Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Juli 2016 - M 12 K 16.31297
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der - nach eigenen Angaben - am ... ... ... oder ... ... ... (vgl. Bl. 15 der Behördenakte - BA) geborener Kläger mit äthiopischer Staatsangehörigkeit reiste - wieder nach eigenen Angaben - am 20. Mai 2013 (Bl. 21 BA) ins Bundesgebiet ein und beantragte am 28. Mai 2013 Asyl (Bl. 3 BA).
Der Kläger trug zur Begründung bei der Anhörung des Bundesamtes im Wesentlichen vor: Sein Vater sei Mitglied der Organisation Abbenja gewesen. Der Kläger habe „keine Ahnung von Politik“. Der Vater sei zwei Mal verhaftet worden. Die Polizisten hätten das Haus durchsucht. Unter dem Bett des Vaters sei eine Waffe gefunden worden. Danach seien die Polizisten öfters gekommen. Sie hätten auch den Kläger gefragt, der aber nichts gewusst habe. Eines Tages sei der Kläger von der Polizei mitgenommen worden. Nach der Freilassung habe er sich täglich bei der Wache melden müssen. Eines Tages habe der Kläger nach so einem Wache-Besuch nicht mehr nach Hause gehen dürfen. Der Vorwurf habe gelautet, dass er angeblich der Haushälterin zur Flucht verholfen habe. Nach einer Woche sei er freigekommen. Danach sei er nach Addis Abeba gegangen und habe das Land verlassen.
Mit Bescheid vom
Der Bescheid wurde dem Kläger mit Schreiben vom
Am .... Juni 2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Mai 2016, zugestellt am 27. Mai 2016, zu verpflichten, festzustellen, dass dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt wird, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen, hilfsweise festzustellen, dass der subsidiäre Schutzstatus zuerkannt wird, weiterhin die Beklagte zu verpflichten, zugunsten des Klägers Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen (Antrag wurde gem. § 88 VwGO ausgelegt).
Die Klage wurde im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe seine Verfolgungsgeschichte widerspruchsfrei und detailreich dargelegt. Seinen Vertrauenspersonen - dem Psychiater Dr. P... und der Dipl. - Psychologin G... habe der Kläger mehr Einzelheiten über seine Verfolgung erzählt. Der Kläger sei ein schüchterner Mann, der nach seiner Ankunft im Bundesgebiet verängstigt gewesen sei. Der Kläger habe Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie eines Abschiebungshindernisses. Vorgelegt wurden ein Therapiebericht der Dipl-. Psychologin G... vom 9. Juni 2016, ein Attest des Psychiaters Dr. P... vom 8. Januar 2016, der Amnesty Report Äthiopien 2016 und weitere Internetauszüge.
Mit Schreiben vom .... Juli 2016 übersandte der Klägerbevollmächtigte eine weitere psychiatrische Stellungnahme des Dr. P...
Die Beklagte übersandte mit Schreiben vom
Mit Beschluss vom 17. Juni 2016
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
Gründe
Verfahrensgegenstand ist die Frage, ob der Bescheid des Bundesamtes vom
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom
Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 AsylG oder Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16 a GG noch liegen bei ihm Gründe für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG vor.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl, 1953 II S.559, 560-Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung kann dabei gem. § 3c AsylG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylG.
Maßgeblich ist, ob der Asylsuchende bei Rückkehr in sein Heimatland der Gefahr politischer Verfolgung ausgesetzt wäre, wobei auf den Sachstand im Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung abzustellen ist, § 77 Abs. 1 AsylG. Hat der Ausländer sein Heimatland bzw. den Staat des gewöhnlichen Aufenthalts auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung verlassen, besteht Anspruch auf Verfolgungsschutz bereits dann, wenn er bei Rückkehr vor erneuter Verfolgung nicht hinreichend sicher sein kann (herabgestufter Prognosemaßstab). Ist der Ausländer hingegen unverfolgt ausgereist, hat er einen Anspruch auf Schutz nur, wenn ihm aufgrund asylrechtlich beachtlicher Nachfluchttatbestände mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht (gewöhnlicher Prognosemaßstab).
Das Gericht muss - für einen Erfolg des Antrags - die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Verfolgerland befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu (BVerwG, Urt. vom 16.04.1985, Buchholz 402.25 § 1 AsylG Nr. 32). Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumung von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen (BVerwG, Urt. vom 08.05.1984, Buchholz § 108 VwGO Nr. 147).
An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, Urteil vom 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylG Nr. 135; Beschluss vom 21.07.1989
In Anwendung dieser Grundsätze ist dem Kläger keine Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG zuzuerkennen. Es lässt sich nicht feststellen, dass der Kläger vor seiner Ausreise aus Äthiopien oder im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien landesweit von religiöser oder politischer Verfolgung betroffen war bzw. bedroht sein würde.
Der Vortrag des Klägers ist teilweise asylrechtlich irrelevant.
Die Vorgänge betreffend seinen Vater sind schon deshalb für die Vorverfolgung des Klägers irrelevant, weil Sippenhaft kein Instrument staatlichen Handelns in Äthiopien ist (BayVGH, B.v. 17.12.2004 - 9 ZB 04.30483 - juris; OVG Brandenburg, U.v. 14.4.2016 - 4 A 783/01.A - juris).
Die vom Kläger dargestellten Befragungen durch die Polizei und die Hausdurchsuchungen erreichen nicht die Schwelle des asylrechtlich relevanten Vorbringens, so dass sie unbeachtlich sind.
Darüber hinaus hat der Kläger bezüglich seiner Vorverfolgung einen Sachverhalt vorgetragen, der widersprüchlich und unglaubhaft ist. Das Gericht geht deshalb nicht davon aus, dass sich der geschilderte Sachverhalt ereignet hat.
Der Kläger hat schon zu seinen persönlichen Angaben unglaubhafte Ausführungen gemacht. Beim Bundesamt trug er vor, er habe die Schule im Jahr 2002 verlassen (Niederschrift, Seite 3 unten). In der mündlichen Verhandlung trug er vor, dies sei im Jahr 2005 gewesen. Erst auf Vorhalt räumte er ein, dass dies im Jahr 2002 gewesen sei. Wenn der Kläger bereits bei diesen persönlichen allgegenwärtigen Angaben derart widersprüchlich agiert, wirkt sich dies auf den gesamten Sachverhalt aus.
Auch die Vorgänge betreffend die Inhaftierung des Klägers sind unglaubhaft und widersprüchlich. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, bei der zweiten Inhaftierung sei er gefoltert worden und zwar mit Inhalieren von Rauch vom scharfem Paprika und Wassertrinken unter einem laufenden Wasserhahn. Ihm sei bei der Entlassung gesagt worden, wenn der Vater nicht gefunden würde, würde er in Haft bleiben oder getötet werden (Niederschrift, Seite 3). Beim Bundesamt hat der Kläger darüber gar nichts berichtet (Niederschrift, Seite 2, Seite 3 unten, Seite 6). Es handelt sich um eine erhebliche Steigerung des Vorbringens in der mündlichen Verhandlung, die das gesamte Vorbringen unglaubhaft macht. Die Einlassung des Klägers, „er habe das nicht wieder hochkommen lassen wollen“, überzeugt nicht.
Nach alledem hat der Kläger einen unglaubhaften Sachverhalt vorgetragen, der sich nach Ansicht des Gerichts nicht ereignet hat.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16a GG, weil er bezüglich seiner Vorverfolgung einen unglaubhaften Sachverhalt vorgetragen hat (vgl. oben).
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG. Ein unionsrechtliches Abschiebungsverbot zugunsten des Klägers ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass ihm bei einer Rückkehr nach Äthiopien Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG; § 60 Abs. 2 AufenthG a. F.) drohen könnte. Denn der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt zu seiner Vorverfolgung ist unglaubhaft; das Gericht geht davon aus, dass er sich nicht ereignet hat (vgl. oben).
Ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 AufenthG liegt offensichtlich nicht vor.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes gem. § 60 Abs. 5 AufenthG, da dessen Voraussetzungen offensichtlich nicht gegeben sind.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines Abschiebungsverbots gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Das heißt, es muss eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers drohen (BVerwG, B.v. 17.8.2011 - 10 B 13.11 - juris). Es ist nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Der Asylbewerber muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie und Medikamentenstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, auch wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entspricht (VG Düsseldorf, U.v. 24.3.2015 - 17 K 2897/14.A - juris). Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d. h. die drohende Rechtsgutsverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BayVGH, U.v. 23.7.2014 - 19 B 12.1073 - juris).
Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich ein Abschiebungsverbot derzeit nicht feststellen.
Der Kläger kann kein Abschiebungsverbot wegen der von Dr. P..., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie am
Die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Atteste des Dr. P... und der Therapiebericht der Dipl. Psychologin G... genügen nicht den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag einer Erkrankung an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).
Zwar lassen sich die Anforderungen an die Qualität eines Gutachtens zum Vorliegen einer PTBS nicht abstrakt bestimmen. In erster Linie ist es dem Sachverständigen überlassen, in welcher Art und Weise er seine Stellungnahme unterbreitet. Dabei ist auch zu bedenken, dass das Gericht bei den in diesem Zusammenhang entscheidungserheblichen medizinischen Fachfragen keine eigene, nicht durch entsprechenden medizinischen Sachverstand vermittelte Sachkunde besitzt (BVerwG
Bei der posttraumatischen Belastungsstörung handelt es sich um ein komplexes psychisches Krankheitsbild, bei dem nicht äußerlich feststellbare objektive Befundtatsachen, sondern innerpsychische Erlebnisse im Mittelpunkt stehen, so dass es entscheidend auf Glaubhaftigkeit und Nachvollziehbarkeit des geschilderten inneren Erlebens und der zugrunde liegenden faktischen äußeren Erlebnistatsachen ankommt. Aufgrund dieser Eigenart des Krankheitsbildes bestehen entsprechende Anforderungen an ärztliches Vorgehen und Diagnostik, die nur von Fachärzten für Psychiatrie oder für Psychotherapeutische Medizin erfüllt werden können. Angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptomatik gehört zur Substantiierung des Vorbringens einer Erkrankung an PTBS nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG
Das Attest der Dr. P...
Darüber hinaus ergibt sich aus den Attesten vom
Der Therapiebericht der Dipl.-Psychologin G...
