Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Nov. 2016 - M 17 K 16.4499

bei uns veröffentlicht am08.11.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, der beihilfeberechtigt ist mit einem Bemessungssatz von 70%, beantragte mit einem nicht datierten Formblatt, bei der Beklagten eingegangen am ... April 2016, die Gewährung von Beihilfe unter anderem für eigene Rechnungen vom ... März 2015 (390,45 €), ... April 2015 (9,79 €) und ... April 2015 (182,14 €) sowie für Rechnungen der Ehefrau vom ... März 2015 (135,94 €) und ... April 2015 (559,95 €).

Mit Bescheid vom 21. April 2016 lehnte die Beklagte insoweit die Gewährung von Beihilfe ab mit der Begründung, dass diese Belege nicht innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen (Rechnungsdatum) bei der Festsetzungsstelle eingegangen seien (§ 54 Abs. 1 BBhV).

Mit Schreiben vom 30. April 2016, das sowohl von der Tochter des Klägers als auch von diesem selbst unterschrieben war, legte die Tochter im Namen des Klägers hiergegen Einspruch ein. Ihr Vater, der 85 Jahre alt sei, sei mittlerweile leider nicht mehr in der Lage, komplexe Vorgänge, wie Beihilfe, selber zu schaffen. Zukünftige Beihilfeanträge würden von der Tochter ausgefüllt und damit wieder im zeitlichen Rahmen eingereicht. Die Tochter des Klägers übermittelte zudem mit E-Mail vom ... Juni 2016 eine Vollmacht des Klägers und wies darauf hin, dass der gesamte Schriftverkehr weiterhin über die Adresse des Klägers laufen solle, da sie ihm nur beim Ausfüllen der Anträge behilflich sei. Ihr Vater sei immer noch für sich selbst verantwortlich und geschäftstüchtig.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2016 lehnte die Beklagte den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab. Wiedereinsetzung könne nur gewährt werden, wenn jemand ohne Verschulden verhindert gewesen sei, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Im Falle des Klägers müsse davon ausgegangen werden, dass die gebotene Sorgfalt im Umgang mit für die Beantragung von Beihilfe notwendigen Nachweisen außer Acht gelassen worden sei, da weder der Kläger selbst einen Antrag gestellt habe noch dieser einen Vertreter beauftragt habe. Zudem habe die Tochter des Klägers geschildert, dass dieser noch für sich selbst verantwortlich und geschäftstüchtig sei. Somit sei die Antragsfrist durch Umstände versäumt worden, die im Verantwortungsbereich des Klägers lägen.

Die Bevollmächtigten des Klägers wiesen mit Schreiben vom 15. Juni 2016 darauf hin, dass der Kläger - wie sich mittlerweile aufgrund ärztlicher Untersuchungen herausgestellt habe - dement sei. Dies sei ein schleichender Prozess gewesen, den seine Tochter erst vor kurzem bemerkt habe, nachdem sie festgestellt habe, dass sich entgegen seiner sonstigen Vorgehensweise Schreiben bei ihm angehäuft hätten und er polizeilich habe gesucht werden müssen, da er sich verlaufen hatte. Die nicht fristgerechte Einreichung des Antrags beruhe auf seiner Erkrankung, deren Erkennung dem Kläger selbst nicht möglich gewesen sei, wie dies leider bei Demenz regelmäßig der Fall sei. Die Einhaltung der Jahresfrist sei für ihn daher aufgrund seiner Erkrankung unverschuldet nicht zumutbar gewesen. Ein neurologisches Attest vom ... August 2016, wonach der Kläger seit etwa Anfang 2016 Symptome einer Demenz entwickelt habe, die aktuell als leichte Demenz vom Alzheimertyp einzustufen sei, wurde vorgelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Die Jahresfrist des § 54 Abs. 1 BBhV habe für die verfristeten Belege im Zeitraum... März 2016 bis ... April 2016 geendet. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger bereits an Demenz gelitten. Allerdings bescheinige der behandelnde Arzt, dass die Symptome der Demenz erst seit etwa Beginn des Jahres 2016 vorlägen. Selbst wenn die ersten Anzeichen bereits gegen Ende des Jahres 2015 aufgetreten wären, hätte der Kläger dennoch vom jeweiligen Zeitpunkt der Rechnungstellung an mehr als ein halbes Jahr Gelegenheit gehabt, Beihilfe für die in Rede stehenden Aufwendungen zu beantragen oder jemanden damit zu beauftragen. Dies habe der Kläger jedoch nicht getan. Deshalb müsse ihm trotz Berücksichtigung aller dargelegten Umstände angelastet werden, diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen zu haben, die geboten und ihm nach den Umständen zuzumuten gewesen sei, so dass ihn das Verschulden an der Fristversäumnis treffe. Somit lägen die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor.

Mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2016, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am selben Tag, beantragten die Prozessbevollmächtigten des Klägers,

den Widerspruchsbescheid vom 30. August 2016 aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Demenz vom Alzheimertyp eine Erkrankung sei, deren subklinischer Vorlauf einige Jahre betrage. Die Betroffenen versuchten, die auftretenden Probleme vor ihren Angehörigen so lange wie möglich zu verbergen und entwickelten hierfür jeweils eigene Strategien. Es dauere demnach regelmäßig längere Zeit, bis die Erkrankung von den Angehörigen wahrgenommen werde. Zum anderen sei es gerade ein Zeichen für die bereits länger bestehende Erkrankung des Klägers, dass dieser plötzlich angefangen habe, seine persönlichen Angelegenheiten, die er über Jahrzehnte ordnungsgemäß erledigt hatte, zu vernachlässigen. Es sei daher vollkommen absurd, bei einer demenziellen Erkrankung ein Verschulden des Betroffenen anzunehmen. Dem Betroffenen werde ein Jahr Zeit eingeräumt, die Belege einzureichen. Wenn er während dieser Zeit erkranke und aufgrund dessen nicht in der Lage sei, seiner Verpflichtung gewissenhaft nachzukommen, sei dies gerade keine Außerachtlassung der Sorgfalt und damit ein Verschulden. Der Kläger habe zu Beginn der Jahresfrist, bei der er mutmaßlich auch bereits erkrankt gewesen sei, nicht ahnen können, dass er später krankheitsbedingt zur fristgerechten Einsendung der Belege nicht mehr in der Lage sein würde. Auch könne ihm nicht vorgeworfen werden, er hätte sie ab Rechnungsstellung bereits vor seiner Erkrankung einreichen können. Es gehöre ja gerade zur demenziellen Erkrankung, dass sie schleichend voranschreite, der Betroffene dies nicht oder nur eingeschränkt überblicke und irgendwann auffalle, dass er nicht mehr in der Lage sei, seine persönlichen Angelegenheiten zu erledigen. Da er berechtigt gewesen sei, die Jahresfrist auszuschöpfen, könne ihm auch nicht vorgehalten werden, dass er die Belege bereits früher hätte einreichen können.

