Verwaltungsgericht München Urteil, 20. März 2019 - M 18 K 17.3701

bei uns veröffentlicht am20.03.2019

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2017, in der Form, die er durch den Änderungsbescheid vom 25. Januar 2019 erhalten hat, wird in den Ziffern 1 und 2 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die teilweise Aufhebung des Bescheides vom 14. Juli 2017 (in der Form, die er durch den Änderungsbescheid vom 25. Januar 2019 erhalten hat), mit dem für Kinder und Jugendliche der Zutritt zur Lasertag-Anlage des Klägers untersagt bzw. eingeschränkt wurde.

Der Kläger trat im Herbst 2016 an die Beklagte heran und teilte mit, dass er eine Lasertag-Anlage eröffnen wolle. Daraufhin leitete das Jugendamt der Beklagten eine Überprüfung nach dem Jugendschutzgesetz ein. Der Kläger wurde von der Beklagten nach Zusendung eines schriftlichen Fragenkatalogs zu einem Gesprächstermin am 7. November 2016 eingeladen.

Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 9. November 2016 wurden bei dem Treffen der Beteiligten am 7. November 2016 die räumlichen Gegebenheiten und die Ausgestaltung der Lasertag-Anlage besprochen. Neben der Besprechung anderer Rahmenbedingungen gab der Kläger an, dass nach seiner Planung eine Anmeldung und Reservierung der Spieler über das Internet erfolgen und Jugendliche und Erwachsene durch unterschiedliche Zeitfenster der Reservierungsmöglichkeiten (Jugendliche nur bis 20:00 Uhr) separiert werden würden. Er erklärte, einen Club eröffnen zu wollen, bei dem Kinder ab 12 Jahren beitreten könnten. Es würden spezielle Verhaltens- und Spielregeln in der Lasertag-Anlage gelten. Für Kinder würden „Punktespiel“ oder „Catch the flag“ angeboten werden, während Erwachsene zum Beispiel „Zombie“ spielen dürften. Vorgelegt wurde weiterhin eine zweiseitige Betriebsbeschreibung der Lasertag-Anlage. Hierbei wurde neben allgemeinen Darstellungen des Lasertags unter Punkt 2 folgendes dargestellt:

„Es gibt verschiedene Spielmodi, zum Beispiel das „Punktespiel“. Hierbei spielen die Mannschaften über einen bestimmten Zeitraum (15 Minuten) LaserTag. Danach wird die Statistik der einzelnen Spieler nach Treffer und Gegentreffer ausgewertet und ergibt Punkte. Das Team mit den meisten Punkten gewinnt.“

Unter Punkt 6 der Betriebsbeschreibung wird auf die Lasertag-Turnierregelung im Anhang verwiesen. Dieses Regelwerk zu Lasertag-Turnieren wurde bereits am 13. September 2016 im Bauordnungsamt der Beklagten abgegeben. Es handelt sich insoweit um ein aus dem Internet übernommenes Dokument, in dem eine bestimmte, im Rahmen von Turnieren mit Schiedsrichtern verwendete Spielvariante des Lasertag beschrieben wird.

Laut einem Pressebericht vom 14./15. Januar 2017 eröffnete die Lasertag-Anlage des Klägers am 13. Januar 2017.

Im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens wurden durch Mitarbeiter der Beklagten zweimal die Lasertag-Anlage des Klägers und einmal eine andere Lasertag-Anlage sowie das Internetangebot des Klägers begutachtet. Im Rahmen der zweiten Begehung der Lasertag-Anlage des Klägers am 25 April 2017 gab der Kläger an, dass er die Spiele „Zombie“, „Capture the flag“ und „Gladiatoren“ ab 14 Jahre anbiete, wenn die Unterschrift der Eltern vorgelegt werde. Der Kläger gab an, er wolle die Anlage auch für Kinder unter 14 Jahren freigegeben.

Das Jugendamt der Beklagten erließ am 14. Juli 2017 folgenden streitgegenständlichen Bescheid:

„Für den Betrieb der Lasertag…(genaue Bezeichnung)…werden gemäß § 7 Jugendschutzgesetz folgende Anordnungen getroffen:

1. Der Zutritt von Personen unter 14 Jahren zum Betriebsbereich Lasertag wird untersagt. Dies gilt auch dann, wenn sich diese in Begleitung personensorgeberechtigter bzw. erziehungbeauftragter Personen befinden.

2. Für die Spielvariante 16 bis 18 Jahre ist der Zutritt zu (genaue Beschreibung) Lasertag für Personen unter 16 Jahren untersagt. Dies gilt auch dann, wenn sich diese in Begleitung personensorgeberechtigter bzw. erziehungsbeauftragter Personen befinden (…).

7. Die konkreten Betriebsbeschreibungen und spielerische Beschreibungen sind dem Amt für Jugend und Familie auf Verlangen vorzulegen.

8. Änderungen der Spielregeln, der Ausrüstung oder der Ausgestaltung der Spielarena sind dem Amt für Jugend und Familie unverzüglich mitzuteilen (…).

10. Der sofortige Vollzug wird angeordnet. (…)“

Zur Begründung wurde im Bescheid angegeben, dass im Regelfall davon ausgegangen werde, dass das Laserspiel für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nicht freigegeben werden dürfe, da es ihre psychische und soziale Entwicklung gefährde. Laserspiele wiesen eine aggressivitätssteigernde Wirkung auf und könnten bei vulnerablen Spielern zu starken Angstreaktionen führen. In Ausnahmefällen könne das Laserspiel bereits für Jugendliche ab 14 Jahren freigegeben werden, falls im Rahmen einer Gesamtschau eine Gefährdung dieser Altersgruppe nicht anzunehmen sei. In der Anlage sei bei einer Gesamtschau der Umstände eine Gefährdung für Jugendliche ab 14 Jahren nicht anzunehmen, wenn folgende Bedingungen erfüllt würden: Wesentliches Ziel des Spieles in der Spielvariante für 14 bis 16 Jahren sei das Sammeln von Punkten im Team. Dabei müssten die Spieler durch das Finden und Scannen der Arenaziele wesentlich mehr Punkte erzielen als beim Scannen eines anderen Spielers. Das Punktesammeln erfolge ausschließlich im Team. Es gebe keine Varianten Einer gegen Alle oder Jeder gegen Jeden. Gescannte Spieler müssten nicht ausscheiden.

Es sei hinreichend wahrscheinlich, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Personen unter 14 Jahren durch Spielvarianten, bei denen Spielerfolge auch durch das möglichst häufige Scannen der gegnerischen Spieler mittels sogenannter Phaser erzielt wird, Schaden nehme. Die Fokussierung auf den Gegner und auf das Ziel, diesen unbedingt treffen zu müssen, führe zu einer Handlungseinengung, bei der der spielerische Charakter in den Hintergrund trete. In dem Sonderbetrieb ab 16 Jahren lägen folgende Unterschiede zum Regelbetrieb vor: In der Spielvariante 16 bis 18 Jahren erhielte man für ein Arenaziel auch mehr Punkte als für das Scannen eines Spielers. Das Punkte sammeln erfolge ausschließlich im Team. Es sei hinreichend wahrscheinlich, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren durch Spielvarianten, bei denen Spielerfolge hauptsächlich durch das möglichst häufige Markieren des gegnerischen Spielers mittels sogenannter Phaser in einer bedrohlichen Atmosphäre erzielt würden, Schaden nehme. Die Fokussierung auf den Gegner und auf das vornehmliche Ziel, diesen unbedingt treffen zu müssen, führe zu einer Handlungseinengung, bei der der spielerische Charakter in den Hintergrund trete. In der Bescheidsbegründung finden sich zudem für beide Sonderbetriebe weitere Vorgaben zu bestimmten Kriterien, u.a. zur Gestaltung des Spielfeldes, der Ausrüstung und der Licht- und Geräuschkulisse.

Mit Schriftsatz vom 4. August 2017 erhob der Klägerbevollmächtigte für den Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag:

Der Bescheid der Stadt Ingolstadt vom 14.07.2017 wird aufgehoben.

Der Klägerbevollmächtigte stellte weiter den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen (M 18 S 17.3702).

Der Antrag und die Klage wurden damit begründet, dass der Kläger durch den rechtswidrigen Bescheid in seiner Berufsfreiheit und seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt werde. Eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen durch die Lasertag-Anlage des Klägers nach § 7 JuSchG liege nicht vor. Bei der Prüfung, ab welchem Alter bei der Teilnahme an den angebotenen Spielformen eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden können, sei das konkrete Spielangebot der Lasertag-Halle des Klägers im Einzelfall zu begutachten. Es sei bezüglich der Anlage des Klägers nicht anzunehmen, dass bei ungehinderten, objektiv zu erwartenden Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen werde. Bislang lägen keine einschlägigen, veröffentlichten empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen von Lasertag-Angeboten auf Kinder und Jugendliche vor (Stand März 2017). Der Kläger richte den Betrieb seiner Lasertag-Halle nach den Kriterien aus, die durch den Diplom-Psychologen Dr. R. in einem psychologischen Sachverständigengutachten zur Einschätzung des Gefährdungspotenzials einer Lasertag-Anlage in H. vom 24. März 2017 benannt worden seien. Bei Einhaltung der Kriterien sei eine Gefährdung von Kinder und Jugendlichen im Rahmen der vom Sachverständigen angegeben Altersgrenzen (ab 10 Jahren) nicht anzunehmen. Für Spielangebote wie Lasertag, die möglicherweise gewalttätige oder kriegerische Handlungsabläufe simulieren, wäre eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung aus psychologischer Perspektive dann anzunehmen, wenn diese eine aggressivitätssteigernde Wirkung aufwiesen. Das sei in der Anlage des Klägers schon deshalb nicht der Fall, weil es dort nicht Ziel sei, durch möglichst viele Markierungen von Personen mit dem Infrarotlicht das Spiel zu gewinnen, sondern nur derjenige, der möglichst viele Arenaziele treffe, gewinnen könne. Die Spielangebote des Klägers unterschieden sich durch die Anpassung, die der Kläger bereits vorgenommen habe, erheblich von denjenigen, die dem Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburgs (Az: W 3 K 14.438) zugrunde gelegen hätten. Die Ermessensausübung im angefochtenen Bescheid sei defizitär. An die Stelle eines Zutrittsverbotes für unter 14-Jährige bestünden zur Vermeidung der Gefährdung von Kindern und Jugendlichen andere Möglichkeiten, wie sich den Gutachten von Dr. R. entnehmen lasse. Das in der Begründung genannte Gutachten von Dr. R. vom 24. März 2017 wurde in Anlage zur Klageschrift vorgelegt.

Am 11. September 2017 beantragte die Beklagte schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Der Bescheid vom 14. Juli 2017 sei außer in Ziffer 1 in großen Teilen begünstigend und im Sinne des Klägers. Der Tatbestandes des § 7 JuSchG sei erfüllt. Eine für alle Fälle gültige Einschätzung der Jugendgefährdung von Lasertag-Anlagen auf Basis eines psychologischen Gutachtens sei nicht möglich, da die Ausgestaltungen der einzelnen Angebote in Lasertag-Anlagen voneinander abwichen. Den Gutachten in anderen Lasertag-Anlagen komme daher keine Bindungswirkung zu. Eine genaue Einzelbetrachtung der konkreten Anlage des Klägers habe stattgefunden. Der Sachverhalt sei konkret und gründlich ermittelt worden (Ortstermine, Gespräch vom 7. November 2016, Einsicht in die Bauvorlagen etc.). Handlungsleitend seien die Empfehlungen des Bayerischen Landesjugendamtes, des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit, Soziales, Familie und Integration vom 20. Februar 2016 und dessen Vollzugshinweise zum Jugendschutzgesetz (Neufassung vom 1. September 2016) gewesen. Eine Freigabe der Nutzung von Lasertag-Anlagen für unter 16-Jährige sei nur ausnahmsweise zulässig. Dr. R. habe sich im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Würzburg vom 14. April 2016 (Az: W 3 K 14.438) jedoch deutlich gegen die Zulassung von unter 16-Jährigen ausgesprochen. Eine Altersgrenze von 14 Jahren werde auch in den handlungsleitenden Dokumenten als absolute Untergrenze bei altersgerechter Gestaltung gesehen. Wenn psychisch belastete Kinder und Jugendliche, die häufig mit Anderen Konflikte hätten und Tendenzen zur Hyperaktivität aufwiesen, reale Mitspieler „markierten“, würden die Probleme dieser Kinder und Jugendlichen nicht verringert, sondern vermutlich durch das Aufzeigen und Einüben von falschen Verhaltensmustern gesteigert. Der Verwaltungsakt enthalte keine Ermessensfehler. Ermessen sei sachgerecht unter einer Abwägung der jugendschutzrechtlichen und klägerischen Belange ausgeübt worden. Die Einschätzung und Ermessensausübung im streitgegenständlichen Bescheid basiere auf den genannten Unterlagen zum Kinder- und Jugendschutz. Nicht die Beklagte, sondern der Kläger habe die Unbedenklichkeit des Gewerbebetriebs für Kinder zwischen 10 und 14 Jahren nachzuweisen.

Mit Beschluss vom 7. Dezember 2017 lehnte das Gericht den Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 14. Juli 2017 ab (M 18 S 17.3702). Der Ausgang des Klageverfahrens sei nach Aktenlage auch nicht im Rahmen einer summarischen Prüfung einschätzbar, da ein lediglich zweiseitiges, überholtes Betriebskonzept vom Kläger vorgelegt worden sei und sich das vom Kläger vorgelegten Gutachten auf andere Lasertag-Anlagen beziehe. Die Beklagte habe die Besichtigungen der klägerischen Anlage nur fragmentarisch aktenkundig gemacht, sodass schon die Tatsachengrundlage für eine Entscheidung im Eilverfahren fehle. Darüber hinaus sei für die Prüfung, ob Gefahren für das seelische und geistige Wohl von Kindern und Jugendlichen von der konkreten Anlage des Klägers ausgehen, voraussichtlich ein psychologisches Sachverständigengutachten vonnöten. Daher sei im Rahmen einer Interessenabwägung dem Schutz der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen mehr Gewicht beizumessen, als die dem Kläger zustehenden wirtschaftlichen Möglichkeiten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 Grundgesetz.

Mit gerichtlichen Schreiben an den Klägerbevollmächtigten vom 4. Juni 2018 wurde dieser unter anderem aufgefordert, den Umfang der Bescheidsanfechtung klarzustellen sowie konkret die Spielformen zu benennen, die der Kläger für die jeweiligen Altersgruppen unter 18 Jahren anbieten wolle.

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2018 erklärte der Klägerbevollmächtigte, dass die Ziffern 1, 2, 9 und 10 des Bescheids angegriffen würden. Es werde beantragt, dass folgende Altersfreigabe erteilt werden sollen: Spielfreigabe ab 10 bis 14 Jahren: Spielvarianten „Jeder gegen Jeden“ oder „Teamspiel“. Ab zwölf Jahren könne „Shadows“ gespielt werden, ab 14 Jahren könnten auch Spielvarianten wie „Zombie“ angeboten werden und ab 14 Jahren könne das Laserforce-System uneingeschränkt genutzt werden.

Der Klägerbevollmächtigte wurde daraufhin vom Gericht zweimal telefonisch aufgefordert, eine klare Konzeptausführung aller vom Kläger gewünschten Laserspielvarianten mit den vom Kläger intendierten Altersangaben zu überreichen.

Mit Schriftsatz vom 25. Juli 2018 erläuterte der Klägerbevollmächtigte lediglich die räumlichen Gegebenheiten der klägerischen Lasertag-Anlage und wie sich organisatorisch der generelle Spielablauf für die Spieler vom Betreten bis Verlassen der Lasertag-Anlage darstelle. Konkrete Spielvarianten bzw. -regeln wurden hierbei nicht erläutert.

Die Beklagte wurde am 26. Juli 2018 telefonisch vom Gericht aufgefordert, genauer darzulegen, was die im Bescheid dargestellten Spielmodi in den jeweiligen Alterskategorien voneinander abgrenze und welche Spielvarianten in der klägerischen Anlage gespielt würden.

Die Beklagte ergänzte mit Schriftsatz vom 15. November 2018 den Sachverhalt dahingehend, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses drei Targets installiert gehabt habe. Die Markierung der Targets erbringe deutlich mehr Punkte als das Zielen auf einen Gegenspieler. Diese Arenaziele könne man nach kurzen Unterbrechungen von 15 Sekunden immer wieder treffen. Inzwischen habe der Kläger noch acht weitere Targets installiert; weitere seien geplant. In Tabellenform wurden die handlungsleitenden Kriterien für die Einstufung von Spielen ab 14 Jahren und ab 16 Jahren genauer als in der Bescheidsbegründung dargestellt.

Die Beklagte erklärte, am 13. November 2018 mit dem Kläger ein Gespräch geführt zu haben. Nachdem eine andere Lasertag-Anlage im Gebiet der Beklagten eine Freigabe ab 12 Jahren erhalten habe, habe der Kläger Informationen zu den Bedingungen, unter denen eine Freigabe auch für 12 bis 14-Jährige in seiner Anlage erfolgen könne, erhalten. Die Beklagte erläutert im Schriftsatz die Spielregeln und -ziele einer konkreten Spielvariante, bei der eine Freigabe ab 12 Jahren möglich sei. Eine Prüfung der Möglichkeit, dieses Spiel für die Anlage des Klägers freizugeben, erfolge gerade.

Der Kläger legte der Beklagten ein auf den 11. Dezember 2018 datiertes, einseitiges Betriebskonzept von Lasertagspielen ab 12 Jahren vor, worauf diese am 25. Januar 2019 folgenden Änderungsbescheid erließ:

„Ergänzend zu dem Bescheid vom 14.07.2017 werden für den Betrieb (…) für die Spielvariante 12 bis 14-Jährige folgende Anordnungen getroffen:

1. Spielvariante: [Anmerkung des Gerichts: genaue Erklärung des konkret angebotenen Spieles unter Erläuterung des Spielzieles, der Spielregeln sowie der Punkteerlangung durch die Spieler].

2. Alter der Kinder: 12 - 14 Jahre. (…)“.

In der Begründung wird aufgeführt, dass für die beschriebene Spielvariante das Laserspiel bereits für Kinder zwischen 12 und 14 Jahren freigegeben werden könne. Es folgen Festlegungen hinsichtlich der sonstigen Kriterien des Hallenbetriebs (Licht, Musik, Einstellungen der Westen und Phaser, etc.).

In der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2019 legte der Bevollmächtigte einen Skriptausdruck des Anbieters des Lasertag-Systems mit Spielbeschreibungen ohne Altersangaben vor. Der Kläger erklärt hierzu, dass sämtliche darin aufgeführte Spiele angeboten würden. Der Kläger verpflichte sich, der Beklagten binnen einer Woche für sämtliche angebotene Spielmodi konkrete Spielbeschreibungen mit entsprechenden Altersangaben vorzulegen.

Der Klägerbevollmächtigte beantragte zuletzt,

den Bescheid vom 14. Juli 2017 in den Ziffern 1 und 2 in der Form, die er in dem Änderungsbescheid vom 25. Januar 2019 gefunden hat, aufzuheben.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2019, die Gerichtsakte, auch im Verfahren M 18 S 17.3702, sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2017 in der Form, die er durch den Änderungsbescheid vom 25. Januar 2019 erhalten hat, ist in den Ziffern 1 und 2 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er war daher aufzuheben, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.

1. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Anfechtungsklage ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.

Beim Vorliegen eines Dauerverwaltungsaktes ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen, wenn das materielle Recht - wie hier - nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (BVerwG, U.v. 19.9.2013 - 3 C 15/12 - juris Rn. 9; BVerwG, B.v. 29.10.2014 - 9 B 32/14 - juris Rn. 3). Bei den angegriffenen Ziffern der Untersagungsverfügung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt. Ein Dauerverwaltungsakt ist nach seinem Sinn und Zweck und dem einschlägigen materiellen Recht in seinen Wirkungen wesensgemäß auf Dauer angelegt und im allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass er sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtlage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert (BVerwG, B.v. 29.10.2014 - 9 B 32/14 - juris Rn. 3; BeckOK VwGO, Posser/Wolff, 48. Edition, Stand: 01.01.2019, § 113 Rn. 22.9). Es handelt sich - anders als bei einmaligen Veranstaltungen in anderen Veranstaltungsräumen - vorliegend um einen Betrieb des Klägers, der fortlaufend als Hauptdienstleistung die von der Behörde als (teilweise) kinder- und jugendgefährdend eingestuften Lasertag-Spielvarianten anbietet. Somit ist in den streitgegenständlichen Zutrittsuntersagungen bzw. - beschränkungen kein einmaliges Verbot zu sehen, sondern ein Verbot, das sich auf die Dauer des vom Kläger unverändert aufrechterhaltenden Betriebs der Lasertag-Anlage bezieht.

Die Änderungen durch den Bescheid vom 25. Januar 2019 sind wegen des maßgeblichen Beurteilungszeitpunkts vom 20. März 2019 zu berücksichtigen. Streitgegenständlich sind daher - entsprechend des zuletzt gestellten Klageantrags - die Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 14. Juli 2017 in der Form, die sie durch den Bescheid vom 25. Januar 2019 erhalten haben.

2. Der Inhalt der Bescheide vom 14. Juli 2017 und 25. Januar 2019 ist vorliegend mangels hinreichender Klarheit durch Auslegung zu ermitteln.

Willenserklärungen der Verwaltung sind der Auslegung zugänglich. Hierzu ist gemäß der im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren Auslegungsregel des § 133 BGB der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Maßgebend ist nicht der innere, sondern der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte, § 157 BGB (BVerwG, B.v. 19.9.2013 - 9 B 20/13, 9 B 21/9 B 21/13 - juris Rn. 11 m.w.N.). Die Bescheidsbegründung kann zur Auslegung eines Verwaltungsaktes mit herangezogen werden. Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (BVerwG, U.v. 3.11.1998 - 9 C 51/97 - juris Rn. 13).

Ziffer 1 Satz 1 des Bescheids vom 14. Juli 2017 ist unter Einbeziehung des Reglungsinhalts des Änderungsbescheids vom 25. Januar 2019 dahingehend auszulegen, dass unter 12-Jährigen der Zutritt zur Lasertag-Anlage des Klägers vollständig untersagt wird und 12- bis 14-Jährigen nur die Anwesenheit bei der mit Bescheid vom 25. Januar 2019 beschriebenen Spielvariante erlaubt wird.

Ziffer 2 Satz 1 des Bescheids vom 14. Juli 2017 ist dahingehend zu verstehen, dass der Zutritt zur Lasertag-Anlage des Klägers für Personen unter 16 Jahren untersagt ist, wenn Spiele, die unter die „Spielvariante 16 bis 18 Jahre“ fallen, gespielt werden. Diese Zutrittsuntersagung ergibt sich direkt aus dem Tenor. Die „Spielvariante 16 bis 18 Jahre“ ist ausweislich des Punkts 3. in den Gründen des Bescheids ein Sonderbetrieb der Lasertag-Anlage des Klägers, der einige von der Beklagten aufgeführte Unterschiede zum Regelbetrieb aufweist.

Darüber hinaus ist der Bescheid - über seinen bloßen Wortlaut hinaus - dahingehend auszulegen, dass der Zutritt von unter 18-Jährigen im Regelbetrieb generell untersagt sowie der Zutritt von Kindern und Jugendlichen, deren Alter unterhalb der jeweiligen vorgegebenen Altersstufen liegt, zu den altersgestaffelten Sonderbetrieben verboten wird.

Die Beklagte hat ausweislich der Bescheidsbegründung des Bescheids vom 14. Juli 2017 im Vergleich zum Regelbetrieb der Anlage einen Sonderbetrieb für Jugendliche ab 14 Jahren und einen weiteren Sonderbetrieb für Jugendliche ab 16 Jahren vorgesehen. Diese - von der Beklagten definierten - Sonderbetriebe grenzen sich zueinander sowie zum Regelbetrieb durch unterschiedliche, von der Beklagten benannten Kriterien ab. Grund für die Einrichtung der Sonderbetriebe, die in verschiedenen Alterskategorien kategorisiert sind, ist nach der Bescheidsbegründung eine Vermeidung von Gefährdungen der seelischen und psychischen Gesundheit der Jugendlichen der jeweiligen Alterskategorie. Der Bescheid ist insoweit auch unter Berücksichtigung des objektiven Empfängerhorizonts hinreichend klar zu verstehen. Die Beklagte hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20. März 2019 auch nochmals klargestellt, dass diese Auslegung ihrem Regelungswillen entsprach.

3. Der derart ausgelegte Bescheid vom 14. Juli 2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 25. Januar 2019 ist in den Ziffern 1 und 2 aus mehreren - selbsttragenden - Gründen rechtswidrig. Das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG ist angesichts erheblicher Defizite der Sachverhaltsaufklärung durch die Beklagte nicht hinreichend aufgeklärt worden (3.1.). Die unter Ziffer 2 des Bescheids vom 14. Juli 2017 in seiner streitgegenständlichen Fassung getroffenen Regelungen sind nicht bestimmt genug (3.2.). Aufgrund der erheblichen Aufklärungsdefizite konnte schließlich eine fehlerfreie Ermessensausübung der Beklagten nicht stattfinden (3.3.).

3.1. Die Annahme des Vorliegens der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG durch die Beklagte erfolgte rechtsfehlerhaft.

Die Beklagte stützt ihren Bescheid auf § 7 JuSchG. Danach kann die zuständige Behörde anordnen, dass ein Gewerbetreibender Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf, wenn von dem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht. Die Anordnung kann Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Der Kläger betreibt mit der Lasertag-Anlage einen Gewerbebetrieb (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 - W 3 K 14.438 - juris Rn. 30; BayVGH, B v. 21.7.2016 - 12 ZB 16.1206 - juris Rn .14).

Die Beklagte hat den Sachverhalt, aufgrund dessen sie von einer Gefährdung des Kindes- bzw. Jugendwohls nach § 7 JuSchG ausgeht, nicht ausreichend aufgeklärt. Eine von einem Gewerbebetrieb ausgehende Gefährdung von Kindern oder Jugendlichen im Sinne § 7 S. 1 JuSchG ist dann anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartenden Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozial-ethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird (Erbs/Kohlhaas/Liesching, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 222. EL Dezember 2018, § 7 Rn. 4). Für diese Annahme muss die Beklagte hinreichend konkrete Anhaltspunkte ermitteln (VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 - W 3 K 14.438 - juris Rn. 7; VG Neustadt, U.v. 22.10. 2013 - 5 K 185/13.NW - juris Rn. 29).

Für die Annahme einer seelischen Gesundheitsgefährdung Minderjähriger nach § 7 JuSchG ist - wegen der starken Abhängigkeit derselben vom den Spielregeln und -zielen der Einzelspiele - eine detaillierte Sachverhaltsermittlung aller für Kinder und Jugendliche angebotenen Spielformen (inklusive genauer Spielbeschreibungen) erforderlich. Die Bejahung von hinreichend konkreten Gefahren ist bei dem vom Kläger betriebenen Gewerbebetrieb nicht allein durch die Art des Gewerbebetriebs als Lasertag-Anlage vorgegeben. Anknüpfungspunkt für die Bewertung von konkreten Gefahren, die von der Lasertag-Anlage des Klägers für Kinder ausgehen könnten, ist nicht das Spiel „Lasertag“ an sich, da es sich hierbei um einen Überbegriff für eine Vielzahl von Spielangeboten handelt, die mit Hilfe einer Lasertag-Anlage gespielt werden können. Vielmehr ist auf die einzelnen konkret angebotenen Spielformen abzustellen. Im Bereich der Laserspiele existieren (noch) keine durch Dachverbände organisierten und fest vorgegebenen Spielregeln wie bei klassischen Sportarten (z.B. Fußball, Tennis, o.ä.). Das vom Kläger insoweit im Verwaltungsverfahren vorgelegte Turnierregelwerk bildet lediglich einen kleinen Teil der in der klägerischen Lasertag-Anlage angebotenen Spiele ab. Lasertag-Anlagen sind so programmiert, dass verschiedenste Spielvarianten mit Hilfe dieser Anlagen gespielt werden können, was auch durch die Vorlage des Skriptausdrucks des Lasertag-Anlagenherstellers in der mündlichen Verhandlung ersichtlich wurde. Weiter wurde nach den Angaben des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung die aktuell angebotene und mit Bescheid vom 25. Januar 2019 geregelte Spielvariante für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren eigens programmiert, da diese Spielform nicht im Regelbetrieb der vom Kläger benutzten Laseranlage der Firma L. enthalten war. Die Möglichkeit neue Spielvarianten zu erfinden und programmieren zu lassen, besteht demnach zusätzlich zu den mannigfaltigen vorprogrammierten Spielangeboten der Lasertag-Anlage des Klägers. Daraus ergibt sich eine große Vielfalt an möglichen Spielen, die vom Kläger angeboten werden könnten.

Für die Prüfung einer möglichen Gefährdung von Kindern und Jugendlichen ist daher auf die konkret angebotenen Spielvarianten im Gewerbebetrieb des Klägers abzustellen. Ausweislich des vom Kläger vorgelegten psychologischen Gutachtens von Dr. R. vom 24. März 2017 zu einer anderen Lasertag-Anlage hängt beim Lasertag eine möglicherweise anzunehmende seelische Gefährdung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen nach dem General Aggression Model (im Folgenden: GAM) davon ab, ob die angebotenen Spielformen dazu geeignet sind, kurzfristig einen aggressiven Erlebniszustand hervorzurufen, langfristig zu einer aggressiveren Persönlichkeit beizutragen und kurzfristig starke Angstreaktionen hervorzurufen (vgl. S. 3 ff. des Gutachtens). Die Zugrundelegung des GAM zur Bewertung einer möglichen Gefährdung ist dabei nach Auffassung des Gerichts nicht zu beanstanden (vgl. auch VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 - W 3 K 14.438 - juris Rn. 34 ff., 58 ff.; OVG Lüneburg, B.v. 19.3.2018 - 7 ME 9/18 - juris Rn. 12 f.) Der Gutachter betrachtete ausweislich der Schwerpunktsetzung in dem vorgelegten Gutachten für die Prüfung einer möglichen Gesundheitsgefährdung besonders die Regeln, Ziele und Siegbedingungen der jeweiligen konkret angebotenen Spiele (vgl. S. 18 bis 22 und S. 25 bis 33). Auch in der bisherigen Rechtsprechung ergibt sich aufgrund der dort berücksichtigten Gutachten, dass es im Rahmen der Gefährdungsermittlung mit Hilfe des GAM besonders auf die dem Spiel zu Grunde liegenden Spielziele und die Methoden, diese zu erreichen, ankommt (VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 - W 3 K 14.438 - juris Rn. 34, 40, 42 f.; VG Oldenburg, B.v. 10.1.2018 - 13 B 8506/17 - juris 55 ff., 65 (zu Paintball)). Weitere Faktoren sind die Ausstattung, Beleuchtung, Dekoration der Anlage sowie anderer Umstände, die das Verhalten und die Emotionen der Spieler beeinflussen können, wie z.B. die eingespielte Geräuschkulisse, persönliche Einweisungen, AGB-Vorschriften oder Auswertungen der Spiele (vgl. im vorgelegten Gutachten u.a. S. 25, 28, 29, 31 ff., 38).

Die konkret vom Kläger angebotenen Spiele müssen daher wegen der Unterschiede zwischen den Spielformen einzeln betrachtet werden, um - auf die konkreten Spielhandlungen bzw. -abläufe bezogen - eine Gesundheitsgefährdung von Kindern und Jugendlichen festzustellen (vgl. zu Paintball: VGH BW, B.v. 17.5.2004 - 1 S 914/04 - juris Rn. 11, VG Oldenburg, B.v. 10.1.2018 - 13 B 8506/17 - juris 46 ff., 55 f.). Die einzelnen Spielvarianten, die vom Kläger in seiner Anlage angeboten werden, wurden von der Beklagten jedoch nur teilweise namentlich eruiert und überhaupt nicht bezüglich ihrer Spielziele, Spielregeln und Siegbedingungen erfasst. Die Frage, für Kinder welchen Alters der Kläger nach seinem Betriebskonzept seine Lasertag-Anlage überhaupt zugänglich machen möchte und welche Spielformen er für welche Altersgruppe anbieten möchte, wurde im Rahmen des Behördenverfahrens nur am Rande ermittelt. Auch der Kläger stellte trotz mehrfacher Aufforderung des Gerichts im Laufe des Gerichtsverfahrens nicht in ausreichend detaillierter Weise dar, welche Spielformen in seiner Anlage betrieben werden und für welche Altersstufen er diese anbieten möchte.

Eine Einschätzung, ob und wenn ja, ab welchem Alter eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen im Gewerbebetrieb des Klägers vorliegt, konnte daher mangels ausreichender Sachverhaltsermittlung durch die Beklagte nicht erfolgen. Die Beklagte hätte die notwendigen Informationen bei fehlender Kooperationsbereitschaft u.a. durch zwangsgeldbewehrten Anordnungsbescheid einholen können und müssen (vgl. auch Ziffer 7 des Bescheides vom 14. Juli 2017).

Wegen dieser defizitären Sachverhaltsaufklärung war im Übrigen auch eine Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Gericht nicht veranlasst.

3.2. Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids ist zudem mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig.

Gemäß Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG muss ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (BVerwG, U.v. 16.10.2013 - 8 C 21/12 - juris Rn. 13 m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen genügt der oben unter Punkt 2. ausgelegte Inhalt von Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids in seiner geänderten Fassung nicht dem Bestimmtheitsgebot, da der Kläger weder in der Lage ist, ausreichend klar zu erkennen, was von ihm gefordert wird, noch der Bescheid als Grundlage für eine Verwaltungs- bzw. Strafvollstreckung ausreichend konkret ist.

Aus dem Bescheid ergibt sich nicht hinreichend genau, welche Spielformen die Beklagte konkret untersagt hat.

§ 7 JuSchG stellt nach seinen strukturellen Besonderheiten kein Verbot eines Gewerbebetriebs mit Erlaubnisvorbehalt dar, so dass eine Genehmigung von (möglicherweise) jugendschutzgefährdenden Gewerbebetrieben beantragt und von der Beklagten erst erteilt werden müsste (sog. repressives/präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Stattdessen liegt die Konstellation einer grundrechtlich geschützten, generellen Zulässigkeit des Betriebs von Lasertag-Anlagen mit der Verbots- oder Beauflagungsmöglichkeit aus Jugendschutzgründen durch die Beklagte vor (vgl. Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Werkstand: 222. EL Dezember 2018, § 7 Rn. 1). Ein solcher Bescheid kann also entgegen der Ansicht der Beklagten nicht begünstigend sein, sondern stellt immer ein repressives Einschreiten der Behörde dar. Hieraus und aus den unter Punkt 3.1. bereits angesprochenen Wichtigkeit der Spielregeln und -ziele der einzelnen Spiele für die Prüfung einer möglichen Gesundheitsgefährdung ergibt sich, dass die Beklagte im Bescheid Beschränkungen hinsichtlich der einzelnen Spielvarianten, die sie für kinder- bzw. jugendgefährdend hält, vornehmen müsste. Nur so kann der Kläger klar erkennen, welche Spielvarianten er für welche Altersgruppen aufgrund des Verbotsbescheids nicht anbieten darf bzw. unter welchen Beschränkungen er bestimmte Spielvarianten nur anbieten darf.

Im Bescheid vom 14. Juli 2017 wird zur Abgrenzung der von der Beklagten definierten Sonderbetriebe von 14 bis 16 und von 16 bis 18 Jahren untereinander als einziges Abgrenzungskriterium bezüglich des Spielziels angegeben, dass ein Spieler in einem Spiel wesentlich mehr oder lediglich mehr Punkte durch das Markieren von Arenazielen als von Mitspielern erhält (vgl. S. 2 und 3 des Bescheids vom 14. Juli 2017). Dieses Kriterium ist unkonkret und ausfüllungsbedürftig. Angesichts dieses sehr vagen und ausfüllungsbedürftigen Hauptkriteriums ist für den Kläger nicht mit Sicherheit zu bestimmen, welche seiner Spielvarianten nun unter welchen Sonderbetrieb fallen sollen.

Die Beklagte kann die von ihr intern zur Ausfüllung des § 7 JuSchG erarbeiteten Kriterien zur Alterseinstufung nicht als Abgrenzungskriterien dem Kläger vorgeben und dem Kläger die Aufgabe aufbürden, die von ihm angebotenen Spielformen unter diese Kriterien selbst einzuordnen. Stattdessen ist es gerade Aufgabe der Behörde, die vom Kläger angebotenen Spielformen zu prüfen und klar festzustellen, ob eine mögliche Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 7 S. 1 JuSchG für Kinder und Jugendliche vorliegt und mit welchen Mitteln diesen einzeln ermittelten Gefährdungen gegebenenfalls begegnet werden kann. Diesen Anforderungen kam die Beklagte nur mit dem Änderungsbescheid vom 25. Januar 2019 für eine einzelne, dort genau beschriebenen Spielvariante nach.

Aufgrund der nicht ausreichend rechtssicheren Bestimmbarkeit welche Spielvarianten ab welchem Alter verboten werden, ist Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids zudem keine geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung. § 7 JuSchG gibt der Behörde das Mittel von Verbots- oder Beschränkungsverfügungen zur Hand, die konkret für den Kläger vorgeben müssen, was er aufgrund der jugendschutzrechtlicher Anordnungen zu tun, zu dulden oder zu unterlassen hat. Zudem ist die faktische Kontrolle der Einhaltung der (zu) abstrakten Kriterien für den Sonderbetrieb verschiedener Alterskategorien für die Beklagte z.B. durch stichprobenartigen Kontrollen der Einhaltung der Verbots- bzw. Beschränkungsverfügungen nicht möglich.

Darüber hinaus folgt eine noch erhöhte Bestimmtheitsanforderung von jugendschutzrechtlichen Anordnungen aus der Bußgeld- und Strafbewehrung im Fall eines (qualifizierten) Verstoßes gegen eine Beschränkung nach § 7 JuSchG (§§ 27 Abs. 2, 28 Abs. 1 Nr. 9 JuSchG). Das aus § 103 Abs. 2 Grundgesetz folgende Bestimmtheitsgebot von Strafvorschriften (vgl. BayVGH, U.v. 14.3.2019 - 20 BV 17.1507 - juris Rn. 70) führt dazu, dass bei Verweis einer nebenstrafrechtlichen Norm auf einen verwaltungsrechtliche Anordnung - wie hier - dieser Bescheid dem Kläger ausreichend konkret aufzeigen muss, mit welchen Handlungen er sich strafbar machen würde.

3.3. Die angeordneten Zutrittsverbote und Beschränkungen der Klägerin in Ziffer 1 und Ziffer 2 des Bescheides vom 14. Juli 2017 in seiner dem Verfahren zu Grunde zu legenden Fassung beruhen auch auf einer ermessensfehlerhaften Entscheidung. Da keine ausreichende Sachverhaltsermittlung vorlag, konnte auch keine ausreichende Ermessensausübung erfolgen.

Der Erlass eines Zutrittsverbots nach § 7 S. 1 JuSchG und/oder von Beschränkungen nach § 7 S. 2 JuSchG nach Feststellung einer Gefährdung von Kindern und Jugendlichen unterliegt dem Ermessen der Beklagten. Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler ist anzunehmen, wenn die Behörde ihre Entscheidung auf einer unzureichenden Tatsachenbasis getroffen hat, was anhand der Begründung des Verwaltungsaktes zu ermitteln ist (VG Würzburg, U.v. 14.4.2016 - W 3 K 14.438 - juris Rn. 96 f. m.w.N.).

Wie bereits ausgeführt hat die Behörde die einzelnen Spielvarianten, die vom Kläger angeboten wurde, nicht ermittelt, geschweige denn differenziert bezüglich ihres jeweiligen Gefährdungspotentials analysiert. Dies ist jedoch, um nach pflichtgemäßen Ermessen eine Entscheidung darüber zu treffen, notwendig: Erst nach der Ermittlung der konkreten Spielvarianten und Bedingungen im Betrieb der klägerischen Lasertag-Anlage im Wege der Amtsermittlung (Art. 24 ff. BayVwVfG) kann die Beklagte ermessensgerecht feststellen, unterhalb welchen Alters welche Gefährdungen für Kinder und Jugendliche für jede angebotene Spielvariante vorliegen. In zweiter Stufe kann dann unter Ausübung von Ermessen festgestellt werden, ob und wenn ja, welche weiteren Anordnungen erforderlich und verhältnismäßig sind, um diese ggf. ermittelten Gefährdungen zu mindern oder auszuschließen.

4. Der Kläger ist durch die rechtswidrigen Ziffern 1 und 2 des Bescheids in seiner streitgegenständlichen Fassung in seinen Rechten aus seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt; daher waren diese Ziffern aufzuheben. Die weiteren Regelungen in den Bescheiden vom 14. Juli 2017 sowie vom 25. Januar 2019 waren nicht angegriffen, so dass hierüber keine Entscheidung zu treffen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708ff. ZPO.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht München Urteil, 20. März 2019 - M 18 K 17.3701

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht München Urteil, 20. März 2019 - M 18 K 17.3701

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der
Verwaltungsgericht München Urteil, 20. März 2019 - M 18 K 17.3701 zitiert 10 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 133 Auslegung einer Willenserklärung


Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 157 Auslegung von Verträgen


Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Jugendschutzgesetz - JuSchG | § 27 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 oder 6, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 2, oder entgegen § 15 Absatz 1a ein dort genanntes Medium anbietet, überlässt, zugänglich

Jugendschutzgesetz - JuSchG | § 7 Jugendgefährdende Veranstaltungen und Betriebe


Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibe

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht München Urteil, 20. März 2019 - M 18 K 17.3701 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 20. März 2019 - M 18 K 17.3701 zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 14. März 2019 - 20 BV 17.1507

bei uns veröffentlicht am 14.03.2019

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu v

Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 14. Apr. 2016 - W 3 K 14.438

bei uns veröffentlicht am 14.04.2016

Tenor I. Ziffer 2 des Bescheides der Stadt Würzburg vom 31. März 2014 wird aufgehoben. Ziffer 3 des Bescheides vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit sie sich auf Ziffer 2 des Bescheides bezieht. Im Übrigen wird die Klage abg

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 21. Juli 2016 - 12 ZB 16.1206

bei uns veröffentlicht am 21.07.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. III. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 20.000,00 € festges

Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 29. Okt. 2014 - 9 B 32/14

bei uns veröffentlicht am 29.10.2014

Tenor Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 16. Okt. 2013 - 8 C 21/12

bei uns veröffentlicht am 16.10.2013

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels. 2

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 15/12

bei uns veröffentlicht am 19.09.2013

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Verkaufs von Magnetschmuck (mit Magneten versehene Schmuckstücke) in Apotheken.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 17. Mai 2004 - 1 S 914/04

bei uns veröffentlicht am 17.05.2004

Tenor Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Februar 2004 - 5 K 597/04 - teilweise geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antr
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 20. März 2019 - M 18 K 17.3701.

Verwaltungsgericht München Beschluss, 07. Dez. 2017 - M 18 S 17.3702

bei uns veröffentlicht am 07.12.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. III. Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt. Gründe I. Der Antragsteller begehrt die Wiederhers

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Die Anordnung kann Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tenor

I.

Ziffer 2 des Bescheides der Stadt Würzburg vom 31. März 2014 wird aufgehoben. Ziffer 3 des Bescheides vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit sie sich auf Ziffer 2 des Bescheides bezieht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin ¾, die Beklagte ¼ zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung LaserTag Würzburg in Würzburg eine LaserTag-Arena. Die Beteiligten streiten um einen Bescheid der Beklagten auf der Grundlage des § 7 JuSchG.

Im Rahmen des von der Klägerin angebotenen Spiels LaserTag spielen in der Regel (je nach Spielmodus) zwei Mannschaften gegeneinander, die in einer abgedunkelten, futuristisch ausgestalteten und mit Hindernissen versehenen Halle innerhalb einer vorgegebenen Zeit versuchen, Mitglieder der anderen Mannschaft mittels von so genannten „Phasern“ ausgesandten Laserstrahlen (eigentlich: Infrarot-Strahlen) an auf Brust, Rücken und Schultern sowie am Phaser befindlichen Sensoren zu „markieren“ und damit möglichst viele Punkte zu erzielen, ohne Punktabzüge durch eigenes „Markiert werden“ durch Mitglieder der gegnerischen Mannschaft hinzunehmen.

Am 17. Februar 2014 fand zwischen der Beklagten und den Geschäftsführern der LaserTag Würzburg eine Besprechung statt, bei der von Seiten der Beklagten Bedenken bezüglich jugendschutzrelevanter Punkte, insbesondere bezüglich der von der Klägerin festgesetzten unteren Altersgrenze von 12 Jahren geäußert wurden. Diese Bedenken versuchte die Klägerin durch Vorlage diverser Unterlagen zu zerstreuen.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 erließ die Beklagte folgende Regelungen:

„1. Der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen wird untersagt. Dies gilt auch für eine etwaige Begleitung Minderjähriger durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen.

2. Für die einzelnen Teilnehmer ist jeweils vor dem Lasergame eine persönliche Einweisung und nach dem Lasergame eine persönliche Auswertung durchzuführen.

3. Der Inhalt dieser Anordnung ist an gut sichtbarer Stelle bekannt zu geben.“

Zudem wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, bei Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 9 JuSchG ein Bußgeld zu verhängen.

Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 7 JuSchG ausgeführt, wesentliches Ziel des Spiels sei das Markieren (Abschießen) der menschlichen Gegner. Die Bezeichnung „Markierung“ statt „Treffer“ erscheine stark verharmlosend. Das Spiel in der LaserTag-Anlage sei als Wettbewerb ausgelegt. Mit dem Ziel, die höchste Punktzahl zu erreichen, fordere das Spiel geradezu dazu auf, „Held“ zu sein und biete so auch Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Gemäß der Ansicht von Dr. Hartmann von der Bundeszentrale für politische Bildung erhöhe ein starker Wettbewerbscharakter das Risiko aggressiver Auswirkungen. Die in der Halle aufgebauten Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfes. Der Einsatz von Nebeleffekten verstärke nicht nur den Laserstrahl der Phaser, sondern auch die Atmosphäre eines Kampfes. Im Vergleich zu Computerspielen mute die Atmosphäre realistisch an, weil sich zwei Menschen körperlich gegenüber stünden, die zugleich als Schützen und als auszuschaltende Kontrahenten fungierten. Durch die futuristische Gestaltung der Waffen und der Halle könne nicht darauf geschlossen werden, dass Jugendliche besser zwischen Spiel und Realität differenzieren könnten. Anders als bei Computerspielen werde durch die körperliche Anstrengung eine intensive Wahrnehmung und ein intensives Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Zusammenhang mit einer Einrichtung einer LaserTag-Arena vor einer Bagatellisierung von Gewalt gegen den Grundsatz der Menschenwürde gewarnt. In Zeiten beschleunigter Modernisierung habe der Jugendschutz verstärkt die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft Einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Kinder und Jugendliche mit fehlender moralischer und sozialer Orientierung seien von Spielen dieser Art am ehesten gefährdet. Nach Einschätzung der Beklagten liege durch die Teilnahme am Lasergame eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit vor und die Teilnahme gefährde das geistige und seelische Wohl von Jugendlichen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet.

Ein Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheids an die Beklagte findet sich in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht.

II.