Darüber hinaus ist die psychische Erkrankung des Klägers - falls eine Behandlung erforderlich sein sollte - in Äthiopien behandelbar. Nach dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes ist die medizinische Grundversorgung nur in Addis Abeba zufriedenstellend (Lagebericht des Auswärtigen Amtes
Zumindest in Addis Abeba könnte die psychotherapeutische Behandlung des Klägers durchgeführt werden. Ob der Abbruch der Behandlung ein Abschiebungshindernis darstellt, ist ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, das von der Ausländerbehörde vor der Abschiebung des Klägers zu prüfen ist.
Auch die von der Praxis K... am 17. Juni 2016 attestierten körperlichen Beschwerden sind in Äthiopien behandelbar, falls eine weitere Behandlung erforderlich sein sollte. Dass dies der Fall ist, ergibt sich aus dem vorgelegten Attest nicht (siehe oben).
Die Kosten für medizinische Behandlungen werden von privaten Krankenversicherungen nur eingeschränkt übernommen. Eine Pflichtversicherung gibt es nicht (o.g. Lagebericht
Der Kläger kann keinen Abschiebungsschutz wegen der harten Existenzbedingungen in Äthiopien beanspruchen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn er bei seiner Rückkehr einer extremen Gefahrenlage dergestalt ausgesetzt wäre, dass er im Falle der Abschiebung dorthin gleichsam „sehenden Auges“ dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert sein würde (vgl. BVerwG
Es ist für den Kläger sicher nicht leicht, in Äthiopien wieder Fuß zu fassen. Der Kläger hat in Äthiopien sieben Jahre lang die Schule besucht. Im Bundesgebiet wird er etwas Deutsch lernen können, so dass ihm als Rückkehrer ein Neustart in einem einfachen Beruf gelingen kann. Im Übrigen ist ihm zuzumuten, insb. anfangs, sich an Verwandte oder Freunde zu wenden, z. B. den Freund des Vaters (vgl. obige Ausführungen).
Die Klage hat auch gegen die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 30 Monate keinen Erfolg. Die Beklagte war nach § 11 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 75 Nr. 12 AufenthG zur Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) berufen. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist auch ermessensfehlerfrei getroffen worden. Das Vorliegen besonderer Umstände ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich. Die vorgenommene Befristung auf 30 Monate begegnet keinen Bedenken.
Die nach Maßgabe des § 34 Abs. 1 und des § 36 Abs. 1 AsylVfG erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden. Der Kläger besitzt keine Aufenthaltsgenehmigung und ist auch nicht als Asylberechtigter anerkannt.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Juli 2016 - M 12 K 16.31297
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Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Juli 2016 - M 12 K 16.31297 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
Die Verfolgung kann ausgehen von
- 1.
dem Staat, - 2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder - 3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden
- 1.
vom Staat oder - 2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.
(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.
(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
- 1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und - 2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.
(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.
(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.
(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.
(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:
- 1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder - 2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.
(1) Dieses Gesetz gilt für Ausländer, die Folgendes beantragen:
- 1.
Schutz vor politischer Verfolgung nach Artikel 16a Absatz 1 des Grundgesetzes oder - 2.
internationalen Schutz nach der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9); der internationale Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU umfasst den Schutz vor Verfolgung nach dem Abkommen vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560) und den subsidiären Schutz im Sinne der Richtlinie; der nach Maßgabe der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) gewährte internationale Schutz steht dem internationalen Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU gleich; § 104 Absatz 9 des Aufenthaltsgesetzes bleibt unberührt.
(2) Dieses Gesetz gilt nicht für heimatlose Ausländer im Sinne des Gesetzes über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 243-1, veröffentlichten bereinigten Fassung in der jeweils geltenden Fassung.
(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
- 1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe - 2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, - a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder - b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen, - 2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder - 3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er
- 1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder - 2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.
(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.
(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.
(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.
(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.
(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
- 1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, - 2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder - 3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen, - 2.
eine schwere Straftat begangen hat, - 3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder - 4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Kläger behaupten syrischer Staatsangehörigkeit und kurdischer Volks- sowie moslemischer Religionszugehörigkeit zu sein. Sie reisten gemeinsam Anfang Juli 2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 15. Juli 2013 beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.
3Im Rahmen der vor dem Bundesamt am 18. Juli 2013 durchgeführten ausführlichen Anhörung erklärten die Kläger zu 1. und 2. im Wesentlichen übereinstimmend hinsichtlich des Reisewegs, sie hätten am 24. Juli 2009 Syrien Richtung Italien per Flugzeug verlassen. Am Flughafen in Italien hätten sie einen Asylantrag gestellt, der zunächst erfolglos geblieben sei. Daher seien sie in die Schweiz weitergereist. Dort hätten sie ebenfalls, allerdings erfolglos, um Asyl nachgesucht um dann kurze Zeit später wieder zurück nach Italien zu gehen. Der dort erneut gestellte Asylantrag sei jetzt erfolgreich gewesen. Sie hätten einen Schutztitel erhalten und zunächst bis 2015 befristet einen Aufenthaltstitel innegehabt. In Italien sei auch ihr zweiter Sohn, der Kläger zu 4. geboren worden. Sie seien dann mehr als ein Jahr in Italien geblieben, bis die Polizei ihnen gesagt habe, sie müssten gehen. Die Lage in Italien sei allgemein schlecht gewesen; sie hätten zwei Monate lange keine staatliche Unterstützung in Form von Geldleistungen erhalten. Daher seien sie weiter nach Frankreich gezogen, die Kläger zu 1. und 3. sowie 4. hätten dort wieder einen Asylantrag gestellt, der Kläger zu 2. nicht, da er erst einmal die Erfolgsaussichten bei den übrigen Klägern habe abwarten wollen; man habe ihm gesagt es sei leichter für eine vermeintlich alleinerziehende Frau mit zwei kleinen Kindern einen Titel zu bekommen. Nachdem indes dort der Asylantrag erfolglos war, seien sie nach 2 Monaten weiter nach Schweden gereist, wo sie sich ebenfalls deutlich über ein Jahr aufgehalten hätten. Die dort wieder für alle Kläger gestellten Asylanträge wurden abgelehnt; daraufhin seien sie Anfang Juli 2013 nach Italien abgeschoben worden. Dort hätten sie nicht bleiben wollen und seien bereits nach einer Woche mit dem Bus in die Bundesrepublik gefahren um hier Asyl zu beantragen. Sämtliche Papiere über ihre verschiedenen Aufenthalte in der Europäischen Union seien letztlich in der Bundesrepublik gestohlen worden. Einwände, dass ihr Asylantrag in Italien geprüft werde, hätten sie nicht. Auch gaben die Kläger zu 1. und 2. an, sie seien nicht behandlungsbedürftig erkrankt; allerdings sei der Kläger zu 3. psychisch angeschlagen, er spreche praktisch nicht mehr und der Kläger zu 4. könne auch keine Sprache richtig. Sie wollten nicht mehr von Land zu Land ziehen. Im Übrigen machten sie Ausführungen zu ihren Fluchtgründen aus Syrien. Dabei gab der Kläger zu 2. noch an, er sei bereits wegen vermeintlicher Verfolgung 2002 in der Slowakei, dann in Österreich und zuletzt für fast 13 Monate in Schweden gewesen; da dort damals Syrer keinen Aufenthaltstitel bekommen hätten, habe er sich unter fremden Personalien als Iraker ausgegeben. 2003 sei er dann freiwillig wieder zurück nach Syrien geflogen. Die Kläger machten bei einer Kurzbefragung am 15. Juli 2013 zum Teil geringfügig abweichende Zeitangaben über ihren Aufenthalt in den jeweiligen Staaten der Europäischen Union.
4Ein von der Beklagten durchgeführter Datenabgleich ergab, dass die Kläger zu 1. und 2. am 24. Juli 2009 in Italien erstmals erfasst wurden. Das am 20. November 2013 für alle Kläger an Italien gestellte Wiederaufnahmegesuch wurde vom italienischen Innenministerium am 28. November 2013 zurückgewiesen, da jedenfalls den Klägern zu 1. und 2. die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei.
5Der am 15. Juli 2013 beim Bundesamt gestellte Asylantrag wurde von dem seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten der Kläger mit Schriftsatz vom 5. August 2013 zurückgenommen.
6Mit Bescheid vom 17. April 2014 stellte das Bundesamt fest, dass den Klägern in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe und ordnete die Abschiebung nach Italien an. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, sie seien aus einem sicheren Drittstaat -Italien- eingereist und hätten dort den Flüchtlingsstatus zuerkannt bekommen. Es sei daher nicht mehr über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes oder über Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Aufenthaltsgesetz -AufenthG- zu befinden.
7Gegen den Bescheid haben die Kläger am 29. April 2014 Klage erhoben und zugleich um gerichtlichen Eilrechtsschutz nachgesucht, den das Gericht mit Beschluss vom 17. Juli 2014 (17 L 1018/14.A) abgelehnt hat, da keine systemischen Mängel hinsichtlich Italiens vorlägen und darüber hinaus die Kläger keine beachtlichen, in ihrer Person liegenden, Gründe für ein Absehen von einer Überstellung nach Italien geltend gemacht hätten. Dies gelte insbesondere für die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1. und die Sprachentwicklungsstörung des Klägers zu 3. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse seien nicht gegeben. Die gegen den unanfechtbaren Beschluss erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen mit Beschluss vom 23. Juli 2014 als unzulässig (14 B 853/14.A) verworfen.
8Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Bezug genommen auf das Vorbringen im gerichtlichen Eilverfahren. Die Beklagte habe die Maßgaben der Verordnung (EG) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III VO) nicht hinreichend beachtet. In Italien seien die Kläger der Gefahr unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt. Ungeachtet dessen lägen humanitäre Gründe vor, die die Ausübung des sog. Selbsteintrittsrechts geböten. Die Kläger zu 1. und 3. seien schwerwiegend erkrankt. Dazu wurden diverse Atteste und Unterlagen betreffend eine im Wesentlichen schwere posttraumatische Belastungsstörung und eine schwere depressive Symptomatik mit rezidivierender Suizidalität (Fachärztliche Atteste vom 29. April, 10. Juli, 11. sowie 20. August 2014, Bericht des St. W. Hospitals vom 22. Juli 2014) nebst Blutungsstörungen (Attest der Frauenärztin vom 24. August 2014) für die Klägerin zu 1. vorgelegt sowie hinsichtlich des Klägers zu 3. u.a. einer Sprachentwicklungsstörung mit Dyslalie und Dysgrammatismus (Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014, Fachärztliche Bescheinigung vom 22. Mai und 14. August 2014, Bescheinigung des N. Klinikums vom 20. Juni 2014). Eine Behandlung sei in Italien nicht möglich; auch sei von einer Reiseunfähigkeit auszugehen.
