan der Antragsgegnerin enthält neben Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung, die wegen der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets bei Wohnnutzung sowohl durch die Antragstellerin wie durch den Beigeladenen nicht verletzt sind, auch Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (A. Festsetzungen durch Planzeichen sowie B. 2., ergänzend die Festsetzungen im Vorgänger-Bebauungsplan von 1976). Die Antragstellerin wird jedoch durch die streitgegenständliche Baugenehmigung insofern nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt. Anders als bei der Festsetzung der Nutzungsart haben Festsetzungen hinsichtlich des Maßes der baulichen grundsätzlich bereits keine nachbarschützende Funktion (vgl. statt vieler BVerwG, B.v. 23.06.1995 - 4 B 52/95 -, juris Rn. 4; BayVGH, B. v. 05.03.2010 - 2 ZB 07.788 -, juris Rn. 3). Denn solche Abweichungen bewirken keine „schleichende Verfremdung“ des Baugebiets. Sie lassen in der Regel vielmehr den Gebietscharakter unberührt und haben nur Auswirkungen auf das Baugrundstück und die unmittelbar anschließenden Nachbargrundstücke. Dabei besteht hier auch kein Anhaltspunkt dafür, dass die Maßfestsetzungen im einschlägigen Bebauungsplan der Antragsgegnerin ausnahmsweise drittschützende Wirkung haben sollen. Vielmehr handelt es sich um planerische Festsetzungen der Gemeinde in städtebaulicher Hinsicht.

Das Bauvorhaben ist auch nicht rücksichtslos. Das Gebot der Rücksichtnahme findet in qualifiziert beplanten Bereichen nach § 30 Abs. 1 BauGB über § 15 Abs. 1 BauNVO bzw. bei der Gewährung von Befreiungen bezüglich nicht nachbarschützender Vorschriften (hierzu sogleich unten 2.2) gemäß § 31 Abs. 2 BauGB über das Tatbestandsmerkmal der „Würdigung nachbarlicher Interessen“ Eingang in die bauplanungsrechtliche Prüfung. Es soll dabei einen angemessenen Interessenausgleich gewährleisten und vermittelt insofern Drittschutz, als die Baugenehmigungsbehörde hierdurch gezwungen wird, in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Belange eines erkennbar abgrenzbaren Kreises Dritter zu achten. Die insofern vorzunehmende Interessenabwägung hat sich daran zu orientieren, was dem Rücksichtnahmebegünstigten und dem Rücksichtnahmeverpflichteten jeweils nach Lage der Dinge zuzumuten ist, was sich nach der jeweiligen Situation der benachbarten Grundstücke beurteilt. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung des Rücksichtnahmeberechtigten ist, desto mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die Interessen des Bauherrn sind, die er mit dem Vorhaben verfolgt, desto weniger muss er Rücksicht nehmen (BayVGH, B. v. 24.3.2009 - 14 CS 08.3017 -, juris Rn. 40). Das Gebot der Rücksichtnahme gibt dem Nachbarn jedoch nicht das Recht, von jeglicher Beeinträchtigung, insbesondere von jeglicher Verschlechterung verschont zu bleiben. Eine Rechtsverletzung kann erst bejaht werden, wenn von dem Vorhaben eine unzumutbare Beeinträchtigung ausgeht. Ob dies der Fall ist, ist im Wege einer Gesamtschau, die den konkreten Einzelfall in den Blick nimmt, zu ermitteln. Das Gebot der Rücksichtnahme soll dabei einen angemessenen Interessenausgleich gewähren.

Daran gemessen dürfte hier nichts dafür sprechen, dass eine Verletzung des planungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots aufgrund der „Dimensionierung“ des Gebäudes, d. h. aufgrund seiner Höhe unter dem Gesichtspunkt der sogenannten „erdrückenden Wirkung“ gegeben ist.

Zunächst ist in die Abwägung einzustellen, dass die landesrechtlichen Vorschriften über die Grenzabstände, die eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung von Nachbargrundstücken sowie einen ausreichenden Sozialabstand sicherstellen sollen, eingehalten sind. Dass das der Fall ist, ergibt sich, obwohl es nicht zum Prüfprogramm des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gehört, aus den Darstellungen in den genehmigten Plänen und wird von der Antragstellerin auch nicht bestritten. Das bedeutet zwar nicht, dass damit von einem solchen Bauvorhaben in keinem Fall eine erdrückende Wirkung ausgehen kann. Jedoch spricht die Einhaltung der landesrechtlich verlangten Abstandsfläche regelmäßig indiziell dafür, dass eine „erdrückende Wirkung“ oder „unzumutbare Verschattung“ nicht eintritt (BVerwG, B. v. 11.1.1999 - 4 B 128.98 -, NVwZ 1999, 879; BayVGH, B. v. 15.3.2011 - 15 CS 11.9 -, juris Rn. 32; Beschluss v. 15.9.2008 - 15 CS 08.2123 -, juris). Eine sogenannte „erdrückende Wirkung“ wird in der Rechtsprechung ausnahmsweise insbesondere dann diskutiert, wenn es sich um sogenannte übergroße Baukörper in unmittelbarer Nähe zu Wohngebäuden handelt (BayVGH, B.v. 16.10.2012 - 15 ZB 11.1016 -, juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 25.10.2010 - 15 CS 10.1950 -, juris Rn. 11; BVerwG, U.v. 13.3.1981 - 4 C 1/78 -, DVBl 1981, 928 = juris Rn. 34). Das ist hier zwar nicht der Fall, da das Vorhaben des Beigeladenen mit geringfügig unter 6 Metern und 10 Metern Firsthöhe noch keinen in diesem Sinne „übergroßen“ Baukörper darstellt. Jedoch würde bei bloßer Betrachtung des Abstandes der jeweiligen Vorhaben von 4,22 m und der Höhenentwicklung des Vorhabens des Beigeladenen ausweislich der genehmigten Pläne zumindest ein Fall, der den Fällen einer „erdrückenden Wirkung“ bei übergroßen Gebäuden trotz Einhaltung der landesrechtlich geforderten Abstandsflächen zumindest näherungsweise vergleichbar wäre, nicht fernliegen.

Solches kommt jedoch aus einem anderen Gesichtspunkt hier von vornherein nicht in Betracht. Denn die vorliegende, für die Antragstellerin praktisch sicherlich mit deutlichen Einschränkungen verbundene Situation ist gerade nicht dem streitgegenständlichen Vorhaben, sondern zumindest ganz überwiegend dem Vorhaben der Antragstellerin selbst zuzuschreiben. Denn während das streitgegenständliche Vorhaben die landesrechtlich geforderten Abstandsflächen einhält, hält das Vorhaben der Antragstellerin an ihrer Westseite, d. h. gerade in dem Bereich, der von ihr als unzumutbar eingeschränkt reklamiert wird, die landesrechtlich geforderten Abstandsflächen gerade nicht ein. Das ergibt sich näherungsweise bereits aus den bei den Behördenakten befindlichen Lageplänen, eindeutig geht dies jedoch aus der von der Antragsgegnerin vorgelegten zugunsten des Grundstücks der Antragstellerin erteilten Tekturgenehmigung vom ... November 2002 samt den dazugehörigen genehmigten Plänen hervor. Danach hält das Vorhaben auf dem Grundstück der Antragstellerin auf dessen Westseite, d. h. auf der Ostseite des streitgegenständlichen Vorhabens die Mindestabstandsfläche über eine Länge von 9 m deutlich, nämlich um 1,78 m, nicht ein. Während der nordwestliche Anbau am Vorhaben auf dem Grundstück der Antragstellerin, der grenzständig errichtet ist, über eine Länge von 5,82 m durch eine Abstandsflächenübernahme auf das Vorhabengrundstück gesichert ist, gibt es für die eben erwähnte Fortführung des Vorhabens in südlicher Richtung über die 9 m, in denen die Mindestabstandsfläche von 3 m deutlich unterschritten wird, aus den Akten ersichtlich keinerlei Abstandsflächenübernahme. Erst ab dem angebauten Wintergarten hält das Vorhaben auf dem Grundstück der Antragstellerin dann den Mindestabstand von 3 m wieder ein.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass es im nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis regelmäßig unbillig ist, einen Nachbarn dem mit einer die Abstandsflächen unterschreitenden Bebauung des anderen Nachbarn verbundenen Nachteil auszusetzen, ihm selbst aber eine vergleichbare Ausnutzung seines Grundstücks zu verwehren (BayVGH, U. v. 4.2.2011 - 1 BV 08.131 -, juris Rn. 37; Sächsisches OVG, B. v. 3.3.2010 - 1 B 23/10 -, juris Rn. 7; Urteil v. 17.7.2003 - 1 B 438/01 -, juris Rn. 41; VGH Baden-Württemberg, U. v. 18.11.2002 - 3 S 882/02 -, juris Rn. 25 m. w. N.). Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob eine derartige Bebauung nach früheren Gesetzesfassungen zulässig gewesen wäre, was hier jedoch ohnehin nicht der Fall ist. Ebenso wenig reicht für sich genommen der Hinweis auf das Alter eines Gebäudes aus.

Unter Zugrundelegung dieses auf die nach Treu und Glauben unzulässige Rechtsausübung gestützten Einwands (§ 242 BGB) kann die Antragstellerin entgegen ihrem Vorbringen die geltend gemachte geringe Entfernung zwischen ihrem und dem streitgegenständlichen Vorhaben in keinem Fall geltend machen. Während die dargestellte Rechtsprechung diese Rechtsfolge sogar dann annimmt, wenn gegenseitige Abstandsflächenrechtsverletzungen vorliegen, ist hier der Fall noch eindeutiger. Denn das Vorhaben auf dem Grundstück des Beigeladenen hält sogar die Abstandsflächen ein, d. h. der Abstandsflächenrechtsverstoß liegt hier einseitig bei der Antragstellerin. In dieser Situation ist es der Antragstellerin verwehrt, das streitgegenständliche Vorhaben unter Verweis auf das heranrückende höhere Gebäude und eine damit verbundene „erdrückende Wirkung“ abzuwehren. Denn für den geringen Abstand der Vorhaben ist nicht in erster Linie der Beigeladene, sondern in erster Linie das Vorhaben auf ihrem Grundstück selbst verantwortlich. Zudem kann sie nicht dem Beigeladenen das verwehren, was sie ihm gegenüber selbst in Anspruch nimmt.

2.2 Auch unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin erteilten Befreiungen ergibt sich nichts anderes.

Das schon deshalb nicht, weil auch unter Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin auf der Grundlage von § 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB erteilten Befreiungen sich an der soeben dargestellten Grundstücks- bzw. Vorhabensituation unter Berücksichtigung des nachbarschaftlichen Gemeinschaftsverhältnisses und der daraus folgenden Beschränkungen der Rechtsausübung nichts anderes ergibt. Denn auch die erteilten Befreiungen ändern nichts daran, dass für die Gesamtsituation die Hauptverantwortung bei der Antragstellerin liegt.

Unabhängig davon liegt auch durch die von der Antragsgegnerin erteilten Befreiungen keine Verletzung der Antragstellerin in ihren subjektiven öffentlichen Rechten vor. Durch die Befreiungen hinsichtlich der Firstrichtung, der Baugrenzenüberschreitung und der Dachneigung werden keine nachbarschützenden Rechte verletzt.

Der Nachbarrechtsschutz bei der Erteilung einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gemäß § 31 Abs. 2 BauGB hängt davon ab, ob die Festsetzungen, von deren Einhaltung dispensiert wird, dem Nachbarschutz dienen oder nicht. Bei einer erfolgten Befreiung von einer Festsetzung, die „nur“ dem Interesse der Allgemeinheit an einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung dient, richtet sich der Nachbarschutz nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots. Nachbarrechte werden in diesem Fall nur verletzt, wenn der Nachbar durch das Vorhaben infolge der zu Unrecht erteilten Befreiung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, U. v. 19.9.1986 - 4 C 8/84-, juris Rn. NVwZ 1987, 409 = BayVBl 1987, 151; B. v. 8.7.1998 - 4 B 64/98 -, juris Rn. 5f.). Vorliegend handelt es sich bei den Festsetzungen, von denen befreit wurde, nur um im Interesse der Allgemeinheit getroffene Festsetzungen.