Mit ihrer am 2. Mai 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, bei der angebotenen Sportart LaserTag handele es sich um eine von mehreren Spielarten, bei denen mit Hilfe von Infrarot-Signalgebern und -sensoren Bewegungs-, Simulations- und Laufspiele organisiert würden. Bei dem von der Klägerin angebotenen Spiel handele es sich nicht um das Spiel „Lasergame“, sondern um ein anderes, davon verschiedenes Spiel unter der Bezeichnung „LaserTag“. Dabei gehe es nicht um das Abschießen menschlicher Gegner; das Spiel fordere nicht dazu auf, Held zu sein und biete keine Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Die Beklagte komme unter unzutreffender Würdigung des Sachverhalts zwangsläufig zu falschen Ergebnissen, dies auch unter Heranziehung der Ausarbeitung von Dr. Hartmann zu völlig anderen Sachverhalten. Damit sei die Beklagte bei Erlass des Bescheides von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Unter Bezugnahme auf ein von der Klägerin vorgelegtes Gutachten von Prof. Dr. Huth-Hildbrandt zu LaserTag ergebe sich, dass LaserTag als teambasierte bewegungsbezogene Aktivität für geschlechtsbezogene Entwicklungsaufgaben im Jugendalter eher stützend wirke als z. B. traditionell ausgeübte Mannschaftssportarten. Auch in der in dem Bescheid zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, bei der es sich um einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof gehandelt habe, gehe es nicht um LaserTag, sondern um Laserdrome. Dies sei eine vom Konzept der Klägerin deutlich unterschiedliche Variante des Laserspiels. Insbesondere gehe es bei LaserTag gerade nicht um „spielerisches Töten“, nicht um die Konfrontation Mensch gegen Mensch und es würden keine Gewaltakte gegen Menschen nachgestellt. Die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag sei ein familienfreundliches Spiel, das frei von realitätsnahen oder gar kriegsähnlichen Situationen sei. Damit schließe sich auch ein Vergleich mit dem so genannten „Paintball-Spiel“ aus, bei dem ein „Treffer“ durch das Platzen einer Farbkugel optisch sichtbar werde. LaserTag finde in einem futuristischen Kontext statt, so dass für die Spieler Distanzierungsmöglichkeiten zur Realität sichergestellt seien. Bereits 12- bis 15-jährigen Jugendlichen werde im Rahmen der Einstufung der Altersfreigabe für Computerspiele nach den Regeln der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) die Fähigkeit zur distanzierten Wahrnehmung und Unterscheidung zwischen Spielfeld und Wirklichkeit in höherem Maße zugetraut als jüngeren Kindern.

Dies bedeute für die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag, dass die unbegründeten Behauptungen der Beklagten die angefochtene Verfügung nicht tragen würden und der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin rechtswidrig sei. Die Beklagte setze sich in der angegriffenen Verfügung nicht mit den Eigenheiten des von der Klägerin veranstalteten Spiels auseinander, sondern übertrage ohne Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Umständen in dem Betrieb der Klägerin den Sachverhalt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2001 unreflektiert auf den Betrieb der Klägerin. Die Teilnahme an der von der Klägerin veranstalteten Sportart LaserTag stelle keine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit dar, sondern sie fördere im Gegenteil die wünschenswerte Entwicklung der Persönlichkeit. Hierzu werde auf das Gutachten der Fachhochschule Frankfurt vom April 2014 verwiesen. Auch der Erziehungswissenschaftler und Aggressionsforscher Dr. P., Universität des Saarlandes, bestätige, dass aus Sicht der entwicklungs- und aggressionspsychologischen Forschung das Spielen von LaserTag keine jugendgefährdenden Gesichtspunkte erfülle. Hierzu werde auf die vorgelegte Stellungnahme Bezug genommen.

Die Beklagte habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG zu Unrecht angenommen und das von § 7 JuSchG eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihrer Berufsfreiheit und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, nach § 7 JuSchG könne die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern oder Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten dürfe, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgehe. Bei der von der Klägerin betriebenen LaserTag-Arena in Würzburg handele es sich unstreitig um einen Gewerbebetrieb. Durch die in der LaserTag-Arena von den Teilnehmern durchgeführten Handlungen gingen Gefährdungen für das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen aus, die eine Altersbeschränkung auf 16 Jahre, also die Untersagung des Zutritts von Personen unter 16 Jahren, erlaubten und vollumfänglich rechtfertigten.

Ziel des Spieles sei nicht verharmlosend das „Markieren“ der menschlichen Gegner, sondern deren Treffen oder Abschießen. Dieses Ziel werde von den Spielern aktiv verfolgt. Damit werde eine Tötungshandlung simuliert. Die „Phaser“ genannten Spielgeräte kämen in Funktionsweise und Aussehen Schusswaffen gleich. Der vom „Phaser“ ausgehende Laserstrahl visiere den Gegenspieler als Schussziel an. Zudem werde er ähnlich einer Pumpgun mit zwei Händen gehalten, Schüsse würden durch das Drücken von Knöpfen ausgelöst, damit stelle der Phaser ein waffenähnliches Gerät dar. Die Ausgestaltung des Spielfeldes erwecke sehr deutlich den Eindruck eines simulierten Nahkampfszenarios, verstärkt von Nebeleffekten, Schwarzlicht und Dunkelheit. Wer die meisten Punkte erziele, gewinne das Spiel. Damit sei es eindeutig als Wettbewerb angelegt. Zudem werde der jeweilige Monatssieger gekürt. LaserTag werde somit in einen gewaltverherrlichenden Zusammenhang gestellt. Realitätsnähe werde dadurch erzeugt, dass sich zwei Gruppen/Teams körperlich gegenüber stünden; durch die körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, was eine Abstraktion beeinträchtige. Der Gegner werde als Mensch und nicht als verfremdetes abstraktes Ziel erkannt. Es gehe also um Kampf und Abschießen, damit sei LaserTag ein kriegsähnliches Spiel. Die von der Klägerin genannten „distanzierenden Elemente“ kämen nicht zum Tragen. Damit gehe von dem Spiel LaserTag eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen im Sinne des § 7 JuSchG aus, wenn sich diese in der LaserTag-Arena aufhielten. Ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts dieser Personengruppe in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Nach Abwägung aller Umstände liege im LaserTag-Kampf eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit durch die Teilnahme am Spiel. Dementsprechend gefährde die Teilnahme am Spiel das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen und es sei somit unter Auslegung und Würdigung der Kriterien der USK eine Zutrittsbeschränkung für unter 16-Jährige gerechtfertigt. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch die Haltung von unter 16-jährigen Kindern und Jugendlichen in einem Beitrag des Bayer. Rundfunks. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken und den Schutzzweck des Jugendschutzrechts gestellt werden.

Die Parteien legten verschiedene gutachtliche Äußerungen vor, die sich mit der Frage einer Jugendgefährdung durch „Laserspiele“ befassen.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2015 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Mit Beschluss vom 10. Juni 2015 erhob das Gericht Beweis über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren an dem von der Klägerin in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag gehe eine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus sowie über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren an dem genannten Spiel gehe nur dann keine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus, wenn für die Jugendlichen vor deren Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt wird, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Gericht beauftragte im Einverständnis mit den Parteien als Sachverständigen Dr. Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.

Zum vom Sachverständigen schriftlich am 5. Februar 2016 erstatteten Gutachten nahm die Klägerseite dahingehend Stellung, sie halte es für ungenügend und für eine Beurteilung der Fragen im Beweisbeschluss untauglich. Sie legte eine Stellungnahme von Dr. P., Fakultät für Empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016 vor und regte die Einholung eines „Obergutachtens“ an.

In der mündlichen Verhandlung am 14. April 2016 erläuterte der Sachverständige sein schriftliches Gutachten ausführlich. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14. April 2016, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 31. März 2014, mit welchem die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2730), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl I S. 3154), Personen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen - auch bei Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt (Ziffer 1. des Bescheides) sowie für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren anordnet, vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen (Ziffer 2. des Bescheides). Zwar ist dem bloßen Wortlaut der Anordnung in Ziffer 2. des Bescheidtenors die Begrenzung der Anordnung auf Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren nicht zu entnehmen; allerdings ergibt sich dies zum einen daraus, dass Personen unter 16 Jahren gemäß Ziffer 1. des Bescheides ohnehin kein Zutrittsrecht haben und der Bescheid auf § 7 JuSchG gestützt ist, der gemäß seinem Wortlaut lediglich auf Kinder und Jugendliche (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG auf Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind) anwendbar ist; zum anderen hat die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2015 klargestellt. Weiterhin bestimmt der angegriffene Bescheid in seiner Ziffer 3., dass der Inhalt der in Ziffer 1. und 2. getroffenen Anordnungen an gut sichtbarer Stelle bekanntzugeben ist.

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Hinsichtlich der in Ziffer 2. getroffenen Anordnung, bei Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, erweist sich der Bescheid vom 31. März 2014 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war der angegriffene Bescheid aufzuheben. Hinsichtlich der in Ziffer 1. getroffenen Anordnung, wonach für Personen unter 16 Jahren der Zutritt zu den Betriebsräumen untersagt wird sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war die Klage abzuweisen.

Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 7 JuSchG. Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann gemäß § 7 Satz 1 JuSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Nach § 7 Satz 2 JuSchG kann die Anordnung Altersbeschränkungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass von einem Gewerbebetrieb - und ein solcher ist im vorliegenden Fall der LaserTag-Arena unstreitig gegeben - eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG von Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind) oder von Jugendlichen (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 JuSchG von Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind), ausgeht. Eine derartige Gefährdung ist anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird. Die Gefahr muss nicht unmittelbar drohen, sondern es genügt, dass Kinder und Jugendliche an den fraglichen Orten nach Kenntnis der Behörde einer solchen dauernd oder zeitweise ausgesetzt sind (Liesching in Erbs/Kohlhaas, strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2015, § 7 JuSchG, Rn. 4 m. w. N.). In diesem Zusammenhang ist eine Gefahrenprognose zu erstellen. Deren Grundlage müssen ausreichende und tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungen des täglichen Lebens, das Erfahrungswissen von Polizeibeamten oder Sozialarbeitern oder wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sein (Liesching, a. a. O., Rn. 5). Der Begriff der Gefährdung in § 7 JuSchG kann mit dem Begriff der Jugendbeeinträchtigung im Sinn des § 14 Abs. 1 JuSchG gleichgesetzt werden, also mit der Gefahr, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt wird (Gutknecht in Nikles/Roll/Spürck/Erdemir/Gutknecht, Jugendschutzrecht, 3. Aufl. 2011, § 7 JuSchG Rn. 6 m. w. N.). In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Frage, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt wird, die Grundsätze der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH, 21. Fassung vom 1. Dezember 2012, heranziehbar (FSK-Grundsätze). Nach deren § 18 Abs. 2 wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Fantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 FSK-Grundsätze; vgl. hierzu auch Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG Rn. 6). Als Wertmaßstäbe sind in diesem Zusammenhang die Grundwerte der Verfassung zu beachten, insbesondere die Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG (Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG, Rn. 5 m. w. N.; BVerwG, B. v. 24.10.2001 - 6 C 3/01 - BVerwGE 115, 189 ff.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf den Gedanken in Ziffer 2.2 der Leitkriterien der USK für die jugendschutzrechtliche Bewertung von Computer- und Videospielen, beschlossen und in Kraft gesetzt durch den Beirat der Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH - USK - (USK-Kriterien) vom Juni 2011 hinzuweisen. Nach diesem verallgemeinerungsfähigen Gedanken ist nicht nur auf den durchschnittlichen, sondern auch auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen, wobei aber Extremfälle auszunehmen sind (vgl. hierzu auch Ziffer 2.4 USK-Kriterien).

Bei der in § 7 Satz 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist.

Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem von der Klägerin im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen sowohl im Alter unter 16 Jahren als auch im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht, dem es an diesbezüglicher eigener Fachkompetenz fehlt, auf der Grundlage des vom Gericht mit Beweisbeschluss vom 10. Juni 2015 in Auftrag gegebenen, am 5. Februar 2016 schriftlich erstatteten und in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 mündlich erläuterten Gutachten des Sachverständigen, Dipl. Psychologen Dr. Florian Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V..

Aus dem Gutachten ergibt sich Folgendes:

Für die Beantwortung der Beweisfragen hat der Sachverständige zunächst auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Akten des Gerichts und der Beklagten den bisherigen Sachverhalt einschließlich der unterschiedlichen Sichtweisen der Parteien dargestellt. Sodann hat er die im Beweisbeschluss des Gerichts enthaltenen juristischen Tatsachenfragen in die psychologische Fragestellung „übersetzt“, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Kinder und Jugendliche im Alter unter 16 Jahren bzw. Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren durch ihre Teilnahme am Spiel LaserTag im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung gefährdet werden können (Ziffer 3. des Gutachtens).

Nach Ansicht des Sachverständigen wären die beiden genannten Personengruppen aus psychologischer Perspektive dann in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, wenn das Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung aufweist. Zudem ist eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung dann gegeben, wenn es bei der Teilnahme am Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen dadurch kommt, das die im Spiel dargebotenen Reize starke Angstreaktionen auslösen können und gleichzeitig keine hinreichenden Möglichkeiten bestehen, das Spiel abzubrechen (Ziffer 4. des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung hat, hat der Sachverständige eine Risikoprognose auf der Grundlage des General Aggression Model (im Folgenden: GAM) erstellt. Diese Entscheidung hat er auf der Grundlage der Erkenntnis getroffen, dass es bislang international keine veröffentlichten empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen von LaserTag- oder LaserGame-Angeboten auf Kinder und Jugendliche gibt (Ziffer 2.2 des Gutachtens). Zudem hat er festgestellt, dass es zu gewalthaltigen Computerspielen zwar vielfältige und ausdifferenzierte Studien gibt, dass diese Forschungsergebnisse jedoch nicht unmittelbar auf den hier zu beurteilenden Gegenstand übertragen werden können, weil trotz mancher Ähnlichkeiten beide Spielformen insbesondere Unterschiede hinsichtlich der realweltlichen, wenngleich fiktional gestalteten Spielumgebung, hinsichtlich der körperlichen Aktivität in der Spielarena und der fehlenden visuellen Untermalung von Gewaltfolgen aufweisen (Ziffern 2.2 und 2.2.1 des Gutachtens). Als Grundlage für die wegen des Fehlens verwendbaren empirischen Materials erforderliche Risikoprognose hat sich der Sachverständige für das GAM entschieden, nach Mitteilung des Sachverständigen ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorien in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (mit Verweis auf Anderson & Dill, 2000; Bushman & Anderson, 2002).

Auf der Grundlage dieses Modells berücksichtigt der Sachverständige kurzfristige und langfristige Wirkmechanismen.

Im Rahmen der kurzfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn der aktuelle innerpsychische Erlebniszustand im Rahmen situativer oder personenbezogener Input-Variablen durch eine kognitive, eine affektive und eine psychophysiologische Aktivierungskomponente beeinflusst wird. Im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn die wiederholte Nutzung gewalthaltiger Spiele zu einer Ausdifferenzierung und Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen führt. Dies kann nach den Ausführungen des Sachverständigen durch fünf voneinander unabhängige Wirkmechanismen geschehen: Durch die Verstärkung (1) aggressiver Überzeugungen und Einstellungen, (2) aggressiver Wahrnehmungsschemata, (3) feindseliger Attributionstendenzen und (4) aggressiver Verhaltensskripte sowie durch (5) eine aggressionsbezogene Desensibilisierung (vgl. zu allem: Ziffer 2.2.2 und Ziffer 4. [am Ende] des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob das Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen auf der Grundlage starker Angstreaktionen führt, hat der Sachverständige - wie er in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - allgemeine psychologische Überlegungen herangezogen.

Zur Beantwortung der Beweisfragen auf dieser Grundlage hat der Sachverständige die Akte des Gerichts sowie die Akte der Beklagten herangezogen und eine Ortsbegehung in der LaserTag-Arena Würzburg vorgenommen, die eine Vorstellung des Spielangebots durch Standortleitung und Geschäftsführung ohne Kundschaft, eine passive Beobachtung des Spielbetriebs mit Kunden, halbstrukturierte Interviewfragen an die Standortleitung und Geschäftsführung, eine teilnehmende Beobachtung am Spiel mit Kunden sowie eine Fotodokumentation der wesentlichen Ausstattungsmerkmale der LaserTag-Arena beinhaltet (vgl. Ziffern 5. und 6. des Gutachtens).

Auf dieser Basis beantwortet der Sachverständige die Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine Gefährdung des geistigen oder seelischen Wohls von Kindern und Jugendlichen ausgeht, wie folgt:

Die Teilnahme am Spiel LaserTag erzeugt einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand. Dies ergibt sich daraus, dass die Teilnahme zu aggressiven Gedanken und Gefühlen führt und psychophysiologisch aktiviert. Die Erzeugung aggressiver Gedanken und Gefühle basiert auf der Waffenähnlichkeit des Phasers, die impliziert, dass aggressives Verhalten in dieser Situation angemessen ist. Das Spiel belohnt und fördert das Verhalten, andere Spieler simuliert zu beschießen, aus psychologischer Sicht selbst eine aggressiv erlebte Verhaltensweise. Dem stehen die entmilitarisierten Begrifflichkeiten und die abstrakte futuristische Spielumgebung nicht entgegen. Die simulierte Ausübung aggressiver Handlungen ist alternativlos, um das Spiel gewinnen zu können. Dies lässt darauf schließen, dass LaserTag kognitiv und emotional als ein Bedrohungs- bzw. Gefahrenszenario verarbeitet wird. Die psychophysiologische Aktivierung kommt durch die intensive körperliche Beanspruchung in Verbindung mit Zeit- und Handlungsdruck im Sinne eines Stresserlebens zustande (vgl. Ziffer 7.1 des Gutachtens).

Die Teilnahme am Spiel LaserTag bewirkt eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der wiederholten Teilnahme am Spiel zu einer Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen sowie zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte kommt, obwohl eine Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und eine Verstärkung feindseliger Attributionstendenzen sowie eine aggressionsbezogene Desensibilisierung nicht festgestellt werden können.

Die Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen ergibt sich daraus, dass spielerisch simulierte Aggression die einzige Möglichkeit ist, das Spiel zu gewinnen. Es kommt zu zahlreichen Einzelkonfrontationen gegnerischer Spieler, die derjenige gewinnt, der zuerst bzw. zielgenauer eine Markierung abgibt (schießt). Damit ist der „aggressivere“ Spieler der erfolgreichere Spieler. Kompromissbereitschaft und anderweitige Formen prosozialen Verhaltens werden nicht gefördert. Diesbezüglich kann die Zusammenarbeit im Spielteam aus lernpsychologischer Sicht nicht als prosoziale Handlung wirksam werden. Dies gilt auch unter der Prämisse, dass lediglich bestimmte aggressive Haltungen nach den Spielregeln legitimiert sind und die Spieler reflektieren können, dass ihre Handlungen nicht tatsächlich zu Schäden beim Gegenspieler führen (vgl. Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens).

Die Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte ergibt sich daraus, dass das Spiel LaserTag eine bewaffnete Gefechtssituation simuliert, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte. Demgegenüber verfügen Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht über differenzierte kognitive Skripte darüber, welche Ereignisse in einer Gefechtssituation tatsächlich erwartet werden können. Das Spiel erscheint geeignet, kognitive Skripte zu bewaffneten Gefechtssituationen zu lernen, zu festigen und weiter auszudifferenzieren, dies auch auf der Grundlage elektronischer Rückmeldungen über Erfolge und Misserfolge. Diese intensivieren den Lernerfolg. Zwar werden diese Lernerfahrungen durch einige Verfremdungen in der Benutzung des Phasers und bezüglich der möglichen Trefferflächen beim gegnerischen Spieler begrenzt werden; jedoch ist gerade bei Personen, die keinerlei Erfahrungen mit solchen Spielen haben, zu erwarten, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit aggressive Verhaltensskripte erlernt werden, zu denen bislang allenfalls rudimentäre Lernerfahrungen vorliegen. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um besonders kritische aggressive Verhaltensskripte handelt, die das Verhalten in einem bewaffneten Gefecht zum Gegenstand haben (vgl. Ziffer 7.2, B4 des Gutachtens).

Hinsichtlich der Ausführungen zum Fehlen der Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und feindseliger Attributionstendenzen sowie zum Fehlen aggressionsbezogener Desensibilisierungen wird auf Ziffer 7.2, B2, B3 und B5 des Gutachtens Bezug genommen.

Die Fragestellung, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag die psychische Gesundheit der genannten Personengruppe gefährdet, beantwortet der Sachverständige wie folgt:

Aufgrund eingeschränkter Sichtverhältnisse wegen Dunkelheit, Nebels und Hindernissen, aufgrund der Hintergrundmusik und aufgrund des allgemeinen Kampfgeschehens kann ein Bedrohlichkeitsgefühl erzeugt werden. Spieler können unvorhergesehen auf Gegenspieler, insbesondere auch auf körperlich deutlich überlegenere und nicht vertraute erwachsene Gegner treffen oder gar von mehreren Gegenspielern eingekreist werden und erschrecken. Bei psychisch vulnerablen Spielern ist damit davon auszugehen, dass das Spielangebot deutliche Angstreaktionen auslösen kann. Zwar wird das Angstpotenzial durch die Anwesenheit einer Aufsichtsperson in der Arena abgeschwächt; diese ist jedoch nicht immer direkt zu finden. Zudem erscheint es möglich, dass Spieler im Falle einer starken Angstreaktion nicht mehr in der Lage sind, einen Ausgang selbstständig aufzusuchen. Weiterhin gibt es keinen „Panik- oder Abbruchknopf“. Damit ist nicht sichergestellt, dass sich Spieler dem Spielgeschehen unmittelbar entziehen können. Zudem besteht kein hinreichender kommunikativer Rahmen für den Abbruch des Spiels. Damit weist das Spiel in seiner derzeitigen Konzeption eine hohe Reizintensität auf, die zumindest vulnerable Spieler emotional überfordern und bei diesen zu starken Angstreaktionen führen kann (vgl. Ziffer 7.3 des Gutachtens).

Abschließend differenziert der Sachverständige hinsichtlich der Intensität der festgestellten Auswirkungen des Spiels auf das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits.

Hinsichtlich Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber das Wirkpotential des Spiels im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen für diese Altersgruppe als hoch relevant einzuschätzen ist. Zudem kommt er zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich des affektiven Wirkpotenzials bei dieser Altersgruppe noch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass starke Angstreaktionen erlebt werden, allerdings wird nur ein kleinerer Teil der Spieler von stärkeren Angstreaktionen betroffen sein.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass aus psychologischer Sicht insgesamt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegt, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann.

Hinsichtlich der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass auch hier die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes als altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber die Gefährdung dieser Altersgruppe im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen als geringer einzuschätzen ist als in der anderen Altersgruppe. Dies gilt für normal entwickelte Jugendliche; demgegenüber kann insbesondere für risikobehaftete Jugendliche eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden. Das affektive Wirkpotenzial ist nach Ansicht des Gutachters geringer einzuschätzen als bei der jüngeren Altersgruppe, allerdings kann auch für die Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen nicht ausgeschlossen werden, dass vulnerable Spieler starke Angstreaktionen entwickeln.

Damit kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Teilnahme von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren am Spiel nicht vertretbar erscheint, wenn das Angebot den Gefährdungen insbesondere risikobehafteter Jugendlicher nicht wirksam begegnet.

Als Rahmenbedingungen für die wirksame Begegnung der genannten Gefährdung bezeichnet der Sachverständige neben der grundsätzlichen Beibehaltung der derzeit schon vorhandenen Rahmenbedingungen wie Eingangsinstruktion, Fairnessregeln, Spielaufsicht, Gestaltung der Spielarena, Bekleidungsvorschriften, Beschaffenheit der Spielausrüstung, angebotene Spielformen und Spielauswertung zwei weitere Maßnahmen als notwendig, um die genannten Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können: Zum einen muss ein Spielabbruch „normalisiert“ werden, also als Handlungsweise beschrieben werden, bei der keine soziale Abwertung zu befürchten ist, einschließlich der Erstattung der Kosten für die Teilnahme. Zum anderen darf vor dem Spiel kein Alkohol an 16- und 17-Jährige ausgeschenkt werden, weil Alkoholkonsum enthemmtes Verhalten begünstigen kann, wodurch die Wahrscheinlichkeit für unfaires und aggressives Verhalten im Spiel steigt.

Unter Einhaltung dieser Prämissen gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass zwar hinsichtlich der Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann, dass aber dieser Gefährdung durch eine persönliche Einweisung und Auswertung, die auch eine Normalisierung des Spielabbruches und das Verbot des Alkoholausschanks umfasst, wirksam begegnet werden kann.

Das Gericht hat das Gutachten des Sachverständigen überprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gutachten die Fragestellungen des Beweisbeschlusses des Gerichts inhaltlich richtig aufnimmt und sie adäquat und für das Gericht nachvollziehbar mit einem psychologischen Hintergrund aufarbeitet und spezifiziert, sozusagen in psychologische Fragestellungen „übersetzt“.

Zwar hat die Klägerseite diesbezüglich in Frage gestellt, ob Aggression überhaupt ein Zustand ist, der zwangsläufig eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl bedeutet. Allerdings ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass eine Steigerung der Aggressivität aus psychologischer Sicht die Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, weil es unabhängig von den Ausführungen der Klägerseite zu „positiver Aggression“ im vorliegenden Fall um die Frage geht, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine stärkere Konfliktbereitschaft, normabweichendes Verhalten und die automatisierte Verfügbarkeit inadäquater aggressiver Reaktionen zur Folge haben kann.

Das Gericht hat sich weiterhin davon überzeugt, dass der Sachverständige die richtige Grundlage bzw. Methode zur Beantwortung der Beweisfragen angewendet hat. Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass mangels vorhandener empirischer Erkenntnisse die Beantwortung der Beweisfragen aufgrund eigener empirischer Forschung hierzu mit einem Zeitaufwand von etwa fünf Jahren und Kosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verbunden wäre. Auf dieser Grundlage erachtet das Gericht die Entscheidung des Sachverständigen als sachgerecht, auf die Durchführung eigener empirischer Studien zur Beantwortung der Beweisfrage zu verzichten, da deren Zeit- und Kostenumfang in keinerlei angemessenem Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei (vgl. hierzu den festgesetzten Streitwert) steht und dem Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits in einem zeitlich angemessen Rahmen (vgl. hierzu auch den Rechtsgedanken des § 198 GVG) widerspricht. Unter dieser Voraussetzung geht auch die Rüge des Klägerbevollmächtigten, der Sachverständige habe keine Messungen zur Feststellung von Erregung und Aggression an den Spielenden vorgenommen, ins Leere.

Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass empirische Studien zur Beantwortung der Beweisfragen nicht in Betracht kommen, hat der Sachverständige zu Recht eine Risikoprognose erstellt; eine Alternative hierzu ist weder von der Klägerseite genannt worden noch für das Gericht erkennbar.

Zu Recht hat der Sachverständige der Risikoprognose das GAM zugrunde gelegt. Zur Begründung und für das Gericht nachvollziehbar hat der Sachverständige sowohl im schriftlich erstatteten Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass das GAM ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens darstellt, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorie in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (Ziffer 2.2.2 des Gutachtens). Damit hat er nachvollziehbar deutlich gemacht, dass das GAM insbesondere auch für die Beurteilung von Aggressionen in bislang diesbezüglich nicht erforschten Bereichen anwendbar ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Lexikon der Psychologie von Dorsch zum Stichwort GAM (https://portal.hogreve.com/dorsch/general-aggression-model/; abgerufen am 12.4.2016). Nach dessen Ausführungen wurde das GAM bisher angewendet auf die Erklärung der aggressionserhöhenden Wirkung von Mediengewaltkonsum, extremen Temperaturen, Schmerzen etc. und wurde kürzlich theoretisch erweitert, u. a. bezüglich seiner Anwendbarkeit auf Gewalt in intimen Beziehungen und Gewalt zwischen Gruppen. Dies macht deutlich, dass das GAM nicht allein auf gewalthaltige Computerspiele anwendbar ist.

Auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen, dass das GAM auf 40 Jahre Lernpsychologie zurückgeht, hat er nachvollziehbar dargelegt, dass sich dies auf die lernpsychologischen Grundlagen bezieht und somit nicht zu befürchten ist, dass das GAM wegen Zeitablaufs nicht mehr gültig sein könnte.

Demgegenüber kann das Gericht auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen nicht den Ausführungen der Klägerseite folgen, das GAM werde dazu genutzt, vorhandene Aggressionen zu erklären und sei deshalb nicht aussagekräftig für Spieler, die nicht aggressiv seien.

Nicht nachvollziehbar ist die von der Klägerseite vorgelegte Stellungnahme des Dr. Christoph P., Fakultät für empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016, Grundannahme des GAM sei, dass wiederholtes Spielen von gewalthaltigen Videospielen zu einer schleichenden Veränderung in Persönlichkeit und Verhaltensaspekten führen können. Dies ist, wie sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen (vgl. oben) ergibt, eine zunächst (zu) eingeengte Sichtweise.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, dass GAM bzw. der Sachverständige berücksichtige nicht bzw. unzureichend, dass hinsichtlich aggressiven Verhaltens nicht nur die Lerneffekte, sondern auch die Frage nach einer aggressiven Persönlichkeit eine Rolle spielten. Dies hat der Sachverständige im Rahmen des GAM berücksichtigt (vgl. z. B. Ziffer 2.2.2, 2. Absatz des Gutachtens).

Nicht nachvollziehbar ist die nicht im Einzelnen erläuterte Meinung von Dr. P., der Sachverständige verneine die Existenz wichtiger Teilkomponenten des GAM und ziehe stattdessen „verallgemeinerte Schlussfolgerungen“. Nicht nachvollziehbar ist weiterhin die Darlegung von Dr. P., das GAM sei kein Modell, dessen Pfade im Sinne einer „oder- Verbindung“ gesehen werden dürften, sondern die Kombination aller Faktoren zeige die Gefahren auf, die bei wiederholtem Spielen entstehen könnten. Denn nachvollziehbar legt der Sachverständige in seinem Gutachten (Ziffer 2.2.2) dar, dass die fünf aufgezeigten langfristigen Wirkmechanismen unabhängig voneinander zur Ausbildung einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur beitragen; in der mündlichen Verhandlung hat er dargestellt, dass ein einziger Wirkpfad hinreichend ist, dass aber der Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung umso gravierender sein kann, je mehr Wirkpfade vorhanden sind, wobei es auch auf die Intensität des Wirkpfades ankommt. Dem konnte die Klägerseite nichts entgegensetzen.

Zu der Behauptung von Dr. P., dass GAM sei nur für das wiederholte Spielen gewalthaltiger Spiele gedacht, die Grundannahmen „wiederholt“ und „gewalthaltig“ seien hier jedoch nicht zu finden, hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dahingehend Stellung genommen, es sei nicht quantifizierbar, wie oft bzw. regelmäßig LaserTag gespielt werden müsse, damit die langfristigen Wirkmechanismen einsetzten. Er hat erläutert, dass jede einzelne Spielrunde einen Lernimpuls setzt. Je mehr man sich dem aussetzt, je öfter man also spielt, umso mehr werden - so der Sachverständige - die Lerneffekte gefestigt. Dies bedeutet aber, dass schon eine einzige Spielrunde zu langfristigen Lerneffekten führen kann.

Damit konnte die Klägerseite das Vorgehen des Sachverständigen, als Methode zur Beantwortung der Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung ausgeht, das GAM heranzuziehen, nicht substantiiert in Frage stellen.

Hinsichtlich der Beurteilung der Gefährdung der psychischen Gesundheit auf der Grundlage der Angstproblematik hat sich der Sachverständige nachvollziehbar auf allgemeine psychologische Grundsätze und Überlegungen gestützt. Dies haben die Parteien nicht in Frage gestellt.

Der Sachverständige hat mit den Akten des Gerichts und der Beklagten sowie mit der Ortsbegehung alles Material zu Beantwortung der Beweisfragen herangezogen, das ihm zur Verfügung stand. Demgegenüber rügt die Klägerseite den aus ihrer Sicht zu kurzen Aufenthalt des Sachverständigen in der LaserTag-Arena Würzburg, ohne allerdings benennen zu können, welche zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse der Sachverständige bei einem längeren Aufenthalt hätte gewinnen können. Zu Unrecht rügt in diesem Zusammenhang Dr. P. für die Klägerseite, der Sachverständige habe es versäumt, Interviews mit Spielern durchzuführen; eine derartige Gewinnung von Material wäre allenfalls im Rahmen einer empirischen Untersuchung sinnvoll, die aber, wie oben ausgeführt, nicht durchzuführen war.

Der Sachverständige hat die Beweisfragen für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet.

Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen die beiden Bereiche „aggressivitätssteigernde Wirkung von LaserTag“ und „Gefährdung der psychischen Gesundheit“ (Angstproblematik) unabhängig voneinander geprüft hat. Er hat dargelegt, dass eine Prüfung von Wechselwirkungen beider Bereiche ohne empirische Daten problematisch ist. Damit gelangt der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass unabhängig voneinander sowohl eine aggressivitätssteigernde Wirkung des Spiels als auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit vorliegt und beide Erkenntnisse gleichermaßen Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen waren.

Weiterhin hat er hinsichtlich der Frage nach dem Begriff der „Verstärkung“ im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen des GAM überzeugend dargelegt, dass dieser Begriff nicht darauf hinweist, dass schon eine Aggressivität vorhanden sein muss. Er hat ausgeführt, dass bestimmte aggressive Überzeugungen sowohl neu angelegt als auch verstärkt werden können. Der Begriff Verstärkung meint eine stärkere Ausbildung der bestimmten aggressiven Überzeugung.

Auf die Frage, wie oft ein Kind/ein Jugendlicher das Spiel LaserTag spielen muss, damit die langfristigen Wirkmechanismen greifen, hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass dies nicht quantifizierbar ist, sondern dass jede Spielrunde einen - auch langfristigen - Lernimpuls setzt und dass wiederholtes Spielen diese Lerneffekte festigt, ohne dies quantifizieren zu können. Hierfür wären langwierige und kostenaufwändige Längsschnittstudien erforderlich.

Die Klägerseite rügt, der Sachverständige habe den Einfluss der Distanzierung von Gewalt- und Kriegsbegrifflichkeiten beim Spiel LaserTag im Rahmen des Ergebnisses nicht hinreichend gewürdigt. Dies kann das Gericht nicht nachvollziehen. Es wird auf Ziffern 7.1 A1 und 7.2 B4 des Gutachtens Bezug genommen, insbesondere aber auch Ziffer 7.4 (am Ende) verwiesen, wo der Sachverständige ausdrücklich darauf hinweist, dass seine Beurteilung nur unter der Voraussetzung gilt, dass die bisherigen Rahmenbedingungen, zu denen beispielsweise auch die entmilitarisierte Sprache gehört, beibehalten werden.

Unbehelflich sind die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zu der Frage, ob der Gutachter die englischen Begriffe „You are hit“, „recharge“ und „base“ falsch verstanden hat; denn der Sachverständige legt Wert auf eine Beibehaltung der entmilitarisierten Sprache und berücksichtigt die genannten Begriffe nicht zulasten der Klägerseite bei der Beantwortung der Beweisfragen.

Zu Unrecht stellt der Klägerbevollmächtigte die Erkenntnis des Sachverständigen in Frage, der Phaser sei waffenähnlich. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung seine Erkenntnis nachvollziehbar erläutert und insbesondere darauf hingewiesen, dass zwischen der Nachbildung einer Waffe und der Waffenähnlichkeit unterschieden werden muss. Demgegenüber können die von der Klägerseite vorgebrachten Beispiele von Gegenständen, die dann auch „waffenähnlich“ wären (Diktiergerät, Handstaubsauger, Handfön, Bohrmaschine) nicht überzeugen.

Zu Recht und entgegen der Meinung der Klägerseite lässt der Sachverständige bei der Beantwortung der Beweisfragen den Einwurf außer Acht, dass deren Beantwortung im Sinne der Beklagtenseite zu Umsatzeinbußen der Klägerin und zum Verlust von Arbeitsplätzen führt. Dies hat mit der Tatsachenfrage, die der Sachverständige zu beantworten hatte, nichts zu tun.

Die von der Klägerseite gerügten „Zirkelschlüsse“ des Sachverständigen werden nicht im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt, sondern als bloße Behauptung in den Raum gestellt.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, hinsichtlich Spielabschluss und Auswertung gebe es keinen Zwischenbefund. Hierzu äußert sich der Sachverständige unter Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens nachvollziehbar.

Die Rüge von Dr. P., der Sachverständige verkenne den „Waffeneffekt“ (vgl. Stellungnahme vom März 2016, Ziffer 2.6.1) nämlich den Effekt, dass Waffen mit Aggression assoziiert würden, geht aus Sicht des Gerichts ins Leere, insbesondere seine Vergleiche mit den Waffen aus den Sportarten Fechten oder Bogenschießen. Zudem ist sein Zweifel, ob der Waffeneffekt auch in der deutschen Kultur verankert sei, nicht weiter belegt und damit nicht nachvollziehbar.

Zu Unrecht rügt Dr. P., der Sachverständige ziehe den Schluss, dass eine psychophysiologische Erregung „automatisch zu konkret aggressivem Verhalten führen muss“. Diese Aussage ist im Gutachten nicht enthalten.

Weiterhin rügt Dr. P., der Sachverständige widerspreche sich im Rahmen der Beurteilung des Punktes „Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte“, indem er einerseits behaupte, LaserTag simuliere eine bewaffnete Gefechtssituation, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte und andererseits feststelle, aufgrund des hohen Abstraktionsgehaltes lägen keine Parallelen zu realen Schauplätzen vor, die der Alltagserfahrung von Kindern und Jugendlichen entsprächen. Demgegenüber legt der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich die Gründe für seine Beurteilung dar und weist insbesondere auf die Begrenzung der Lernerfahrungen durch die Verfremdungen hin. Damit und mit den entsprechenden Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass auch das in einer verfremdeten Umgebung gelernte Verhalten im Rahmen einer Gefechtssituation zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte führen kann.

Zu Recht führt Dr. P. im Rahmen seiner Stellungnahme zum affektiven Wirkpotenzial aus, dass die Aussage nicht generalisiert werden könne, die Spielatmosphäre beim Spiel LaserTag könne durchaus geeignet sein, bei jüngeren Kindern Angst zu erzeugen. Diese Aussage trifft der Sachverständige aber auch nicht. Demgegenüber begründet Dr. P. seine Empfehlung, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern spielen zu lassen, als gegenüber dem Zutrittsverbot milderes Mittel nicht nachvollziehbar. Denn auch Eltern können nicht zuverlässig beurteilen, ob Kinder in der Spielsituation in einen Angstzustand geraten können oder nicht.

Zu Recht und für das Gericht nachvollziehbar differenziert der Sachverständige im Rahmen von Ziffer 7.4 seines Gutachtens zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Die dabei zugrunde gelegten Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits decken sich mit den Ausführungen zu diesen Altersgruppen in Ziffer 3. der USK-Leitkriterien.

Nicht folgen kann das Gericht den Ausführungen der von der Klägerseite eingebrachten Äußerung von Dr. P. hinsichtlich der altersspezifischen Wirkhypothesen, die die Darlegungen des Sachverständigen mit dem Argument in Frage stellen wollen, jüngere Kinder seien nicht unbedingt für aggressive Reize sensibler als ältere Kinder. Diese Argumentation geht schon deswegen ins Leere, weil sie sich allein mit Kindern, also mit unter 14-Jährigen beschäftigt, während der Sachverständige seine Ausführungen entsprechend der Beweisfrage auf die Gruppe der 12- bis 15-jährigen bezieht, also auf (wohl im Sinne des Dr. P.) ältere Kinder und jüngere Jugendliche. Deshalb sind auch die weiteren Ausführungen von Dr. P. zu „jüngeren Kindern“ unbehelflich.

Auch dessen Ausführungen, lediglich ca. 7% der „Kinder im Alter unter 17 Jahren“ wiesen ernsthafte aggressive Störungen auf, sind zum einen nicht nachvollziehbar (die Kindeseigenschaft endet gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG mit der Vollendung des 14. Lebensjahrs) und stellen zum anderen die Ausführungen des Sachverständigen nicht in Frage.

Auch die Ausführungen der Klägerseite zu den Chancen, die das Spiel LaserTag für Personen in der hier relevanten Entwicklungsphase für deren positive kognitive und soziale Entwicklung bietet, können das Gutachten des Sachverständigen nicht in Frage stellen. Zu der Frage, ob die Zusammenarbeit im Spiel-Team aus lernpsychologischer Sicht als prosoziale Haltung wirksam werden kann, hat sich der Sachverständige in Ziffer 7.2.1 seines Gutachtens nachvollziehbar geäußert.

Um das Gutachten des Sachverständigen zu erschüttern, legte die Klägerseite zudem das Ergebnis einer im Zeitraum vom 8. bis 15. März 2016 durchgeführten anonymen Online-Befragung von LaserTag-Spielern vor, an der insgesamt 108 Personen, hiervon 16 Personen im Alter von unter 16 Jahren und 13 Personen im Alter von 16 bis 17 Jahren teilgenommen haben. Die in der Umfrage gestellten Fragen beziehen sich auf die Feststellungen des Sachverständigen. Grundsätzlich mag eine Umfrage Teil einer notwendigerweise breit angelegten empirischen Studie sein; eine derartige Umfrage allein, die zudem aufgrund der geringen Anzahl der Teilnehmenden aus den relevanten Altersgruppen nicht repräsentativ sein kann, ist als Mittel zur Bewertung der hier relevanten Frage, ob durch die Teilnahme am Spiel LaserTag das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen gefährdet ist, schon vom Ansatz her nicht geeignet. Zudem hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass denjenigen Personen, die am Spiel LaserTag teilnehmen, die Wirkmechanismen nicht bewusst werden; das heißt, dass die vom Sachverständigen festgestellten Lerneffekte von den Spielenden nicht verbalisiert werden können. Schon deswegen ist eine Befragung wie die von der Klägerseite vorgelegte nicht einmal ansatzweise dafür geeignet, das Sachverständigengutachten in Frage zu stellen. Nicht nachvollziehbar sind im Übrigen auch einzelne Schlussfolgerungen von Dr. P. aus den Ergebnissen der Online-Befragung, wie z. B. diejenige, dass Personen unter 16 Jahren Spiele wie FIFA oder Mindcraft bevorzugen, damit keine Interesse an Gewaltspielen haben und deshalb auch nicht als Zielgruppe für das GAM infrage kommen.

Der abschließenden Bewertung in der Stellungnahme von Dr. P., das Gutachten des Sachverständigen argumentiere einseitig und lasse eine wissenschaftlich angebrachte Objektivität vermissen, kann das Gericht nicht folgen.

Im Rahmen der Bewertung des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen sind zudem die schon im Vorfeld der Beweiserhebung von den Parteien vorgelegten fachlichen Stellungnahmen in den Blick zu nehmen.

Die Klägerseite hat ein „Gutachten zu LaserTag als Sport- und Spielevent im Jugendalter“ vom 1. April 2014 der Professorin für Theorien, Konzepte und Methoden sozialer Arbeit, Dr. Huth-Hildebrandt von der Fachhochschule Frankfurt am Main, Bereich Sozialwissenschaften, vorgelegt. Dieses ist schon deshalb für die Beantwortung der Beweisfragen und damit auch für die Beurteilung des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens nicht verwendbar, weil es sich dem Spiel LaserTag aus sozialpädagogischer Perspektive nähert (vgl. Gutachten vom 1.4.2014, S. 17, Fazit) und nicht, wie im vorliegenden Fall erforderlich, aus psychologischer Sicht. Verwendbare Ansätze von Antworten auf die vom Gericht gestellten Beweisfragen sind in dem Gutachten nicht enthalten.

Die Stellungnahme von Dr. P. vom 7. April 2014, die die Klägerseite vorgelegt hat, geht nicht über die Inhalte seiner Stellungnahme vom März 2016 hinaus, die bereits oben in die Entscheidungsfindung des Gerichts einbezogen worden ist.

Die von der Klägerseite vorgelegte Ausarbeitung „Einstieg: Machen Computerspiele gewalttätig?“ des Dipl.-Medienwissenschaftlers Dr. Thilo Hartmann vom 7. August 2007 bezieht sich ausschließlich auf gewalthaltige Computerspiele und ist deshalb für den vorliegenden Fall nur insoweit verwendbar, als es die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zum GAM bestätigt.

Die von der Beklagtenseite vorgelegte „Stellungnahme zu potenziellen Auswirkungen von LaserGame auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“ des Priv. Doz. Dr. Lenhardt von der Universität Würzburg, Lehrstuhl Psychologie IV vom 1. Januar 2014/13. Mai 2014 lässt nicht eindeutig erkennen, ob sie sich tatsächlich mit dem hier maßgeblichen Spiel LaserTag beschäftigt, da sie von „Lasergame“ spricht. Allerdings sind dieser Stellungnahme Ausführungen zum GAM zu entnehmen, die sich mit denjenigen des gerichtlich bestellten Sachverständigen decken.

Auf der Grundlage dieser Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, die Fragestellungen des Gerichts richtig aufgreift, die richtige Methode zur Beantwortung der Fragen wählt, sämtliche zur Verfügung stehenden Materialien und Erkenntnismittel hinsichtlich des konkreten Falls berücksichtigt und die Fragen des Gerichts nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet. Es ist dazu geeignet, dem Gericht den notwendigen Sachverstand hinsichtlich der Tatsachenfrage, ob von dem Spiel LaserTag eine Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, zu vermitteln. Gleiches gilt für die Tatsachenfrage, ob für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren diese Gefahr nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn vor der Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt werden. Deshalb macht sich das Gericht das Gutachten zu Eigen.

Auf Basis dieses Gutachtens gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem in der LaserTag-Arena Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl sowohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren als auch von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG vor.

Auf dieser Grundlage hatte die Beklagte das ihr von § 7 Satz 1 und Satz 2 JuSchG eröffnete Ermessen auszuüben. Soweit die Beklagte damit ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der Bescheid vom 31. März 2014 deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler liegt zunächst dann vor, wenn die Behörde überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat (so genannter Ermessensausfall), wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (so genannte Ermessensüberschreitung) oder wenn sie die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten unterschätzt, also irrtümlich bestimmte Anordnungen für unzulässig gehalten hat (Ermessensunterschreitung). Ein Ermessensfehler liegt zudem dann vor, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, sie ihre Entscheidung also auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat und schließlich wenn von dem durch die Befugnisnorm eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, die Behörde sich also von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder ein Belang willkürlich falsch gewichtet (so genannter Ermessensfehlgebrauch) worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 14 ff.; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 114 Rn. 114a ff.; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 16 ff.).

Ob die Ermessensausübung im Einzelfall pflichtgemäß oder fehlerhaft erfolgte, lässt sich nur anhand der nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG erforderlichen Begründung ermitteln (Kopp/Schenke, a. a. O., § 114 Rn. 14 ff.; Decker in Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2014 § 114 Rn. 10 m. w. N.). Eine bezüglich der Ermessenausübung fehlende oder unzureichende Begründung indiziert einen Ermessensnicht- oder Fehlgebrauch, sofern sich nicht aus den Umständen anderes ergibt. Fehlt in einer gegebenen Begründung ein wesentlicher Gesichtspunkt, so spricht dies für die Annahme, dass dieser Punkt auch tatsächlich übersehen wurde (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 23).

Ist eine Ermessensausübung im angefochtenen Bescheid vorhanden, ist sie allerdings defizitär, kann die Verwaltungsbehörde gemäß § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Voraussetzung für ein derartiges Nachschieben von Ermessenserwägungen im Gerichtsverfahren ist, dass die nachgeschobene Erwägung Umstände berücksichtigt, die bereits bei Bescheiderlass vorlagen, dass die nachgeschobene Erwägung den Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert und dass durch die Berücksichtigung der nachgeschobenen Erwägung im Prozess die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht beeinträchtigt wird (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 89 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall sind im Bescheid vom 31. März 2014 hinsichtlich der Entscheidung in Ziffer 1., wonach der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen - auch in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt wird, Ermessenserwägungen vorhanden. Insbesondere führt die Beklagte aus, das Spiel biete Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten, die Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfs, durch körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Der Gegner werde als Mensch erkannt. Das Jugendschutzgesetz habe die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet. Aus dem Entscheidungstenor wird deutlich, dass die Beklagte als milderes Mittel den Zutritt von Personen unter 16 Jahren in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen geprüft und verworfen hat und zwischen unter 16-jährigen Personen einerseits und 16- bis 17-jährigen Personen andererseits differenziert hat. Im Klageverfahren vertieft die Beklagte im Rahmen des § 114 Satz 2 VwGO ihr diesbezügliches Vorbringen und trägt zudem vor, ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts von Kindern und Jugendlichen in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken des Schutzgutes des Jugendschutzgesetzes gestellt werden.

Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides vom 31. März 2014, also hinsichtlich der Untersagung des Zutritts für Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen, hat die Beklagte damit ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten für ein Tätigwerden entschieden. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass eine Ermessenüberschreitung vorliegt, dass also die verhängte Rechtsfolge, das Zutrittsverbot zur LaserTag-Arena, von § 7 Satz 1 JuSchG nicht gedeckt wäre (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Denn § 7 Satz 1 JuSchG eröffnet die Rechtsfolge, den betroffenen Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht zu gestatten. Dies ist der Sache nach dem Verbot des Zutritts zu den Betriebsräumen inhaltsgleich. Auch eine Ermessensunterschreitung liegt nicht vor (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Zudem ist ein Ermessenfehlgebrauch nicht erkennbar. In diesem Rahmen ist auch der Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes zu berücksichtigen, insbesondere der Kontext des § 7 JuSchG zu den anderen Jugendschutzregelungen; die Ermessensausübung hat sich in diesem Rahmen zu bewegen (vgl. VG Bayreuth, B. v. 11.7.2014 - B 3 S 14.443 - juris Rn. 21 ff.). In dieser Hinsicht ergibt sich etwa aus § 4, § 5 und § 9 JuSchG eine besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Ab dem Alter von 16 Jahren nimmt der Gesetzgeber den Schutzgedanken zugunsten einer Selbstbestimmung der Jugendlichen deutlich zurück. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte alles in ihre Ermessenserwägungen eingestellt, was nach Lage der Dinge einzustellen war, und sie hat es sachgerecht gewichtet und abgewogen. Insbesondere ist erkennbar, dass sie auch wirtschaftliche Überlegungen zugunsten der Klägerin berücksichtigt, aber hintangestellt hat. Demgegenüber sind weder sachfremde Gesichtspunkte berücksichtigt noch einzustellende Belange falsch gewichtet worden. Auch wird deutlich, dass die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Satz 2 JuSchG erwogen hat, ein milderes Mittel als ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzuwenden, welches die Gefährdung für deren geistiges oder seelisches Wohl ausschließt oder wesentlich mindert. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte zwischen den beiden Altersgruppen differenziert, sich also im Rahmen des Schutzzwecks des Jugendschutzgesetzes zum Schutz der Altersgruppe der unter 16-Jährigen im Gegensatz zu der Altersgruppe der 16- bis 17-Jährigen für ein Zutrittsverbot entscheidet; zum anderen ergibt sich dies auch daraus, dass die Beklagte in Ziffer 1. des Bescheidtenors auch das mildere Mittel eines Zutritts unter Begleitung von Personensorgeberechtigten bzw. erziehungsbeauftragten Personen anspricht, aber ausschließt.

Hat aber die Beklagte auf der Grundlage der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG, dass vom Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, ihr Ermessen ordnungsgemäß dahingehend ausgeübt, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen zu untersagen, ist diese Entscheidung und im Zusammenhang damit auch Ziffer 3. des Bescheides, soweit sie sich auf 1. bezieht (vgl. hierzu § 3 Abs. 1 JuSchG), rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Demgegenüber ergibt sich, dass hinsichtlich Ziffer 2. des angegriffenen Bescheides - also hinsichtlich der Bestimmung, dass für 16- und 17-jährige Jugendliche vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen ist - schon aus dem Bescheid selbst, dass keinerlei Ermessenserwägungen vorhanden sind. In der Begründung des Bescheides finden sich keine Ausführungen hierzu. Damit liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor; die Beklagte hat verkannt, dass sie überhaupt ein Ermessen hat (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich nicht, dass und welche Ermessenserwägungen sie eingestellt haben könnte (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18). Da die Beklagte jedoch bei der Anwendung der Vorschrift des § 7 JuSchG zur Ausübung ihres Ermessens nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, handelt sie grundsätzlich rechtswidrig, wenn sie dies verkennt (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Damit kommt auch eine diesbezügliche Ergänzung von Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO im Gerichtsverfahren nicht in Betracht, zumal die Beklagte in ihrem gerichtlichen Vorbringen auch keine Erwägungen zu dieser Problematik angestellt hat.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur dann vor und von einem Ermessensnichtgebrauch ist dann nicht auszugehen, wenn ein nach dem Gesetz von sich aus bestehender Ermessenspielraum im Einzelfall ausnahmsweise auf Null reduziert ist (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18 m. w. N.; Decker in Posser/Wolff, § 114 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null liegt dann vor, wenn angesichts der besonderen Umstände des zu entscheidenden konkreten Falls überhaupt nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei sein könnte (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 6 m. w. N.). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anzunehmen. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, das unter Zugrundelegung der Rahmenbedingungen des Spiels LaserTag und insbesondere der allgemeinen Einweisung aller Spieler vor dem Spiel mittels Video und mittels allgemein gültiger Hinweise der Aufsichtsperson (vgl. hierzu auch die Beschreibung in Ziffer 6.2.7 des Sachverständigengutachtens) sowie der allgemeinen Auswertung auf dem Bildschirm im Eingangsbereich (vgl. Beschreibung in Ziffer 6.2.9 des Sachverständigengutachtens) eine darüber hinausgehende „persönliche Einweisung“ und „persönliche Auswertung“, also eine auf den einzelnen Spieler individuell zugeschnittene und ausschließlich für diesen vorgenommene Einweisung und Auswertung (gleich welchen Inhalts, der im angegriffenen Bescheid nicht näher festgelegt ist) die einzige in Frage kommende Methode wäre, um die vom Spiel LaserTag für das geistige oder seelische Wohl von 16- und 17-Jährigen ausgehende Gefahr i. S. v. § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mindern; zudem ist nicht erkennbar, dass diese Methode zwingend anstelle des gemäß § 7 Satz 1 JuSchG anwendbaren Zutrittsverbots angewendet werden müsste. Dies ergibt sich daraus, dass der vom Gericht bestellte Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar aufgezeigt hat, dass unter Beibehaltung der derzeitigen Rahmenbedingungen mit allgemeiner Einweisung und Auswertung auch eine allgemeine Erläuterung der Möglichkeiten, „ohne Gesichtsverlust“ während des Spieles „auszusteigen“ (also die „Normalisierung des Spielabbruchs“) in Verbindung mit einem Verbot, mit Alkoholeinwirkung am Spiel teilzunehmen, eine realistische Möglichkeit ist, für 16- und 17-Jährige die Gefahr für deren geistiges oder seelisches Wohl gemäß § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mildern.

Da somit hinsichtlich Ziffer 2. des Bescheides zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG, nämlich dass vom in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren ausgeht, gegeben sind, die Beklagte jedoch in dem angefochtenen Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen hinsichtlich ihres hierauf bezogenen Handelns erkennen lässt und damit ermessenfehlerhaft gehandelt hat, erweist sich der Bescheid hinsichtlich seiner Ziffer 2. und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht (§ 3 Abs. 1 JuSchG), als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Aus alledem ergibt sich, dass die Ziffer 2. des Bescheides vom 31. März 2014 (Anordnung einer persönlichen Einweisung vor dem Spiel und einer persönlichen Auswertung nach dem Spiel für Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren) und dessen Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, aufzuheben war. Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides (Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren) und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Die Anordnung kann Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tenor

I.

Ziffer 2 des Bescheides der Stadt Würzburg vom 31. März 2014 wird aufgehoben. Ziffer 3 des Bescheides vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit sie sich auf Ziffer 2 des Bescheides bezieht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin ¾, die Beklagte ¼ zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung LaserTag Würzburg in Würzburg eine LaserTag-Arena. Die Beteiligten streiten um einen Bescheid der Beklagten auf der Grundlage des § 7 JuSchG.

Im Rahmen des von der Klägerin angebotenen Spiels LaserTag spielen in der Regel (je nach Spielmodus) zwei Mannschaften gegeneinander, die in einer abgedunkelten, futuristisch ausgestalteten und mit Hindernissen versehenen Halle innerhalb einer vorgegebenen Zeit versuchen, Mitglieder der anderen Mannschaft mittels von so genannten „Phasern“ ausgesandten Laserstrahlen (eigentlich: Infrarot-Strahlen) an auf Brust, Rücken und Schultern sowie am Phaser befindlichen Sensoren zu „markieren“ und damit möglichst viele Punkte zu erzielen, ohne Punktabzüge durch eigenes „Markiert werden“ durch Mitglieder der gegnerischen Mannschaft hinzunehmen.

Am 17. Februar 2014 fand zwischen der Beklagten und den Geschäftsführern der LaserTag Würzburg eine Besprechung statt, bei der von Seiten der Beklagten Bedenken bezüglich jugendschutzrelevanter Punkte, insbesondere bezüglich der von der Klägerin festgesetzten unteren Altersgrenze von 12 Jahren geäußert wurden. Diese Bedenken versuchte die Klägerin durch Vorlage diverser Unterlagen zu zerstreuen.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 erließ die Beklagte folgende Regelungen:

„1. Der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen wird untersagt. Dies gilt auch für eine etwaige Begleitung Minderjähriger durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen.

2. Für die einzelnen Teilnehmer ist jeweils vor dem Lasergame eine persönliche Einweisung und nach dem Lasergame eine persönliche Auswertung durchzuführen.

3. Der Inhalt dieser Anordnung ist an gut sichtbarer Stelle bekannt zu geben.“

Zudem wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, bei Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 9 JuSchG ein Bußgeld zu verhängen.

Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 7 JuSchG ausgeführt, wesentliches Ziel des Spiels sei das Markieren (Abschießen) der menschlichen Gegner. Die Bezeichnung „Markierung“ statt „Treffer“ erscheine stark verharmlosend. Das Spiel in der LaserTag-Anlage sei als Wettbewerb ausgelegt. Mit dem Ziel, die höchste Punktzahl zu erreichen, fordere das Spiel geradezu dazu auf, „Held“ zu sein und biete so auch Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Gemäß der Ansicht von Dr. Hartmann von der Bundeszentrale für politische Bildung erhöhe ein starker Wettbewerbscharakter das Risiko aggressiver Auswirkungen. Die in der Halle aufgebauten Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfes. Der Einsatz von Nebeleffekten verstärke nicht nur den Laserstrahl der Phaser, sondern auch die Atmosphäre eines Kampfes. Im Vergleich zu Computerspielen mute die Atmosphäre realistisch an, weil sich zwei Menschen körperlich gegenüber stünden, die zugleich als Schützen und als auszuschaltende Kontrahenten fungierten. Durch die futuristische Gestaltung der Waffen und der Halle könne nicht darauf geschlossen werden, dass Jugendliche besser zwischen Spiel und Realität differenzieren könnten. Anders als bei Computerspielen werde durch die körperliche Anstrengung eine intensive Wahrnehmung und ein intensives Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Zusammenhang mit einer Einrichtung einer LaserTag-Arena vor einer Bagatellisierung von Gewalt gegen den Grundsatz der Menschenwürde gewarnt. In Zeiten beschleunigter Modernisierung habe der Jugendschutz verstärkt die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft Einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Kinder und Jugendliche mit fehlender moralischer und sozialer Orientierung seien von Spielen dieser Art am ehesten gefährdet. Nach Einschätzung der Beklagten liege durch die Teilnahme am Lasergame eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit vor und die Teilnahme gefährde das geistige und seelische Wohl von Jugendlichen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet.

Ein Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheids an die Beklagte findet sich in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht.

II.

Mit ihrer am 2. Mai 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, bei der angebotenen Sportart LaserTag handele es sich um eine von mehreren Spielarten, bei denen mit Hilfe von Infrarot-Signalgebern und -sensoren Bewegungs-, Simulations- und Laufspiele organisiert würden. Bei dem von der Klägerin angebotenen Spiel handele es sich nicht um das Spiel „Lasergame“, sondern um ein anderes, davon verschiedenes Spiel unter der Bezeichnung „LaserTag“. Dabei gehe es nicht um das Abschießen menschlicher Gegner; das Spiel fordere nicht dazu auf, Held zu sein und biete keine Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Die Beklagte komme unter unzutreffender Würdigung des Sachverhalts zwangsläufig zu falschen Ergebnissen, dies auch unter Heranziehung der Ausarbeitung von Dr. Hartmann zu völlig anderen Sachverhalten. Damit sei die Beklagte bei Erlass des Bescheides von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Unter Bezugnahme auf ein von der Klägerin vorgelegtes Gutachten von Prof. Dr. Huth-Hildbrandt zu LaserTag ergebe sich, dass LaserTag als teambasierte bewegungsbezogene Aktivität für geschlechtsbezogene Entwicklungsaufgaben im Jugendalter eher stützend wirke als z. B. traditionell ausgeübte Mannschaftssportarten. Auch in der in dem Bescheid zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, bei der es sich um einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof gehandelt habe, gehe es nicht um LaserTag, sondern um Laserdrome. Dies sei eine vom Konzept der Klägerin deutlich unterschiedliche Variante des Laserspiels. Insbesondere gehe es bei LaserTag gerade nicht um „spielerisches Töten“, nicht um die Konfrontation Mensch gegen Mensch und es würden keine Gewaltakte gegen Menschen nachgestellt. Die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag sei ein familienfreundliches Spiel, das frei von realitätsnahen oder gar kriegsähnlichen Situationen sei. Damit schließe sich auch ein Vergleich mit dem so genannten „Paintball-Spiel“ aus, bei dem ein „Treffer“ durch das Platzen einer Farbkugel optisch sichtbar werde. LaserTag finde in einem futuristischen Kontext statt, so dass für die Spieler Distanzierungsmöglichkeiten zur Realität sichergestellt seien. Bereits 12- bis 15-jährigen Jugendlichen werde im Rahmen der Einstufung der Altersfreigabe für Computerspiele nach den Regeln der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) die Fähigkeit zur distanzierten Wahrnehmung und Unterscheidung zwischen Spielfeld und Wirklichkeit in höherem Maße zugetraut als jüngeren Kindern.

Dies bedeute für die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag, dass die unbegründeten Behauptungen der Beklagten die angefochtene Verfügung nicht tragen würden und der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin rechtswidrig sei. Die Beklagte setze sich in der angegriffenen Verfügung nicht mit den Eigenheiten des von der Klägerin veranstalteten Spiels auseinander, sondern übertrage ohne Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Umständen in dem Betrieb der Klägerin den Sachverhalt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2001 unreflektiert auf den Betrieb der Klägerin. Die Teilnahme an der von der Klägerin veranstalteten Sportart LaserTag stelle keine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit dar, sondern sie fördere im Gegenteil die wünschenswerte Entwicklung der Persönlichkeit. Hierzu werde auf das Gutachten der Fachhochschule Frankfurt vom April 2014 verwiesen. Auch der Erziehungswissenschaftler und Aggressionsforscher Dr. P., Universität des Saarlandes, bestätige, dass aus Sicht der entwicklungs- und aggressionspsychologischen Forschung das Spielen von LaserTag keine jugendgefährdenden Gesichtspunkte erfülle. Hierzu werde auf die vorgelegte Stellungnahme Bezug genommen.

Die Beklagte habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG zu Unrecht angenommen und das von § 7 JuSchG eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihrer Berufsfreiheit und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, nach § 7 JuSchG könne die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern oder Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten dürfe, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgehe. Bei der von der Klägerin betriebenen LaserTag-Arena in Würzburg handele es sich unstreitig um einen Gewerbebetrieb. Durch die in der LaserTag-Arena von den Teilnehmern durchgeführten Handlungen gingen Gefährdungen für das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen aus, die eine Altersbeschränkung auf 16 Jahre, also die Untersagung des Zutritts von Personen unter 16 Jahren, erlaubten und vollumfänglich rechtfertigten.

Ziel des Spieles sei nicht verharmlosend das „Markieren“ der menschlichen Gegner, sondern deren Treffen oder Abschießen. Dieses Ziel werde von den Spielern aktiv verfolgt. Damit werde eine Tötungshandlung simuliert. Die „Phaser“ genannten Spielgeräte kämen in Funktionsweise und Aussehen Schusswaffen gleich. Der vom „Phaser“ ausgehende Laserstrahl visiere den Gegenspieler als Schussziel an. Zudem werde er ähnlich einer Pumpgun mit zwei Händen gehalten, Schüsse würden durch das Drücken von Knöpfen ausgelöst, damit stelle der Phaser ein waffenähnliches Gerät dar. Die Ausgestaltung des Spielfeldes erwecke sehr deutlich den Eindruck eines simulierten Nahkampfszenarios, verstärkt von Nebeleffekten, Schwarzlicht und Dunkelheit. Wer die meisten Punkte erziele, gewinne das Spiel. Damit sei es eindeutig als Wettbewerb angelegt. Zudem werde der jeweilige Monatssieger gekürt. LaserTag werde somit in einen gewaltverherrlichenden Zusammenhang gestellt. Realitätsnähe werde dadurch erzeugt, dass sich zwei Gruppen/Teams körperlich gegenüber stünden; durch die körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, was eine Abstraktion beeinträchtige. Der Gegner werde als Mensch und nicht als verfremdetes abstraktes Ziel erkannt. Es gehe also um Kampf und Abschießen, damit sei LaserTag ein kriegsähnliches Spiel. Die von der Klägerin genannten „distanzierenden Elemente“ kämen nicht zum Tragen. Damit gehe von dem Spiel LaserTag eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen im Sinne des § 7 JuSchG aus, wenn sich diese in der LaserTag-Arena aufhielten. Ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts dieser Personengruppe in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Nach Abwägung aller Umstände liege im LaserTag-Kampf eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit durch die Teilnahme am Spiel. Dementsprechend gefährde die Teilnahme am Spiel das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen und es sei somit unter Auslegung und Würdigung der Kriterien der USK eine Zutrittsbeschränkung für unter 16-Jährige gerechtfertigt. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch die Haltung von unter 16-jährigen Kindern und Jugendlichen in einem Beitrag des Bayer. Rundfunks. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken und den Schutzzweck des Jugendschutzrechts gestellt werden.

Die Parteien legten verschiedene gutachtliche Äußerungen vor, die sich mit der Frage einer Jugendgefährdung durch „Laserspiele“ befassen.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2015 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Mit Beschluss vom 10. Juni 2015 erhob das Gericht Beweis über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren an dem von der Klägerin in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag gehe eine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus sowie über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren an dem genannten Spiel gehe nur dann keine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus, wenn für die Jugendlichen vor deren Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt wird, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Gericht beauftragte im Einverständnis mit den Parteien als Sachverständigen Dr. Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.

Zum vom Sachverständigen schriftlich am 5. Februar 2016 erstatteten Gutachten nahm die Klägerseite dahingehend Stellung, sie halte es für ungenügend und für eine Beurteilung der Fragen im Beweisbeschluss untauglich. Sie legte eine Stellungnahme von Dr. P., Fakultät für Empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016 vor und regte die Einholung eines „Obergutachtens“ an.

In der mündlichen Verhandlung am 14. April 2016 erläuterte der Sachverständige sein schriftliches Gutachten ausführlich. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14. April 2016, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 31. März 2014, mit welchem die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2730), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl I S. 3154), Personen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen - auch bei Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt (Ziffer 1. des Bescheides) sowie für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren anordnet, vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen (Ziffer 2. des Bescheides). Zwar ist dem bloßen Wortlaut der Anordnung in Ziffer 2. des Bescheidtenors die Begrenzung der Anordnung auf Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren nicht zu entnehmen; allerdings ergibt sich dies zum einen daraus, dass Personen unter 16 Jahren gemäß Ziffer 1. des Bescheides ohnehin kein Zutrittsrecht haben und der Bescheid auf § 7 JuSchG gestützt ist, der gemäß seinem Wortlaut lediglich auf Kinder und Jugendliche (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG auf Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind) anwendbar ist; zum anderen hat die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2015 klargestellt. Weiterhin bestimmt der angegriffene Bescheid in seiner Ziffer 3., dass der Inhalt der in Ziffer 1. und 2. getroffenen Anordnungen an gut sichtbarer Stelle bekanntzugeben ist.

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Hinsichtlich der in Ziffer 2. getroffenen Anordnung, bei Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, erweist sich der Bescheid vom 31. März 2014 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war der angegriffene Bescheid aufzuheben. Hinsichtlich der in Ziffer 1. getroffenen Anordnung, wonach für Personen unter 16 Jahren der Zutritt zu den Betriebsräumen untersagt wird sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war die Klage abzuweisen.

Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 7 JuSchG. Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann gemäß § 7 Satz 1 JuSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Nach § 7 Satz 2 JuSchG kann die Anordnung Altersbeschränkungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass von einem Gewerbebetrieb - und ein solcher ist im vorliegenden Fall der LaserTag-Arena unstreitig gegeben - eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG von Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind) oder von Jugendlichen (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 JuSchG von Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind), ausgeht. Eine derartige Gefährdung ist anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird. Die Gefahr muss nicht unmittelbar drohen, sondern es genügt, dass Kinder und Jugendliche an den fraglichen Orten nach Kenntnis der Behörde einer solchen dauernd oder zeitweise ausgesetzt sind (Liesching in Erbs/Kohlhaas, strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2015, § 7 JuSchG, Rn. 4 m. w. N.). In diesem Zusammenhang ist eine Gefahrenprognose zu erstellen. Deren Grundlage müssen ausreichende und tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungen des täglichen Lebens, das Erfahrungswissen von Polizeibeamten oder Sozialarbeitern oder wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sein (Liesching, a. a. O., Rn. 5). Der Begriff der Gefährdung in § 7 JuSchG kann mit dem Begriff der Jugendbeeinträchtigung im Sinn des § 14 Abs. 1 JuSchG gleichgesetzt werden, also mit der Gefahr, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt wird (Gutknecht in Nikles/Roll/Spürck/Erdemir/Gutknecht, Jugendschutzrecht, 3. Aufl. 2011, § 7 JuSchG Rn. 6 m. w. N.). In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Frage, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt wird, die Grundsätze der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH, 21. Fassung vom 1. Dezember 2012, heranziehbar (FSK-Grundsätze). Nach deren § 18 Abs. 2 wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Fantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 FSK-Grundsätze; vgl. hierzu auch Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG Rn. 6). Als Wertmaßstäbe sind in diesem Zusammenhang die Grundwerte der Verfassung zu beachten, insbesondere die Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG (Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG, Rn. 5 m. w. N.; BVerwG, B. v. 24.10.2001 - 6 C 3/01 - BVerwGE 115, 189 ff.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf den Gedanken in Ziffer 2.2 der Leitkriterien der USK für die jugendschutzrechtliche Bewertung von Computer- und Videospielen, beschlossen und in Kraft gesetzt durch den Beirat der Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH - USK - (USK-Kriterien) vom Juni 2011 hinzuweisen. Nach diesem verallgemeinerungsfähigen Gedanken ist nicht nur auf den durchschnittlichen, sondern auch auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen, wobei aber Extremfälle auszunehmen sind (vgl. hierzu auch Ziffer 2.4 USK-Kriterien).

Bei der in § 7 Satz 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist.

Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem von der Klägerin im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen sowohl im Alter unter 16 Jahren als auch im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht, dem es an diesbezüglicher eigener Fachkompetenz fehlt, auf der Grundlage des vom Gericht mit Beweisbeschluss vom 10. Juni 2015 in Auftrag gegebenen, am 5. Februar 2016 schriftlich erstatteten und in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 mündlich erläuterten Gutachten des Sachverständigen, Dipl. Psychologen Dr. Florian Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V..

Aus dem Gutachten ergibt sich Folgendes:

Für die Beantwortung der Beweisfragen hat der Sachverständige zunächst auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Akten des Gerichts und der Beklagten den bisherigen Sachverhalt einschließlich der unterschiedlichen Sichtweisen der Parteien dargestellt. Sodann hat er die im Beweisbeschluss des Gerichts enthaltenen juristischen Tatsachenfragen in die psychologische Fragestellung „übersetzt“, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Kinder und Jugendliche im Alter unter 16 Jahren bzw. Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren durch ihre Teilnahme am Spiel LaserTag im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung gefährdet werden können (Ziffer 3. des Gutachtens).

Nach Ansicht des Sachverständigen wären die beiden genannten Personengruppen aus psychologischer Perspektive dann in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, wenn das Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung aufweist. Zudem ist eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung dann gegeben, wenn es bei der Teilnahme am Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen dadurch kommt, das die im Spiel dargebotenen Reize starke Angstreaktionen auslösen können und gleichzeitig keine hinreichenden Möglichkeiten bestehen, das Spiel abzubrechen (Ziffer 4. des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung hat, hat der Sachverständige eine Risikoprognose auf der Grundlage des General Aggression Model (im Folgenden: GAM) erstellt. Diese Entscheidung hat er auf der Grundlage der Erkenntnis getroffen, dass es bislang international keine veröffentlichten empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen von LaserTag- oder LaserGame-Angeboten auf Kinder und Jugendliche gibt (Ziffer 2.2 des Gutachtens). Zudem hat er festgestellt, dass es zu gewalthaltigen Computerspielen zwar vielfältige und ausdifferenzierte Studien gibt, dass diese Forschungsergebnisse jedoch nicht unmittelbar auf den hier zu beurteilenden Gegenstand übertragen werden können, weil trotz mancher Ähnlichkeiten beide Spielformen insbesondere Unterschiede hinsichtlich der realweltlichen, wenngleich fiktional gestalteten Spielumgebung, hinsichtlich der körperlichen Aktivität in der Spielarena und der fehlenden visuellen Untermalung von Gewaltfolgen aufweisen (Ziffern 2.2 und 2.2.1 des Gutachtens). Als Grundlage für die wegen des Fehlens verwendbaren empirischen Materials erforderliche Risikoprognose hat sich der Sachverständige für das GAM entschieden, nach Mitteilung des Sachverständigen ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorien in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (mit Verweis auf Anderson & Dill, 2000; Bushman & Anderson, 2002).

Auf der Grundlage dieses Modells berücksichtigt der Sachverständige kurzfristige und langfristige Wirkmechanismen.

Im Rahmen der kurzfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn der aktuelle innerpsychische Erlebniszustand im Rahmen situativer oder personenbezogener Input-Variablen durch eine kognitive, eine affektive und eine psychophysiologische Aktivierungskomponente beeinflusst wird. Im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn die wiederholte Nutzung gewalthaltiger Spiele zu einer Ausdifferenzierung und Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen führt. Dies kann nach den Ausführungen des Sachverständigen durch fünf voneinander unabhängige Wirkmechanismen geschehen: Durch die Verstärkung (1) aggressiver Überzeugungen und Einstellungen, (2) aggressiver Wahrnehmungsschemata, (3) feindseliger Attributionstendenzen und (4) aggressiver Verhaltensskripte sowie durch (5) eine aggressionsbezogene Desensibilisierung (vgl. zu allem: Ziffer 2.2.2 und Ziffer 4. [am Ende] des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob das Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen auf der Grundlage starker Angstreaktionen führt, hat der Sachverständige - wie er in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - allgemeine psychologische Überlegungen herangezogen.

Zur Beantwortung der Beweisfragen auf dieser Grundlage hat der Sachverständige die Akte des Gerichts sowie die Akte der Beklagten herangezogen und eine Ortsbegehung in der LaserTag-Arena Würzburg vorgenommen, die eine Vorstellung des Spielangebots durch Standortleitung und Geschäftsführung ohne Kundschaft, eine passive Beobachtung des Spielbetriebs mit Kunden, halbstrukturierte Interviewfragen an die Standortleitung und Geschäftsführung, eine teilnehmende Beobachtung am Spiel mit Kunden sowie eine Fotodokumentation der wesentlichen Ausstattungsmerkmale der LaserTag-Arena beinhaltet (vgl. Ziffern 5. und 6. des Gutachtens).

Auf dieser Basis beantwortet der Sachverständige die Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine Gefährdung des geistigen oder seelischen Wohls von Kindern und Jugendlichen ausgeht, wie folgt:

Die Teilnahme am Spiel LaserTag erzeugt einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand. Dies ergibt sich daraus, dass die Teilnahme zu aggressiven Gedanken und Gefühlen führt und psychophysiologisch aktiviert. Die Erzeugung aggressiver Gedanken und Gefühle basiert auf der Waffenähnlichkeit des Phasers, die impliziert, dass aggressives Verhalten in dieser Situation angemessen ist. Das Spiel belohnt und fördert das Verhalten, andere Spieler simuliert zu beschießen, aus psychologischer Sicht selbst eine aggressiv erlebte Verhaltensweise. Dem stehen die entmilitarisierten Begrifflichkeiten und die abstrakte futuristische Spielumgebung nicht entgegen. Die simulierte Ausübung aggressiver Handlungen ist alternativlos, um das Spiel gewinnen zu können. Dies lässt darauf schließen, dass LaserTag kognitiv und emotional als ein Bedrohungs- bzw. Gefahrenszenario verarbeitet wird. Die psychophysiologische Aktivierung kommt durch die intensive körperliche Beanspruchung in Verbindung mit Zeit- und Handlungsdruck im Sinne eines Stresserlebens zustande (vgl. Ziffer 7.1 des Gutachtens).

Die Teilnahme am Spiel LaserTag bewirkt eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der wiederholten Teilnahme am Spiel zu einer Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen sowie zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte kommt, obwohl eine Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und eine Verstärkung feindseliger Attributionstendenzen sowie eine aggressionsbezogene Desensibilisierung nicht festgestellt werden können.

Die Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen ergibt sich daraus, dass spielerisch simulierte Aggression die einzige Möglichkeit ist, das Spiel zu gewinnen. Es kommt zu zahlreichen Einzelkonfrontationen gegnerischer Spieler, die derjenige gewinnt, der zuerst bzw. zielgenauer eine Markierung abgibt (schießt). Damit ist der „aggressivere“ Spieler der erfolgreichere Spieler. Kompromissbereitschaft und anderweitige Formen prosozialen Verhaltens werden nicht gefördert. Diesbezüglich kann die Zusammenarbeit im Spielteam aus lernpsychologischer Sicht nicht als prosoziale Handlung wirksam werden. Dies gilt auch unter der Prämisse, dass lediglich bestimmte aggressive Haltungen nach den Spielregeln legitimiert sind und die Spieler reflektieren können, dass ihre Handlungen nicht tatsächlich zu Schäden beim Gegenspieler führen (vgl. Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens).

Die Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte ergibt sich daraus, dass das Spiel LaserTag eine bewaffnete Gefechtssituation simuliert, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte. Demgegenüber verfügen Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht über differenzierte kognitive Skripte darüber, welche Ereignisse in einer Gefechtssituation tatsächlich erwartet werden können. Das Spiel erscheint geeignet, kognitive Skripte zu bewaffneten Gefechtssituationen zu lernen, zu festigen und weiter auszudifferenzieren, dies auch auf der Grundlage elektronischer Rückmeldungen über Erfolge und Misserfolge. Diese intensivieren den Lernerfolg. Zwar werden diese Lernerfahrungen durch einige Verfremdungen in der Benutzung des Phasers und bezüglich der möglichen Trefferflächen beim gegnerischen Spieler begrenzt werden; jedoch ist gerade bei Personen, die keinerlei Erfahrungen mit solchen Spielen haben, zu erwarten, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit aggressive Verhaltensskripte erlernt werden, zu denen bislang allenfalls rudimentäre Lernerfahrungen vorliegen. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um besonders kritische aggressive Verhaltensskripte handelt, die das Verhalten in einem bewaffneten Gefecht zum Gegenstand haben (vgl. Ziffer 7.2, B4 des Gutachtens).

Hinsichtlich der Ausführungen zum Fehlen der Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und feindseliger Attributionstendenzen sowie zum Fehlen aggressionsbezogener Desensibilisierungen wird auf Ziffer 7.2, B2, B3 und B5 des Gutachtens Bezug genommen.

Die Fragestellung, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag die psychische Gesundheit der genannten Personengruppe gefährdet, beantwortet der Sachverständige wie folgt:

Aufgrund eingeschränkter Sichtverhältnisse wegen Dunkelheit, Nebels und Hindernissen, aufgrund der Hintergrundmusik und aufgrund des allgemeinen Kampfgeschehens kann ein Bedrohlichkeitsgefühl erzeugt werden. Spieler können unvorhergesehen auf Gegenspieler, insbesondere auch auf körperlich deutlich überlegenere und nicht vertraute erwachsene Gegner treffen oder gar von mehreren Gegenspielern eingekreist werden und erschrecken. Bei psychisch vulnerablen Spielern ist damit davon auszugehen, dass das Spielangebot deutliche Angstreaktionen auslösen kann. Zwar wird das Angstpotenzial durch die Anwesenheit einer Aufsichtsperson in der Arena abgeschwächt; diese ist jedoch nicht immer direkt zu finden. Zudem erscheint es möglich, dass Spieler im Falle einer starken Angstreaktion nicht mehr in der Lage sind, einen Ausgang selbstständig aufzusuchen. Weiterhin gibt es keinen „Panik- oder Abbruchknopf“. Damit ist nicht sichergestellt, dass sich Spieler dem Spielgeschehen unmittelbar entziehen können. Zudem besteht kein hinreichender kommunikativer Rahmen für den Abbruch des Spiels. Damit weist das Spiel in seiner derzeitigen Konzeption eine hohe Reizintensität auf, die zumindest vulnerable Spieler emotional überfordern und bei diesen zu starken Angstreaktionen führen kann (vgl. Ziffer 7.3 des Gutachtens).

Abschließend differenziert der Sachverständige hinsichtlich der Intensität der festgestellten Auswirkungen des Spiels auf das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits.

Hinsichtlich Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber das Wirkpotential des Spiels im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen für diese Altersgruppe als hoch relevant einzuschätzen ist. Zudem kommt er zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich des affektiven Wirkpotenzials bei dieser Altersgruppe noch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass starke Angstreaktionen erlebt werden, allerdings wird nur ein kleinerer Teil der Spieler von stärkeren Angstreaktionen betroffen sein.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass aus psychologischer Sicht insgesamt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegt, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann.

Hinsichtlich der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass auch hier die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes als altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber die Gefährdung dieser Altersgruppe im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen als geringer einzuschätzen ist als in der anderen Altersgruppe. Dies gilt für normal entwickelte Jugendliche; demgegenüber kann insbesondere für risikobehaftete Jugendliche eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden. Das affektive Wirkpotenzial ist nach Ansicht des Gutachters geringer einzuschätzen als bei der jüngeren Altersgruppe, allerdings kann auch für die Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen nicht ausgeschlossen werden, dass vulnerable Spieler starke Angstreaktionen entwickeln.

Damit kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Teilnahme von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren am Spiel nicht vertretbar erscheint, wenn das Angebot den Gefährdungen insbesondere risikobehafteter Jugendlicher nicht wirksam begegnet.

Als Rahmenbedingungen für die wirksame Begegnung der genannten Gefährdung bezeichnet der Sachverständige neben der grundsätzlichen Beibehaltung der derzeit schon vorhandenen Rahmenbedingungen wie Eingangsinstruktion, Fairnessregeln, Spielaufsicht, Gestaltung der Spielarena, Bekleidungsvorschriften, Beschaffenheit der Spielausrüstung, angebotene Spielformen und Spielauswertung zwei weitere Maßnahmen als notwendig, um die genannten Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können: Zum einen muss ein Spielabbruch „normalisiert“ werden, also als Handlungsweise beschrieben werden, bei der keine soziale Abwertung zu befürchten ist, einschließlich der Erstattung der Kosten für die Teilnahme. Zum anderen darf vor dem Spiel kein Alkohol an 16- und 17-Jährige ausgeschenkt werden, weil Alkoholkonsum enthemmtes Verhalten begünstigen kann, wodurch die Wahrscheinlichkeit für unfaires und aggressives Verhalten im Spiel steigt.

Unter Einhaltung dieser Prämissen gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass zwar hinsichtlich der Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann, dass aber dieser Gefährdung durch eine persönliche Einweisung und Auswertung, die auch eine Normalisierung des Spielabbruches und das Verbot des Alkoholausschanks umfasst, wirksam begegnet werden kann.

Das Gericht hat das Gutachten des Sachverständigen überprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gutachten die Fragestellungen des Beweisbeschlusses des Gerichts inhaltlich richtig aufnimmt und sie adäquat und für das Gericht nachvollziehbar mit einem psychologischen Hintergrund aufarbeitet und spezifiziert, sozusagen in psychologische Fragestellungen „übersetzt“.

Zwar hat die Klägerseite diesbezüglich in Frage gestellt, ob Aggression überhaupt ein Zustand ist, der zwangsläufig eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl bedeutet. Allerdings ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass eine Steigerung der Aggressivität aus psychologischer Sicht die Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, weil es unabhängig von den Ausführungen der Klägerseite zu „positiver Aggression“ im vorliegenden Fall um die Frage geht, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine stärkere Konfliktbereitschaft, normabweichendes Verhalten und die automatisierte Verfügbarkeit inadäquater aggressiver Reaktionen zur Folge haben kann.

Das Gericht hat sich weiterhin davon überzeugt, dass der Sachverständige die richtige Grundlage bzw. Methode zur Beantwortung der Beweisfragen angewendet hat. Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass mangels vorhandener empirischer Erkenntnisse die Beantwortung der Beweisfragen aufgrund eigener empirischer Forschung hierzu mit einem Zeitaufwand von etwa fünf Jahren und Kosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verbunden wäre. Auf dieser Grundlage erachtet das Gericht die Entscheidung des Sachverständigen als sachgerecht, auf die Durchführung eigener empirischer Studien zur Beantwortung der Beweisfrage zu verzichten, da deren Zeit- und Kostenumfang in keinerlei angemessenem Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei (vgl. hierzu den festgesetzten Streitwert) steht und dem Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits in einem zeitlich angemessen Rahmen (vgl. hierzu auch den Rechtsgedanken des § 198 GVG) widerspricht. Unter dieser Voraussetzung geht auch die Rüge des Klägerbevollmächtigten, der Sachverständige habe keine Messungen zur Feststellung von Erregung und Aggression an den Spielenden vorgenommen, ins Leere.

Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass empirische Studien zur Beantwortung der Beweisfragen nicht in Betracht kommen, hat der Sachverständige zu Recht eine Risikoprognose erstellt; eine Alternative hierzu ist weder von der Klägerseite genannt worden noch für das Gericht erkennbar.

Zu Recht hat der Sachverständige der Risikoprognose das GAM zugrunde gelegt. Zur Begründung und für das Gericht nachvollziehbar hat der Sachverständige sowohl im schriftlich erstatteten Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass das GAM ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens darstellt, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorie in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (Ziffer 2.2.2 des Gutachtens). Damit hat er nachvollziehbar deutlich gemacht, dass das GAM insbesondere auch für die Beurteilung von Aggressionen in bislang diesbezüglich nicht erforschten Bereichen anwendbar ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Lexikon der Psychologie von Dorsch zum Stichwort GAM (https://portal.hogreve.com/dorsch/general-aggression-model/; abgerufen am 12.4.2016). Nach dessen Ausführungen wurde das GAM bisher angewendet auf die Erklärung der aggressionserhöhenden Wirkung von Mediengewaltkonsum, extremen Temperaturen, Schmerzen etc. und wurde kürzlich theoretisch erweitert, u. a. bezüglich seiner Anwendbarkeit auf Gewalt in intimen Beziehungen und Gewalt zwischen Gruppen. Dies macht deutlich, dass das GAM nicht allein auf gewalthaltige Computerspiele anwendbar ist.

Auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen, dass das GAM auf 40 Jahre Lernpsychologie zurückgeht, hat er nachvollziehbar dargelegt, dass sich dies auf die lernpsychologischen Grundlagen bezieht und somit nicht zu befürchten ist, dass das GAM wegen Zeitablaufs nicht mehr gültig sein könnte.

Demgegenüber kann das Gericht auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen nicht den Ausführungen der Klägerseite folgen, das GAM werde dazu genutzt, vorhandene Aggressionen zu erklären und sei deshalb nicht aussagekräftig für Spieler, die nicht aggressiv seien.

Nicht nachvollziehbar ist die von der Klägerseite vorgelegte Stellungnahme des Dr. Christoph P., Fakultät für empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016, Grundannahme des GAM sei, dass wiederholtes Spielen von gewalthaltigen Videospielen zu einer schleichenden Veränderung in Persönlichkeit und Verhaltensaspekten führen können. Dies ist, wie sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen (vgl. oben) ergibt, eine zunächst (zu) eingeengte Sichtweise.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, dass GAM bzw. der Sachverständige berücksichtige nicht bzw. unzureichend, dass hinsichtlich aggressiven Verhaltens nicht nur die Lerneffekte, sondern auch die Frage nach einer aggressiven Persönlichkeit eine Rolle spielten. Dies hat der Sachverständige im Rahmen des GAM berücksichtigt (vgl. z. B. Ziffer 2.2.2, 2. Absatz des Gutachtens).

Nicht nachvollziehbar ist die nicht im Einzelnen erläuterte Meinung von Dr. P., der Sachverständige verneine die Existenz wichtiger Teilkomponenten des GAM und ziehe stattdessen „verallgemeinerte Schlussfolgerungen“. Nicht nachvollziehbar ist weiterhin die Darlegung von Dr. P., das GAM sei kein Modell, dessen Pfade im Sinne einer „oder- Verbindung“ gesehen werden dürften, sondern die Kombination aller Faktoren zeige die Gefahren auf, die bei wiederholtem Spielen entstehen könnten. Denn nachvollziehbar legt der Sachverständige in seinem Gutachten (Ziffer 2.2.2) dar, dass die fünf aufgezeigten langfristigen Wirkmechanismen unabhängig voneinander zur Ausbildung einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur beitragen; in der mündlichen Verhandlung hat er dargestellt, dass ein einziger Wirkpfad hinreichend ist, dass aber der Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung umso gravierender sein kann, je mehr Wirkpfade vorhanden sind, wobei es auch auf die Intensität des Wirkpfades ankommt. Dem konnte die Klägerseite nichts entgegensetzen.

Zu der Behauptung von Dr. P., dass GAM sei nur für das wiederholte Spielen gewalthaltiger Spiele gedacht, die Grundannahmen „wiederholt“ und „gewalthaltig“ seien hier jedoch nicht zu finden, hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dahingehend Stellung genommen, es sei nicht quantifizierbar, wie oft bzw. regelmäßig LaserTag gespielt werden müsse, damit die langfristigen Wirkmechanismen einsetzten. Er hat erläutert, dass jede einzelne Spielrunde einen Lernimpuls setzt. Je mehr man sich dem aussetzt, je öfter man also spielt, umso mehr werden - so der Sachverständige - die Lerneffekte gefestigt. Dies bedeutet aber, dass schon eine einzige Spielrunde zu langfristigen Lerneffekten führen kann.

Damit konnte die Klägerseite das Vorgehen des Sachverständigen, als Methode zur Beantwortung der Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung ausgeht, das GAM heranzuziehen, nicht substantiiert in Frage stellen.

Hinsichtlich der Beurteilung der Gefährdung der psychischen Gesundheit auf der Grundlage der Angstproblematik hat sich der Sachverständige nachvollziehbar auf allgemeine psychologische Grundsätze und Überlegungen gestützt. Dies haben die Parteien nicht in Frage gestellt.

Der Sachverständige hat mit den Akten des Gerichts und der Beklagten sowie mit der Ortsbegehung alles Material zu Beantwortung der Beweisfragen herangezogen, das ihm zur Verfügung stand. Demgegenüber rügt die Klägerseite den aus ihrer Sicht zu kurzen Aufenthalt des Sachverständigen in der LaserTag-Arena Würzburg, ohne allerdings benennen zu können, welche zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse der Sachverständige bei einem längeren Aufenthalt hätte gewinnen können. Zu Unrecht rügt in diesem Zusammenhang Dr. P. für die Klägerseite, der Sachverständige habe es versäumt, Interviews mit Spielern durchzuführen; eine derartige Gewinnung von Material wäre allenfalls im Rahmen einer empirischen Untersuchung sinnvoll, die aber, wie oben ausgeführt, nicht durchzuführen war.

Der Sachverständige hat die Beweisfragen für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet.

Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen die beiden Bereiche „aggressivitätssteigernde Wirkung von LaserTag“ und „Gefährdung der psychischen Gesundheit“ (Angstproblematik) unabhängig voneinander geprüft hat. Er hat dargelegt, dass eine Prüfung von Wechselwirkungen beider Bereiche ohne empirische Daten problematisch ist. Damit gelangt der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass unabhängig voneinander sowohl eine aggressivitätssteigernde Wirkung des Spiels als auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit vorliegt und beide Erkenntnisse gleichermaßen Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen waren.

Weiterhin hat er hinsichtlich der Frage nach dem Begriff der „Verstärkung“ im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen des GAM überzeugend dargelegt, dass dieser Begriff nicht darauf hinweist, dass schon eine Aggressivität vorhanden sein muss. Er hat ausgeführt, dass bestimmte aggressive Überzeugungen sowohl neu angelegt als auch verstärkt werden können. Der Begriff Verstärkung meint eine stärkere Ausbildung der bestimmten aggressiven Überzeugung.

Auf die Frage, wie oft ein Kind/ein Jugendlicher das Spiel LaserTag spielen muss, damit die langfristigen Wirkmechanismen greifen, hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass dies nicht quantifizierbar ist, sondern dass jede Spielrunde einen - auch langfristigen - Lernimpuls setzt und dass wiederholtes Spielen diese Lerneffekte festigt, ohne dies quantifizieren zu können. Hierfür wären langwierige und kostenaufwändige Längsschnittstudien erforderlich.

Die Klägerseite rügt, der Sachverständige habe den Einfluss der Distanzierung von Gewalt- und Kriegsbegrifflichkeiten beim Spiel LaserTag im Rahmen des Ergebnisses nicht hinreichend gewürdigt. Dies kann das Gericht nicht nachvollziehen. Es wird auf Ziffern 7.1 A1 und 7.2 B4 des Gutachtens Bezug genommen, insbesondere aber auch Ziffer 7.4 (am Ende) verwiesen, wo der Sachverständige ausdrücklich darauf hinweist, dass seine Beurteilung nur unter der Voraussetzung gilt, dass die bisherigen Rahmenbedingungen, zu denen beispielsweise auch die entmilitarisierte Sprache gehört, beibehalten werden.

Unbehelflich sind die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zu der Frage, ob der Gutachter die englischen Begriffe „You are hit“, „recharge“ und „base“ falsch verstanden hat; denn der Sachverständige legt Wert auf eine Beibehaltung der entmilitarisierten Sprache und berücksichtigt die genannten Begriffe nicht zulasten der Klägerseite bei der Beantwortung der Beweisfragen.

Zu Unrecht stellt der Klägerbevollmächtigte die Erkenntnis des Sachverständigen in Frage, der Phaser sei waffenähnlich. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung seine Erkenntnis nachvollziehbar erläutert und insbesondere darauf hingewiesen, dass zwischen der Nachbildung einer Waffe und der Waffenähnlichkeit unterschieden werden muss. Demgegenüber können die von der Klägerseite vorgebrachten Beispiele von Gegenständen, die dann auch „waffenähnlich“ wären (Diktiergerät, Handstaubsauger, Handfön, Bohrmaschine) nicht überzeugen.

Zu Recht und entgegen der Meinung der Klägerseite lässt der Sachverständige bei der Beantwortung der Beweisfragen den Einwurf außer Acht, dass deren Beantwortung im Sinne der Beklagtenseite zu Umsatzeinbußen der Klägerin und zum Verlust von Arbeitsplätzen führt. Dies hat mit der Tatsachenfrage, die der Sachverständige zu beantworten hatte, nichts zu tun.

Die von der Klägerseite gerügten „Zirkelschlüsse“ des Sachverständigen werden nicht im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt, sondern als bloße Behauptung in den Raum gestellt.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, hinsichtlich Spielabschluss und Auswertung gebe es keinen Zwischenbefund. Hierzu äußert sich der Sachverständige unter Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens nachvollziehbar.