9Ungeachtet dessen hätten die minderjährigen Kläger zu 3. und 4. (2009 und 2010 geboren) nur einen Asylantrag bei der Beklagten, nicht aber in Italien gestellt.
10Die Kläger beantragen,
11den Bescheid der Beklagten vom 17. April 2014 aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Zur Begründung nimmt sie auf die Gründe des angefochtenen Bescheids des Bundesamtes Bezug.
15Die für die Kläger zuständige Ausländerbehörde hat mit Schreiben vom 3. September 2014 u.a. mitgeteilt, dass für den eventuellen Abschiebevorgang bereits vorgegeben worden sei, ein Arzt müsse anwesend sein. Darüber hinaus habe man für Maßnahmen bei Ankunft in Italien die italienischen Behörden über die geplante Abschiebung und über die psychische Erkrankung der Klägerin zu 1. informiert und angefragt, ob noch weitere Informationen für die Bereitstellung eines Arztes vor Ort zum Empfang der Familie geboten wären. Auch wurde ein Hinweis auf eine eventuell erforderliche stationäre Unterbringung erteilt. Am 8. September 2014 wurde die Klägerin zu 1. amtsärztlich begutachtet; Aussagen zu einer psychischen Erkrankung wurden nicht getroffen.
16Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und den des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.
17Entscheidungsgründe:
18A. Die Klage hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Frage ihrer Zulässigkeit (I.) ist sie jedenfalls unbegründet (II.).
19I. Die Klage ist zwar als Anfechtungsklage statthaft (1.), jedoch vermag die Frage eines (teilweisen) Entfalls des Rechtsschutzbedürfnisses offen zu bleiben (2.).
201. Die Klage gegen den Bescheid vom 17. April 2014 ist als (isolierte) Anfechtungsklage statthaft. Rechtsgrundlage für die unter Ziffer 1 des Bescheides getroffene angefochtene Entscheidung ist § 26a Asylverfahrensgesetz -AsylVfG-, wonach sich ein Ausländer, der aus einem sicheren Drittstaat im Sinne des Artikels 16a Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz -GG- (sicherer Drittstaat) eingereist ist, sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen kann. Die mit diesem Ausspruch regelmäßig verbundene Abschiebungsanordnung findet ihre Grundlage in § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG. Die Entscheidungen nach §§ 26a und 34a Abs. 1 AsylVfG stellen belastende Verwaltungsakte im Sinne des § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz dar, deren isolierte Aufhebung – anders als in sonstigen Fällen eines Verpflichtungsbegehrens – ausnahmsweise zulässig ist, weil deren Beseitigung grundsätzlich ein weiteres Prüfprogramm des Bundesamtes auszulösen vermag,
21vgl. zu § 27a AsylVfG OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris Rn. 28 ff.; siehe aber für den Fall einer ausländischen Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft: BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 29ff., wonach ein Anspruch auf erneuten nationalen Flüchtlingsschutz in solchen Fällen nicht besteht und insoweit bereits das Rechtsschutzbedürfnis für eine weitere Statusentscheidung fehlen dürfte.
222. Indes spricht Einiges dafür, dass jedenfalls teilweise das Rechtsschutzbedürfnis der Klage entfallen sein könnte. Denn der frühere Prozessbevollmächtigte der Kläger hat im Asylverfahren die am 15. Juli 2013 gestellten Asylanträge für alle Kläger mit Schriftsatz vom 5. August 2013 ohne Einschränkungen zurückgenommen; danach wäre das Verwaltungsverfahren einzustellen gewesen (vgl. § 32 Satz 1 AsylVfG). Ob vor diesem Hintergrund überhaupt noch ein Interesse an einer isolierten Aufhebung der negativen Entscheidung des Bundesamtes zu Ziff. 1. des angefochtenen Bescheides besteht, bedarf indes keiner Vertiefung, da der Klage in der Sache in Gänze der Erfolg verwehrt bleibt (II.).
23II. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes vom 17. April 2014 ist zu dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG) rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
24Das Bundesamt hat zu Recht gemäß §§ 26a, 31 Abs. 4 Satz 1 AsylVfG festgestellt, dass den Klägern aufgrund ihrer Einreise aus einem sicherem Drittstaat kein Asylrecht zusteht (1.) und die Abschiebung nach Italien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 AsylVfG angeordnet (2.).
251. Italien ist sicherer Drittstaat im Sinne von § 26a AsylVfG. Nach § 26a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG kann sich ein Ausländer nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen, wenn er aus einem Drittstaat im Sinne des Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG eingereist ist.
26a. Der Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§ 26a, 31 Abs. 4 AsylVfG geht entgegen der Ansicht der Kläger nicht die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedsstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (sog. Dublin II VO) vor. Zwar wäre diese Verordnung und nicht die nachfolgende Dublin III VO grundsätzlich noch einschlägig, da sowohl der Asylantrag als auch das Wiederaufnahmegesuch noch im Jahre 2013 gestellt wurden (vgl. Art. 49 Abs. 2 Dublin III VO,
27vgl. insoweit nunmehr auch BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 27),
28jedoch findet das Regelwerk der Dublin II VO -ebenso wie die Dublin III VO- keine Anwendung mehr auf Ausländer, die in Deutschland einen Asylantrag gestellt haben, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union – hier in Italien – Flüchtlingsschutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Richtlinie 2011/95/EU) zuerkannt worden ist,
29vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Juli 2014 - 17 L 1018/14.A; VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 – 6 L 104/13.A, juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. Juni 2013 ‑ 6 K 7204/12.A, juris; Funke-Kaiser, in: GK-AsylVfG, Stand: November 2013, § 27a AsylVfG Rn. 34; angedeutet in BVerwG, Urteil vom 17. Juni 2014 - 10 C 7/13, juris Rn. 26.
30Dies ist für die Kläger zu 1. bis 4. der Fall, auf die entsprechenden Mitteilungen in dem Verwaltungsvorgang des Bundesamtes für die Kläger zu 1. und 2. wird verwiesen; im Übrigen wird auf die Ausführungen im vorangegangenen Eilverfahren 17 L 1018/14.A Bezug genommen (dort S. 3f.), die sich unter dem Maßstab des Hauptsacheverfahrens zu eigen gemacht werden. Es spricht nichts dafür, dass den im Zeitpunkt des Aufenthalts in Italien Kleinstkindern (bei Einreise nach Italien 2009 war der Kläger zu 3. unter einem Jahr alt und der Kläger zu 4. ist in Italien 2010 geboren worden) nicht auch Flüchtlingsschutz oder über die Eltern, die Kläger zu 1. und 2., abgeleiteter Schutz zuerkannt wurde. Für eine Ausübung des in Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO geregelten Selbsteintrittsrechts der Mitgliedstaaten ist daher ebenfalls von vornherein kein Raum mehr. Hieraus folgt zugleich, dass die Kläger mit ihrem Vortrag, aufgrund ihnen in Italien drohender Gesundheitsgefahren lägen „systemische Mängel im Asylverfahren“ vor, die den um Überstellung ersuchenden Mitgliedstaat zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts verpflichteten, nicht durchdringen können.
31Selbst wenn indes der Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger unterstellt, die minderjährigen Kläger zu 3. und 4. in Italien formal (noch) keinen Flüchtlingsschutz erhalten haben sollten, mag dies allenfalls zwar insoweit zu einer Anwendung der Dublin II VO für diese, nicht jedoch zu einer Änderung in der Sache führen. Die erkennende Kammer hat in ständiger Rechtsprechung bereits entschieden, in Italien seien systemische Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit nicht auszumachen,
32vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; zuletzt für minderjährige Kinder: VG Düsseldorf, Beschluss vom 12. Mai 2014 - 17 L 930/14.A.; auch bei Erkrankungen und zur Gesundheitsfürsorge für Asylbewerber zuletzt: VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris.
33Diese Rechtsauffassung hat jüngst in einer Grundsatzentscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen, auf die entsprechend Bezug genommen wird, Bestätigung gefunden,
34vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
35Auch die weiteren, hier unterstellt für die Kläger zu 3. und 4. anwendbaren, Vorschriften der Dublin II VO führten nicht zu einem sonstigen Übergang der Zuständigkeit auf die Beklagte. Insbesondere wäre die ursprünglich nach Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO gegebene Zuständigkeit Italiens (illegale Einreise über den Luftweg) nicht gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO auf die Beklagte übergegangen. Gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO hat der Mitgliedstaat, in dem ein Asylantrag gestellt wurde, der einen anderen Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags für zuständig hält, diesen in jedem Fall innerhalb von drei Monaten nach Einreichung des Antrags zu ersuchen, den Asylbewerber aufzunehmen. Bei Überschreitung der Frist nach Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO geht nach Satz 2 die Zuständigkeit auf den ersuchenden Staat über. Zwar hat das Bundesamt hier erst am 20. November 2013 – also etwa vier Monate nach Stellung des Asylantrages am 15. Juli 2013 in der Bundesrepublik – ein Übernahmegesuch an Italien gestellt. Diese Fristüberschreitung führt aber nicht zur Zuständigkeit der Beklagten. Die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO ist unmittelbar nur im Rahmen des Aufnahmeverfahrens anwendbar, nicht aber in Fällen des – hier ausweislich der Verwaltungsvorgänge und der entsprechenden Anfrage des Bundesamtes gegebenen – Wiederaufnahmegesuchs, welches Italien (nur) für die Kläger zu 3. und 4. (vgl. Bl. 129R des Verwaltungsvorganges) durch Nichtbeantwortung konkludent angenommen hat (vgl. Art. 20 Abs. 1 lit. c Dublin II VO),
36vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2014 - 10 B 16.14, Rn. 13.