Ein weiteres neurologisches Attest vom ... September 2016, wonach es retrospektiv erste Hinweise auf den Beginn der demenziellen Entwicklung seit Ende 2015 gegeben habe und in der Regel der subklinische Vorlauf der Erkrankung einige Jahre betrage, wurde vorgelegt. Die Tatsache, dass der Patient seine persönlichen Angelegenheiten seit mehr als einem Jahr vernachlässige, sei durchaus im Rahmen dieser demenziellen Entwicklung zu erklären, also krankheitsbedingt.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verwies sie auf die Bescheide vom 21. April 2016, 8. Juni 2016 und 30. August 2016. Ergänzend führte sie aus, dass es sich bei der Frist des § 54 Abs. 1 BBhV um eine Ausschlussfrist handele. Nach Ablauf dieser Frist könne eine Beihilfe nur bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Entgegen dem klägerischen Vortrag sei die Tatbestandsvoraussetzung einer „ohne Verschulden“ eingetretenen Verhinderung vorliegend nicht gegeben. Ein Verschulden könne dann ausgeschlossen sein, wenn der Betroffene ernsthaft erkrankt gewesen sei und infolge davon die Frist nicht habe selbst wahren oder einen Bevollmächtigten beauftragen können. Im vorliegenden Fall habe der Kläger mit seinem Vorbringen aber nicht glaubhaft gemacht, dass er sich während der gesamten Dauer der Jahresfrist in einem gesundheitlichen Zustand befunden habe, der es ihm unmöglich gemacht habe, selbst einen Antrag auf Beihilfegewährung zu stellen oder einen Dritten hiermit zu beauftragen. Die vorgelegten ärztlichen Atteste, die dem Kläger aktuell eine leichte Demenz vom Alzheimertyp bescheinigten, reichten insoweit nicht aus. Diesen sei nicht zu entnehmen, dass der Kläger selbst bzw. mit Hilfe Dritter zur Wahrnehmung seiner Belange dauerhaft nicht im Stande gewesen sei. Auch die am ... Juni 2016 gegenüber der Beihilfestelle von der Tochter des Klägers abgegebene Erklärung, wonach der gesamte Schriftverkehr weiterhin über die bekannte Adresse des Klägers gehen solle und dieser noch immer für sich selbst verantwortlich und geschäftstüchtig sei, lasse eher den Schluss zu, dass der Kläger gerade nicht während der gesamten Dauer der Jahresfrist außer Stande gewesen sei, einen Antrag auf Beihilfegewährung zu stellen oder einen Dritten hiermit zu beauftragen. Selbst wenn der Kläger wegen der vermutlich Ende 2015/Anfang 2016 beginnenden demenziellen Entwicklung zur eigenen Antragstellung nicht in der Lage gewesen sein sollte, habe es ihm oblegen, einen zuverlässigen Vertreter für die Erledigung seiner Angelegenheiten auszuwählen. Es sei weder vorgetragen noch ersichtlich, dass dem Kläger die ordnungsgemäße Auswahl eines Vertreters aufgrund eigener Geschäftsunfähigkeit nicht möglich gewesen sei.

Mit Beschluss vom 3. November 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Über die Klage konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten mit Schreiben vom 20. Oktober 2016 bzw. 26. Oktober 2016 einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren zugestimmt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Die Klage ist dahingehend auszulegen (§ 88 VwGO), dass die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Beihilfe für die zwei Rechnungen vom... März 2015 sowie die Rechnungen vom ... April 2015, ... April 2015 und ... April 2015 begehrt wird und die Bescheide vom 21. April 2016, 8. Juni 2016 und 30. August 2016 insoweit aufgehoben werden sollen.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom 21. April 2016, 8. Juni 2016 und 30. August 2016 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Da beihlferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 8.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 18. Juli 2014 (BGBl I, S. 1154), weil die streitgegenständlichen Rechnungen aus dem Zeitraum vom 20. März 2015 bis 9. April 2015 datieren.

2. Etwaige Ansprüche des Klägers auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständlichen Rechnungen sind wegen der Versäumnis der Antragsfrist erloschen.

2.1 Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 BBhV in der oben genannten Fassung wird Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Rechnungsdatum beantragt wird.

2.2 Im vorliegenden Fall ging der Beihilfeantrag für die Rechnungen vom ... März 2015, ... April 2015, ... April 2015 und ... April 2015 unstrittig erst am ... April 2016 bei der Beihilfestelle ein. Die Jahresfrist endete aber gemäß § 31 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) selbst für die jüngste Rechnung vom... April 2015 mit Ablauf des ... April 2016 (Montag). Demnach ist der Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständlichen Aufwendungen wegen der Versäumnis der Jahresfrist grundsätzlich gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 BBhV erloschen.

2.3 Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer solchen materiellen Ausschlussfrist bestehen keine Bedenken (BVerwG, U. v. 28.6.1965 - VIII C 334.63 - BVerwGE 21, 258). Die Ausschlussfrist dient aus haushaltstechnischen Gründen dazu, eine baldige Klärung etwa noch bestehender Beihilfeansprüche herbeizuführen und ist mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist sie jedenfalls dann unbedenklich, wenn die Möglichkeit besteht, im besonderen Einzelfall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen (vgl. z. B. BayVGH, U. v. 5.4.1990 - 3 B 89.2831 - juris Rn. 14; VG München, U. v. 9.6.2016 - M 17 K 15.66 - UA S. 7 f.). Obwohl es sich bei der Jahresfrist nach § 54 Abs. 1 Satz 1 BBhV um eine materielle Ausschlussfrist handelt, gehen Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend von der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Dies ist auch in Nr. 54.1.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur BBhV ausdrücklich vorgesehen.

2.4 Die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in die abgelaufene Ausschlussfrist sind im vorliegenden Fall allerdings nicht erfüllt.

2.4.1 Nach § 32 Abs. 1 VwVfG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

2.4.2 Der Kläger war hier aber nicht ohne Verschulden daran gehindert, die Jahresfrist einzuhalten.

Verschuldet ist eine Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (BVerwG, U. v. 8.3.1983 - 1 C 34/80 - BayVBl 1983, 476).

Zwar ist bei einer Krankheit grundsätzlich von fehlendem Verschulden auszugehen, namentlich dann, wenn der Betroffene ernsthaft erkrankt war und infolgedessen die Frist nicht selbst wahren oder einen Bevollmächtigen beauftragen konnte (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 32 Rn. 29 m. w. N.). Ebenso, wenn dem Betroffenen „die Dinge über den Kopf gewachsen waren“ (Kopp/Ramsauer, a. a. O.).

Bei einer Ausschlussfrist, auf die die Wiedereinsetzungsregeln ohnehin nur ausnahmsweise Anwendung finden (vgl. oben), sind diese aber restriktiv zu handhaben, so dass an eine Entschuldigung der Fristversäumnis erhöhte Anforderungen gestellt werden dürfen. Es kommt darauf an, ob dem Beteiligten nach den Umständen des Falles ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er die Frist versäumt hat (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 32 Rn. 21).