Die Rüge von Dr. P., der Sachverständige verkenne den „Waffeneffekt“ (vgl. Stellungnahme vom März 2016, Ziffer 2.6.1) nämlich den Effekt, dass Waffen mit Aggression assoziiert würden, geht aus Sicht des Gerichts ins Leere, insbesondere seine Vergleiche mit den Waffen aus den Sportarten Fechten oder Bogenschießen. Zudem ist sein Zweifel, ob der Waffeneffekt auch in der deutschen Kultur verankert sei, nicht weiter belegt und damit nicht nachvollziehbar.

Zu Unrecht rügt Dr. P., der Sachverständige ziehe den Schluss, dass eine psychophysiologische Erregung „automatisch zu konkret aggressivem Verhalten führen muss“. Diese Aussage ist im Gutachten nicht enthalten.

Weiterhin rügt Dr. P., der Sachverständige widerspreche sich im Rahmen der Beurteilung des Punktes „Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte“, indem er einerseits behaupte, LaserTag simuliere eine bewaffnete Gefechtssituation, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte und andererseits feststelle, aufgrund des hohen Abstraktionsgehaltes lägen keine Parallelen zu realen Schauplätzen vor, die der Alltagserfahrung von Kindern und Jugendlichen entsprächen. Demgegenüber legt der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich die Gründe für seine Beurteilung dar und weist insbesondere auf die Begrenzung der Lernerfahrungen durch die Verfremdungen hin. Damit und mit den entsprechenden Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass auch das in einer verfremdeten Umgebung gelernte Verhalten im Rahmen einer Gefechtssituation zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte führen kann.

Zu Recht führt Dr. P. im Rahmen seiner Stellungnahme zum affektiven Wirkpotenzial aus, dass die Aussage nicht generalisiert werden könne, die Spielatmosphäre beim Spiel LaserTag könne durchaus geeignet sein, bei jüngeren Kindern Angst zu erzeugen. Diese Aussage trifft der Sachverständige aber auch nicht. Demgegenüber begründet Dr. P. seine Empfehlung, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern spielen zu lassen, als gegenüber dem Zutrittsverbot milderes Mittel nicht nachvollziehbar. Denn auch Eltern können nicht zuverlässig beurteilen, ob Kinder in der Spielsituation in einen Angstzustand geraten können oder nicht.

Zu Recht und für das Gericht nachvollziehbar differenziert der Sachverständige im Rahmen von Ziffer 7.4 seines Gutachtens zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Die dabei zugrunde gelegten Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits decken sich mit den Ausführungen zu diesen Altersgruppen in Ziffer 3. der USK-Leitkriterien.

Nicht folgen kann das Gericht den Ausführungen der von der Klägerseite eingebrachten Äußerung von Dr. P. hinsichtlich der altersspezifischen Wirkhypothesen, die die Darlegungen des Sachverständigen mit dem Argument in Frage stellen wollen, jüngere Kinder seien nicht unbedingt für aggressive Reize sensibler als ältere Kinder. Diese Argumentation geht schon deswegen ins Leere, weil sie sich allein mit Kindern, also mit unter 14-Jährigen beschäftigt, während der Sachverständige seine Ausführungen entsprechend der Beweisfrage auf die Gruppe der 12- bis 15-jährigen bezieht, also auf (wohl im Sinne des Dr. P.) ältere Kinder und jüngere Jugendliche. Deshalb sind auch die weiteren Ausführungen von Dr. P. zu „jüngeren Kindern“ unbehelflich.

Auch dessen Ausführungen, lediglich ca. 7% der „Kinder im Alter unter 17 Jahren“ wiesen ernsthafte aggressive Störungen auf, sind zum einen nicht nachvollziehbar (die Kindeseigenschaft endet gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG mit der Vollendung des 14. Lebensjahrs) und stellen zum anderen die Ausführungen des Sachverständigen nicht in Frage.

Auch die Ausführungen der Klägerseite zu den Chancen, die das Spiel LaserTag für Personen in der hier relevanten Entwicklungsphase für deren positive kognitive und soziale Entwicklung bietet, können das Gutachten des Sachverständigen nicht in Frage stellen. Zu der Frage, ob die Zusammenarbeit im Spiel-Team aus lernpsychologischer Sicht als prosoziale Haltung wirksam werden kann, hat sich der Sachverständige in Ziffer 7.2.1 seines Gutachtens nachvollziehbar geäußert.

Um das Gutachten des Sachverständigen zu erschüttern, legte die Klägerseite zudem das Ergebnis einer im Zeitraum vom 8. bis 15. März 2016 durchgeführten anonymen Online-Befragung von LaserTag-Spielern vor, an der insgesamt 108 Personen, hiervon 16 Personen im Alter von unter 16 Jahren und 13 Personen im Alter von 16 bis 17 Jahren teilgenommen haben. Die in der Umfrage gestellten Fragen beziehen sich auf die Feststellungen des Sachverständigen. Grundsätzlich mag eine Umfrage Teil einer notwendigerweise breit angelegten empirischen Studie sein; eine derartige Umfrage allein, die zudem aufgrund der geringen Anzahl der Teilnehmenden aus den relevanten Altersgruppen nicht repräsentativ sein kann, ist als Mittel zur Bewertung der hier relevanten Frage, ob durch die Teilnahme am Spiel LaserTag das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen gefährdet ist, schon vom Ansatz her nicht geeignet. Zudem hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass denjenigen Personen, die am Spiel LaserTag teilnehmen, die Wirkmechanismen nicht bewusst werden; das heißt, dass die vom Sachverständigen festgestellten Lerneffekte von den Spielenden nicht verbalisiert werden können. Schon deswegen ist eine Befragung wie die von der Klägerseite vorgelegte nicht einmal ansatzweise dafür geeignet, das Sachverständigengutachten in Frage zu stellen. Nicht nachvollziehbar sind im Übrigen auch einzelne Schlussfolgerungen von Dr. P. aus den Ergebnissen der Online-Befragung, wie z. B. diejenige, dass Personen unter 16 Jahren Spiele wie FIFA oder Mindcraft bevorzugen, damit keine Interesse an Gewaltspielen haben und deshalb auch nicht als Zielgruppe für das GAM infrage kommen.

Der abschließenden Bewertung in der Stellungnahme von Dr. P., das Gutachten des Sachverständigen argumentiere einseitig und lasse eine wissenschaftlich angebrachte Objektivität vermissen, kann das Gericht nicht folgen.

Im Rahmen der Bewertung des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen sind zudem die schon im Vorfeld der Beweiserhebung von den Parteien vorgelegten fachlichen Stellungnahmen in den Blick zu nehmen.

Die Klägerseite hat ein „Gutachten zu LaserTag als Sport- und Spielevent im Jugendalter“ vom 1. April 2014 der Professorin für Theorien, Konzepte und Methoden sozialer Arbeit, Dr. Huth-Hildebrandt von der Fachhochschule Frankfurt am Main, Bereich Sozialwissenschaften, vorgelegt. Dieses ist schon deshalb für die Beantwortung der Beweisfragen und damit auch für die Beurteilung des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens nicht verwendbar, weil es sich dem Spiel LaserTag aus sozialpädagogischer Perspektive nähert (vgl. Gutachten vom 1.4.2014, S. 17, Fazit) und nicht, wie im vorliegenden Fall erforderlich, aus psychologischer Sicht. Verwendbare Ansätze von Antworten auf die vom Gericht gestellten Beweisfragen sind in dem Gutachten nicht enthalten.

Die Stellungnahme von Dr. P. vom 7. April 2014, die die Klägerseite vorgelegt hat, geht nicht über die Inhalte seiner Stellungnahme vom März 2016 hinaus, die bereits oben in die Entscheidungsfindung des Gerichts einbezogen worden ist.

Die von der Klägerseite vorgelegte Ausarbeitung „Einstieg: Machen Computerspiele gewalttätig?“ des Dipl.-Medienwissenschaftlers Dr. Thilo Hartmann vom 7. August 2007 bezieht sich ausschließlich auf gewalthaltige Computerspiele und ist deshalb für den vorliegenden Fall nur insoweit verwendbar, als es die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zum GAM bestätigt.

Die von der Beklagtenseite vorgelegte „Stellungnahme zu potenziellen Auswirkungen von LaserGame auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“ des Priv. Doz. Dr. Lenhardt von der Universität Würzburg, Lehrstuhl Psychologie IV vom 1. Januar 2014/13. Mai 2014 lässt nicht eindeutig erkennen, ob sie sich tatsächlich mit dem hier maßgeblichen Spiel LaserTag beschäftigt, da sie von „Lasergame“ spricht. Allerdings sind dieser Stellungnahme Ausführungen zum GAM zu entnehmen, die sich mit denjenigen des gerichtlich bestellten Sachverständigen decken.

Auf der Grundlage dieser Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, die Fragestellungen des Gerichts richtig aufgreift, die richtige Methode zur Beantwortung der Fragen wählt, sämtliche zur Verfügung stehenden Materialien und Erkenntnismittel hinsichtlich des konkreten Falls berücksichtigt und die Fragen des Gerichts nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet. Es ist dazu geeignet, dem Gericht den notwendigen Sachverstand hinsichtlich der Tatsachenfrage, ob von dem Spiel LaserTag eine Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, zu vermitteln. Gleiches gilt für die Tatsachenfrage, ob für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren diese Gefahr nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn vor der Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt werden. Deshalb macht sich das Gericht das Gutachten zu Eigen.

Auf Basis dieses Gutachtens gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem in der LaserTag-Arena Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl sowohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren als auch von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG vor.

Auf dieser Grundlage hatte die Beklagte das ihr von § 7 Satz 1 und Satz 2 JuSchG eröffnete Ermessen auszuüben. Soweit die Beklagte damit ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der Bescheid vom 31. März 2014 deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler liegt zunächst dann vor, wenn die Behörde überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat (so genannter Ermessensausfall), wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (so genannte Ermessensüberschreitung) oder wenn sie die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten unterschätzt, also irrtümlich bestimmte Anordnungen für unzulässig gehalten hat (Ermessensunterschreitung). Ein Ermessensfehler liegt zudem dann vor, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, sie ihre Entscheidung also auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat und schließlich wenn von dem durch die Befugnisnorm eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, die Behörde sich also von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder ein Belang willkürlich falsch gewichtet (so genannter Ermessensfehlgebrauch) worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 14 ff.; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 114 Rn. 114a ff.; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 16 ff.).

Ob die Ermessensausübung im Einzelfall pflichtgemäß oder fehlerhaft erfolgte, lässt sich nur anhand der nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG erforderlichen Begründung ermitteln (Kopp/Schenke, a. a. O., § 114 Rn. 14 ff.; Decker in Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2014 § 114 Rn. 10 m. w. N.). Eine bezüglich der Ermessenausübung fehlende oder unzureichende Begründung indiziert einen Ermessensnicht- oder Fehlgebrauch, sofern sich nicht aus den Umständen anderes ergibt. Fehlt in einer gegebenen Begründung ein wesentlicher Gesichtspunkt, so spricht dies für die Annahme, dass dieser Punkt auch tatsächlich übersehen wurde (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 23).

Ist eine Ermessensausübung im angefochtenen Bescheid vorhanden, ist sie allerdings defizitär, kann die Verwaltungsbehörde gemäß § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Voraussetzung für ein derartiges Nachschieben von Ermessenserwägungen im Gerichtsverfahren ist, dass die nachgeschobene Erwägung Umstände berücksichtigt, die bereits bei Bescheiderlass vorlagen, dass die nachgeschobene Erwägung den Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert und dass durch die Berücksichtigung der nachgeschobenen Erwägung im Prozess die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht beeinträchtigt wird (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 89 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall sind im Bescheid vom 31. März 2014 hinsichtlich der Entscheidung in Ziffer 1., wonach der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen - auch in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt wird, Ermessenserwägungen vorhanden. Insbesondere führt die Beklagte aus, das Spiel biete Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten, die Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfs, durch körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Der Gegner werde als Mensch erkannt. Das Jugendschutzgesetz habe die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet. Aus dem Entscheidungstenor wird deutlich, dass die Beklagte als milderes Mittel den Zutritt von Personen unter 16 Jahren in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen geprüft und verworfen hat und zwischen unter 16-jährigen Personen einerseits und 16- bis 17-jährigen Personen andererseits differenziert hat. Im Klageverfahren vertieft die Beklagte im Rahmen des § 114 Satz 2 VwGO ihr diesbezügliches Vorbringen und trägt zudem vor, ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts von Kindern und Jugendlichen in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken des Schutzgutes des Jugendschutzgesetzes gestellt werden.

Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides vom 31. März 2014, also hinsichtlich der Untersagung des Zutritts für Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen, hat die Beklagte damit ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten für ein Tätigwerden entschieden. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass eine Ermessenüberschreitung vorliegt, dass also die verhängte Rechtsfolge, das Zutrittsverbot zur LaserTag-Arena, von § 7 Satz 1 JuSchG nicht gedeckt wäre (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Denn § 7 Satz 1 JuSchG eröffnet die Rechtsfolge, den betroffenen Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht zu gestatten. Dies ist der Sache nach dem Verbot des Zutritts zu den Betriebsräumen inhaltsgleich. Auch eine Ermessensunterschreitung liegt nicht vor (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Zudem ist ein Ermessenfehlgebrauch nicht erkennbar. In diesem Rahmen ist auch der Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes zu berücksichtigen, insbesondere der Kontext des § 7 JuSchG zu den anderen Jugendschutzregelungen; die Ermessensausübung hat sich in diesem Rahmen zu bewegen (vgl. VG Bayreuth, B. v. 11.7.2014 - B 3 S 14.443 - juris Rn. 21 ff.). In dieser Hinsicht ergibt sich etwa aus § 4, § 5 und § 9 JuSchG eine besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Ab dem Alter von 16 Jahren nimmt der Gesetzgeber den Schutzgedanken zugunsten einer Selbstbestimmung der Jugendlichen deutlich zurück. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte alles in ihre Ermessenserwägungen eingestellt, was nach Lage der Dinge einzustellen war, und sie hat es sachgerecht gewichtet und abgewogen. Insbesondere ist erkennbar, dass sie auch wirtschaftliche Überlegungen zugunsten der Klägerin berücksichtigt, aber hintangestellt hat. Demgegenüber sind weder sachfremde Gesichtspunkte berücksichtigt noch einzustellende Belange falsch gewichtet worden. Auch wird deutlich, dass die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Satz 2 JuSchG erwogen hat, ein milderes Mittel als ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzuwenden, welches die Gefährdung für deren geistiges oder seelisches Wohl ausschließt oder wesentlich mindert. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte zwischen den beiden Altersgruppen differenziert, sich also im Rahmen des Schutzzwecks des Jugendschutzgesetzes zum Schutz der Altersgruppe der unter 16-Jährigen im Gegensatz zu der Altersgruppe der 16- bis 17-Jährigen für ein Zutrittsverbot entscheidet; zum anderen ergibt sich dies auch daraus, dass die Beklagte in Ziffer 1. des Bescheidtenors auch das mildere Mittel eines Zutritts unter Begleitung von Personensorgeberechtigten bzw. erziehungsbeauftragten Personen anspricht, aber ausschließt.

Hat aber die Beklagte auf der Grundlage der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG, dass vom Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, ihr Ermessen ordnungsgemäß dahingehend ausgeübt, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen zu untersagen, ist diese Entscheidung und im Zusammenhang damit auch Ziffer 3. des Bescheides, soweit sie sich auf 1. bezieht (vgl. hierzu § 3 Abs. 1 JuSchG), rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Demgegenüber ergibt sich, dass hinsichtlich Ziffer 2. des angegriffenen Bescheides - also hinsichtlich der Bestimmung, dass für 16- und 17-jährige Jugendliche vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen ist - schon aus dem Bescheid selbst, dass keinerlei Ermessenserwägungen vorhanden sind. In der Begründung des Bescheides finden sich keine Ausführungen hierzu. Damit liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor; die Beklagte hat verkannt, dass sie überhaupt ein Ermessen hat (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich nicht, dass und welche Ermessenserwägungen sie eingestellt haben könnte (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18). Da die Beklagte jedoch bei der Anwendung der Vorschrift des § 7 JuSchG zur Ausübung ihres Ermessens nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, handelt sie grundsätzlich rechtswidrig, wenn sie dies verkennt (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Damit kommt auch eine diesbezügliche Ergänzung von Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO im Gerichtsverfahren nicht in Betracht, zumal die Beklagte in ihrem gerichtlichen Vorbringen auch keine Erwägungen zu dieser Problematik angestellt hat.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur dann vor und von einem Ermessensnichtgebrauch ist dann nicht auszugehen, wenn ein nach dem Gesetz von sich aus bestehender Ermessenspielraum im Einzelfall ausnahmsweise auf Null reduziert ist (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18 m. w. N.; Decker in Posser/Wolff, § 114 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null liegt dann vor, wenn angesichts der besonderen Umstände des zu entscheidenden konkreten Falls überhaupt nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei sein könnte (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 6 m. w. N.). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anzunehmen. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, das unter Zugrundelegung der Rahmenbedingungen des Spiels LaserTag und insbesondere der allgemeinen Einweisung aller Spieler vor dem Spiel mittels Video und mittels allgemein gültiger Hinweise der Aufsichtsperson (vgl. hierzu auch die Beschreibung in Ziffer 6.2.7 des Sachverständigengutachtens) sowie der allgemeinen Auswertung auf dem Bildschirm im Eingangsbereich (vgl. Beschreibung in Ziffer 6.2.9 des Sachverständigengutachtens) eine darüber hinausgehende „persönliche Einweisung“ und „persönliche Auswertung“, also eine auf den einzelnen Spieler individuell zugeschnittene und ausschließlich für diesen vorgenommene Einweisung und Auswertung (gleich welchen Inhalts, der im angegriffenen Bescheid nicht näher festgelegt ist) die einzige in Frage kommende Methode wäre, um die vom Spiel LaserTag für das geistige oder seelische Wohl von 16- und 17-Jährigen ausgehende Gefahr i. S. v. § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mindern; zudem ist nicht erkennbar, dass diese Methode zwingend anstelle des gemäß § 7 Satz 1 JuSchG anwendbaren Zutrittsverbots angewendet werden müsste. Dies ergibt sich daraus, dass der vom Gericht bestellte Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar aufgezeigt hat, dass unter Beibehaltung der derzeitigen Rahmenbedingungen mit allgemeiner Einweisung und Auswertung auch eine allgemeine Erläuterung der Möglichkeiten, „ohne Gesichtsverlust“ während des Spieles „auszusteigen“ (also die „Normalisierung des Spielabbruchs“) in Verbindung mit einem Verbot, mit Alkoholeinwirkung am Spiel teilzunehmen, eine realistische Möglichkeit ist, für 16- und 17-Jährige die Gefahr für deren geistiges oder seelisches Wohl gemäß § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mildern.

Da somit hinsichtlich Ziffer 2. des Bescheides zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG, nämlich dass vom in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren ausgeht, gegeben sind, die Beklagte jedoch in dem angefochtenen Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen hinsichtlich ihres hierauf bezogenen Handelns erkennen lässt und damit ermessenfehlerhaft gehandelt hat, erweist sich der Bescheid hinsichtlich seiner Ziffer 2. und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht (§ 3 Abs. 1 JuSchG), als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Aus alledem ergibt sich, dass die Ziffer 2. des Bescheides vom 31. März 2014 (Anordnung einer persönlichen Einweisung vor dem Spiel und einer persönlichen Auswertung nach dem Spiel für Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren) und dessen Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, aufzuheben war. Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides (Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren) und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Verkaufs von Magnetschmuck (mit Magneten versehene Schmuckstücke) in Apotheken.

2

Der Kläger ist selbstständiger Apotheker. Im November 2006 stellte die Beklagte fest, dass er in seiner Apotheke Magnetschmuck anbot, und wies ihn auf die Unzulässigkeit des Verkaufs hin. Der Kläger trat dieser Rechtsauffassung entgegen. Daraufhin untersagte ihm die Beklagte nach vorheriger Anhörung mit Ordnungsverfügung vom 12. Februar 2007 den weiteren Verkauf von Magnetschmuck aus seiner Apotheke und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1 000 € an. Zur Begründung führte sie aus, Magnetschmuck sei keine apothekenübliche Ware im Sinne des § 25 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO 2004). Es handele sich weder nach § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004 um ein Produkt, das der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar diene oder diese fördere, noch lägen die Voraussetzungen eines Medizinprodukts nach § 25 Nr. 1 ApBetrO 2004 vor. Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Arnsberg mit Bescheid vom 4. Juni 2007 zurück.

3

Die dagegen erhobene Anfechtungsklage ist vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. In dem Berufungsurteil heißt es im Wesentlichen: Die angefochtene Ordnungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) i.V.m. § 2 Abs. 4 und § 25 ApBetrO 2004. Der vom Kläger angebotene Magnetschmuck zähle nicht zum zulässigen Warensortiment einer Apotheke. Es handele sich weder um ein Arzneimittel noch um ein Medizinprodukt. Magnetschmuck sei auch keine apothekenübliche Ware im Sinne von § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004. Die bloße Möglichkeit einer positiven Wirkung auf die Gesundheit genüge nicht. Ebenso wenig reiche es aus, dass der Hersteller oder der Apotheker dem Produkt eine gesundheitsbezogene Zweckbestimmung beilegten. Vielmehr müsse objektiv feststellbar sein, dass das Erzeugnis der Gesundheit diene oder sie fördere. Das setze voraus, dass die gesundheitsdienliche oder -fördernde Wirkung ohne Weiteres erkennbar oder durch wissenschaftliche Erkenntnisse belegt sei. Beides sei hier nicht der Fall. Das Verkaufsverbot stehe auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Der Verordnungsgeber verfolge mit der Beschränkung des Apothekensortiments das legitime Ziel, einer Entwicklung der Apotheke zum "drugstore" entgegenzuwirken. Die Ordnungsverfügung sei auch im Übrigen rechtmäßig. Die Zwangsgeldandrohung finde ihre Rechtsgrundlage im Landesvollstreckungsrecht.

4

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt, die dem Berufungsurteil zugrunde liegende restriktive Auslegung des Begriffs der apothekenüblichen Ware verletze ihn in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung. § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004 verlange eine spezifisch gesundheitsbezogene Zweckbestimmung, die bei Magnetschmuck gegeben sei. Wie verschiedene Studien und Veröffentlichungen bestätigten, werde dem Produkt eine positive Grundwirkung auf den menschlichen Organismus zugeschrieben. Für Magnetpflaster, die über dieselben Eigenschaften verfügten wie Magnetschmuck, werde eine gesundheitsfördernde Wirkung nicht in Frage gestellt. Ein wissenschaftlicher Nachweis dürfe nicht verlangt werden; denn das führe zu dem widersinnigen Ergebnis, dass an das Merkmal der Apothekenüblichkeit strengere Anforderungen gestellt würden als an die Zulassung von homöopathischen Arzneimitteln. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Wirksamkeit der Magnettherapie und die gesundheitsfördernde Wirkung von Magnetschmuck zwar bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen seien, andererseits aber auch nicht der Beweis des Gegenteils erbracht sei. Bei dieser Sachlage dürfe allein die gesundheitsbezogene Zweckbestimmung für die Einstufung als apothekenübliche Ware maßgeblich sein. Abgrenzungsschwierigkeiten ergäben sich daraus nicht. Ob einem Erzeugnis eine solche Zweckbestimmung zukomme, lasse sich unschwer anhand der Verkehrsauffassung ermitteln. Kunden, die bei ihm nach Magnetschmuck fragten, interessierten sich dafür wegen der erhofften gesundheitsfördernden Wirkung und erwarteten eine kompetente Information und Beratung. Es könne auch keine Rede davon sein, dass der Verkauf den ordnungsgemäßen Betrieb seiner Apotheke oder den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags beeinträchtige; er wolle das Produkt lediglich in geringem Umfang anbieten. Die Neufassung von § 25 Nr. 2 in § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO 2012 führe zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Das Verkaufsverbot wäre im Übrigen auch rechtswidrig, wenn Magnetschmuck nicht als apothekenübliche Ware anzusehen sein sollte. Mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG müsse in Apotheken in gewissem Umfang die Abgabe sonstiger Waren erlaubt sein, wenn dadurch das Kerngeschäft nicht gefährdet sei.

5

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und verweist darauf, dass der Apothekenverkauf von Magnetschmuck nach § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO 2012 weiterhin verboten sei.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses hält das Berufungsurteil in Einklang mit dem Bundesministerium für Gesundheit für zutreffend. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie das Bundesamt für Strahlenschutz hätten übereinstimmend mitgeteilt, dass derzeit keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt seien, die eine gesundheitsfördernde Wirkung von Magnetschmuck belegen könnten.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Rechtsgrundlage für die angefochtene Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Ermächtigung erstreckt sich auch auf die Überwachung des ordnungsgemäßen Betriebs von Apotheken und ordnungsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen das Apothekenrecht (stRspr, zuletzt Urteil vom 18. Oktober 2012 - BVerwG 3 C 25.11 - BVerwGE 144, 355 Rn. 8 m.w.N.). Der Verkauf von Magnetschmuck in Apotheken ist nach den Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung verboten (1.). Das Verkaufsverbot verletzt den Kläger nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit (2.).

9

1. Anzuwenden ist die Apothekenbetriebsordnung i.d.F. der Vierten Änderungsverordnung vom 5. Juni 2012 (BGBl I S. 1254), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Februar 2013 (BGBl I S. 312). Bei der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung haben die Tatsachengerichte auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung abzustellen, wenn das materielle Recht - wie hier - nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt. Entsprechend ist auch im Revisionsverfahren die aktuelle Fassung der Apothekenbetriebsordnung maßgeblich (vgl. Urteile vom 22. Januar 1998 - BVerwG 3 C 6.97 - BVerwGE 106, 141 <143 f.>, vom 14. April 2005 - BVerwG 3 C 9.04 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 16 S. 2 und vom 18. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).

10

Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 ApBetrO dürfen neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Absatz 10 genannten Waren nur in einem Umfang angeboten oder feilgehalten werden, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt. Apothekenübliche Waren sind nach § 1a Abs. 10 ApBetrO Medizinprodukte, die nicht der Apothekenpflicht unterliegen (Nr. 1), Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern (Nr. 2), Mittel zur Körperpflege (Nr. 3), des Weiteren Prüfmittel, Chemikalien, Reagenzien, Laborbedarf, Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel sowie Mittel zur Aufzucht von Tieren (Nr. 4 bis Nr. 9).

11

Magnetschmuck erfüllt - wovon auch der Kläger ausgeht - weder die Anforderungen eines Arzneimittels gemäß § 2 AMG noch diejenigen eines verkehrsfähigen Medizinprodukts nach § 3 i.V.m. § 6 Medizinproduktegesetz (MPG). Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer apothekenüblichen Ware nach § 1a Abs. 10 ApBetrO vor. Der Tatbestand der allein in Betracht kommenden Nummer 2 ist nicht erfüllt. Magnetschmuck ist kein Gegenstand, der der Gesundheit von Menschen unmittelbar dient oder diese fördert.

12

a) § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO verlangt, dass der Gegenstand tatsächlich geeignet ist, die menschliche Gesundheit positiv zu beeinflussen. Das ist der Fall, wenn er objektiv zur Erhaltung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes beiträgt. Eine bloß subjektive Zuschreibung einer solchen Wirkung genügt nicht.

13

Die Vorgängerregelung in § 25 ApBetrO i.d.F. vom 9. Februar 1987 (BGBl I S. 547, 555) zählte zum apothekenüblichen Sortiment Verbandmittel (Nr. 1), Mittel und Gegenstände zur Kranken- und Säuglingspflege (Nr. 2), diätetische Lebensmittel (Nr. 5) sowie enumerativ benannte weitere Lebensmittel (Nr. 6, z.B. Frucht- und Gemüsesäfte, Honig, Hustenbonbons, Nahrungsergänzungsmittel). Die Aufnahme in den Katalog der apothekenüblichen Waren beruhte darauf, dass sie als "Mittel und Gegenstände der Gesundheitsvorsorge" angesehen wurden. Hierbei hat der Verordnungsgeber auf eine positive Beeinflussung der Körperfunktionen abgestellt, die über die normalen physiologischen Vorgänge - wie sie etwa mit jeder Nahrungsaufnahme verbunden sind - hinausgeht. Das zeigt die abschließende Aufzählung in § 25 Nr. 6 ApBetrO 1987, mit der bezweckt war, eine Ausuferung des Lebensmittelsortiments in Apotheken zu verhindern. Nur Lebensmittel, denen eine krankheitsvorbeugende oder -lindernde Wirkung beigemessen wurde, sollten dort in den Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. amtliche Begründung, BRDrucks 498/86 S. 34, S. 80 f.; BRDrucks 498/1/86 S. 26). § 25 Nr. 2 ApBetrO i.d.F. des Art. 21 Nr. 7 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190, 2252) fasste die verschiedenen Warengruppen zusammen und definierte als apothekenüblich "Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern" (BTDrucks 15/1525 S. 164). Es besteht kein Anhaltspunkt, dass der Neufassung ein von der bisherigen Regelung abweichendes Verständnis der erforderlichen gesundheitsbezogenen Wirkung zugrunde liegt. Vielmehr belegen die mit der Änderungsverordnung vom 5. Juni 2012 (a.a.O.) vorgenommene Streichung des Zusatzes "mittelbar" und die Beschränkung auf Produkte mit einem "unmittelbaren" Gesundheitsbezug, dass der Verordnungsgeber daran festhält, einer Ausuferung des Warensortiments entgegenzuwirken. Die Kernaufgaben der Apotheke sollen stärker herausgestellt werden; das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung soll erhalten bleiben (BRDrucks 61/1/12 S. 2).

14

Hieraus ist abzuleiten, dass eine gesundheitsbezogene Zweckbestimmung durch den Hersteller, Apotheker oder Verbraucher allein nicht genügt, um einen Gegenstand nach § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO als gesundheitsdienlich oder -fördernd einzustufen. Die ihm zugeschriebene positive Wirkung auf die Gesundheit muss auch nach objektiven Maßstäben gegeben sein. Das unterstreicht der Vergleich mit der Definition des (Präsentations-)Arzneimittels in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und des Medizinprodukts in § 3 Abs. 1 MPG. Beide Begriffsbestimmungen stellen auf eine Zweckbestimmung durch den Hersteller ab. Eine vergleichbare Formulierung weist § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO nicht auf. Es liegt fern, dass der Verordnungsgeber bei der Neufassung des § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004 den Arzneimittel- und Medizinproduktebegriff nicht vor Augen gehabt hat. Es spricht daher alles für eine bewusst abweichende Formulierung in der Absicht, das Merkmal der Apothekenüblichkeit an einen objektiv vorhandenen Gesundheitsbezug zu knüpfen. Gegenteiliges lässt sich auch nicht daraus schließen, dass im Tatbestand die Begriffe "dienen" und "fördern" alternativ angeführt werden. Nach dem Wortsinn meint beides einen hilfreichen oder begünstigenden, also unterstützenden Effekt für die Gesundheit. Die Dopplung dürfte darauf zurückzuführen sein, dass mit dem einen Begriff der Bereich der Gesundheitsvorsorge erfasst werden soll, während der andere auf den Aspekt der Linderung von körperlichen Beschwerden zielt (vgl. bereits § 12 Nr. 6 ApBetrO i.d.F. vom 7. August 1968 : "zur Vorbeugung und zur Heilung von Krankheiten"). Für eine darüber hinausgehende Abgrenzung der Begriffe ist nichts ersichtlich (Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Stand September 2012, § 1a Rn. 152).

15

b) Ob ein Gegenstand einen solchen objektiven Gesundheitsbezug aufweist, ist nach der Verkehrsauffassung aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers zu beurteilen.

16

Anders als die Vorschriften über die Arzneimitteleigenschaft (§ 2 AMG) und über die Zulassungsvoraussetzungen von Arzneimitteln (§§ 21 ff. AMG) entscheidet § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO nicht über die Verkehrsfähigkeit eines Produkts, sondern regelt lediglich die Frage der Verkaufsbefugnis für Apotheken. Es ist daher nicht sachgerecht, die Feststellung der Gesundheitsdienlichkeit ähnlich strengen Anforderungen zu unterwerfen, wie sie im Arzneimittelrecht für den Nachweis der Arzneimitteleigenschaft (vgl. Urteile vom 25. Juli 2007 - BVerwG 3 C 22.06 - ZLR 2008, 80 Rn. 24 ff. und vom 26. Mai 2009 - BVerwG 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 ff.) und den Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen (vgl. § 22 Abs. 2 ff., § 24 AMG) gelten. Die Regelung über die apothekenüblichen Waren ist erkennbar darauf ausgerichtet, dass sich das zulässige Warensortiment einfach bestimmen lässt. Ein Prüf- oder Nachweisverfahren sieht § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO nicht vor. Gegen das Erfordernis eines wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweises spricht außerdem der Zusammenhang mit der Begriffsbestimmung der apothekenüblichen Dienstleistungen in § 1a Abs. 11 ApBetrO. Die Apothekenüblichkeit von Dienstleistungen bestimmt sich gleichfalls danach, ob sie der Gesundheit dienen oder diese fördern. Angesichts der - bis auf das Merkmal der Unmittelbarkeit - gleichlautenden Definition liegt es nahe, die Frage der Gesundheitsdienlichkeit nach einem einheitlichen Maßstab zu prüfen. Für § 1a Abs. 11 ApBetrO ist das Abstellen auf einen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis jedoch augenscheinlich ungeeignet. Vielmehr gebietet es der Normzweck, den erforderlichen Gesundheitsbezug anhand der allgemeinen Verkehrsanschauung zu beurteilen, mit anderen Worten: entscheidend ist, ob der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher der feilgebotenen Ware die für deren Apothekenüblichkeit notwendige gesundheitsdienliche oder gesundheitsfördernde Wirkung beimisst. Erscheint aus dessen Warte der dem Gegenstand zugeschriebene positive Einfluss auf die Körperfunktionen plausibel, weil es dafür einen nachvollziehbaren und damit tragfähigen Anknüpfungspunkt gibt, sind die Voraussetzungen des § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO zu bejahen. Dieser Maßstab gewährleistet einerseits eine hinreichende Objektivierung bei der Bestimmung der Gesundheitsdienlichkeit, um eine Ausweitung des Nebensortiments auf nur vorgeblich gesundheitsbezogene Produkte zu verhindern und so das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu erhalten. Andererseits ist damit aber auch sichergestellt, dass den (Kunden-)Bedürfnissen und Entwicklungen im Apothekensektor angemessen Rechnung getragen werden kann. Erwartet der verständige Kunde, ein Produkt wegen eines plausiblen Gesundheitsbezugs in der Apotheke erwerben zu können, besteht kein Grund, die Einstufung als apothekenübliche Ware zu versagen (auf die Verkehrsauffassung abstellend auch BRDrucks 498/86 S. 34 und S. 81 § 25 nr. 6 apbetro 1987>).

17

c) Gemessen daran ist Magnetschmuck keine apothekenübliche Ware. Auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen ist dieses Produkt objektiv nicht geeignet, einen positiven Effekt für die Gesundheit zu erzielen. Die ihm von Hersteller- und Anbieterseite zugeschriebene und vom Kläger geltend gemachte gesundheitsdienliche Wirkung ist aus Sicht des verständigen Verbrauchers nicht plausibel. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass bereits die Wirksamkeit der nicht-invasiven Magnet(feld)therapie in der medizinischen Wissenschaft umstritten und keinesfalls erwiesen sei. Es hat des Weiteren darauf abgestellt, dass Magnetschmuck sich von anderen Anwendungsformen der Magnettherapie - etwa Magnetpflastern oder magnetischen Kniemanschetten - unterscheide, weil er in der Regel nicht unmittelbar an der schmerzenden Stelle appliziert werde. Schließlich ist das Berufungsgericht unter Auswertung verschiedener Studien davon ausgegangen, dass eine positive Wirkung von Magnetschmuck (Magnetarmbändern) auf Gelenkschmerzen oder -steifigkeit wissenschaftlich nicht belegt werden könne. Eine Studie habe eingeräumt, dass unsicher sei, ob die von Probanden berichtete Schmerzminderung auf eine therapeutische Wirkung des Magnetschmucks oder einen Placebo-Effekt zurückgehe; einer anderen Studie zufolge sei der berichtete therapeutische Nutzen höchstwahrscheinlich unspezifischen Placebo-Effekten zuzuschreiben. Bei dieser Tatsachenlage - die der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat - fehlt es an einem Anknüpfungspunkt, der aus Sicht des verständigen Verbrauchers einen tragfähigen Rückschluss auf den behaupteten gesundheitlichen Nutzen beim Tragen von Magnetschmuck erlauben würde.

18

d) Ist Magnetschmuck demzufolge keine apothekenübliche Ware darf er in Apotheken nicht verkauft werden. § 2 Abs. 4 ApBetrO erklärt neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten lediglich die in § 1a Abs. 10 ApBetrO abschließend genannten apothekenüblichen Waren zum zulässigen Sortiment einer Apotheke. Sonstige - "apothekenunübliche" - Erzeugnisse dürfen demnach in Apotheken nicht angeboten oder feilgehalten werden (Cyran/Rotta, a.a.O. § 1a Rn. 128, § 2 Rn. 70 f.). Für dieses Normverständnis spricht auch die Entstehungsgeschichte. § 12 ApBetrO 1968 lautete: "In der Apotheke dürfen neben Arzneimitteln nur vorrätig gehalten, feilgehalten oder abgegeben werden", sodann folgte die Auflistung der zugelassenen Waren. Inhaltlich identisch war die Formulierung in § 25 ApBetrO 1987. Wie schon § 2 Abs. 4 i.V.m. § 25 ApBetrO 2004 knüpft auch § 2 Abs. 4 i.V.m. § 1a Abs. 10 ApBetrO hieran an.

19

Aus § 21 Abs. 2 Nr. 8 Apothekengesetz (ApoG) ergibt sich nichts Abweichendes. Die Vorschrift ermächtigt den Verordnungsgeber, in der Apothekenbetriebsordnung Regelungen über die apothekenüblichen Waren, die Nebengeschäfte, die Dienstbereitschaft und das Warenlager der Apotheken sowie die Arzneimittelabgabe innerhalb und außerhalb der Apothekenbetriebsräume zu treffen. § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG grenzt das Warengeschäft (Abgabe apothekenüblicher Waren und von Arzneimitteln) vom Nebengeschäft ab. Das schließt es aus, unter den Begriff des Nebengeschäfts die Abgabe "apothekenunüblicher" Waren zu subsumieren (Cyran/Rotta, a.a.O. § 1a Rn. 124 ff.). Diese Auffassung steht nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. September 2000 - I ZR 216/98 - (NJW 2001, 3411). In jener Entscheidung ging es um die Zulässigkeit des Vertriebs von Kompressionsstrümpfen, die der Bundesgerichtshof unter Verweis auf § 25 Nr. 2 ApBetrO 1987 (Mittel zur Krankenpflege) bejaht hat. Er hat ausgeführt, dass dem Apotheker außer der Abgabe auch ein Anmessen und Anpassen der Kompressionsstrümpfe erlaubt wäre, weil darin entweder eine unselbständige Nebenleistung zum Warengeschäft oder ein nicht verbotenes Nebengeschäft zu sehen sei (BGH, Urteil vom 21. September 2000 a.a.O. S. 3412 f.). Der Bundesgerichtshof hat den Begriff des Nebengeschäfts lediglich im Hinblick auf die in Rede stehenden Dienstleistungen (Anmessen und Anpassen der Strümpfe) herangezogen und nicht etwa angenommen, er erstrecke sich auch auf die Abgabe anderer als der apothekenüblichen Waren.

20

2. Die Untersagungsanordnung verletzt den Kläger nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit. Das Verkaufsverbot für andere Waren als Arzneimittel, apothekenpflichtige Medizinprodukte und die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Erzeugnisse steht mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Die Beschränkung des Warensortiments entspricht vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. bereits Beschluss vom 14. August 1987 - BVerwG 3 B 5.87 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 9 S. 2 m.w.N. § 12 apbetro 1968>). Mit Rücksicht auf die Kernaufgabe der Apotheke, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 Abs. 1 ApoG, § 2 Abs. 4 ApBetrO), ist es ein legitimes Ziel, eine Entwicklung der Apotheken zum "drugstore" zu verhindern und das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu bewahren (vgl. amtliche Begründung zu § 12 ApBetrO: BRDrucks 325/68 S. 8; zu § 25 ApBetrO 1987: BRDrucks 498/86 S. 80; zu § 1a Abs. 10 ApBetrO: BRDrucks 61/1/12 S. 2). Damit wird nicht nur der Gefahr begegnet, dass sich die Geschäftstätigkeit zu Lasten des Arzneimittelversorgungsauftrages auf apothekenfremde Waren richtet. Es wird auch das Vertrauen der Kunden geschützt, in der Apotheke nur Erzeugnisse angeboten zu bekommen, denen ein nachvollziehbarer gesundheitlicher Nutzen zugeschrieben wird. Dem kaufmännischen Interesse des Apothekers an einer gewissen Ausweitung des Warensortiments über das Kerngeschäft hinaus trägt der Katalog des § 1a Abs. 10 ApBetrO angemessen Rechnung.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Flurbereinigungsgerichts beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die allein auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, konkreten, jedoch in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des Bundesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91>; siehe auch Beschluss vom 24. Juli 2008 - BVerwG 9 B 41.07 - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 58 Rn. 3 m.w.N.). Der bloße Hinweis, die Rechtsfrage sei bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden, reicht für den Vortrag der Klärungsbedürftigkeit allein nicht aus (Beschluss vom 9. März 1993 - BVerwG 3 B 105.92 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 11).

3

Diesen Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung wird die Beschwerdebegründung hinsichtlich der von ihr aufgeworfenen Frage, ob es sich bei der vorläufigen Anordnung der Besitzeinweisung im Rahmen der Unternehmensflurbereinigung (§§ 87 ff. FlurbG) um einen rechtsgestaltenden Einzelakt oder um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, nicht gerecht. Denn in dieser Allgemeinheit lässt sich die Frage schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Ein Dauerverwaltungsakt ist nach seinem Sinn und Zweck und dem einschlägigen materiellen Recht in seinen Wirkungen wesensgemäß auf Dauer angelegt. Er ist allgemein dadurch gekennzeichnet, dass er sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert. Die Behörde hat den Dauerverwaltungsakt auf fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen; für seine rechtliche Beurteilung ist grundsätzlich die jeweils aktuelle Sach-und Rechtslage maßgeblich (vgl. Urteile vom 28. Februar 1997 - BVerwG 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115 <120> und vom 20. Juni 2013 - BVerwG 8 C 46.12 - BVerwGE 147, 81 Rn. 33; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 223 ff.). Eine derartige - zeitlich begrenzte - Dauerwirkung kommt der vorläufigen Anordnung nach § 36 FlurbG ohne Weiteres zu; dass die Flurbereinigungsbehörde sie auch nach ihrem Erlass unter Kontrolle zu halten hat, bringt das Gesetz insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass es die Behörde nicht nur ermächtigt, vorläufige Anordnungen zu erlassen, sondern auch, bereits erlassene Anordnungen aufzuheben oder zu ändern. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass dem Eigentümer mit der vorläufigen Anordnung nach § 36 Abs. 1 FlurbG der Besitz und die Nutzung des Grundstücks nicht endgültig entzogen und dem Begünstigten übertragen werden (Beschluss vom 6. März 1961 - BVerwG 1 B 141.60 - Buchholz 424.01 § 36 FlurbG von 1953 Nr. 2 S. 4). Es soll nicht schon der mit dem Flurbereinigungsverfahren erstrebte tatsächliche Zustand vorzeitig herbeigeführt, sondern es sollen lediglich für einen begrenzten Zeitraum der Übergang in den neuen Zustand vorbereitet und gesichert sowie die Aufstellung des Plans und die Durchführung des Verfahrens erleichtert und beschleunigt werden (Beschluss vom 7. Juni 1963 - BVerwG 1 B 80.63 - RzF 5 zu § 36 Abs. 1 FlurbG). Demgemäß ist die Anordnung nach § 36 Abs. 1 FlurbG nicht nur einmalig für den Zeitpunkt der erstmaligen Besitzübertragung, sondern für deren gesamte Dauer konstitutiv und folglich nur rechtmäßig, wenn und solange die Anordnung erforderlich sowie darüber hinaus dringend ist (vgl. Beschluss vom 25. Januar 2007 - BVerwG 10 B 42.06 - Buchholz 424.01 § 36 FlurbG Nr. 9 Rn. 4).

4

Die konkreten Schlussfolgerungen, die das Flurbereinigungsgericht aus diesem Rechtscharakter der vorläufigen Anordnung im vorliegenden Fall gezogen hat, sind nicht grundsätzlich bedeutsam. Der Streitfall zeichnet sich durch eine ganze Reihe außergewöhnlicher Umstände aus (fehlerhafte öffentliche Bekanntmachung, erhebliche zeitliche Verzögerung der geplanten Besitzeinweisung, Neubekanntmachung mit unklarem Inhalt, faktische Vollziehung), die ihn vom Regelfall einer vorläufigen Anordnung unterscheiden. Ob die Annahme des Flurbereinigungsgerichts zutrifft, die hier angefochtene Anordnung sei unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten ab dem Zeitpunkt ihrer individuellen Bekanntgabe dem Kläger gegenüber rechtmäßig geworden, betrifft nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausgehende Bedeutung.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Die Anordnung kann Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tenor

I.

Ziffer 2 des Bescheides der Stadt Würzburg vom 31. März 2014 wird aufgehoben. Ziffer 3 des Bescheides vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit sie sich auf Ziffer 2 des Bescheides bezieht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin ¾, die Beklagte ¼ zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung LaserTag Würzburg in Würzburg eine LaserTag-Arena. Die Beteiligten streiten um einen Bescheid der Beklagten auf der Grundlage des § 7 JuSchG.

Im Rahmen des von der Klägerin angebotenen Spiels LaserTag spielen in der Regel (je nach Spielmodus) zwei Mannschaften gegeneinander, die in einer abgedunkelten, futuristisch ausgestalteten und mit Hindernissen versehenen Halle innerhalb einer vorgegebenen Zeit versuchen, Mitglieder der anderen Mannschaft mittels von so genannten „Phasern“ ausgesandten Laserstrahlen (eigentlich: Infrarot-Strahlen) an auf Brust, Rücken und Schultern sowie am Phaser befindlichen Sensoren zu „markieren“ und damit möglichst viele Punkte zu erzielen, ohne Punktabzüge durch eigenes „Markiert werden“ durch Mitglieder der gegnerischen Mannschaft hinzunehmen.

Am 17. Februar 2014 fand zwischen der Beklagten und den Geschäftsführern der LaserTag Würzburg eine Besprechung statt, bei der von Seiten der Beklagten Bedenken bezüglich jugendschutzrelevanter Punkte, insbesondere bezüglich der von der Klägerin festgesetzten unteren Altersgrenze von 12 Jahren geäußert wurden. Diese Bedenken versuchte die Klägerin durch Vorlage diverser Unterlagen zu zerstreuen.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 erließ die Beklagte folgende Regelungen:

„1. Der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen wird untersagt. Dies gilt auch für eine etwaige Begleitung Minderjähriger durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen.

2. Für die einzelnen Teilnehmer ist jeweils vor dem Lasergame eine persönliche Einweisung und nach dem Lasergame eine persönliche Auswertung durchzuführen.

3. Der Inhalt dieser Anordnung ist an gut sichtbarer Stelle bekannt zu geben.“

Zudem wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, bei Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 9 JuSchG ein Bußgeld zu verhängen.

Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 7 JuSchG ausgeführt, wesentliches Ziel des Spiels sei das Markieren (Abschießen) der menschlichen Gegner. Die Bezeichnung „Markierung“ statt „Treffer“ erscheine stark verharmlosend. Das Spiel in der LaserTag-Anlage sei als Wettbewerb ausgelegt. Mit dem Ziel, die höchste Punktzahl zu erreichen, fordere das Spiel geradezu dazu auf, „Held“ zu sein und biete so auch Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Gemäß der Ansicht von Dr. Hartmann von der Bundeszentrale für politische Bildung erhöhe ein starker Wettbewerbscharakter das Risiko aggressiver Auswirkungen. Die in der Halle aufgebauten Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfes. Der Einsatz von Nebeleffekten verstärke nicht nur den Laserstrahl der Phaser, sondern auch die Atmosphäre eines Kampfes. Im Vergleich zu Computerspielen mute die Atmosphäre realistisch an, weil sich zwei Menschen körperlich gegenüber stünden, die zugleich als Schützen und als auszuschaltende Kontrahenten fungierten. Durch die futuristische Gestaltung der Waffen und der Halle könne nicht darauf geschlossen werden, dass Jugendliche besser zwischen Spiel und Realität differenzieren könnten. Anders als bei Computerspielen werde durch die körperliche Anstrengung eine intensive Wahrnehmung und ein intensives Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Zusammenhang mit einer Einrichtung einer LaserTag-Arena vor einer Bagatellisierung von Gewalt gegen den Grundsatz der Menschenwürde gewarnt. In Zeiten beschleunigter Modernisierung habe der Jugendschutz verstärkt die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft Einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Kinder und Jugendliche mit fehlender moralischer und sozialer Orientierung seien von Spielen dieser Art am ehesten gefährdet. Nach Einschätzung der Beklagten liege durch die Teilnahme am Lasergame eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit vor und die Teilnahme gefährde das geistige und seelische Wohl von Jugendlichen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet.

Ein Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheids an die Beklagte findet sich in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht.

II.

Mit ihrer am 2. Mai 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, bei der angebotenen Sportart LaserTag handele es sich um eine von mehreren Spielarten, bei denen mit Hilfe von Infrarot-Signalgebern und -sensoren Bewegungs-, Simulations- und Laufspiele organisiert würden. Bei dem von der Klägerin angebotenen Spiel handele es sich nicht um das Spiel „Lasergame“, sondern um ein anderes, davon verschiedenes Spiel unter der Bezeichnung „LaserTag“. Dabei gehe es nicht um das Abschießen menschlicher Gegner; das Spiel fordere nicht dazu auf, Held zu sein und biete keine Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Die Beklagte komme unter unzutreffender Würdigung des Sachverhalts zwangsläufig zu falschen Ergebnissen, dies auch unter Heranziehung der Ausarbeitung von Dr. Hartmann zu völlig anderen Sachverhalten. Damit sei die Beklagte bei Erlass des Bescheides von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Unter Bezugnahme auf ein von der Klägerin vorgelegtes Gutachten von Prof. Dr. Huth-Hildbrandt zu LaserTag ergebe sich, dass LaserTag als teambasierte bewegungsbezogene Aktivität für geschlechtsbezogene Entwicklungsaufgaben im Jugendalter eher stützend wirke als z. B. traditionell ausgeübte Mannschaftssportarten. Auch in der in dem Bescheid zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, bei der es sich um einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof gehandelt habe, gehe es nicht um LaserTag, sondern um Laserdrome. Dies sei eine vom Konzept der Klägerin deutlich unterschiedliche Variante des Laserspiels. Insbesondere gehe es bei LaserTag gerade nicht um „spielerisches Töten“, nicht um die Konfrontation Mensch gegen Mensch und es würden keine Gewaltakte gegen Menschen nachgestellt. Die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag sei ein familienfreundliches Spiel, das frei von realitätsnahen oder gar kriegsähnlichen Situationen sei. Damit schließe sich auch ein Vergleich mit dem so genannten „Paintball-Spiel“ aus, bei dem ein „Treffer“ durch das Platzen einer Farbkugel optisch sichtbar werde. LaserTag finde in einem futuristischen Kontext statt, so dass für die Spieler Distanzierungsmöglichkeiten zur Realität sichergestellt seien. Bereits 12- bis 15-jährigen Jugendlichen werde im Rahmen der Einstufung der Altersfreigabe für Computerspiele nach den Regeln der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) die Fähigkeit zur distanzierten Wahrnehmung und Unterscheidung zwischen Spielfeld und Wirklichkeit in höherem Maße zugetraut als jüngeren Kindern.

Dies bedeute für die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag, dass die unbegründeten Behauptungen der Beklagten die angefochtene Verfügung nicht tragen würden und der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin rechtswidrig sei. Die Beklagte setze sich in der angegriffenen Verfügung nicht mit den Eigenheiten des von der Klägerin veranstalteten Spiels auseinander, sondern übertrage ohne Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Umständen in dem Betrieb der Klägerin den Sachverhalt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2001 unreflektiert auf den Betrieb der Klägerin. Die Teilnahme an der von der Klägerin veranstalteten Sportart LaserTag stelle keine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit dar, sondern sie fördere im Gegenteil die wünschenswerte Entwicklung der Persönlichkeit. Hierzu werde auf das Gutachten der Fachhochschule Frankfurt vom April 2014 verwiesen. Auch der Erziehungswissenschaftler und Aggressionsforscher Dr. P., Universität des Saarlandes, bestätige, dass aus Sicht der entwicklungs- und aggressionspsychologischen Forschung das Spielen von LaserTag keine jugendgefährdenden Gesichtspunkte erfülle. Hierzu werde auf die vorgelegte Stellungnahme Bezug genommen.

Die Beklagte habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG zu Unrecht angenommen und das von § 7 JuSchG eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihrer Berufsfreiheit und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, nach § 7 JuSchG könne die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern oder Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten dürfe, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgehe. Bei der von der Klägerin betriebenen LaserTag-Arena in Würzburg handele es sich unstreitig um einen Gewerbebetrieb. Durch die in der LaserTag-Arena von den Teilnehmern durchgeführten Handlungen gingen Gefährdungen für das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen aus, die eine Altersbeschränkung auf 16 Jahre, also die Untersagung des Zutritts von Personen unter 16 Jahren, erlaubten und vollumfänglich rechtfertigten.

Ziel des Spieles sei nicht verharmlosend das „Markieren“ der menschlichen Gegner, sondern deren Treffen oder Abschießen. Dieses Ziel werde von den Spielern aktiv verfolgt. Damit werde eine Tötungshandlung simuliert. Die „Phaser“ genannten Spielgeräte kämen in Funktionsweise und Aussehen Schusswaffen gleich. Der vom „Phaser“ ausgehende Laserstrahl visiere den Gegenspieler als Schussziel an. Zudem werde er ähnlich einer Pumpgun mit zwei Händen gehalten, Schüsse würden durch das Drücken von Knöpfen ausgelöst, damit stelle der Phaser ein waffenähnliches Gerät dar. Die Ausgestaltung des Spielfeldes erwecke sehr deutlich den Eindruck eines simulierten Nahkampfszenarios, verstärkt von Nebeleffekten, Schwarzlicht und Dunkelheit. Wer die meisten Punkte erziele, gewinne das Spiel. Damit sei es eindeutig als Wettbewerb angelegt. Zudem werde der jeweilige Monatssieger gekürt. LaserTag werde somit in einen gewaltverherrlichenden Zusammenhang gestellt. Realitätsnähe werde dadurch erzeugt, dass sich zwei Gruppen/Teams körperlich gegenüber stünden; durch die körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, was eine Abstraktion beeinträchtige. Der Gegner werde als Mensch und nicht als verfremdetes abstraktes Ziel erkannt. Es gehe also um Kampf und Abschießen, damit sei LaserTag ein kriegsähnliches Spiel. Die von der Klägerin genannten „distanzierenden Elemente“ kämen nicht zum Tragen. Damit gehe von dem Spiel LaserTag eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen im Sinne des § 7 JuSchG aus, wenn sich diese in der LaserTag-Arena aufhielten. Ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts dieser Personengruppe in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Nach Abwägung aller Umstände liege im LaserTag-Kampf eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit durch die Teilnahme am Spiel. Dementsprechend gefährde die Teilnahme am Spiel das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen und es sei somit unter Auslegung und Würdigung der Kriterien der USK eine Zutrittsbeschränkung für unter 16-Jährige gerechtfertigt. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch die Haltung von unter 16-jährigen Kindern und Jugendlichen in einem Beitrag des Bayer. Rundfunks. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken und den Schutzzweck des Jugendschutzrechts gestellt werden.

Die Parteien legten verschiedene gutachtliche Äußerungen vor, die sich mit der Frage einer Jugendgefährdung durch „Laserspiele“ befassen.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2015 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Mit Beschluss vom 10. Juni 2015 erhob das Gericht Beweis über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren an dem von der Klägerin in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag gehe eine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus sowie über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren an dem genannten Spiel gehe nur dann keine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus, wenn für die Jugendlichen vor deren Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt wird, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Gericht beauftragte im Einverständnis mit den Parteien als Sachverständigen Dr. Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.

Zum vom Sachverständigen schriftlich am 5. Februar 2016 erstatteten Gutachten nahm die Klägerseite dahingehend Stellung, sie halte es für ungenügend und für eine Beurteilung der Fragen im Beweisbeschluss untauglich. Sie legte eine Stellungnahme von Dr. P., Fakultät für Empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016 vor und regte die Einholung eines „Obergutachtens“ an.

In der mündlichen Verhandlung am 14. April 2016 erläuterte der Sachverständige sein schriftliches Gutachten ausführlich. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14. April 2016, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 31. März 2014, mit welchem die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2730), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl I S. 3154), Personen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen - auch bei Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt (Ziffer 1. des Bescheides) sowie für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren anordnet, vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen (Ziffer 2. des Bescheides). Zwar ist dem bloßen Wortlaut der Anordnung in Ziffer 2. des Bescheidtenors die Begrenzung der Anordnung auf Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren nicht zu entnehmen; allerdings ergibt sich dies zum einen daraus, dass Personen unter 16 Jahren gemäß Ziffer 1. des Bescheides ohnehin kein Zutrittsrecht haben und der Bescheid auf § 7 JuSchG gestützt ist, der gemäß seinem Wortlaut lediglich auf Kinder und Jugendliche (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG auf Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind) anwendbar ist; zum anderen hat die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2015 klargestellt. Weiterhin bestimmt der angegriffene Bescheid in seiner Ziffer 3., dass der Inhalt der in Ziffer 1. und 2. getroffenen Anordnungen an gut sichtbarer Stelle bekanntzugeben ist.

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Hinsichtlich der in Ziffer 2. getroffenen Anordnung, bei Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, erweist sich der Bescheid vom 31. März 2014 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war der angegriffene Bescheid aufzuheben. Hinsichtlich der in Ziffer 1. getroffenen Anordnung, wonach für Personen unter 16 Jahren der Zutritt zu den Betriebsräumen untersagt wird sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war die Klage abzuweisen.

Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 7 JuSchG. Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann gemäß § 7 Satz 1 JuSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Nach § 7 Satz 2 JuSchG kann die Anordnung Altersbeschränkungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass von einem Gewerbebetrieb - und ein solcher ist im vorliegenden Fall der LaserTag-Arena unstreitig gegeben - eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG von Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind) oder von Jugendlichen (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 JuSchG von Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind), ausgeht. Eine derartige Gefährdung ist anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird. Die Gefahr muss nicht unmittelbar drohen, sondern es genügt, dass Kinder und Jugendliche an den fraglichen Orten nach Kenntnis der Behörde einer solchen dauernd oder zeitweise ausgesetzt sind (Liesching in Erbs/Kohlhaas, strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2015, § 7 JuSchG, Rn. 4 m. w. N.). In diesem Zusammenhang ist eine Gefahrenprognose zu erstellen. Deren Grundlage müssen ausreichende und tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungen des täglichen Lebens, das Erfahrungswissen von Polizeibeamten oder Sozialarbeitern oder wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sein (Liesching, a. a. O., Rn. 5). Der Begriff der Gefährdung in § 7 JuSchG kann mit dem Begriff der Jugendbeeinträchtigung im Sinn des § 14 Abs. 1 JuSchG gleichgesetzt werden, also mit der Gefahr, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt wird (Gutknecht in Nikles/Roll/Spürck/Erdemir/Gutknecht, Jugendschutzrecht, 3. Aufl. 2011, § 7 JuSchG Rn. 6 m. w. N.). In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Frage, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt wird, die Grundsätze der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH, 21. Fassung vom 1. Dezember 2012, heranziehbar (FSK-Grundsätze). Nach deren § 18 Abs. 2 wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Fantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 FSK-Grundsätze; vgl. hierzu auch Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG Rn. 6). Als Wertmaßstäbe sind in diesem Zusammenhang die Grundwerte der Verfassung zu beachten, insbesondere die Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG (Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG, Rn. 5 m. w. N.; BVerwG, B. v. 24.10.2001 - 6 C 3/01 - BVerwGE 115, 189 ff.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf den Gedanken in Ziffer 2.2 der Leitkriterien der USK für die jugendschutzrechtliche Bewertung von Computer- und Videospielen, beschlossen und in Kraft gesetzt durch den Beirat der Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH - USK - (USK-Kriterien) vom Juni 2011 hinzuweisen. Nach diesem verallgemeinerungsfähigen Gedanken ist nicht nur auf den durchschnittlichen, sondern auch auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen, wobei aber Extremfälle auszunehmen sind (vgl. hierzu auch Ziffer 2.4 USK-Kriterien).

Bei der in § 7 Satz 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist.

Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem von der Klägerin im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen sowohl im Alter unter 16 Jahren als auch im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht, dem es an diesbezüglicher eigener Fachkompetenz fehlt, auf der Grundlage des vom Gericht mit Beweisbeschluss vom 10. Juni 2015 in Auftrag gegebenen, am 5. Februar 2016 schriftlich erstatteten und in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 mündlich erläuterten Gutachten des Sachverständigen, Dipl. Psychologen Dr. Florian Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V..

Aus dem Gutachten ergibt sich Folgendes:

Für die Beantwortung der Beweisfragen hat der Sachverständige zunächst auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Akten des Gerichts und der Beklagten den bisherigen Sachverhalt einschließlich der unterschiedlichen Sichtweisen der Parteien dargestellt. Sodann hat er die im Beweisbeschluss des Gerichts enthaltenen juristischen Tatsachenfragen in die psychologische Fragestellung „übersetzt“, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Kinder und Jugendliche im Alter unter 16 Jahren bzw. Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren durch ihre Teilnahme am Spiel LaserTag im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung gefährdet werden können (Ziffer 3. des Gutachtens).

Nach Ansicht des Sachverständigen wären die beiden genannten Personengruppen aus psychologischer Perspektive dann in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, wenn das Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung aufweist. Zudem ist eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung dann gegeben, wenn es bei der Teilnahme am Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen dadurch kommt, das die im Spiel dargebotenen Reize starke Angstreaktionen auslösen können und gleichzeitig keine hinreichenden Möglichkeiten bestehen, das Spiel abzubrechen (Ziffer 4. des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung hat, hat der Sachverständige eine Risikoprognose auf der Grundlage des General Aggression Model (im Folgenden: GAM) erstellt. Diese Entscheidung hat er auf der Grundlage der Erkenntnis getroffen, dass es bislang international keine veröffentlichten empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen von LaserTag- oder LaserGame-Angeboten auf Kinder und Jugendliche gibt (Ziffer 2.2 des Gutachtens). Zudem hat er festgestellt, dass es zu gewalthaltigen Computerspielen zwar vielfältige und ausdifferenzierte Studien gibt, dass diese Forschungsergebnisse jedoch nicht unmittelbar auf den hier zu beurteilenden Gegenstand übertragen werden können, weil trotz mancher Ähnlichkeiten beide Spielformen insbesondere Unterschiede hinsichtlich der realweltlichen, wenngleich fiktional gestalteten Spielumgebung, hinsichtlich der körperlichen Aktivität in der Spielarena und der fehlenden visuellen Untermalung von Gewaltfolgen aufweisen (Ziffern 2.2 und 2.2.1 des Gutachtens). Als Grundlage für die wegen des Fehlens verwendbaren empirischen Materials erforderliche Risikoprognose hat sich der Sachverständige für das GAM entschieden, nach Mitteilung des Sachverständigen ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorien in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (mit Verweis auf Anderson & Dill, 2000; Bushman & Anderson, 2002).

Auf der Grundlage dieses Modells berücksichtigt der Sachverständige kurzfristige und langfristige Wirkmechanismen.

Im Rahmen der kurzfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn der aktuelle innerpsychische Erlebniszustand im Rahmen situativer oder personenbezogener Input-Variablen durch eine kognitive, eine affektive und eine psychophysiologische Aktivierungskomponente beeinflusst wird. Im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn die wiederholte Nutzung gewalthaltiger Spiele zu einer Ausdifferenzierung und Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen führt. Dies kann nach den Ausführungen des Sachverständigen durch fünf voneinander unabhängige Wirkmechanismen geschehen: Durch die Verstärkung (1) aggressiver Überzeugungen und Einstellungen, (2) aggressiver Wahrnehmungsschemata, (3) feindseliger Attributionstendenzen und (4) aggressiver Verhaltensskripte sowie durch (5) eine aggressionsbezogene Desensibilisierung (vgl. zu allem: Ziffer 2.2.2 und Ziffer 4. [am Ende] des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob das Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen auf der Grundlage starker Angstreaktionen führt, hat der Sachverständige - wie er in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - allgemeine psychologische Überlegungen herangezogen.

Zur Beantwortung der Beweisfragen auf dieser Grundlage hat der Sachverständige die Akte des Gerichts sowie die Akte der Beklagten herangezogen und eine Ortsbegehung in der LaserTag-Arena Würzburg vorgenommen, die eine Vorstellung des Spielangebots durch Standortleitung und Geschäftsführung ohne Kundschaft, eine passive Beobachtung des Spielbetriebs mit Kunden, halbstrukturierte Interviewfragen an die Standortleitung und Geschäftsführung, eine teilnehmende Beobachtung am Spiel mit Kunden sowie eine Fotodokumentation der wesentlichen Ausstattungsmerkmale der LaserTag-Arena beinhaltet (vgl. Ziffern 5. und 6. des Gutachtens).

Auf dieser Basis beantwortet der Sachverständige die Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine Gefährdung des geistigen oder seelischen Wohls von Kindern und Jugendlichen ausgeht, wie folgt:

Die Teilnahme am Spiel LaserTag erzeugt einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand. Dies ergibt sich daraus, dass die Teilnahme zu aggressiven Gedanken und Gefühlen führt und psychophysiologisch aktiviert. Die Erzeugung aggressiver Gedanken und Gefühle basiert auf der Waffenähnlichkeit des Phasers, die impliziert, dass aggressives Verhalten in dieser Situation angemessen ist. Das Spiel belohnt und fördert das Verhalten, andere Spieler simuliert zu beschießen, aus psychologischer Sicht selbst eine aggressiv erlebte Verhaltensweise. Dem stehen die entmilitarisierten Begrifflichkeiten und die abstrakte futuristische Spielumgebung nicht entgegen. Die simulierte Ausübung aggressiver Handlungen ist alternativlos, um das Spiel gewinnen zu können. Dies lässt darauf schließen, dass LaserTag kognitiv und emotional als ein Bedrohungs- bzw. Gefahrenszenario verarbeitet wird. Die psychophysiologische Aktivierung kommt durch die intensive körperliche Beanspruchung in Verbindung mit Zeit- und Handlungsdruck im Sinne eines Stresserlebens zustande (vgl. Ziffer 7.1 des Gutachtens).

Die Teilnahme am Spiel LaserTag bewirkt eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der wiederholten Teilnahme am Spiel zu einer Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen sowie zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte kommt, obwohl eine Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und eine Verstärkung feindseliger Attributionstendenzen sowie eine aggressionsbezogene Desensibilisierung nicht festgestellt werden können.

Die Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen ergibt sich daraus, dass spielerisch simulierte Aggression die einzige Möglichkeit ist, das Spiel zu gewinnen. Es kommt zu zahlreichen Einzelkonfrontationen gegnerischer Spieler, die derjenige gewinnt, der zuerst bzw. zielgenauer eine Markierung abgibt (schießt). Damit ist der „aggressivere“ Spieler der erfolgreichere Spieler. Kompromissbereitschaft und anderweitige Formen prosozialen Verhaltens werden nicht gefördert. Diesbezüglich kann die Zusammenarbeit im Spielteam aus lernpsychologischer Sicht nicht als prosoziale Handlung wirksam werden. Dies gilt auch unter der Prämisse, dass lediglich bestimmte aggressive Haltungen nach den Spielregeln legitimiert sind und die Spieler reflektieren können, dass ihre Handlungen nicht tatsächlich zu Schäden beim Gegenspieler führen (vgl. Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens).

Die Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte ergibt sich daraus, dass das Spiel LaserTag eine bewaffnete Gefechtssituation simuliert, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte. Demgegenüber verfügen Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht über differenzierte kognitive Skripte darüber, welche Ereignisse in einer Gefechtssituation tatsächlich erwartet werden können. Das Spiel erscheint geeignet, kognitive Skripte zu bewaffneten Gefechtssituationen zu lernen, zu festigen und weiter auszudifferenzieren, dies auch auf der Grundlage elektronischer Rückmeldungen über Erfolge und Misserfolge. Diese intensivieren den Lernerfolg. Zwar werden diese Lernerfahrungen durch einige Verfremdungen in der Benutzung des Phasers und bezüglich der möglichen Trefferflächen beim gegnerischen Spieler begrenzt werden; jedoch ist gerade bei Personen, die keinerlei Erfahrungen mit solchen Spielen haben, zu erwarten, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit aggressive Verhaltensskripte erlernt werden, zu denen bislang allenfalls rudimentäre Lernerfahrungen vorliegen. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um besonders kritische aggressive Verhaltensskripte handelt, die das Verhalten in einem bewaffneten Gefecht zum Gegenstand haben (vgl. Ziffer 7.2, B4 des Gutachtens).

Hinsichtlich der Ausführungen zum Fehlen der Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und feindseliger Attributionstendenzen sowie zum Fehlen aggressionsbezogener Desensibilisierungen wird auf Ziffer 7.2, B2, B3 und B5 des Gutachtens Bezug genommen.

Die Fragestellung, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag die psychische Gesundheit der genannten Personengruppe gefährdet, beantwortet der Sachverständige wie folgt:

Aufgrund eingeschränkter Sichtverhältnisse wegen Dunkelheit, Nebels und Hindernissen, aufgrund der Hintergrundmusik und aufgrund des allgemeinen Kampfgeschehens kann ein Bedrohlichkeitsgefühl erzeugt werden. Spieler können unvorhergesehen auf Gegenspieler, insbesondere auch auf körperlich deutlich überlegenere und nicht vertraute erwachsene Gegner treffen oder gar von mehreren Gegenspielern eingekreist werden und erschrecken. Bei psychisch vulnerablen Spielern ist damit davon auszugehen, dass das Spielangebot deutliche Angstreaktionen auslösen kann. Zwar wird das Angstpotenzial durch die Anwesenheit einer Aufsichtsperson in der Arena abgeschwächt; diese ist jedoch nicht immer direkt zu finden. Zudem erscheint es möglich, dass Spieler im Falle einer starken Angstreaktion nicht mehr in der Lage sind, einen Ausgang selbstständig aufzusuchen. Weiterhin gibt es keinen „Panik- oder Abbruchknopf“. Damit ist nicht sichergestellt, dass sich Spieler dem Spielgeschehen unmittelbar entziehen können. Zudem besteht kein hinreichender kommunikativer Rahmen für den Abbruch des Spiels. Damit weist das Spiel in seiner derzeitigen Konzeption eine hohe Reizintensität auf, die zumindest vulnerable Spieler emotional überfordern und bei diesen zu starken Angstreaktionen führen kann (vgl. Ziffer 7.3 des Gutachtens).

Abschließend differenziert der Sachverständige hinsichtlich der Intensität der festgestellten Auswirkungen des Spiels auf das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits.

Hinsichtlich Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber das Wirkpotential des Spiels im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen für diese Altersgruppe als hoch relevant einzuschätzen ist. Zudem kommt er zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich des affektiven Wirkpotenzials bei dieser Altersgruppe noch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass starke Angstreaktionen erlebt werden, allerdings wird nur ein kleinerer Teil der Spieler von stärkeren Angstreaktionen betroffen sein.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass aus psychologischer Sicht insgesamt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegt, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann.

Hinsichtlich der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass auch hier die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes als altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber die Gefährdung dieser Altersgruppe im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen als geringer einzuschätzen ist als in der anderen Altersgruppe. Dies gilt für normal entwickelte Jugendliche; demgegenüber kann insbesondere für risikobehaftete Jugendliche eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden. Das affektive Wirkpotenzial ist nach Ansicht des Gutachters geringer einzuschätzen als bei der jüngeren Altersgruppe, allerdings kann auch für die Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen nicht ausgeschlossen werden, dass vulnerable Spieler starke Angstreaktionen entwickeln.

Damit kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Teilnahme von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren am Spiel nicht vertretbar erscheint, wenn das Angebot den Gefährdungen insbesondere risikobehafteter Jugendlicher nicht wirksam begegnet.

Als Rahmenbedingungen für die wirksame Begegnung der genannten Gefährdung bezeichnet der Sachverständige neben der grundsätzlichen Beibehaltung der derzeit schon vorhandenen Rahmenbedingungen wie Eingangsinstruktion, Fairnessregeln, Spielaufsicht, Gestaltung der Spielarena, Bekleidungsvorschriften, Beschaffenheit der Spielausrüstung, angebotene Spielformen und Spielauswertung zwei weitere Maßnahmen als notwendig, um die genannten Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können: Zum einen muss ein Spielabbruch „normalisiert“ werden, also als Handlungsweise beschrieben werden, bei der keine soziale Abwertung zu befürchten ist, einschließlich der Erstattung der Kosten für die Teilnahme. Zum anderen darf vor dem Spiel kein Alkohol an 16- und 17-Jährige ausgeschenkt werden, weil Alkoholkonsum enthemmtes Verhalten begünstigen kann, wodurch die Wahrscheinlichkeit für unfaires und aggressives Verhalten im Spiel steigt.

Unter Einhaltung dieser Prämissen gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass zwar hinsichtlich der Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann, dass aber dieser Gefährdung durch eine persönliche Einweisung und Auswertung, die auch eine Normalisierung des Spielabbruches und das Verbot des Alkoholausschanks umfasst, wirksam begegnet werden kann.

Das Gericht hat das Gutachten des Sachverständigen überprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gutachten die Fragestellungen des Beweisbeschlusses des Gerichts inhaltlich richtig aufnimmt und sie adäquat und für das Gericht nachvollziehbar mit einem psychologischen Hintergrund aufarbeitet und spezifiziert, sozusagen in psychologische Fragestellungen „übersetzt“.

Zwar hat die Klägerseite diesbezüglich in Frage gestellt, ob Aggression überhaupt ein Zustand ist, der zwangsläufig eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl bedeutet. Allerdings ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass eine Steigerung der Aggressivität aus psychologischer Sicht die Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, weil es unabhängig von den Ausführungen der Klägerseite zu „positiver Aggression“ im vorliegenden Fall um die Frage geht, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine stärkere Konfliktbereitschaft, normabweichendes Verhalten und die automatisierte Verfügbarkeit inadäquater aggressiver Reaktionen zur Folge haben kann.

Das Gericht hat sich weiterhin davon überzeugt, dass der Sachverständige die richtige Grundlage bzw. Methode zur Beantwortung der Beweisfragen angewendet hat. Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass mangels vorhandener empirischer Erkenntnisse die Beantwortung der Beweisfragen aufgrund eigener empirischer Forschung hierzu mit einem Zeitaufwand von etwa fünf Jahren und Kosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verbunden wäre. Auf dieser Grundlage erachtet das Gericht die Entscheidung des Sachverständigen als sachgerecht, auf die Durchführung eigener empirischer Studien zur Beantwortung der Beweisfrage zu verzichten, da deren Zeit- und Kostenumfang in keinerlei angemessenem Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei (vgl. hierzu den festgesetzten Streitwert) steht und dem Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits in einem zeitlich angemessen Rahmen (vgl. hierzu auch den Rechtsgedanken des § 198 GVG) widerspricht. Unter dieser Voraussetzung geht auch die Rüge des Klägerbevollmächtigten, der Sachverständige habe keine Messungen zur Feststellung von Erregung und Aggression an den Spielenden vorgenommen, ins Leere.

Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass empirische Studien zur Beantwortung der Beweisfragen nicht in Betracht kommen, hat der Sachverständige zu Recht eine Risikoprognose erstellt; eine Alternative hierzu ist weder von der Klägerseite genannt worden noch für das Gericht erkennbar.

Zu Recht hat der Sachverständige der Risikoprognose das GAM zugrunde gelegt. Zur Begründung und für das Gericht nachvollziehbar hat der Sachverständige sowohl im schriftlich erstatteten Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass das GAM ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens darstellt, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorie in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (Ziffer 2.2.2 des Gutachtens). Damit hat er nachvollziehbar deutlich gemacht, dass das GAM insbesondere auch für die Beurteilung von Aggressionen in bislang diesbezüglich nicht erforschten Bereichen anwendbar ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Lexikon der Psychologie von Dorsch zum Stichwort GAM (https://portal.hogreve.com/dorsch/general-aggression-model/; abgerufen am 12.4.2016). Nach dessen Ausführungen wurde das GAM bisher angewendet auf die Erklärung der aggressionserhöhenden Wirkung von Mediengewaltkonsum, extremen Temperaturen, Schmerzen etc. und wurde kürzlich theoretisch erweitert, u. a. bezüglich seiner Anwendbarkeit auf Gewalt in intimen Beziehungen und Gewalt zwischen Gruppen. Dies macht deutlich, dass das GAM nicht allein auf gewalthaltige Computerspiele anwendbar ist.

Auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen, dass das GAM auf 40 Jahre Lernpsychologie zurückgeht, hat er nachvollziehbar dargelegt, dass sich dies auf die lernpsychologischen Grundlagen bezieht und somit nicht zu befürchten ist, dass das GAM wegen Zeitablaufs nicht mehr gültig sein könnte.

Demgegenüber kann das Gericht auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen nicht den Ausführungen der Klägerseite folgen, das GAM werde dazu genutzt, vorhandene Aggressionen zu erklären und sei deshalb nicht aussagekräftig für Spieler, die nicht aggressiv seien.

Nicht nachvollziehbar ist die von der Klägerseite vorgelegte Stellungnahme des Dr. Christoph P., Fakultät für empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016, Grundannahme des GAM sei, dass wiederholtes Spielen von gewalthaltigen Videospielen zu einer schleichenden Veränderung in Persönlichkeit und Verhaltensaspekten führen können. Dies ist, wie sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen (vgl. oben) ergibt, eine zunächst (zu) eingeengte Sichtweise.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, dass GAM bzw. der Sachverständige berücksichtige nicht bzw. unzureichend, dass hinsichtlich aggressiven Verhaltens nicht nur die Lerneffekte, sondern auch die Frage nach einer aggressiven Persönlichkeit eine Rolle spielten. Dies hat der Sachverständige im Rahmen des GAM berücksichtigt (vgl. z. B. Ziffer 2.2.2, 2. Absatz des Gutachtens).

Nicht nachvollziehbar ist die nicht im Einzelnen erläuterte Meinung von Dr. P., der Sachverständige verneine die Existenz wichtiger Teilkomponenten des GAM und ziehe stattdessen „verallgemeinerte Schlussfolgerungen“. Nicht nachvollziehbar ist weiterhin die Darlegung von Dr. P., das GAM sei kein Modell, dessen Pfade im Sinne einer „oder- Verbindung“ gesehen werden dürften, sondern die Kombination aller Faktoren zeige die Gefahren auf, die bei wiederholtem Spielen entstehen könnten. Denn nachvollziehbar legt der Sachverständige in seinem Gutachten (Ziffer 2.2.2) dar, dass die fünf aufgezeigten langfristigen Wirkmechanismen unabhängig voneinander zur Ausbildung einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur beitragen; in der mündlichen Verhandlung hat er dargestellt, dass ein einziger Wirkpfad hinreichend ist, dass aber der Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung umso gravierender sein kann, je mehr Wirkpfade vorhanden sind, wobei es auch auf die Intensität des Wirkpfades ankommt. Dem konnte die Klägerseite nichts entgegensetzen.

Zu der Behauptung von Dr. P., dass GAM sei nur für das wiederholte Spielen gewalthaltiger Spiele gedacht, die Grundannahmen „wiederholt“ und „gewalthaltig“ seien hier jedoch nicht zu finden, hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dahingehend Stellung genommen, es sei nicht quantifizierbar, wie oft bzw. regelmäßig LaserTag gespielt werden müsse, damit die langfristigen Wirkmechanismen einsetzten. Er hat erläutert, dass jede einzelne Spielrunde einen Lernimpuls setzt. Je mehr man sich dem aussetzt, je öfter man also spielt, umso mehr werden - so der Sachverständige - die Lerneffekte gefestigt. Dies bedeutet aber, dass schon eine einzige Spielrunde zu langfristigen Lerneffekten führen kann.

Damit konnte die Klägerseite das Vorgehen des Sachverständigen, als Methode zur Beantwortung der Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung ausgeht, das GAM heranzuziehen, nicht substantiiert in Frage stellen.

Hinsichtlich der Beurteilung der Gefährdung der psychischen Gesundheit auf der Grundlage der Angstproblematik hat sich der Sachverständige nachvollziehbar auf allgemeine psychologische Grundsätze und Überlegungen gestützt. Dies haben die Parteien nicht in Frage gestellt.

Der Sachverständige hat mit den Akten des Gerichts und der Beklagten sowie mit der Ortsbegehung alles Material zu Beantwortung der Beweisfragen herangezogen, das ihm zur Verfügung stand. Demgegenüber rügt die Klägerseite den aus ihrer Sicht zu kurzen Aufenthalt des Sachverständigen in der LaserTag-Arena Würzburg, ohne allerdings benennen zu können, welche zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse der Sachverständige bei einem längeren Aufenthalt hätte gewinnen können. Zu Unrecht rügt in diesem Zusammenhang Dr. P. für die Klägerseite, der Sachverständige habe es versäumt, Interviews mit Spielern durchzuführen; eine derartige Gewinnung von Material wäre allenfalls im Rahmen einer empirischen Untersuchung sinnvoll, die aber, wie oben ausgeführt, nicht durchzuführen war.

Der Sachverständige hat die Beweisfragen für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet.

Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen die beiden Bereiche „aggressivitätssteigernde Wirkung von LaserTag“ und „Gefährdung der psychischen Gesundheit“ (Angstproblematik) unabhängig voneinander geprüft hat. Er hat dargelegt, dass eine Prüfung von Wechselwirkungen beider Bereiche ohne empirische Daten problematisch ist. Damit gelangt der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass unabhängig voneinander sowohl eine aggressivitätssteigernde Wirkung des Spiels als auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit vorliegt und beide Erkenntnisse gleichermaßen Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen waren.

Weiterhin hat er hinsichtlich der Frage nach dem Begriff der „Verstärkung“ im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen des GAM überzeugend dargelegt, dass dieser Begriff nicht darauf hinweist, dass schon eine Aggressivität vorhanden sein muss. Er hat ausgeführt, dass bestimmte aggressive Überzeugungen sowohl neu angelegt als auch verstärkt werden können. Der Begriff Verstärkung meint eine stärkere Ausbildung der bestimmten aggressiven Überzeugung.

Auf die Frage, wie oft ein Kind/ein Jugendlicher das Spiel LaserTag spielen muss, damit die langfristigen Wirkmechanismen greifen, hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass dies nicht quantifizierbar ist, sondern dass jede Spielrunde einen - auch langfristigen - Lernimpuls setzt und dass wiederholtes Spielen diese Lerneffekte festigt, ohne dies quantifizieren zu können. Hierfür wären langwierige und kostenaufwändige Längsschnittstudien erforderlich.

Die Klägerseite rügt, der Sachverständige habe den Einfluss der Distanzierung von Gewalt- und Kriegsbegrifflichkeiten beim Spiel LaserTag im Rahmen des Ergebnisses nicht hinreichend gewürdigt. Dies kann das Gericht nicht nachvollziehen. Es wird auf Ziffern 7.1 A1 und 7.2 B4 des Gutachtens Bezug genommen, insbesondere aber auch Ziffer 7.4 (am Ende) verwiesen, wo der Sachverständige ausdrücklich darauf hinweist, dass seine Beurteilung nur unter der Voraussetzung gilt, dass die bisherigen Rahmenbedingungen, zu denen beispielsweise auch die entmilitarisierte Sprache gehört, beibehalten werden.

Unbehelflich sind die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zu der Frage, ob der Gutachter die englischen Begriffe „You are hit“, „recharge“ und „base“ falsch verstanden hat; denn der Sachverständige legt Wert auf eine Beibehaltung der entmilitarisierten Sprache und berücksichtigt die genannten Begriffe nicht zulasten der Klägerseite bei der Beantwortung der Beweisfragen.

Zu Unrecht stellt der Klägerbevollmächtigte die Erkenntnis des Sachverständigen in Frage, der Phaser sei waffenähnlich. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung seine Erkenntnis nachvollziehbar erläutert und insbesondere darauf hingewiesen, dass zwischen der Nachbildung einer Waffe und der Waffenähnlichkeit unterschieden werden muss. Demgegenüber können die von der Klägerseite vorgebrachten Beispiele von Gegenständen, die dann auch „waffenähnlich“ wären (Diktiergerät, Handstaubsauger, Handfön, Bohrmaschine) nicht überzeugen.

Zu Recht und entgegen der Meinung der Klägerseite lässt der Sachverständige bei der Beantwortung der Beweisfragen den Einwurf außer Acht, dass deren Beantwortung im Sinne der Beklagtenseite zu Umsatzeinbußen der Klägerin und zum Verlust von Arbeitsplätzen führt. Dies hat mit der Tatsachenfrage, die der Sachverständige zu beantworten hatte, nichts zu tun.

Die von der Klägerseite gerügten „Zirkelschlüsse“ des Sachverständigen werden nicht im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt, sondern als bloße Behauptung in den Raum gestellt.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, hinsichtlich Spielabschluss und Auswertung gebe es keinen Zwischenbefund. Hierzu äußert sich der Sachverständige unter Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens nachvollziehbar.

Die Rüge von Dr. P., der Sachverständige verkenne den „Waffeneffekt“ (vgl. Stellungnahme vom März 2016, Ziffer 2.6.1) nämlich den Effekt, dass Waffen mit Aggression assoziiert würden, geht aus Sicht des Gerichts ins Leere, insbesondere seine Vergleiche mit den Waffen aus den Sportarten Fechten oder Bogenschießen. Zudem ist sein Zweifel, ob der Waffeneffekt auch in der deutschen Kultur verankert sei, nicht weiter belegt und damit nicht nachvollziehbar.

Zu Unrecht rügt Dr. P., der Sachverständige ziehe den Schluss, dass eine psychophysiologische Erregung „automatisch zu konkret aggressivem Verhalten führen muss“. Diese Aussage ist im Gutachten nicht enthalten.

Weiterhin rügt Dr. P., der Sachverständige widerspreche sich im Rahmen der Beurteilung des Punktes „Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte“, indem er einerseits behaupte, LaserTag simuliere eine bewaffnete Gefechtssituation, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte und andererseits feststelle, aufgrund des hohen Abstraktionsgehaltes lägen keine Parallelen zu realen Schauplätzen vor, die der Alltagserfahrung von Kindern und Jugendlichen entsprächen. Demgegenüber legt der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich die Gründe für seine Beurteilung dar und weist insbesondere auf die Begrenzung der Lernerfahrungen durch die Verfremdungen hin. Damit und mit den entsprechenden Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass auch das in einer verfremdeten Umgebung gelernte Verhalten im Rahmen einer Gefechtssituation zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte führen kann.

Zu Recht führt Dr. P. im Rahmen seiner Stellungnahme zum affektiven Wirkpotenzial aus, dass die Aussage nicht generalisiert werden könne, die Spielatmosphäre beim Spiel LaserTag könne durchaus geeignet sein, bei jüngeren Kindern Angst zu erzeugen. Diese Aussage trifft der Sachverständige aber auch nicht. Demgegenüber begründet Dr. P. seine Empfehlung, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern spielen zu lassen, als gegenüber dem Zutrittsverbot milderes Mittel nicht nachvollziehbar. Denn auch Eltern können nicht zuverlässig beurteilen, ob Kinder in der Spielsituation in einen Angstzustand geraten können oder nicht.

Zu Recht und für das Gericht nachvollziehbar differenziert der Sachverständige im Rahmen von Ziffer 7.4 seines Gutachtens zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Die dabei zugrunde gelegten Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits decken sich mit den Ausführungen zu diesen Altersgruppen in Ziffer 3. der USK-Leitkriterien.

Nicht folgen kann das Gericht den Ausführungen der von der Klägerseite eingebrachten Äußerung von Dr. P. hinsichtlich der altersspezifischen Wirkhypothesen, die die Darlegungen des Sachverständigen mit dem Argument in Frage stellen wollen, jüngere Kinder seien nicht unbedingt für aggressive Reize sensibler als ältere Kinder. Diese Argumentation geht schon deswegen ins Leere, weil sie sich allein mit Kindern, also mit unter 14-Jährigen beschäftigt, während der Sachverständige seine Ausführungen entsprechend der Beweisfrage auf die Gruppe der 12- bis 15-jährigen bezieht, also auf (wohl im Sinne des Dr. P.) ältere Kinder und jüngere Jugendliche. Deshalb sind auch die weiteren Ausführungen von Dr. P. zu „jüngeren Kindern“ unbehelflich.

Auch dessen Ausführungen, lediglich ca. 7% der „Kinder im Alter unter 17 Jahren“ wiesen ernsthafte aggressive Störungen auf, sind zum einen nicht nachvollziehbar (die Kindeseigenschaft endet gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG mit der Vollendung des 14. Lebensjahrs) und stellen zum anderen die Ausführungen des Sachverständigen nicht in Frage.

Auch die Ausführungen der Klägerseite zu den Chancen, die das Spiel LaserTag für Personen in der hier relevanten Entwicklungsphase für deren positive kognitive und soziale Entwicklung bietet, können das Gutachten des Sachverständigen nicht in Frage stellen. Zu der Frage, ob die Zusammenarbeit im Spiel-Team aus lernpsychologischer Sicht als prosoziale Haltung wirksam werden kann, hat sich der Sachverständige in Ziffer 7.2.1 seines Gutachtens nachvollziehbar geäußert.

Um das Gutachten des Sachverständigen zu erschüttern, legte die Klägerseite zudem das Ergebnis einer im Zeitraum vom 8. bis 15. März 2016 durchgeführten anonymen Online-Befragung von LaserTag-Spielern vor, an der insgesamt 108 Personen, hiervon 16 Personen im Alter von unter 16 Jahren und 13 Personen im Alter von 16 bis 17 Jahren teilgenommen haben. Die in der Umfrage gestellten Fragen beziehen sich auf die Feststellungen des Sachverständigen. Grundsätzlich mag eine Umfrage Teil einer notwendigerweise breit angelegten empirischen Studie sein; eine derartige Umfrage allein, die zudem aufgrund der geringen Anzahl der Teilnehmenden aus den relevanten Altersgruppen nicht repräsentativ sein kann, ist als Mittel zur Bewertung der hier relevanten Frage, ob durch die Teilnahme am Spiel LaserTag das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen gefährdet ist, schon vom Ansatz her nicht geeignet. Zudem hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass denjenigen Personen, die am Spiel LaserTag teilnehmen, die Wirkmechanismen nicht bewusst werden; das heißt, dass die vom Sachverständigen festgestellten Lerneffekte von den Spielenden nicht verbalisiert werden können. Schon deswegen ist eine Befragung wie die von der Klägerseite vorgelegte nicht einmal ansatzweise dafür geeignet, das Sachverständigengutachten in Frage zu stellen. Nicht nachvollziehbar sind im Übrigen auch einzelne Schlussfolgerungen von Dr. P. aus den Ergebnissen der Online-Befragung, wie z. B. diejenige, dass Personen unter 16 Jahren Spiele wie FIFA oder Mindcraft bevorzugen, damit keine Interesse an Gewaltspielen haben und deshalb auch nicht als Zielgruppe für das GAM infrage kommen.

Der abschließenden Bewertung in der Stellungnahme von Dr. P., das Gutachten des Sachverständigen argumentiere einseitig und lasse eine wissenschaftlich angebrachte Objektivität vermissen, kann das Gericht nicht folgen.

Im Rahmen der Bewertung des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen sind zudem die schon im Vorfeld der Beweiserhebung von den Parteien vorgelegten fachlichen Stellungnahmen in den Blick zu nehmen.

Die Klägerseite hat ein „Gutachten zu LaserTag als Sport- und Spielevent im Jugendalter“ vom 1. April 2014 der Professorin für Theorien, Konzepte und Methoden sozialer Arbeit, Dr. Huth-Hildebrandt von der Fachhochschule Frankfurt am Main, Bereich Sozialwissenschaften, vorgelegt. Dieses ist schon deshalb für die Beantwortung der Beweisfragen und damit auch für die Beurteilung des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens nicht verwendbar, weil es sich dem Spiel LaserTag aus sozialpädagogischer Perspektive nähert (vgl. Gutachten vom 1.4.2014, S. 17, Fazit) und nicht, wie im vorliegenden Fall erforderlich, aus psychologischer Sicht. Verwendbare Ansätze von Antworten auf die vom Gericht gestellten Beweisfragen sind in dem Gutachten nicht enthalten.

Die Stellungnahme von Dr. P. vom 7. April 2014, die die Klägerseite vorgelegt hat, geht nicht über die Inhalte seiner Stellungnahme vom März 2016 hinaus, die bereits oben in die Entscheidungsfindung des Gerichts einbezogen worden ist.

Die von der Klägerseite vorgelegte Ausarbeitung „Einstieg: Machen Computerspiele gewalttätig?“ des Dipl.-Medienwissenschaftlers Dr. Thilo Hartmann vom 7. August 2007 bezieht sich ausschließlich auf gewalthaltige Computerspiele und ist deshalb für den vorliegenden Fall nur insoweit verwendbar, als es die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zum GAM bestätigt.

Die von der Beklagtenseite vorgelegte „Stellungnahme zu potenziellen Auswirkungen von LaserGame auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“ des Priv. Doz. Dr. Lenhardt von der Universität Würzburg, Lehrstuhl Psychologie IV vom 1. Januar 2014/13. Mai 2014 lässt nicht eindeutig erkennen, ob sie sich tatsächlich mit dem hier maßgeblichen Spiel LaserTag beschäftigt, da sie von „Lasergame“ spricht. Allerdings sind dieser Stellungnahme Ausführungen zum GAM zu entnehmen, die sich mit denjenigen des gerichtlich bestellten Sachverständigen decken.

Auf der Grundlage dieser Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, die Fragestellungen des Gerichts richtig aufgreift, die richtige Methode zur Beantwortung der Fragen wählt, sämtliche zur Verfügung stehenden Materialien und Erkenntnismittel hinsichtlich des konkreten Falls berücksichtigt und die Fragen des Gerichts nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet. Es ist dazu geeignet, dem Gericht den notwendigen Sachverstand hinsichtlich der Tatsachenfrage, ob von dem Spiel LaserTag eine Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, zu vermitteln. Gleiches gilt für die Tatsachenfrage, ob für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren diese Gefahr nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn vor der Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt werden. Deshalb macht sich das Gericht das Gutachten zu Eigen.

Auf Basis dieses Gutachtens gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem in der LaserTag-Arena Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl sowohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren als auch von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG vor.

