Bayerisches Verwaltungsgericht München
Aktenzeichen: M 12 K 14.4230
Im Namen des Volkes
Urteil
vom 25. Juni 2015
12. Kammer
Sachgebiets-Nr. 170
Hauptpunkte:
Rücknahme eines Ruhegeldbescheides;
Mitteilungspflicht bei Änderung der Rentenleistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung
Rechtsquellen:
In der Verwaltungsstreitsache
... - Kläger -
bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...
gegen
Versorgungsanstalt der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger ...
vertreten durch: ... Versorgungskammer
- Beklagte -
wegen Neufestsetzung des Ruhegeldes
erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 12. Kammer,
durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., den Richter am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juni 2015 am 25. Juni 2015 folgendes Urteil:
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die rückwirkende Neufestsetzung seines Ruhegeldes ab 1. Juni 2006.
Der am ... geborene Kläger war seit seiner Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister zum 1. April 1973 Mitglied der Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfegermeister (seit 1.1.2013: Versorgungsanstalt der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger). Mit Wirkung zum 1. April 2003 wurde der Kläger auf seinen Antrag hin nach § 10 SchfG in den Ruhestand versetzt.
Mit Schreiben vom ... April 2003 (Blatt 14 der Behördenakte - BA) bat der Kläger um Bearbeitung seines Antrags auf Ruhegeld. Die Beklagte sandte dem Kläger daraufhin die für die Antragstellung erforderlichen Formblätter zu und wies ihn mit Schreiben vom 5. Mai 2003 (Blatt 18 der BA) u. a. darauf hin, dass die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk als Gesamtversorgung ausgestaltet sei. Sie setze sich aus dem Ruhegeld der Versorgungsanstalt und aus dem Teil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zusammen, der auf Pflichtversicherung beruhe. Diese anrechenbare Rente werde aus dem Rentenbescheid ermittelt. Für den Fall, dass der Kläger noch keine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beantragt habe, werde er gebeten, einen entsprechenden Antrag umgehend bei dem zuständigen Versicherungsträger zu stellen.
Am ... Mai 2003 stellte der Kläger bei der Beklagten einen formellen Antrag auf Ruhegeld und reichte den Rentenbescheid der Landesversicherungsanstalt (LVA) ... vom 26. November 2002 (Blätter 22a - e der BA) nach, wonach dem Kläger beginnend ab 1. September 2002 ein Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zusteht. Dem Rentenbescheid lässt sich entnehmen, dass dieser Anspruch längstens bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Beginn der Regelaltersgrenze) besteht.
Hierauf setzte die Beklagte unter Anrechnung der gesetzlichen Rente des Klägers gemäß dem Rentenbescheid vom 26. November 2002 das Ruhegeld des Klägers mit Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 (Blätter 25 ff. der BA) ab 1. April 2003 in Höhe von jährlich 17.782,40 Euro, ab 1. Juli 2003 in Höhe von jährlich 17.720,84 Euro fest. Bestandteil des Ruhegeldbescheids waren auch die dem Bescheid beigefügten Anlagen a) „Berechnung mit Anlage“ und b) „Merkblatt“. Um Beachtung der im Merkblatt dargestellten Anzeigepflichten, insbesondere der Ziffern III. und IV. wurde gebeten. Ziffer III. des Merkblatts („Anzeigepflichten“) lautet wie folgt: „Die Höhe der von der Versorgungsanstalt zu zahlenden Versorgungsbezüge wird durch die auf Pflichtversicherung beruhenden Teile der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (Deutsche Rentenversicherung, Knappschaftsversicherung) und durch die Renten der sozialen Unfallversicherung mitbestimmt. Sie sind daher verpflichtet, uns Änderungen dieser Renten sofort mitzuteilen (z. B. die Umwandlung einer Berufsunfähigkeitsrente in eine Erwerbsunfähigkeitsrente oder in ein Altersruhegeld). Gleichzeitig müssen Sie den neuen Rentenbescheid mit sämtlichen Anlagen einsenden. (…) Bezüge, die infolge der Verletzung einer Anzeigepflicht zu viel gezahlt werden, sind zurück zu erstatten“.
Mit Schreiben vom 18. März 2004 (Blatt 29 der BA) wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass ihm den Unterlagen der Beklagten zufolge unter Berücksichtigung seines Geburtsdatums ein Anspruch auf Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 63. Lebensjahr zustehe. Der Kläger wurde gebeten, sich diesbezüglich mit der LVA in Verbindung zu setzen und mitzuteilen, ob ein entsprechender Antrag gestellt werde. Eine Rückmeldung des Klägers hierauf erfolgte nicht.
