Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Feb. 2015 - M 17 K 15.30002
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1. den Bescheid vom 16. Dezember 2014 (Az. 5863639-170) aufzuheben,
2. die Beklagte zu verpflichten, die Kläger zu 1., 2., 3. und 4. als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
3. hilfsweise, dass die Voraussetzung von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegt,
4. den Bescheid vom 16. Dezember 2014 (Az. 5863718-170) aufzuheben,
5. die Beklagte zu verpflichten, die Klägerin zu 5. als Asylberechtigte anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG vorliegen,
hilfsweise, dass die Voraussetzung von § 60 Abs. 3 bis 5 und 7 AufenthG vorliegt.
Gründe
Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Feb. 2015 - M 17 K 15.30002
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Verwaltungsgericht München Urteil, 05. Feb. 2015 - M 17 K 15.30002 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.
(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.
(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.
(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Die Restitutionsklage findet statt:
- 1.
wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat; - 2.
wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war; - 3.
wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat; - 4.
wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist; - 5.
wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat; - 6.
wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist; - 7.
wenn die Partei - a)
ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder - b)
eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
- 8.
wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 10. Juli 2014 gestellte, sinngemäß auszulegende Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegenüber der Ausländerbehörde sicherzustellen, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren 27 K 4468/14.A die Abschiebung der Antragstellerin auf der Grundlage der in dem früheren Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung nicht vollzogen wird,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der einstweiligen Sicherung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) sind in diesem Fall vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung – ZPO).
6Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
71. Eine Abschiebung der Antragstellerin begegnet zunächst im Hinblick auf ihren Folgeantrag keinen Bedenken. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 3. Juli 2014, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
8Ein Folgeantrag im Sinne des § 71 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) führt nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
9Die Antragstellerin kann sich nicht mit ihrem Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien auf eine zu ihren Gunsten geänderte Sach- und Rechtslage berufen, § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG. Denn die Antragstellerin hat eine zu ihren Gunsten geänderte, im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrundegelegten Sach- und Rechtslage nicht schlüssig, glaubhaft und substantiiert vorgetragen.
10Vgl. zu diesen Anforderungen: BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 1993 – 2 BvR 2245/92 –, InfAuslR 1993, 196; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1987 – 9 C 251.86 –, DVBl. 1987, 1120.
11Insoweit genügt es nicht, dass der Antragsteller unter Hinweis auf verschiedene Auskünfte und Erkenntnisse und auf Ereignisse und Vorgänge in seinem Heimatland (nach Abschluss des Erstverfahrens) eine Änderung der Sachlage pauschal behauptet, sondern es muss im einzelnen dargelegt werden, worin die Veränderung gegenüber der der vorangegangenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachlage besteht. Die Zugehörigkeit der Antragstellerin zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien war bereits Gegenstand des vorangegangenen, vom Bundesamt abschlägig beschiedenen Asylantrags (Bescheid vom 14. März 2014); die Klage gegen diesen Bescheid hat das Gericht mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 17. April 2014 – 24 K 2131/14.A – abgewiesen. In diesem abgeschlossenen Verfahren hat das Gericht unter Bezugnahme auf den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes eine Verfolgung der Roma aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit verneint. Eine Veränderung der Situation der Roma in diesen bis heute nunmehr knapp vier vergangenen Monaten hat die Antragstellerin aber weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ihre Begründung des Folgeantrags bezieht sich auch im Kern auf die Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. X. und damit auf den Wiederaufgreifensgrund des neuen Beweismittels in § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG.
12Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine zu ihren Gunsten geänderte Rechtslage unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 – beziehen und zwar unabhängig davon, wann dieses Urteil ihr oder ihrem Prozessbevollmächtigten bekannt geworden ist. Denn eine Entscheidung eines erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts ist hierzu nicht geeignet.
13Auf ein neues Beweismittel, welches eine für sie günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, kann die Antragstellerin ihr Begehren aber ebenfalls nicht stützen.
14Zwar können neue Auskünfte von Sachverständigen ein neues Beweismittel im Sinne dieser Bestimmung sein.
15Str., siehe zum Meinungsstand Funke-Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz (GK-AsylVfG), Stand Februar 2011, § 71 Rn. 179 ff.
16Es kann aber nicht festgestellt werden, dass dieses neue Beweismittel eine der Antragstellerin günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Auf ein neues Beweismittel kann ein Antragsteller seinen Folgeantrag nur dann stützen, wenn er schlüssig vorträgt, dass dieses Beweismittel geeignet ist, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen. Insbesondere muss das Beweismittel geeignet sein, gerade die Richtigkeit derjenigen Feststellungen in Frage zu stellen, die für die rechtskräftige Entscheidung in dem abgeschlossenen Asylverfahren tragend waren.
17Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 1991 – 2 BvR 1216/91 –, InfAuslR 1992, 122; BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 – 8 C 75.80 –, DVBl 1982, 998; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 90.
18Das heißt, das Vorbringen des Antragstellers muss die gut begründbare und nachvollziehbare Schlussfolgerung erlauben, dass eine die Entscheidung tragende Tatsachenfeststellung bei Verwendung des neuen Beweismittels günstiger ausgefallen wäre.
19Vgl. Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 189.
20An einem derartigen Vortrag fehlt es hier. Die in Bezug genommene Aussage von Frau Dr. X. gegenüber dem VG Stuttgart am 25. März 2014 lässt einen nachvollziehbaren Schluss auf eine Gruppenverfolgung der Roma in Serbien – sei es durch staatliche oder durch nichtstaatliche Akteure – nicht zu.
21Es entspricht der ständigen Rechtsprechung sowohl der erkennenden Kammer als auch des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), dass keine Hinweise darauf bestehen, dass Roma in Serbien – trotz ihrer prekären Lebenssituation –politisch verfolgt werden.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 – 5 A 1695/12.A –, juris (Rn. 4), 19. August 2011 – 5 A 416/11.A –, juris (Rn. 7) und 14. Dezember 2009 – 5 A 2716/09.A –, juris (Rn. 2),ebenso: OVG Sachsen, Urteil vom 19.05.2009 - A 4 B 229/07 -, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.02.2010 - A 11 S 331/07 - AuAS 2010, 190, VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014– 1 K 234/14 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris; VG Freiburg, Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014– A 12 K 4301/12 –, juris.
23Dies gilt auch für eine unmittelbare politische Verfolgung durch den serbischen Staat. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 sind zwar Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Roma unverändert weit verbreitet, es gibt aber keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen. Vielmehr sind in bestimmten Bereichen Fortschritte zu verzeichnen, wie eine höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern oder der Einsatz von pädagogischen Assistenten und Roma-Mediatorinnen (S. 11 des Berichts). Die serbische Regierung bemüht sich auch, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Hierzu gehört unter anderem ein am 10. Juni 2013 verabschiedeter Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u.a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialer Schutz (S. 13 f. des Berichts). Diese Beschreibung der Situation der Roma entspricht im Wesentlichen auch den Darstellungen von Amnesty International (Jahresberichte Serbien [einschließlich Kosovo] 2009 bis 2013) und für Südserbien der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Südserbien: Soziale Situation vertriebener Personen vom 28. Februar 2011, Zugang Angehöriger der Roma-Ethnie zu Gesundheitsdiensten und Sozialhilfe in Serbien vom 4. Oktober 2012).
24Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 07. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris.
25Die Ausführungen von Frau Dr. X. enthalten keine Feststellungen, die den nachvollziehbaren Schluss erlauben, dass diese Einschätzung der Sachlage unzutreffend ist. In ihrer Aussage nimmt sie zu diesen Bemühungen des serbischen Staates nicht Stellung, bezweifelt auch nicht ihre Richtigkeit. Sie beschreibt vielmehr die extremen Lebensbedingungen der Roma in Serbien, insbesondere die Schwierigkeiten der Roma bei der Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes im täglichen Leben aufgrund ihrer Armut und der Vorbehalte in der Bevölkerung, die Probleme, Sozialleistungen und eine gesundheitliche Versorgung zu erhalten sowie einen Arbeitsplatz und Wohnraum zu finden.
26Einen nachvollziehbaren Schluss auf eine staatliche Gruppenverfolgung der Roma in Serbien lassen die Ausführungen von Frau Dr. X. aber auch im Hinblick auf etwaige Behinderungen bei der Ausreise serbischer Staatsangehöriger sowie die zum 1. Januar 2013 eingeführte Vorschrift des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches (serbStGB) nicht zu.
27Nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen trifft es zwar zu, dass Serbien die Grenzkontrollen an Grenzübergängen verschärft hat, um einen Missbrauch des Asylrechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verhindern,
28Vgl. Europäische Kommission, Fourth Report on the Post-Visa Liberalisation Monitoring for the Western Balkan Countries in accordance with the Commission Statement of 8 November 2010, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do,
29und ausdrücklich zur Vermeidung des Missbrauchs des visumsfreien Regimes Mitte 2011 eine “Verordnung zur näheren Regelung der Art der Ausübung der polizeilichen Befugnisse der Grenzpolizisten und den Pflichten der Personen, die die Grenze überqueren“ in Kraft getreten ist, die vorsieht, dass Grenzpolizisten außer dem Reisepass noch die Vorlage weiterer Unterlagen zum Reisezweck und der Rückkehrbereitschaft, insbesondere auch zum Besitz ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im EU-Ausland verlangen können.
30Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 25); Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 19, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf; PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 79, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
31Nach verschiedenen Quellen wurden seit Mai 2011 Tausende serbischer Bürgerinnen und Bürger wegen Nichterfüllung dieser Bestimmungen daran gehindert, Serbien zu verlassen: So spricht ein Bericht der serbischen Kommission zur Beobachtung des visumsfreien Regimes aus Oktober 2011 insoweit für den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 15. Oktober 2011 von 1715 Personen,
32vgl. Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 20, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf,
33während eine Analyse der europäischen Grenzagentur Frontex für das Jahr 2012 insgesamt von etwa 6700 Reisenden berichtet und der serbische Staatssekretär im Innenministerium im Januar 2014 verkündete, dass seit Mai 2011 6300 Personen an der Grenze zurückgewiesen worden seien.
34Vgl. PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 80 m.w.N., abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
35Dem entspricht auch die von der Antragstellerin in Bezug genommene Angabe von Frau Dr. X. bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 25. März 2014, dass in den Jahren 2012 und 2013 einer großen Zahl Roma die Ausreise wegen der neuen Bestimmungen zur Grenzkontrolle verweigert worden sei.
36Vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20).
37Unabhängig von der Frage, ob Beeinträchtigungen in dieser Größenordnung angesichts der Zahl der Asylantragsteller aus der Republik Serbien, die sich allein in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2012 auf insgesamt 12.812 und im Jahr 2013 auf 18.001 Erst- und Folgeanträge belief,
38vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 24),
39die unten darstellten Anforderungen an die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Verfolgungsdichte erfüllen,
40und angesichts dieser Zahlen die weitere Einschätzung von Frau Dr. X.-ringo zutreffen kann, dass eine legale Ausreise für Roma mit Ausweispapieren kaum vorstellbar sei,
41begründen sie keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer schwerwiegenden Verletzung der grundlegenden Menschenrechte im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG.
42Zu den dort insbesondere in Bezug genommenen Rechten, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, zählen das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit und das Verbot von Strafe ohne Gesetz (Art. 2-4 und Art. 7 EMRK). Zu diesen Rechten zählt die Reisefreiheit eindeutig nicht. Das Recht, das eigene Land zu verlassen, findet sich auch im Übrigen nicht in der von allen Vertragsparteien ratifizierten Fassung der Konvention. Art. 5 EMRK, der das Recht auf Freiheit und Sicherheit gewährleistet, betrifft nur die unmittelbare Bewegungsfreiheit, d.h. den Schutz vor Verhaftung, Inhaftierung und anderer Freiheitsentziehung. Das Recht jeder Person, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen, ist allerdings in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK vom 16. September 1963 (BGBl. 2002 II S. 1074) gewährleistet, das jedoch nicht in allen Vertragsstaaten gilt.
43Vgl.http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?CL=GER&CM=&NT=046&DF=26/11/2012&VL=.
44Vor diesem Hintergrund ist ungeachtet seiner Bedeutung in der Geschichte speziell der Bundesrepublik Deutschland
45vgl. hierauf besonders abstellend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.),
46bereits zweifelhaft, ob die Ausreisefreiheit ein grundlegendes Menschenrecht i.S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG darstellt.
47Vgl. ablehnend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 43); bejahend: VG Stuttgart, Urteile vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 33 ff.) und vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.).
48Jedenfalls handelt es sich bei den Einschränkungen, die der Antragstellerin insoweit bei einer Rückkehr nach Serbien drohen könnten, nicht um schwerwiegende Verletzungen der Freizügigkeit. Denn die Antragstellerin kann sich innerhalb Serbiens frei bewegen und soweit ersichtlich regelmäßig das Land auch verlassen, wenn sie den serbischen Grenzkontrollposten plausibel ein Reiseziel und einen Zweck ihrer Reise darlegt, der nicht in der Durchführung eines Asylverfahrens im EU-Ausland besteht.
49Vgl. zu alledem bereits im Hinblick auf die vergleichbare Situation in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien: VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2012 – 27 L 2201/12.A –, juris (Rn. 29 ff.); ebenso zu Serbien: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 44); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 40); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 23).
50Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über den Asylantrag der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Angaben von Frau Dr. X. zu den Folgen einer Asylantragstellung im Ausland, insbesondere der zum 1. Januar 2013 eingeführten Vorschrift des Art. 350a serbStGB günstiger ausgefallen wäre. Soweit Frau Dr. X. ausweislich des Tatbestandes des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 dort erklärt hat, dass die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland nach serbischem Recht strafbar sei und hierzu unter anderem auch auf die Vorschrift des § 350a serbStGB Bezug genommen hat,
51vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20),
52fehlt dieser Einschätzung die tatsächliche Grundlage.
53Bisher war soweit ersichtlich unstreitig, dass es Sanktionen, insbesondere eine Kriminalisierung wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland selbst in der Republik Serbien bisher weder de jure noch de facto gibt.
54Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23.
55Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass ein Asylantragsteller selbst nunmehr wegen der Antragstellung nach der neuen Vorschrift des § 350a serbStGB strafrechtlich verfolgt werden könnte, sind nicht ersichtlich. Eine solche Einschätzung ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar und es auch nicht ersichtlich, dass es tatsächlich zu entsprechenden Ermittlungsverfahren gekommen ist.
56Wie das erkennende Gericht bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2013 – 27 L 2246/13.A – ausgeführt hat, stellt Art. 350a serbStGB nicht die Ausreise und/oder die Stellung eines Asylantrags im Ausland durch den betreffenden Bürger unter Strafe, sondern lediglich Unterstützungsleistungen Dritter wie Transport, Schleusung und Bereitstellen einer Unterkunft, die es einem serbischen Staatsangehörigen ermöglichen im Ausland unter Täuschung über seine Menschenrechte und Grundfreiheiten einen Asylantrag zu stellen.
57Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23 f.; Gesetzestext in englischer Sprache unter http://www.seio.gov.rs/upload/documents/ekspertske%20misije/ccaditions_amendments.pdf: “Whoever, in an intention to obtain certain gain for themselves or another, carries out or organizes transport, transfer, acceptance, accommodation, hiding or else to enable that a citizen of Serbia may, by giving a false impression of his human rights and fundamental freedoms being threatened, seek asylum in a foreign country, shall be punished with imprisonment from three months to three years.”
58Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist nicht die falsche Darstellung der Gefährdungslage in Serbien seitens des Asylantragstellers Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit,
59so aber VG Stuttgart, Urteil vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 39),
60sondern die Unterstützungshandlung des Dritten. Die Gesetzesänderung richtet sich mithin im Kern gegen Aktivitäten von Schleppern und sonstigen Fluchthelfern.
61So auch: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 46); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 – 17a K 2848/13.A –, juris (Rn. 37 ff.); VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris (Rn. 20); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 39); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 22).
62Des Weiteren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es tatsächlich bereits wegen der Asylantragstellung gegen einzelne Antragsteller zu entsprechenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gekommen ist. Dies lässt sich insbesondere nicht der weiteren Feststellung des Ergebnisses der Vernehmung von Frau Dr. X. im Urteil vom 25. März 2014 entnehmen, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 aufgrund der Vorschrift des § 350a serbStGB sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien. Der Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission 2013 zu Serbien vom 16. Oktober 2013 enthält keine Angaben zur Zahl entsprechender Ermittlungsverfahren. In ihm wird lediglich ausgeführt, dass das serbische Strafgesetzbuch unter anderem um eine Regelung zur Strafbarkeit der Beihilfe zum Missbrauch des Asylrechts im Ausland ergänzt worden ist und seit ihrer Einführung im Dezember Kontrollen in Reisebüros und bei Transportunternehmen durchgeführt worden sind.
63Vgl. S. 40 und 49 des Berichts, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2013/package/brochures/serbia_2013.pdf.
64Im vierten Bericht der Europäischen Kommission vom 28. November 2013 über das Monitoring nach der Visumsliberalisierung für die westlichen Balkanländer wird ebenfalls in Bezug auf die Vorschrift zur Strafbarkeit der Unterstützung des Asylmissbrauchs im Ausland lediglich die Aufnahme von Untersuchungen von Transportunternehmen und Reisebüros festgestellt, die unter dem Verdacht stehen, illegale Migration in die EU zu unterstützen. In erkennbarem Zusammenhang hiermit steht die anschließende Feststellung, dass die Behörden sieben Anklagen gegen acht Personen auf der Grundlage der neuen Strafvorschrift erhoben hätten.