Der klägerische Vortrag ergibt nicht, dass dieser seine ihm zumutbare Sorgfalt hat walten lassen, um eine rechtzeitige Antragstellung sicherzustellen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Vorkehrungen ist auch deshalb ein strenger Maßstab anzulegen, da es sich bei der Jahresfrist des § 54 Abs. 1 Satz 1 BBhV um eine ohnehin schon sehr großzügig bemessene Frist handelt (vgl. VG München, U. v. 10.12.2015 - M 17 K 15.402 - UA S. 8; U. v. 23.4.2015 - M 17 K 14.517 - UA S. 15).

Den vorgelegten neurologischen Attesten vom ... August 2016 und ... September 2016 ist lediglich zu entnehmen, dass der Kläger gegenwärtig an leichter Demenz vom Alzheimertyp leidet. Erste Hinweise auf den Beginn der demenziellen Entwicklung hätten sich Ende 2015 ergeben. Aus diesen Attesten lässt sich jedoch nicht ableiten, dass der Kläger aufgrund seiner Erkrankung daran gehindert war (und ist), die gesetzliche Antragsfrist einzuhalten. Ein Hindernis in diesem Sinn ist ein Ereignis, das die Fristwahrung schlechthin unmöglich macht oder die erforderlichen Maßnahmen seitens des Betroffenen unzumutbar erscheinen lässt (vgl. VG München, U. v. 15.12.2008 - M 3 K 07.3183 - juris Rn. 47 m. w. N.). Dass der Kläger krankheitsbedingt generell nicht in der Lage gewesen wäre, ein Antragsformular (rechtzeitig) auszufüllen und der Beklagten zukommen zu lassen, ist nicht erkennbar (vgl. VG München, U. v. 15.12.2008 - M 3 K 07.3183 - juris Rn. 49).

Selbst wenn die Demenz aber ein derartiges Hindernis darstellen würde, lagen laut Attesten erste Hinweise auf die Erkrankung erst Ende 2015 vor, so dass es dem Kläger zumindest in dem Zeitraum zwischen Rechnungsstellung Ende März/Anfang April 2015 und Ende 2015 möglich gewesen wäre, Beihilfeanträge zu stellen. Ein Hinderungsgrund lag damit nicht ununterbrochen für die gesamte Dauer der Frist vor (vgl. VG München, U. v. 11.4.2013 - M 17 K 12.2893 - UA S. 6; VG Ansbach, U. v. 3.8.2011 - AN 15 K 11.01045 - juris Rn. 29). Eine schuldhafte Fristversäumnis ist nicht erst dann gegeben, wenn der Antragsteller insgesamt, das heißt über den gesamten Einjahreszeitraum hinweg ohne Einschränkung zur Antragstellung in der Lage gewesen wäre. Dem Kläger stand es selbstverständlich frei, die Jahresfrist bis zum Ende auszureizen. Das Risiko für während des Fristlaufs eintretende Hinderungsgründe trägt jedoch er (vgl. VG München, U. v. 11.4.2013 - M 17 K 12.2893 - UA S. 7).

Im Übrigen hätte der Kläger, als sich abzeichnete, dass die Bewältigung des Alltags für ihn schwierig wird, mit entsprechenden Maßnahmen, insbesondere mit der Beauftragung Dritter, reagieren müssen. Es ist weder belegt noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger die ordnungsgemäße Auswahl eines Vertreters etwa aufgrund eigener Geschäftsunfähigkeit nicht möglich war (vgl. VG Köln, U. v. 18.10.2013 - 19 K 4301/12 - juris Rn. 30).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 894,79 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz - GKG).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

...

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Nov. 2016 - M 17 K 16.4499

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(1) Beihilfe wird nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Rechnungsdatum beantragt wird. Für den Beginn der Frist ist bei Pflegeleistungen der letzte Tag des Monats maßgebend, in dem die Pflege erbracht wurde. Hat ein Sozialhilfeträger oder im Bereich der Pflege der Träger der Kriegsopferfürsorge vorgeleistet, beginnt die Frist mit dem Ersten des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Sozialhilfeträger oder der Träger der Kriegsopferfürsorge die Aufwendungen bezahlt hat. Die Frist beginnt in Fällen des § 45a Absatz 2 Satz 2 und 3 mit Ablauf des Jahres, in dem die Transplantation oder gegebenenfalls der Versuch einer Transplantation erfolgte.

(2) Die Frist ist auch gewahrt, wenn der Antrag von beihilfeberechtigten Personen nach § 3 innerhalb der Frist nach Absatz 1 bei der zuständigen Beschäftigungsstelle im Ausland eingereicht wird.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beihilfe wird nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Rechnungsdatum beantragt wird. Für den Beginn der Frist ist bei Pflegeleistungen der letzte Tag des Monats maßgebend, in dem die Pflege erbracht wurde. Hat ein Sozialhilfeträger oder im Bereich der Pflege der Träger der Kriegsopferfürsorge vorgeleistet, beginnt die Frist mit dem Ersten des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Sozialhilfeträger oder der Träger der Kriegsopferfürsorge die Aufwendungen bezahlt hat. Die Frist beginnt in Fällen des § 45a Absatz 2 Satz 2 und 3 mit Ablauf des Jahres, in dem die Transplantation oder gegebenenfalls der Versuch einer Transplantation erfolgte.

(2) Die Frist ist auch gewahrt, wenn der Antrag von beihilfeberechtigten Personen nach § 3 innerhalb der Frist nach Absatz 1 bei der zuständigen Beschäftigungsstelle im Ausland eingereicht wird.

(1) Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.

(2) Ist der Beginn eines Tages der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei der Berechnung des Lebensalters.

(1) Beihilfe wird nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Rechnungsdatum beantragt wird. Für den Beginn der Frist ist bei Pflegeleistungen der letzte Tag des Monats maßgebend, in dem die Pflege erbracht wurde. Hat ein Sozialhilfeträger oder im Bereich der Pflege der Träger der Kriegsopferfürsorge vorgeleistet, beginnt die Frist mit dem Ersten des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Sozialhilfeträger oder der Träger der Kriegsopferfürsorge die Aufwendungen bezahlt hat. Die Frist beginnt in Fällen des § 45a Absatz 2 Satz 2 und 3 mit Ablauf des Jahres, in dem die Transplantation oder gegebenenfalls der Versuch einer Transplantation erfolgte.