Am 4. März 2014 wandte sich die Beklagte erneut an den Kläger und teilte mit, dass bei näherer Durchsicht seiner Akte festgestellt worden sei, dass der Kläger unter Berücksichtigung seines Geburtsdatums bereits geraume Zeit entweder eine Altersrente für langjährig Versicherte oder spätestens eine Regelaltersrente ab 1. Juni 2006 beziehen müsse. Es werde gebeten, den entsprechenden Rentenbescheid (Altersrente oder Regelaltersrente) mit sämtlichen Anlagen an die Beklagte zu übersenden, um das Ruhegeld des Klägers rückwirkend neu festsetzen zu können (Blatt 33 der BA).
Um weitere Überzahlungen zu vermeiden wurde das Ruhegeld des Klägers mit Bescheid vom 19. März 2014 (Blatt 34 der BA) ab 1. April 2014 auf die Mindestversorgung gekürzt.
Am 17. April 2014 ging bei der Beklagten der von der Deutschen Rentenversicherung ... übermittelte Rentenbescheid vom 8. März 2006 (Blätter 38a - v der BA) ein, mit dem dem Kläger anstelle der bisherigen Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juni 2006 eine Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1.016,89 Euro gewährt wurde.
Unter Anrechnung der Regelaltersrente gemäß dem Rentenbescheid vom 8. März 2006 setzte die Beklagte das Ruhegeld des Klägers mit streitgegenständlichem Bescheid vom 22. April 2014 rückwirkend ab 1. Juni 2006 neu fest (Blätter 41 ff. der BA). Bei Berücksichtigung des Rentenbescheids vom 8. März 2006 hätte dem Kläger im Zeitraum Juni 2006 bis 30. April 2014 nur ein Ruhegeld in Höhe von 102.034,40 Euro zugestanden. Da die Beklagte in diesem Zeitraum aber an den Kläger einen Betrag in Höhe von 130.240,06 Euro und an seine Krankenkasse einen Betrag in Höhe von 26.698,08 Euro überwiesen habe, müsse der überbezahlte Betrag in Höhe von insgesamt 54.903,74 Euro zurückerstattet werden. Hiervon entfiele auf den Kläger ein Betrag in Höhe von 45.554,11 Euro, auf seine Krankenkasse ein Betrag in Höhe von 9.349,63 Euro. Der an den Kläger überbezahlte Betrag von 45.554, 11 Euro werde in Teilbeträgen von jeweils 300,00 Euro von dem zukünftigen Ruhegeld des Klägers einbehalten. Der Kläger erhalte deshalb ab 1. Mai 2014 nunmehr nur noch ein monatliches Ruhegeld in Höhe von 655,24 Euro.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom ... April 2014 (Blatt 46 der BA) Widerspruch ein. Der Beklagten seien alle Bescheide der LVA vom 26. November 2002, 20. Mai 2003, 8. März 2004 und 21. Februar 2006 bekannt gewesen. Da er kein Rechtsexperte sei, habe er sich auf die Berechnungen der Beklagten und die an ihn zugesandten Anpassungsschreiben verlassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25. August 2014 (Blätter 51 a-d der BA), dem Klägers zugestellt am 27. August 2014, wurde der Widerspruch des Klägers vom ... April 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Versorgungsanstalt der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bis zu ihrer Schließung am 31. Dezember 2012 als Gesamtversorgung ausgestaltet gewesen sei. Diese setze sich aus den Leistungen der Beklagten und den anrechenbaren Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung zusammen (vgl. § 39 Abs. 5 SchfG). Das System der Gesamtversorgung habe zur Folge, dass Änderungen der Rentenhöhe der gesetzlichen Rentenversicherung unmittelbare Auswirkungen auf die Höhe der Versorgungsleistungen der Beklagten hätten. Steige die Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung, verminderte sich die Leistung aus der Versorgungsanstalt in entsprechendem Umfang. Um diesen Rentenmechanismus sicherzustellen, bestimme § 29 Abs. 7 SchfG, dass bei bereits festgestellten Ruhegeldansprüchen Veränderungen der gesetzlichen Rente jeweils zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen seien, zu dem sie wirksam würden. Dabei handle es sich um eine zwingende Vorschrift, bei der der Beklagten kein Ermessensspielraum zustehe. Gemäß § 45 SchfG (heute: § 31 Abs. 1 SchfHwG) sei jedes Mitglied verpflichtet, der Versorgungsanstalt alle Tatsachen mitzuteilen, die für die Feststellung des Ruhegeldes erheblich seien. Dazu gehörten auch Veränderungen der Höhe des Rentenanspruchs bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Die Anzeigepflicht für Änderungen der Rente habe die Beklagte mit dem Merkblatt, das dem Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 beigefügt war, mitgeteilt. Wegen des Rentenbescheids vom 8. März 2006 der Deutschen Rentenversicherung ... habe das Ruhegeld mit Beginn der Altersrente am 1. Juni 2006 neu festgesetzt werden müssen. Wegen der Verletzung der Anzeigepflicht des Klägers sei die Festsetzung rückwirkend erfolgt. An den Kläger seien demnach vom 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 Ruhegeldzahlungen in Höhe von 45.554,11 Euro ohne Rechtsgrund geleistet worden. Der Kläger sei daher gemäß § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB verpflichtet, diesen Betrag zurückzuzahlen. Den fälligen Rückzahlungsanspruch habe die Beklagte gemäß § 387 BGB gegen den Anspruch des Klägers aufrechnen können.