65Vgl. S. 10, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do.
66Genau dies gibt Frau Dr. X. im Übrigen auch in ihrem anderweitigen Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina wieder.
67Vgl. PRO ASYL/Dr. X. , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 84, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
68Schließlich folgt aus der Aussage von Frau Dr. X. auch kein schlüssiger Ansatz für die Annahme einer mittelbaren Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (vgl. § 3c Nr. 3 AsylVfG). Hier fehlt es schon an der Darlegung der erforderlichen Verfolgungsdichte.
69Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt grundsätzlich eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 – 10 C 11.08 –, juris (Rn. 13) m.w.N.
71Die von Frau Dr. X. geschilderte Zunahme von Gewalt gegen Roma und das mangelnde Einschreiten der Polizei mag ebenso zutreffend sein, wie die Annahme einer gesteigerten Aggressivität gegen Roma, insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. Auch nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes ist es in der Vergangenheit zu einer Reihe zum Teil gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Privatpersonen gekommen (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22. September 2008 (Stand: August 2008), vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010), vom 12. März 2012 (Stand: März 2012), vom 29. Januar 2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18. Oktober 2013 (Stand: August 2013)). Indes kann den Ausführungen von Frau Dr. X. nicht entnommen werden, dass diese Vorfälle zahlenmäßig ein Ausmaß erreichen, dass für jeden Gruppenangehörigen ohne weiteres eine aktuelle Gefährdung eigener Betroffenheit besteht; dies gilt umso mehr, als sich in Serbien nach Schätzungen von Roma-Verbänden 700.000 bis 800.000 Roma aufhalten. Die tatsächliche Zahl dürfte laut OSZE zwischen 300.000 und 500.000 liegen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013). Frau Dr. X. räumt hierzu ein, dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Die von ihr benannten Fälle bleiben zahlenmäßig indes eingeschränkt: Im Jahre 2013 seien 11 Fälle dokumentiert, darunter die Tötung eines 17-jährigen Roma in Becej durch eine Skinheadgruppe. Als Täter solcher Übergriffe seien regelmäßig Skinheads, Fußballhooligans und spontaner Mob (z. B. beim Zuzug von Roma) festzustellen.
72Auch soweit Frau Dr. X. weiter ausführt, obwohl die Täter häufig aus dem direkten näheren Umfeld stammten, blieben Strafanzeigen in der Regel folgenlos, weil die Täter angeblich nicht zu ermitteln seien, und, wenn Angehörige der Roma die Polizei bei Angriffen rufen würden, komme diese häufig nicht und, wenn sie komme, unternehme sie nichts, werden diese Feststellungen von ihr nicht belegt und konkretisiert. Insoweit ist einzuräumen, dass nach den Erkenntnissen auch des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 18. Oktober 2013 - Stand: August 2013) die staatlichen Bemühungen zur Prävention bzw. Ermittlung und Strafverfolgung bei (drohenden) Angriffen Dritter gegenüber Roma bisweilen als unzureichend bewertet werden. Um hieraus aber den Schluss ziehen zu können, der serbische Staat sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylVfG) bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen.
73Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35); Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 – 7 UE 1365/05.A –, juris.
74Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, was in Serbien der Fall ist, auch wenn die Polizei wie bereits ausgeführt, nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen.
75Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35).
762. Auch die weitere Entscheidung des Bundesamtes, die Abänderung der in seinem vorangegangenen Bescheid vom 14. März 2014 getroffenen (negativen) Feststellung zu Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) abzulehnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unter welchen Voraussetzungen ein diesbezüglicher Wiederaufgreifensanspruch besteht und warum die Antragstellerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid dargelegt. Hierauf wird analog § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen. Soweit das Bundesamt insoweit auf seine Ausführungen zu § 51 VwVfG hinsichtlich des geltend gemachten Asylanspruchs verweist, wird stattdessen insoweit auf die obigen Ausführungen des Gerichts Bezug genommen.
77Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 10. Juli 2014 gestellte, sinngemäß auszulegende Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegenüber der Ausländerbehörde sicherzustellen, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren 27 K 4468/14.A die Abschiebung der Antragstellerin auf der Grundlage der in dem früheren Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung nicht vollzogen wird,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der einstweiligen Sicherung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) sind in diesem Fall vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung – ZPO).
6Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
71. Eine Abschiebung der Antragstellerin begegnet zunächst im Hinblick auf ihren Folgeantrag keinen Bedenken. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 3. Juli 2014, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
8Ein Folgeantrag im Sinne des § 71 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) führt nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
9Die Antragstellerin kann sich nicht mit ihrem Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien auf eine zu ihren Gunsten geänderte Sach- und Rechtslage berufen, § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG. Denn die Antragstellerin hat eine zu ihren Gunsten geänderte, im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrundegelegten Sach- und Rechtslage nicht schlüssig, glaubhaft und substantiiert vorgetragen.
10Vgl. zu diesen Anforderungen: BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 1993 – 2 BvR 2245/92 –, InfAuslR 1993, 196; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1987 – 9 C 251.86 –, DVBl. 1987, 1120.
11Insoweit genügt es nicht, dass der Antragsteller unter Hinweis auf verschiedene Auskünfte und Erkenntnisse und auf Ereignisse und Vorgänge in seinem Heimatland (nach Abschluss des Erstverfahrens) eine Änderung der Sachlage pauschal behauptet, sondern es muss im einzelnen dargelegt werden, worin die Veränderung gegenüber der der vorangegangenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachlage besteht. Die Zugehörigkeit der Antragstellerin zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien war bereits Gegenstand des vorangegangenen, vom Bundesamt abschlägig beschiedenen Asylantrags (Bescheid vom 14. März 2014); die Klage gegen diesen Bescheid hat das Gericht mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 17. April 2014 – 24 K 2131/14.A – abgewiesen. In diesem abgeschlossenen Verfahren hat das Gericht unter Bezugnahme auf den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes eine Verfolgung der Roma aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit verneint. Eine Veränderung der Situation der Roma in diesen bis heute nunmehr knapp vier vergangenen Monaten hat die Antragstellerin aber weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ihre Begründung des Folgeantrags bezieht sich auch im Kern auf die Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. X. und damit auf den Wiederaufgreifensgrund des neuen Beweismittels in § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG.
12Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine zu ihren Gunsten geänderte Rechtslage unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 – beziehen und zwar unabhängig davon, wann dieses Urteil ihr oder ihrem Prozessbevollmächtigten bekannt geworden ist. Denn eine Entscheidung eines erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts ist hierzu nicht geeignet.
13Auf ein neues Beweismittel, welches eine für sie günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, kann die Antragstellerin ihr Begehren aber ebenfalls nicht stützen.
14Zwar können neue Auskünfte von Sachverständigen ein neues Beweismittel im Sinne dieser Bestimmung sein.
15Str., siehe zum Meinungsstand Funke-Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz (GK-AsylVfG), Stand Februar 2011, § 71 Rn. 179 ff.
16Es kann aber nicht festgestellt werden, dass dieses neue Beweismittel eine der Antragstellerin günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Auf ein neues Beweismittel kann ein Antragsteller seinen Folgeantrag nur dann stützen, wenn er schlüssig vorträgt, dass dieses Beweismittel geeignet ist, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen. Insbesondere muss das Beweismittel geeignet sein, gerade die Richtigkeit derjenigen Feststellungen in Frage zu stellen, die für die rechtskräftige Entscheidung in dem abgeschlossenen Asylverfahren tragend waren.
17Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 1991 – 2 BvR 1216/91 –, InfAuslR 1992, 122; BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 – 8 C 75.80 –, DVBl 1982, 998; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 90.
18Das heißt, das Vorbringen des Antragstellers muss die gut begründbare und nachvollziehbare Schlussfolgerung erlauben, dass eine die Entscheidung tragende Tatsachenfeststellung bei Verwendung des neuen Beweismittels günstiger ausgefallen wäre.
19Vgl. Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 189.
20An einem derartigen Vortrag fehlt es hier. Die in Bezug genommene Aussage von Frau Dr. X. gegenüber dem VG Stuttgart am 25. März 2014 lässt einen nachvollziehbaren Schluss auf eine Gruppenverfolgung der Roma in Serbien – sei es durch staatliche oder durch nichtstaatliche Akteure – nicht zu.