37Ungeachtet dessen und den Vortrag des Prozessbevollmächtigten der Kläger zu 3. und 4. wiederum aufgreifend, diese hätten überhaupt keinen Asylantrag in Italien gestellt, mit der Konsequenz, dass es sich dann um ein Aufnahmeverfahren handeln würde und die Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO anwendbar wäre, führte die Klage aufgrund der Nichteinhaltung der Frist bzw. der Folge gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Dublin II VO auch deshalb nicht zum Erfolg, weil die Vorschrift den Klägern kein subjektives Recht vermittelte,
38vgl. dazu näher std. Rspr. der Kammer, zuletzt VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 ‑ 17 K 4737/12.A, juris Rn. 34ff. m.w.N.; in diese Richtung auch OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 ‑ 1 A 21/12.A, juris Rn. 43ff.
39Im Einzelfall kann es bei beachtlicher Überschreitung der Frist des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO ggfs. auch in Fällen in denen überhaupt keine Frist läuft dem ersuchenden Mitgliedstaat zwar verwehrt sein, sich auf die Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates zu berufen,
40vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 6. Februar 2013 – 17 L 150/13.A, juris.
41Denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs hat der Mitgliedstaat, in dem sich der Asylbewerber befindet, darauf zu achten, dass eine Situation, in der die Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, nicht durch ein unangemessen langes Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats verschlimmert wird,
42vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10, juris Rn. 98, 108.
43Nicht jede Fristüberschreitung oder jeder längere Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat führt jedoch zugleich zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer; vielmehr bedarf es des Hinzutretens eines weiteren Zeitmoments. Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer ist von einer unangemessen langen Verfahrensdauer ohne hinzutreten besonderer Umstände des Einzelfalls in aller Regel erst dann auszugehen, wenn eine Überschreitung von mehr als sechs Monaten vorliegt, also zwischen Asylantragstellung und Stellung eines Übernahmegesuchs mehr als neun Monate vergangen sind,
44std. Rspr. näher VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris Rn. 40ff., m.w.N.
45Da die hier gegebene Überschreitung der Dreimonatsfrist gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 Dublin II VO um etwas mehr als einen Monat bzw. der Aufenthalt im Bundesgebiet von etwas mehr als vier Monaten ab Asylantragstellung demgemäß nicht zu einer unangemessen langen Verfahrensdauer führt, wäre es der Beklagten nicht verwehrt, sich insoweit auf die Zuständigkeit Italiens für die Kläger zu 3. und 4. zu berufen.
46Weitere etwaig zu beachtenden Fristen der Dublin II VO sind nicht überschritten, entsprechendes ist auch nicht vorgetragen. Im Übrigen begründeten diese auch kein subjektives Recht für die Kläger aus den zuvor genannten Erwägungen in den in Bezug genommenen Entscheidungen. Eine unangemessen lange Verfahrensdauer wäre auch nicht ersichtlich.
47Die Beklagte hat schließlich entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger auch nicht -nach wie vor davon ausgegangen, die Dublin II VO fände Anwendung- konkludent ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO ausgeübt. Die bloße ‑schon von Amts wegen gebotene (vgl. § 24 AsylVfG)‑ Befassung des Bundesamtes mit dem Asylbegehren der Kläger und die Absetzung einer negativen Entscheidung führt dazu nicht. Etwas anderes würde heißen, es käme in jedem Fall der Asylantragstellung gleichsam zwingend zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts. Dies findet im Gesetz und erst Recht in der Dublin II VO keine Stütze, was sich nicht zuletzt schon aus dem Regel-Ausnahme-Verhältnis von Art. 3 Abs. 1 zu Art. 3 Abs. 2 Dublin II VO ergibt.
48b. Italien ist als Mitgliedstaat der Europäischen Union ein „sicherer Drittstaat“ im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG.
49aa. Der vorgenannten Verfassungsnorm liegt das „Konzept der normativen Vergewisserung“ über die Sicherheit im Drittstaat zugrunde. Diese normative Vergewisserung bezieht sich darauf, dass der Drittstaat einem Betroffenen, der sein Gebiet als Flüchtling erreicht hat, den nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), der Konvention zum Schutze der Menschenrechte (EMRK) und den Grundfreiheiten gebotenen Schutz vor politischer Verfolgung und anderen ihm im Herkunftsstaat drohenden schwerwiegenden Beeinträchtigungen seines Lebens, seiner Gesundheit oder seiner Freiheit gewährt. Damit entfällt das Bedürfnis, ihm Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu bieten. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union gelten als sicher kraft Entscheidung der Verfassung,
50vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93, 2 BvR 22 BvR 2315/93, juris Rn. 181.
51Dieses nationale Konzept steht im Einklang mit dem hinter der Schaffung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (vgl. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union) stehenden „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“. Selbiges beruht auf der Annahme, alle daran beteiligten Staaten, ob Mitgliedstaaten oder Drittstaaten, beachteten die Grundrechte, einschließlich der Rechte, die ihre Grundlage in der Richtlinie 2011/95/EU, der GFK sowie in der EMRK finden, und dass die Mitgliedstaaten einander insoweit Vertrauen entgegenbringen dürfen. Unter diesen Bedingungen muss die - freilich widerlegbare - Vermutung gelten, die Behandlung der Kläger als schutzberechtigt anerkannter Ausländer stehe in jedem einzelnen Mitgliedstaat in Einklang mit den genannten Rechten,
52vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10, juris Rn. 10 ff., 75, 78, 80.
53Das zugrunde gelegt, greift die „sichere Drittstaatenregelung“ (nur) dann nicht, wenn sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ nicht aufgefangen werde,
54vgl. EuGH, Urteil vom 10. Dezember 2013 – C-394/12, juris Rn. 52 f., 60 zum „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“; BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 – 2 BvR 1938/93, juris Rn. 189 zum „Konzept der normativen Vergewisserung“.
55Von einem solchen Fall ist dann auszugehen, wenn es ernst zu nehmende und durch Tatsachen gestützte Gründe dafür gibt, dass in dem Mitgliedstaat, in den abgeschoben werden soll, in verfahrensrechtlicher oder materieller Hinsicht nach aktuellen Erkenntnissen kein hinreichender Schutz gewährt wird.
56Der Bezugspunkt für die Beurteilung des hinreichenden Schutzes hängt davon ab, ob der Ausländer bereits einen Schutzstatus in dem Land, in das er abgeschoben werden soll, erhalten hat oder nicht. Nur in letzterem Fall ist darauf abzustellen, ob das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber im zuständigen Mitgliedstaat systemische, dem ersuchenden Mitgliedstaat nicht unbekannte Mängel aufweisen, die für den Asylbewerber eine tatsächliche Gefahr begründen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta) bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein,
57vgl. etwa EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 – C-411/10 und C-493/10, juris Rn. 78 f., 84 ff. und 94.
58Unterstellt für die Kläger zu 3. und 4. wäre die Dublin II VO einschlägig, lägen keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und/oder der Aufnahmebedingungen einschließlich der Gesundheitsversorgung derzeit vor. Insoweit wird auf die Ausführungen und die Rechtsprechungszitate unter A. II. 1. a. Bezug genommen.
59Haben die Kläger indes – wovon hier nach den obigen Darlegungen ausgegangen wird – bereits einen Schutzstatus erhalten, ist darauf abzustellen, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedstaat im Sinne von Art. 4 / Art. 19 Abs. 2 Grundrechtecharta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein.
60Dass die Verhältnisse in Italien diesbezüglich hinter dem unionsrechtlich vorgesehenen Flüchtlingsschutz dergestalt zurückbleiben, ist nach dem für die Entscheidung nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt nicht zu erkennen. Insoweit werden sich die ausführlichen Darlegungen aus dem vorangegangenen Eilverfahren zu Eigen gemacht (vgl. 17 L 1018/14.A, dort S. 6ff. m.w.N.), denen die Kläger nichts entscheidungserhebliches mehr entgegen gesetzt haben. Sie gelten auch unter dem Prüfungsmaßstab des Hauptsacheverfahrens fort.
61Die vorhandenen und ebenfalls im vorzitierten Beschluss ausgeführten Defizite bei der Unterbringung und der gesundheitlichen Versorgung reichen nicht dafür aus, Italien generell nicht mehr als sicheren Drittstaat anzusehen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass insoweit Art. 3 EMRK die Konventionsstaaten auch nicht etwa dazu verpflichtet, Schutzberechtigten ein Recht auf Unterkunft zu geben oder sie finanziell zu unterstützen, um ihnen einen gewissen Lebensstandard einschließlich bestimmter Standards medizinischer Versorgung zu ermöglichen,
62vgl. EGMR, Urteil vom 21. Januar 2011 – 30969/09, juris Rn. 249; OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris Rn. 118.
63Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK zu überschreiten,
64vgl. EGMR, Beschluss vom 2. April 2013 – 27725/10, juris.
65Art. 3 EMRK ist im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährenden angemessenen materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Antragsteller auf bestimmte materielle Lebens- und Sozialbedingungen selbst,
66vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A, juris Rn. 43, m.w.N.
67Die Kläger müssen sich nach alledem daher auf den in Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandard – somit auch auf den medizinischen Behandlungs- und Medikamentationsstandard – verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte,
68vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 15. April 2013 – 17 L 660/13.A, juris Rn. 42, s.a. OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 – 13 A 2160/04.A, juris (noch zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG).
69Entgegen der Ansicht des Prozessbevollmächtigten der Kläger ist es auch nicht maßgeblich, wie ein vor der Großen Kammer des EGMR anhängiges und im Februar 2014 verhandeltes Verfahren zu Italien (offenbar Tarakhel ./. Schweiz; EGMR 29217/12) entschieden wird. Es ist ungewiss, inwieweit der EGMR in jenem Verfahren fallübergreifende Feststellungen zu den Verhältnissen in Italien treffen oder die konkreten Verhältnisse des zu entscheidenden Falles -ungeachtet der Frage, ob es sich überhaupt bei den Beschwerdeführern um anerkannte Flüchtlinge handelt- in den Vordergrund stellen wird; die Entscheidung hierzu steht -soweit ersichtlich- noch aus. Unbeschadet dessen bestand jedoch keine Veranlassung, zur Gewinnung der für die Entscheidungsfindung erforderlichen Überzeugung noch weitere Gutachten, Auskünfte oder Stellungnahmen zur Situation der anerkannten Flüchtlinge in Italien einzuholen. Denn die vorliegenden Erkenntnismittel haben im Ergebnis ausgereicht, dem Gericht diese Überzeugung bereits in einem ausreichenden Maße zu vermitteln.
70bb. Die Kläger gehören auch nicht zu einer gegebenenfalls besonders schutzbedürftigen Personengruppe.
71Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen kann es zwar im Einzelfall aus individuellen, in der Person der Kläger liegenden und damit von dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ bzw. dem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ von vornherein nicht erfassten Gründen – wenn auch nur vorübergehend – geboten sein, von Überstellungen in den anderen Mitgliedstaat abzusehen. Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Ausnahmefalls kann geben, ob einer der Kläger eine Personen mit besonderen Bedürfnissen gemäß Art. 20 Abs. 3 Richtlinie 2011/95/EU ist und er nach einer Einzelfallprüfung entsprechend eingestuft wurde.
72Beachtliche, in der Person der Kläger liegende Gründe von der Überstellung nach Italien abzusehen liegen indes nicht vor.
73Unterstellt, es läge die fachärztlich schließlich zuletzt diagnostizierte psychische Erkrankung der Klägerin zu 1., nämlich eine schwere posttraumatische Belastungsstörung sowie eine schwere depressive Symptomatik mit rezidivierender Suizidalität (vgl. Atteste des Facharztes F. -L. vom 29. April, 10. Juli sowie 11. und 20. August 2014 nebst Notfallambulanzbericht des St. W. Hospitals vom 22. Juli 2014) vor, ist weiter nicht nachvollziehbar vorgetragen, diese seien in Italien nicht behandelbar bzw. auch eine entsprechende Medikamentation unmöglich. Gleiches gilt für die am 24. August 2014 durch die Frauenärztin Dr. T. diagnostizierte Erkrankung, die Klägerin zu 1. leide an ‑zunächst medikamentierbaren‑ Blutungsstörungen (offenbar vaginaler Blutverlust, vgl. amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014). Nach derzeitiger gerichtlicher Erkenntnislage sind die Gesundheitsversorgung und der Zugang zu ihr vielmehr in Italien sowohl für Asylbewerber wie für anerkannte Flüchtlinge trotz zuweilen auftretender zumutbarer praktischer Erschwernisse hinreichend gewährleistet. Es wurde bereits dargelegt, dass bei anerkannt Schutzberechtigten -und damit insoweit unstreitig der Klägerin zu 1.- bei der medizinischen Versorgung dieselben Rechte wie italienischen Staatsangehörigen zustehen. Die -dem Flüchtling ohne Weiteres zumutbare- Anmeldung beim Servizio Sanitario Nazionale ist obligatorisch und ermöglicht die Ausstellung eines Gesundheitsausweises, der zur Behandlung bei einem praktischen Arzt, Kinderarzt, in Ambulanzen und bei Spezialisten oder zur Aufnahme in ein Krankenhaus berechtigt (siehe zuvor A. II. 1. b. aa. nebst den in Bezug genommenen Ausführungen in 17 L 1018/14.A). Es existiert ferner kostenfreier Zugang zu allen medizinischen öffentlichen Leistungen (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus); die stets bestehende Notambulanz ist -sogar ungeachtet einer Registrierung - für alle Personen ebenfalls kostenfrei zugänglich,
74vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1; borderline-europe e.V. vom Dezember 2012, S. 46.
75Eine ärztliche Versorgung ist ausweislich der Erkenntnislage auch gewährleistet, sofern es um die Behandlung von psychischen bzw. traumatischen Erkrankungen geht,
76vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 8.1; Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25f., aufgerufen am 9. September 2014 unter: www.rom.diplo.de/contentblob/4055570/Daten/.../sozialpol_it_pdf.pdf.
77Es ist danach nicht erkennbar, die Klägerin zu 1. könnte in Italien unzureichend behandelt werden. Schließlich lassen ihre Ausführungen beim Bundesamt (etwa im Jahre 2009/2010 sehr schlechte Lage im Asylheim in Italien, angebliche Unterbringung mit „kriminell auffälligen Menschen“ [Attest vom 20. August 2014], erforderliche neue Unterkunft nach sechs Monaten, phasenweise Obdachlosigkeit, zwei Monate keine Sozialhilfe) eine besondere Schutzbedürftigkeit hier nicht erkennen.
78Hinsichtlich des etwas über fünfzigjährigen Klägers zu 2. ist ebenso nichts vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass nicht jedenfalls er sich um den Lebensunterhalt und die Versorgung seiner Familie wird kümmern können. Auch seine Ausführungen beim Bundesamt lassen eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht erkennen (Anhörung am 18. Juli 2013: „Ich fühle mich gesund … Ich bin nicht behandlungsbedürftig erkrankt“); schließlich hat er -wie übrigens die Klägerin zu 1. auch- bei seiner dortigen Anhörung keine Einwände erhoben, dass sein Antrag in Italien wieder geprüft werde (Anhörung Frage 24).
79Endlich begründet allein die Minderjährigkeit der Kläger zu 3. (ca. 5 Jahre) und 4. (ca. 4 Jahre) eine besondere Schutzbedürftigkeit nicht. Sie sollen gemeinsam mit ihren Eltern, den Klägern zu 1. und 2., nach Italien zurückgeführt werden; Anhaltspunkte für ‑hinreichend beachtliche‑ Erkrankungen bei dem Kläger zu 4. sind weder vorgebracht noch ersichtlich. Hinsichtlich des Klägers zu 3. liegt offenbar eine Entwicklungsstörung des Sprechens oder der Sprache (Dyslalie sowie Dysgrammatismus) vor, wobei neurologische oder sonstige pädiatrische Besonderheiten nicht festgestellt wurden (siehe Heilmittelverordnung vom 21. Mai 2014). Im Attest des Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin, Dr. U. , vom 22. Mai 2014 wurde ferner, noch ohne nähere Ausführungen dazu „frühkindlicher Autismus“ (in dem Überweisungsschein an die Ausländerbehörde hieß es einen Tag zuvor noch zum frühkindlichen Autismus „z.A.“ [zur Abklärung]) sowie eine „Verhaltens- und emotionale Störung mit Beginn der Kindheit“ diagnostiziert und diverse Therapiemaßnahmen vorgeschlagen (u.a. Einzeltherapie mit begleitender Elternarbeit; Kooperation der Therapeuten mit dem Kindergarten bzw. dem Sozialamt; Gewährleistung eines Lebensortes, der das Risiko der Störungen minimiere). Das N1. Klinikum in E. befand am 20. Juni 2014, es liege im Wesentlichen eine Sprachentwicklungsstörung mit lexikalisch-semantischer Störung und Dysgrammatismus sowie eine bedeutende Familiensituation vor. Es wurde u.a. eine logopädische Therapie empfohlen. Dies bestätigt im Kern das weitere Attest des Dr. U. vom 14. August 2014. Auch diese diagnostizierten Erkrankungen können in Italien hinreichend behandelt werden; dies gilt selbst wenn sich frühkindlicher Autismus bestätigen und wenn der Hinweis in der Bescheinigung des N1. Klinikums auf die bedeutende Familiensituation auf eine psychische Belastung des Klägers zu 3. hindeuten sollte, denn beides wäre in Italien grundsätzlich behandelbar. Es besteht für anerkannte Schutzberechtigte, wie für italienische Staatsbürger, freie Arztwahl. Zwar muss zunächst -abgesehen von Notfällen- ein Hausarzt aufgesucht werden, der dann eine Überweisung an einen Spezialisten, wie einen Kinderarzt oder das Krankenhaus, vornimmt. Gegebenenfalls muss auch bei Fachärzten mit langen Wartezeiten für Termine gerechnet werden, dies trifft aber Italiener gleichermaßen und ist zumutbar, zumal sich insoweit das System in diesem Punkt nicht grundlegend von dem hiesigen unterscheidet,
80vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 26; Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2.
81Soweit die Kläger zu. 3. und 4., die Argumentation des Prozessbevollmächtigten unterstellt, keine in Italien anerkannten Flüchtlinge wären und unter das Regime der Dublin II VO fielen (s.o. A. II. 1. a.), ergäbe sich nichts anderes. Denn eine besondere Schutzbedürftigkeit des -insoweit allein erkrankten- Klägers zu 3., die die Geltendmachung des Selbsteintrittsrechts der Bundesrepublik Deutschland geböte, ist nicht gegeben. Die behaupteten Erkrankungen wären im Falle des in Italien noch laufenden Asylverfahrens behandelbar und auch der zumutbare Zugang zu einer Behandlung gewährleistet,
82vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2; s. auch OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2014 - 14 A 1613/13.A; VG Düsseldorf, Urteil vom 26. April 2013 - 17 K 1777/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 24. Mai 2013 - 17 K 7223/12.A, juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 27. August 2013 - 17 K 4737/12.A, juris, jew. m.w.N.; i.Ü. grundsätzlich OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A, juris.
83cc. Schließlich liegt keine (weitere) der vom Bundesverfassungsgericht zur Abschiebungsanordnung nach §§ 34a Abs. 1, 26a AsylVfG gebildeten Fallgruppen zur Bestimmung der Ausnahmen vom „Konzept der normativen Vergewisserung“ vor,
84vgl. BVerfG, Urteil vom 14. Mai 1996 ‑ 2 BvR 1938/93, juris Rn. 189.
85Weder droht den Klägern in Italien die Todesstrafe, noch besteht die erhebliche konkrete Gefahr dafür, dass sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überstellung dort Opfer eines Verbrechens werden, welches zu verhindern nicht in der Macht Italiens steht. Zudem ist nicht ersichtlich, dass Italien selbst zum Verfolgerstaat werden wird.
862. Ebenso ist die Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG rechtmäßig und es steht fest, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann.
87a. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote liegen nicht vor. Für die Kläger besteht in Italien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
88Eine Gefahr im Sinne dieser Norm für die dort benannten Rechtsgüter ist erheblich, wenn eine Beeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände im Zielstaat wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Konkret ist eine derartige Gefahr, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr eintritt,
89vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2006 - 1 C 18.05, juris Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 25. November 1997 - 9 C 58.96, juris Rn. 13.
90Dies ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Behandlung und auch der Zugang zu ihr für sämtliche der von der Klägerin zu 1. geltend gemachten Erkrankungen in Italien zureichend gewährleistet ist (vgl. A II 1 b. bb.). Daher drohen ihr keine der in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebene Gefahren mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
91Gleiches gilt für den Kläger zu 3. Denn auch seine Erkrankungen (vgl. zu ihnen bereits unter A. II. 1. b. bb.) können in Italien behandelt und therapiert werden, insbesondere ist eine kinderärztliche Betreuung sowie sind sonstige adäquate medizinische Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten gegeben und zugänglich,
92vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft vom 21. Januar 2013, Ziff. 6.2, 7., 8.1.