Mit Telefax seiner Bevollmächtigten vom ... September 2014, bei Gericht am selben Tag eingegangen, hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben mit dem Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom 22. April 2014 aufzuheben, soweit das Ruhegeld rückwirkend für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 28. Februar 2014 neu festgesetzt worden sei und ein Betrag in Höhe von 45.554,11 Euro vom Kläger zurückgefordert werde.
Zur Begründung führte die Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom ... November 2014 im Wesentlichen aus, es sei nicht richtig, dass die Beklagte über den Rentenbezug des Klägers nicht informiert gewesen sei. Aus dem ersten Rentenbescheid vom 26. November 2002 ergebe sich eindeutig, dass die Rente bis längstens zur Vollendung des 65. Lebensjahres bewilligt wurde. Seit Vorlage dieses Rentenbescheides sei der Beklagten daher bekannt, dass zum 1. Juni 2006 die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ende und Altersrente bezogen werde. Dies werde auch dadurch nochmals bestätigt, dass von Seiten der Beklagten ohne entsprechende Aufforderung mit Schreiben 18. März 2004 nachgefragt worden sei, ob der Kläger nicht bereits zum 1. Juni 2004 Altersrente für langjährig Versicherte in Anspruch nehme. Vor diesem Hintergrund sei es für den Kläger absolut sicher gewesen, dass die Beklagte Kenntnis von den Zeitpunkten der Änderung habe; insbesondere im Hinblick auf das Anschreiben vom 18. März 2004 habe er darauf vertrauen dürfen, dass die Beklagte in Kenntnis aller Umstände ist und sie sich erneut an den Kläger wenden werde, wenn neue Unterlagen vorzulegen seien. Im Frühjahr 2011 sei der Kläger der Aufforderung der Beklagten, seine steuerliche Identifikationsnummer mitzuteilen, auch unverzüglich nachgekommen. Der Kläger habe davon ausgehen dürfen, dass die Beklagte auch weiterhin alle weiter erforderlichen Unterlagen bei ihm anfordern werde. Die rückwirkende Aufhebung eines begünstigenden Verwaltungsaktes sei nur bei schuldhaftem Verhalten des Begünstigten rechtmäßig. Ein solches liege hier nicht vor.
Die Beklagte hat mit Schreiben vom 29. September 2014 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung wurde mit Schreiben vom 24. November 2014 im Wesentlichen wie folgt ausgeführt: Der Rentenbescheid vom 6. Juni 2003 sei gemäß § 48 VwVfG zurückgenommen und neu erlassen worden, da der Bescheid ab dem Bezug der Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung ab 1. Juni 2006 der Höhe nach nicht mehr rechtmäßig gewesen sei. Der Ruhegeldbescheid habe rückwirkend zurückgenommen werden dürfen, da gemäß § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und Satz 3 VwVfG ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine laufende Geldleistung gewährt, auch bei Vertrauen des Begünstigten auf den Bestand des Bescheids mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen werden dürfe, wenn der Begünstigte den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die unvollständig gewesen sind. In diesem Fall sei die Rücknahme für die Vergangenheit sogar der Regelfall. Der Kläger habe es unterlassen, der Beklagten die Änderungen seiner gesetzlichen Rente mitzuteilen. Nur so habe er das Weiterbestehen des Bescheids vom 6. Juni 2003 erwirken können. Dass der Kläger statt der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juni 2006 tatsächlich eine Regelaltersrente bezogen hat, habe die Beklagte erst durch das Fax der Deutschen Rentenversicherung ... vom 17. April 2014 erfahren, so dass die Rücknahme am 22. April 2014 innerhalb der Jahresfirst des § 48 Abs. 4 VwVfG erfolgt ist. Die Ruhegeldzahlungen an den Kläger seien demnach vom 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 in Höhe von 45.554,11 Euro ohne Rechtsgrund geleistet worden. Der Kläger sei daher entsprechend § 812 Abs. 1 Alt. 1 BGB verpflichtet, diesen Betrag zurückzuerstatten.