Die Befreiung von einer vorgegebenen Firstrichtung ist grundsätzlich nicht drittschützend (vgl. VG München, U. v. 24.5.2012 - M 11 K 11.3522 -, juris Rn. 17 und 20; VG Ansbach, B. v. 6.6.2011 - AN 9 K 11.01011, AN 9 S AN 9 S 11.01003 -, Juris Rn. 21 m. w. N.). Dazu kommt noch, dass nicht ersichtlich ist, warum die Befreiung von der durch den Bebauungsplan vorgegebenen Firstrichtung hier nicht rechtmäßig sein sollte. Hierbei durfte die Antragsgegnerin ohne weiteres berücksichtigen, dass inzwischen - anders als bei Inkrafttreten des ursprünglichen Bebauungsplans aus den 1970iger Jahren - die Grundstückszuschnitte völlig andere sind und das Vorhabensgrundstück sonst kaum noch sinnvoll bebaubar wäre.

Auch die Befreiung hinsichtlich der Baugrenzen führt nicht zu einer Rechtsverletzung der Antragstellerin. Festsetzungen zu Baugrenzen sind nach der ganz überwiegenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur nicht drittschützend (BayVGH, Urteil v. 29.2.2012 - 9 B 09.2502 -, Juris; VG Ansbach, Urteil v. 14.5.2014 - Au 4 K 13.1143 -, juris Rn. 37 m. w. N.; in einer Konstellation wie der vorliegenden würde jedoch auch der VGH Baden-Württemberg, der soweit ersichtlich als einziges Obergericht anderes vertritt, nicht zur Bejahung von Nachbarschutz kommen, vgl. U. v. 26.1.2012 - 5 S 2233/11 -, NVwZ-RR 2012, 500). Ebenfalls ist, davon abgesehen, dass eine Nachbarrechtsverletzung nicht begründet werden kann, nicht zu erkennen, warum die Gewährung der Baugrenzenüberschreitung rechtswidrig sein sollte.

Auch Festsetzungen über die Dachneigung sind im Allgemeinen rein städtebaulicher Natur und haben deshalb regelmäßig keine nachbarschützende Wirkung (vgl. BayVGH, B. v. 10.1.2000 - 27 ZB 97.1931 -, juris Rn. 3), so dass auch insofern keine Befreiung von einer nachbarschützenden Vorschrift vorliegt. Dass hier ausnahmsweise anderes gelten sollte, ist nicht ersichtlich.

Danach handelt es sich sämtlich um Befreiungen von nicht nachbarschützenden Vorschriften. Eine dann noch zu prüfende Beeinträchtigung nach den Grundsätzen des Rücksichtnahmegebots ergibt, wie oben unter 2.1 gezeigt, keine Nachbarrechtsverletzung.

Schließlich gilt auch hinsichtlich der erteilten Befreiungen mit Ausnahme der Befreiung von der vorgesehenen Firstrichtung, dass einem Sich-Berufen der Antragstellerin entgegensteht, dass für das Vorhaben auf ihrem Grundstück selbst ausweislich des Tekturbescheids vom ... November 2002 (dort Seite 3 III, Nrn. 1-3) ebenfalls Befreiungen hinsichtlich der Baugrenzenüberschreitung - ebenfalls im Süden sowie im Norden - und bezüglich der Dachneigung erteilt wurden.

Auch eine Kombination der Lage der Vorhaben und der „kumulierten“ Befreiungen führt, anders als der Bevollmächtigte der Antragstellerin meint, nicht zu einer Rücksichtslosigkeit des Vorhabens.

Dies schon deshalb nicht, da mehrere für sich genommen unbedenkliche, keine Nachbarrechte verletzende sowie voraussichtlich rechtmäßige Befreiungen zusammengenommen nicht ohne weiteres rechtswidrig werden können.

Selbst wenn dies aber in besonderen Konstellationen der Fall sein könnte, steht dem hier wie oben ausgeführt entgegen, dass an der grundlegenden, für die Antragstellerin missliche Situation ihr Vorhaben selbst hauptverantwortlich ist. Daran können auch die vom Bevollmächtigten der Antragstellerin angestellten fiktiven Berechnungen - beispielsweise was wäre wenn die Firstrichtung so wäre wie im Bebauungsplan vorgesehen und ähnliches - nichts ändern. Denn auch insofern ändert sich an dem Befund, dass das streitgegenständliche Vorhaben anders als das Vorhaben auf dem Grundstück der Antragstellerin die Abstandsflächen einhält und nicht rücksichtslos ist, nichts.

Nach alledem kommt es nicht mehr entscheidend darauf an, worauf jedoch die Bevollmächtigte der Antragsgegnerin zu Recht hinweist, dass die Räume auf der Westseite des Gebäudes der Antragstellerin, welche diese als besonders schutzwürdig und für sie schutzbegründend in den Vordergrund stellt, ausweislich der genehmigten Pläne zum Tekturbescheid vom ... November 2002 tatsächlich nicht als Wohnräume, sondern als Büroraum 2 sowie als privater Arbeitsraum genehmigt sind. Da diese Räume unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerin offenbar planabweichend genutzt werden, würde sich die Schutzwürdigkeit dieser Räume zumindest vermindern im Hinblick auf die geltend gemachte „erdrückende Wirkung“, da entsprechendes Heranrücken einhergehend mit größerer Verschattung bei privat genutzten Aufenthaltsräumen in der Regel mehr Schutzbedürftigkeit auslösen dürften als bei Büro- oder Arbeitsräumen. Da es aber ohnehin bereits an einer entsprechenden Rücksichtslosigkeit des Vorhabens fehlt, kommt es hierauf nicht mehr entscheidend an.

2.3 Auch sonstige Umstände stehen der streitgegenständlichen Baugenehmigung voraussichtlich nicht entgegen.

Soweit vom Bevollmächtigten der Antragstellerin geltend gemacht wird, dass sich aus den „kumulierten“ Befreiungen ein tatsächlicher Abstandsflächenverstoß ergeben würde, ist auf zweierlei hinzuweisen:

Die insofern angestellten fiktiven Betrachtungsweisen, die der Bevollmächtigte der Antragstellerin anstellt, überzeugen bereits in der Sache nicht.

Außerdem kann ein Abstandsflächenverstoß gegen die vorliegende Baugenehmigung - abgesehen davon, dass ein solcher nicht vorliegt - ohnehin nicht geltend gemacht werden, da die Abstandsflächen im vereinfachten Prüfprogramm nach Art. 59 Satz 1 BayBO nicht enthalten sind. Die Wirkung von Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 BayBO tritt nicht schon deswegen ein, weil in den genehmigten Plänen die Abstandsflächen dargestellt sind.

Auch aus dem Gesichtspunkt, dass Beigeladener und Antragsgegnerin nach dem Vorbringen des Bevollmächtigten der Antragstellerin eine für diese günstigere alternative Planung gehabt bzw. angeboten hätten, ergibt sich nichts anderes. Denn die baurechtliche Prüfung ist - im Gegensatz zum Planfeststellungsrecht mit seiner aus dem Abwägungsgebot als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsprinzips eröffneten Alternativenprüfung - an das aus dem Bauantrag ersichtliche Vorhaben gebunden. Wenn feststeht, dass eine beantragte Wohnbebauung an dem vom Bauherrn gewählten Standort Rechte des Nachbarn nicht verletzt, kann dieser die Baugenehmigung nicht durch einen Hinweis auf seines Erachtens besser geeignete Alternativstandorte zu Fall bringen (BVerwG, B. v. 26.6.1997 - 4 B 97/97 -, juris Rn. 6).

Eine eigenständige Rechtsverletzung durch die mit der Klage im Verfahren M 11 K 14.4324 angegriffene Tekturgenehmigung vom ... August 2014 ist weder ersichtlich noch von Antragstellerseite vorgetragen. Daher kommt auch insofern die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gleichsam isoliert nicht in Betracht.

Nach alledem ist der Antrag abzulehnen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, 3 Halbsatz 1 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene trägt seine Kosten billigerweise selbst, da er keinen Antrag gestellt und sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs.2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2003, Beilage 2, dort Nrn. 9.1.7 sowie 1.5).

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. März 2015 - M 11 SN 14.4578

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. März 2015 - M 11 SN 14.4578

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. März 2015 - M 11 SN 14.4578 zitiert 15 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 242 Leistung nach Treu und Glauben


Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 74


(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erho

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80a


(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde 1. auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,2. auf Ant

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baugesetzbuch - BBauG | § 212a Entfall der aufschiebenden Wirkung


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung. (2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absa

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Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. März 2015 - M 11 SN 14.4578 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Beschluss, 26. März 2015 - M 11 SN 14.4578 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Jan. 2012 - 5 S 2233/11

bei uns veröffentlicht am 26.01.2012

Tenor Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Die Klägerin wendet sich gegen die der

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(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Die Anfechtungsklage muß innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids erhoben werden. Ist nach § 68 ein Widerspruchsbescheid nicht erforderlich, so muß die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens haben keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Geltendmachung des Kostenerstattungsbetrags nach § 135a Absatz 3 sowie des Ausgleichsbetrags nach § 154 durch die Gemeinde haben keine aufschiebende Wirkung.

(1) Legt ein Dritter einen Rechtsbehelf gegen den an einen anderen gerichteten, diesen begünstigenden Verwaltungsakt ein, kann die Behörde

1.
auf Antrag des Begünstigten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen,
2.
auf Antrag des Dritten nach § 80 Abs. 4 die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen.

(2) Legt ein Betroffener gegen einen an ihn gerichteten belastenden Verwaltungsakt, der einen Dritten begünstigt, einen Rechtsbehelf ein, kann die Behörde auf Antrag des Dritten nach § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 die sofortige Vollziehung anordnen.