(2) Die Frist ist auch gewahrt, wenn der Antrag von beihilfeberechtigten Personen nach § 3 innerhalb der Frist nach Absatz 1 bei der zuständigen Beschäftigungsstelle im Ausland eingereicht wird.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, der beihilfeberechtigt ist mit einem Bemessungssatz von 50%, beantragte mit Formblatt vom ... ... 2014, bei der Beihilfestelle laut Eingangsstempel eingegangen am ... ... 2014, die Gewährung von Beihilfe für eine Zahnarztrechnung vom ... ... 2013 in Höhe von 253,80 €. Mit Bescheid vom 11. November 2014 wurde die Gewährung von Beihilfe abgelehnt, wobei darauf hingewiesen wurde, dass die Beihilfe nur gewährt werde, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder Ausstellung der Rechnung beantragt werde (Art. 96 Abs. 3a und Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BayBG und § 48 Abs. 6 BayBhV). Maßgebend für diese Jahresfrist sei das Eingangsdatum bei der Beihilfefestsetzungsstelle. Die Aufwendungen hätten wegen Ablaufs dieser Antragsfrist nicht mehr berücksichtigt werden können.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 2. Dezember 2014 Widerspruch ein, wobei er insbesondere darauf hinwies, dass der Beihilfeantrag nach seiner Erinnerung am ... ... 2014 in der Geschäftsstelle des Finanzamts ... abgegeben worden sei. Der zuständige Beamte habe den Eingangsstempel auf das Kuvert gesetzt und er sei erleichtert gewesen, da er spät dran gewesen sei und den rechtzeitigen Eingang seines Antrags bestätigt gesehen habe. Die Geschäftsstelle seiner Dienststelle und die Beihilfestelle seien verlängerte Arme seines Dienstherrn, so dass mit der Abgabe seines Antrags bei der Geschäftsstelle des Finanzamts ... der Antrag in die Hände seines Dienstherrn gelangt und lediglich über die verlängerten Arme weitergereicht worden sei. Im Gesetz stehe nichts vom zwingenden Eingang bei der Beihilfestelle und andere Stellen sähen den Eingang bei der Dienststelle als ausreichend an. Auf dem Beihilfeantrag werde nicht kommuniziert, dass ein Antrag innerhalb von einem Jahr bei der Beihilfestelle vorliegen müsse, während andere Stellen im Antrag ausdrücklich auf die Frist und die entsprechenden Modalitäten hinwiesen. Durch das Anbringen des Eingangsstempels sei ihm suggeriert worden, dass sein Antrag rechtzeitig eingegangen sei. Jedenfalls erscheine die Fristversäumnis entschuldbar, zumal in früheren Jahren der Eingang bei der Dienststelle gezählt habe.

Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2014, zugestellt am 18. Dezember 2014, zurückgewiesen. Maßgebendes Datum für die Stellung des Beihilfeantrags sei nicht das Datum des Antrags oder wann der Antrag zum Versand aufgegeben worden sei, sondern der Tag des Eingangs bei der Festsetzungsstelle für Beihilfen (Eingangsstempel). Die abgelehnte Rechnung vom ... ... 2013 sei bei Antragseingang am 30. Oktober 2014 verfristet gewesen. Die Nichtbeachtung dieser Ausschlussfrist bringe den Beihilfeanspruch zum Erlöschen. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, da die Fristversäumnis nicht unverschuldet eingetreten sei. Es liege im Verantwortungsbereich des Klägers, den Beihilfeantrag so zu verschicken, dass Belege innerhalb der Jahresfrist bei der Beihilfestelle eingingen. Der Eingangsstempel der Geschäftsstelle seiner Dienstbehörde sei unbeachtlich und zeige nur den Tag, an dem er das Schriftstück zum Versand gegeben habe.

Mit Schreiben vom 1. Januar 2015, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München eingegangen am 8. Januar 2015, erhob der Kläger hiergegen Klage und beantragte zuletzt,

den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung des Bescheids vom 11. November 2014 und des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2014 dem Kläger eine Beihilfe in Höhe von 126,90 € zu gewähren.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass das bedeutungsvolle Anbringen des Eingangsstempels durch den Bediensteten der Geschäftsstelle seiner Dienststelle für ihn die Bestätigung gewesen sei, dass der Beihilfeantrag rechtzeitig bei seinem Dienstherrn eingegangen sei. Der Antrag sei schließlich der Beihilfestelle zugeleitet worden, um dem Wortlaut des § 48 Abs. 3 BayBhV zu genügen. In dieser Vorschrift sei kein Bezug genommen zur Wahrung der Frist. Die Geschäftsstelle seiner Dienststelle sei nicht irgendeine Poststelle, sondern die Eingangsstelle seiner Korrespondenz mit seinem Dienstherrn. Der Eingangsstempel auf dem Kuvert dokumentiere den Eingang dieser Korrespondenz bei seinem Dienstherrn. Das Gesetz und die Verordnungen würden nirgendwo die Notwendigkeit des rechtzeitigen Eingangs eines Antrags bei der Beihilfestelle nennen, sondern nur, dass der Antrag bei der Beihilfestelle eingehen müsse. Bei diversen anderen Behörden sei die Abgabe bei der Dienststelle ausreichend und manche Behörden in der Bundesrepublik Deutschland wiesen im Beihilfeantrag auf den Zugang bei der Beihilfestelle zur Wahrung der Frist gesondert hin. Ein entsprechender Hinweis fehle dagegen auf dem bayerischen Beihilfeantrag. Eine nur in der Geschäftsstelle aufliegende Beihilfefibel, deren genauen Inhalt nicht einmal die Geschäftsstellenmitarbeiter genau kennen würden, könne die Informationspflicht nicht ersetzen. Der Personalrat habe auch nichts von der Wahrung der Frist durch Zugang bei der Beihilfestelle gewusst. Hätte der Geschäftsstellenbedienstete ihm nicht mit Anbringen des Eingangsstempels den rechtzeitigen Zugang bei seinem Dienstherrn suggeriert, hätte er seinen Antrag per Post und/oder Fax versandt.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Dass der Beihilfeantrag gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 BayBhV bei der Beihilfestelle vorzulegen sei, sei dem Kläger bekannt gewesen, wie aus seiner Klagebegründung hervorgehe. Soweit sich der Kläger darauf berufe, er habe die Jahresfrist durch Einreichung des Beihilfeantrags bei der Geschäftsstelle des Finanzamts ... eingehalten, könne er damit nicht gehört werden. Dem stehe der klare Wortlaut des § 48 Abs. 3 Satz 1 BayBhV entgegen, wonach Beihilfeanträge der Festsetzungsstelle und nicht irgendeiner anderen Behörde vorzulegen seien. Nur der Eingang bei der zuständigen Behörde wahre die Frist. Dem Kläger habe auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden können. Insoweit werde Bezug genommen auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 2014. Der Kläger habe die Nichteinhaltung der Jahresfrist verschuldet.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung am 09. Juni 2016 Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); die Bescheide vom 11. November 2014 und 16. September 2014 sind rechtmäßig und verletzten den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Da beihilferechtliche Streitigkeiten grundsätzlich nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen, für die Beihilfe beantragt wird, zu beurteilen sind (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 08.11.2012 - 5 C 4.12 - juris Rn. 12), richtet sich die Beihilfefähigkeit hier nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 24. Juli 2013 (GVBl S. 450), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 11. März 2011 (GVBl S. 130), weil die streitgegenständliche Rechnung vom 29. Oktober 2013 datiert.