93Soweit im Attest vom 22. Mai 2014 die Rede davon ist, eine Rückführung der Familie in ihre Heimat würde die Symptomatik verstärken, wird ungeachtet dessen angemerkt, dass eine Rückführung gemeinsam mit seiner Familie in einen sicheren Mitgliedstaat der Europäischen Union ansteht, nicht aber die Abschiebung in die Heimat - nämlich Syrien - selbst. Wenn im zitierten Attest weiter ausgeführt wird, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus der Familie in der Bundesrepublik Deutschland kann zu einer positiven Veränderungen der o.g. Störungen des Kindes beitragen“, wird darauf hingewiesen, dass es für den bei § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anzulegenden Maßstab auf die besondere Intensität der Beeinträchtigung im Zielstaat -Italien- ankommt und nicht auf eine hiesige mögliche Verbesserung. Denn der Asylbewerber bzw. anerkannt Schutzberechtigte muss sich grundsätzlich auf den Behandlungs-, Therapie- und Medikamentationsstandard im Überstellungsstaat verweisen lassen, selbst wenn dieser dem hiesigen Niveau nicht entsprechen sollte,
94vgl. -zu § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG 1990, heute § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG- OVG NRW, Beschluss vom 5. August 2004 - 13 A 2160/04.A, juris; VG Aachen, Urteil vom 22. Juli 2009 - 8 K 1199/07, juris m.w.N.
95Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner Entscheidung mehr, ob den Klägern zu 1. und 3. nicht von vornherein die Berufung auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund der Regelung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG versagt bliebe, weil die eventuellen Schwierigkeiten, die bei der Gewährung medizinischer Versorgung und Medikamentation mit möglicherweise daraus resultierenden Beeinträchtigungen bestünden (etwa Eigenbeteiligungen an bestimmten Medikamenten, sog. „tickets“ bei Eigenbeteiligungen an bestimmten Behandlungen, vgl. Bericht der Deutschen Botschaft „Sozialpolitische Informationen Italien“ aus Januar 2012, S. 25, 27), nicht individuell, sondern allgemein für die Bevölkerungsgruppe aller ganz oder nahezu mittellosen Kranken in Italien drohten,
96vgl. in diese Richtung VG Düsseldorf, Beschluss vom 18. Januar 2013 - 6 L 104/13.A, juris (noch zu § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG a.F.); zuletzt so für Bulgarien die erkennende Kammer, Beschluss vom 14. Juli 2014 - 17 L 870/14.A.
97b. Sofern im Rahmen des § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG von der Beklagten auch inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen wären,
98vgl. so OVG NRW, Beschluss vom 30. August 2011 – 18 B 1060/11, juris Rn. 4,
99stünden solche nicht entgegen.
100Ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis in Form einer krankheitsbedingten Reiseunfähigkeit kann gegeben sein, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers unmittelbar durch die Abschiebung oder als unmittelbare Folge davon voraussichtlich wesentlich verschlechtern wird.
101Für die Annahme eines solchen Abschiebungshindernisses wegen Gesundheitsgefahren ist danach erstens erforderlich, dass eine Gesundheitsverschlechterung von erheblichem Gewicht zu erwarten ist. Insoweit ist auf die Wertung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG abzustellen: Eine durch die Ausreise eintretende Gesundheitsverschlechterung ist jedenfalls dann nicht mehr zumutbar, wenn dadurch konkrete erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Betreffenden von einem Gewicht einzutreten drohen, dass sie gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG einer Abschiebung entgegenstünden. Soweit sich unterhalb dieser Schwelle durch die Ausreise bzw. Abschiebung eine Gesundheitsverschlechterung einstellen sollte, ist sie hingegen grundsätzlich hinzunehmen. Eine mit der Erkenntnis der Aussichtslosigkeit eines Bleiberechts für Deutschland und einer bevorstehenden Rückkehr in das Heimatland einhergehende Gefährdung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes führt für sich genommen regelmäßig nicht zu einer Reiseunfähigkeit. Indem das Aufenthaltsgesetz die Abschiebung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht (vgl. § 58 AufenthG), nimmt es in diesem Zusammenhang vielfach zu erwartende Auswirkungen auf den gesundheitlichen und insbesondere auf den psychischen Zustand der Betroffenen in Kauf und lässt diese nur unter besonderen Umständen, die durch § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ihre Begrenzung erfahren, als Abschiebungsverbote gelten.
102Zweitens sind die geltend gemachten Erkrankungen und etwa zu befürchtende Verschlechterungen nur hinsichtlich des Vollzugs der Abschiebung -nicht hier hinsichtlich der zielstaatsbezogenen Folgen der Abschiebung, namentlich der Frage der Behandelbarkeit vorliegender Erkrankungen (vgl. dazu zuvor A. II. 2. a.)- als solcher in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf die Schutzpflicht der zuständigen Behörde gilt, dass diese durch eine entsprechende Gestaltung der Abschiebung die notwendigen Vorkehrungen -etwa durch ärztliche Hilfen bis hin zur Flugbegleitung- zu treffen hat, damit eine Abschiebung verantwortet werden kann. Wenn dem Ausländer unmittelbar nach seiner Ankunft im Zielstaat eine Gesundheitsgefährdung im vorgenannten Sinne droht, endet die Schutzpflicht nicht mit der Ankunft des Ausländers im Zielstaat, sondern dauert bis zum Übergang in eine Versorgung und Betreuung dort fort. Dann ist sicher zu stellen, dass erforderliche Hilfen rechtzeitig nach der Ankunft im Heimatland zur Verfügung stehen, wobei der Ausländer allerdings auch in diesem Zusammenhang auf den allgemein üblichen Standard der Möglichkeiten in seinem Heimatland verwiesen ist.
103Dies zugrunde gelegt kann bei einer psychischen Erkrankung vom Vorliegen eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im genannten Sinn außer in Fällen einer Flugreise- bzw. Transportuntauglichkeit im engen Sinne nur ausgegangen werden, wenn entweder im Rahmen einer Abschiebung die ernsthafte Gefahr einer Selbsttötung droht, der auch nicht durch ärztliche Hilfen oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden kann (aa.), oder wenn dem Ausländer unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon sonst konkret eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands droht, die allerdings - in Abgrenzung zu zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernissen - nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation des Betreffenden mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt werden darf (bb.). Ferner kann ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis aufgrund einer (auch psychischen) Erkrankung vorliegen, wenn dem Ausländer bei seiner Ankunft im Zielstaat eine Gefährdung im Sinne des oben aufgezeigten Maßstabs droht, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft einsetzenden Versorgung und Betreuung fehlt (cc.),
104vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Beschluss vom 29. November 2010 - 18 B 910/10, juris; OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2008 - 18 B 538/08, juris; OVG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2006 ‑ 18 A 916/05, juris, jew. m.w.N.
105Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen für die Annahme eines inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisses im Falle der Kläger -auch der allein erkrankten Kläger zu 1. und 3.- nicht erfüllt.
106aa. Es besteht zunächst kein Anhalt dafür, dass die Klägerin zu 1. im engen Sinne flugreise- oder transportuntauglich wäre. Hinsichtlich der mit Attest vom 24. August 2014 bei ihr ausgemachten Blutungsstörung, verhält sich dieses Attest schon nicht zu einer etwaig daraus resultierenden Reiseunfähigkeit. Diese ist aber auch sonst nicht ersichtlich, denn die amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014 hat insoweit die Transport- und Flugtauglichkeit bestätigt. Dem ist die Klägerin zu 1. insoweit nicht mehr entgegengetreten.
107Sofern -hierzu verhält sich die vorzitierte amtsärztliche Stellungnahme nicht- aufgrund des psychischen Gesundheitszustandes im Rahmen der Abschiebung die Gefahr einer Suizidhandlung ernsthaft bestünde, lässt sich auch nicht erkennen, dieser könnte nicht durch ärztliche Hilfen, wie einer Begleitung während des Fluges oder in sonstiger Weise wirksam begegnet werden. Zu einer insoweitigen Reiseunfähigkeit verhält sich zunächst das vorgelegte Attest des Facharztes F. -L. vom 29. April 2014 nicht. Im weiteren Attest vom 10. Juli 2014 wird lediglich unsubstantiiert und daher auch hier nicht hinreichend glaubhaft vorgetragen, die Klägerin zu 1. sei „weiterhin nicht reisefähig“. Begründungen oder Darlegungen hierzu fehlen im Attest oder den in Bezug genommenen früheren Attesten. Die Bescheinigung des St. W. -Hospitals vom 22. Juli 2014 über die ambulante psychiatrische Notfallbehandlung der Klägerin zu 1. verhält sich ebenfalls nicht zu einer Reiseunfähigkeit. Hinsichtlich einer etwaigen Suizidgefährdung konnte dort vielmehr diagnostiziert werden, dass sich die Klägerin zu 1. jedenfalls an dem entsprechenden Tag von „suizidalen Absichten glaubhaft distanzieren“ konnte. Indes sprechen die späteren Atteste des Facharztes F. -L. vom 11. und 20. August 2014 im Wesentlichen übereinstimmend davon, eine Reisefähigkeit bestehe nicht. Sie sei auch nicht durch „eventuelle Begleitmaßnahmen … herstellbar, da eine mögliche Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben, jedoch nicht ernsthaft verhindert werden“ könne. Gerade durch letztere medizinische Einschätzung wird -eine akute bzw. latente Suizidalität der Klägerin zu 1. unterstellt- letztlich eingeräumt, dass gerade die Abschiebung selbst und die Rückführung im engeren Sinne bei entsprechender ärztlicher Begleitung ohne beachtliche Gefährdung der Klägerin zu 1. möglich wäre; im Übrigen mangelt es auch an einem substantiierten Vortrag, weshalb unter wirksamen Schutzmaßnahmen eine Abschiebung nicht möglich sein sollte. Soweit die amtsärztliche Stellungnahme vom 9. September 2014 empfiehlt, die Klägerin zu 1. solle bei der Flugreise von einem „notfallkompetenten Arzt“ begleitet werden, hatte die Ausländerbehörde mit Schreiben vom 3. September 2014 bereits zugesichert, dass während des eigentlichen Abschiebevorgangs ein Arzt anwesend sein werde. Nachdem die Ausländerbehörde selbst hierauf verweist, wird davon ausgegangen, dass die Abschiebung mit entsprechenden Vorkehrungen durchgeführt wird. Dies zugrunde gelegt ist anzunehmen, dass ein etwaiger Suizidversuch der Klägerin zu 1. während der Abschiebung durch Eingreifen des Arztes oder anderen Begleitpersonals wirksam verhindert werden kann. Daher liegt für den Abschiebevorgang selbst keine Reisunfähigkeit vor. Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass entgegen der Aussagen im Attest des Arztes F. -L. vom 20. August 2014 eine Abschiebung nach Syrien -in das Heimatland der Kläger- gar nicht im Raum steht und somit auch nicht zu prüfen war. Ob die Unterbringung in Italien „menschlich unzumutbar“ ist, ist zum einen nicht Aufgaben des behandelnden Arztes zu beurteilen und zum anderen keine Frage des inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses.