(3) Das Gericht kann auf Antrag Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 ändern oder aufheben oder solche Maßnahmen treffen. § 80 Abs. 5 bis 8 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für eine bereits errichtete Werbetafel.
Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Flst. Nr. 12359 (... Straße 11) der Gemarkung Karlsruhe, auf dem eine Tankstelle betrieben wird. Die Tankstelle wird von der ... Straße aus angefahren; auf dem Tankstellengrundstück befinden sich - in unmittelbarem Anschluss an die Straßenfläche - u.a der Einfahrtspfeil zur Tankstelle und das Preisschild.
Am 30.07.2008 beantragte die Beigeladene bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer beleuchteten Werbeanlage auf dem benachbarten - nördlich an das Tankstellengrundstück angrenzenden - Grundstück Flst. Nr. 981/1 (...ring 12), das sowohl vom ...ring her als auch - auf seiner Südostseite - von der ... Straße her erschlossen ist und an diese angrenzt. Bei der Werbeanlage handelt sich um eine sog. Mega-Light-Wechsleranlage mit den Abmessungen 3806 X 2846 mm, die in einer Höhe von ca. 2,5 m auf einem Monofuß errichtet werden soll. Sie bietet Raum für großflächige, hinterleuchtete Plakate im Format 18/1 (9 qm). Als Standort der Anlage ist in den Genehmigungsunterlagen die äußerste südöstlichste Ecke des Grundstücks Flst. Nr. 981/1, unmittelbar an der Grundstücksgrenze zum Tankstellengrundstück der Klägerin und zur ... Straße hin, vorgesehen.
Sowohl das Baugrundstück als auch das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 476 „Kirchfeld“ der ehemals selbständigen Gemeinde ... in der Fassung vom 19.03.1963, der im betreffenden Bereich ein Gewerbegebiet festsetzt. Nach § 2 des Satzungstextes zum Gewerbegebiet gilt für die „Einhaltung der Baulinien und der hinteren Baugrenze der am 07.03.1961 gefertigte Fluchtlinienplan“, welcher in Bezug auf das Baugrundstück Flst. Nr. 981/1 eine „hintere Bauflucht (Baugrenze für Wohn- und Nebengebäude)“ festsetzt. Nach § 5 des Satzungstextes zum Gewerbegebiet darf „der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten“.
Mit Bescheid vom 29.10.2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung zunächst mit der Begründung ab, dem Vorhaben stünden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 476 „Kirchfeld“ entgegen, weil die Werbeanlage deutlich vor der Baugrenze errichtet werden solle und dort auch nicht ausnahmsweise zugelassen werden könne. Außerdem führe sie zu einer bauordnungsrechtlichen Verunstaltung. Gegen diesen Bescheid erhob die Beigeladene am 06.11.2008 Widerspruch und errichtete die Werbeanlage an dem beantragten Standort. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 15.07.2009 half die Beklagte dem Widerspruch ab und erteilte die begehrte Baugenehmigung. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Werbeanlage nach § 6 Abs. 6 Ziffer 2 LBO in der Abstandsfläche zulässig sei, da sie zwar eine Höhe von 2,5 m überschreite, die fiktive Wandfläche jedoch unterschreite, mithin nicht beide Maße kumulativ überschritten seien. Infolgedessen könne die Anlage gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO auch auf nichtüberbaubaren Grundstücksflächen zugelassen werden. Der der Behörde in dieser Vorschrift eingeräumte Ermessensspielraum sei hier aufgrund der in der näheren Umgebung anzutreffenden Nutzungen außerhalb des festgesetzten Baubereichs deutlich reduziert.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.08.2009 Widerspruch. Zur Begründung bezog sie sich zunächst auf die ihrer Ansicht nach richtigen Ausführungen der Beklagten in dem Ablehnungsbescheid vom 29.10.2008. Zu der im Bescheid vom 15.07.2009 gegebenen Begründung führte sie ergänzend aus, die Werbeanlage sei schon bauordnungsrechtlich nicht zulässig, weil sie als einzige kommerzielle Werbeanlage dieser Größe am konkreten Standort verunstaltend wirke. Mit in der Umgebung vorhandenen Werbeanlagen sei sie nicht vergleichbar. Aus diesem Grunde sei auch die bauplanungsrechtliche Argumentation der Beklagten nicht überzeugend. Mit Bescheid vom 25.03.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch zurück. Zwar überschreite die Werbeanlage die im Bebauungsplan festgelegte (vordere) Baugrenze; diese Baugrenze vermittle der Klägerin aber keinen Nachbarschutz. Im Übrigen sei der Verstoß durch die erteilte Befreiung gem. § 31 Abs. 2 BauGB geheilt. Die Befreiungsvoraussetzungen lägen vor; nachbarliche Interessen der Klägerin würden nicht beeinträchtigt, insbesondere sei nicht davon auszugehen, dass die Werbeanlage zu einer übermäßigen Behinderung der Sicht auf die Tankstelle führe. Die Vorschriften des Baugestaltungsrechts hätten ebenfalls keine nachbarschützende Wirkung; bauordnungsrechtliche Abstandsvorschriften seien nicht verletzt.
Am 26.04.2010 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, die Werbeanlage sei bauplanungsrechtlich unzulässig, da sie sich außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenze befinde. Eine Genehmigung habe nicht ausnahmsweise gem. § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO erteilt werden dürfen. Die Beklagte sei zu Unrecht von einer Ermessensreduzierung auf null ausgegangen. Die von der Beklagten in diesem Zusammenhang angeführten Vergleichsfälle seien mit der in Rede stehenden Werbetafel nicht vergleichbar. Da die Vorschrift des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO eine nachbarschützende Komponente enthalte, könne eine fehlerhafte Ermessensentscheidung vom Nachbarn auch dann gerügt werden, wenn die jeweilige Festsetzung der Baugrenze im Bebauungsplan selbst nicht nachbarschützend sei. Vorliegend habe auch die vordere Baugrenze drittschützenden Charakter, da mit ihrer Festsetzung eine aufgelockerte Bauweise gewährleistet werden solle, die auch den Nachbarn zugutekomme. Ferner verstoße die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung gegen das baurechtliche Rücksichtnahmegebot nach § 15 Abs. 1 BauNVO. Die Klägerin sei als unmittelbare Angrenzerin besonders von der Anlage betroffen. Die großen Werbeplakate wirkten vom Grundstück der Klägerin aus wie eine Wand und versperrten die Sicht auf die Vorgärten. Diese störende und aufdringliche Wirkung werde dadurch verstärkt, dass die Werbeplakate rollierten und nachts beleuchtet seien. Die Werbeanlage sei bauordnungsrechtlich unzulässig. Sie verunstalte die Umgebung und verstoße gegen §11 Abs. 1 LBO. Die bunten Werbeschilder zerstörten den ansonsten ruhigen Eindruck der Umgebung, die einem Wohngebiet entspreche. Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide verwiesen.
Mit Urteil vom 12.04.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Es hat sein Urteil wie folgt begründet: Die in Streit stehende Werbetafel verletze keine nachbarschützenden Bestimmungen des Bauordnungsrechts. § 5 Abs. 1 LBO finde aufgrund der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO normierten Privilegierung keine Anwendung. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien erfüllt. Bei der Werbetafel handele es sich auch landesrechtlich um eine bauliche Anlage (§ 2 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LBO), die kein Gebäude sei (§ 2 Abs. 2 LBO). Zwar solle sie höher als 2,5 m ausgeführt werden, ihre Wandfläche betrage aber - selbst bei Berücksichtigung des Monofußes - nicht mehr als 25 qm. Für die Berechnung sei lediglich die tatsächlich vorhandene Wandfläche maßgeblich. Eine fiktive Fläche, die sich unter Berücksichtigung des Luftraumes unter der eigentlichen Fläche des Monofußes ergebe, sei nicht zu berechnen. Dahinstehen könne, ob dem Vorhaben das Verunstaltungsverbot des § 11 LBO entgegen stehe, da es sich insoweit nicht um eine drittschützende Vorschrift handele. Die Werbeanlage verstoße auch nicht gegen drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Maßgeblich für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit seien die Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 476 „Kirchfeld“. Aufgrund der dort ausgewiesenen Baugrenze sei die Werbeanlage an der Stelle, an der sich errichtet worden sei, grundsätzlich unzulässig; nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO könnten bauliche Anlagen jedoch auf nichtüberbaubaren Grundstücksflächen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig seien oder zugelassen werden könnten. Mit ihrer Ermessensentscheidung nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO habe die Beklagte hier eine Überschreitung der hinteren Baugrenze zugelassen, welche jedoch keine nachbarschützende Wirkung zugunsten der Klägerin entfalte. Aus den Festsetzungen des Bebauungsplans selbst ergäben sich keine Anhaltspunkte dahingehend, dass die Baugrenze den Interessen der Nachbarn zu dienen bestimmt sei; insbesondere die in § 15 der Satzung statuierte Genehmigungspflicht für Werbe-einrichtungen lasse diesen Schluss nicht zu. Baugrenzen oder Baulinien würden in der Regel nur aus städtebaulichen Gründen festgesetzt. Besondere Anhaltspunkte für eine nachbarschützende Wirkung ergäben sich regelmäßig nur hinsichtlich seitlicher Baugrenzen zugunsten des an derselben Grundstücksseite liegenden Nachbarn, weil durch die Festsetzung solcher Baugrenzen bei unmittelbar aneinander liegenden Grundstücken ein nachbarrechtliches Austauschverhältnis begründet werde, das zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichte. Diese Erwägungen gälten aber nicht für die hier in Rede stehende vordere, straßenseitige Baugrenze und zwar unabhängig davon, ob sie in dem Bebauungsplan zu Recht als „hintere“ Baugrenze deklariert werde. Es sei schließlich auch kein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme zu erkennen. Nach den Feststellungen der Kammer vor Ort beeinträchtige die Werbetafel das Grundstück der Klägerin nicht unzumutbar.
Mit Beschluss vom 04.08.2011 (5 S 1561/11) hat der Senat auf Antrag der Klägerin die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen, weil das Verwaltungsgericht die Vorschrift des § 5 des Bebauungsplans Nr. 46 „Kirchfeld“ (Gewerbegebiet), wonach der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten darf, ungeprüft gelassen habe und insofern ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung bestünden.
10 
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Klägerin vor: Zu Unrecht sei das Verwaltungsgericht zu der Auffassung gelangt, dass die Werbeanlage als bauliche Anlage nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO in der Abstandsfläche zulässig sei. Die Werbeanlage weise eine Gesamthöhe von 5,541 m auf und überschreite damit das in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO vorausgesetzte Höhenmaß von maximal 2,5 m. Zu Unrecht berufe sich das Verwaltungsgericht zur Begründung seiner Auffassung, nur eines der in der Vorschrift genannten Maße müsse erfüllt sein um die Werbeanlage zulassen zu können, auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 -. Es habe übersehen, dass diese Entscheidung zu § 5 Abs. 9 LBO a.F. und damit zu einer völlig anderen Fassung der Vorschrift ergangen sei. Nach § 5 Abs. 9 LBO a.F. seien bauliche Anlagen, die keine Gebäude seien, in der Abstandsfläche zulässig, wenn sie höher als 2,5 m seien und ihre Wandfläche mehr als 25 qm betrage. Die im vorliegenden Fall anzuwendende Vorschrift - § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO in der aktuellen Fassung - sei aber anders formuliert. Nach ihr seien bauliche Anlagen, die keine Gebäude seien, in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen nur zulässig, soweit sie nicht höher als 2,5 m seien oder ihre Wandfläche nicht mehr als 25 qm betrage. Durch die Einfügung des Wörtchens „soweit“ sei nunmehr eindeutig klargestellt, dass eine Genehmigung dann nicht in Betracht komme, wenn die bauliche Anlage - hier die streitgegenständliche Werbeanlage - entweder höher als 2,5 m sei oder eine größere Wandfläche als 25 qm aufweise. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts verletze das Vorhaben hier auch drittschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts. Der Bebauungsplan setze in § 6 (Gewerbegebiet) i.V.m. der Planzeichnung eine vordere Bauflucht (rot), eine hintere Bauflucht (blau) und eine Straßenflucht (schwarz) fest und treffe - in § 5 (Gewerbegebiet) - eine Regelung zum Bauwich. Lege man diese Regelungen nach dem Willen des Satzungsgebers im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung über den Plan aus, so komme man zu dem Ergebnis, dass er zwischen der roten vorderen Bauflucht und der Straßenflucht keine Bebauung habe zulassen wollen mit Ausnahme der Zapfsäulen der damals bereits vorhandenen Tankstelle. Gleichzeitig sollten im Bauwich überhaupt keine baulichen Anlagen errichtet werden dürfen. Genau aus diesem Grund sei auch festgesetzt (§ 6 Abs. 2 des Bebauungsplans - Gewerbegebiet -), dass Nebengebäude außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen nicht errichtet werden dürften. Der Satzungsgeber habe damit in der konkreten Situation gerade auch zum Schutze der Grundstücke Flst. Nrn. 981/1 und 991 eine Regelung zur Freihaltung von jeglicher Bebauung treffen wollen, zumal die Festlegung einer seitlichen Baugrenze mit Blick auf die vorhandene Bestandsbebauung auf den genannten Grundstücken nicht in Betracht gekommen sei. Das Verwaltungsgericht habe ferner nicht beachtet, dass die Klägerin richtigerweise eine Prüfung verlangen könne, ob die Regelungen des Bebauungsplans objektivrechtlich eingehalten seien. Die Beschränkung des Überprüfungsrechts auf sog. nachbarschützende Normen führe dazu, dass der rechtssuchende Bürger keinerlei Möglichkeit habe, dafür Sorge zu tragen, dass gesetzliche Bestimmungen auch tatsächlich eingehalten würden. Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 12.05.2011 - C-115/09 - hätte dem Verwaltungsgericht Veranlassung geben müssen, seine gegenteilige Rechtsauffassung zu überdenken. Dort habe der EuGH dargelegt, die Mitgliedstaaten müssten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicherstellen, dass auch objektive Rechtsverletzungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens geltend gemacht werden könnten. Schließlich habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht keine Verletzung des Rücksichtnahmegebots gesehen. Die Werbetafel sei deutlich höher als das Tankstellendach und nehme - besonders von der Straße aus - den Blick auf die Tankstelle. Zu berücksichtigen sei, dass es nicht um ein legitimes Interesse des Eigentümers des Grundstücks 981/1 gehe, wenn dort eine Werbetafel aufgestellt werde. Denn sie diene nicht dem Zweck, auf ein dort betriebenes Gewerbeunternehmen aufmerksam zu machen, sondern ausschließlich der Fremdwerbung. Fremdwerbung stehe aber in keinerlei Bezug zum Gewerbegebiet, wohingegen die Tankstelle diesen Bezug aufweise. Die Errichtung einer Hinweistafel auf die Tankstelle und die entsprechende werbliche Herausstellung des Tankstellendachs dienten folglich - anders als die streitgegenständliche Werbeanlage - ebenfalls der Zielsetzung des Gewerbegebiets. Aus diesem Grund sei die Werbeanlage nach der BauNVO 1962 zudem als solche überhaupt nicht zulässig. Denn weder handele es sich bei der Werbeanlage selbst um einen Gewerbebetrieb noch stehe sie - vergleichbar einem Nebengebäude - in funktionalem Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb, der auf einem Grundstück des Plangebiets vorhanden sei.
11 
Die Klägerin beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.04.2011 abzuändern und die Baugenehmigung der Stadt Karlsruhe vom 15.07.2009 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 25.03.2010 aufzuheben.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Zur Begründung trägt sie vor: Anders als es der Wortlaut der alten Fassung der LBO noch nahegelegt habe, seien bauliche Anlagen, die keine Gebäude seien, in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen bzw. ohne eigene Abstandsflächen nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO bereits dann zulässig, wenn eines der beiden in der Vorschrift genannten Maße erfüllt sei. Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt habe, sei die im Bebauungsplan festgesetzte hintere Bauflucht nicht geeignet, der Klägerin Drittschutz zu vermitteln. Zudem gelte diese Regelung nur für Wohngebäude und Nebengebäude. Die Werbeanlage falle hierunter nicht. Das Rücksichtnahmegebot sei zulasten der Klägerin nicht verletzt, weil in dem vom Verwaltungsgericht durchgeführten Ortstermin keine erhebliche Beeinträchtigung auf dem Grundstück der Klägerin habe festgestellt werden können. Schließlich stehe die Regelung des § 5 des Bebauungsplans (Gewerbegebiet) zum Bauwich der Erteilung der Genehmigung nicht entgegen. In dem zur Zeit des Satzungsbeschlusses üblichen Sprachgebrauch sei mit „Bauwich“ lediglich der Grenzabstand von Gebäuden - und nicht von sonstigen baulichen Anlagen - gemeint gewesen. Schon rein begrifflich werde die Werbeanlage daher nicht von dieser Regelung erfasst. Dies ergebe sich auch aus § 22 Abs. 2 BauNVO 1962, der vorliegend Anwendung finde. Danach seien in der offenen Bauweise Gebäude mit „seitlichem Grenzabstand (Bauwich)“ zu errichten. Die gesetzliche Definition des Bauwichs, wie er im Bebauungsplan Nr. 476 festgesetzt sei, beziehe sich daher nur auf Gebäude. Aber auch dann, wenn man § 5 des Bebauungsplans auf die streitgegenständliche Werbeanlage anwende, stehe er der Genehmigung nicht entgegen. Denn an der Festsetzung eines Bauwichs von 3,00 m bestünden durchgreifende Bedenken. Vom Bauordnungsrecht abweichende planungsrechtliche Festsetzungen des Bauwichs i.S.v. § 22 BauNVO 1962 hätten im Bebauungsplan nicht wirksam getroffen werden können. § 5 des Bebauungsplans i.V.m. § 22 Abs. 1 BauNVO 1962 regele daher lediglich, dass Gebäude in der offenen Bauweise mit einem seitlichen Grenzabstand errichtet werden sollten. Die seitlichen Abstandsflächen ergäben sich aber zwingend aus dem Abstandsflächenrecht. Auch die bauordnungsrechtlichen Regelungen zur Zulässigkeit baulicher Anlagen in Abstandsflächen blieben unberührt.
16 
Die Beigeladene beantragt,
17 
die Berufung zurückzuweisen
18 
Sie hat sich im Berufungsverfahren schriftlich nicht geäußert.
19 
Dem Senat haben die Behördenakten der Beklagten, die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe und die Bebauungsplanakten Nr. 621.41.11 der Stadt Karlsruhe zum Bebauungsplan ... „Gewann Kirchfeld/Nördlich der Waldhornstraße“ vorgelegen. Auf diese Akten und die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands Bezug genommen.
20 
Der Senat hat Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme des Baugrundstücks und dessen nähere Umgebung. Hinsichtlich der dort getroffenen Feststellungen wird auf die Anlage zur Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 26.01.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in der notwendigen Weise begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO, § 124a Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO). Sie hat aber keinen Erfolg.
22 
1. Die auf Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung gerichtete Nachbarklage ist zulässig, insbesondere steht der Klägern als unmittelbarer Grundstücksnachbarin die erforderliche Klagebefugnis zur Seite. Denn sie macht u.a. geltend, die unmittelbar an der Grenze zu ihrem Grundstück verwirklichte Werbeanlage verstoße, da dieses Vorhaben abstandsflächenrechtlich nicht privilegiert sei, gegen nachbarschützende Vorschriften zur Abstandsflächentiefe. Aber auch der weitere Vortrag der Klägerin, die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ zu Baugrenzen und zum Bauwich seien nach der Vorstellung des seinerzeitigen Satzungsgebers zum Schutz der Grundstücksnachbarn und damit auch zu ihrem Schutz ergangen, ist nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Auch insoweit ist es daher möglich, dass die angefochtene Baugenehmigung subjektive Rechtspositionen der Klägerin verletzt. Ihr kann auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht abgesprochen werden.
23 
2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die der Beigeladenen mit Bescheiden vom 15.07.2008 und 25.03.2010 erteilte Baugenehmigung verstößt nicht gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die jedenfalls auch dem Schutz der Klägerin dienen.
24 
a) Die Zulassung der Werbeanlage an dem konkreten Standort verletzt keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier - da es sich um eine Anfechtungsklage des Nachbarn gegen eine dem Bauherrn bereits erteilte Baugenehmigung handelt - der Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Baugenehmigung. Spätere Änderungen zu Lasten des Bauherrn haben außer Betracht zu bleiben, denn bereits die erteilte Baugenehmigung vermittelt dem Bauherrn eine Rechtsposition, die sich, wenn ein Nachbar die Genehmigung anficht, gegenüber während des Rechtsmittelverfahrens eintretenden Änderungen der Sach- und Rechtslage durchsetzen kann (BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43.10 -, ZfBR 2011, 53). Spätere Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen, wirken sich aber regelmäßig nicht aus, wenn ihm eine Baugenehmigung bereits rechtmäßig erteilt wurde.
25 
Unter Zugrundelegung dessen ist die Rechtmäßigkeit des Vorhabens hier nach den Vorschriften der Landesbauordnung vom 08.08.1995 in der bis zum 28.02.2010 geltenden alten Fassung (im Folgenden LBO a.F.) zu beurteilen. Denn diese Fassung fand im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung - - im Juli 2009 - noch Anwendung.
26 
aa) Es kann offen bleiben, ob die Werbeanlage gegen das Verunstaltungsverbot des § 11 LBO a.F. verstößt. Denn Gestaltungsvorschriften sind ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen. Sie sind nicht dazu bestimmt, auch den Individualinteressen des Einzelnen zu dienen. § 11 LBO ist daher nicht nachbarschützend (Sauter, LBO, § 11 Rdnr. 9; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6. Aufl. § 11 Rdnr 28; zu den Vorgängervorschriften schon VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.12.1999 - 3 S 2737/97 -, juris Rdnr. 31 mw.N.). Mit Blick darauf könnte die Klägerin jedenfalls nicht verlangen, dass die Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen § 11 LBO - unterstellt, er läge vor - aufgehoben wird.
27 
bb) Der Zulassung der Werbeanlage an ihrem konkreten Standort stehen auch keine Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach der LBO a.F. entgegen. Zwar handelt es sich bei der Werbeanlage zweifellos um eine bauliche Anlage i.S.v. § 2 Abs. 1 LBO a.F., sie braucht jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 LBO a.F. selbst keine Abstandsfläche zum Nachbargrundstück hin einzuhalten.
28 
Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die kein Gebäude ist (vgl. § 2 Abs. 2 LBO a.F.). Die bauliche Anlage ist zwar unstreitig höher als 2,5 m, ihre Wandfläche beträgt aber nicht mehr als 25 qm. Nach der von der Beigeladenen vorgelegten Produktbeschreibung ist die Werbefläche selbst höchstens 3806 X 2846 mm, also 10,83 qm groß. Hinzu kommt der Monofuß mit den (Höchst-)Maßen 586 X 2698 mm (1,58 qm). Eine Wandfläche von 25 qm wird damit bei weitem nicht erreicht. Dieses Wandmaß bliebe selbst dann unterschritten, wenn man – entsprechend dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – noch den „Luftraum“ unter der Werbefläche bis zum Erdboden hinzurechnete. Dies hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt und wurde von der Klägerin danach auch nicht mehr bestritten.
29 
Die Regelung des § 5 Abs. 9 LBO a.F. findet aber nur Anwendung, wenn beide Maße überschritten sind, m.a.W. braucht eine bauliche Anlage, welche - wie hier - nur eines dieser Maße überschreitet, keine eigene Abstandsfläche einzuhalten (vgl. Urt. v. 18.07.1984 - 3 S 976/84 -, BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 -, VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris, Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585)
30 