Auf dieser Grundlage hatte die Beklagte das ihr von § 7 Satz 1 und Satz 2 JuSchG eröffnete Ermessen auszuüben. Soweit die Beklagte damit ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der Bescheid vom 31. März 2014 deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler liegt zunächst dann vor, wenn die Behörde überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat (so genannter Ermessensausfall), wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (so genannte Ermessensüberschreitung) oder wenn sie die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten unterschätzt, also irrtümlich bestimmte Anordnungen für unzulässig gehalten hat (Ermessensunterschreitung). Ein Ermessensfehler liegt zudem dann vor, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, sie ihre Entscheidung also auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat und schließlich wenn von dem durch die Befugnisnorm eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, die Behörde sich also von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder ein Belang willkürlich falsch gewichtet (so genannter Ermessensfehlgebrauch) worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 14 ff.; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 114 Rn. 114a ff.; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 16 ff.).

Ob die Ermessensausübung im Einzelfall pflichtgemäß oder fehlerhaft erfolgte, lässt sich nur anhand der nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG erforderlichen Begründung ermitteln (Kopp/Schenke, a. a. O., § 114 Rn. 14 ff.; Decker in Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2014 § 114 Rn. 10 m. w. N.). Eine bezüglich der Ermessenausübung fehlende oder unzureichende Begründung indiziert einen Ermessensnicht- oder Fehlgebrauch, sofern sich nicht aus den Umständen anderes ergibt. Fehlt in einer gegebenen Begründung ein wesentlicher Gesichtspunkt, so spricht dies für die Annahme, dass dieser Punkt auch tatsächlich übersehen wurde (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 23).

Ist eine Ermessensausübung im angefochtenen Bescheid vorhanden, ist sie allerdings defizitär, kann die Verwaltungsbehörde gemäß § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Voraussetzung für ein derartiges Nachschieben von Ermessenserwägungen im Gerichtsverfahren ist, dass die nachgeschobene Erwägung Umstände berücksichtigt, die bereits bei Bescheiderlass vorlagen, dass die nachgeschobene Erwägung den Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert und dass durch die Berücksichtigung der nachgeschobenen Erwägung im Prozess die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht beeinträchtigt wird (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 89 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall sind im Bescheid vom 31. März 2014 hinsichtlich der Entscheidung in Ziffer 1., wonach der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen - auch in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt wird, Ermessenserwägungen vorhanden. Insbesondere führt die Beklagte aus, das Spiel biete Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten, die Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfs, durch körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Der Gegner werde als Mensch erkannt. Das Jugendschutzgesetz habe die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet. Aus dem Entscheidungstenor wird deutlich, dass die Beklagte als milderes Mittel den Zutritt von Personen unter 16 Jahren in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen geprüft und verworfen hat und zwischen unter 16-jährigen Personen einerseits und 16- bis 17-jährigen Personen andererseits differenziert hat. Im Klageverfahren vertieft die Beklagte im Rahmen des § 114 Satz 2 VwGO ihr diesbezügliches Vorbringen und trägt zudem vor, ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts von Kindern und Jugendlichen in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken des Schutzgutes des Jugendschutzgesetzes gestellt werden.

Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides vom 31. März 2014, also hinsichtlich der Untersagung des Zutritts für Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen, hat die Beklagte damit ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten für ein Tätigwerden entschieden. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass eine Ermessenüberschreitung vorliegt, dass also die verhängte Rechtsfolge, das Zutrittsverbot zur LaserTag-Arena, von § 7 Satz 1 JuSchG nicht gedeckt wäre (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Denn § 7 Satz 1 JuSchG eröffnet die Rechtsfolge, den betroffenen Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht zu gestatten. Dies ist der Sache nach dem Verbot des Zutritts zu den Betriebsräumen inhaltsgleich. Auch eine Ermessensunterschreitung liegt nicht vor (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Zudem ist ein Ermessenfehlgebrauch nicht erkennbar. In diesem Rahmen ist auch der Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes zu berücksichtigen, insbesondere der Kontext des § 7 JuSchG zu den anderen Jugendschutzregelungen; die Ermessensausübung hat sich in diesem Rahmen zu bewegen (vgl. VG Bayreuth, B. v. 11.7.2014 - B 3 S 14.443 - juris Rn. 21 ff.). In dieser Hinsicht ergibt sich etwa aus § 4, § 5 und § 9 JuSchG eine besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Ab dem Alter von 16 Jahren nimmt der Gesetzgeber den Schutzgedanken zugunsten einer Selbstbestimmung der Jugendlichen deutlich zurück. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte alles in ihre Ermessenserwägungen eingestellt, was nach Lage der Dinge einzustellen war, und sie hat es sachgerecht gewichtet und abgewogen. Insbesondere ist erkennbar, dass sie auch wirtschaftliche Überlegungen zugunsten der Klägerin berücksichtigt, aber hintangestellt hat. Demgegenüber sind weder sachfremde Gesichtspunkte berücksichtigt noch einzustellende Belange falsch gewichtet worden. Auch wird deutlich, dass die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Satz 2 JuSchG erwogen hat, ein milderes Mittel als ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzuwenden, welches die Gefährdung für deren geistiges oder seelisches Wohl ausschließt oder wesentlich mindert. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte zwischen den beiden Altersgruppen differenziert, sich also im Rahmen des Schutzzwecks des Jugendschutzgesetzes zum Schutz der Altersgruppe der unter 16-Jährigen im Gegensatz zu der Altersgruppe der 16- bis 17-Jährigen für ein Zutrittsverbot entscheidet; zum anderen ergibt sich dies auch daraus, dass die Beklagte in Ziffer 1. des Bescheidtenors auch das mildere Mittel eines Zutritts unter Begleitung von Personensorgeberechtigten bzw. erziehungsbeauftragten Personen anspricht, aber ausschließt.

Hat aber die Beklagte auf der Grundlage der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG, dass vom Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, ihr Ermessen ordnungsgemäß dahingehend ausgeübt, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen zu untersagen, ist diese Entscheidung und im Zusammenhang damit auch Ziffer 3. des Bescheides, soweit sie sich auf 1. bezieht (vgl. hierzu § 3 Abs. 1 JuSchG), rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Demgegenüber ergibt sich, dass hinsichtlich Ziffer 2. des angegriffenen Bescheides - also hinsichtlich der Bestimmung, dass für 16- und 17-jährige Jugendliche vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen ist - schon aus dem Bescheid selbst, dass keinerlei Ermessenserwägungen vorhanden sind. In der Begründung des Bescheides finden sich keine Ausführungen hierzu. Damit liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor; die Beklagte hat verkannt, dass sie überhaupt ein Ermessen hat (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich nicht, dass und welche Ermessenserwägungen sie eingestellt haben könnte (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18). Da die Beklagte jedoch bei der Anwendung der Vorschrift des § 7 JuSchG zur Ausübung ihres Ermessens nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, handelt sie grundsätzlich rechtswidrig, wenn sie dies verkennt (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Damit kommt auch eine diesbezügliche Ergänzung von Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO im Gerichtsverfahren nicht in Betracht, zumal die Beklagte in ihrem gerichtlichen Vorbringen auch keine Erwägungen zu dieser Problematik angestellt hat.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur dann vor und von einem Ermessensnichtgebrauch ist dann nicht auszugehen, wenn ein nach dem Gesetz von sich aus bestehender Ermessenspielraum im Einzelfall ausnahmsweise auf Null reduziert ist (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18 m. w. N.; Decker in Posser/Wolff, § 114 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null liegt dann vor, wenn angesichts der besonderen Umstände des zu entscheidenden konkreten Falls überhaupt nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei sein könnte (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 6 m. w. N.). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anzunehmen. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, das unter Zugrundelegung der Rahmenbedingungen des Spiels LaserTag und insbesondere der allgemeinen Einweisung aller Spieler vor dem Spiel mittels Video und mittels allgemein gültiger Hinweise der Aufsichtsperson (vgl. hierzu auch die Beschreibung in Ziffer 6.2.7 des Sachverständigengutachtens) sowie der allgemeinen Auswertung auf dem Bildschirm im Eingangsbereich (vgl. Beschreibung in Ziffer 6.2.9 des Sachverständigengutachtens) eine darüber hinausgehende „persönliche Einweisung“ und „persönliche Auswertung“, also eine auf den einzelnen Spieler individuell zugeschnittene und ausschließlich für diesen vorgenommene Einweisung und Auswertung (gleich welchen Inhalts, der im angegriffenen Bescheid nicht näher festgelegt ist) die einzige in Frage kommende Methode wäre, um die vom Spiel LaserTag für das geistige oder seelische Wohl von 16- und 17-Jährigen ausgehende Gefahr i. S. v. § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mindern; zudem ist nicht erkennbar, dass diese Methode zwingend anstelle des gemäß § 7 Satz 1 JuSchG anwendbaren Zutrittsverbots angewendet werden müsste. Dies ergibt sich daraus, dass der vom Gericht bestellte Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar aufgezeigt hat, dass unter Beibehaltung der derzeitigen Rahmenbedingungen mit allgemeiner Einweisung und Auswertung auch eine allgemeine Erläuterung der Möglichkeiten, „ohne Gesichtsverlust“ während des Spieles „auszusteigen“ (also die „Normalisierung des Spielabbruchs“) in Verbindung mit einem Verbot, mit Alkoholeinwirkung am Spiel teilzunehmen, eine realistische Möglichkeit ist, für 16- und 17-Jährige die Gefahr für deren geistiges oder seelisches Wohl gemäß § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mildern.

Da somit hinsichtlich Ziffer 2. des Bescheides zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG, nämlich dass vom in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren ausgeht, gegeben sind, die Beklagte jedoch in dem angefochtenen Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen hinsichtlich ihres hierauf bezogenen Handelns erkennen lässt und damit ermessenfehlerhaft gehandelt hat, erweist sich der Bescheid hinsichtlich seiner Ziffer 2. und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht (§ 3 Abs. 1 JuSchG), als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Aus alledem ergibt sich, dass die Ziffer 2. des Bescheides vom 31. März 2014 (Anordnung einer persönlichen Einweisung vor dem Spiel und einer persönlichen Auswertung nach dem Spiel für Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren) und dessen Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, aufzuheben war. Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides (Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren) und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 20.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 14. April 2016, mit dem das von der Beklagten durch Bescheid vom 31. März 2014 auf der Grundlage von § 7 Jugendschutzgesetz (JuSchG) der Klägerin gegenüber ausgesprochene Verbot, Personen unter 16 Jahren Zutritt zur „...-Arena“ in W... zu gewähren (vgl. Ziff. 1 des Bescheids), bestätigt wurde, bleibt ohne Erfolg. Zulassungsgründe liegen - soweit überhaupt den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt - nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Das angefochtene Urteil begegnet keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

a) Das Verwaltungsgericht ist unter Beachtung des durch § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorgegebenen Rahmens freier richterlicher Überzeugungsbildung auf der Grundlage des von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens und unter gleichzeitiger Auseinandersetzung mit den von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten und Gegenstellungnahmen zu der Erkenntnis gelangt, dass von dem in der „...-Arena“ W... angebotenen Spiel „LaserTag“ eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen - jedenfalls - unter 16 Jahren ausgeht und damit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG vorliegen, nach welchem eine Gefährdung für die dort genannten Rechtsgüter schon dann anzunehmen ist, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozial-ethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird (vgl. näher Liesching, in: Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 7 JuSchG Rn. 4 m. w. N.).

Hiergegen bleibt, nachdem das vom Verwaltungsgericht eingeholte Sachverständigengutachten dem in der „...-Arena“ W... angebotenen „Spiel“ LaserTag ausdrücklich attestiert, aggressive Verhaltensskripte zu verstärken, indem mit einem waffenähnlichen Phaser eine bewaffnete Gefechtssituation mittels des Zielens auf und des „Markierens“ von Menschen simuliert werde, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könne, so dass das „Spiel“ geeignet erscheine, kognitive Skripte zu bewaffneten Gefechtssituationen zu erlernen, zu festigen und weiter auszudifferenzieren, nichts zu erinnern. Das in der Anlage in W... betriebene „Spiel“ hat angesichts des erheblichen Selbst- und Fremdgefährdungspotentials, das sich vor allem dann entfalten kann, wenn die erlernten Verhaltensskripte bei sich bietender Gelegenheit in die Realität übertragen werden sollten, in den Händen von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und die anders als ältere Jugendliche und Erwachsene Fiktion und Realität noch nicht in gleicher Weise trennscharf voneinander zu unterscheiden vermögen (vgl. hierzu näher Stroezel/Wegel, Neuer Freizeittrend Lasertag, Kriminalistik 2015, 704 [706; 709]), nichts verloren, ohne dass es insoweit weiterer sachverständiger Expertise bedürfte.

b) Demgegenüber greift das lediglich pauschale Vorbringen der Klägerin, es sei nicht nachvollziehbar, wodurch sich eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für einen Schaden ergebe, dem vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachten fehle jede wissenschaftliche Erkenntnis, ins Leere und vermag eine Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu erwirken.

Zuzulassen ist die Berufung nach § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO nämlich nur dann, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO dargelegt ist und vorliegt. „Darlegen“ bedeutet nach dem allgemeinen Sprachgebrauch so viel wie „erläutern“, „erklären“ oder „näher auf etwas eingehen“. Dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ist deshalb nur dann genügt, wenn nicht nur der Zulassungsgrund konkret benannt, sondern zugleich auch näher erläutert wird, aus welchen Gründen er vorliegen soll. Insoweit bedarf es einer substantiierten, auf den jeweiligen Zulassungsgrund bezogenen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen und aufbereitet wird. Der Kläger muss sich mit den Argumenten, die das Verwaltungsgericht für die angegriffene Rechtsauffassung oder Sachverhaltsfeststellung und -würdigung angeführt hat, inhaltlich auseinandersetzen und aufzeigen, warum sie aus seiner Sicht nicht tragfähig sind (vgl. BayVGH, B. v. 19.4.2011 - 8 ZB 10.129 -, juris, Rn. 7 m. w. N.). Eine bloße Wiederholung erstinstanzlichen Vorbringens genügt diesen Anforderungen nicht (vgl. BayVGH, B. v. 19.4.2011 - 8 ZB 10.129 - juris, Rn. 18 m. w. N.).

Die Klägerin hätte deshalb konkret darlegen müssen, weshalb die vom Verwaltungsgericht angenommene hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts - aus ihrer Sicht - nicht vorliegt, die Annahmen und Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichts sich - ihrer Auffassung nach - als nicht tragfähig erweisen und dem vom Verwaltungsgericht erholten Gutachten (angeblich) jede wissenschaftliche Erkenntnis fehlen soll. Lediglich pauschale Behauptungen - gleichsam „ins Blaue hinein“ -, ohne jede konkrete und substantiierte Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts, die sich den insoweit aufgeworfenen Fragen über mehr als 20 Seiten widmen (vgl. Entscheidungsgründe S. 10 - 30), genügen den beschriebenen Anforderungen in keiner Weise.

Ebenso wenig kann der Einwand verfangen, das Verwaltungsgericht habe keine eigene rechtliche Würdigung vorgenommen und dem Gutachten die gerichtliche Prüfung überlassen. Hierfür fehlt jeder Anhaltspunkt. Weder hat das Verwaltungsgericht die eigentliche Entscheidung des Rechtsstreits dem von ihm bestellten Sachverständigen anheimgegeben, noch hat es sich dessen Ausführungen ungeprüft zu Eigen gemacht (vgl. zu diesen Anforderungen näher BVerwG, B. v. 21.7.1998 - 6 B 44/98 -, NVwZ 1999, 187 [188]). Vielmehr hat die zuständige Kammer die im Gutachten des Sachverständigen enthaltenen Feststellungen und Schlussfolgerungen im Rahmen ihrer tatrichterlichen Würdigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, dem von der Klägerin vorgelegten Privatgutachten und deren weiteren Stellungnahmen und Bewertungen, ihrer eigenen Sachkunde und ihrer allgemeinen Lebenserfahrung, selbstverantwortlich überprüft und nachvollzogen und sich erst auf der Grundlage dieser Prüfung zu Eigen gemacht (vgl. zu diesen Anforderungen näher BVerwG, U. v. 2.4.1969 - VI C 76.65 -, Buchholz 232 § 139 BBG Nr. 9). Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) lässt all dies nicht erkennen.

Auch mit der vom gerichtlich bestellten Gutachter zugrunde gelegten Methode hat sich das Verwaltungsgericht ausführlich auseinandergesetzt und dargelegt, weshalb diese nicht zu beanstanden ist. Hierauf wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Soweit die Klägerin die Methodik des Gutachtens im Antrag auf Zulassung der Berufung erneut in Zweifel zu ziehen sucht, genügen ihre Ausführungen nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; es fehlt insoweit an jeder Substantiierung und Glaubhaftmachung (vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 91 und § 124a Rn. 208).

Entgegen der Annahme der Klägerin haben sowohl das Sachverständigengutachten als auch das Verwaltungsgericht die „verfremdete Gestaltung“ des LaserTag-Handgeräts durchaus gewürdigt, aufgrund ihrer gleichwohl bestehenden „Waffenähnlichkeit“ aber nicht die von der Klägerin insoweit gewünschte Wirkung beigemessen. Hiergegen ist auf der Grundlage freier richterlicher Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nichts zu erinnern. Auch insofern sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) deshalb nicht zu erkennen.

Ebenso wenig vermag die pauschale Behauptung, der vom Gericht bestellte Sachverständige habe seinem Gutachten kein Tatsachenmaterial zugrunde gelegt, zu verfangen und ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu begründen. Die Klägerin räumt selbst ein, dass der Gutachter eine dreistündige Ortsbegehung in der „...-Arena“ W... vorgenommen hat. Es kann daher nicht in Abrede gestellt werden, dass das Gutachten des Sachverständigen auf der Grundlage der konkreten örtlichen Verhältnisse erfolgte. Der Gutachter hat nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin sogar eine teilnehmende Beobachtung am Spiel mit Kunden der Anlage durchgeführt.

Dass das Gewinnen weiterer empirischer Kenntnisse - etwa aufgrund einer mehrjährigen Fallstudie - den Rahmen eines auf eine Entscheidung in vertretbarer Zeit angelegten Gerichtsverfahrens überschreiten würde, haben sowohl der Gutachter als auch das Verwaltungsgericht in nachvollziehbarer Weise (Zeitraum 5 Jahre, Kosten: mehrere hunderttausend Euro) dargelegt. Hierauf wird zur Vermeidung von unnötigen Wiederholungen Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Dass die Annahmen des Gutachters und des Verwaltungsgerichts zur Zeitdauer und zu den möglichen Kosten unzutreffend wären, hat die Klägerin lediglich behauptet, nicht aber den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend substantiiert und glaubhaft gemacht (vgl. hierzu Seibert, in: Sodan/Ziekow, 4. Aufl. 2014, § 124 Rn. 91, § 124a Rn. 208).

Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der von der Beklagten getroffenen Anordnungen hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt; es hat ihnen - aufgrund der überragenden Bedeutung des Jugendschutzes - allerdings nicht die von der Klägerin für geboten erachteten Wirkungen beimessen können. Auch dies lässt ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht erkennen.

Soweit die Klägerin ferner eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 GG (Berufsfreiheit) und Art. 14 GG (Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb) geltend machen lässt, auf einen Umsatzrückgang von ca. 35% sowie die bereits Realität gewordene Notwendigkeit der Entlassung von Mitarbeitern verweist und darüber hinaus die Verhältnismäßigkeit der von der Beklagten getroffenen Anordnungen rügt, verkennt sie Bedeutung und Tragweite des überragend wichtigen Gemeinschaftsguts des Jugendschutzes, dem sich wirtschaftliche Überlegungen zu unterordnen haben, wenn - wie hier - ein die Grundrechte der Klägerin nicht oder doch fühlbar weniger einschränkendes Mittel nicht gewählt werden kann (vgl. BVerfGE 30, 292 [316]; 75, 246 [269]; 80, 1 [30]). Die vom Gutachter attestierten und vom Verwaltungsgericht festgestellten aggressiven Verhaltensskripte würden bei Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren auch im Beisein von Personensorgeberechtigten oder erziehungsbeauftragten Personen entwickelt, weshalb ein Zutritt unter Auflagen (§ 7 Satz 2 JuSchuG) insoweit nicht in Betracht kommt. Auf die Aufrechterhaltung dem Jugendschutz zuwider laufender Erwerbschancen besteht kein Anspruch. Auch insoweit sind ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht zu erkennen.

2. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) hat der Bevollmächtigte der Klägerin lediglich behauptet, nicht aber den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt.

a) In Bezug auf den Zulassungsgrund der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung (§ 24 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt das Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO voraus, dass der Antragsteller eine für fallübergreifend gehaltene Frage formuliert. Darüber hinaus ist näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Schließlich ist darzustellen, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung in dem angestrebten Berufungsverfahren zu erwarten ist (vgl. hierzu näher Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2011, § 124 Rn. 51 m. w. N.). Die bloße kritische Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung ohne Herausarbeitung einer konkreten Rechts- oder Tatsachenfrage genügt hingegen nicht (vgl. Kuhlmann, a. a. O., § 124a Rn. 52).

b) Hiervon ausgehend kann die bloße Behauptung, die Rechtssache habe deshalb grundsätzliche Bedeutung, weil die Klägerin im gesamten Bundesgebiet ...-Arenen betreibe und auch andere Betreiber Spiele dieser Art anböten mit der Folge, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts die ganze Branche betreffe, den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügen. Der Bevollmächtigte der Klägerin unterlässt es, die für grundsätzlich klärungsbedürftig erachtete konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage auch nur ansatzweise zu formulieren.

Auch einen fallübergreifenden Bezug zeigt der Bevollmächtigte nicht in der Sache nachvollziehbar auf. Ein derartiger Bezug fehlt, wenn die Beantwortung der Frage von den tatsächlichen Umständen den konkreten Einzelfalls abhängt (vgl. BVerwG, B. v. 30.3.2005 - 1 B 11/05 -, NVwZ 2005, 709) und diese sich deshalb einer allgemeingültigen Beurteilung entzieht. Im vorliegenden Fall sind die Feststellungen des Sachverständigengutachtens und das hierauf gründende Urteil des Verwaltungsgerichts ausschließlich auf die konkreten Verhältnisse in der „...-Arena“ in W... namentlich auf den dort zum Einsatz kommenden „waffenartigen Phaser“, bezogen. Die Klägerin hat weder aufgezeigt noch ist sonst ersichtlich, dass sich insoweit die Verhältnisse in allen in der Bundesrepublik betriebenen Anlagen gleichen. Angesichts der von der Klägerin ausdrücklich in Bezug genommenen Individualität der Einrichtung in W... entzieht sich der Fall der von der Klägerin angestrebten grundsätzlichen Klärung (vgl. BVerwG, B. v. 4.1.1991 - 6 B 20/90 -, NVwZ-RR 1991, 488). Die Klägerin kann nicht einerseits eine (unzutreffende) Verkennung der besonderen Verhältnisse in der konkreten Arena in W... rügen (vgl. S. 2 ff. d. Antragsbegründung), andererseits aber eine über den konkreten Einzelfall hinausreichende grundsätzliche Bedeutung behaupten. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts beziehen sich entsprechend dem der Entscheidung vorangestellten Leitsatz ausdrücklich auch nur auf das konkret in W... angebotene „Spiel“. Ungeachtet dessen hat eine Rechtsfrage auch nicht schon dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, weil es zu ihr noch keine ausdrückliche höchstrichterliche Rechtsprechung gibt (vgl. Kuhlmann, in: Wysk, VwGO, 2011, § 124 Rn. 36).

3. Ebenso wenig ist die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin begründet keinen Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung, die sich nicht ohne Weiteres bereits im Zulassungsverfahren hätten klären lassen und deshalb die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2014, § 124 Rn. 9).

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb abzulehnen. Mit dieser Entscheidung wird das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 24. April 2016 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist nicht gerichtskostenfrei (§ 188 Satz 2 VwGO). Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.

5. Gegen diesen Beschluss gibt es kein Rechtsmittel (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Die Anordnung kann Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tenor

I.

Ziffer 2 des Bescheides der Stadt Würzburg vom 31. März 2014 wird aufgehoben. Ziffer 3 des Bescheides vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit sie sich auf Ziffer 2 des Bescheides bezieht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin ¾, die Beklagte ¼ zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung LaserTag Würzburg in Würzburg eine LaserTag-Arena. Die Beteiligten streiten um einen Bescheid der Beklagten auf der Grundlage des § 7 JuSchG.

Im Rahmen des von der Klägerin angebotenen Spiels LaserTag spielen in der Regel (je nach Spielmodus) zwei Mannschaften gegeneinander, die in einer abgedunkelten, futuristisch ausgestalteten und mit Hindernissen versehenen Halle innerhalb einer vorgegebenen Zeit versuchen, Mitglieder der anderen Mannschaft mittels von so genannten „Phasern“ ausgesandten Laserstrahlen (eigentlich: Infrarot-Strahlen) an auf Brust, Rücken und Schultern sowie am Phaser befindlichen Sensoren zu „markieren“ und damit möglichst viele Punkte zu erzielen, ohne Punktabzüge durch eigenes „Markiert werden“ durch Mitglieder der gegnerischen Mannschaft hinzunehmen.

Am 17. Februar 2014 fand zwischen der Beklagten und den Geschäftsführern der LaserTag Würzburg eine Besprechung statt, bei der von Seiten der Beklagten Bedenken bezüglich jugendschutzrelevanter Punkte, insbesondere bezüglich der von der Klägerin festgesetzten unteren Altersgrenze von 12 Jahren geäußert wurden. Diese Bedenken versuchte die Klägerin durch Vorlage diverser Unterlagen zu zerstreuen.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 erließ die Beklagte folgende Regelungen:

„1. Der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen wird untersagt. Dies gilt auch für eine etwaige Begleitung Minderjähriger durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen.

2. Für die einzelnen Teilnehmer ist jeweils vor dem Lasergame eine persönliche Einweisung und nach dem Lasergame eine persönliche Auswertung durchzuführen.

3. Der Inhalt dieser Anordnung ist an gut sichtbarer Stelle bekannt zu geben.“

Zudem wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, bei Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 9 JuSchG ein Bußgeld zu verhängen.

Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 7 JuSchG ausgeführt, wesentliches Ziel des Spiels sei das Markieren (Abschießen) der menschlichen Gegner. Die Bezeichnung „Markierung“ statt „Treffer“ erscheine stark verharmlosend. Das Spiel in der LaserTag-Anlage sei als Wettbewerb ausgelegt. Mit dem Ziel, die höchste Punktzahl zu erreichen, fordere das Spiel geradezu dazu auf, „Held“ zu sein und biete so auch Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Gemäß der Ansicht von Dr. Hartmann von der Bundeszentrale für politische Bildung erhöhe ein starker Wettbewerbscharakter das Risiko aggressiver Auswirkungen. Die in der Halle aufgebauten Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfes. Der Einsatz von Nebeleffekten verstärke nicht nur den Laserstrahl der Phaser, sondern auch die Atmosphäre eines Kampfes. Im Vergleich zu Computerspielen mute die Atmosphäre realistisch an, weil sich zwei Menschen körperlich gegenüber stünden, die zugleich als Schützen und als auszuschaltende Kontrahenten fungierten. Durch die futuristische Gestaltung der Waffen und der Halle könne nicht darauf geschlossen werden, dass Jugendliche besser zwischen Spiel und Realität differenzieren könnten. Anders als bei Computerspielen werde durch die körperliche Anstrengung eine intensive Wahrnehmung und ein intensives Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Zusammenhang mit einer Einrichtung einer LaserTag-Arena vor einer Bagatellisierung von Gewalt gegen den Grundsatz der Menschenwürde gewarnt. In Zeiten beschleunigter Modernisierung habe der Jugendschutz verstärkt die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft Einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Kinder und Jugendliche mit fehlender moralischer und sozialer Orientierung seien von Spielen dieser Art am ehesten gefährdet. Nach Einschätzung der Beklagten liege durch die Teilnahme am Lasergame eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit vor und die Teilnahme gefährde das geistige und seelische Wohl von Jugendlichen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet.

Ein Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheids an die Beklagte findet sich in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht.

II.

Mit ihrer am 2. Mai 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, bei der angebotenen Sportart LaserTag handele es sich um eine von mehreren Spielarten, bei denen mit Hilfe von Infrarot-Signalgebern und -sensoren Bewegungs-, Simulations- und Laufspiele organisiert würden. Bei dem von der Klägerin angebotenen Spiel handele es sich nicht um das Spiel „Lasergame“, sondern um ein anderes, davon verschiedenes Spiel unter der Bezeichnung „LaserTag“. Dabei gehe es nicht um das Abschießen menschlicher Gegner; das Spiel fordere nicht dazu auf, Held zu sein und biete keine Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Die Beklagte komme unter unzutreffender Würdigung des Sachverhalts zwangsläufig zu falschen Ergebnissen, dies auch unter Heranziehung der Ausarbeitung von Dr. Hartmann zu völlig anderen Sachverhalten. Damit sei die Beklagte bei Erlass des Bescheides von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Unter Bezugnahme auf ein von der Klägerin vorgelegtes Gutachten von Prof. Dr. Huth-Hildbrandt zu LaserTag ergebe sich, dass LaserTag als teambasierte bewegungsbezogene Aktivität für geschlechtsbezogene Entwicklungsaufgaben im Jugendalter eher stützend wirke als z. B. traditionell ausgeübte Mannschaftssportarten. Auch in der in dem Bescheid zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, bei der es sich um einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof gehandelt habe, gehe es nicht um LaserTag, sondern um Laserdrome. Dies sei eine vom Konzept der Klägerin deutlich unterschiedliche Variante des Laserspiels. Insbesondere gehe es bei LaserTag gerade nicht um „spielerisches Töten“, nicht um die Konfrontation Mensch gegen Mensch und es würden keine Gewaltakte gegen Menschen nachgestellt. Die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag sei ein familienfreundliches Spiel, das frei von realitätsnahen oder gar kriegsähnlichen Situationen sei. Damit schließe sich auch ein Vergleich mit dem so genannten „Paintball-Spiel“ aus, bei dem ein „Treffer“ durch das Platzen einer Farbkugel optisch sichtbar werde. LaserTag finde in einem futuristischen Kontext statt, so dass für die Spieler Distanzierungsmöglichkeiten zur Realität sichergestellt seien. Bereits 12- bis 15-jährigen Jugendlichen werde im Rahmen der Einstufung der Altersfreigabe für Computerspiele nach den Regeln der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) die Fähigkeit zur distanzierten Wahrnehmung und Unterscheidung zwischen Spielfeld und Wirklichkeit in höherem Maße zugetraut als jüngeren Kindern.

Dies bedeute für die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag, dass die unbegründeten Behauptungen der Beklagten die angefochtene Verfügung nicht tragen würden und der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin rechtswidrig sei. Die Beklagte setze sich in der angegriffenen Verfügung nicht mit den Eigenheiten des von der Klägerin veranstalteten Spiels auseinander, sondern übertrage ohne Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Umständen in dem Betrieb der Klägerin den Sachverhalt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2001 unreflektiert auf den Betrieb der Klägerin. Die Teilnahme an der von der Klägerin veranstalteten Sportart LaserTag stelle keine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit dar, sondern sie fördere im Gegenteil die wünschenswerte Entwicklung der Persönlichkeit. Hierzu werde auf das Gutachten der Fachhochschule Frankfurt vom April 2014 verwiesen. Auch der Erziehungswissenschaftler und Aggressionsforscher Dr. P., Universität des Saarlandes, bestätige, dass aus Sicht der entwicklungs- und aggressionspsychologischen Forschung das Spielen von LaserTag keine jugendgefährdenden Gesichtspunkte erfülle. Hierzu werde auf die vorgelegte Stellungnahme Bezug genommen.

Die Beklagte habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG zu Unrecht angenommen und das von § 7 JuSchG eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihrer Berufsfreiheit und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, nach § 7 JuSchG könne die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern oder Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten dürfe, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgehe. Bei der von der Klägerin betriebenen LaserTag-Arena in Würzburg handele es sich unstreitig um einen Gewerbebetrieb. Durch die in der LaserTag-Arena von den Teilnehmern durchgeführten Handlungen gingen Gefährdungen für das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen aus, die eine Altersbeschränkung auf 16 Jahre, also die Untersagung des Zutritts von Personen unter 16 Jahren, erlaubten und vollumfänglich rechtfertigten.

Ziel des Spieles sei nicht verharmlosend das „Markieren“ der menschlichen Gegner, sondern deren Treffen oder Abschießen. Dieses Ziel werde von den Spielern aktiv verfolgt. Damit werde eine Tötungshandlung simuliert. Die „Phaser“ genannten Spielgeräte kämen in Funktionsweise und Aussehen Schusswaffen gleich. Der vom „Phaser“ ausgehende Laserstrahl visiere den Gegenspieler als Schussziel an. Zudem werde er ähnlich einer Pumpgun mit zwei Händen gehalten, Schüsse würden durch das Drücken von Knöpfen ausgelöst, damit stelle der Phaser ein waffenähnliches Gerät dar. Die Ausgestaltung des Spielfeldes erwecke sehr deutlich den Eindruck eines simulierten Nahkampfszenarios, verstärkt von Nebeleffekten, Schwarzlicht und Dunkelheit. Wer die meisten Punkte erziele, gewinne das Spiel. Damit sei es eindeutig als Wettbewerb angelegt. Zudem werde der jeweilige Monatssieger gekürt. LaserTag werde somit in einen gewaltverherrlichenden Zusammenhang gestellt. Realitätsnähe werde dadurch erzeugt, dass sich zwei Gruppen/Teams körperlich gegenüber stünden; durch die körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, was eine Abstraktion beeinträchtige. Der Gegner werde als Mensch und nicht als verfremdetes abstraktes Ziel erkannt. Es gehe also um Kampf und Abschießen, damit sei LaserTag ein kriegsähnliches Spiel. Die von der Klägerin genannten „distanzierenden Elemente“ kämen nicht zum Tragen. Damit gehe von dem Spiel LaserTag eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen im Sinne des § 7 JuSchG aus, wenn sich diese in der LaserTag-Arena aufhielten. Ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts dieser Personengruppe in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Nach Abwägung aller Umstände liege im LaserTag-Kampf eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit durch die Teilnahme am Spiel. Dementsprechend gefährde die Teilnahme am Spiel das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen und es sei somit unter Auslegung und Würdigung der Kriterien der USK eine Zutrittsbeschränkung für unter 16-Jährige gerechtfertigt. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch die Haltung von unter 16-jährigen Kindern und Jugendlichen in einem Beitrag des Bayer. Rundfunks. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken und den Schutzzweck des Jugendschutzrechts gestellt werden.

Die Parteien legten verschiedene gutachtliche Äußerungen vor, die sich mit der Frage einer Jugendgefährdung durch „Laserspiele“ befassen.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2015 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Mit Beschluss vom 10. Juni 2015 erhob das Gericht Beweis über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren an dem von der Klägerin in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag gehe eine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus sowie über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren an dem genannten Spiel gehe nur dann keine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus, wenn für die Jugendlichen vor deren Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt wird, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Gericht beauftragte im Einverständnis mit den Parteien als Sachverständigen Dr. Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.

Zum vom Sachverständigen schriftlich am 5. Februar 2016 erstatteten Gutachten nahm die Klägerseite dahingehend Stellung, sie halte es für ungenügend und für eine Beurteilung der Fragen im Beweisbeschluss untauglich. Sie legte eine Stellungnahme von Dr. P., Fakultät für Empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016 vor und regte die Einholung eines „Obergutachtens“ an.

In der mündlichen Verhandlung am 14. April 2016 erläuterte der Sachverständige sein schriftliches Gutachten ausführlich. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14. April 2016, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 31. März 2014, mit welchem die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2730), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl I S. 3154), Personen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen - auch bei Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt (Ziffer 1. des Bescheides) sowie für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren anordnet, vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen (Ziffer 2. des Bescheides). Zwar ist dem bloßen Wortlaut der Anordnung in Ziffer 2. des Bescheidtenors die Begrenzung der Anordnung auf Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren nicht zu entnehmen; allerdings ergibt sich dies zum einen daraus, dass Personen unter 16 Jahren gemäß Ziffer 1. des Bescheides ohnehin kein Zutrittsrecht haben und der Bescheid auf § 7 JuSchG gestützt ist, der gemäß seinem Wortlaut lediglich auf Kinder und Jugendliche (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG auf Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind) anwendbar ist; zum anderen hat die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2015 klargestellt. Weiterhin bestimmt der angegriffene Bescheid in seiner Ziffer 3., dass der Inhalt der in Ziffer 1. und 2. getroffenen Anordnungen an gut sichtbarer Stelle bekanntzugeben ist.

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Hinsichtlich der in Ziffer 2. getroffenen Anordnung, bei Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, erweist sich der Bescheid vom 31. März 2014 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war der angegriffene Bescheid aufzuheben. Hinsichtlich der in Ziffer 1. getroffenen Anordnung, wonach für Personen unter 16 Jahren der Zutritt zu den Betriebsräumen untersagt wird sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war die Klage abzuweisen.

Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 7 JuSchG. Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann gemäß § 7 Satz 1 JuSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Nach § 7 Satz 2 JuSchG kann die Anordnung Altersbeschränkungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass von einem Gewerbebetrieb - und ein solcher ist im vorliegenden Fall der LaserTag-Arena unstreitig gegeben - eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG von Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind) oder von Jugendlichen (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 JuSchG von Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind), ausgeht. Eine derartige Gefährdung ist anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird. Die Gefahr muss nicht unmittelbar drohen, sondern es genügt, dass Kinder und Jugendliche an den fraglichen Orten nach Kenntnis der Behörde einer solchen dauernd oder zeitweise ausgesetzt sind (Liesching in Erbs/Kohlhaas, strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2015, § 7 JuSchG, Rn. 4 m. w. N.). In diesem Zusammenhang ist eine Gefahrenprognose zu erstellen. Deren Grundlage müssen ausreichende und tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungen des täglichen Lebens, das Erfahrungswissen von Polizeibeamten oder Sozialarbeitern oder wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sein (Liesching, a. a. O., Rn. 5). Der Begriff der Gefährdung in § 7 JuSchG kann mit dem Begriff der Jugendbeeinträchtigung im Sinn des § 14 Abs. 1 JuSchG gleichgesetzt werden, also mit der Gefahr, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt wird (Gutknecht in Nikles/Roll/Spürck/Erdemir/Gutknecht, Jugendschutzrecht, 3. Aufl. 2011, § 7 JuSchG Rn. 6 m. w. N.). In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Frage, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt wird, die Grundsätze der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH, 21. Fassung vom 1. Dezember 2012, heranziehbar (FSK-Grundsätze). Nach deren § 18 Abs. 2 wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Fantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 FSK-Grundsätze; vgl. hierzu auch Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG Rn. 6). Als Wertmaßstäbe sind in diesem Zusammenhang die Grundwerte der Verfassung zu beachten, insbesondere die Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG (Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG, Rn. 5 m. w. N.; BVerwG, B. v. 24.10.2001 - 6 C 3/01 - BVerwGE 115, 189 ff.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf den Gedanken in Ziffer 2.2 der Leitkriterien der USK für die jugendschutzrechtliche Bewertung von Computer- und Videospielen, beschlossen und in Kraft gesetzt durch den Beirat der Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH - USK - (USK-Kriterien) vom Juni 2011 hinzuweisen. Nach diesem verallgemeinerungsfähigen Gedanken ist nicht nur auf den durchschnittlichen, sondern auch auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen, wobei aber Extremfälle auszunehmen sind (vgl. hierzu auch Ziffer 2.4 USK-Kriterien).

Bei der in § 7 Satz 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist.

Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem von der Klägerin im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen sowohl im Alter unter 16 Jahren als auch im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht, dem es an diesbezüglicher eigener Fachkompetenz fehlt, auf der Grundlage des vom Gericht mit Beweisbeschluss vom 10. Juni 2015 in Auftrag gegebenen, am 5. Februar 2016 schriftlich erstatteten und in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 mündlich erläuterten Gutachten des Sachverständigen, Dipl. Psychologen Dr. Florian Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V..

Aus dem Gutachten ergibt sich Folgendes:

Für die Beantwortung der Beweisfragen hat der Sachverständige zunächst auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Akten des Gerichts und der Beklagten den bisherigen Sachverhalt einschließlich der unterschiedlichen Sichtweisen der Parteien dargestellt. Sodann hat er die im Beweisbeschluss des Gerichts enthaltenen juristischen Tatsachenfragen in die psychologische Fragestellung „übersetzt“, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Kinder und Jugendliche im Alter unter 16 Jahren bzw. Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren durch ihre Teilnahme am Spiel LaserTag im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung gefährdet werden können (Ziffer 3. des Gutachtens).

Nach Ansicht des Sachverständigen wären die beiden genannten Personengruppen aus psychologischer Perspektive dann in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, wenn das Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung aufweist. Zudem ist eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung dann gegeben, wenn es bei der Teilnahme am Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen dadurch kommt, das die im Spiel dargebotenen Reize starke Angstreaktionen auslösen können und gleichzeitig keine hinreichenden Möglichkeiten bestehen, das Spiel abzubrechen (Ziffer 4. des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung hat, hat der Sachverständige eine Risikoprognose auf der Grundlage des General Aggression Model (im Folgenden: GAM) erstellt. Diese Entscheidung hat er auf der Grundlage der Erkenntnis getroffen, dass es bislang international keine veröffentlichten empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen von LaserTag- oder LaserGame-Angeboten auf Kinder und Jugendliche gibt (Ziffer 2.2 des Gutachtens). Zudem hat er festgestellt, dass es zu gewalthaltigen Computerspielen zwar vielfältige und ausdifferenzierte Studien gibt, dass diese Forschungsergebnisse jedoch nicht unmittelbar auf den hier zu beurteilenden Gegenstand übertragen werden können, weil trotz mancher Ähnlichkeiten beide Spielformen insbesondere Unterschiede hinsichtlich der realweltlichen, wenngleich fiktional gestalteten Spielumgebung, hinsichtlich der körperlichen Aktivität in der Spielarena und der fehlenden visuellen Untermalung von Gewaltfolgen aufweisen (Ziffern 2.2 und 2.2.1 des Gutachtens). Als Grundlage für die wegen des Fehlens verwendbaren empirischen Materials erforderliche Risikoprognose hat sich der Sachverständige für das GAM entschieden, nach Mitteilung des Sachverständigen ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorien in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (mit Verweis auf Anderson & Dill, 2000; Bushman & Anderson, 2002).

Auf der Grundlage dieses Modells berücksichtigt der Sachverständige kurzfristige und langfristige Wirkmechanismen.

Im Rahmen der kurzfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn der aktuelle innerpsychische Erlebniszustand im Rahmen situativer oder personenbezogener Input-Variablen durch eine kognitive, eine affektive und eine psychophysiologische Aktivierungskomponente beeinflusst wird. Im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn die wiederholte Nutzung gewalthaltiger Spiele zu einer Ausdifferenzierung und Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen führt. Dies kann nach den Ausführungen des Sachverständigen durch fünf voneinander unabhängige Wirkmechanismen geschehen: Durch die Verstärkung (1) aggressiver Überzeugungen und Einstellungen, (2) aggressiver Wahrnehmungsschemata, (3) feindseliger Attributionstendenzen und (4) aggressiver Verhaltensskripte sowie durch (5) eine aggressionsbezogene Desensibilisierung (vgl. zu allem: Ziffer 2.2.2 und Ziffer 4. [am Ende] des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob das Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen auf der Grundlage starker Angstreaktionen führt, hat der Sachverständige - wie er in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - allgemeine psychologische Überlegungen herangezogen.

Zur Beantwortung der Beweisfragen auf dieser Grundlage hat der Sachverständige die Akte des Gerichts sowie die Akte der Beklagten herangezogen und eine Ortsbegehung in der LaserTag-Arena Würzburg vorgenommen, die eine Vorstellung des Spielangebots durch Standortleitung und Geschäftsführung ohne Kundschaft, eine passive Beobachtung des Spielbetriebs mit Kunden, halbstrukturierte Interviewfragen an die Standortleitung und Geschäftsführung, eine teilnehmende Beobachtung am Spiel mit Kunden sowie eine Fotodokumentation der wesentlichen Ausstattungsmerkmale der LaserTag-Arena beinhaltet (vgl. Ziffern 5. und 6. des Gutachtens).

Auf dieser Basis beantwortet der Sachverständige die Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine Gefährdung des geistigen oder seelischen Wohls von Kindern und Jugendlichen ausgeht, wie folgt:

Die Teilnahme am Spiel LaserTag erzeugt einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand. Dies ergibt sich daraus, dass die Teilnahme zu aggressiven Gedanken und Gefühlen führt und psychophysiologisch aktiviert. Die Erzeugung aggressiver Gedanken und Gefühle basiert auf der Waffenähnlichkeit des Phasers, die impliziert, dass aggressives Verhalten in dieser Situation angemessen ist. Das Spiel belohnt und fördert das Verhalten, andere Spieler simuliert zu beschießen, aus psychologischer Sicht selbst eine aggressiv erlebte Verhaltensweise. Dem stehen die entmilitarisierten Begrifflichkeiten und die abstrakte futuristische Spielumgebung nicht entgegen. Die simulierte Ausübung aggressiver Handlungen ist alternativlos, um das Spiel gewinnen zu können. Dies lässt darauf schließen, dass LaserTag kognitiv und emotional als ein Bedrohungs- bzw. Gefahrenszenario verarbeitet wird. Die psychophysiologische Aktivierung kommt durch die intensive körperliche Beanspruchung in Verbindung mit Zeit- und Handlungsdruck im Sinne eines Stresserlebens zustande (vgl. Ziffer 7.1 des Gutachtens).

Die Teilnahme am Spiel LaserTag bewirkt eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der wiederholten Teilnahme am Spiel zu einer Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen sowie zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte kommt, obwohl eine Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und eine Verstärkung feindseliger Attributionstendenzen sowie eine aggressionsbezogene Desensibilisierung nicht festgestellt werden können.

Die Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen ergibt sich daraus, dass spielerisch simulierte Aggression die einzige Möglichkeit ist, das Spiel zu gewinnen. Es kommt zu zahlreichen Einzelkonfrontationen gegnerischer Spieler, die derjenige gewinnt, der zuerst bzw. zielgenauer eine Markierung abgibt (schießt). Damit ist der „aggressivere“ Spieler der erfolgreichere Spieler. Kompromissbereitschaft und anderweitige Formen prosozialen Verhaltens werden nicht gefördert. Diesbezüglich kann die Zusammenarbeit im Spielteam aus lernpsychologischer Sicht nicht als prosoziale Handlung wirksam werden. Dies gilt auch unter der Prämisse, dass lediglich bestimmte aggressive Haltungen nach den Spielregeln legitimiert sind und die Spieler reflektieren können, dass ihre Handlungen nicht tatsächlich zu Schäden beim Gegenspieler führen (vgl. Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens).

Die Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte ergibt sich daraus, dass das Spiel LaserTag eine bewaffnete Gefechtssituation simuliert, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte. Demgegenüber verfügen Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht über differenzierte kognitive Skripte darüber, welche Ereignisse in einer Gefechtssituation tatsächlich erwartet werden können. Das Spiel erscheint geeignet, kognitive Skripte zu bewaffneten Gefechtssituationen zu lernen, zu festigen und weiter auszudifferenzieren, dies auch auf der Grundlage elektronischer Rückmeldungen über Erfolge und Misserfolge. Diese intensivieren den Lernerfolg. Zwar werden diese Lernerfahrungen durch einige Verfremdungen in der Benutzung des Phasers und bezüglich der möglichen Trefferflächen beim gegnerischen Spieler begrenzt werden; jedoch ist gerade bei Personen, die keinerlei Erfahrungen mit solchen Spielen haben, zu erwarten, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit aggressive Verhaltensskripte erlernt werden, zu denen bislang allenfalls rudimentäre Lernerfahrungen vorliegen. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um besonders kritische aggressive Verhaltensskripte handelt, die das Verhalten in einem bewaffneten Gefecht zum Gegenstand haben (vgl. Ziffer 7.2, B4 des Gutachtens).