21Es entspricht der ständigen Rechtsprechung sowohl der erkennenden Kammer als auch des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), dass keine Hinweise darauf bestehen, dass Roma in Serbien – trotz ihrer prekären Lebenssituation –politisch verfolgt werden.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 – 5 A 1695/12.A –, juris (Rn. 4), 19. August 2011 – 5 A 416/11.A –, juris (Rn. 7) und 14. Dezember 2009 – 5 A 2716/09.A –, juris (Rn. 2),ebenso: OVG Sachsen, Urteil vom 19.05.2009 - A 4 B 229/07 -, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.02.2010 - A 11 S 331/07 - AuAS 2010, 190, VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014– 1 K 234/14 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris; VG Freiburg, Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014– A 12 K 4301/12 –, juris.
23Dies gilt auch für eine unmittelbare politische Verfolgung durch den serbischen Staat. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 sind zwar Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Roma unverändert weit verbreitet, es gibt aber keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen. Vielmehr sind in bestimmten Bereichen Fortschritte zu verzeichnen, wie eine höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern oder der Einsatz von pädagogischen Assistenten und Roma-Mediatorinnen (S. 11 des Berichts). Die serbische Regierung bemüht sich auch, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Hierzu gehört unter anderem ein am 10. Juni 2013 verabschiedeter Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u.a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialer Schutz (S. 13 f. des Berichts). Diese Beschreibung der Situation der Roma entspricht im Wesentlichen auch den Darstellungen von Amnesty International (Jahresberichte Serbien [einschließlich Kosovo] 2009 bis 2013) und für Südserbien der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Südserbien: Soziale Situation vertriebener Personen vom 28. Februar 2011, Zugang Angehöriger der Roma-Ethnie zu Gesundheitsdiensten und Sozialhilfe in Serbien vom 4. Oktober 2012).
24Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 07. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris.
25Die Ausführungen von Frau Dr. X. enthalten keine Feststellungen, die den nachvollziehbaren Schluss erlauben, dass diese Einschätzung der Sachlage unzutreffend ist. In ihrer Aussage nimmt sie zu diesen Bemühungen des serbischen Staates nicht Stellung, bezweifelt auch nicht ihre Richtigkeit. Sie beschreibt vielmehr die extremen Lebensbedingungen der Roma in Serbien, insbesondere die Schwierigkeiten der Roma bei der Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes im täglichen Leben aufgrund ihrer Armut und der Vorbehalte in der Bevölkerung, die Probleme, Sozialleistungen und eine gesundheitliche Versorgung zu erhalten sowie einen Arbeitsplatz und Wohnraum zu finden.
26Einen nachvollziehbaren Schluss auf eine staatliche Gruppenverfolgung der Roma in Serbien lassen die Ausführungen von Frau Dr. X. aber auch im Hinblick auf etwaige Behinderungen bei der Ausreise serbischer Staatsangehöriger sowie die zum 1. Januar 2013 eingeführte Vorschrift des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches (serbStGB) nicht zu.
27Nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen trifft es zwar zu, dass Serbien die Grenzkontrollen an Grenzübergängen verschärft hat, um einen Missbrauch des Asylrechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verhindern,
28Vgl. Europäische Kommission, Fourth Report on the Post-Visa Liberalisation Monitoring for the Western Balkan Countries in accordance with the Commission Statement of 8 November 2010, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do,
29und ausdrücklich zur Vermeidung des Missbrauchs des visumsfreien Regimes Mitte 2011 eine “Verordnung zur näheren Regelung der Art der Ausübung der polizeilichen Befugnisse der Grenzpolizisten und den Pflichten der Personen, die die Grenze überqueren“ in Kraft getreten ist, die vorsieht, dass Grenzpolizisten außer dem Reisepass noch die Vorlage weiterer Unterlagen zum Reisezweck und der Rückkehrbereitschaft, insbesondere auch zum Besitz ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im EU-Ausland verlangen können.
30Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 25); Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 19, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf; PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 79, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
31Nach verschiedenen Quellen wurden seit Mai 2011 Tausende serbischer Bürgerinnen und Bürger wegen Nichterfüllung dieser Bestimmungen daran gehindert, Serbien zu verlassen: So spricht ein Bericht der serbischen Kommission zur Beobachtung des visumsfreien Regimes aus Oktober 2011 insoweit für den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 15. Oktober 2011 von 1715 Personen,
32vgl. Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 20, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf,
33während eine Analyse der europäischen Grenzagentur Frontex für das Jahr 2012 insgesamt von etwa 6700 Reisenden berichtet und der serbische Staatssekretär im Innenministerium im Januar 2014 verkündete, dass seit Mai 2011 6300 Personen an der Grenze zurückgewiesen worden seien.
34Vgl. PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 80 m.w.N., abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
35Dem entspricht auch die von der Antragstellerin in Bezug genommene Angabe von Frau Dr. X. bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 25. März 2014, dass in den Jahren 2012 und 2013 einer großen Zahl Roma die Ausreise wegen der neuen Bestimmungen zur Grenzkontrolle verweigert worden sei.
36Vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20).
37Unabhängig von der Frage, ob Beeinträchtigungen in dieser Größenordnung angesichts der Zahl der Asylantragsteller aus der Republik Serbien, die sich allein in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2012 auf insgesamt 12.812 und im Jahr 2013 auf 18.001 Erst- und Folgeanträge belief,
38vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 24),
39die unten darstellten Anforderungen an die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Verfolgungsdichte erfüllen,
40und angesichts dieser Zahlen die weitere Einschätzung von Frau Dr. X.-ringo zutreffen kann, dass eine legale Ausreise für Roma mit Ausweispapieren kaum vorstellbar sei,
41begründen sie keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer schwerwiegenden Verletzung der grundlegenden Menschenrechte im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG.
42Zu den dort insbesondere in Bezug genommenen Rechten, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, zählen das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit und das Verbot von Strafe ohne Gesetz (Art. 2-4 und Art. 7 EMRK). Zu diesen Rechten zählt die Reisefreiheit eindeutig nicht. Das Recht, das eigene Land zu verlassen, findet sich auch im Übrigen nicht in der von allen Vertragsparteien ratifizierten Fassung der Konvention. Art. 5 EMRK, der das Recht auf Freiheit und Sicherheit gewährleistet, betrifft nur die unmittelbare Bewegungsfreiheit, d.h. den Schutz vor Verhaftung, Inhaftierung und anderer Freiheitsentziehung. Das Recht jeder Person, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen, ist allerdings in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK vom 16. September 1963 (BGBl. 2002 II S. 1074) gewährleistet, das jedoch nicht in allen Vertragsstaaten gilt.
43Vgl.http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?CL=GER&CM=&NT=046&DF=26/11/2012&VL=.
44Vor diesem Hintergrund ist ungeachtet seiner Bedeutung in der Geschichte speziell der Bundesrepublik Deutschland
45vgl. hierauf besonders abstellend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.),
46bereits zweifelhaft, ob die Ausreisefreiheit ein grundlegendes Menschenrecht i.S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG darstellt.
47Vgl. ablehnend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 43); bejahend: VG Stuttgart, Urteile vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 33 ff.) und vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.).
48Jedenfalls handelt es sich bei den Einschränkungen, die der Antragstellerin insoweit bei einer Rückkehr nach Serbien drohen könnten, nicht um schwerwiegende Verletzungen der Freizügigkeit. Denn die Antragstellerin kann sich innerhalb Serbiens frei bewegen und soweit ersichtlich regelmäßig das Land auch verlassen, wenn sie den serbischen Grenzkontrollposten plausibel ein Reiseziel und einen Zweck ihrer Reise darlegt, der nicht in der Durchführung eines Asylverfahrens im EU-Ausland besteht.
49Vgl. zu alledem bereits im Hinblick auf die vergleichbare Situation in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien: VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2012 – 27 L 2201/12.A –, juris (Rn. 29 ff.); ebenso zu Serbien: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 44); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 40); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 23).
50Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über den Asylantrag der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Angaben von Frau Dr. X. zu den Folgen einer Asylantragstellung im Ausland, insbesondere der zum 1. Januar 2013 eingeführten Vorschrift des Art. 350a serbStGB günstiger ausgefallen wäre. Soweit Frau Dr. X. ausweislich des Tatbestandes des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 dort erklärt hat, dass die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland nach serbischem Recht strafbar sei und hierzu unter anderem auch auf die Vorschrift des § 350a serbStGB Bezug genommen hat,
51vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20),
52fehlt dieser Einschätzung die tatsächliche Grundlage.
53Bisher war soweit ersichtlich unstreitig, dass es Sanktionen, insbesondere eine Kriminalisierung wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland selbst in der Republik Serbien bisher weder de jure noch de facto gibt.
54Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23.
55Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass ein Asylantragsteller selbst nunmehr wegen der Antragstellung nach der neuen Vorschrift des § 350a serbStGB strafrechtlich verfolgt werden könnte, sind nicht ersichtlich. Eine solche Einschätzung ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar und es auch nicht ersichtlich, dass es tatsächlich zu entsprechenden Ermittlungsverfahren gekommen ist.
56Wie das erkennende Gericht bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2013 – 27 L 2246/13.A – ausgeführt hat, stellt Art. 350a serbStGB nicht die Ausreise und/oder die Stellung eines Asylantrags im Ausland durch den betreffenden Bürger unter Strafe, sondern lediglich Unterstützungsleistungen Dritter wie Transport, Schleusung und Bereitstellen einer Unterkunft, die es einem serbischen Staatsangehörigen ermöglichen im Ausland unter Täuschung über seine Menschenrechte und Grundfreiheiten einen Asylantrag zu stellen.
57Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23 f.; Gesetzestext in englischer Sprache unter http://www.seio.gov.rs/upload/documents/ekspertske%20misije/ccaditions_amendments.pdf: “Whoever, in an intention to obtain certain gain for themselves or another, carries out or organizes transport, transfer, acceptance, accommodation, hiding or else to enable that a citizen of Serbia may, by giving a false impression of his human rights and fundamental freedoms being threatened, seek asylum in a foreign country, shall be punished with imprisonment from three months to three years.”
58Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist nicht die falsche Darstellung der Gefährdungslage in Serbien seitens des Asylantragstellers Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit,
59so aber VG Stuttgart, Urteil vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 39),
60sondern die Unterstützungshandlung des Dritten. Die Gesetzesänderung richtet sich mithin im Kern gegen Aktivitäten von Schleppern und sonstigen Fluchthelfern.
61So auch: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 46); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 – 17a K 2848/13.A –, juris (Rn. 37 ff.); VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris (Rn. 20); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 39); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 22).
62Des Weiteren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es tatsächlich bereits wegen der Asylantragstellung gegen einzelne Antragsteller zu entsprechenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gekommen ist. Dies lässt sich insbesondere nicht der weiteren Feststellung des Ergebnisses der Vernehmung von Frau Dr. X. im Urteil vom 25. März 2014 entnehmen, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 aufgrund der Vorschrift des § 350a serbStGB sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien. Der Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission 2013 zu Serbien vom 16. Oktober 2013 enthält keine Angaben zur Zahl entsprechender Ermittlungsverfahren. In ihm wird lediglich ausgeführt, dass das serbische Strafgesetzbuch unter anderem um eine Regelung zur Strafbarkeit der Beihilfe zum Missbrauch des Asylrechts im Ausland ergänzt worden ist und seit ihrer Einführung im Dezember Kontrollen in Reisebüros und bei Transportunternehmen durchgeführt worden sind.
63Vgl. S. 40 und 49 des Berichts, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2013/package/brochures/serbia_2013.pdf.
64Im vierten Bericht der Europäischen Kommission vom 28. November 2013 über das Monitoring nach der Visumsliberalisierung für die westlichen Balkanländer wird ebenfalls in Bezug auf die Vorschrift zur Strafbarkeit der Unterstützung des Asylmissbrauchs im Ausland lediglich die Aufnahme von Untersuchungen von Transportunternehmen und Reisebüros festgestellt, die unter dem Verdacht stehen, illegale Migration in die EU zu unterstützen. In erkennbarem Zusammenhang hiermit steht die anschließende Feststellung, dass die Behörden sieben Anklagen gegen acht Personen auf der Grundlage der neuen Strafvorschrift erhoben hätten.
65Vgl. S. 10, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do.
66Genau dies gibt Frau Dr. X. im Übrigen auch in ihrem anderweitigen Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina wieder.
67Vgl. PRO ASYL/Dr. X. , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 84, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
68Schließlich folgt aus der Aussage von Frau Dr. X. auch kein schlüssiger Ansatz für die Annahme einer mittelbaren Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (vgl. § 3c Nr. 3 AsylVfG). Hier fehlt es schon an der Darlegung der erforderlichen Verfolgungsdichte.
69Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt grundsätzlich eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 – 10 C 11.08 –, juris (Rn. 13) m.w.N.
71Die von Frau Dr. X. geschilderte Zunahme von Gewalt gegen Roma und das mangelnde Einschreiten der Polizei mag ebenso zutreffend sein, wie die Annahme einer gesteigerten Aggressivität gegen Roma, insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. Auch nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes ist es in der Vergangenheit zu einer Reihe zum Teil gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Privatpersonen gekommen (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22. September 2008 (Stand: August 2008), vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010), vom 12. März 2012 (Stand: März 2012), vom 29. Januar 2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18. Oktober 2013 (Stand: August 2013)). Indes kann den Ausführungen von Frau Dr. X. nicht entnommen werden, dass diese Vorfälle zahlenmäßig ein Ausmaß erreichen, dass für jeden Gruppenangehörigen ohne weiteres eine aktuelle Gefährdung eigener Betroffenheit besteht; dies gilt umso mehr, als sich in Serbien nach Schätzungen von Roma-Verbänden 700.000 bis 800.000 Roma aufhalten. Die tatsächliche Zahl dürfte laut OSZE zwischen 300.000 und 500.000 liegen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013). Frau Dr. X. räumt hierzu ein, dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Die von ihr benannten Fälle bleiben zahlenmäßig indes eingeschränkt: Im Jahre 2013 seien 11 Fälle dokumentiert, darunter die Tötung eines 17-jährigen Roma in Becej durch eine Skinheadgruppe. Als Täter solcher Übergriffe seien regelmäßig Skinheads, Fußballhooligans und spontaner Mob (z. B. beim Zuzug von Roma) festzustellen.
72Auch soweit Frau Dr. X. weiter ausführt, obwohl die Täter häufig aus dem direkten näheren Umfeld stammten, blieben Strafanzeigen in der Regel folgenlos, weil die Täter angeblich nicht zu ermitteln seien, und, wenn Angehörige der Roma die Polizei bei Angriffen rufen würden, komme diese häufig nicht und, wenn sie komme, unternehme sie nichts, werden diese Feststellungen von ihr nicht belegt und konkretisiert. Insoweit ist einzuräumen, dass nach den Erkenntnissen auch des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 18. Oktober 2013 - Stand: August 2013) die staatlichen Bemühungen zur Prävention bzw. Ermittlung und Strafverfolgung bei (drohenden) Angriffen Dritter gegenüber Roma bisweilen als unzureichend bewertet werden. Um hieraus aber den Schluss ziehen zu können, der serbische Staat sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylVfG) bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen.
73Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35); Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 – 7 UE 1365/05.A –, juris.
74Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, was in Serbien der Fall ist, auch wenn die Polizei wie bereits ausgeführt, nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen.
75Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35).
762. Auch die weitere Entscheidung des Bundesamtes, die Abänderung der in seinem vorangegangenen Bescheid vom 14. März 2014 getroffenen (negativen) Feststellung zu Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) abzulehnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unter welchen Voraussetzungen ein diesbezüglicher Wiederaufgreifensanspruch besteht und warum die Antragstellerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid dargelegt. Hierauf wird analog § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen. Soweit das Bundesamt insoweit auf seine Ausführungen zu § 51 VwVfG hinsichtlich des geltend gemachten Asylanspruchs verweist, wird stattdessen insoweit auf die obigen Ausführungen des Gerichts Bezug genommen.
77Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
Tenor
Die Klagen werden abgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens je zur Hälfte.
Tatbestand
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Entscheidungsgründe
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Gründe
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Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden.
1
Gründe:
2Der am 10. Juli 2014 gestellte, sinngemäß auszulegende Antrag,
3die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, gegenüber der Ausländerbehörde sicherzustellen, dass bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren 27 K 4468/14.A die Abschiebung der Antragstellerin auf der Grundlage der in dem früheren Asylverfahren ergangenen Abschiebungsandrohung nicht vollzogen wird,
4ist zulässig, aber unbegründet.
5Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Die Notwendigkeit der einstweiligen Sicherung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte materielle Anspruch (Anordnungsanspruch) sind in diesem Fall vom Antragsteller glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 der Zivilprozessordnung – ZPO).
6Die Antragstellerin hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht.
71. Eine Abschiebung der Antragstellerin begegnet zunächst im Hinblick auf ihren Folgeantrag keinen Bedenken. Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 3. Juli 2014, mit dem die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens abgelehnt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
8Ein Folgeantrag im Sinne des § 71 Abs. 1 des Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG) führt nur unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
9Die Antragstellerin kann sich nicht mit ihrem Hinweis auf ihre Zugehörigkeit zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien auf eine zu ihren Gunsten geänderte Sach- und Rechtslage berufen, § 71 AsylVfG i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG. Denn die Antragstellerin hat eine zu ihren Gunsten geänderte, im Verhältnis zu der der früheren Asylentscheidung zugrundegelegten Sach- und Rechtslage nicht schlüssig, glaubhaft und substantiiert vorgetragen.