An dieser Rechtslage hat sich im Übrigen – entgegen der dezidiert geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin – durch die seit dem 01.03.2010 geltende abstandsflächenrechtliche Sonderregelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO neuer Fassung (im folgenden: LBO) nichts geändert. Vielmehr ist die Werbeanlage auch nach dieser Vorschrift abstandsflächenrechtlich privilegiert. Die Klägerin meint, die Voraussetzungen für eine Zulassung der Werbeanlage ohne eigene Abstandsflächen lägen nicht mehr vor, weil seit der Neufassung der Vorschrift durch Gesetz vom 10.11.2009 „eine Genehmigung nicht mehr in Betracht komme, wenn die Anlage entweder höher als 2,5 m ist oder die Anlage eine größere Wandfläche als 25 qm hat“. Damit gibt sie den Wortlaut der Vorschrift sinnverdreht wieder. Denn § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO ist entgegen ihrem Vortrag gerade nicht in der Weise negativ formuliert, dass bauliche Anlagenunzulässig sind, wenn eines der in der Vorschrift genannten Maße überschritten wird, sondern umgekehrt in der Weise positiv, dass bauliche Anlagen (in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen) zulässig sind, soweit eines der in der Vorschrift genannten Maße nicht überschritten wird. Bereits der Gesetzeswortlaut („oder“) legt bei dieser Formulierung nahe, dass die Erfüllung schon eines der beiden Maße ausreicht, um die abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage auszulösen. Umgekehrt bedeutet dies, dass nur die kumulative Überschreitung beider Gebäudemaße zur Unzulässigkeit einer baulichen Anlage i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO führt. So wird die neugefasste Vorschrift auch in der Kommentarliteratur verstanden (Sauter, LBO, 3. Aufl. § 6 Rdnr. 26; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6.Aufl. 2011 § 6 Rdnr. 32).
31 
Dieses schon nach dem Wortlaut naheliegende Verständnis der Vorschrift wird durch einen Blick auf die im Gesetzgebungsverfahren eindeutig zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers bestätigt.
32 
Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO wurden die bis zum 28.02.2010 geltenden Vorschriften des § 5 Abs. 9 LBO a.F. und des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. in einer Regelung zusammengefasst (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 19.08.2009, LT-Drs. 14/5013, S. 39). § 5 Abs. 9 LBO a.F. bestimmte, dass die - für Gebäude geltenden - Abstandsflächenvorschriften des § 5 Abs. 1 bis 8 LBO a.F. entsprechend für bauliche Anlagen gelten, die keine Gebäude sind, wenn die baulichen Anlagen höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche mehr als 25 qm beträgt. Nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. waren „in den Abstandsflächen bauliche Anlagen zulässig, die keine Gebäude sind, wenn sie in den Abstandsflächen nicht höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche nicht mehr als 25 qm beträgt. Hinsichtlich beider Vorgängervorschriften - bzw. deren Vorgängervorschriften in noch früheren Fassungen der Landesbauordnung - war in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aber anerkannt, dass bereits die Erfüllung eines der beiden genannten Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W. erst deren kumulative Überschreitung zu einer Unzulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt (zu § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. Beschl. v. 21.06.1993 - 5 S 874/93 -, BRS 55 Nr. 162, juris; Urt. v. 14.08.1997 - 5 S 1252/96 -, BauR 1998, 517; Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585, ebenso zu § 5 Abs. 9 LBO a.F. Urt. v. 18.07.1984 - BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 - , VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris). Diese Interpretation war mit dem Wortlaut der Vorgängervorschriften nicht auf den ersten Blick in Einklang zu bringen, denn die „und“-Verknüpfung konnte auch dahin verstanden werden, dass erst eine kumulative Einhaltung beider Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W zur Zulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 - aber herausgestellt, dass es sich bei dem Bindewort „und“ um eine relativ schwache und sprachlich mehrdeutige konjunktive Verbindung handele. Der Wortlaut lasse die vom Gesetzgeber intendierte und von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung - Zulässigkeit des Vorhabens bereits bei Einhaltung eines der genannten Maße, umgekehrt gesprochen: Unzulässigkeit des Vorhabens erst bei kumulativer Überschreitung beider Maße - daher durchaus zu.
33 
Dem Landesgesetzgeber waren die aufgezeigten Verständnis- und Auslegungsschwierigkeiten bei der Neuformulierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO bekannt. Ausweislich der Gesetzesbegründung der Landesregierung zu dieser Vorschrift (LT-Drs. 14/5013, S. 39) soll sich an dem von der Rechtsprechung konkretisierten Verständnis der Vorgängervorschriften durch die Neufassung nichts ändern. Vielmehr wollte der Gesetzgeber die von ihm als „unklar“ bezeichnete bisherige Regelung deutlicher fassen. Zur Auslegung der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO genannten Voraussetzungen und zur Regelungsabsicht heißt es in der Gesetzesbegründung unzweideutig:
34 
„Zukünftig gilt hier, dass alle sonstigen baulichen Anlagen dann eigene Abstandsvorschriften besitzen und in Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen unzulässig sind, wenn sie beide in Nummer 3 aufgeführten Grenzwerte überschreiten“.
35 
Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Umformulierungen im Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO („soweit“ anstatt bisher „wenn“, „oder“ anstatt bisher „und“) bewusst gewählt hat, um das in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs schon bisher entwickelte Verständnis der Vorgängervorschriften im Wortlaut des neugefassten § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO klar zu verankern. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist dies auch gelungen.
36 
Dementsprechend ist die hier in Rede stehende Werbeanlage sowohl nach § 5 Abs. 9 LBO a.F. als auch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO abstandsflächenrechtlich privilegiert und ohne eigene Abstandsfläche zum Grundstück der Klägerin hin zulässig.
37 
cc) Anhaltspunkte dafür, dass die Werbeanlage trotz ihrer abstandsflächenrechtlichen Privilegierung in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegenüber der Klägerin rücksichtslos - oder gar schikanös - sein könnte, bestehen nicht. Bei der Errichtung einer privilegierten baulichen Anlage muss der Bauherr nicht den Standort wählen, der für den Nachbarn die geringsten Beeinträchtigungen mit sich bringt. Es genügt, wenn er die bauordnungsrechtlichen Vorschriften einhält (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.03.1989 - 5 S 46/89 -, NVwZ-RR 1989, 530, juris).
38 
b) Die an ihrem konkreten Standort unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Klägerin zugelassene Werbeanlage verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
39 
aa) Der Standort der Werbeanlage liegt in einem durch Bebauungsplan Nr. 467 „Kirchfeld“ der Beklagten ausgewiesenen Gewerbegebiet. Gem. § 8 Abs. 1 BauNVO in der für den beschlossenen Bebauungsplan maßgeblichen Fassung 1962 (auf die in § 3 des Bebauungsplans auch verwiesen wird, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.) dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe (Abs. 1) und sind „Gewerbebetriebe aller Art“ zulässig (Abs. 2 Nr. 1). Zwar verwendet die BauNVO 1962 (nur) den Begriff des Gewerbebetriebs und ist eine Anlage der Außenwerbung - worauf die Klägerin im Berufungsverfahren hinweist - im engeren Begriffsverständnis kein „Betrieb“. Mit dem Begriff des „Betriebs“ beschreibt die BauNVO jedoch nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen, um diese Nutzung von anderen Nutzungsarten sinnvoll abgrenzen zu können (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 4 Rdnr. 9.31). Eine Außenwerbeanlage, die der Fremdwerbung dient, stellt daher bauplanerisch eine eigenständige gewerbliche Hauptnutzung dar (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 - , BauR 2008, 1585, juris Rdnr. 18 m.w.N.), welche im Gewerbegebiet typischerweise zulässig ist. Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Werbeanlage sich nicht im Rahmen dieser Typisierung bewegte - insbesondere weil sie als „erheblich belästigender Gewerbebetrieb“ i.S.v. § 8 Abs. 1 BauNVO 1962 anzusehen sein könnte - bestehen nicht. Die Werbeanlage ist an dem konkreten Standort daher ihrer Art nach zulässig.
40 
bb) Der Bebauungsplan Nr.467 „Kirchfeld“ (vgl. dessen § 2 - Gewerbegebiet - i.V.m. dem Fluchtlinienplan vom 07.03.1961) setzt bezüglich des Baugrundstücks eine - gesehen vom ...ring aus - „hintere Bauflucht“ fest.
41 
(1) Diese Bauflucht ist, wie sich aus dem Klammerzusatz („Baugrenze“) ergibt, als Baugrenze und damit als Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche i.S.v. § 23 Abs. 1, 3 BauNVO 1962 zu verstehen. Nach dieser Vorschrift dürfen „Gebäude und Gebäudeteile“ die Baugrenze nicht überschreiten. Auch wenn eine Werbeanlage weder als „Gebäude“ noch als „Gebäudeteil“ i.S.v. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO 1962 angesehen werden kann, wird sie doch von der Vorschrift erfasst. Denn diese zielt darauf ab, die von der Gemeinde gewünschte offene Bauweise dadurch zu unterstreichen, dass nichtüberbaubare Grundstücksflächen ausgewiesen werden. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn andere bauliche Anlagen - insbesondere Werbeanlagen - als Hauptnutzung „vor der Baugrenze“ ohne weiteres zulässig wären (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001 - 4 C 1.01 -, BauR 2001, 1698, juris Rdnr. 13ff). Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber der BauNVO im Jahre 1962 aufgrund der damaligen Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) BauGB keine Veranlassung hatte, zwischen Gebäuden und anderen baulichen Anlagen zu differenzieren. Er hat sich vielmehr auf den „typischen“ Fall einer Bebauung mit „Gebäuden“ beschränkt, ohne diesem Tatbestandsmerkmal konstitutive Bedeutung zuzumessen (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001, a.a.O., Rdnr. 14/15). Der konkrete Standort der genehmigten Werbeanlage befindet sich mithin auf einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche des Flst. Nr. 981/1 und verstößt damit grundsätzlich gegen Festsetzungen des Bebauungsplans.
42 
Die Klägerin kann indes aus diesem Grund die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung nicht verlangen. Denn die Festsetzung der hinteren Baugrenze auf dem Flst. Nr. 981/1 ist nicht zu ihren Gunsten nachbarschützend. Regelmäßig kommt hinteren Baugrenzen Nachbarschutz nur zugunsten solcher Nachbargrundstücke zu, die der Baugrenze gegenüberliegen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.02.1999 - 5 S 2507/96-, BRS 62, 445; Beschl. v. 14.06.2007 - 8 S 967/97 -, VBlBW 2007, 387). Das Grundstück der Klägerin liegt dem Baugrundstück nicht in diesem Sinne gegenüber. Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich weder aus der Zusammenschau der Festsetzungen des Bebauungsplans noch aus dessen Begründung noch aus den Planakten irgendein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass und inwiefern die Festsetzung der „hinteren Baugrenze“ gerade die Interessen des Eigentümers des Tankstellengrundstücks schützen sollte.
43 
(2) Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Genehmigung der Werbeanlage auch objektiv rechtmäßig ist. Sie konnte hier nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 zugelassen werden. Die angefochtene Baugenehmigung stützt sich hierauf ausdrücklich. Die erste Tatbestandsvoraussetzung für eine Zulassung nach dieser Vorschrift liegt ohne weiteres vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen zulässig ist (§ 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. und § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO; die Verweisung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 auf das jeweilige Landesrecht ist als dynamische Verweisung zu verstehen, VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.).
44 