Mit Schriftsatz vom ... Januar 2015 erwiderten die Bevollmächtigten des Klägers, dass sich aus dem Vorbringen der Beklagten lediglich eine Überzahlung in Höhe von 28.205,66 Euro ergebe. Eine darüber hinausgehende Rückforderung komme nicht in Betracht. Die Beklagte habe sich in keinster Weise mit der Klagebegründung auseinandergesetzt, soweit dort ausdrücklich auf das vertrauensbegründende Fehlverhalten der Beklagten Bezug genommen werde. Dieses Fehlverhalten sei daher als unstreitig zu betrachten.
Die Beklagte führte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2015 aus, dass der zurückgeforderte Betrag in Höhe von 45.554,11 Euro korrekt berechnet worden sei. Im Merkblatt zum Rentenbescheid vom 6. Juni 2003 sei ausdrücklich auf die Mitteilungspflicht des Klägers hingewiesen worden. Diese Pflicht sei eindeutig auch aus § 45 SchfG hervorgegangen. Eine Pflicht der Beklagten, potentielle Änderungen der gesetzlichen Rente ihrer Mitglieder zu überwachen, sei nicht ersichtlich und habe folglich vom Kläger auch nicht erwartet werden können. Darüber hinaus komme es auf eventuell entstandenes Vertrauen gar nicht an, da der Kläger selbst durch sein pflichtwidriges Unterlassen der Mitteilung der Veränderungen des Rentenanspruchs erwirkt habe, dass der Ruhegeldbescheid nicht der Höhe nach angepasst wurde. In solchen Fällen sei die Rücknahme des Verwaltungsakts für die Vergangenheit auch bei Vertrauen des Begünstigen auf den Bestand des Bescheides der Regelfall (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2, Satz 3 VwVfG).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgegenstand ist vorliegend der Bescheid der Beklagten vom 22. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2014, mit dem der Ruhegeldanspruch des Klägers unter entsprechender Rücknahme des Ruhegeldbescheids vom 6. Juni 2003 rückwirkend zum 1. Juni 2006 in verminderter Höhe festgesetzt wurde und in der Zeit von 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 gewährte Ruhegeldbezüge in Höhe von insgesamt 45.554,11 Euro zurückgefordert wurden.
Die hiergegen gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angegriffene Bescheid vom 22. April 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. August 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
1. Die Beklagte hat vorliegend zu Recht den Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 teilweise zurückgenommen und die in der Zeit vom 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 zu viel bezahlten Ruhegeldbezüge in Höhe von insgesamt 45.554,11 Euro zurückgefordert.
a) Die Teilrücknahme des Ruhegeldbescheids vom 6. Juni 2003 findet ihre Rechtsgrundlage mangels einer speziellen Regelung im Schornsteinfegergesetz bzw. im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz in § 48 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG -. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Begründet oder bestätigt der aufzuhebende Verwaltungsakt - wie im vorliegenden Fall - ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil (begünstigender Verwaltungsakt), müssen des Weiteren die Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 beachtet werden. Die Vorschrift des § 48 VwVfG findet dabei nicht nur in Fällen Anwendung, in denen der Verwaltungsakt von Anfang an rechtswidrig war, sondern auch, wenn ein rechtmäßig erlassener Verwaltungsakt nachträglich rechtswidrig geworden ist (vgl. BVerwG, U. v. 16.11.1989 - 2 C 43/87 - juris Rn. 18 f.).
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt:
aa) Der ursprünglich rechtmäßige Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 ist der Höhe nach rechtswidrig geworden, soweit darin auf das Ruhegeld des Klägers ab 1. Juni 2006 nicht die erhöht anzurechnenden Zahlbeträge der gesetzlichen Altersrente angerechnet wurden (§ 29 Abs. 5 i. V. m. 7 Schornsteinfegergesetz - SchfG -).
Die Berechnung der Höhe des noch vor der Schließung der Zusatzversorgung der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger (Zusatzversorgung) zum 31. Dezember 2012 festgestellten Ruhegeldanspruchs des Klägers richtet sich nach § 29 Schornsteinfegergesetz, welches bis 31. Dezember 2012 in Kraft war. Bis zur Schließung der Zusatzversorgung war die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk als Gesamtversorgung ausgestaltet, die sich aus dem von der Beklagten zu gewährenden Ruhegeld sowie dem Teil der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, der auf Pflichtversicherung beruht, zusammensetzte. Die Beklagte hat dabei den Teil der Gesamtversorgung zu tragen, der sich ergibt, wenn das Gesamtruhegeld (vgl. § 29 Abs. 3 und 4 SchfG) um die anrechenbare Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gekürzt wird (§ 29 Abs. 5 Satz 1 SchfG). Der anrechenbare Teil der Rente bemisst sich nach den durch Rentenbescheid aufgrund von Pflichtbeiträgen ausgewiesenen Entgeltpunkten. Die Summe der Entgeltpunkte ergibt - nach der Rentenformel vervielfacht mit dem für die anrechenbare Rente maßgebenden Rentenartfaktor und dem aktuellen Rentenwert - die anrechenbare Monatsrente.