2. Etwaige Ansprüche des Klägers auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständliche Rechnung sind wegen der Versäumnis der Antragsfrist erloschen.

2.1 Nach Art. 96 Abs. 3a BayBG und § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV in der oben genannten Fassung wird eine Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder der Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Bei dieser Antragsfrist handelt es sich um eine sogenannte Ausschlussfrist (vgl. z. B. BayVGH, B.v. 8.7.2009 - 14 C 09.1567 - juris Rn. 2).

§ 48 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 BayBhV bestimmt, dass die Beihilfeanträge mit Belegen der Festsetzungsstelle vorzulegen sind.

2.2 Im vorliegenden Fall ging der Beihilfeantrag für die Rechnung vom ... ... 2013 unstreitig erst am 30. Oktober 2014 bei der Beihilfestelle ein. Die Jahresfrist endete gemäß Art. 31 Abs. 1 BayVwVfG i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB jedoch bereits mit Ablauf des 29. Oktober 2014 (Mittwoch).

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass er den Beihilfeantrag innerhalb der Jahresfrist bei der Geschäftsstelle seiner Dienststelle abgegeben hat. Denn für die Feststellung der Einhaltung der einjährigen Antragsfrist kommt es - wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 48 Abs. 3 BayBhV ergibt - auf das Datum des Eingangs des Beihilfeantrags bei der Festsetzungsstelle als zuständiger Behörde an (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 - 14 ZB 11.1379 - juris Rn. 5; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand 1. Januar 2016, § 48 BayBhV Anm. 11 (6); Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 31 Rn. 21)

Demnach ist der Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die streitgegenständlichen Aufwendungen wegen Versäumung der Jahresfrist gemäß Art. 96 Abs. 3a BayBG und § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV erloschen.

2.3 Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer solchen materiellen Ausschlussfrist bestehen keine Bedenken (BVerwG, U.v. 28.6.1965 - VIII C 334.63 - BVerwGE 21, 258). Die Ausschlussfrist dient aus haushaltstechnischen Gründen dazu, eine baldige Klärung etwa noch bestehender Beihilfeansprüche herbeizuführen und ist mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist sie jedenfalls dann unbedenklich, wenn die Möglichkeit besteht, im besonderen Einzelfall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen (vgl. BayVGH, U.v. 5.4.1990 - 3 B 89.2831 - juris Rn. 14 - zu § 17 Abs. 9 BBhV; VG München, U.v. 23.4.2015 - M 17 K 14.517). Obwohl es sich bei der Jahresfrist nach § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV um eine materielle Ausschlussfrist handelt, gehen Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend von der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Dies ist auch in den entsprechenden Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zu § 48 BayBhV ausdrücklich vorgesehen (vgl. Hinweis Nr. 1 zu § 48 Abs. 7 BayBhV).

2.4 Die Voraussetzungen für die Gewährung der Wiedereinsetzung in die abgelaufene Ausschlussfrist liegen im vorliegenden Fall jedoch nicht vor.

a) Nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

b) Der Kläger war hier aber nicht ohne Verschulden darin gehindert, die Jahresfrist einzuhalten. Verschuldet ist eine Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene nicht die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (BVerwG, U.v. 8.3.1983 - 1 C 34/80 - BayVBl 1983, 476). Rechtsunkenntnis kann die Fristversäumnis grundsätzlich nicht entschuldigen, ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger muss sich vielmehr bei ihm nicht geläufigen juristischen Problemen grundsätzlich in geeigneter Weise juristischen Rat einholen (zum insoweit wortgleichen § 60 VwGO vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 60 Rn. 6).

Dementsprechend hätte sich der Kläger hier z. B. bei der Beihilfestelle erkundigen müssen, wo der Antrag (fristwahrend) einzureichen ist, zumal er von der Jahresfrist und ihrem baldigen Ablauf Kenntnis hatte. Insbesondere durfte er nicht darauf vertrauen, dass das (mehr oder weniger automatische) Aufbringen eines Eingangsstempels auf dem Beihilfeantrag durch seine Dienststelle für die Fristwahrung ausreichend ist. Dem Dienstherrn obliegt auch keine allgemeine Pflicht zur Belehrung seiner Beamten über alle für sie, insbesondere zur Wahrung ihrer Rechte einschlägigen Vorschriften, vor allem dann nicht, wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt, die zumutbar bei jedem Beamten vorausgesetzt werden können oder die sich der Beamte - wie hier - unschwer selbst verschaffen kann. Dem Bediensteten obliegt es, in seinen eigenen Angelegenheiten die zumutbare Sorgfalt anzuwenden, so dass erwartet werden muss, dass er sich über die relevanten Vorschriften selbst informiert (vgl. BayVGH, B.v. 22.8.2011 - 15 ZB 02.1631 - juris Rn. 6; BVerwG, U.v. 30.1.1997 - 2 C 10/96 - juris Rn. 16; LAG Nds., U.v. 9.9.1997 - 12 Sa 2121/96 - juris Rn. 33; BVerwG, U.v. 29.10.1992 - 2 C 19/90 - juris Rn. 20).

c) Im Übrigen scheidet hier eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch aufgrund der Versäumnis der Zwei-Wochen-Frist des Art. 32 Abs. 2 BayVwVfG aus, innerhalb derer die Wiedereinsetzungsgründe geltend zu machen sind (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 32 Rn. 51).

Nach der Dreitagesfiktion des Art. 41 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG gilt der Beihilfebescheid vom11. November 2014 am 14. November 2014 als bekannt gegeben. Der Kläger hat zwar angegeben, dass er den Bescheid am 2. Dezember 2014 aus seinem Prüferfach entnommen habe, dies sagt aber nichts darüber aus, wann der Bescheid bei seiner Dienststelle einging. Zumindest hat der Kläger aber nicht - was erforderlich wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 41 Rn. 43) - einen atypischen Geschehensablauf vorgetragen, der einen verspäteten Zugang plausibel machen würde.