Hinsichtlich der Ausführungen zum Fehlen der Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und feindseliger Attributionstendenzen sowie zum Fehlen aggressionsbezogener Desensibilisierungen wird auf Ziffer 7.2, B2, B3 und B5 des Gutachtens Bezug genommen.

Die Fragestellung, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag die psychische Gesundheit der genannten Personengruppe gefährdet, beantwortet der Sachverständige wie folgt:

Aufgrund eingeschränkter Sichtverhältnisse wegen Dunkelheit, Nebels und Hindernissen, aufgrund der Hintergrundmusik und aufgrund des allgemeinen Kampfgeschehens kann ein Bedrohlichkeitsgefühl erzeugt werden. Spieler können unvorhergesehen auf Gegenspieler, insbesondere auch auf körperlich deutlich überlegenere und nicht vertraute erwachsene Gegner treffen oder gar von mehreren Gegenspielern eingekreist werden und erschrecken. Bei psychisch vulnerablen Spielern ist damit davon auszugehen, dass das Spielangebot deutliche Angstreaktionen auslösen kann. Zwar wird das Angstpotenzial durch die Anwesenheit einer Aufsichtsperson in der Arena abgeschwächt; diese ist jedoch nicht immer direkt zu finden. Zudem erscheint es möglich, dass Spieler im Falle einer starken Angstreaktion nicht mehr in der Lage sind, einen Ausgang selbstständig aufzusuchen. Weiterhin gibt es keinen „Panik- oder Abbruchknopf“. Damit ist nicht sichergestellt, dass sich Spieler dem Spielgeschehen unmittelbar entziehen können. Zudem besteht kein hinreichender kommunikativer Rahmen für den Abbruch des Spiels. Damit weist das Spiel in seiner derzeitigen Konzeption eine hohe Reizintensität auf, die zumindest vulnerable Spieler emotional überfordern und bei diesen zu starken Angstreaktionen führen kann (vgl. Ziffer 7.3 des Gutachtens).

Abschließend differenziert der Sachverständige hinsichtlich der Intensität der festgestellten Auswirkungen des Spiels auf das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits.

Hinsichtlich Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber das Wirkpotential des Spiels im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen für diese Altersgruppe als hoch relevant einzuschätzen ist. Zudem kommt er zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich des affektiven Wirkpotenzials bei dieser Altersgruppe noch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass starke Angstreaktionen erlebt werden, allerdings wird nur ein kleinerer Teil der Spieler von stärkeren Angstreaktionen betroffen sein.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass aus psychologischer Sicht insgesamt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegt, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann.

Hinsichtlich der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass auch hier die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes als altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber die Gefährdung dieser Altersgruppe im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen als geringer einzuschätzen ist als in der anderen Altersgruppe. Dies gilt für normal entwickelte Jugendliche; demgegenüber kann insbesondere für risikobehaftete Jugendliche eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden. Das affektive Wirkpotenzial ist nach Ansicht des Gutachters geringer einzuschätzen als bei der jüngeren Altersgruppe, allerdings kann auch für die Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen nicht ausgeschlossen werden, dass vulnerable Spieler starke Angstreaktionen entwickeln.

Damit kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Teilnahme von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren am Spiel nicht vertretbar erscheint, wenn das Angebot den Gefährdungen insbesondere risikobehafteter Jugendlicher nicht wirksam begegnet.

Als Rahmenbedingungen für die wirksame Begegnung der genannten Gefährdung bezeichnet der Sachverständige neben der grundsätzlichen Beibehaltung der derzeit schon vorhandenen Rahmenbedingungen wie Eingangsinstruktion, Fairnessregeln, Spielaufsicht, Gestaltung der Spielarena, Bekleidungsvorschriften, Beschaffenheit der Spielausrüstung, angebotene Spielformen und Spielauswertung zwei weitere Maßnahmen als notwendig, um die genannten Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können: Zum einen muss ein Spielabbruch „normalisiert“ werden, also als Handlungsweise beschrieben werden, bei der keine soziale Abwertung zu befürchten ist, einschließlich der Erstattung der Kosten für die Teilnahme. Zum anderen darf vor dem Spiel kein Alkohol an 16- und 17-Jährige ausgeschenkt werden, weil Alkoholkonsum enthemmtes Verhalten begünstigen kann, wodurch die Wahrscheinlichkeit für unfaires und aggressives Verhalten im Spiel steigt.

Unter Einhaltung dieser Prämissen gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass zwar hinsichtlich der Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann, dass aber dieser Gefährdung durch eine persönliche Einweisung und Auswertung, die auch eine Normalisierung des Spielabbruches und das Verbot des Alkoholausschanks umfasst, wirksam begegnet werden kann.

Das Gericht hat das Gutachten des Sachverständigen überprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gutachten die Fragestellungen des Beweisbeschlusses des Gerichts inhaltlich richtig aufnimmt und sie adäquat und für das Gericht nachvollziehbar mit einem psychologischen Hintergrund aufarbeitet und spezifiziert, sozusagen in psychologische Fragestellungen „übersetzt“.

Zwar hat die Klägerseite diesbezüglich in Frage gestellt, ob Aggression überhaupt ein Zustand ist, der zwangsläufig eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl bedeutet. Allerdings ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass eine Steigerung der Aggressivität aus psychologischer Sicht die Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, weil es unabhängig von den Ausführungen der Klägerseite zu „positiver Aggression“ im vorliegenden Fall um die Frage geht, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine stärkere Konfliktbereitschaft, normabweichendes Verhalten und die automatisierte Verfügbarkeit inadäquater aggressiver Reaktionen zur Folge haben kann.

Das Gericht hat sich weiterhin davon überzeugt, dass der Sachverständige die richtige Grundlage bzw. Methode zur Beantwortung der Beweisfragen angewendet hat. Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass mangels vorhandener empirischer Erkenntnisse die Beantwortung der Beweisfragen aufgrund eigener empirischer Forschung hierzu mit einem Zeitaufwand von etwa fünf Jahren und Kosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verbunden wäre. Auf dieser Grundlage erachtet das Gericht die Entscheidung des Sachverständigen als sachgerecht, auf die Durchführung eigener empirischer Studien zur Beantwortung der Beweisfrage zu verzichten, da deren Zeit- und Kostenumfang in keinerlei angemessenem Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei (vgl. hierzu den festgesetzten Streitwert) steht und dem Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits in einem zeitlich angemessen Rahmen (vgl. hierzu auch den Rechtsgedanken des § 198 GVG) widerspricht. Unter dieser Voraussetzung geht auch die Rüge des Klägerbevollmächtigten, der Sachverständige habe keine Messungen zur Feststellung von Erregung und Aggression an den Spielenden vorgenommen, ins Leere.

Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass empirische Studien zur Beantwortung der Beweisfragen nicht in Betracht kommen, hat der Sachverständige zu Recht eine Risikoprognose erstellt; eine Alternative hierzu ist weder von der Klägerseite genannt worden noch für das Gericht erkennbar.

Zu Recht hat der Sachverständige der Risikoprognose das GAM zugrunde gelegt. Zur Begründung und für das Gericht nachvollziehbar hat der Sachverständige sowohl im schriftlich erstatteten Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass das GAM ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens darstellt, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorie in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (Ziffer 2.2.2 des Gutachtens). Damit hat er nachvollziehbar deutlich gemacht, dass das GAM insbesondere auch für die Beurteilung von Aggressionen in bislang diesbezüglich nicht erforschten Bereichen anwendbar ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Lexikon der Psychologie von Dorsch zum Stichwort GAM (https://portal.hogreve.com/dorsch/general-aggression-model/; abgerufen am 12.4.2016). Nach dessen Ausführungen wurde das GAM bisher angewendet auf die Erklärung der aggressionserhöhenden Wirkung von Mediengewaltkonsum, extremen Temperaturen, Schmerzen etc. und wurde kürzlich theoretisch erweitert, u. a. bezüglich seiner Anwendbarkeit auf Gewalt in intimen Beziehungen und Gewalt zwischen Gruppen. Dies macht deutlich, dass das GAM nicht allein auf gewalthaltige Computerspiele anwendbar ist.

Auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen, dass das GAM auf 40 Jahre Lernpsychologie zurückgeht, hat er nachvollziehbar dargelegt, dass sich dies auf die lernpsychologischen Grundlagen bezieht und somit nicht zu befürchten ist, dass das GAM wegen Zeitablaufs nicht mehr gültig sein könnte.

Demgegenüber kann das Gericht auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen nicht den Ausführungen der Klägerseite folgen, das GAM werde dazu genutzt, vorhandene Aggressionen zu erklären und sei deshalb nicht aussagekräftig für Spieler, die nicht aggressiv seien.

Nicht nachvollziehbar ist die von der Klägerseite vorgelegte Stellungnahme des Dr. Christoph P., Fakultät für empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016, Grundannahme des GAM sei, dass wiederholtes Spielen von gewalthaltigen Videospielen zu einer schleichenden Veränderung in Persönlichkeit und Verhaltensaspekten führen können. Dies ist, wie sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen (vgl. oben) ergibt, eine zunächst (zu) eingeengte Sichtweise.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, dass GAM bzw. der Sachverständige berücksichtige nicht bzw. unzureichend, dass hinsichtlich aggressiven Verhaltens nicht nur die Lerneffekte, sondern auch die Frage nach einer aggressiven Persönlichkeit eine Rolle spielten. Dies hat der Sachverständige im Rahmen des GAM berücksichtigt (vgl. z. B. Ziffer 2.2.2, 2. Absatz des Gutachtens).

Nicht nachvollziehbar ist die nicht im Einzelnen erläuterte Meinung von Dr. P., der Sachverständige verneine die Existenz wichtiger Teilkomponenten des GAM und ziehe stattdessen „verallgemeinerte Schlussfolgerungen“. Nicht nachvollziehbar ist weiterhin die Darlegung von Dr. P., das GAM sei kein Modell, dessen Pfade im Sinne einer „oder- Verbindung“ gesehen werden dürften, sondern die Kombination aller Faktoren zeige die Gefahren auf, die bei wiederholtem Spielen entstehen könnten. Denn nachvollziehbar legt der Sachverständige in seinem Gutachten (Ziffer 2.2.2) dar, dass die fünf aufgezeigten langfristigen Wirkmechanismen unabhängig voneinander zur Ausbildung einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur beitragen; in der mündlichen Verhandlung hat er dargestellt, dass ein einziger Wirkpfad hinreichend ist, dass aber der Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung umso gravierender sein kann, je mehr Wirkpfade vorhanden sind, wobei es auch auf die Intensität des Wirkpfades ankommt. Dem konnte die Klägerseite nichts entgegensetzen.

Zu der Behauptung von Dr. P., dass GAM sei nur für das wiederholte Spielen gewalthaltiger Spiele gedacht, die Grundannahmen „wiederholt“ und „gewalthaltig“ seien hier jedoch nicht zu finden, hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dahingehend Stellung genommen, es sei nicht quantifizierbar, wie oft bzw. regelmäßig LaserTag gespielt werden müsse, damit die langfristigen Wirkmechanismen einsetzten. Er hat erläutert, dass jede einzelne Spielrunde einen Lernimpuls setzt. Je mehr man sich dem aussetzt, je öfter man also spielt, umso mehr werden - so der Sachverständige - die Lerneffekte gefestigt. Dies bedeutet aber, dass schon eine einzige Spielrunde zu langfristigen Lerneffekten führen kann.

Damit konnte die Klägerseite das Vorgehen des Sachverständigen, als Methode zur Beantwortung der Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung ausgeht, das GAM heranzuziehen, nicht substantiiert in Frage stellen.

Hinsichtlich der Beurteilung der Gefährdung der psychischen Gesundheit auf der Grundlage der Angstproblematik hat sich der Sachverständige nachvollziehbar auf allgemeine psychologische Grundsätze und Überlegungen gestützt. Dies haben die Parteien nicht in Frage gestellt.

Der Sachverständige hat mit den Akten des Gerichts und der Beklagten sowie mit der Ortsbegehung alles Material zu Beantwortung der Beweisfragen herangezogen, das ihm zur Verfügung stand. Demgegenüber rügt die Klägerseite den aus ihrer Sicht zu kurzen Aufenthalt des Sachverständigen in der LaserTag-Arena Würzburg, ohne allerdings benennen zu können, welche zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse der Sachverständige bei einem längeren Aufenthalt hätte gewinnen können. Zu Unrecht rügt in diesem Zusammenhang Dr. P. für die Klägerseite, der Sachverständige habe es versäumt, Interviews mit Spielern durchzuführen; eine derartige Gewinnung von Material wäre allenfalls im Rahmen einer empirischen Untersuchung sinnvoll, die aber, wie oben ausgeführt, nicht durchzuführen war.

Der Sachverständige hat die Beweisfragen für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet.

Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen die beiden Bereiche „aggressivitätssteigernde Wirkung von LaserTag“ und „Gefährdung der psychischen Gesundheit“ (Angstproblematik) unabhängig voneinander geprüft hat. Er hat dargelegt, dass eine Prüfung von Wechselwirkungen beider Bereiche ohne empirische Daten problematisch ist. Damit gelangt der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass unabhängig voneinander sowohl eine aggressivitätssteigernde Wirkung des Spiels als auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit vorliegt und beide Erkenntnisse gleichermaßen Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen waren.

Weiterhin hat er hinsichtlich der Frage nach dem Begriff der „Verstärkung“ im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen des GAM überzeugend dargelegt, dass dieser Begriff nicht darauf hinweist, dass schon eine Aggressivität vorhanden sein muss. Er hat ausgeführt, dass bestimmte aggressive Überzeugungen sowohl neu angelegt als auch verstärkt werden können. Der Begriff Verstärkung meint eine stärkere Ausbildung der bestimmten aggressiven Überzeugung.

Auf die Frage, wie oft ein Kind/ein Jugendlicher das Spiel LaserTag spielen muss, damit die langfristigen Wirkmechanismen greifen, hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass dies nicht quantifizierbar ist, sondern dass jede Spielrunde einen - auch langfristigen - Lernimpuls setzt und dass wiederholtes Spielen diese Lerneffekte festigt, ohne dies quantifizieren zu können. Hierfür wären langwierige und kostenaufwändige Längsschnittstudien erforderlich.

Die Klägerseite rügt, der Sachverständige habe den Einfluss der Distanzierung von Gewalt- und Kriegsbegrifflichkeiten beim Spiel LaserTag im Rahmen des Ergebnisses nicht hinreichend gewürdigt. Dies kann das Gericht nicht nachvollziehen. Es wird auf Ziffern 7.1 A1 und 7.2 B4 des Gutachtens Bezug genommen, insbesondere aber auch Ziffer 7.4 (am Ende) verwiesen, wo der Sachverständige ausdrücklich darauf hinweist, dass seine Beurteilung nur unter der Voraussetzung gilt, dass die bisherigen Rahmenbedingungen, zu denen beispielsweise auch die entmilitarisierte Sprache gehört, beibehalten werden.

Unbehelflich sind die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zu der Frage, ob der Gutachter die englischen Begriffe „You are hit“, „recharge“ und „base“ falsch verstanden hat; denn der Sachverständige legt Wert auf eine Beibehaltung der entmilitarisierten Sprache und berücksichtigt die genannten Begriffe nicht zulasten der Klägerseite bei der Beantwortung der Beweisfragen.

Zu Unrecht stellt der Klägerbevollmächtigte die Erkenntnis des Sachverständigen in Frage, der Phaser sei waffenähnlich. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung seine Erkenntnis nachvollziehbar erläutert und insbesondere darauf hingewiesen, dass zwischen der Nachbildung einer Waffe und der Waffenähnlichkeit unterschieden werden muss. Demgegenüber können die von der Klägerseite vorgebrachten Beispiele von Gegenständen, die dann auch „waffenähnlich“ wären (Diktiergerät, Handstaubsauger, Handfön, Bohrmaschine) nicht überzeugen.

Zu Recht und entgegen der Meinung der Klägerseite lässt der Sachverständige bei der Beantwortung der Beweisfragen den Einwurf außer Acht, dass deren Beantwortung im Sinne der Beklagtenseite zu Umsatzeinbußen der Klägerin und zum Verlust von Arbeitsplätzen führt. Dies hat mit der Tatsachenfrage, die der Sachverständige zu beantworten hatte, nichts zu tun.

Die von der Klägerseite gerügten „Zirkelschlüsse“ des Sachverständigen werden nicht im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt, sondern als bloße Behauptung in den Raum gestellt.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, hinsichtlich Spielabschluss und Auswertung gebe es keinen Zwischenbefund. Hierzu äußert sich der Sachverständige unter Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens nachvollziehbar.

Die Rüge von Dr. P., der Sachverständige verkenne den „Waffeneffekt“ (vgl. Stellungnahme vom März 2016, Ziffer 2.6.1) nämlich den Effekt, dass Waffen mit Aggression assoziiert würden, geht aus Sicht des Gerichts ins Leere, insbesondere seine Vergleiche mit den Waffen aus den Sportarten Fechten oder Bogenschießen. Zudem ist sein Zweifel, ob der Waffeneffekt auch in der deutschen Kultur verankert sei, nicht weiter belegt und damit nicht nachvollziehbar.

Zu Unrecht rügt Dr. P., der Sachverständige ziehe den Schluss, dass eine psychophysiologische Erregung „automatisch zu konkret aggressivem Verhalten führen muss“. Diese Aussage ist im Gutachten nicht enthalten.

Weiterhin rügt Dr. P., der Sachverständige widerspreche sich im Rahmen der Beurteilung des Punktes „Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte“, indem er einerseits behaupte, LaserTag simuliere eine bewaffnete Gefechtssituation, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte und andererseits feststelle, aufgrund des hohen Abstraktionsgehaltes lägen keine Parallelen zu realen Schauplätzen vor, die der Alltagserfahrung von Kindern und Jugendlichen entsprächen. Demgegenüber legt der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich die Gründe für seine Beurteilung dar und weist insbesondere auf die Begrenzung der Lernerfahrungen durch die Verfremdungen hin. Damit und mit den entsprechenden Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass auch das in einer verfremdeten Umgebung gelernte Verhalten im Rahmen einer Gefechtssituation zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte führen kann.

Zu Recht führt Dr. P. im Rahmen seiner Stellungnahme zum affektiven Wirkpotenzial aus, dass die Aussage nicht generalisiert werden könne, die Spielatmosphäre beim Spiel LaserTag könne durchaus geeignet sein, bei jüngeren Kindern Angst zu erzeugen. Diese Aussage trifft der Sachverständige aber auch nicht. Demgegenüber begründet Dr. P. seine Empfehlung, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern spielen zu lassen, als gegenüber dem Zutrittsverbot milderes Mittel nicht nachvollziehbar. Denn auch Eltern können nicht zuverlässig beurteilen, ob Kinder in der Spielsituation in einen Angstzustand geraten können oder nicht.

Zu Recht und für das Gericht nachvollziehbar differenziert der Sachverständige im Rahmen von Ziffer 7.4 seines Gutachtens zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Die dabei zugrunde gelegten Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits decken sich mit den Ausführungen zu diesen Altersgruppen in Ziffer 3. der USK-Leitkriterien.

Nicht folgen kann das Gericht den Ausführungen der von der Klägerseite eingebrachten Äußerung von Dr. P. hinsichtlich der altersspezifischen Wirkhypothesen, die die Darlegungen des Sachverständigen mit dem Argument in Frage stellen wollen, jüngere Kinder seien nicht unbedingt für aggressive Reize sensibler als ältere Kinder. Diese Argumentation geht schon deswegen ins Leere, weil sie sich allein mit Kindern, also mit unter 14-Jährigen beschäftigt, während der Sachverständige seine Ausführungen entsprechend der Beweisfrage auf die Gruppe der 12- bis 15-jährigen bezieht, also auf (wohl im Sinne des Dr. P.) ältere Kinder und jüngere Jugendliche. Deshalb sind auch die weiteren Ausführungen von Dr. P. zu „jüngeren Kindern“ unbehelflich.

Auch dessen Ausführungen, lediglich ca. 7% der „Kinder im Alter unter 17 Jahren“ wiesen ernsthafte aggressive Störungen auf, sind zum einen nicht nachvollziehbar (die Kindeseigenschaft endet gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG mit der Vollendung des 14. Lebensjahrs) und stellen zum anderen die Ausführungen des Sachverständigen nicht in Frage.

Auch die Ausführungen der Klägerseite zu den Chancen, die das Spiel LaserTag für Personen in der hier relevanten Entwicklungsphase für deren positive kognitive und soziale Entwicklung bietet, können das Gutachten des Sachverständigen nicht in Frage stellen. Zu der Frage, ob die Zusammenarbeit im Spiel-Team aus lernpsychologischer Sicht als prosoziale Haltung wirksam werden kann, hat sich der Sachverständige in Ziffer 7.2.1 seines Gutachtens nachvollziehbar geäußert.

Um das Gutachten des Sachverständigen zu erschüttern, legte die Klägerseite zudem das Ergebnis einer im Zeitraum vom 8. bis 15. März 2016 durchgeführten anonymen Online-Befragung von LaserTag-Spielern vor, an der insgesamt 108 Personen, hiervon 16 Personen im Alter von unter 16 Jahren und 13 Personen im Alter von 16 bis 17 Jahren teilgenommen haben. Die in der Umfrage gestellten Fragen beziehen sich auf die Feststellungen des Sachverständigen. Grundsätzlich mag eine Umfrage Teil einer notwendigerweise breit angelegten empirischen Studie sein; eine derartige Umfrage allein, die zudem aufgrund der geringen Anzahl der Teilnehmenden aus den relevanten Altersgruppen nicht repräsentativ sein kann, ist als Mittel zur Bewertung der hier relevanten Frage, ob durch die Teilnahme am Spiel LaserTag das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen gefährdet ist, schon vom Ansatz her nicht geeignet. Zudem hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass denjenigen Personen, die am Spiel LaserTag teilnehmen, die Wirkmechanismen nicht bewusst werden; das heißt, dass die vom Sachverständigen festgestellten Lerneffekte von den Spielenden nicht verbalisiert werden können. Schon deswegen ist eine Befragung wie die von der Klägerseite vorgelegte nicht einmal ansatzweise dafür geeignet, das Sachverständigengutachten in Frage zu stellen. Nicht nachvollziehbar sind im Übrigen auch einzelne Schlussfolgerungen von Dr. P. aus den Ergebnissen der Online-Befragung, wie z. B. diejenige, dass Personen unter 16 Jahren Spiele wie FIFA oder Mindcraft bevorzugen, damit keine Interesse an Gewaltspielen haben und deshalb auch nicht als Zielgruppe für das GAM infrage kommen.

Der abschließenden Bewertung in der Stellungnahme von Dr. P., das Gutachten des Sachverständigen argumentiere einseitig und lasse eine wissenschaftlich angebrachte Objektivität vermissen, kann das Gericht nicht folgen.

Im Rahmen der Bewertung des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen sind zudem die schon im Vorfeld der Beweiserhebung von den Parteien vorgelegten fachlichen Stellungnahmen in den Blick zu nehmen.

Die Klägerseite hat ein „Gutachten zu LaserTag als Sport- und Spielevent im Jugendalter“ vom 1. April 2014 der Professorin für Theorien, Konzepte und Methoden sozialer Arbeit, Dr. Huth-Hildebrandt von der Fachhochschule Frankfurt am Main, Bereich Sozialwissenschaften, vorgelegt. Dieses ist schon deshalb für die Beantwortung der Beweisfragen und damit auch für die Beurteilung des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens nicht verwendbar, weil es sich dem Spiel LaserTag aus sozialpädagogischer Perspektive nähert (vgl. Gutachten vom 1.4.2014, S. 17, Fazit) und nicht, wie im vorliegenden Fall erforderlich, aus psychologischer Sicht. Verwendbare Ansätze von Antworten auf die vom Gericht gestellten Beweisfragen sind in dem Gutachten nicht enthalten.

Die Stellungnahme von Dr. P. vom 7. April 2014, die die Klägerseite vorgelegt hat, geht nicht über die Inhalte seiner Stellungnahme vom März 2016 hinaus, die bereits oben in die Entscheidungsfindung des Gerichts einbezogen worden ist.

Die von der Klägerseite vorgelegte Ausarbeitung „Einstieg: Machen Computerspiele gewalttätig?“ des Dipl.-Medienwissenschaftlers Dr. Thilo Hartmann vom 7. August 2007 bezieht sich ausschließlich auf gewalthaltige Computerspiele und ist deshalb für den vorliegenden Fall nur insoweit verwendbar, als es die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zum GAM bestätigt.

Die von der Beklagtenseite vorgelegte „Stellungnahme zu potenziellen Auswirkungen von LaserGame auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“ des Priv. Doz. Dr. Lenhardt von der Universität Würzburg, Lehrstuhl Psychologie IV vom 1. Januar 2014/13. Mai 2014 lässt nicht eindeutig erkennen, ob sie sich tatsächlich mit dem hier maßgeblichen Spiel LaserTag beschäftigt, da sie von „Lasergame“ spricht. Allerdings sind dieser Stellungnahme Ausführungen zum GAM zu entnehmen, die sich mit denjenigen des gerichtlich bestellten Sachverständigen decken.

Auf der Grundlage dieser Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, die Fragestellungen des Gerichts richtig aufgreift, die richtige Methode zur Beantwortung der Fragen wählt, sämtliche zur Verfügung stehenden Materialien und Erkenntnismittel hinsichtlich des konkreten Falls berücksichtigt und die Fragen des Gerichts nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet. Es ist dazu geeignet, dem Gericht den notwendigen Sachverstand hinsichtlich der Tatsachenfrage, ob von dem Spiel LaserTag eine Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, zu vermitteln. Gleiches gilt für die Tatsachenfrage, ob für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren diese Gefahr nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn vor der Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt werden. Deshalb macht sich das Gericht das Gutachten zu Eigen.

Auf Basis dieses Gutachtens gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem in der LaserTag-Arena Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl sowohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren als auch von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG vor.

Auf dieser Grundlage hatte die Beklagte das ihr von § 7 Satz 1 und Satz 2 JuSchG eröffnete Ermessen auszuüben. Soweit die Beklagte damit ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der Bescheid vom 31. März 2014 deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler liegt zunächst dann vor, wenn die Behörde überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat (so genannter Ermessensausfall), wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (so genannte Ermessensüberschreitung) oder wenn sie die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten unterschätzt, also irrtümlich bestimmte Anordnungen für unzulässig gehalten hat (Ermessensunterschreitung). Ein Ermessensfehler liegt zudem dann vor, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, sie ihre Entscheidung also auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat und schließlich wenn von dem durch die Befugnisnorm eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, die Behörde sich also von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder ein Belang willkürlich falsch gewichtet (so genannter Ermessensfehlgebrauch) worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 14 ff.; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 114 Rn. 114a ff.; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 16 ff.).

Ob die Ermessensausübung im Einzelfall pflichtgemäß oder fehlerhaft erfolgte, lässt sich nur anhand der nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG erforderlichen Begründung ermitteln (Kopp/Schenke, a. a. O., § 114 Rn. 14 ff.; Decker in Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2014 § 114 Rn. 10 m. w. N.). Eine bezüglich der Ermessenausübung fehlende oder unzureichende Begründung indiziert einen Ermessensnicht- oder Fehlgebrauch, sofern sich nicht aus den Umständen anderes ergibt. Fehlt in einer gegebenen Begründung ein wesentlicher Gesichtspunkt, so spricht dies für die Annahme, dass dieser Punkt auch tatsächlich übersehen wurde (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 23).

Ist eine Ermessensausübung im angefochtenen Bescheid vorhanden, ist sie allerdings defizitär, kann die Verwaltungsbehörde gemäß § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Voraussetzung für ein derartiges Nachschieben von Ermessenserwägungen im Gerichtsverfahren ist, dass die nachgeschobene Erwägung Umstände berücksichtigt, die bereits bei Bescheiderlass vorlagen, dass die nachgeschobene Erwägung den Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert und dass durch die Berücksichtigung der nachgeschobenen Erwägung im Prozess die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht beeinträchtigt wird (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 89 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall sind im Bescheid vom 31. März 2014 hinsichtlich der Entscheidung in Ziffer 1., wonach der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen - auch in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt wird, Ermessenserwägungen vorhanden. Insbesondere führt die Beklagte aus, das Spiel biete Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten, die Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfs, durch körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Der Gegner werde als Mensch erkannt. Das Jugendschutzgesetz habe die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet. Aus dem Entscheidungstenor wird deutlich, dass die Beklagte als milderes Mittel den Zutritt von Personen unter 16 Jahren in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen geprüft und verworfen hat und zwischen unter 16-jährigen Personen einerseits und 16- bis 17-jährigen Personen andererseits differenziert hat. Im Klageverfahren vertieft die Beklagte im Rahmen des § 114 Satz 2 VwGO ihr diesbezügliches Vorbringen und trägt zudem vor, ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts von Kindern und Jugendlichen in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken des Schutzgutes des Jugendschutzgesetzes gestellt werden.

Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides vom 31. März 2014, also hinsichtlich der Untersagung des Zutritts für Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen, hat die Beklagte damit ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten für ein Tätigwerden entschieden. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass eine Ermessenüberschreitung vorliegt, dass also die verhängte Rechtsfolge, das Zutrittsverbot zur LaserTag-Arena, von § 7 Satz 1 JuSchG nicht gedeckt wäre (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Denn § 7 Satz 1 JuSchG eröffnet die Rechtsfolge, den betroffenen Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht zu gestatten. Dies ist der Sache nach dem Verbot des Zutritts zu den Betriebsräumen inhaltsgleich. Auch eine Ermessensunterschreitung liegt nicht vor (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Zudem ist ein Ermessenfehlgebrauch nicht erkennbar. In diesem Rahmen ist auch der Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes zu berücksichtigen, insbesondere der Kontext des § 7 JuSchG zu den anderen Jugendschutzregelungen; die Ermessensausübung hat sich in diesem Rahmen zu bewegen (vgl. VG Bayreuth, B. v. 11.7.2014 - B 3 S 14.443 - juris Rn. 21 ff.). In dieser Hinsicht ergibt sich etwa aus § 4, § 5 und § 9 JuSchG eine besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Ab dem Alter von 16 Jahren nimmt der Gesetzgeber den Schutzgedanken zugunsten einer Selbstbestimmung der Jugendlichen deutlich zurück. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte alles in ihre Ermessenserwägungen eingestellt, was nach Lage der Dinge einzustellen war, und sie hat es sachgerecht gewichtet und abgewogen. Insbesondere ist erkennbar, dass sie auch wirtschaftliche Überlegungen zugunsten der Klägerin berücksichtigt, aber hintangestellt hat. Demgegenüber sind weder sachfremde Gesichtspunkte berücksichtigt noch einzustellende Belange falsch gewichtet worden. Auch wird deutlich, dass die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Satz 2 JuSchG erwogen hat, ein milderes Mittel als ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzuwenden, welches die Gefährdung für deren geistiges oder seelisches Wohl ausschließt oder wesentlich mindert. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte zwischen den beiden Altersgruppen differenziert, sich also im Rahmen des Schutzzwecks des Jugendschutzgesetzes zum Schutz der Altersgruppe der unter 16-Jährigen im Gegensatz zu der Altersgruppe der 16- bis 17-Jährigen für ein Zutrittsverbot entscheidet; zum anderen ergibt sich dies auch daraus, dass die Beklagte in Ziffer 1. des Bescheidtenors auch das mildere Mittel eines Zutritts unter Begleitung von Personensorgeberechtigten bzw. erziehungsbeauftragten Personen anspricht, aber ausschließt.

Hat aber die Beklagte auf der Grundlage der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG, dass vom Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, ihr Ermessen ordnungsgemäß dahingehend ausgeübt, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen zu untersagen, ist diese Entscheidung und im Zusammenhang damit auch Ziffer 3. des Bescheides, soweit sie sich auf 1. bezieht (vgl. hierzu § 3 Abs. 1 JuSchG), rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Demgegenüber ergibt sich, dass hinsichtlich Ziffer 2. des angegriffenen Bescheides - also hinsichtlich der Bestimmung, dass für 16- und 17-jährige Jugendliche vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen ist - schon aus dem Bescheid selbst, dass keinerlei Ermessenserwägungen vorhanden sind. In der Begründung des Bescheides finden sich keine Ausführungen hierzu. Damit liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor; die Beklagte hat verkannt, dass sie überhaupt ein Ermessen hat (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich nicht, dass und welche Ermessenserwägungen sie eingestellt haben könnte (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18). Da die Beklagte jedoch bei der Anwendung der Vorschrift des § 7 JuSchG zur Ausübung ihres Ermessens nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, handelt sie grundsätzlich rechtswidrig, wenn sie dies verkennt (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Damit kommt auch eine diesbezügliche Ergänzung von Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO im Gerichtsverfahren nicht in Betracht, zumal die Beklagte in ihrem gerichtlichen Vorbringen auch keine Erwägungen zu dieser Problematik angestellt hat.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur dann vor und von einem Ermessensnichtgebrauch ist dann nicht auszugehen, wenn ein nach dem Gesetz von sich aus bestehender Ermessenspielraum im Einzelfall ausnahmsweise auf Null reduziert ist (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18 m. w. N.; Decker in Posser/Wolff, § 114 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null liegt dann vor, wenn angesichts der besonderen Umstände des zu entscheidenden konkreten Falls überhaupt nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei sein könnte (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 6 m. w. N.). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anzunehmen. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, das unter Zugrundelegung der Rahmenbedingungen des Spiels LaserTag und insbesondere der allgemeinen Einweisung aller Spieler vor dem Spiel mittels Video und mittels allgemein gültiger Hinweise der Aufsichtsperson (vgl. hierzu auch die Beschreibung in Ziffer 6.2.7 des Sachverständigengutachtens) sowie der allgemeinen Auswertung auf dem Bildschirm im Eingangsbereich (vgl. Beschreibung in Ziffer 6.2.9 des Sachverständigengutachtens) eine darüber hinausgehende „persönliche Einweisung“ und „persönliche Auswertung“, also eine auf den einzelnen Spieler individuell zugeschnittene und ausschließlich für diesen vorgenommene Einweisung und Auswertung (gleich welchen Inhalts, der im angegriffenen Bescheid nicht näher festgelegt ist) die einzige in Frage kommende Methode wäre, um die vom Spiel LaserTag für das geistige oder seelische Wohl von 16- und 17-Jährigen ausgehende Gefahr i. S. v. § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mindern; zudem ist nicht erkennbar, dass diese Methode zwingend anstelle des gemäß § 7 Satz 1 JuSchG anwendbaren Zutrittsverbots angewendet werden müsste. Dies ergibt sich daraus, dass der vom Gericht bestellte Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar aufgezeigt hat, dass unter Beibehaltung der derzeitigen Rahmenbedingungen mit allgemeiner Einweisung und Auswertung auch eine allgemeine Erläuterung der Möglichkeiten, „ohne Gesichtsverlust“ während des Spieles „auszusteigen“ (also die „Normalisierung des Spielabbruchs“) in Verbindung mit einem Verbot, mit Alkoholeinwirkung am Spiel teilzunehmen, eine realistische Möglichkeit ist, für 16- und 17-Jährige die Gefahr für deren geistiges oder seelisches Wohl gemäß § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mildern.

Da somit hinsichtlich Ziffer 2. des Bescheides zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG, nämlich dass vom in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren ausgeht, gegeben sind, die Beklagte jedoch in dem angefochtenen Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen hinsichtlich ihres hierauf bezogenen Handelns erkennen lässt und damit ermessenfehlerhaft gehandelt hat, erweist sich der Bescheid hinsichtlich seiner Ziffer 2. und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht (§ 3 Abs. 1 JuSchG), als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Aus alledem ergibt sich, dass die Ziffer 2. des Bescheides vom 31. März 2014 (Anordnung einer persönlichen Einweisung vor dem Spiel und einer persönlichen Auswertung nach dem Spiel für Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren) und dessen Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, aufzuheben war. Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides (Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren) und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 19. Februar 2004 - 5 K 597/04 - teilweise geändert.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 9.2.2004 wird nach Maßgabe der folgenden Anordnungen wiederhergestellt bzw. angeordnet:

Der Antragstellerin wird aufgegeben,

1. Kindern und Jugendlichen (vgl. § 1 JuSchG) sowie Personen, die dem Paintball-Spielbetrieb lediglich als Zuschauer beiwohnen wollen, den Zutritt zur Halle (... ..., ... ...) zu versagen,

2. das Tragen von Tarnkleidung, Uniformen oder uniformähnlichen Kleidungsstücken in der Halle zu unterbinden,

3. die Verwendung von Farbmarkierungskugeln (Paintballs) mit roter oder rötlicher Farbe zu unterbinden,

4. den Paintball-Spielbetrieb ausschließlich in den Formen „Central Flag“ oder „Capture the Flag“ (Nr. 9.1 und 9.2 des Regelwerks der Deutschen Paintball-Liga V. 1.0) zuzulassen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt 4/5, die Antragstellerin 1/5 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird - unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts - für das erstinstanzliche Verfahren und das Beschwerdeverfahren auf jeweils 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die statthafte Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Dabei begegnet die Beteiligungsfähigkeit der Antragstellerin keinen rechtlichen Bedenken (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 61 RdNr. 9 m.w.N.). Auch enthält die Begründung der Beschwerde einen bestimmten Antrag; ferner legt sie die Gründe dar, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern  oder aufzuheben ist, und setzt sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander. Der Senat prüft nur die dargelegten Gründe (vgl. § 146 Abs. 4 VwGO).
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist jedoch überwiegend nicht begründet.
Nach Auffassung des Senats muss es dabei bleiben, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 9.2.2004, mit der diese der Antragstellerin - unter Anordnung der sofortigen Vollziehung - die Veranstaltung sog. „Paintball-Spiele“ im Gebäude xxx xxx x in xxx untersagt (Nr. 1.1) und die Verhängung eines Zwangsgeld von EUR 5.000,- angedroht hat (Nr. 1.3), wiederhergestellt bzw. angeordnet wird. In Ausübung des ihm nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO eingeräumten Ermessens hält es der Senat allerdings für geboten, die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung mit den aus dem Tenor ersichtlichen Auflagen zu versehen.  
Die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung einerseits und dem Interesse der Antragstellerin anderseits, vorläufig von der sofortigen Vollziehung verschont zu bleiben, fällt in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu Lasten der Antragsgegnerin aus.  
Anders als das Verwaltungsgericht trifft der Senat diese Entscheidung allerdings allein aufgrund einer Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen im Einzelfall. Denn bei der im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und nur möglichen summarischen Prüfung lassen sich die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht verlässlich beurteilen. Vielmehr wirft das Verfahren sowohl schwierige rechtliche als auch komplexe tatsächliche Fragen auf, die einer vertiefenden und abschließenden Prüfung im Widerspruchs- und im gerichtlichen Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müssen (unten 1.). Die danach angezeigte, von den Erfolgsaussichten in der Hauptsache unabhängige Abwägung der gegenläufigen Interessen im Einzelfall fällt überwiegend zu Lasten der Antragsgegnerin aus, wobei der Senat zur Wahrung des öffentlichen Interesses die aus dem Tenor ersichtlichen Auflagen für die Antragstellerin für geboten hält (unten 2.).  
1. Die Antragsgegnerin stützt die Untersagung der Veranstaltung sog. Paintball-Spiele auf die Regelungen der §§ 1, 3 PolG. Zur Begründung führt sie aus, diese Spiele stellten eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dar, weil es mit dem Menschenbild des Grundgesetzes, insbesondere mit der in Art. 1 Abs. 1 GG normierten Unantastbarkeit der Würde des Menschen unvereinbar sei, die simulierte Tötung von Menschen zum Gegenstand und Ziel eines Unterhaltungsspiels zu machen.
Zur weiteren Begründung beruft sich die Antragsgegnerin sowohl in der angefochtenen Verfügung wie in der Beschwerde in erster Linie auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.10.2001 (BVerwGE 115, 189-205). In dieser Grundsatzentscheidung hat es das Bundesverwaltungsgericht ausdrücklich gebilligt, dass die Vorinstanz in dem Betrieb eines sog. Laserdromes mit simulierten Tötungshandlungen einen Verstoß gegen die von der polizeilichen Generalermächtigung geschützte öffentliche Ordnung gesehen hat. Im Ergebnis zu Recht habe die Vorinstanz in der Veranstaltung eines sog. spielerischen Tötens im Laserdrome eine Verletzung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) gesehen. Unterhaltungsspiele könnten auch dadurch gegen die verfassungsrechtliche Garantie der Menschenwürde verstoßen, dass beim Spielteilnehmer eine Einstellung erzeugt oder verstärkt werde, die den fundamentalen Wert- und Achtungsanspruch leugne, der jedem Menschen zukomme. Ein gewerbliches Unterhaltungsspiel, das auf die Identifikation der Spielteilnehmer mit der Gewaltausübung gegen Menschen angelegt sei und ihnen die lustvolle Teilnahme an derartigen - wenn auch nur fiktiven - Handlungen ermöglichen solle, sei wegen der ihm innewohnenden Tendenz zur Bejahung oder zumindest Bagatellisierung der Gewalt und wegen der möglichen Auswirkungen einer solchen Tendenz auf die allgemeinen Wertvorstellungen und das Verhalten in der Gesellschaft mit der verfassungsrechtlichen Menschenwürdegarantie unvereinbar (Hinweis auf  BVerfGE 87, 209, 228 ff.). Das Oberverwaltungsgericht sei ohne Rechtsverstoß zu dem Ergebnis gelangt, dass das verbotene Spiel im Laserdrome in der angefochtenen Verfügung zutreffend mit dem Begriff des "spielerischen Tötens" umschrieben worden sei und dass es gerade von daher seinen besonderen Reiz für die Spieler empfange. Ein solches simuliertes Töten zu Unterhaltungszwecken werde dem gebotenen Respekt vor der Individualität, Identität und Integrität der menschlichen Persönlichkeit nicht gerecht. Es banalisiere und trivialisiere gerade diejenigen Rechtsgüter, an deren Schutz dem Grundgesetz in besonderem Maße gelegen sei. Zu den Höchstwerten der Verfassung sei nämlich neben der Menschenwürde insbesondere auch das menschliche Leben zu zählen; dieses habe der Verfassungsgeber des Jahres 1949 mit Blick auf die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes als die vitale Basis der Menschenwürde und zugleich Voraussetzung für alle anderen Grundrechte in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ausdrücklich unter gesonderten Grundrechtsschutz gestellt (Hinweis auf BVerfGE 39, 1, 36, 42). Zu dieser Grundaussage der Verfassung setzten sich Behörden und Gerichte der Bundesrepublik Deutschland in Widerspruch, wenn sie Unterhaltungsspiele der in Rede stehenden Art duldeten. Die Freiwilligkeit der Teilnahme sowie das gegenseitige Einvernehmen der Spieler sei rechtlich unerheblich, weil die aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG herzuleitende Wertordnung der Verfassung nicht im Rahmen eines Unterhaltungsspiels zur Disposition stehe (vgl. zum Ganzen BVerwGE 115, 189-205). Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem genannten Beschluss das Verfahren ausgesetzt und dem Europäischen Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht vereinbar sei, dass nach nationalem Recht der Betrieb eines Laserdrome mit simulierten Tötungshandlungen untersagt werden müsse, weil er gegen Wertentscheidungen des Grundgesetzes, insbesondere die Menschenwürde, verstoße. Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs liegt noch nicht vor. Die Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs hat sich in ihren Schlussanträgen vom 18.3.2004 (Rechtssache C-36/02) dafür ausgesprochen, die Vorlagefrage zu verneinen. Das deutsche Verbot des Betriebs eines Laserdromes mit simulierten Tötungshandlungen verstoße nicht gegen das Gemeinschaftsrecht .
Ob vor diesem Hintergrund auch die Veranstaltung sog. Paintball-Spiele eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder für die öffentliche Ordnung im Sinne der §§ 1, 3 PolG begründen und das von der Antragsgegnerin ausgesprochene ordnungsbehördliche Verbot seine Ermächtigungsgrundlage deshalb in der polizeirechtlichen Generalklausel finden kann, vermag der Senat im vorliegenden Eilverfahren nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit zu beantworten.
Ungeachtet der ohnehin bestehenden Schwierigkeiten bei der Bestimmung des begrifflichen Gehalts der verfassungsrechtlichen Garantie der Menschenwürde sind gegen die rechtliche Tragfähigkeit der vom Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zu Inhalt und Reichweite des Art. 1 Abs. 1 GG aufgestellten Grundsätze in der Rechtsprechung wie im Schrifttum substantiierte Einwände erhoben worden (vgl. insbesondere VG Dresden, Beschl. v. 28.1.2003 - 14 K 2777/02 -, NVwZ-RR 2003, 848 ff., 850 ff.; Jarass/Pieroth, GG, 7. Aufl., Art. 1 RdNr. 16; Fechner, JuS 2003, 734, 736; Heckmann, JuS 1999, 986, 990 ff.; Kempen, NVwZ 1997, 243, 247 f. m.N.). Bereits die hiernach zur Ermittlung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache notwendige Durchdringung der verfassungsrechtlichen Fragen würde den Rahmen des vorliegenden Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO sprengen.
10 
Unabhängig davon vermag der Senat aufgrund der ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu überschauen, ob - wie von der Antragstellerin geltend gemacht - zwischen dem Betrieb eines Laserdromes mit simulierten Tötungshandlungen, wie er der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde lag, und der Veranstaltung sog. Paintball-Spiele Unterschiede bestehen, die einer Übertragung der vom Bundesverwaltungsgericht aufgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Fall entgegenstehen.
11 
Dies rührt zunächst daher, dass in tatsächlicher Hinsicht bereits erhebliche Unklarheiten bestehen, welche Spielhandlung bzw. welcher Spielablauf der rechtlichen Beurteilung überhaupt zugrunde zu legen ist. Die Antragstellerin hat vorgetragen, Spielhandlung beim „Paintball“ sei es, dass Einzelspieler oder Mannschaften um eine Flagge beziehungsweise zwei Flaggen kämpften, die es zu erobern und in die eigene oder gegnerische Startposition zu verbringen gelte. Ein Mittel hierfür sei das Ausschalten der gegnerischen Mitspieler durch deren Markierung, d.h. durch das Treffen des Spielers mit einem „Paintball“ (VGH-Akte, S. 29). Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht angenommen, im Gegensatz zu den Spielen im Laserdrom handele es sich bei Paintball „nach dem derzeitigen Erkenntnisstand wohl nicht um ein Spiel, dessen Inhalt nahezu ausschließlich in der Simulation des Tötens bestehe, das seinen Reiz daher weitestgehend aus dem ‚genussvollen Ausleben der Emotion des Auslöschens eines Lebens’ gewinne“ (Bl. 5 des Entscheidungsabdrucks). Zur Begründung stellt das Verwaltungsgericht maßgeblich auf das von der Antragstellerin „vorgelegte Regelwerk“ („Haus- und Spielordnung“ der Antragstellerin, S. 37 f. der VG-Akte) ab, wonach das Markieren von Mitspielern nur ein Aspekt einer mehrschichtigen Spielhandlung sei, es als Ziel des Spiels gelte, eine Flagge aus dem Startpunkt der Gegner in den eigenen Startpunkt zurückzubringen, und das Markieren der Gegenspieler eine spielmitgestaltende, nicht jedoch dominierende Funktion habe, was auch durch die Punktvergabe deutlich werde (Bl. 5 des Entscheidungsabdrucks). Die Tragfähigkeit dieser  Begründung dürfte indes dadurch in Frage gestellt sein, dass das Paintball-Spiel nach den dem Senat zur Verfügung stehenden Erkenntnissen jedenfalls in der Praxis in verschiedenen - rechtlich möglicherweise unterschiedlich zu behandelnden - Varianten betrieben wird. So sieht zwar noch das „Liga Regelwerk“ des Deutschen Paintball Verbands (V.1.0, Stand: 1.1.2000) als „Turnierspiele“ lediglich die Formen „Central Flag“ und „Capture the Flag“ vor. Nach den im Internet von Paintball-Veranstaltern und Paintball-Teams verbreiteten Informationen existieren indes jedenfalls in der Spielpraxis zahlreiche Varianten. Dabei deutet vieles darauf hin, dass jedenfalls bei einzelnen Varianten dem „Markieren“ des Gegenspielers - und damit der Simulation des Tötens mittels einer Schusswaffe - die zentrale bzw. ausschließliche Funktion des Spiels zukommt (vgl. etwa die auf der Internetseite von „Cologne Pumpforce“ beschriebenen Varianten „Elimination“ oder „Präsident“). Dies wird im Falle der Antragstellerin durch die Ermittlungen der Antragsgegnerin bestätigt. Ausweislich des Aktenvermerks des Amts für öffentliche Ordnung vom 5.4.2004 über die am 3. und 4.4.2004 in der Paintball-Halle der Antragstellerin durchgeführte Kontrolle werden dort verschiedene Spielvarianten praktiziert (S. 2 des Aktenvermerks vom 5.4.2004). Während der Beobachtungszeit (3.4.2004, ca. 14.00 - 17.30 Uhr, 4.4.2004, ca. 15.00 - 17.00 Uhr) habe sich der Spielablauf jedoch darauf beschränkt, dass Gegenspieler durch Farbmarkierung ausgeschaltet worden seien; in keinem Fall sei um eine Fahne gespielt worden. Der an beiden Tagen als Betriebsleiter fungierende Herr xxx habe erklärt, dass er auf die von den Spielern bevorzugte Variante keinen Einfluss habe. Er habe eingeräumt, dass das Spiel um die gegnerischen Fahnen als weniger attraktiv empfunden und deshalb seltener gespielt werde.
12 
Neben diesen tatsächlichen Unklarheiten werden auch in rechtlicher Hinsicht Fragen aufgeworfen, die im Eilverfahren nicht abschließend beantwortet werden können. Soweit das Verwaltungsgericht der von der Antragstellerin vorgelegten „Haus- und Spielordnung“ Bedeutung für die rechtliche Beurteilung des Paintball-Spielbetriebs beimisst, stellt sich die Frage, ob die dort aufgestellten Regeln in der Praxis überhaupt geeignet sind, dem Spielbetrieb die Nähe zu realen kriegerischen oder sonst gewalttätigen Auseinandersetzungen zu nehmen. So wird unter Nr. 16 der Haus- und Spielordnung zwar das Verbot ausgesprochen, die Halle mit Tarnkleidung oder militärischer Kleidung zu betreten. Dieses Verbot dürfte indes durch das Erfordernis, am ganzen Körper Schutzkleidung, insbesondere auch die besonders martialisch anmutenden Schutzmasken zu tragen, jedenfalls in gewissem Umfang konterkariert werden. Auch erscheint zweifelhaft, ob es für die rechtliche Beurteilung maßgeblich darauf ankommen kann, dass sowohl in der Haus- und Spielordnung wie in der von den Spielern zu unterschreibenden Belehrung der Sport- und Spielcharakter „mehrfach ausdrücklich betont“ wird.  
13 
Auch weitere durch das Verfahren aufgeworfene Fragen (etwa die der Vergleichbarkeit mit dem aus dem Schulsport bekannten „Völker- oder Brennball“ oder mit gewaltverherrlichenden Video- oder Computerspielen sowie Filmen) sind nicht ohne eine vertiefte Auseinandersetzung in die eine oder andere Richtung zu beantworten. Schließlich kann im Rahmen des Eilverfahrens weder der Inhalt noch der rechtlichen Bedeutung einschlägiger wissenschaftlicher Untersuchungen (vgl. Linda Steinmetz, Gutachterliche Stellungnahme zur Gewaltaffinität von Mitgliedern der deutschen Paintball-/Gotcha-Szene, August 2000, veröffentlicht in Eckert/Reis/Wetzstein, „Ich will halt anders sein wie die anderen - Abgrenzung Gewalt und Kreativität bei Gruppen Jugendlicher“, Opladen 2000, zitiert nach VG Dresden, Beschl. v. 28.1.2003 - 14 K 2777/02 -) nachgegangen werden.
14 
Vor dem Hintergrund dieser in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bestehenden Ungewissheit sieht sich der Senat zum gegenwärtigen Zeitpunkt an einer verlässlichen Prognose über den Ausgang des Hauptsacheverfahrens gehindert.
15 
 