108Für den Kläger zu 3. ist mit den vorgelegten Attesten und Bescheinigungen bereits keine Reiseunfähigkeit geltend gemacht, sie ist aber auch sonst nicht ansatzweise bei dem dargelegten, im Wesentlichen eine Sprachentwicklungsstörung beinhaltenden, Krankheitsbild (siehe A. II. 1. b. bb.) ersichtlich. Fragen der Therapiefortsetzung und der Behandelbarkeit betreffen allein zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und sind dort bereits behandelt worden. Im Übrigen ist auch hinsichtlich der Mutter des Klägers zu 3., der Klägerin zu 1., eine medizinische Betreuung bei der Rückführung vorgesehen, von der gegebenenfalls auch der Kläger selbst wird profitieren können.
109bb. Ferner ist nicht wie erforderlich dargelegt, im Falle der Klägerin zu 1. drohte eine erhebliche und nachhaltige Verschlechterung des Gesundheitszustands unmittelbar durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon im oben genannten Sinne einzutreten, die nicht wesentlich (erst) durch die Konfrontation mit den Gegebenheiten im Zielstaat bewirkt wäre. Zwar prognostiziert der Facharzt F. -L. in seinen Attesten vom 11. und 20. August 2014, eine Reisefähigkeit sei nicht gegeben, da bei einer Abschiebung mit einer erheblichen Verschlechterung des Zustandes zu rechnen sei. Dies gelte -neben Syrien- auch für Italien, da ein „nicht unerheblicher Teil der Traumatisierung“ dort stattgefunden habe. Selbst wenn tatsächlich -wovon bis zu diesem letzten Attest bislang nicht die Rede war- eine Traumatisierung in Italien stattgefunden haben sollte, ist den Ausführungen in den Attesten jedoch nicht zu entnehmen, diese Verschlechterung im oben erläuterten Sinne werde durch die Abschiebung bzw. als unmittelbare Folge davon bewirkt. Die Feststellungen im Attest -immer deren Richtigkeit unterstellt- können vielmehr nur so verstanden werden, dass diese die erwartete Verschlechterung der Erkrankung mindestens ganz wesentlich durch die Konfrontation der Klägerin zu 1. mit den Verhältnissen in Italien bewirkt sehen, mit denen diese nach Ansicht des Arztes F. -L. nicht zurecht kommen wird, so dass -von der angenommenen Suizidgefahr anlässlich der Abschiebung abgesehen- Zielstaatsbezogenheit anzunehmen ist. So wird in beiden Attesten in diesem Zusammenhang auf das Erfordernis der Fortsetzung der begonnenen Behandlung bei der Klägerin zu 1. abgehoben und im Attest vom 20. August 2014 davon gesprochen, die „Unterbringung dort [in Italien sei] menschlich unzumutbar“. Soweit daher auf die mit der Abschiebung bewirkte Verschlimmerung der Symptomatik abgehoben wird, steht diese in Zusammenhang mit den genannten zielstaatsbezogenen Aspekten und der Erwartung, nach der Abschiebung diesen ausgesetzt zu sein; anders gewendet besteht kein Anhalt dafür, dass die angenommene Verschlimmerung in gleicher Weise eintreten würde, wenn die Klägerin in einen ihrer Ansicht nach sicheren (Dritt-)Staat verbracht würde.
110Auf Grundlage der gegebenen ärztlichen Stellungnahmen zum Krankheitsbild des Klägers zu 3. bestehen auch keine Anhaltspunkte, eine sonstige erhebliche Gesundheitsverschlechterung drohte bei ihm durch oder als unmittelbare Folge der Abschiebung ernsthaft. Aus medizinischer Sicht konnten keine Gründe gefunden werden, nach denen eine Rückkehr in das Heimatland nicht möglich erscheint. Soweit der behandelnde Arzt Dr. U. insbesondere im Attest vom 22. Mai 2014 ebenso wie das N1. Klinikum E. in der Bescheinigung vom 20. Juni 2014 eine logopädische Therapie für geboten erachten und ersterer ausführt, „nur ein dauerhafter Aufenthaltsstatus in der Bundesrepublik [könne] zu einer positiven Veränderung der o.g. Störungen des Kindes beitragen“ handelt es sich schon nicht um inlandsbezogene Abschiebungshindernisse. Soweit in dem Attest vom 22. Mai 2014 ausgeführt wird, eine Rückführung „in die Heimat“ würde die Symptomatik verstärken gilt auch hier, dass eine Rückführung nach Syrien nicht im Raume steht und auch nicht Gegenstand der Abschiebungsanordnung ist. Ungeachtet dessen ist es schon mangels fehlender konkreter Angaben zu Art und Gewicht der befürchteten Gesundheitsverschlechterung nicht erkennbar, dass eine für die Annahme eines hier relevanten Abschiebungshindernisses erforderlich erhebliche und nachhaltige Verschlimmerung des Gesundheitszustandes droht. Etwaige gegenüber den hiesigen Behandlungen verminderte Standards der Therapie oder Behandlung in Italien und eine daraus befürchtete Gesundheitsverschlechterung beruhen nicht auf der Abschiebung selbst bzw. auf deren unmittelbarer Folge, sondern haben ihre Ursache in den Verhältnissen in Italien und damit in im vorliegenden Zusammenhang unerheblichen zielstaatsbezogenen Umständen.
111cc. Schließlich ist nicht anzunehmen, der Klägerin zu 1. drohte bei ihrer Ankunft im Zielstaat Italien eine Gefährdung im Sinne des zuvor aufgezeigten Maßstabes, die sich nicht durch eine unmittelbar nach der Ankunft einsetzende Versorgung und Betreuung vermeiden ließe. Wenn die Atteste des Facharztes F. -L. vom 11. und 20. August 2014 im Wesentlichen übereinstimmend davon sprechen, eine Reisefähigkeit sei auch nicht durch „eventuelle Begleitmaßnahmen … herstellbar, da eine mögliche Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben, jedoch nicht ernsthaft verhindert werden“ könne, ist dies eine durch nichts gestützte bloße Behauptung, die im Übrigen auch nicht schlüssig ist. Denn es ist schon nicht überzeugend -geschweige denn dargelegt-, weshalb durch gebotene Begleitmaßnahmen während der Rückführung ein etwaiger Suizid zwar verhindert werden kann, denn nichts anderes heißt es der Sache nach, wenn davon gesprochen wird, durch Begleitmaßnahmen könne eine „Suizidgefahr lediglich bis nach der Reisebeendigung aufgeschoben werden“ (siehe dazu schon A. II. 2. b. aa.), nicht aber bei entsprechender ärztlicher Betreuung oder sonstiger geeigneter Maßnahmen unmittelbar danach. Sofern das Attest unbeschadet dessen dahin zu verstehen sein sollte, dass die Klägerin zu 1. nicht unmittelbar nach der Abschiebung sich selbst überlassen werden dürfe, steht dies nicht zu befürchten. Denn die zuständige Abschiebebehörde hat hier dafür Rechnung zu tragen, dass unmittelbar nach der Ankunft eine Versorgung und Betreuung gegeben und sichergestellt ist und so eine erhebliche Gefährdung der Klägerin -ggf. auch mittels entsprechender Medikamente für eine Übergangsphase bis zur Aufnahme der weiteren Behandlung vor Ort- ausgeschlossen wird. Auf Nachfrage hat die zuständige und die Vollstreckung durchführende Ausländerbehörde mit Schreiben vom 3. September 2014 denn auch bereits die italienischen Behörden darauf hingewiesen, dass möglicherweise eine stationäre Unterbringung der Klägerin erforderlich sein könnte, auch wurden die Behörden über die Erkrankung und die geplante -wenn auch noch nicht konkret bevorstehende- Abschiebung informiert. Weiter wurde angefragt, ob noch zusätzliche Informationen erforderlich seien, damit ein Arzt zum Empfang der Familie vor Ort bereitgestellt werden könne. Dies alles zeigt, dass die Ausländerbehörde ihren weiteren Schutzpflichten im Zielstaat gewillt ist Rechnung zu tragen. Sie wird in der gegebenen Situation, vorbehaltlich anderslautender aktuellerer amtsärztlicher Atteste vor der Abschiebung selbst, daher dafür sorgen müssen, dass die Klägerin zu 1. entsprechend sicher in Italien unmittelbar nach ihrer Ankunft tatsächlich betreut und versorgt wird. Vor diesem Hintergrund kann für die Klägerin zu 1. kein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis ausgemacht werden.
112Für den Kläger zu 3. ist weder hinreichend geltend gemacht noch sonst ersichtlich, es bestünde eine erhebliche und konkrete Gesundheitsgefährdung deswegen, weil es an einer erforderlichen, unmittelbar nach der Ankunft im Zielstaat Italien einsetzenden Betreuung und Versorgung fehlte.
113B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylVfG. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 30 Abs. 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung.