Die Zwei-Wochen-Frist endete somit mit Ablauf des 28. November 2014, der Widerspruch, in dem die vom Kläger geltend gemachten Gründe für die Fristversäumnis und damit auch für eine etwaige Wiedereinsetzung dargelegt wurden, ging jedoch erst am 5. Dezember 2014 (nicht unterschriebener Widerspruch) bzw. am 8. Dezember 2014 (unterschriebener Widerspruch) und damit zu spät beim Beklagten ein. Da diese Wiedereinsetzungsgründe nicht offensichtlich waren, war deren (fristgemäßer) Vortrag auch nicht entbehrlich (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 16. Aufl. 2015, § 32 Rn. 52).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 126,90 festgesetzt (§ 52 Abs. Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München, Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

(1) Beihilfe wird nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Rechnungsdatum beantragt wird. Für den Beginn der Frist ist bei Pflegeleistungen der letzte Tag des Monats maßgebend, in dem die Pflege erbracht wurde. Hat ein Sozialhilfeträger oder im Bereich der Pflege der Träger der Kriegsopferfürsorge vorgeleistet, beginnt die Frist mit dem Ersten des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Sozialhilfeträger oder der Träger der Kriegsopferfürsorge die Aufwendungen bezahlt hat. Die Frist beginnt in Fällen des § 45a Absatz 2 Satz 2 und 3 mit Ablauf des Jahres, in dem die Transplantation oder gegebenenfalls der Versuch einer Transplantation erfolgte.

(2) Die Frist ist auch gewahrt, wenn der Antrag von beihilfeberechtigten Personen nach § 3 innerhalb der Frist nach Absatz 1 bei der zuständigen Beschäftigungsstelle im Ausland eingereicht wird.

(1) War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.

(2) Der Antrag ist innerhalb von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sind bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Handlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt oder die versäumte Handlung nicht mehr nachgeholt werden, außer wenn dies vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Antrag auf Wiedereinsetzung entscheidet die Behörde, die über die versäumte Handlung zu befinden hat.

(5) Die Wiedereinsetzung ist unzulässig, wenn sich aus einer Rechtsvorschrift ergibt, dass sie ausgeschlossen ist.

(1) Beihilfe wird nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Rechnungsdatum beantragt wird. Für den Beginn der Frist ist bei Pflegeleistungen der letzte Tag des Monats maßgebend, in dem die Pflege erbracht wurde. Hat ein Sozialhilfeträger oder im Bereich der Pflege der Träger der Kriegsopferfürsorge vorgeleistet, beginnt die Frist mit dem Ersten des Monats, der auf den Monat folgt, in dem der Sozialhilfeträger oder der Träger der Kriegsopferfürsorge die Aufwendungen bezahlt hat. Die Frist beginnt in Fällen des § 45a Absatz 2 Satz 2 und 3 mit Ablauf des Jahres, in dem die Transplantation oder gegebenenfalls der Versuch einer Transplantation erfolgte.

(2) Die Frist ist auch gewahrt, wenn der Antrag von beihilfeberechtigten Personen nach § 3 innerhalb der Frist nach Absatz 1 bei der zuständigen Beschäftigungsstelle im Ausland eingereicht wird.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist mit einem Bemessungssatz von 50 v. H. beihilfeberechtigt und beantragte mit Beihilfeantrag vom 28. August 2014, eingegangen beim Landesamt für Finanzen - Dienststelle ... - (Landesamt) am 3. September 2014, Beihilfe zu Aufwendungen in Höhe von insgesamt 2.887,98 €.

Mit Bescheid vom 16. September 2014 lehnte das Landesamt die Gewährung von Beihilfe für die entsprechenden Aufwendungen ab. Die eingereichten sechs Belege mit einem Rechnungsdatum aus dem Zeitraum vom ... Mai 2013 bis ... August 2013 könnten wegen Ablauf der Antragsfrist nicht mehr berücksichtigt werden. Der Bescheid enthält hierzu den Hinweis, dass eine Beihilfe nur gewährt werde, wenn sie innerhalb eines Jahres nach Entstehen der Aufwendungen oder Ausstellung der Rechnung beantragt werde (Art. 96 Abs. 3a und Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BayBG und § 48 Abs. 7 BayBhV).

Mit Schreiben vom 25. September 2014, eingegangen am 29. September 2014, legte der Kläger gegen den Beihilfebescheid vom 16. September 2014 Widerspruch ein. Da er die Fristversäumnis nicht verschuldet habe, beantrage er zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Er sei seit nunmehr vier Jahren immer wieder an schweren Depressionen erkrankt. Im Jahre 2013 habe er sich in der Psychiatrie der ... in ambulanter Behandlung befunden. Ab August 2013 habe er begonnen, verschiedene Lebensumstände zu ändern und seine Tabletten abzusetzen. Dies habe zur Folge gehabt, dass auch noch der Alkoholkonsum zum Problem geworden sei. Anfang April 2014 habe sich der Kläger in stationärer Behandlung ins Klinikum ... begeben. Im Anschluss sei er für drei Monate in stationärer Therapie in der ... gewesen. Beginnend ab Mai 2013 habe er seinen Verpflichtungen nur noch schleppend nachkommen können. In den schlimmsten Phasen hätte er die private Post nicht mehr geöffnet, mitunter entsorgt oder in einen Karton in seiner zum Teil vermüllten Wohnung gelegt. Da er nicht mehr in der Lage gewesen sei, seine Einkommenssteuererklärung abzugeben, seien seine Einkünfte geschätzt und sein Konto gepfändet worden. Offene Arztrechnungen habe er, nachdem der Gerichtsvollzieher Vollstreckungsbescheide beigetrieben habe, durch Aufnahme von Krediten beglichen. Nach Beendigung seiner stationären Therapie in Friedrichsdorf sei er nunmehr seit August 2014 im Leben zurück. Beim Aufräumen seiner zum Teil vermüllten Wohnung im August 2014 sei er auf den Karton mit den ungeöffneten Umschlägen der eingereichten Arztrechnungen gestoßen. Diese habe er unverzüglich eingereicht.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Dezember 2014 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Wiedereinsetzung nicht in Betracht komme. Einen konkreten Nachweis, dass er ohne Verschulden verhindert gewesen sei, die streitgegenständlichen Rechnungen rechtzeitig zur Erstattung einzureichen, habe der Kläger nicht vorgelegt. Er habe seit Beginn seiner Beihilfeberechtigung im Jahr 2002 regelmäßig - manchmal sogar mehrmals im Monat - Beihilfeanträge gestellt. Somit seien von ihm auch in dem Zeitraum, in dem die abgelehnten Belege vom ... Mai 2013 bis ... August 2013 fristgemäß hätten vorgelegt werden können, ca. 15 Anträge eingereicht worden. Daraus sei zu schließen, dass der Kläger - unabhängig von seinen sonstigen Verpflichtungen - zumindest in der Lage gewesen sei, Beihilfeanträge zu stellen. Im Übrigen liege es in seinem Verantwortungsbereich, durch eine korrekte und ordentliche Aufbewahrung eine rechtzeitige Einreichung von Belegen bei der Beihilfe zu ermöglichen. Eine zum Teil vermüllte Wohnung sei dem Kläger zuzurechnen.

Der Klägerbevollmächtigte erhob mit Schriftsatz vom 29.Januar 2015, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am 30. Januar 2015 zugegangen, Klage mit dem zuletzt gestellten Antrag,

unter Aufhebung des Bescheides vom 16. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2014 dem Kläger die beantragte Beihilfe zu gewähren.