Folge des Systems der Gesamtversorgung ist, dass sich Veränderungen bei den von der gesetzlichen Rentenversicherung gewährten Renten unmittelbar auf die Höhe der Versorgungsleistungen der Beklagten auswirken: Erhöht sich die Rente in der gesetzlichen Rentenversicherung, vermindert sich gleichzeitig die Leistung der Beklagten in entsprechendem Umfang. Nach § 29 Abs. 7 Halbsatz 1 SchfG sind Veränderungen der Versichertenrenten aus der gesetzlichen Sozialversicherung bei bereits festgestellten Ruhegeldansprüchen jeweils zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem sie wirksam werden.
Gemessen hieran erweist sich der Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 der Höhe nach als rechtswidrig, soweit darin auf das Ruhegeld des Klägers ab 1. Juni 2006 nicht die erhöht anzurechnenden Zahlbeträge der gesetzlichen Altersrente angerechnet wurden. Denn dem Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 lagen die sich aus dem Rentenbescheid der LVA ... vom 26. November 2002 ergebenden anrechenbaren Zahlbeträge der dem Kläger wegen teilweiser Erwerbsminderung gewährten Rente zugrunde. Diese beliefen sich ab 1. April 2003 auf einen Jahresbetrag in Höhe von 5.915,04 Euro, ab 1. Juli 2003 auf einen Jahresbetrag in Höhe von 5.976,60 Euro (vgl. hierzu 23 der Behördenakte). Ausgehend von einem jährlichen Gesamtruhegeld in Höhe von 23.697,44 Euro im Jahr 2003 setzte die Beklagte das von der Versorgungsanstalt zu gewährende Ruhegeld im Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 zunächst zutreffend ab 1. April 2003 in Höhe von 17.782,40 Euro jährlich (23.697,44 Euro ./. 5.915,04 Euro), ab 1. Juli 2003 in Höhe von 17.720,84 Euro jährlich (23.697,44 Euro ./. 5.976,60 Euro) fest. Der Bezug der Regelaltersrente durch den Kläger ab 1. Juni 2006 anstelle der bis dahin gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung führte aufgrund einer unterschiedlichen Bewertung des Rentenartfaktors (0,5 bei Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, 1,0 bei Regelaltersrente) jedoch zu einer Erhöhung der nach § 29 Abs. 5 Satz 1 SchfG auf das Gesamtruhegeld des Klägers anzurechnenden Rente. Der dem Rentenbescheid vom 8. März 2006 zu entnehmende anrechenbare Teil der Rente erhöhte sich ab 1. Juni 2006 auf 12.754,08 Euro. In den Folgejahren stieg der anrechenbare Zahlbetrag kontinuierlich bis zuletzt auf 13.701,00 Euro im Jahr 2012 an (vgl. hierzu Blätter 39 f. der Behördenakte). Da die Änderung der von der gesetzlichen Rentenversicherung gewährten Rente nach § 29 Abs. 7 Satz 1 SchfG ab dem Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens zu berücksichtigen war, stand dem Kläger seit dem Bezug der höheren Altersrente ab 1. Juni 2006 nur ein in entsprechendem Umfang verminderter Anspruch auf Ruhegeld gegenüber der Beklagten zu. Ausgehend von einem Gesamtjahresruhegeld im Jahr 2006 von 24.218,48 Euro hatte der Kläger ab 1. Juni 2006 folglich nur einen Anspruch auf Ruhegeld in Höhe von 11.464,40 Euro (24.218,48 Euro ./. 12.754,08 Euro). Entsprechend waren auf das jeweilige Gesamtjahresruhegeld des Klägers auch in den Folgejahren die erhöhten Rentenleistungen anzurechnen. Auf die zutreffenden Berechnungen der Beklagten im Bescheid vom 22. April 2014 (Blätter 40 a und b der Behördenakte) zur Höhe des Ruhegeldanspruchs des Klägers in der Zeit von 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 wird Bezug genommen. Der Bescheid vom 6. Juni 2003 ist damit der Höhe nach rechtswidrig, soweit dem Kläger darin seit 1. Juni 2006 ein Ruhegeld gewährt wird, das über die im Bescheid der Beklagten vom 22. April 2014 dargestellten Beträge hinausgeht.
bb) Der Kläger kann der Teilrücknahme des Ruhegeldbescheids vom 6. Juni 2003 auch kein schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand des Bescheides entgegenhalten, § 48 Abs. 2 VwVfG.
Gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 VwVfG darf ein Verwaltungsakt, der - wie im vorliegenden Fall - eine laufende Geldleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte jedoch nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG). Dies ist hier der Fall.
Der Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG liegt der Gedanke zugrunde, dass die auf unrichtige oder unvollständige Angaben des Begünstigenden zurückzuführende Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts ihre Ursache nicht in dem Verantwortungsbereich der Behörde, sondern in dem Verantwortungsbereich des Begünstigten hat und daher dessen Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts nicht schutzwürdig ist. Dabei ist unerheblich, ob den Betroffenen ein Verschulden trifft und er die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit kannte bzw. hätten kennen müssen (vgl. BVerwG, U. v. 14.8.1986 - 3 C 9/85 - juris Rn. 29). Dem Erwirken durch unrichtige oder unvollständige Angaben steht es gleich, wenn der Betroffene es unterlässt, maßgebliche Tatsachen, die Grundlage für die Gewährung der Geldleistung sind, anzuzeigen, obwohl er hierzu verpflichtet war (vgl. VG Karlsruhe, U. v. 19.2.2015 - 9 K 1815/14 - juris Rn. 33; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 13. Aufl. 2012, § 48 Rn. 117).
Der Kläger war vorliegend dazu verpflichtet, den Bezug der Altersrente ab 1. Juni 2006 gegenüber der Beklagten anzuzeigen und den Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung ... vom 8. März 2006 über die Bewilligung der Altersrente vorzulegen. Eine entsprechende Mitwirkungspflicht des Klägers war bereits im Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 festgesetzt worden, zu dessen Bestandteilen auch das als Anlage beigefügte „Merkblatt für Ruhegeldempfänger“ gehörte. In dem Merkblatt wurde der Kläger unter Ziffer III. „Anzeigepflichten“ ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Höhe der von der Versorgungsanstalt zu zahlenden Versorgungsbezüge durch die auf Pflichtversicherung beruhenden Teile der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mitbestimmt wird und der Ruhegeldempfänger daher verpflichtet ist, Änderungen dieser Renten sofort mitzuteilen. In dem Merkblatt wird zudem als Beispiel für die Anzeigepflicht der Fall der Umwandlung einer Berufsunfähigkeitsrente in eine Altersrente genannt. Eine Mitteilungspflicht bezüglich der für die Feststellung der Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft und der Zusatzversorgung erheblichen Tatsachen ergibt sich überdies auch aus § 45 Abs. 1 SchfG i. V. m. § 52 Abs. 1 der Satzung der Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfegermeister (im Folgenden: Satzung).
Der Einwand des Klägers, die Beklagte hätte Kenntnis vom Zeitpunkt des Beginns der Regelaltersrente haben müssen bzw. von Amts wegen eigene Ermittlungen anstellen müssen, greift nicht durch. Zwar weist der Kläger zutreffend darauf hin, dass bereits in dem Rentenbescheid vom 26. November 2002 der Hinweis enthalten war, dass der Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bis längstens zur Vollendung des 65. Lebensjahres bestehen würde. Selbst wenn man diesbezüglich von einem Mitverschulden der Beklagten an der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes ausgeht, führt dies nicht dazu, dass sich der Kläger auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand des Ruhegeldbescheides vom 6. Juni 2003 berufen kann. Denn die Übersendung des Rentenbescheids vom 26. November 2002 hat den Kläger hier nicht von seiner im Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 festgelegten Mitteilungspflicht entbunden. Vielmehr oblag die Anzeige des tatsächlichen Bezugs der Altersrente weiterhin dem Kläger. Ungeachtet eines etwaigen Mitverschuldens der Beklagten ist das Unterlassen dieser Mitteilung deshalb dem Verantwortungsbereich des Klägers zuzuordnen. Erwirkt der Begünstigte den Verwaltungsakt durch unrichtige oder unvollständige Angaben bzw. unterlässt er es, maßgebliche Tatsachen, die Grundlage für die Gewährung der Geldleistung sind, anzuzeigen, obwohl er hierzu verpflichtet war, besteht ein Recht des Begünstigten auf Vertrauensschutz daher auch dann nicht, wenn die Behörde wegen mangelnder Sorgfalt eine Mitverantwortung für die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts trifft (BVerwG, U. v. 14.8.1986 - 3 C 9/85 - juris Rn. 29). Ob die Behörde für die rechtliche Beurteilung auf die Angaben des Klägers angewiesen war oder von Amts wegen eigene Ermittlungen hätte vornehmen können, steht der Anwendung des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG ebenfalls nicht entgegen (BVerwG, U. v. 14.8.1986, a. a. O., juris Rn. 29).