10Vgl. zu diesen Anforderungen: BVerfG, Beschluss vom 11. Mai 1993 – 2 BvR 2245/92 –, InfAuslR 1993, 196; BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1987 – 9 C 251.86 –, DVBl. 1987, 1120.
11Insoweit genügt es nicht, dass der Antragsteller unter Hinweis auf verschiedene Auskünfte und Erkenntnisse und auf Ereignisse und Vorgänge in seinem Heimatland (nach Abschluss des Erstverfahrens) eine Änderung der Sachlage pauschal behauptet, sondern es muss im einzelnen dargelegt werden, worin die Veränderung gegenüber der der vorangegangenen Entscheidung zugrundeliegenden Sachlage besteht. Die Zugehörigkeit der Antragstellerin zum Volk der Roma und die Lage der Roma in Serbien war bereits Gegenstand des vorangegangenen, vom Bundesamt abschlägig beschiedenen Asylantrags (Bescheid vom 14. März 2014); die Klage gegen diesen Bescheid hat das Gericht mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 17. April 2014 – 24 K 2131/14.A – abgewiesen. In diesem abgeschlossenen Verfahren hat das Gericht unter Bezugnahme auf den Ablehnungsbescheid des Bundesamtes eine Verfolgung der Roma aufgrund ihrer Volkszugehörigkeit verneint. Eine Veränderung der Situation der Roma in diesen bis heute nunmehr knapp vier vergangenen Monaten hat die Antragstellerin aber weder dargelegt noch glaubhaft gemacht. Ihre Begründung des Folgeantrags bezieht sich auch im Kern auf die Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. X. und damit auf den Wiederaufgreifensgrund des neuen Beweismittels in § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG.
12Die Antragstellerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf eine zu ihren Gunsten geänderte Rechtslage unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 – beziehen und zwar unabhängig davon, wann dieses Urteil ihr oder ihrem Prozessbevollmächtigten bekannt geworden ist. Denn eine Entscheidung eines erstinstanzlichen Verwaltungsgerichts ist hierzu nicht geeignet.
13Auf ein neues Beweismittel, welches eine für sie günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde, § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG, kann die Antragstellerin ihr Begehren aber ebenfalls nicht stützen.
14Zwar können neue Auskünfte von Sachverständigen ein neues Beweismittel im Sinne dieser Bestimmung sein.
15Str., siehe zum Meinungsstand Funke-Kaiser in: Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz (GK-AsylVfG), Stand Februar 2011, § 71 Rn. 179 ff.
16Es kann aber nicht festgestellt werden, dass dieses neue Beweismittel eine der Antragstellerin günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Auf ein neues Beweismittel kann ein Antragsteller seinen Folgeantrag nur dann stützen, wenn er schlüssig vorträgt, dass dieses Beweismittel geeignet ist, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen. Insbesondere muss das Beweismittel geeignet sein, gerade die Richtigkeit derjenigen Feststellungen in Frage zu stellen, die für die rechtskräftige Entscheidung in dem abgeschlossenen Asylverfahren tragend waren.
17Vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 1991 – 2 BvR 1216/91 –, InfAuslR 1992, 122; BVerwG, Urteil vom 21. April 1982 – 8 C 75.80 –, DVBl 1982, 998; Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 90.
18Das heißt, das Vorbringen des Antragstellers muss die gut begründbare und nachvollziehbare Schlussfolgerung erlauben, dass eine die Entscheidung tragende Tatsachenfeststellung bei Verwendung des neuen Beweismittels günstiger ausgefallen wäre.
19Vgl. Funke-Kaiser in: GK-AsylVfG, § 71 Rn. 189.
20An einem derartigen Vortrag fehlt es hier. Die in Bezug genommene Aussage von Frau Dr. X. gegenüber dem VG Stuttgart am 25. März 2014 lässt einen nachvollziehbaren Schluss auf eine Gruppenverfolgung der Roma in Serbien – sei es durch staatliche oder durch nichtstaatliche Akteure – nicht zu.
21Es entspricht der ständigen Rechtsprechung sowohl der erkennenden Kammer als auch des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), dass keine Hinweise darauf bestehen, dass Roma in Serbien – trotz ihrer prekären Lebenssituation –politisch verfolgt werden.
22Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 7. November 2012 – 5 A 1695/12.A –, juris (Rn. 4), 19. August 2011 – 5 A 416/11.A –, juris (Rn. 7) und 14. Dezember 2009 – 5 A 2716/09.A –, juris (Rn. 2),ebenso: OVG Sachsen, Urteil vom 19.05.2009 - A 4 B 229/07 -, VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 04.02.2010 - A 11 S 331/07 - AuAS 2010, 190, VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014– 1 K 234/14 -, juris; VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris; VG Freiburg, Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014– A 12 K 4301/12 –, juris.
23Dies gilt auch für eine unmittelbare politische Verfolgung durch den serbischen Staat. Nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 sind zwar Vorbehalte und Vorurteile gegenüber Roma unverändert weit verbreitet, es gibt aber keine Anzeichen für systematische staatliche Verfolgungsmaßnahmen. Vielmehr sind in bestimmten Bereichen Fortschritte zu verzeichnen, wie eine höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern oder der Einsatz von pädagogischen Assistenten und Roma-Mediatorinnen (S. 11 des Berichts). Die serbische Regierung bemüht sich auch, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern. Hierzu gehört unter anderem ein am 10. Juni 2013 verabschiedeter Aktionsplan zur Verbesserung der Lage der Roma u.a. in den Bereichen Bildung, Krankenschutz, Arbeitsaufnahme, Wohnbedingungen, amtliche Registrierung und sozialer Schutz (S. 13 f. des Berichts). Diese Beschreibung der Situation der Roma entspricht im Wesentlichen auch den Darstellungen von Amnesty International (Jahresberichte Serbien [einschließlich Kosovo] 2009 bis 2013) und für Südserbien der Schweizerischen Flüchtlingshilfe (Südserbien: Soziale Situation vertriebener Personen vom 28. Februar 2011, Zugang Angehöriger der Roma-Ethnie zu Gesundheitsdiensten und Sozialhilfe in Serbien vom 4. Oktober 2012).
24Vgl. VG Regensburg, Urteil vom 07. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris.
25Die Ausführungen von Frau Dr. X. enthalten keine Feststellungen, die den nachvollziehbaren Schluss erlauben, dass diese Einschätzung der Sachlage unzutreffend ist. In ihrer Aussage nimmt sie zu diesen Bemühungen des serbischen Staates nicht Stellung, bezweifelt auch nicht ihre Richtigkeit. Sie beschreibt vielmehr die extremen Lebensbedingungen der Roma in Serbien, insbesondere die Schwierigkeiten der Roma bei der Sicherstellung ihres Lebensunterhaltes im täglichen Leben aufgrund ihrer Armut und der Vorbehalte in der Bevölkerung, die Probleme, Sozialleistungen und eine gesundheitliche Versorgung zu erhalten sowie einen Arbeitsplatz und Wohnraum zu finden.
26Einen nachvollziehbaren Schluss auf eine staatliche Gruppenverfolgung der Roma in Serbien lassen die Ausführungen von Frau Dr. X. aber auch im Hinblick auf etwaige Behinderungen bei der Ausreise serbischer Staatsangehöriger sowie die zum 1. Januar 2013 eingeführte Vorschrift des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuches (serbStGB) nicht zu.
27Nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen trifft es zwar zu, dass Serbien die Grenzkontrollen an Grenzübergängen verschärft hat, um einen Missbrauch des Asylrechts in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verhindern,
28Vgl. Europäische Kommission, Fourth Report on the Post-Visa Liberalisation Monitoring for the Western Balkan Countries in accordance with the Commission Statement of 8 November 2010, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do,
29und ausdrücklich zur Vermeidung des Missbrauchs des visumsfreien Regimes Mitte 2011 eine “Verordnung zur näheren Regelung der Art der Ausübung der polizeilichen Befugnisse der Grenzpolizisten und den Pflichten der Personen, die die Grenze überqueren“ in Kraft getreten ist, die vorsieht, dass Grenzpolizisten außer dem Reisepass noch die Vorlage weiterer Unterlagen zum Reisezweck und der Rückkehrbereitschaft, insbesondere auch zum Besitz ausreichender finanzieller Mittel für den Aufenthalt im EU-Ausland verlangen können.
30Vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 25); Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 19, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf; PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 79, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
31Nach verschiedenen Quellen wurden seit Mai 2011 Tausende serbischer Bürgerinnen und Bürger wegen Nichterfüllung dieser Bestimmungen daran gehindert, Serbien zu verlassen: So spricht ein Bericht der serbischen Kommission zur Beobachtung des visumsfreien Regimes aus Oktober 2011 insoweit für den Zeitraum vom 24. Februar bis zum 15. Oktober 2011 von 1715 Personen,
32vgl. Chachipe, “Selective Freedom – The visa liberalisation and restrictions on the right to travel in the Balkans”, Juni 2012, S. 20, abrufbar unter: http://romarights.files.wordpress.com/2012/07/chachipe_visa_liberalisation_report_270612.pdf,
33während eine Analyse der europäischen Grenzagentur Frontex für das Jahr 2012 insgesamt von etwa 6700 Reisenden berichtet und der serbische Staatssekretär im Innenministerium im Januar 2014 verkündete, dass seit Mai 2011 6300 Personen an der Grenze zurückgewiesen worden seien.
34Vgl. PRO ASYL/Dr. X.-ringo , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 80 m.w.N., abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
35Dem entspricht auch die von der Antragstellerin in Bezug genommene Angabe von Frau Dr. X. bei ihrer Vernehmung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 25. März 2014, dass in den Jahren 2012 und 2013 einer großen Zahl Roma die Ausreise wegen der neuen Bestimmungen zur Grenzkontrolle verweigert worden sei.
36Vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20).
37Unabhängig von der Frage, ob Beeinträchtigungen in dieser Größenordnung angesichts der Zahl der Asylantragsteller aus der Republik Serbien, die sich allein in der Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2012 auf insgesamt 12.812 und im Jahr 2013 auf 18.001 Erst- und Folgeanträge belief,
38vgl. Auswärtiges Amt, Auskunft an das Verwaltungsgericht Münster vom 1. Juli 2014, wiedergegeben in: VG Münster, Beschluss vom 8. Juli 2014 – 4 L 461/14.A –, juris (Rn. 24),
39die unten darstellten Anforderungen an die für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendige Verfolgungsdichte erfüllen,
40und angesichts dieser Zahlen die weitere Einschätzung von Frau Dr. X.-ringo zutreffen kann, dass eine legale Ausreise für Roma mit Ausweispapieren kaum vorstellbar sei,
41begründen sie keinen Anhaltspunkt für die Annahme einer schwerwiegenden Verletzung der grundlegenden Menschenrechte im Sinne des § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG.
42Zu den dort insbesondere in Bezug genommenen Rechten, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) keine Abweichung zulässig ist, zählen das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit und das Verbot von Strafe ohne Gesetz (Art. 2-4 und Art. 7 EMRK). Zu diesen Rechten zählt die Reisefreiheit eindeutig nicht. Das Recht, das eigene Land zu verlassen, findet sich auch im Übrigen nicht in der von allen Vertragsparteien ratifizierten Fassung der Konvention. Art. 5 EMRK, der das Recht auf Freiheit und Sicherheit gewährleistet, betrifft nur die unmittelbare Bewegungsfreiheit, d.h. den Schutz vor Verhaftung, Inhaftierung und anderer Freiheitsentziehung. Das Recht jeder Person, jedes Land, einschließlich des eigenen, zu verlassen, ist allerdings in Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur EMRK vom 16. September 1963 (BGBl. 2002 II S. 1074) gewährleistet, das jedoch nicht in allen Vertragsstaaten gilt.
43Vgl.http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?CL=GER&CM=&NT=046&DF=26/11/2012&VL=.
44Vor diesem Hintergrund ist ungeachtet seiner Bedeutung in der Geschichte speziell der Bundesrepublik Deutschland
45vgl. hierauf besonders abstellend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.),
46bereits zweifelhaft, ob die Ausreisefreiheit ein grundlegendes Menschenrecht i.S.v. § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG darstellt.
47Vgl. ablehnend: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 43); bejahend: VG Stuttgart, Urteile vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 33 ff.) und vom 28. Mai 2014 – A 11 K 1996/14 –, juris (Rn. 44 ff.).
48Jedenfalls handelt es sich bei den Einschränkungen, die der Antragstellerin insoweit bei einer Rückkehr nach Serbien drohen könnten, nicht um schwerwiegende Verletzungen der Freizügigkeit. Denn die Antragstellerin kann sich innerhalb Serbiens frei bewegen und soweit ersichtlich regelmäßig das Land auch verlassen, wenn sie den serbischen Grenzkontrollposten plausibel ein Reiseziel und einen Zweck ihrer Reise darlegt, der nicht in der Durchführung eines Asylverfahrens im EU-Ausland besteht.
49Vgl. zu alledem bereits im Hinblick auf die vergleichbare Situation in der Ehemaligen Jugoslawischen Republik Mazedonien: VG Düsseldorf, Beschluss vom 26. November 2012 – 27 L 2201/12.A –, juris (Rn. 29 ff.); ebenso zu Serbien: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 44); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 40); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 23).
50Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass die Entscheidung über den Asylantrag der Antragstellerin unter Berücksichtigung der Angaben von Frau Dr. X. zu den Folgen einer Asylantragstellung im Ausland, insbesondere der zum 1. Januar 2013 eingeführten Vorschrift des Art. 350a serbStGB günstiger ausgefallen wäre. Soweit Frau Dr. X. ausweislich des Tatbestandes des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. März 2014 dort erklärt hat, dass die Stellung eines Asylantrages in der Bundesrepublik Deutschland nach serbischem Recht strafbar sei und hierzu unter anderem auch auf die Vorschrift des § 350a serbStGB Bezug genommen hat,
51vgl. Wiedergabe im Tatbestand des Urteil des VG Stuttgart vom 25.3.2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 20),
52fehlt dieser Einschätzung die tatsächliche Grundlage.
53Bisher war soweit ersichtlich unstreitig, dass es Sanktionen, insbesondere eine Kriminalisierung wegen der Stellung eines Asylantrages im Ausland selbst in der Republik Serbien bisher weder de jure noch de facto gibt.
54Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23.
55Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass ein Asylantragsteller selbst nunmehr wegen der Antragstellung nach der neuen Vorschrift des § 350a serbStGB strafrechtlich verfolgt werden könnte, sind nicht ersichtlich. Eine solche Einschätzung ist mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht vereinbar und es auch nicht ersichtlich, dass es tatsächlich zu entsprechenden Ermittlungsverfahren gekommen ist.
56Wie das erkennende Gericht bereits in seinem Beschluss vom 14. November 2013 – 27 L 2246/13.A – ausgeführt hat, stellt Art. 350a serbStGB nicht die Ausreise und/oder die Stellung eines Asylantrags im Ausland durch den betreffenden Bürger unter Strafe, sondern lediglich Unterstützungsleistungen Dritter wie Transport, Schleusung und Bereitstellen einer Unterkunft, die es einem serbischen Staatsangehörigen ermöglichen im Ausland unter Täuschung über seine Menschenrechte und Grundfreiheiten einen Asylantrag zu stellen.
57Vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien vom 18. Oktober 2013, S. 23 f.; Gesetzestext in englischer Sprache unter http://www.seio.gov.rs/upload/documents/ekspertske%20misije/ccaditions_amendments.pdf: “Whoever, in an intention to obtain certain gain for themselves or another, carries out or organizes transport, transfer, acceptance, accommodation, hiding or else to enable that a citizen of Serbia may, by giving a false impression of his human rights and fundamental freedoms being threatened, seek asylum in a foreign country, shall be punished with imprisonment from three months to three years.”
58Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist nicht die falsche Darstellung der Gefährdungslage in Serbien seitens des Asylantragstellers Anknüpfungspunkt der Strafbarkeit,
59so aber VG Stuttgart, Urteil vom 25. März 2014 – A 11 K 5036/13 –, juris (Rn. 39),
60sondern die Unterstützungshandlung des Dritten. Die Gesetzesänderung richtet sich mithin im Kern gegen Aktivitäten von Schleppern und sonstigen Fluchthelfern.
61So auch: VG Stuttgart, Urteil vom 28. Mai 2014 – A 12 K 4301/12 –, juris (Rn. 46); VG Gelsenkirchen, Urteil vom 8. Mai 2014 – 17a K 2848/13.A –, juris (Rn. 37 ff.); VG Regensburg, Urteil vom 7. Mai 2014 – RO 6 K 14.30326 –, juris (Rn. 20); VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 39); VG Freiburg (Breisgau), Urteil vom 30. Juni 2014 – A 3 K 2238/12 –, juris (Rn. 22).