Zur Begründung wurde - ergänzt durch den Schriftsatz vom 10. Juni 2015 - im Wesentlichen vorgetragen, dass es treuwidrig sei, wenn sich der Beklagte auf die Ausschlussfrist des § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV berufe. Der Kläger sei infolge einer schweren Depressionserkrankung gehindert gewesen, seine Angelegenheiten zu besorgen, weshalb er auch nicht in der Lage gewesen sei, seine Beihilfeansprüche vollständig zu wahren. Auch wenn der Kläger immer mal wieder einzelne Beihilfeanträge gestellt habe, heiße dies nicht, dass er seine Beihilfeangelegenheiten insgesamt auch nur annähernd ordnungsgemäß hätte abwickeln können. Abwegig seien die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid, es liege im Verantwortungsbereich des Klägers, durch korrekte und ordentliche Aufbewahrung der Arztrechnungen eine rechtzeitige Einreichung von Belegen bei der Beihilfestelle zu ermöglichen oder seine Wohnung nicht vermüllen zu lassen, wenn der Kläger krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, eine entsprechende Ordnung zu halten. Der Kläger sei darauf angewiesen gewesen, dass Familienangehörige ihm Rechnungen in die Klinik mitbrachten. Auch die Tatsache, dass dem Kläger eine Reihe von Mahn- und Vollstreckungsbescheiden im Zeitraum vor Beginn der stationären Behandlung im April 2014 zugegangen seien, zeige, dass der Kläger krankheitsbedingt in dieser Zeit nicht in der Lage gewesen sei, seine Angelegenheiten ordnungsgemäß zu besorgen.

Unter dem ... Februar 2015 übersandte das Landesamt die einschlägige Beihilfeakte und stellte keinen Antrag. Telefonisch teilte der Vertreter des Landesamts dem Verwaltungsgericht München am 8. Dezember 2015 mit, dass niemand zur mündlichen Verhandlung erscheinen werde und Einverständnis bestehe, dass ohne die Beklagtenpartei verhandelt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2015 entschieden werden, obwohl der Beklagte nicht erschienen war. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

Der Bescheid des Beklagten vom 16. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Dezember 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm beantragte Beihilfe zu den Aufwendungen, für die er Belege mit einem Rechnungsdatum aus dem Zeitraum vom ... Mai 2013 bis ... August 2013 vorgelegt hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).

1. Ansprüche des Klägers auf Gewährung von Beihilfeleistungen zu den streitgegenständlichen Aufwendungen sind wegen der Versäumnis der Antragsfrist erloschen. Nach Art. 96 Abs. 3a des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500) in der Fassung vom 18. Dezember 2012 (GVBl S. 686) und § 48 Abs. 7 Satz 1 der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung - BayBhV -) vom 2. Januar 2007 in der Fassung vom 11. März 2011 (GVBl S. 130) wird Beihilfe nur gewährt, wenn sie innerhalb eines Jahres nach dem Entstehen der Aufwendungen oder Ausstellung der Rechnung beantragt wird. Bei dieser Antragsfrist handelt es sich um eine sogenannte Ausschlussfrist (vgl. BayVGH, B. v. 8.7.2009 - 14 C 09.1567 - juris Rn. 2).

Im vorliegenden Fall ging der Beihilfeantrag für die sechs streitgegenständlichen Rechnungen aus dem Zeitraum vom ... Mai 2013 bis ... August 2013 unstreitig erst am 3. September 2014 bei der Beihilfestelle ein. Die Jahresfrist endete für die jüngste, nicht erstattete Arztrechnung, die das Rechnungsdatum „... August 2013“ trägt, gemäß Art. 31 Abs. 1 BayVwVfG i. V. m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB mit Ablauf des 26. August 2014 (Dienstag) um 24 Uhr. Der Beihilfeantrag des Klägers vom 28. August 2014 ging bei der Beihilfestelle jedoch erst am Mittwoch, den 3. September 2014 ein. Für die Feststellung der Einhaltung der einjährigen Antragsfrist kommt es auf das Datum des Eingangs des Beihilfeantrags bei der Feststellungsstelle an (vgl. BayVGH, B. v. 20.1.2012 - 14 ZB 11.1379 - juris Rn. 5). Demnach ist der Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen der streitgegenständlichen Aufwendungen wegen Versäumung der Jahresfrist gemäß Art. 96 Abs. 3a BayBG und § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV erloschen.

Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit einer solchen materiellen Ausschlussfrist bestehen keine Bedenken (BVerwG, U. v. 28.6.1965 - VIII C 334.63 - BVerwGE 21, 258). Die Ausschlussfrist dient aus haushaltstechnischen Gründen dazu, eine baldige Klärung etwa noch bestehender Beihilfeansprüche herbeizuführen und ist mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Im Hinblick auf die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist sie jedenfalls dann unbedenklich, wenn die Möglichkeit besteht, im besonderen Einzelfall Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu beantragen (vgl. BayVGH, U. v. 5.4.1990 - 3 B 89.2831 - juris Rn. 14 - zu § 17 Abs. 9 BBhV; VG München, U. v. 23.4.2015 - M 17 K 14.517). Obwohl es sich bei der Jahresfrist nach § 48 Abs. 7 Satz 1 BayBhV um eine materielle Ausschlussfrist handelt, gehen Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend von der Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Dies ist auch in den entsprechenden Vorzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen zu § 48 BayBhV ausdrücklich vorgesehen (vgl. Hinweis Nr. 1 zu § 48 Abs. 7 BayBhV).

2. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die abgelaufene Ausschlussfrist liegen jedoch nicht vor. Nach Art. 32 Abs. 1 BayVwVfG ist jemandem, der ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten, auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

Der Kläger war nicht ohne Verschulden darin gehindert, die Jahresfrist einzuhalten. Verschuldet ist eine Fristversäumnis dann, wenn der Betroffene die Sorgfalt walten lässt, die für einen gewissenhaften, seine Rechte und Pflichten sachgerecht wahrnehmenden Beteiligten geboten und ihm nach den gesamten Umständen zumutbar ist (BVerwG, U. v. 8.3.1983 - 1 C 34/80 - BayVBl 1983, 476). Rechtsunkenntnis kann die Fristversäumnis grundsätzlich nicht entschuldigen. Ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger muss sich bei ihm nicht geläufigen juristischen Problemen grundsätzlich in geeigneter Weise juristischen Rat einholen (zum insoweit wortgleichen § 60 VwGO vgl. Eyermann/Schmidt, VwGO, 14. Auflage, 2014, § 60 Rn. 6).