Der Bebauungsplan enthält auch keine „andere Festsetzung“, welche die Zulassung einer Werbeanlage außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen hier ausschlösse. Nach § 6 Abs. 2 des Bebauungsplans - Gewerbegebiet - dürfen außerhalb der durch Baulinie und Baugrenze festgesetzten überbau-baren Grundstücksflächen weder Garagen noch Nebengebäude errichtet werden. Man könnte aus dieser Festsetzung zwar auf den ersten Blick schließen, dass damit - entsprechend der unter (1) aufgezeigten Argumentation zu § 23 Abs. 3 BauNVO - sämtliche baulichen Anlagen einschließlich Werbeanlagen ausgeschlossen sein sollten. Diese Auslegung würde dem Sinn der Regelung aber nicht gerecht. Der Plangeber hat für das Baugebiet offene Bauweise (§ 4) festgesetzt und verfolgt mit der Festsetzung einer „hinteren Baugrenze“ auf dem Baugrundstück offensichtlich das Ziel, straßennahe Flächen zur... Straße von einer Bebauung freizuhalten. Dabei hat er in § 6 Abs. 2 der Festsetzungen zum Gewerbegebiet aber eine differenzierende Regelung dazu getroffen, welche baulichen Anlagen den Planungszielen von vornherein widersprechen und deshalb außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche gänzlich unterbleiben müssen. Dementsprechend dürfen Garagen und Nebengebäude dort nicht errichtet werden; die in § 6 ebenfalls erwähnten Einstellplätze hat er aber nicht in gleicher Weise ausgeschlossen. Auch Werbeanlagen - sogar gewerbliche Werbeanlagen - hat er, wie aus § 15 des Bebauungsplans - Wohngebiet - zu ersehen ist, für das Wohngebiet „Kirchfeld“ durchaus in den Blick genommen, hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kirchfeld“ aber nicht für regelungsbedürftig gehalten. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass jedenfalls in Bezug auf Werbeanlagen der hier vorliegenden Art keine „andere Festsetzung“ i.S.v. § 23 Abs. 5 BauNVO vorliegt, zumal eine solche Einschränkung der Zulassungsmöglichkeit eine ausdrückliche Bezeichnung der unzulässigen Anlage erforderte (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 23 Rdnr. 22), an der es in Bezug auf Werbeanlagen fehlt.
45 
Fällt die Werbeanlage damit in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962, so hatte die Beklagte über dessen Zulassung auf der nichtüberbaubaren Grundstücksfläche nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Das Ermessen ist insbesondere unter Berücksichtigung der in § 15 BauNVO genannten Kriterien zu prüfen (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 23 Rdnr. 19). Ermessensfehler liegen nicht vor.
46 
Die Beklagte hat ihre Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass in der näheren Umgebung des Plangebiets noch weitere bauliche Anlagen auf nichtüberbaubaren Flächen vorhanden seien, weshalb das Ermessen „deutlich reduziert“ sei. Die Klägerin hat das Vorhandensein der genannten baulichen Anlagen im nichtüberbaubaren Bereich nicht bestritten, hält diese aber nicht für vergleichbar. Soweit sie darauf abhebt, dass es bei der Werbeanlage der Beigeladenen um eine Anlage der gewerblichen Fremdwerbung gehe, welche im Vergleich zu gewerblichen Werbeanlagen an der Stätte der Leistung weniger schutzwürdig sei, ist ihr schon entgegen zu halten, dass im Plangebiet ausweislich der vom Senat vor Ort getroffenen Feststellungen bereits weitere Anlagen der Fremdwerbung vorhanden sind. Hierauf kommt es aber gar nicht entscheidend an. Denn selbst wenn keine solchen Anlagen vorhanden wären, begegnete die im Rahmen des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO getroffene Entscheidung der Beklagten, erstmals auch Fremdwerbungsanlagen zuzulassen, keinen Bedenken. Auch diese sind im Gewerbegebiet typischerweise zulässig und beeinträchtigen das Planungsziel der offenen Bauweise, das mit der Festsetzung einer Baugrenze gesichert werden soll (s.o.), zumindest nicht stärker als Eigenwerbeanlagen. Soweit die Klägerin vorträgt, die auf dem Tankstellengrundstück vorhandenen Anlagen seien bereits vor der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ an dieser Stelle vorhanden und genehmigt gewesen, mag dies so sein. Zugleich wird hieraus aber deutlich, dass das mit der Festsetzung nichtüberbaubarer Flächen an sich verfolgte „Freihalteziel“ im Gewerbegebiet von Anfang an als nicht berührt angesehen wurde durch das Vorhandensein oder die Zulassung solcher baulichen Anlagen, die nicht Garagen und Gebäude sind.
47 
In die Ermessenüberlegungen der Beklagten ist auch eingeflossen, dass die in Rede stehende Werbeanlage Belange der Klägerin nicht unzumutbar (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) beeinträchtigt. Bereits die Beklagte hat die konkrete Situation vor Ort einschließlich der Situation auf dem Tankstellengrundstück in den Blick genommen, wie die Ausführungen in der Baugenehmigung zeigen. Gleiches gilt für die Widerspruchsbehörde, die auf S. 4 ihres Bescheides zu dem Ergebnis gekommen ist, eine „übermäßige Sichtbehinderung der Tankstelle“ liege nicht vor. Diese Einschätzung teilt auch der Senat aufgrund der Ergebnisse des Augenscheinstermins vom 26.01.2012. Nach dem Eindruck vor Ort kann keine Rede davon sein, dass die Werbeanlage Autofahrern den Blick auf die Tankstelle nehmen würde. Von Süden her ist dies schon deshalb nicht der Fall, weil die Werbeanlage „hinter“ der Tankstelle liegt und Autofahrer sowohl die Tankstellenüberdachung als auch entsprechende Werbe- und Preisschilder in vollem Umfang erkennen können. Der Blick wird auch durch den relativ schnellen Wechselrhythmus auf der Werbefläche nicht abgelenkt. Von Norden her, also in Richtung Ortsmitte ... fahrende Autofahrer können schon früh – etwa 50 m vor der Tankstelle - das tankstellentypische Preisschild mit den Benzin- bzw. Dieselpreisen erkennen, welches ganz nach links an den Straßenrand gerückt ist und durch die Werbeanlage nicht verdeckt wird. Diese Feststellung hat der Senat von der (rechten) Fahrbahn aus getroffen. Noch nicht erkennbar ist in dieser Entfernung zwar die Tankstellenüberdachung – mit dem kennzeichnenden Schriftzug als freie Tankstelle -, mit jeder weiteren Annäherung wird der Blick auf diese Überdachung aber umso besser eröffnet. In einer Entfernung von etwa 20 Metern ist – im Luftraum „unter“ der streitgegenständlichen Werbefläche – der tankstellentypische Hinweis auf „Luft - Wasser“ zu erkennen, auch ist etwa die Hälfte der Tankstellenüberdachung zu sehen. Da das tankstellentypische Preisschild, auf welches nicht ortskundige Autofahrer auf der Suche nach einer Tankstelle regelmäßig fixiert sein werden, aber auch in dieser Entfernung uneingeschränkt zu sehen ist, erscheint ausgeschlossen, dass Autofahrer infolge des Standorts der Werbeanlage bzw. infolge der ablenkenden Wirkung der Wechselwerbung an der Tankstelle vorbeifahren.
48 
cc) Die an ihrem konkreten Standort genehmigte Werbeanlage verstößt ferner nicht gegen § 5 des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ - Gewerbegebiet -, wonach „der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten“ darf. Mit dieser Regelung nimmt der Bebauungsplan erkennbar Bezug auf § 22 Abs. 2 BauNVO 1962, wonach in der offenen Bauweise - welche durch § 4 des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet angeordnet ist - die „Gebäude mit seitlichem Grenzabstand (Bauwich) als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder als Hausgruppen mit einer Länge von höchstens 50 m errichtet werden“. Da § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 schon nach seinem Wortlaut nur Gebäude(typen), nicht aber sonstige bauliche Anlagen erfasst (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 22 Rdnr. 2; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.1996 - 5 S 2572/95 -; BauR 1997, 274, juris Rdnr. 21; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.07.1982 - 7 A 2798/80 -, BRS 39 Nr. 111 jeweils zu vergleichbaren späteren Fassungen von § 22 Abs. 2 BauNVO 1962), findet die Vorschrift auf die hier in Rede stehende Werbeanlage keine Anwendung. Unabhängig davon könnte § 5 des Bebauungsplans jedenfalls keine verbindliche, von den landesrechtlichen Vorschriften der LBO abweichende Abstandsflächenregelung entnommen werden. Denn § 22 Abs. 1 BauNVO 1962 ermächtigte die Gemeinden lediglich dazu, im Bebauungsplan offene oder geschlossene Bauweise festzusetzen, wobei § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 klarstellt, dass für die offene Bauweise der seitliche Grenzabstand das wesentliche Merkmal darstellt. Wurde die offene Bauweise - wie hier - durch Bebauungsplan festgesetzt, so ergaben sich die seitlichen Grenzabstände aus dem Bauordnungsrecht (BVerwG, Beschl. v. 12.05.1995 - 4 NB 5.95 -, BRS 57 Nr. 7, juris Rdnr. 6; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 25.06.1996 a.a.O.; auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.08.1993 - 3 S 1779/93 -, juris Rdnr. 7). Dass die hier in Rede stehende Werbeanlage nach den Vorschriften der LBO einen seitlichen Grenzabstand nicht einhalten muss, wurde bereits ausgeführt.
49 
dd) Schließlich ist nach den Ausführungen unter bb) auch das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.
51 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
52 
Beschluss
53 
Der Streitwert wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2004) auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
21 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig; insbesondere ist sie innerhalb der Berufungsbegründungsfrist in der notwendigen Weise begründet worden (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO, § 124a Abs. 3 Sätze 4 und 5 VwGO). Sie hat aber keinen Erfolg.
22 
1. Die auf Aufhebung der angefochtenen Baugenehmigung gerichtete Nachbarklage ist zulässig, insbesondere steht der Klägern als unmittelbarer Grundstücksnachbarin die erforderliche Klagebefugnis zur Seite. Denn sie macht u.a. geltend, die unmittelbar an der Grenze zu ihrem Grundstück verwirklichte Werbeanlage verstoße, da dieses Vorhaben abstandsflächenrechtlich nicht privilegiert sei, gegen nachbarschützende Vorschriften zur Abstandsflächentiefe. Aber auch der weitere Vortrag der Klägerin, die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ zu Baugrenzen und zum Bauwich seien nach der Vorstellung des seinerzeitigen Satzungsgebers zum Schutz der Grundstücksnachbarn und damit auch zu ihrem Schutz ergangen, ist nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Auch insoweit ist es daher möglich, dass die angefochtene Baugenehmigung subjektive Rechtspositionen der Klägerin verletzt. Ihr kann auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht abgesprochen werden.
23 
2. Die Klage ist aber nicht begründet. Die der Beigeladenen mit Bescheiden vom 15.07.2008 und 25.03.2010 erteilte Baugenehmigung verstößt nicht gegen von der Baurechtsbehörde zu prüfende öffentlich-rechtliche Vorschriften, die jedenfalls auch dem Schutz der Klägerin dienen.
24 
a) Die Zulassung der Werbeanlage an dem konkreten Standort verletzt keine nachbarschützenden bauordnungsrechtlichen Vorschriften. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier - da es sich um eine Anfechtungsklage des Nachbarn gegen eine dem Bauherrn bereits erteilte Baugenehmigung handelt - der Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Baugenehmigung. Spätere Änderungen zu Lasten des Bauherrn haben außer Betracht zu bleiben, denn bereits die erteilte Baugenehmigung vermittelt dem Bauherrn eine Rechtsposition, die sich, wenn ein Nachbar die Genehmigung anficht, gegenüber während des Rechtsmittelverfahrens eintretenden Änderungen der Sach- und Rechtslage durchsetzen kann (BVerwG, Beschl. v. 08.11.2010 - 4 B 43.10 -, ZfBR 2011, 53). Spätere Änderungen zu seinen Gunsten sind dagegen zu berücksichtigen, wirken sich aber regelmäßig nicht aus, wenn ihm eine Baugenehmigung bereits rechtmäßig erteilt wurde.
25 
Unter Zugrundelegung dessen ist die Rechtmäßigkeit des Vorhabens hier nach den Vorschriften der Landesbauordnung vom 08.08.1995 in der bis zum 28.02.2010 geltenden alten Fassung (im Folgenden LBO a.F.) zu beurteilen. Denn diese Fassung fand im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung - - im Juli 2009 - noch Anwendung.
26 