Ebenso wenig kann sich der Kläger erfolgreich darauf berufen, die Beklagte habe durch ihr Verhalten deutlich gemacht, dass sie erst auf den Kläger zugehen werde, wenn dieser weitere Unterlagen vorlegen müsse. Ob der Kläger schuldhaft seine Anzeigepflicht verletzt hat, ist im Rahmen des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG nicht von Bedeutung. Dass der Kläger nur auf Verlangen der Beklagten verpflichtet war, eine Änderung seiner Rentenbezüge offenzulegen, lässt sich darüber hinaus der Regelung im Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 nicht entnehmen. Auch in § 52 Abs. 1 der Satzung der Beklagten ist klargestellt, dass die Mitglieder der Versorgungsanstalt verpflichtet sind, jede Änderung von Verhältnissen, die ihre Ansprüche auf Versorgungsbezüge betreffen, unverzüglich schriftlich mitzuteilen und nur der Nachweis dieser Änderungen auf Verlangen der Beklagten zu erbringen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch der Umstand, dass sich die Beklagte mit Schreiben vom 18. März 2004 beim Kläger danach erkundigt hatte, ob dieser von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hatte, eine Antrag auf Altersrente für langjährig Versicherte ab dem 63. Lebensjahr zu stellen, zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Eine Verpflichtung der Beklagten, von Amts wegen zu überprüfen, ob sich die Rentenbezüge ihrer Mitglieder ändern, lässt sich weder dem Schornsteinfegergesetz noch dem Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 entnehmen. Vielmehr obliegt die Mitteilung etwaiger Änderungen bei den Rentenbezügen den Mitgliedern und ist nicht dem Verantwortungsbereich der Beklagten zuzuordnen. Dass die Beklagte den Kläger gleichwohl mit Schreiben vom 18. März 2004 auf die Möglichkeit der Antragstellung für langjährige Versicherte ab dem 63. Lebensjahr aufmerksam machte, entbindet den Kläger nicht von seiner im Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 festgelegten Anzeigepflicht. Allein aufgrund des einmalig gebliebenen formlosen Anschreibens des Klägers am 18. März 2004 lässt sich auch nicht auf den Willen der Beklagten schließen, den Kläger entgegen der Regelung im Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 von seiner Anzeigepflicht freizustellen.
cc) Die Teilrücknahme des Ruhegeldbescheids vom 6. Juni 2003 erfolgte auch innerhalb der Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG. Die Jahresfrist beginnt erst zu laufen, wenn die für die Rücknahme zuständige Behörde die Rechtswidrigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes erkannt hat und ihr alle für eine Rücknahmeentscheidung erheblichen Tatsachen vollständig bekannt sind (vgl. BayVGH, B. v. 24.10.2008 - 9 ZB 05.3209 - juris Rn. 7). Erforderlich ist die positive Kenntnis der Behörde, fahrlässige Unkenntnis genügt hingegen nicht (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 48 Rn. 153). Positive Kenntnis von sämtlichen, die Rücknahme rechtfertigenden Tatsachen hat die Beklagte hier mit Übersendung des Rentenbescheids vom 8. März 2006 durch die Deutschen Rentenversicherung ... am 17. April 2014 erlangt, da sie erst durch die Angaben im Rentenbescheid vom 6. März 2006 in die Lage versetzt wurde, den auf das Gesamtruhegeld des Klägers gemäß § 29 Abs. 5 Satz 1 SchfG anzurechnenden Teil der Rente zu bestimmen und die Höhe der Ruhegeldbezüge des Klägers zu berechnen.
dd) Die Ermessensausübung der Beklagten ist rechtlich nicht zu beanstanden, § 114 VwGO. Insbesondere stellt es vorliegend auch keinen Ermessensfehler dar, dass die Beklagte den Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen hat. Der Vorschrift des § 48 Abs. 2 Satz 4 VwVfG lässt sich entnehmen, dass in Fällen, in denen - wie hier - ein Vertrauensschutz wegen § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG ausscheidet, die Rücknahme des Verwaltungsaktes mit Wirkung für die Vergangenheit den Regelfall darstellt. Es handelt sich hierbei um einen Fall des sog. intendierten Ermessens, so dass eine von dem gesetzlich vorgesehenen Regelfall abweichende Entscheidung daher nur bei Vorliegen besonderer Gründe gerechtfertigt ist (vgl. BayVGH, U. v. 15.3.2001 - 7 B 00.107 - juris Rn. 31). Derartige Gründe sind vorliegend nicht erkennbar. Der Umstand, dass in dem Rentenbescheid vom 26. November 2002 darauf hingewiesen wurde, dass der Rentenanspruch wegen teilweiser Erwerbsminderung bis längstens zur Vollendung des 65. Lebensjahres besteht, vermag eine Atypik hier nicht zu begründen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte hier gerade nicht von Amts wegen verpflichtet war, die Rentenansprüche ihrer Mitglieder zu überprüfen.