Zwar ist bei einer Krankheit, grundsätzlich von fehlendem Verschulden auszugehen; namentlich dann, wenn der Betroffene ernsthaft erkrankt war und infolgedessen die Frist nicht selbst wahren oder einer Bevollmächtigten beauftragen konnte (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 32 Rn. 29 m. w. N.). Ebenso wenn den Betroffenen „die Dinge über den Kopf gewachsen waren“ (Kopp/Ramsauer a. a. O.). Bei einer Ausschlussfrist, auf die die Wiedereinsetzungsregeln ohnehin nur ausnahmsweise Anwendung finden (vgl. oben) sind diese aber restriktiv zu handhaben, so dass an eine Entschuldigung der Fristversäumnis erhöhte Anforderungen gestellt werden dürfen. Es kommt darauf an, ob den Beteiligten nach den Umständen des Falles ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er die Frist versäumt hat (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2014, § 32 Rn. 21). Der klägerische Vortrag ergibt nicht, dass dieser seine ihm zumutbare Sorgfalt hat walten lassen, um eine rechtzeitige Antragstellung sicherzustellen. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Vorkehrungen ist auch deshalb ein strenger Maßstab anzulegen, da es sich um eine ohnehin schon sehr großzügig bemessene Frist handelt (vgl. VG München, U. v. 11.4.2013 - M 17 K 12.2893; U. v. 23.4.2015 - M 17 K 14.517).

Es ist nachvollziehbar, wenn der Kläger aufgrund seiner Erkrankung und seines gesundheitlich eingeschränkten Zustandes körperlich und psychisch stark belastet war. Es ergibt sich daraus jedoch noch lange nicht, dass er deshalb nicht in der Lage gewesen wäre, rechtzeitig eine Beihilfe zu beantragen.

Dass der Kläger sehr wohl im Stande war, seine Beihilfeanträge trotz Erkrankung fristgemäß zu stellen, zeigt vielmehr der Umstand, dass er in dem Zeitraum, in dem er die abgelehnten Belege vom ... Mai 2013, ... Juli 2013, ... Juli 2013, ... Juli 2013, ... August 2013 und ... August 2013 fristgemäß bei der Beihilfestelle hätte einreichen können, ca. 19 Beihilfeanträge stellte und hierbei zahlreiche ärztliche Rechnungen vorlegte, die auch größtenteils von der Beklagten als beihilfefähig anerkannt wurden. Demnach war der Kläger trotz seiner schweren Depressionen sowie seiner stationären Behandlung in der Zeit vom ... April 2014 bis ... Juli 2014 offensichtlich in der Lage, die Erstattung seiner ärztlichen Aufwendungen bei der Beihilfestelle geltend zu machen. Selbst in der Zeit seines stationären Aufenthalts war es ihm möglich, am ... April 2014, ... Mai 2014, ... Mai 2014, ... Juni 2014 und ... Juni 2014 insgesamt fünf Beihilfeanträge zu stellen. Eine Erklärung, aus welchen Gründen er zwar die Gewährung von Beihilfe für die eingereichten Belege, nicht aber für die übrigen, ihm damals bereits vorliegenden Rechnungen beantragen konnte, blieb der Kläger sowohl in seinen schriftlichen Ausführungen als auch in der mündlichen Verhandlung schuldig. Sollte er - entsprechend seines Vortrag in seinem Widerspruchsschreiben vom 25. September 2014 - erst beim Aufräumen seiner Wohnung im August 2014 auf die streitgegenständlichen Rechnungen in einem Karton in der zum Teil vermüllten Wohnung gestoßen sein, so muss er sich die in seiner Sphäre liegende Fristversäumnis aufgrund des Außerachtlassens der ihm zumutbaren Sorgfalt zurechnen lassen. Im Ansatz nicht weiterführend ist der Vortrag, dass der Kläger gerade krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, eine entsprechende Ordnung zu halten. Denn dass ihm dies trotz seiner Erkrankung jedenfalls stellenweise wohl doch gelang, zeigt die Vielzahl von Beihilfeanträgen, die der Kläger zum Teil im Abstand von wenigen Wochen stellte.

Soweit der Kläger einwendet, er habe trotz vereinzelt gestellter Beihilfeanträge seine Beihilfeangelegenheiten insgesamt nicht annähernd ordnungsgemäß abwickeln können, vermag auch dies einen Wiedereinsetzungsgrund glaubhaft nicht darzulegen. Die (nicht nur vereinzelt) gestellten Beihilfeanträge zeigen jedenfalls, dass es nicht unbeträchtliche Zeiträume gab, in denen der Kläger fähig und imstande war, die gesetzliche Antragsfrist einzuhalten. Insofern wird von Klägerseite verkannt, dass eine schuldhafte Fristversäumnis nicht erst dann vorliegt, wenn der Antragsteller insgesamt, über den gesamten Ein-Jahres-Zeitraum hinweg ohne Einschränkung zur Antragstellung in der Lage gewesen wäre.

Im Übrigen genügt der Verweis auf seine schwere Depression nicht zum Beleg dafür, dass der Kläger seinen organisatorischen Pflichten ausreichend nachgekommen wäre. Als sich abzeichnete, dass die Bewältigung des Alltags den Kläger über einen nicht absehbaren Zeitraum über das gewöhnliche Maß hinaus beanspruchen würde, hätte er entsprechend und nicht nur während seines stationären Klinikaufenthalts, ggf. auch durch Beauftragung Dritter, reagieren müssen. Bei derartig unwegbaren Hinderungsgründen erfordert es die auch im eigenen Interesse aufzubringende Sorgfalt, sich um Abhilfe zu bemühen, anstatt lediglich zuzuwarten.

Unabhängig davon, dass sich der Kläger ununterbrochen während der gesamten einjährigen Antragsfrist stationär in einer Klinik aufhielt, der es ihm in Zusammenschau mit einer schweren Erkrankung unmöglich gemacht hätte, einen Beihilfeantrag zu stellen, lief die Jahresfrist für die Rechnungen mit Datum vom ... Juli 2013, ... August 2013 und ... August 2013 ferner erst nach Beendigung seines stationären Aufenthalts (17. Juli 2014) ab. Demnach hätte es sowohl vor als auch nach dem Klinikaufenthalt (und sogar währenddessen, wie die gestellten Beihilfeanträge verdeutlichen) immer wieder Zeiträume gegeben, in denen er ohne übermäßig großen Aufwand in der Lage gewesen wäre, bei der Festsetzungsbehörde die ärztlichen Rechnungen einzureichen. Ärztliche Stellungnahmen und Atteste, die das Gegenteil nahelegen könnten, hat der Kläger nicht vorgelegt.

3. Schließlich wurde weder vorgetragen noch liegen Umstände dafür vor, dass der Beklagte die Wahrung der Frist durch eigenes Verhalten treuwidrig verhindert hat und er sich ausnahmsweise nach den Rechtsgedanken der §§ 242, 162 BGB nicht auf das Versäumnis einer die Rechtsverfolgung hindernden oder die Anspruchsberechtigung vernichtenden Ausschlussfrist berufen darf (BVerwG, U. v. 18.4.1997 - BVerwG 8 C 38.95 - NJW 1997, 2966 m. w. N.).

4. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 1.443,99 festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.