aa) Es kann offen bleiben, ob die Werbeanlage gegen das Verunstaltungsverbot des § 11 LBO a.F. verstößt. Denn Gestaltungsvorschriften sind ausschließlich im Interesse der Allgemeinheit erlassen. Sie sind nicht dazu bestimmt, auch den Individualinteressen des Einzelnen zu dienen. § 11 LBO ist daher nicht nachbarschützend (Sauter, LBO, § 11 Rdnr. 9; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6. Aufl. § 11 Rdnr 28; zu den Vorgängervorschriften schon VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.12.1999 - 3 S 2737/97 -, juris Rdnr. 31 mw.N.). Mit Blick darauf könnte die Klägerin jedenfalls nicht verlangen, dass die Baugenehmigung wegen eines Verstoßes gegen § 11 LBO - unterstellt, er läge vor - aufgehoben wird.
27 
bb) Der Zulassung der Werbeanlage an ihrem konkreten Standort stehen auch keine Vorschriften des Abstandsflächenrechts nach der LBO a.F. entgegen. Zwar handelt es sich bei der Werbeanlage zweifellos um eine bauliche Anlage i.S.v. § 2 Abs. 1 LBO a.F., sie braucht jedoch nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 9 LBO a.F. selbst keine Abstandsfläche zum Nachbargrundstück hin einzuhalten.
28 
Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die kein Gebäude ist (vgl. § 2 Abs. 2 LBO a.F.). Die bauliche Anlage ist zwar unstreitig höher als 2,5 m, ihre Wandfläche beträgt aber nicht mehr als 25 qm. Nach der von der Beigeladenen vorgelegten Produktbeschreibung ist die Werbefläche selbst höchstens 3806 X 2846 mm, also 10,83 qm groß. Hinzu kommt der Monofuß mit den (Höchst-)Maßen 586 X 2698 mm (1,58 qm). Eine Wandfläche von 25 qm wird damit bei weitem nicht erreicht. Dieses Wandmaß bliebe selbst dann unterschritten, wenn man – entsprechend dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – noch den „Luftraum“ unter der Werbefläche bis zum Erdboden hinzurechnete. Dies hat die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt und wurde von der Klägerin danach auch nicht mehr bestritten.
29 
Die Regelung des § 5 Abs. 9 LBO a.F. findet aber nur Anwendung, wenn beide Maße überschritten sind, m.a.W. braucht eine bauliche Anlage, welche - wie hier - nur eines dieser Maße überschreitet, keine eigene Abstandsfläche einzuhalten (vgl. Urt. v. 18.07.1984 - 3 S 976/84 -, BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 -, VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris, Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585)
30 
An dieser Rechtslage hat sich im Übrigen – entgegen der dezidiert geäußerten Rechtsauffassung der Klägerin – durch die seit dem 01.03.2010 geltende abstandsflächenrechtliche Sonderregelung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO neuer Fassung (im folgenden: LBO) nichts geändert. Vielmehr ist die Werbeanlage auch nach dieser Vorschrift abstandsflächenrechtlich privilegiert. Die Klägerin meint, die Voraussetzungen für eine Zulassung der Werbeanlage ohne eigene Abstandsflächen lägen nicht mehr vor, weil seit der Neufassung der Vorschrift durch Gesetz vom 10.11.2009 „eine Genehmigung nicht mehr in Betracht komme, wenn die Anlage entweder höher als 2,5 m ist oder die Anlage eine größere Wandfläche als 25 qm hat“. Damit gibt sie den Wortlaut der Vorschrift sinnverdreht wieder. Denn § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO ist entgegen ihrem Vortrag gerade nicht in der Weise negativ formuliert, dass bauliche Anlagenunzulässig sind, wenn eines der in der Vorschrift genannten Maße überschritten wird, sondern umgekehrt in der Weise positiv, dass bauliche Anlagen (in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen sowie ohne eigene Abstandsflächen) zulässig sind, soweit eines der in der Vorschrift genannten Maße nicht überschritten wird. Bereits der Gesetzeswortlaut („oder“) legt bei dieser Formulierung nahe, dass die Erfüllung schon eines der beiden Maße ausreicht, um die abstandsflächenrechtliche Privilegierung einer baulichen Anlage auszulösen. Umgekehrt bedeutet dies, dass nur die kumulative Überschreitung beider Gebäudemaße zur Unzulässigkeit einer baulichen Anlage i.S.d. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO führt. So wird die neugefasste Vorschrift auch in der Kommentarliteratur verstanden (Sauter, LBO, 3. Aufl. § 6 Rdnr. 26; Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, Landesbauordnung für Baden-Württemberg, 6.Aufl. 2011 § 6 Rdnr. 32).
31 
Dieses schon nach dem Wortlaut naheliegende Verständnis der Vorschrift wird durch einen Blick auf die im Gesetzgebungsverfahren eindeutig zum Ausdruck gekommene Regelungsabsicht des Gesetzgebers bestätigt.
32 
Mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO wurden die bis zum 28.02.2010 geltenden Vorschriften des § 5 Abs. 9 LBO a.F. und des § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. in einer Regelung zusammengefasst (vgl. die Gesetzesbegründung zu § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO im Gesetzentwurf der Landesregierung vom 19.08.2009, LT-Drs. 14/5013, S. 39). § 5 Abs. 9 LBO a.F. bestimmte, dass die - für Gebäude geltenden - Abstandsflächenvorschriften des § 5 Abs. 1 bis 8 LBO a.F. entsprechend für bauliche Anlagen gelten, die keine Gebäude sind, wenn die baulichen Anlagen höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche mehr als 25 qm beträgt. Nach § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. waren „in den Abstandsflächen bauliche Anlagen zulässig, die keine Gebäude sind, wenn sie in den Abstandsflächen nicht höher als 2,5 m sind und ihre Wandfläche nicht mehr als 25 qm beträgt. Hinsichtlich beider Vorgängervorschriften - bzw. deren Vorgängervorschriften in noch früheren Fassungen der Landesbauordnung - war in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg aber anerkannt, dass bereits die Erfüllung eines der beiden genannten Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W. erst deren kumulative Überschreitung zu einer Unzulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt (zu § 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. Beschl. v. 21.06.1993 - 5 S 874/93 -, BRS 55 Nr. 162, juris; Urt. v. 14.08.1997 - 5 S 1252/96 -, BauR 1998, 517; Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 -, BauR 2008, 1585, ebenso zu § 5 Abs. 9 LBO a.F. Urt. v. 18.07.1984 - BWVPr. 1984, 257; Urt. v. 08.05.1985 - 3 S 63/85 - , VBlBW 1986, 23; Urt. v. 01.06.1994 - 3 S 2617/92 -, VGHBW-Ls 1994, Beilage 8, B8, juris). Diese Interpretation war mit dem Wortlaut der Vorgängervorschriften nicht auf den ersten Blick in Einklang zu bringen, denn die „und“-Verknüpfung konnte auch dahin verstanden werden, dass erst eine kumulative Einhaltung beider Maße die abstandsflächenrechtliche Privilegierung auslöst, m.a.W zur Zulässigkeit der betreffenden baulichen Anlage führt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte in seinem Urteil vom 13.03.2008 - 8 S 15/07 - aber herausgestellt, dass es sich bei dem Bindewort „und“ um eine relativ schwache und sprachlich mehrdeutige konjunktive Verbindung handele. Der Wortlaut lasse die vom Gesetzgeber intendierte und von der Rechtsprechung vorgenommene Auslegung - Zulässigkeit des Vorhabens bereits bei Einhaltung eines der genannten Maße, umgekehrt gesprochen: Unzulässigkeit des Vorhabens erst bei kumulativer Überschreitung beider Maße - daher durchaus zu.
33 
Dem Landesgesetzgeber waren die aufgezeigten Verständnis- und Auslegungsschwierigkeiten bei der Neuformulierung des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO bekannt. Ausweislich der Gesetzesbegründung der Landesregierung zu dieser Vorschrift (LT-Drs. 14/5013, S. 39) soll sich an dem von der Rechtsprechung konkretisierten Verständnis der Vorgängervorschriften durch die Neufassung nichts ändern. Vielmehr wollte der Gesetzgeber die von ihm als „unklar“ bezeichnete bisherige Regelung deutlicher fassen. Zur Auslegung der in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO genannten Voraussetzungen und zur Regelungsabsicht heißt es in der Gesetzesbegründung unzweideutig:
34 
„Zukünftig gilt hier, dass alle sonstigen baulichen Anlagen dann eigene Abstandsvorschriften besitzen und in Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen unzulässig sind, wenn sie beide in Nummer 3 aufgeführten Grenzwerte überschreiten“.
35 
Dies lässt nur den Schluss zu, dass der Gesetzgeber die Umformulierungen im Wortlaut des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO („soweit“ anstatt bisher „wenn“, „oder“ anstatt bisher „und“) bewusst gewählt hat, um das in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs schon bisher entwickelte Verständnis der Vorgängervorschriften im Wortlaut des neugefassten § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO klar zu verankern. Wie oben bereits ausgeführt wurde, ist dies auch gelungen.
36 
Dementsprechend ist die hier in Rede stehende Werbeanlage sowohl nach § 5 Abs. 9 LBO a.F. als auch nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO abstandsflächenrechtlich privilegiert und ohne eigene Abstandsfläche zum Grundstück der Klägerin hin zulässig.
37 
cc) Anhaltspunkte dafür, dass die Werbeanlage trotz ihrer abstandsflächenrechtlichen Privilegierung in bauordnungsrechtlicher Hinsicht gegenüber der Klägerin rücksichtslos - oder gar schikanös - sein könnte, bestehen nicht. Bei der Errichtung einer privilegierten baulichen Anlage muss der Bauherr nicht den Standort wählen, der für den Nachbarn die geringsten Beeinträchtigungen mit sich bringt. Es genügt, wenn er die bauordnungsrechtlichen Vorschriften einhält (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 09.03.1989 - 5 S 46/89 -, NVwZ-RR 1989, 530, juris).
38 
b) Die an ihrem konkreten Standort unmittelbar an der Grenze zum Grundstück der Klägerin zugelassene Werbeanlage verstößt auch nicht gegen nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts.
39 
aa) Der Standort der Werbeanlage liegt in einem durch Bebauungsplan Nr. 467 „Kirchfeld“ der Beklagten ausgewiesenen Gewerbegebiet. Gem. § 8 Abs. 1 BauNVO in der für den beschlossenen Bebauungsplan maßgeblichen Fassung 1962 (auf die in § 3 des Bebauungsplans auch verwiesen wird, vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.) dienen Gewerbegebiete vorwiegend der Unterbringung nicht erheblich belästigender Gewerbebetriebe (Abs. 1) und sind „Gewerbebetriebe aller Art“ zulässig (Abs. 2 Nr. 1). Zwar verwendet die BauNVO 1962 (nur) den Begriff des Gewerbebetriebs und ist eine Anlage der Außenwerbung - worauf die Klägerin im Berufungsverfahren hinweist - im engeren Begriffsverständnis kein „Betrieb“. Mit dem Begriff des „Betriebs“ beschreibt die BauNVO jedoch nur in typisierender Weise eine Zusammenfassung gewerblicher Nutzungsweisen, um diese Nutzung von anderen Nutzungsarten sinnvoll abgrenzen zu können (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 4 Rdnr. 9.31). Eine Außenwerbeanlage, die der Fremdwerbung dient, stellt daher bauplanerisch eine eigenständige gewerbliche Hauptnutzung dar (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008 - 8 S 15/07 - , BauR 2008, 1585, juris Rdnr. 18 m.w.N.), welche im Gewerbegebiet typischerweise zulässig ist. Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Werbeanlage sich nicht im Rahmen dieser Typisierung bewegte - insbesondere weil sie als „erheblich belästigender Gewerbebetrieb“ i.S.v. § 8 Abs. 1 BauNVO 1962 anzusehen sein könnte - bestehen nicht. Die Werbeanlage ist an dem konkreten Standort daher ihrer Art nach zulässig.
40 
bb) Der Bebauungsplan Nr.467 „Kirchfeld“ (vgl. dessen § 2 - Gewerbegebiet - i.V.m. dem Fluchtlinienplan vom 07.03.1961) setzt bezüglich des Baugrundstücks eine - gesehen vom ...ring aus - „hintere Bauflucht“ fest.
41 