Tenor
I.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen beginnend mit dem Berufungsverfahren 19 B 07.2762 trägt der Kläger.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gründe
Die Antragstellung des Klägers ist sachgerecht, weil die Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 die behördliche Entscheidung enthält, die Ausweisung zu vollziehen, und diese Entscheidung durch seine Haftentlassung am 3. Februar 2013 nicht gegenstandslos geworden ist. Bei Bescheiden, die - wie der Bescheid vom 27. Februar 2006 in Nrn. II und III - sowohl von einer Abschiebung aus der Haft heraus als auch von einer Abschiebung nach Fristsetzung sprechen, liegt diese Vollzugsentscheidung trotz des gegenteiligen äußeren Erscheinungsbildes des Bescheides nur einmal vor. Entsprechend den zu empfangsbedürftigen Willenserklärungen im Zivilrecht entwickelten Grundsätzen ist bei Verwaltungsakten nicht auf den wirklichen Willen des Erklärenden (sog. natürliche Auslegung), sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung (sog. normative Auslegung), wie sie der Empfänger verstehen musste, abzustellen (st. Rspr. des BVerwG, U. v. 27.6.2012 - 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222, und vom 2.9.1999 - 2 C 22.98 - BVerwGE 109, 283 <286>; BFH, U. v. 26.8.1982 - IV R 31/82 - BFHE 136, 351 m.w.N; vgl. zum Zivilrecht Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 73. Aufl. 2014, § 133 Rn. 7, 9). Der Kläger konnte dem Bescheid vernünftigerweise nicht entnehmen, die Beklagte wolle ihn wegen der Ausweisung zweimal abschieben. Die Behörde wollte durch die Aufspaltung in zwei Tenor-Nummern (die Nrn. II und III ihres Bescheides vom 27. Februar 2006) ersichtlich nur den unterschiedlichen Detailregelungen Rechnung tragen, die § 59 AufenthG für die Abschiebung von Ausländern in Freiheit und von Ausländern in Haft enthält, weil bei dem Bescheidserlass noch nicht absehbar war, welche dieser beiden Detailregelungen anzuwenden sein würde. Nachdem die Behörde ihre Entscheidung, die Ausweisung zu vollziehen, bereits durch Nr. II des Bescheides bekannt gegeben hatte, beschränkte die später vom Verwaltungsgericht rechtskräftig aufgehobene Nr. III des Bescheides vom 27. Februar 2006 - wie auch ihre Einleitung deutlich macht („Sollte Ihre Abschiebung während Ihrer Inhaftierung nicht möglich sein und Sie daher aus der JVA entlassen werden….“) - lediglich die Gültigkeit des Zusatzes „unmittelbar aus der Haft heraus“ in Nr. II des Bescheides auf die Haftzeit und fügte der Abschiebungsandrohung die im Falle eines Aufenthalts des Ausländers in Freiheit gebotene Frist für eine freiwillige Ausreise hinzu (der Umstand, dass in Nr. II des Bescheides die Entscheidung bereits getroffen war, den Kläger nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Ausweisungsverfügung abzuschieben, dürfte auch der Grund dafür gewesen sein, dass sich in der Nr. III des Bescheides nicht erneut die Wendung „nach Unanfechtbarkeit dieser Ausweisungsverfügung“ findet; zur Unabhängigkeit der grundlegenden Entscheidung zum Vollzug der Ausreisepflicht von der Regelung der Ausreisefrist vgl. Hailbronner, AuslR, § 59 AufenthG, Rn. 80,85 ff., Funke-Kaiser in GK AufenthG, Stand 3/2012, § 59 AufenthG Rn. 204 ff., 223, 226 ff. sowie Bauer in Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 59 Rn. 13, 23, 25, 63 jeweils mit Rspr.-Nachw.; Aspekte einer solchen Abstraktion der Entscheidung, die Ausreisepflicht durchzusetzen, ergeben sich auch aus § 59 Abs. 1 Satz 6 AufenthG sowie aus dem Umstand, dass die Androhung der Abschiebung aus der Haft lediglich einen in Abs. 5 geregelten Unterfall der als solche in § 59 AufenthG geregelten Abschiebungsandrohung darstellt). Demzufolge ist die Abschiebungsandrohung vom 21. Dezember 2012, die ebenfalls ausdrücklich nur für den Fall Geltung beansprucht, dass eine Abschiebung aus der Haft heraus nicht möglich war, dahingehend auszulegen, dass die Beklagte mit ihr den in Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 bereits grundsätzlich verfügten Vollzug der Ausreisepflicht des Klägers lediglich für die Zeit nach der Haftentlassung regeln und mit der dann erforderlichen Fristsetzung versehen wollte. Nachdem die Verfügung in Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 bei der Haftentlassung des Klägers bereits durch den Bescheid vom 21. Dezember 2012 - nicht anders als vorher durch Nr. III des Bescheides vom 27. Februar 2006 - neugefasst gewesen ist, ist zu diesem Zeitpunkt nicht die Androhung der Abschiebung durch Nr. II des Bescheides vom 27. Februar 2006 gegenstandslos geworden, sondern lediglich der dortige Zusatz „unmittelbar aus der Haft heraus“.
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist weiterhin ein Duldungsbegehren. Der Kläger macht geltend, in Folge der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen werde es zu einer zusätzlichen wesentlichen Beschädigung seiner Gesundheit zum einen schon im Rahmen der Abschiebung selbst kommen - was zutreffendenfalls eine Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (mit der Folge eines Duldungsanspruchs) darstellen würde, weil Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG einer Abschiebung mit solchen Folgen entgegensteht (vgl. VGH Baden-Württemberg, B. v. 6.2.2008 - 11 S 2439/07 - juris Rn. 7 und B. v. 10.7.2003 - 11 S 2622/02 - juris Rn. 16; vgl. auch AVwV AufenthG Nr. 60a.2.1.1.2.2) - und zum anderen auch nach der Abschiebung (vor allem wegen einer Unerreichbarkeit der in seiner gesundheitlichen Situation erforderlichen ärztlichen und medikamentösen Behandlung) - was zutreffendenfalls eine erhebliche konkrete Gefahr für die in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG genannten existenziellen Rechtsgüter darstellen würde (zu den Voraussetzungen dieser Bestimmung im einzelnen vgl. B vor I.). Aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG folgt zwar zunächst nur ein Abschiebungsverbot betreffend einen bestimmten Zielstaat und nicht unmittelbar ein Duldungsanspruch, weil grundsätzlich Abschiebungen nicht nur in das Heimatland des Ausländers möglich sind und die streitgegenständliche Ankündigung der Abschiebung auch nicht nur die Russische Föderation benennt; nachdem jedoch kein anderer aufnahmebereiter oder aufnahmeverpflichteter Staat ersichtlich ist, würde ein Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Russischen Föderation zu einem Duldungsanspruch führen.
Die Ausweisungsentscheidung in Nr. I. des Bescheides vom 27. Februar 2006 ist nicht mehr Gegenstand des Berufungsverfahrens. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch seinen Beschluss vom 13. März 2009 (1 B 20.08) den Beschluss des Senats vom 3. September 2008 (19 B 07.2762) nur insoweit aufgehoben, als dieser Beschluss die Anfechtung der Abschiebungsandrohung (Nr. II des Bescheides vom 27.2.2006) und damit auch die von dieser Vollzugsentscheidung abhängigen Duldungsbegehren betrifft. Soweit durch diesen Beschluss die Berufung des Klägers gegen den Teil des Urteils des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen worden ist, durch den die Ausweisungsentscheidung selbst bestätigt worden ist, hat das Bundesverwaltungsgericht die Senatsentscheidung vom 3. September 2008 aufrechterhalten. Die Ausweisungsentscheidung in Nr. I. des Bescheides vom 27. Februar 2006 ist somit seit dem 13. März 2009 bestandskräftig.
Der Kläger wird nach seiner Rückkehr in die Heimat in der Lage sein, seinen gesamten Existenzbedarf zu verdienen.
Sollte es nach der Abschiebung zu einer produktivpsychotischen Episode aufgrund Nichteinnahme des Neuroleptikums kommen (was nach allem unwahrscheinlich ist), könnten sich daraus bereits deshalb die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG nicht ergeben, weil die Abschiebung zwar der Episode zeitlich vorangegangen, nicht aber ihre wesentliche Ursache wäre.
Sollte der Kläger - was nicht wahrscheinlich ist - das Neuroleptikum nach der Abschiebung eigenverantwortlich absetzen und es in der Folge zu einer produktivpsychotischen Episode kommen, wären die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG auch deshalb nicht erfüllt, weil (worauf die Beklagte in Nr. 2 lit. a ihres Schriftsatzes vom 14.1.2014 hinweist) die Wahnvorstellungen, die solche Episoden des Klägers kennzeichnen, noch keine Gesundheitsverschlechterung des in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beschriebenen Schweregrades darstellen und weil Weiterungen, die diesen Schweregrad erreichen, nicht beachtlich wahrscheinlich sind. Die (wenn auch kleinen, vgl. das Gutachten des Dr. W. vom 18.10.2001) psychiatrisch relevanten Ursachenanteile an der Gewalttat vom 7. Februar 2001 bewertet der Senat in Übereinstimmung mit dem Kläger (vgl. dessen Schriftsatz vom 13.5.2011 im Verfahren 1 C 3/11) als eine solche Weiterung, weil diese Gewalttat zu einem langjährigen Freiheitsverlust geführt hat und weil derartige Taten wegen des Notwehrrechts des Geschädigten mit einem hohen Risiko auch für den Täter verbunden sind. Die Mehrzahl der objektiv festgestellten produktivpsychotischen Episoden (mehrere Anfang der 90er Jahre in Russland und eine im Jahr 1998 im Bundesgebiet, überwiegend mit Misshandlung der Eltern) hat aber weder anhaltende noch schwerwiegende Folgen für den Kläger gehabt; er ist hier jeweils lediglich der medizinischen Behandlung zugeführt worden, soweit dies erforderlich war. Die vom Kläger angegebenen Wahnvorstellungen während einzelner Phasen der Strafhaft sind allesamt von selbst wieder abgeklungen.
Sollte dem Kläger - was nicht wahrscheinlich ist - aus Krankheitsgründen oder aus einem anderen Grund die Sicherung des Lebensunterhalts nicht möglich sein, kann er mit Unterstützung von verschiedenen Seiten rechnen, so dass die in § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG geregelte Situation nicht eintreten wird.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 9. Juni 2006 - A 2 K 259/06 - wird abgelehnt.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Zulassungsverfahrens.
Gründe
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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:
- 1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen; - 2.
- a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a, - b)
deren Durchführung und - c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
- 3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler; - 4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung; - 4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen; - 5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a; - 5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts; - 6.
Führung des Registers nach § 91a; - 7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel; - 8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder; - 9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen; - 10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt; - 11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen; - 12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7; - 13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.
(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.
(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.
(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.
(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.
(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.
(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.
(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.
(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.
(7) Gegen einen Ausländer,
- 1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder - 2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.
(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.