b) Die Neufestsetzung der Ruhegeldbezüge im Ruhegeldbescheid vom 22. April 2014 unter Anrechnung der sich aus dem Rentenbescheid vom 8. März 2006 ergebenden Rentenleistungen ist rechtlich nicht zu beanstanden. Einwendungen gegen die Berechnung der Beklagten wurden nicht erhoben. Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich.
c) Die Beklagte hat des Weiteren zu Recht die Rückzahlung der in der Zeit von 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 überbezahlten Ruhegeldbezüge in Höhe von insgesamt 45.554,11 Euro gefordert und mit dem Anspruch des Klägers auf Auszahlung zukünftigen Ruhegeldes aufgerechnet (§ 49a Abs. 1 VwVfG, § 387 BGB).
Rechtsgrundlage für den Rückforderungsanspruch der Beklagten in Höhe von 45.554,11 Euro ist § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Nach dieser Vorschrift sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden ist. Gemäß § 49 a Abs. 1 Satz 2 VwVfG ist die zu erstattende Leistung durch schriftlichen Verwaltungsakt festzusetzen.
Die Beklagte hat vorliegend den Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 zu Recht rückwirkend ab 1. Juni 2006 zurückgenommen, soweit darin auf das Ruhegeld des Klägers ab 1. Juni 2006 nicht die erhöht anzurechnenden Zahlbeträge aus der gesetzlichen Altersrente angerechnet wurden (s.o.). Hinsichtlich der Frage der Rückforderung räumt § 49a Abs. 1 VwVfG der zuständigen Behörde kein weiteres Ermessen ein. Der Kläger ist daher verpflichtet, die im Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 zu viel geleisteten Ruhegeldbezüge zurückzuzahlen. Der überbezahlte Betrag wurde mit 45.544,11 Euro von der Beklagten korrekt berechnet. Dem Kläger wurden in dem vorgenannten Zeitraum Ruhegeldbezüge in Höhe von 130.240,06 Euro überwiesen, obwohl ihm tatsächlich nur ein Anspruch in Höhe von 84.685,95 Euro zustand. Hieraus ergibt sich ein überbezahlter Betrag in Höhe von 45.554,11 Euro (130.240,06 ./. 84.685,95). Auf die Berechnungen im Ruhegeldbescheid vom 6. Juni 2003 und vom 22. April 2003 sowie auf die von der Beklagten im Gerichtsverfahren mit Schriftsatz vom 10. Februar 2015 vorgelegte Übersicht wird insoweit Bezug genommen. Nicht zutreffend ist dagegen die Annahme des Klägers, aus dem Vorbringen der Beklagten ergebe sich nur eine Überzahlung in Höhe von 28.205,66 Euro (an den Kläger in der Zeit von 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 überwiesenes Ruhegeld in Höhe von 130.240,06 Euro abzüglich eines dem Kläger in diesem Zeitraum zustehendes Ruhegeld in Höhe von 102.034,40 Euro). Der von der Beklagten mit 102.034,40 Euro bezifferte Ruhegeldanspruch für den Zeitraum 1. Juni 2006 bis 30. April 2014 beinhaltete sowohl die an die Krankenkasse zu zahlenden Beträge in Höhe von insgesamt 17.348,45 Euro als auch das an den Kläger auszuzahlende Ruhegeld in Höhe von 84.685,95 Euro. Hinsichtlich der Berechnung des an den Kläger überbezahlten Betrages ist jedoch allein der an den Kläger auszuzahlende Betrag in Höhe von 84.685,95 Euro heranzuziehen.
Die Beklagte konnte damit die ihr gegenüber dem Kläger zustehende Rückforderung mit dem Anspruch des Klägers auf Auszahlung zukünftigen Ruhegeldes gemäß § 378 BGB aufrechnen (vgl. § 32 Abs. 2 SchfHwG bzw. § 46 SchfG i. V. m. § 37 Abs. 2 der Satzung der Beklagten).
2. Nach alledem war die Klage daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf EUR 45.554,11 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.