62Des Weiteren liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass es tatsächlich bereits wegen der Asylantragstellung gegen einzelne Antragsteller zu entsprechenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gekommen ist. Dies lässt sich insbesondere nicht der weiteren Feststellung des Ergebnisses der Vernehmung von Frau Dr. X. im Urteil vom 25. März 2014 entnehmen, dass nach dem Fortschrittsbericht der EU 2013 aufgrund der Vorschrift des § 350a serbStGB sieben Strafverfahren gegen acht Personen betrieben worden seien. Der Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission 2013 zu Serbien vom 16. Oktober 2013 enthält keine Angaben zur Zahl entsprechender Ermittlungsverfahren. In ihm wird lediglich ausgeführt, dass das serbische Strafgesetzbuch unter anderem um eine Regelung zur Strafbarkeit der Beihilfe zum Missbrauch des Asylrechts im Ausland ergänzt worden ist und seit ihrer Einführung im Dezember Kontrollen in Reisebüros und bei Transportunternehmen durchgeführt worden sind.
63Vgl. S. 40 und 49 des Berichts, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/enlargement/pdf/key_documents/2013/package/brochures/serbia_2013.pdf.
64Im vierten Bericht der Europäischen Kommission vom 28. November 2013 über das Monitoring nach der Visumsliberalisierung für die westlichen Balkanländer wird ebenfalls in Bezug auf die Vorschrift zur Strafbarkeit der Unterstützung des Asylmissbrauchs im Ausland lediglich die Aufnahme von Untersuchungen von Transportunternehmen und Reisebüros festgestellt, die unter dem Verdacht stehen, illegale Migration in die EU zu unterstützen. In erkennbarem Zusammenhang hiermit steht die anschließende Feststellung, dass die Behörden sieben Anklagen gegen acht Personen auf der Grundlage der neuen Strafvorschrift erhoben hätten.
65Vgl. S. 10, abrufbar unter: http://www.ipex.eu/IPEXL-WEB/dossier/files/download/082dbcc5429d1f4a01429e0b3bd30421.do.
66Genau dies gibt Frau Dr. X. im Übrigen auch in ihrem anderweitigen Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina wieder.
67Vgl. PRO ASYL/Dr. X. , Gutachten zur faktischen Menschenrechtssituation in Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina, April 2014, S. 84, abrufbar unter: http://www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzegowina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf.
68Schließlich folgt aus der Aussage von Frau Dr. X. auch kein schlüssiger Ansatz für die Annahme einer mittelbaren Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (vgl. § 3c Nr. 3 AsylVfG). Hier fehlt es schon an der Darlegung der erforderlichen Verfolgungsdichte.
69Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt grundsätzlich eine bestimmte "Verfolgungsdichte" voraus, welche die "Regelvermutung" eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr nur um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer und qualitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 21. April 2009 – 10 C 11.08 –, juris (Rn. 13) m.w.N.
71Die von Frau Dr. X. geschilderte Zunahme von Gewalt gegen Roma und das mangelnde Einschreiten der Polizei mag ebenso zutreffend sein, wie die Annahme einer gesteigerten Aggressivität gegen Roma, insbesondere seit der Diskussion über eine mögliche Wiedereinführung der Visumspflicht für Reisen in die EU. Auch nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes ist es in der Vergangenheit zu einer Reihe zum Teil gewalttätiger Übergriffe auf Roma durch Privatpersonen gekommen (vgl. Auswärtiges Amt, Lageberichte Serbien vom 22. September 2008 (Stand: August 2008), vom 4. Juni 2010 (Stand: Mai 2010), vom 12. März 2012 (Stand: März 2012), vom 29. Januar 2013 (Stand: Januar 2013) und vom 18. Oktober 2013 (Stand: August 2013)). Indes kann den Ausführungen von Frau Dr. X. nicht entnommen werden, dass diese Vorfälle zahlenmäßig ein Ausmaß erreichen, dass für jeden Gruppenangehörigen ohne weiteres eine aktuelle Gefährdung eigener Betroffenheit besteht; dies gilt umso mehr, als sich in Serbien nach Schätzungen von Roma-Verbänden 700.000 bis 800.000 Roma aufhalten. Die tatsächliche Zahl dürfte laut OSZE zwischen 300.000 und 500.000 liegen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013). Frau Dr. X. räumt hierzu ein, dies sei aktuell nur schwer greifbar, weil Zwischenfälle und Übergriffe nicht mehr dokumentiert würden, so dass man auf Medienberichte angewiesen sei. Die von ihr benannten Fälle bleiben zahlenmäßig indes eingeschränkt: Im Jahre 2013 seien 11 Fälle dokumentiert, darunter die Tötung eines 17-jährigen Roma in Becej durch eine Skinheadgruppe. Als Täter solcher Übergriffe seien regelmäßig Skinheads, Fußballhooligans und spontaner Mob (z. B. beim Zuzug von Roma) festzustellen.
72Auch soweit Frau Dr. X. weiter ausführt, obwohl die Täter häufig aus dem direkten näheren Umfeld stammten, blieben Strafanzeigen in der Regel folgenlos, weil die Täter angeblich nicht zu ermitteln seien, und, wenn Angehörige der Roma die Polizei bei Angriffen rufen würden, komme diese häufig nicht und, wenn sie komme, unternehme sie nichts, werden diese Feststellungen von ihr nicht belegt und konkretisiert. Insoweit ist einzuräumen, dass nach den Erkenntnissen auch des Auswärtigen Amtes (Lagebericht vom 18. Oktober 2013 - Stand: August 2013) die staatlichen Bemühungen zur Prävention bzw. Ermittlung und Strafverfolgung bei (drohenden) Angriffen Dritter gegenüber Roma bisweilen als unzureichend bewertet werden. Um hieraus aber den Schluss ziehen zu können, der serbische Staat sei erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor der Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylVfG) bedarf es zumindest dann, wenn eine generelle, an die Ethnie anknüpfende Schutzverweigerung des Staates behauptet wird, konkreter und gesicherter Anhaltspunkte dafür, dass der Staat keine zureichenden Vorkehrungen zur Eindämmung privater Gewalt gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen getroffen hat bzw. seine Machtmittel zur Ahndung gewaltsamer Übergriffe nicht ausreichen.
73Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35); Hessischer VGH, Urteil vom 20. Oktober 2005 – 7 UE 1365/05.A –, juris.
74Der Umstand allein, dass die staatlichen Organe trotz prinzipieller Schutzbereitschaft nicht immer in der Lage sind, die Betroffenen vor derartigen Übergriffen wirkungsvoll zu schützen, reicht hierfür nicht aus. Kein Staat vermag einen schlechthin perfekten, lückenlosen Schutz zu gewähren und sicherzustellen, dass Fehlverhalten, Fehlentscheidungen einschließlich sog. Amtswalterexzesse bei der Erfüllung der ihm zukommenden Aufgabe der Wahrung des inneren Friedens nicht vorkommen. Deshalb lässt weder eine Lückenhaftigkeit des Systems staatlicher Schutzgewährung überhaupt noch eine im Einzelfall von den Betroffenen erfahrene Schutzversagung als solche schon staatliche Schutzbereitschaft oder Schutzfähigkeit entfallen. Umgekehrt ist eine grundsätzliche Schutzbereitschaft des Staates zu bejahen, wenn die zum Schutz der Bevölkerung bestellten (Polizei-)Behörden bei Übergriffen Privater zur Schutzgewährung ohne Ansehen der Person verpflichtet und dazu von der Regierung auch landesweit angehalten sind, was in Serbien der Fall ist, auch wenn die Polizei wie bereits ausgeführt, nach dem aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 18. Oktober 2013 nach wie vor nicht in allen Fällen mit der gebotenen Konsequenz gegen Übergriffe auf Minderheiten (vor allem Roma und Homosexuelle) vorgeht. Jedoch führen Anzeigen von Roma wegen Körperverletzung auch in der Praxis zu Gerichtsprozessen.
75Vgl. VG Sigmaringen, Urteil vom 25. April 2014 – 1 K 234/14 –, juris (Rn. 35).
762. Auch die weitere Entscheidung des Bundesamtes, die Abänderung der in seinem vorangegangenen Bescheid vom 14. März 2014 getroffenen (negativen) Feststellung zu Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) abzulehnen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Unter welchen Voraussetzungen ein diesbezüglicher Wiederaufgreifensanspruch besteht und warum die Antragstellerin diese Voraussetzungen nicht erfüllt, hat das Bundesamt in dem angefochtenen Bescheid dargelegt. Hierauf wird analog § 77 Abs. 2 AsylVfG Bezug genommen. Soweit das Bundesamt insoweit auf seine Ausführungen zu § 51 VwVfG hinsichtlich des geltend gemachten Asylanspruchs verweist, wird stattdessen insoweit auf die obigen Ausführungen des Gerichts Bezug genommen.
77Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83b AsylVfG.
78Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylVfG.
(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.
(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.
(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.
(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.
(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.
(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.
(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.
(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.
(11) (weggefallen)
(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn
- 1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder - 2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
- 1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder - 2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.
(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.
(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.
(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.
(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.
(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn
- 1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder - 2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.