(1) Diese Bauflucht ist, wie sich aus dem Klammerzusatz („Baugrenze“) ergibt, als Baugrenze und damit als Festsetzung zur überbaubaren Grundstücksfläche i.S.v. § 23 Abs. 1, 3 BauNVO 1962 zu verstehen. Nach dieser Vorschrift dürfen „Gebäude und Gebäudeteile“ die Baugrenze nicht überschreiten. Auch wenn eine Werbeanlage weder als „Gebäude“ noch als „Gebäudeteil“ i.S.v. § 23 Abs. 3 Satz 1 BauNVO 1962 angesehen werden kann, wird sie doch von der Vorschrift erfasst. Denn diese zielt darauf ab, die von der Gemeinde gewünschte offene Bauweise dadurch zu unterstreichen, dass nichtüberbaubare Grundstücksflächen ausgewiesen werden. Dieses Ziel würde unterlaufen, wenn andere bauliche Anlagen - insbesondere Werbeanlagen - als Hauptnutzung „vor der Baugrenze“ ohne weiteres zulässig wären (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001 - 4 C 1.01 -, BauR 2001, 1698, juris Rdnr. 13ff). Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber der BauNVO im Jahre 1962 aufgrund der damaligen Fassung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b) BauGB keine Veranlassung hatte, zwischen Gebäuden und anderen baulichen Anlagen zu differenzieren. Er hat sich vielmehr auf den „typischen“ Fall einer Bebauung mit „Gebäuden“ beschränkt, ohne diesem Tatbestandsmerkmal konstitutive Bedeutung zuzumessen (BVerwG, Urt. v. 07.06.2001, a.a.O., Rdnr. 14/15). Der konkrete Standort der genehmigten Werbeanlage befindet sich mithin auf einer nicht überbaubaren Grundstücksfläche des Flst. Nr. 981/1 und verstößt damit grundsätzlich gegen Festsetzungen des Bebauungsplans.
42 
Die Klägerin kann indes aus diesem Grund die Aufhebung der der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung nicht verlangen. Denn die Festsetzung der hinteren Baugrenze auf dem Flst. Nr. 981/1 ist nicht zu ihren Gunsten nachbarschützend. Regelmäßig kommt hinteren Baugrenzen Nachbarschutz nur zugunsten solcher Nachbargrundstücke zu, die der Baugrenze gegenüberliegen (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 01.02.1999 - 5 S 2507/96-, BRS 62, 445; Beschl. v. 14.06.2007 - 8 S 967/97 -, VBlBW 2007, 387). Das Grundstück der Klägerin liegt dem Baugrundstück nicht in diesem Sinne gegenüber. Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich weder aus der Zusammenschau der Festsetzungen des Bebauungsplans noch aus dessen Begründung noch aus den Planakten irgendein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass und inwiefern die Festsetzung der „hinteren Baugrenze“ gerade die Interessen des Eigentümers des Tankstellengrundstücks schützen sollte.
43 
(2) Im Hinblick auf das Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Genehmigung der Werbeanlage auch objektiv rechtmäßig ist. Sie konnte hier nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 zugelassen werden. Die angefochtene Baugenehmigung stützt sich hierauf ausdrücklich. Die erste Tatbestandsvoraussetzung für eine Zulassung nach dieser Vorschrift liegt ohne weiteres vor: Bei der Werbeanlage handelt es sich um eine bauliche Anlage, die nach Landesrecht in den Abstandsflächen anderer baulicher Anlagen zulässig ist (§ 6 Abs. 6 Nr. 2 LBO a.F. und § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 LBO; die Verweisung des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962 auf das jeweilige Landesrecht ist als dynamische Verweisung zu verstehen, VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.03.2008, a.a.O.).
44 
Der Bebauungsplan enthält auch keine „andere Festsetzung“, welche die Zulassung einer Werbeanlage außerhalb der überbaubaren Grundstücksflächen hier ausschlösse. Nach § 6 Abs. 2 des Bebauungsplans - Gewerbegebiet - dürfen außerhalb der durch Baulinie und Baugrenze festgesetzten überbau-baren Grundstücksflächen weder Garagen noch Nebengebäude errichtet werden. Man könnte aus dieser Festsetzung zwar auf den ersten Blick schließen, dass damit - entsprechend der unter (1) aufgezeigten Argumentation zu § 23 Abs. 3 BauNVO - sämtliche baulichen Anlagen einschließlich Werbeanlagen ausgeschlossen sein sollten. Diese Auslegung würde dem Sinn der Regelung aber nicht gerecht. Der Plangeber hat für das Baugebiet offene Bauweise (§ 4) festgesetzt und verfolgt mit der Festsetzung einer „hinteren Baugrenze“ auf dem Baugrundstück offensichtlich das Ziel, straßennahe Flächen zur... Straße von einer Bebauung freizuhalten. Dabei hat er in § 6 Abs. 2 der Festsetzungen zum Gewerbegebiet aber eine differenzierende Regelung dazu getroffen, welche baulichen Anlagen den Planungszielen von vornherein widersprechen und deshalb außerhalb der überbaubaren Grundstücksfläche gänzlich unterbleiben müssen. Dementsprechend dürfen Garagen und Nebengebäude dort nicht errichtet werden; die in § 6 ebenfalls erwähnten Einstellplätze hat er aber nicht in gleicher Weise ausgeschlossen. Auch Werbeanlagen - sogar gewerbliche Werbeanlagen - hat er, wie aus § 15 des Bebauungsplans - Wohngebiet - zu ersehen ist, für das Wohngebiet „Kirchfeld“ durchaus in den Blick genommen, hinsichtlich des Gewerbegebiets „Kirchfeld“ aber nicht für regelungsbedürftig gehalten. Hieraus ist der Schluss zu ziehen, dass jedenfalls in Bezug auf Werbeanlagen der hier vorliegenden Art keine „andere Festsetzung“ i.S.v. § 23 Abs. 5 BauNVO vorliegt, zumal eine solche Einschränkung der Zulassungsmöglichkeit eine ausdrückliche Bezeichnung der unzulässigen Anlage erforderte (Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl. § 23 Rdnr. 22), an der es in Bezug auf Werbeanlagen fehlt.
45 
Fällt die Werbeanlage damit in den Anwendungsbereich des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO 1962, so hatte die Beklagte über dessen Zulassung auf der nichtüberbaubaren Grundstücksfläche nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Das Ermessen ist insbesondere unter Berücksichtigung der in § 15 BauNVO genannten Kriterien zu prüfen (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 23 Rdnr. 19). Ermessensfehler liegen nicht vor.
46 
Die Beklagte hat ihre Entscheidung maßgeblich damit begründet, dass in der näheren Umgebung des Plangebiets noch weitere bauliche Anlagen auf nichtüberbaubaren Flächen vorhanden seien, weshalb das Ermessen „deutlich reduziert“ sei. Die Klägerin hat das Vorhandensein der genannten baulichen Anlagen im nichtüberbaubaren Bereich nicht bestritten, hält diese aber nicht für vergleichbar. Soweit sie darauf abhebt, dass es bei der Werbeanlage der Beigeladenen um eine Anlage der gewerblichen Fremdwerbung gehe, welche im Vergleich zu gewerblichen Werbeanlagen an der Stätte der Leistung weniger schutzwürdig sei, ist ihr schon entgegen zu halten, dass im Plangebiet ausweislich der vom Senat vor Ort getroffenen Feststellungen bereits weitere Anlagen der Fremdwerbung vorhanden sind. Hierauf kommt es aber gar nicht entscheidend an. Denn selbst wenn keine solchen Anlagen vorhanden wären, begegnete die im Rahmen des § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO getroffene Entscheidung der Beklagten, erstmals auch Fremdwerbungsanlagen zuzulassen, keinen Bedenken. Auch diese sind im Gewerbegebiet typischerweise zulässig und beeinträchtigen das Planungsziel der offenen Bauweise, das mit der Festsetzung einer Baugrenze gesichert werden soll (s.o.), zumindest nicht stärker als Eigenwerbeanlagen. Soweit die Klägerin vorträgt, die auf dem Tankstellengrundstück vorhandenen Anlagen seien bereits vor der Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ an dieser Stelle vorhanden und genehmigt gewesen, mag dies so sein. Zugleich wird hieraus aber deutlich, dass das mit der Festsetzung nichtüberbaubarer Flächen an sich verfolgte „Freihalteziel“ im Gewerbegebiet von Anfang an als nicht berührt angesehen wurde durch das Vorhandensein oder die Zulassung solcher baulichen Anlagen, die nicht Garagen und Gebäude sind.
47 
In die Ermessenüberlegungen der Beklagten ist auch eingeflossen, dass die in Rede stehende Werbeanlage Belange der Klägerin nicht unzumutbar (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) beeinträchtigt. Bereits die Beklagte hat die konkrete Situation vor Ort einschließlich der Situation auf dem Tankstellengrundstück in den Blick genommen, wie die Ausführungen in der Baugenehmigung zeigen. Gleiches gilt für die Widerspruchsbehörde, die auf S. 4 ihres Bescheides zu dem Ergebnis gekommen ist, eine „übermäßige Sichtbehinderung der Tankstelle“ liege nicht vor. Diese Einschätzung teilt auch der Senat aufgrund der Ergebnisse des Augenscheinstermins vom 26.01.2012. Nach dem Eindruck vor Ort kann keine Rede davon sein, dass die Werbeanlage Autofahrern den Blick auf die Tankstelle nehmen würde. Von Süden her ist dies schon deshalb nicht der Fall, weil die Werbeanlage „hinter“ der Tankstelle liegt und Autofahrer sowohl die Tankstellenüberdachung als auch entsprechende Werbe- und Preisschilder in vollem Umfang erkennen können. Der Blick wird auch durch den relativ schnellen Wechselrhythmus auf der Werbefläche nicht abgelenkt. Von Norden her, also in Richtung Ortsmitte ... fahrende Autofahrer können schon früh – etwa 50 m vor der Tankstelle - das tankstellentypische Preisschild mit den Benzin- bzw. Dieselpreisen erkennen, welches ganz nach links an den Straßenrand gerückt ist und durch die Werbeanlage nicht verdeckt wird. Diese Feststellung hat der Senat von der (rechten) Fahrbahn aus getroffen. Noch nicht erkennbar ist in dieser Entfernung zwar die Tankstellenüberdachung – mit dem kennzeichnenden Schriftzug als freie Tankstelle -, mit jeder weiteren Annäherung wird der Blick auf diese Überdachung aber umso besser eröffnet. In einer Entfernung von etwa 20 Metern ist – im Luftraum „unter“ der streitgegenständlichen Werbefläche – der tankstellentypische Hinweis auf „Luft - Wasser“ zu erkennen, auch ist etwa die Hälfte der Tankstellenüberdachung zu sehen. Da das tankstellentypische Preisschild, auf welches nicht ortskundige Autofahrer auf der Suche nach einer Tankstelle regelmäßig fixiert sein werden, aber auch in dieser Entfernung uneingeschränkt zu sehen ist, erscheint ausgeschlossen, dass Autofahrer infolge des Standorts der Werbeanlage bzw. infolge der ablenkenden Wirkung der Wechselwerbung an der Tankstelle vorbeifahren.
48 
cc) Die an ihrem konkreten Standort genehmigte Werbeanlage verstößt ferner nicht gegen § 5 des Bebauungsplans Nr. 467 „Kirchfeld“ - Gewerbegebiet -, wonach „der Bauwich 3,00 m nicht unterschreiten“ darf. Mit dieser Regelung nimmt der Bebauungsplan erkennbar Bezug auf § 22 Abs. 2 BauNVO 1962, wonach in der offenen Bauweise - welche durch § 4 des Bebauungsplans für das Gewerbegebiet angeordnet ist - die „Gebäude mit seitlichem Grenzabstand (Bauwich) als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder als Hausgruppen mit einer Länge von höchstens 50 m errichtet werden“. Da § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 schon nach seinem Wortlaut nur Gebäude(typen), nicht aber sonstige bauliche Anlagen erfasst (Fickert/Fieseler, BauNVO, § 22 Rdnr. 2; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 25.06.1996 - 5 S 2572/95 -; BauR 1997, 274, juris Rdnr. 21; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 12.07.1982 - 7 A 2798/80 -, BRS 39 Nr. 111 jeweils zu vergleichbaren späteren Fassungen von § 22 Abs. 2 BauNVO 1962), findet die Vorschrift auf die hier in Rede stehende Werbeanlage keine Anwendung. Unabhängig davon könnte § 5 des Bebauungsplans jedenfalls keine verbindliche, von den landesrechtlichen Vorschriften der LBO abweichende Abstandsflächenregelung entnommen werden. Denn § 22 Abs. 1 BauNVO 1962 ermächtigte die Gemeinden lediglich dazu, im Bebauungsplan offene oder geschlossene Bauweise festzusetzen, wobei § 22 Abs. 2 BauNVO 1962 klarstellt, dass für die offene Bauweise der seitliche Grenzabstand das wesentliche Merkmal darstellt. Wurde die offene Bauweise - wie hier - durch Bebauungsplan festgesetzt, so ergaben sich die seitlichen Grenzabstände aus dem Bauordnungsrecht (BVerwG, Beschl. v. 12.05.1995 - 4 NB 5.95 -, BRS 57 Nr. 7, juris Rdnr. 6; VGH Bad.-Württ, Urt. v. 25.06.1996 a.a.O.; auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 26.08.1993 - 3 S 1779/93 -, juris Rdnr. 7). Dass die hier in Rede stehende Werbeanlage nach den Vorschriften der LBO einen seitlichen Grenzabstand nicht einhalten muss, wurde bereits ausgeführt.
49 
dd) Schließlich ist nach den Ausführungen unter bb) auch das bauplanungsrechtliche Gebot der Rücksichtnahme nicht verletzt.
50 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 162 Abs. 3 VwGO.
51 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der Gründe der § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
52 
Beschluss
53 
Der Streitwert wird gem. §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.7.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (2004) auf 7.500,-- EUR festgesetzt.
54 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.