16 
2. Die danach gebotene Abwägung der im vorliegenden Fall berührten Interessen unter Berücksichtigung der Folgen, die sich voraussichtlich an die Gewährung oder Versagung des beantragten vorläufigen Rechtsschutzes knüpfen würden, führt zum Überwiegen des Interesses der Antragstellerin an der Suspendierung des Sofortvollzugs der angegriffenen Verfügung.
17 
Von entscheidender Bedeutung ist dabei nach der Ansicht des Senats, dass bei Vollziehung der Verfügung die Gefahr einer erheblichen und irreparablen Grundrechtsverletzung der Antragstellerin besteht. Bereits das Verwaltungsgericht hat dem Gesichtspunkt der Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz der Antragstellerin im Falle einer sofortigen Einstellung des Paintball-Betriebs im Rahmen der Interessenabwägung maßgebliche Bedeutung beigemessen. Dem ist die Antragsgegnerin mit der Beschwerde nicht entgegentreten. Vor diesem Hintergrund geht auch der Senat davon aus, dass bei einem vorläufigem Vollzug der Untersagungsverfügung die Gefahr besteht, dass die Antragstellerin in einem Umfang Einkommensverluste erleidet, dass von einer unzumutbaren, auch bei nachträglicher Aufhebung der Verfügung nicht mehr rückgängig zu machenden Beeinträchtigung ihrer grundrechtlichen Belange aus Art. 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 GG ausgegangen werden muss.
18 
Dabei verkennt der Senat nicht, dass mit Blick auf die nicht ausgeräumten tatsächlichen und rechtlichen Unklarheiten ein öffentliches Interesse am Schutz vor möglichen Auswirkungen des Paintball-Spielbetriebs besteht. Zwar ist das Spiel mit konkreten Gefahren für Leib und Leben der Spieler nicht verbunden. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die Spielhandlung bestimmte Personen in ihrer Menschenwürde verletzt werden, da sich die Spieler in dem Kampfgeschehen prinzipiell „chancengleich“ gegenüberstehen und dies es nicht nahe legt, in dem einen Mitspieler ein Objekt zu sehen, welches dem anderen hilflos ausgeliefert ist (BVerwG, Beschl. v. 24.10.2001, a.a.O., S. 199). Schließlich dürfte es jedenfalls an gesicherten Erkenntnissen dafür fehlen, dass durch den Konsum von Gewaltdarstellungen oder durch die Teilnahme an entsprechenden Unterhaltungsspielen tatsächlich die Hemmschwelle für Gewalt herabgesetzt wird (BVerwG, Beschl. v. 24.10.2001, Juris; insoweit in der Amtlichen Sammlung nicht abgedruckt). Allerdings besteht insoweit jedenfalls ein „Gefahrenpotential“ (BVerwG, a.a.O.), das in seinen möglichen Auswirkungen auf die allgemeinen Wertvorstellungen und das Verhalten in der Gesellschaft zwar schwer einzuschätzen ist, an dessen Begrenzung gleichwohl ein öffentliches Interesse besteht. Diesem öffentlichen Interesse trägt der Senat gemäß § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO durch die Anordnung der aus dem Tenor ersichtlichen Auflagen in einer Weise Rechnung, die den Spielbetrieb der Antragstellerin nicht grundsätzlich in Frage stellt. In der Beschränkung des Spielbetriebs auf Varianten, bei denen Ziel das Erobern einer Flagge ist, sieht der Senat eine Möglichkeit wenigstens zu verhindern, dass sich die Spielhandlung in dem „Markieren“ des Gegenspielers und damit in der Simulation des Tötens mittels Schusswaffe erschöpft. Diese Einschränkung dürfte die Antragstellerin nicht unzumutbar belasten, zumal sie selbst im Beschwerdeverfahren das Spiel nur in dieser Form beschrieben  hat (VGH-Akte, S. 29). Der Senat hält die Auflagen für erforderlich, obgleich sie zum Teil mit den Regeln übereinstimmen, die sich die Antragstellerin im Rahmen ihrer „Haus- und Spielordnung“ selbst auferlegt hat. Denn von diesen kann sich die Antragstellerin grundsätzlich jederzeit einseitig lösen. Demgegenüber wird der Antragsgegnerin mit den Auflagen nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO die Möglichkeit eingeräumt, im Falle deren Nichtbeachtung durch die Antragstellerin eine Änderung des Beschlusses nach § 80 Abs. 7 VwGO zu erwirken.
19 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da die Auflagen mit Einschränkungen des Paintball-Spielbetriebs in seiner derzeit praktizierten Form verbunden sind, hält es der Senat für gerechtfertigt, insoweit ein Teilunterliegen der Antragstellerin anzunehmen und ihr einen - untergeordneten - Teil der Kostenlast aufzubürden.  
20 
 
21 
Die Streitwertfestsetzung unter Abänderung des Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts beruht auf §§ 25 Abs. 2 Satz 1 und 2, 20 Abs. 3, 14 Abs. 1, 13 Abs. 1 GKG. Da mit der Untersagungsverfügung die Fortführung des Gewerbebetriebs der Antragstellerin in Frage gestellt wird, orientiert sich der Senat an den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 11. Aufl. Anhang 1) für den Fall der Gewerbeuntersagung. Der danach - in Ermangelung von Anhaltspunkten für einen erwarteten oder erzielten Gewinn - anzusetzende Betrag von 10.000,-- EUR (vgl. Abschnitt II., Nr. 14.2.1) ist im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zu halbieren (Abschnitt I., Nr. 7).
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Untersagungsverfügung wegen unerlaubten Glücksspiels.

2

Die Klägerin - ein Medienunternehmen - bot in der Bundesligasaison 2009/2010 auf ihrer Webseite www... ein Bundesligamanagerspiel ("...") an und machte hierfür Werbung. Den Spielregeln zufolge stellt jeder Teilnehmer aus Spielern der ersten Fußballbundesliga eine fiktive Mannschaft zusammen, die während einer Bundesligasaison nach festgelegten Bewertungskriterien mit ebenfalls fiktiven Mannschaften anderer Teilnehmer konkurriert. Pro Mannschaft entrichtet der Teilnehmer, der mit höchstens zehn Mannschaften antreten kann, einen Betrag von 7,99 €, wobei jede dritte Mannschaft eines Teilnehmers kostenlos ist. Nach der Zahlung registrieren sich die Spieler über das Internet und stellen für jeden Spieltag ihre Mannschaft zusammen. Vom Veranstalter erhalten die Teilnehmer laufend Bewertungen für die Spieler ihrer Mannschaft. Es werden monatlich Sachpreise für die besten fünf Teilnehmer der nach Geschicklichkeitsstufen eingeteilten drei Ligen und am Ende der Saison für die Plätze 4 bis 100 ausgeschüttet. Geldpreise erhalten die Bestplatzierten nach der Hin- und Rückrunde (insgesamt je 8 000 €) sowie die drei Bestplatzierten der Gesamtwertung am Ende der Saison (insgesamt 135 000 €). Die Vergabe der Punkte an die Teilnehmer erfolgt zum einen auf der Grundlage der Bewertung der einzelnen Bundesligaspieler durch eine Jury der ...-Redaktion, zum anderen aufgrund bestimmter weiterer Bewertungskriterien, die im Verhältnis zur Redaktionsbewertung der Spieler eine doppelte Wertigkeit haben.

3

Nach Anhörung der Klägerin untersagte ihr das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Verfügung vom 12. November 2009, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen (Nr. 1). Ferner wurde verfügt, die untersagten Tätigkeiten unverzüglich einzustellen und die Einstellung vorbezeichneter Tätigkeiten dem Regierungspräsidium Karlsruhe schriftlich mitzuteilen (Nr. 2). Für den Fall, dass die Klägerin den Verpflichtungen aus den Nummern 1 und 2 der Verfügung bis zwei Wochen nach Bekanntgabe der Verfügung nicht nachkam, wurde ihr ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000 € angedroht (Nr. 3). Zur Begründung der Verfügung wurde ausgeführt: Die Untersagung beruhe auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV. Bei dem von der Klägerin veranstalteten Turnier handele es sich um ein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV.

4

Das Verwaltungsgericht hat die dagegen erhobene Anfechtungsklage der Klägerin abgewiesen, weil es sich bei dem von der Klägerin angebotenen Bundesligamanagerspiel um öffentliches Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages handele. Die Klägerin verfüge nicht über die dazu erforderliche Erlaubnis. Zudem verstoße sie gegen das Internetverbot. Die Verfügung sei auch im Übrigen ermessensfehlerfrei.

5

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12. November 2009 aufgehoben. Ferner hat er festgestellt, dass die Klägerin in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis gemäß § 4 Abs. 1 GlüStV berechtigt ist, im Internet das in der Bundesligasaison 2009/2010 unter der Domain www... angebotene Managerspiel zu veranstalten. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 Nr. 3 GlüStV seien nicht gegeben. Bei dem von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 angebotenen Fußballmanagerspiel handele es sich nicht um Glücksspiel im Sinne des Gesetzes. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liege ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt werde und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhänge. Letzteres könne offenbleiben. Jedenfalls fehle es für die Einordnung als Glücksspiel an dem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt. Bei dem von der Klägerin erhobenen Betrag von 7,99 € pro Team handele es sich nicht um ein solches Entgelt. Unter "Entgelt" im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sei nicht jede geldwerte Leistung zu verstehen, die für die Teilnahme am Spiel erbracht werde. Voraussetzung sei vielmehr, dass gerade aus diesem Entgelt die Gewinnchance des Einzelnen erwachse (sogenannter Einsatz). Daran fehle es bei einer Teilnahmegebühr, die bloß eine Mitspielberechtigung gewähre, etwa um die Spieler an den Aufwendungen für die Organisation des Spiels zu beteiligen. Insoweit stimme der Glücksspielbegriff des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV mit dem strafrechtlichen Glücksspielbegriff des § 284 StGB überein. Das in § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorausgesetzte Entgelt müsse in den Gewinn einfließen. Für diese Deutung sprächen der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des Glücksspielstaatsvertrages, die auf eine Deckungsgleichheit des Glücksspielbegriffs im Glücksspielstaatsvertrag und im Strafrecht schließen ließen. Darüber hinaus stünden nur solche Glücksspiele einer Regelung durch Landesgesetz offen, die der Begriffsbestimmung des § 284 StGB unterlägen. Da die Teilnahmegebühr hier lediglich der Deckung der Veranstaltungskosten, nicht aber der Finanzierung der von Sponsoren zur Verfügung gestellten Gewinne diene, erwachse aus ihr nicht die Gewinnchance des Einzelnen. Die von der Klägerin erhobene Teilnahmegebühr ermögliche lediglich die Teilnahme am Spiel und sei stets verloren.

6

Selbst wenn das Bundesligamanagerspiel als Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages anzusehen sein sollte, sei die Untersagungsverfügung nicht ermessensfehlerfrei ergangen, schon weil der Beklagte offensichtlich unzutreffend davon ausgegangen sei, dass es sich bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin um die strafbare Veranstaltung öffentlichen Glücksspiels nach § 284 StGB handele. Zudem habe der Beklagte nicht sämtliche für die Ausübung des Ermessens maßgeblichen Gesichtspunkte in seine Erwägungen eingestellt. Zwar könne er sich bei der Ausübung seines Untersagungsermessens von dem Ziel der Suchtvorbeugung und -bekämpfung und den weiteren in § 1 GlüStV genannten Zielen leiten lassen. Bei relativ geringen Einsätzen, die zudem nur einmal im Jahr - zu Beginn der Bundesligasaison - zu leisten seien und dann zur Teilnahme an dem Managerspiel über den Zeitraum einer ganzen Bundesligasaison berechtigten, sei jedoch die Gefahr, dass die Spielsucht die Lebensgrundlage zerstören und zu Beschaffungskriminalität führen könne, ebenso nahezu ausgeschlossen wie die Gefahr der Geldwäsche, Manipulation oder nicht ordnungsgemäßer Gewinnauszahlung durch den Veranstalter. Kennzeichnend für das pathologische Glücksspiel und dessen Gefahren sei insbesondere das Kriterium des sich wiederholenden und gegebenenfalls steigernden Einsatzes zur Erreichung und Steigerung des Gewinns. Dies sei bei dem Managerspiel der Klägerin nicht gegeben.

7

Zur Begründung seiner Revision trägt der Beklagte im Wesentlichen vor: Der Verwaltungsgerichtshof gehe von einem fehlerhaften Verständnis des § 284 StGB aus. Der Strafrechtsgesetzgeber habe den Begriff des Glücksspiels nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei neben der Zufallsabhängigkeit die Zahlung eines Einsatzes erforderlich. Unter Einsatz verstehe der Bundesgerichtshof eine Leistung, die erbracht werde in der Hoffnung, im Falle eines Gewinns eine gleich oder höhere Leistung zu erhalten, und in der Befürchtung, dass diese im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheim falle. Diese Definition verlange nicht, dass der Einsatz zur Finanzierung der Gewinne herangezogen werde. Wende man diese Maßstäbe des Bundesgerichtshofs auf das Managerspiel der Klägerin an, dann handele es sich bei dem Entgelt, das je nach der Zahl der Mannschaften pro Spieler zwischen 7,99 € und 55,93 € betrage, um einen Einsatz im Sinne des § 284 StGB. Es bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Zahlung des Entgelts und der Möglichkeit, die ausgelobten Gewinne zu erhalten. Da diese Gewinne im Verhältnis zu dem zu zahlenden Entgelt sehr hoch seien, dürfte die Aussicht auf die ausgelobten Gewinne für viele Spieler auch einen Anreiz setzen, an dem Spiel teilzunehmen. Es sei anerkannt, dass auch kleine Lotterien im Sinne des § 18 GlüStV, deren Gewinne häufig von Sponsoren finanziert würden, Glücksspiele im Sinne des Gesetzes seien. Der Verwaltungsgerichtshof verkenne auch, dass bei jedem Glücksspiel der Einsatz stets verloren sei. Der Spieler erhalte den Einsatz im Falle eines Gewinnes nicht zurück, sondern erhalte nur den Gewinn. Man könne bei dem Entgelt des Managerspiels auch keine Parallele zu den Eintrittsgeldern bei den Spielbanken ziehen, die in der Tat nicht als glücksspielrechtliches Entgelt angesehen werden könnten. Überdies habe der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Begriffs "öffentliches Glücksspiel" entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs bewusst weiter gefasst als der Strafgesetzgeber und dazu im Glücksspielstaatsvertrag eine eigene gesetzliche Definition des Glücksspiels aufgenommen. Danach sei das Vorliegen eines Glücksspiels nur dann ausgeschlossen, wenn für die Teilnahme an dem Spiel keinerlei Entgelt verlangt werde. Bei Glücksspielen im Internet liege stets eine Ermessensreduktion auf Null vor. Nichts anderes könne beim Anbieten von Glücksspielen über das Internet gelten. Der Verwaltungsgerichtshof habe auch das Verhältnismäßigkeitsgebot fehlerhaft angewendet. Eine Untersagungsverfügung, die der Klägerin nur das untersage, was ihr auch kraft Gesetzes verboten sei, belaste die Klägerin nicht zusätzlich.

8

Der Beklagte beantragt,

das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Mai 2012 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Oktober 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zurückzuweisen.

9

Die Klägerin beantragt,

die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 12. November 2009 aufgehoben und festgestellt wird, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 im Internet unter der Domain www... angebotene "Managerspiel" kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV ist.

10

Sie verteidigt das angegriffene Urteil des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat den streitgegenständlichen Bescheid vom 12. November 2009 zu Recht aufgehoben (1.). Seine Feststellung, dass das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 in Baden-Württemberg ohne Erlaubnis im Internet angebotene und dort beworbene Fußballmanagerspiel kein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ist, hält der revisionsgerichtlichen Prüfung stand (2.).

12

1. Die Anfechtungsklage der Klägerin hat schon deshalb Erfolg, weil die Untersagungsverfügung vom 12. November 2009 in ihrer Nummer 1 als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis genügt (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG, § 37 Abs. 1 LVwVfG BW, Art. 20 Abs. 3 GG). Revisionsrechtlich fehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass der Klägerin damit nicht nur das für die Bundesligasaison 2009/2010 angebotene Glücksspiel untersagt wird, sondern darüber hinaus die Veranstaltung, Vermittlung, Werbung oder Unterstützung weiteren öffentlichen Glücksspiels, obwohl nichts dafür ersichtlich ist, dass die Klägerin neben dem Angebot des Bundesligamanagerspiels andere Glücksspiele im Sinne des § 3 Abs. 1 GlüStV angeboten hätte oder deren Veranstaltung für die Zukunft beabsichtigte.

13

Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG, § 37 Abs. 1 LVwVfG BW muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Das bedeutet zum einen, dass der Adressat in die Lage versetzt werden muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird. Zum anderen muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (Urteil vom 15. Februar 1990 - BVerwG 4 C 41.87 - BVerwGE 84, 335 <338> = Buchholz 406.11 § 39b BBauG Nr. 1).

14

Der Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte (stRspr; vgl. Beschluss vom 4. Dezember 2008 - BVerwG 2 B 60.08 - juris Rn. 2 m.w.N.). Bei der Ermittlung dieses objektiven Erklärungswertes sind alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände heranzuziehen, insbesondere auch die Begründung des Verwaltungsakts (Urteil vom 18. Juni 1980 - BVerwG 6 C 55.79 - BVerwGE 60, 223 <228 f.> = Buchholz 448.0 § 25a WPflG Nr. 2). Die Begründung hat einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Regelungsgehalt. Sie ist die Erläuterung der Behörde, warum sie den verfügenden Teil ihres Verwaltungsakts so und nicht anders erlassen hat. Die Begründung bestimmt damit den Inhalt der getroffenen Regelung mit, sodass sie in aller Regel unverzichtbares Auslegungskriterium ist (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 39 Rn. 26 m.w.N.).

15

In Nummer 1 der angefochtenen Verfügung wird der Klägerin allgemein untersagt, in Baden-Württemberg öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV zu veranstalten, zu vermitteln, hierfür zu werben oder solche Tätigkeiten zu unterstützen. Dass der Beklagte damit nicht nur das von der Klägerin in der Bundesligasaison 2009/2010 im Internet angebotene und beworbene Spiel untersagte, sondern jegliche künftigen Internetauftritte der Klägerin, mit denen öffentliches Glücksspiel betrieben wird, verdeutlicht die Begründung des Bescheids auf Seite 7. Mit dieser weiten Fassung der Untersagungsverfügung hat der Beklagte keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt-generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offengelassen.

16

2. Die Feststellungsklage ist ebenfalls zulässig und begründet. Der Verwaltungsgerichtshof ist zu Recht davon ausgegangen, dass das von der Klägerin angebotene Glücksspiel im Internet kein Glücksspiel im Sinne von § 3 Abs. 1 GlüStV ist.

17

a) Bedenken bezüglich der Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen nicht.

18

Gemäß § 43 Abs. 1 VwGO kann durch Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können (§ 43 Abs. 2 VwGO). Diese Subsidiaritätsregelung will eine unnötige Feststellungsklage vermeiden, wenn dem Kläger eine andere sachnähere oder effektivere Klageart zur Verfügung steht. Aus Gründen der Prozessökonomie soll der Rechtsschutz auf dasjenige Verfahren konzentriert werden, welches seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird.

19

Die Anfechtungsklage gegen die Untersagungsverfügung stellt für die Klägerin keinen gleich wirksamen Rechtsschutz dar. Namentlich ist offen, ob die Anfechtungsklage zur Klärung der Frage führt, ob das von der Klägerin betriebene Managerspiel ein Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages ist. Für die Klägerin bestand die Gefahr, dass diese Frage im gerichtlichen Verfahren nicht entscheidungserheblich wird, etwa wegen der fehlenden Bestimmtheit der Verfügung oder wegen Ermessensfehlern. Wirksamen und effektiven Rechtsschutz bezüglich der Zulässigkeit ihres Geschäftsmodells konnte sie nur über eine zusätzliche Feststellungsklage erreichen.

20

b) Der Verwaltungsgerichtshof hat das von der Klägerin angebotene Fußballmanagerspiel zu Recht nicht als Glücksspiel angesehen. Seine Annahme, die von der Klägerin geforderten 7,99 € seien als Teilnahmegebühr zu qualifizieren und nicht als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Da das Revisionsgericht diejenige Rechtslage zugrunde legen muss, die das Berufungsgericht, entschiede es jetzt, anzuwenden hätte (stRspr; vgl. Urteil vom 18. Dezember 1992 - BVerwG 7 C 16.92 - BVerwGE 91, 334 <338> = Buchholz 113 § 12 InVorG Nr. 1; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO-Kommentar, Rn. 23 zu § 137; jeweils m.w.N.), beurteilt sich dies nach dem Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung des am 1. Juli 2012 in Baden-Württemberg in Kraft getretenen Ersten Staatsvertrages zur Änderung des Glücksspielstaatsvertrages vom 15. November 2011 - GlüStV -, der gemäß § 33 GlüStV nunmehr revisibel ist.

21

(1) Ein Glücksspiel liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Frage der Zufallsabhängigkeit offengelassen und darauf abgestellt, dass es bei dem Fußballmanagerspiel der Klägerin jedenfalls an dem erforderlichen Erwerb einer Gewinnchance gegen Entgelt fehle. Das Zahlungsverlangen von 7,99 € pro Team sei eine Teilnahmegebühr an dem Spiel und kein Entgelt im Sinne des Gesetzes.

22

Zu Recht geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass das Tatbestandsmerkmal des Entgelts für den Erwerb einer Gewinnchance gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV sich mit dem des Einsatzes für ein Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB jedenfalls insoweit deckt, als verlangt wird, dass die Gewinnchance gerade aus dem Entgelt erwächst. Das Berufungsurteil nimmt nur unzutreffend an, dies setze eine Verwendung des Entgelts zur Finanzierung der Gewinne voraus. Stattdessen genügt es, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Entgelt und Gewinnchance besteht. Dazu muss die Gewinnchance - und nicht der Gewinn selbst - sich gerade aus der Entgeltzahlung ergeben. Daran fehlt es, wenn mit ihr lediglich die Berechtigung zur Teilnahme erworben wird. Dann handelt es sich nur um eine Teilnahmegebühr mit der Folge, dass kein Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV vorliegt.

23

Diese Auslegung ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang der glücksspielrechtlichen Regelung mit § 33h Nr. 3 Gewerbeordnung (GewO), der seinerseits auf § 284 StGB Bezug nimmt. Sie entspricht auch dem Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV und ist mit dessen Wortlaut und der Entstehungsgeschichte vereinbar.

24

§ 33h GewO normiert das Verhältnis der gewerberechtlichen Vorschriften, die Gewinnspiele betreffen, zu den landesrechtlichen, ordnungsrechtlichen Glücksspielregelungen. Im Rahmen seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft gemäß Art. 74 Nr. 11 Grundgesetz (GG) hat der Bundesgesetzgeber das gewerbliche Aufstellen von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit (§ 33c GewO) sowie das gewerbliche Veranstalten anderer Spiele mit Gewinnmöglichkeit (§ 33d GewO) unter Erlaubnisvorbehalt gestellt und in §§ 33c ff. GewO näher geregelt. § 33g Nr. 2 GewO normiert einen Vorbehalt, die Erlaubnispflicht auf bestimmte nicht gewerbsmäßig betriebene Gewinnspiele auszudehnen. §§ 33c bis 33g GewO sind nach § 33h Nr. 1 und 2 GewO jedoch nicht auf die dort aufgeführten Spielbanken, Lotterien und Ausspielungen anzuwenden. Nach § 33h Nr. 3 GewO gelten sie auch nicht für diejenigen "anderen" Spiele im Sinne des § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO, die Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind. Diese - und nur diese - "anderen" Spiele bleiben der Regelung durch den Landesgesetzgeber im Rahmen seiner Kompetenz für das Ordnungsrecht überlassen. Die Übrigen, die nicht unter § 284 StGB fallen, sind in § 33d Abs. 1 Satz 1 GewO detailliert und abschließend geregelt. Diese Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Gewerbeordnung vollzieht die Abgrenzung zwischen der Bundesgesetzgebungskompetenz für das Wirtschaftsrecht und der Landesgesetzgebungskompetenz für das Ordnungsrecht nach (vgl. BTDrucks 8/1863 S. 10 f.; Marcks, in: Landmann/Rohmer, GewO, § 33h, Stand: Mai 2011, Rn. 1). Sie steht nicht zur Disposition des Landesgesetzgebers. Er darf den ordnungsrechtlichen Begriff des Glücksspiels bei "anderen" Spielen mit Gewinnmöglichkeit, wie dem hier umstrittenen Fußballmanagerspiel, nicht weiter fassen als den Glücksspielbegriff des § 284 StGB. Das Tatbestandsmerkmal des für den Erwerb einer Gewinnchance verlangten Entgelts im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV darf deshalb nicht weiter ausgelegt werden als der Begriff des Einsatzes, der Bestandteil der Definition des Glücksspiels im Sinne des § 284 StGB ist.

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gehört zu jedem Glücksspiel in dem in § 284 StGB vorausgesetzten Sinn ein Einsatz; denn bei einem Glücksspiel geht es um die Erzielung eines Gewinns oder um den Verlust eines Einsatzes. Unter den Begriff des Einsatzes fällt jede Leistung, die in der Hoffnung erbracht wird, im Falle des Gewinnens eine gleiche oder höherwertige Leistung zu erhalten, und in der Befürchtung, dass sie im Falle des Verlierens dem Gegenspieler oder dem Veranstalter anheim fällt. Wegen der notwendigen Abgrenzung zum bloßen Unterhaltungsspiel darf der Einsatz allerdings nicht nur ganz unbeträchtlich sein. Von einem Glücksspieleinsatz kann jedoch nur ausgegangen werden, wenn zwischen Aufwendung eines Vermögenswerts und dessen Gewinn oder Verlust ein notwendiger Zusammenhang besteht (BGH, Beschluss vom 29. September 1986 - 4 StR 148/86 - BGHSt 34, 171 <171 ff.> m.w.N.). Daraus folgt auch für den ordnungsrechtlichen Glücksspielbegriff, dass sich bereits aufgrund der Zahlung des Entgelts die Gewinnchance oder die Verlustmöglichkeit ergeben muss. Daran fehlt es, wenn erst weitere Umstände wie etwa das Verhalten von Mitspielern oder Aktivitäten des Spielteilnehmers selbst die Gewinnchance oder Verlustmöglichkeit entstehen lassen. Für den erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Zahlung des Entgelts und der Gewinn- oder der Verlustmöglichkeit genügt nicht schon, dass die Zahlung die Berechtigung zur Teilnahme am Spiel vermittelt.

26

Der Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV spricht ebenfalls dafür, als Entgelt für den Erwerb einer Gewinnchance nur einen Einsatz im Sinne des strafrechtlichen Glücksspielbegriffs zu verstehen. Die ordnungsrechtliche Regelung dient nach § 1 GlüStV dazu, die Spielsucht zu bekämpfen, den Jugendschutz zu gewährleisten und vor Begleitkriminalität zu schützen. Dieser Zweck erfordert nicht, über einen Einsatz hinaus auch eine bloße Teilnahmegebühr in den Tatbestand einzubeziehen. Nach den tatsächlichen Annahmen der Vorinstanz besteht die potenziell zur Spielsucht führende Versuchung, die Gewinnchancen durch Erhöhen des Einsatzes steigern und erlittene Verluste mit weiteren Einsätzen wettmachen zu wollen, bei einer festen Teilnahmegebühr nicht oder jedenfalls nicht in vergleichbarem Maß. Gleiches gilt für das Risiko kriminellen Verhaltens. An diese Feststellungen ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO mangels wirksamer Verfahrensrügen gebunden. Selbst der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass von dem Fußballmanagerspiel für die Spieler keine Suchtgefahr ausgehe.

27

Diese Feststellungen lassen die Auslegung des Entgelterfordernisses im Sinne eines Einsatzes auch verfassungsrechtlich geboten erscheinen. Vor dem rechtsstaatlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit sind die Beschränkungen durch den Glücksspielstaatsvertrag nur gerechtfertigt, soweit sie zur Bekämpfung der genannten Gefahren geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sind. Bei Spielen, für die kein Einsatz, sondern nur eine Teilnahmegebühr verlangt wird, gehen die glücksspielrechtlichen Anforderungen an die Aufklärung der Spieler, das Erstellen eines Sozialkonzepts und ein System der Spielersperre (§§ 6 bis 8 GlüStV) weit über das zur Suchtbekämpfung erforderliche Maß hinaus. Den Anforderungen des Jugendschutzes und der Abwehr krimineller Taten kann bereits durch eine Regulierung auf dem Niveau des § 33d GewO Rechnung getragen werden. Dass die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages auf ein wesentlich höheres Gefahrenniveau zugeschnitten sind, zeigen die Bestimmungen über die Ausnahmen vom Internetverbot (§ 4 Abs. 5 GlüStV), die eine Freigabe bei Einsätzen bis zu 1 000 € monatlich zulassen, und die Öffnung des Glücksspielstaatsvertrages bezüglich der Erlaubniserteilung für Lotterien mit geringerem Gefährdungspotenzial (vgl. §§ 12 ff. GlüStV). Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist entgegen der Auffassung des Beklagten jeweils die konkrete Spielgestaltung in den Blick zu nehmen und nicht auf eine mögliche Gefährdung durch ein Zusammenwirken aller auf dem Markt angebotenen Glücksspiele abzustellen.

28

(2) Bei dem von der Klägerin angebotenen Fußballmanagerspiel ist der erforderliche notwendige Zusammenhang zwischen der Zahlung des Entgelts und der Gewinnchance bzw. der Verlustmöglichkeit nicht gegeben. Nicht die bloße Zahlung hat eine Gewinnchance zur Folge, sondern erst das sich daran anschließende Spielverhalten des jeweiligen Spielteilnehmers und seiner Mitkonkurrenten. Eine Gewinnchance eröffnet sich nicht schon mit der entgeltlichen Registrierung, sondern erst und nur, wenn der Teilnehmer sich entscheidet, sich in das Spielgeschehen einzubringen und den in der Spielsaison erforderlichen zeitlichen Aufwand zu investieren. Diese Entscheidung erfolgt unabhängig von der Zahlung des Entgelts. Der Teilnehmer kann auch jederzeit aus dem Spiel wieder aussteigen, ohne dass für ihn ein Anreiz besteht, einen Vermögensverlust wieder wettmachen zu wollen. Das Entgelt für die Registrierung erhält er in keinem Fall zurück. Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, bei dem von der Klägerin geforderten Betrag handele es sich nur um eine Teilnahmegebühr, ist in Anbetracht des dargestellten Spielmodells revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Die Anordnung kann Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 oder 6, jeweils auch in Verbindung mit Abs. 2, oder entgegen § 15 Absatz 1a ein dort genanntes Medium anbietet, überlässt, zugänglich macht, ausstellt, anschlägt, vorführt, einführt, ankündigt oder anpreist,
2.
entgegen § 15 Abs. 1 Nr. 7, auch in Verbindung mit Abs. 2, ein Trägermedium herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält oder einführt,
3.
entgegen § 15 Abs. 4 die Liste der jugendgefährdenden Medien abdruckt oder veröffentlicht,
4.
entgegen § 15 Abs. 5 bei geschäftlicher Werbung einen dort genannten Hinweis gibt oder
5.
einer vollziehbaren Entscheidung nach § 21 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 zuwiderhandelt.

(2) Ebenso wird bestraft, wer als Veranstalter oder Gewerbetreibender

1.
eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung begeht und dadurch wenigstens leichtfertig ein Kind oder eine jugendliche Person in der körperlichen, geistigen oder sittlichen Entwicklung schwer gefährdet oder
2.
eine in § 28 Abs. 1 Nr. 4 bis 18 oder 19 bezeichnete vorsätzliche Handlung aus Gewinnsucht begeht oder beharrlich wiederholt.

(3) Wird die Tat in den Fällen

1.
des Absatzes 1 Nr. 1 oder
2.
des Absatzes 1 Nr. 3, 4 oder 5
fahrlässig begangen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu hundertachtzig Tagessätzen.

(4) Absatz 1 Nummer 1 und 2 und Absatz 3 Nummer 1 sind nicht anzuwenden, wenn eine personensorgeberechtigte Person oder eine Person, die im Einverständnis mit einer personensorgeberechtigten Person handelt, das Medium einem Kind oder einer jugendlichen Person anbietet, überlässt, zugänglich macht oder vorführt. Dies gilt nicht, wenn die personensorgeberechtigte Person durch das Erteilen des Einverständnisses, das Anbieten, Überlassen, Zugänglichmachen oder Vorführen ihre Erziehungspflicht gröblich verletzt.

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zustimmung der Bayerischen Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik zur Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik.

Die Klägerin beantragte am 22. Januar 2016 bei der Bayerischen Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik unter Vorlage des Ergebnisses eines humangenetischen Beratungsgesprächs vom 15. Januar 2016 bei „…  einer ärztlichen Stellungnahme der Praxis … sowie eines Gutachtens von Dr. med. … vom …, die Zustimmung zur Vornahme einer Präimplantationsdiagnostik.

Zur Anamnese lässt sich dem Schreiben von „…“ entnehmen, dass beim potentiellen Kindsvater die molekulargenetische Analyse des DMPK-Gens (myotone Dystrophie Proteinkinase) eine Verlängerung des CTG-Repeats im 3'-untranslatierten Bereich von 500 bis 1.000 Repeats (...) ergeben habe. Er sei das zweite von zwei Kindern der Eltern. Zur Zeit des Beratungsgespräches am 15. Januar 2016 sei der Partner der Klägerin 43 Jahre alt gewesen. Er habe eine deutliche Muskelschwäche und weitere Symptome einer myotonen Dystrophie gezeigt, ebenso wie seine ältere Schwester und sein Vater. Der Zwillingsbruder des Vaters sei im Alter von 59 Jahren an den Folgen der myotonen Dystrophie verstorben. In der Familie des Lebenspartners der Klägerin werde ein instabiles verlängertes Allel im DMPK-Gen weitergegeben, was bei ihm und seiner Schwester zu Symptomen einer myotonen Dystrophie führe. Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Falle einer Schwangerschaft zu der Geburt eines Kindes mit einer myotonen Dystrophie Typ 1 komme, liege bei 50%.

Die bei der Klägerin und ihrem Partner durchgeführten Chromosomenanalysen hätten unauffällige Chromosomensätze ergeben.

Dem Schreiben der … lässt sich entnehmen, dass die Repeat-Verlängerung von 500 bis 1.000 eine Verlängerung sei, wie sie bei Patienten gefunden werde, die in der Regel im Erwachsenenalter erkrankten. Aus dieser Verlängerung lasse sich kein Rückschluss auf den zukünftigen Krankheitsverlauf ziehen. Erfahrungsgemäß würden innerhalb einer Familie sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe beobachtet.

Dem Befundbericht der … ist zum Punkt myotone Dystrophie zu entnehmen, dass zu den bisherigen Kontrolluntersuchungen eine augenärztliche Abklärung im Hinblick auf eine Katarakt und evtl. ein Ultraschall mit der Frage nach Gallensteinen sinnvoll sei. Es sei möglich, dass bei myotoner Dystrophie leicht erhöhte Tumorrisiken bestünden, dies sei jedoch nicht abschließend zu beurteilen. In einer wissenschaftlichen Publikation von 2012 würden Schilddrüsentumore, Prostatakrebs, Hodentumore und Melanome der Aderhaut am Auge als mögliche Lokalisationen genannt. Dies solle bei den Vorsorgeuntersuchungen berücksichtigt werden. Das Wiederholungsrisiko für Kinder liege - unabhängig von dem Geschlecht - bei 50%. Die Repeatlänge von 1.000 Repeats könne auch ohne weitere Repeatverlängerung zu einer kongenitalen (bei Geburt vorhandenen) Form der myotonen Dystrophie führen. Wie wahrscheinlich dies sei, lasse sich nicht zuverlässig beurteilen. Bei einem von myotoner Dystrophie betroffenen Kind lasse sich vorgeburtlich in der Regel keine genaue Aussage über den Schweregrad der Erkrankung machen. Die intrafamiliäre Variabilität sei dem Partner der Klägerin angesichts der Symptomatik seiner Schwester bei gleichen Repeatlängen (zumindest im Blut) bewusst.

Aus dem Protokoll der Sitzung der Bayerischen Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik vom … … … ergibt sich, dass sich bei dem potentiellen Vater im Alter von 43 Jahren Krankheitssymptome gezeigt hätten. Das Paar habe bereits eine PID durchführen lassen. Zu einem Zeitpunkt, als die PID in Deutschland noch strafbar gewesen sei, seien die Embryonen zur Untersuchung nach Spanien geschickt worden. Drei Embryonen, die wohl gesund gewesen seien, seien implantiert worden, dies habe jedoch nicht zu einer Schwangerschaft geführt. Es wurde kritisiert, dass im humangenetischen Beratungsgespräch, wie explizit dokumentiert, nicht über die klinischen Merkmale der myotonen Dystrophie gesprochen worden sei. Dies sei vermutlich unterblieben, da die Erkrankung aufgrund der Familiengeschichte bekannt sei. Neben dem Mann seien sowohl seine Schwester, diese zudem schwer, selbst betroffen, ebenso wie auch der Vater und dessen Zwillingsbruder hieran erkrankt gewesen seien. Da die angeborene Form der myotonen Dystrophie in der Regel nur über die Mutter vererbt werde, bestehe lediglich eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass bei Nachkommen eine schwere kindliche Form des Krankheitsbildes vorliege. Eine Erkrankung werde vermutlich wie beim Mann selbst erst im höheren Lebensalter erkennbar und nicht schwerer ausgeprägt sein als bei diesem. Die Ethikkommission lehnte den Antrag der Klägerin daraufhin mit acht Stimmen, also einstimmig, ab.

Mit Bescheid vom 7. März 2016, der Klägerin zugestellt am 21. März 2016, lehnte die Ethikkommission den Antrag auf Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik ab (Ziffer I.) und legte der Klägerin die Kosten des Verfahrens auf (Ziffer II.). Zur Begründung wird ausgeführt, vorliegend lägen bei der Klägerin die Voraussetzungen für eine schwerwiegende Erbkrankheit nach § 3a Abs. 2 Satz 1 Embryonenschutzgesetz (ESchG) nicht vor. Unter „Erbkrankheiten“ verstehe man nach derzeitigem Kenntnisstand monogen bedingte Erkrankungen oder Chromosomenstörungen.

„Schwerwiegend“ sei eine Erberkrankung, wenn sie sich durch eine geringe Lebenserwartung oder Schwere des Krankheitsbildes und schlechte Behandelbarkeit von anderen Erbkrankheiten wesentlich unterscheide. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht gegeben. Aus den vorgelegten humangenetischen Gutachten vom … … …, vom … … … und vom … … … gehe hervor, dass bei ihrem Partner eine Verlängerung des CTG-Repeats im 3'-untranslatierten Bereich von 500 bis 1.000 Repeats im DMPK-Gen vorliege. Damit liege bei ihm eine Anlageträgerschaft für eine myotone Dystrophie Typ 1 (Curschmann-Steinert) vor. Diese Muskelerkrankung folge einem autosomal dominanten Erbgang, sodass für ihre Nachkommen eine Erkrankungswahrscheinlichkeit i.H.v. 50% bestehe. Charakteristische Symptome seien Muskelsteifheit und langsam fortschreitende Muskelschwäche, speziell der Gesichtsmuskeln, der Hals- und Nackenmuskulatur und der Muskeln der Unterarme und dem unteren Abschnitt der Beine. Andere Organe könnten ebenfalls betroffen sein. Das Alter bei Krankheitsbeginn und der Charakter der Symptome hingen stark von der Länge der CTG-Repeatsequenz ab. Bei einer ganz beachtlichen Zahl von Patienten werde die Erkrankung aber erst im höheren Lebensalter erkennbar. Insbesondere im Fall der Klägerin - die Erkrankung werde über den Vater vererbt - bestehe lediglich eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit, dass bei den Nachkommen eine schwere kindliche Form des Krankheitsbildes vorliege. Die Ethikkommission habe bei ihrer Entscheidung berücksichtigt, dass sich die Klägerin in einem inneren seelischen Konflikt befinde, da sie sich Kinder wünsche, jedoch eine Pränataldiagnostik und einen möglichen Schwangerschaftsabbruch fürchte. Gleichwohl sei die Ethikkommission nach ausführlicher Beratung zu dem Ergebnis gekommen, dass im Fall der Klägerin die Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG nicht erfüllt seien.

Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 14. April 2016 Klage erheben, die mit Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. Mai 2017, dem Prozessbevollmächtigten zugestellt am 4. Juli 2017, abgewiesen wurde.

Zur Begründung seiner Entscheidung ging das Verwaltungsgericht zunächst davon aus, dass zwischen den Beteiligten das Vorliegen einer genetischen Disposition des Partners der Klägerin für die Krankheit myotone Dystrophie Typ 1 und das hohe Risiko der Weitervererbung an Nachkommen (50%) unstreitig sei. Streitig sei jedoch, ob die myotone Dystrophie Typ 1 eine schwerwiegende Erbkrankheit i.S.d. § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG darstelle.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts stehe der Ethikkommission bzgl. dieses Tatbestandsmerkmals ein Beurteilungsspielraum zu, der dazu führe, dass gerichtlich lediglich nachprüfbar sei, ob die Ethikkommission von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen sei, ob sie die Grenzen ihres Beurteilungsspielraums eingehalten und die richtigen Wertmaßstäbe angewendet habe. Das Gericht könne jedoch nicht seine eigene Wertung, ob die myotone Dystrophie Typ 1 eine schwerwiegende Erbkrankheit darstelle oder nicht, an die Stelle der Wertung der Ethikkommission setzen. Bei der Ethikkommission handle es sich um ein weisungsfreies Gremium mit einer besonderen, pluralistischen Zusammensetzung und hoher eigener Sachkunde. Das Verwaltungsgericht verwies insbesondere auf §§ 4, 6 Abs. 4 Satz 1 PIDV sowie auf Art. 2 Abs. 3 Satz 1 des Bayerischen Ausführungsgesetzes zur PIDV. Außerdem sei maßgebliches Indiz für die Annahme des Beurteilungsspielraums das Fehlen hinreichend bestimmter Entscheidungsvorgaben in der gesetzlichen Ermächtigung und die Maßgeblichkeit von Erwägungen, die außerhalb des rechtlich exakt erfassbaren Bereiches lägen. Bei § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG sei nicht nur eine Tatsachenfeststellung und deren Subsumption erforderlich, da ein erheblicher Einschlag wertender Elemente notwendigerweise in die Prüfung mit einfließen müsse. So seien die Schwere des Krankheitsbildes einer Erbkrankheit und deren schlechte Behandelbarkeit nicht anhand objektiver Maßstäbe bestimmbar, sondern setzten eine stark wertende Betrachtung voraus. Auch sei ein Vergleich mit anderen Erbkrankheiten wertend erforderlich. Eine Objektivierung der Maßstäbe für die Annahme einer schwerwiegenden Erbkrankheit sei unmöglich und Erwägungen außerhalb des exakt bestimmbaren, rechtlichen Bereichs maßgeblich. Was in einem Einzelfall eine schwerwiegende Erbkrankheit darstelle, könne in einem anderen Einzelfall unter Berücksichtigung der oben maßgeblichen Punkte möglicherweise nicht als schwerwiegend anzusehen sein. Im Rahmen einer solchen Abwägung stieße ein Gericht an seine Erkenntnisgrenzen, da von ihm mangels eigener Kompetenz mindestens je vier ärztliche Sachverständigengutachten für eine Vielzahl von verschiedenen, miteinander zu vergleichenden Krankheiten einzuholen wären. Insbesondere die erwünschte Wertung des Kommissionsmitglieds für Ethik und der Kommissionsmitglieder für Patienten- und Behindertenrechte könnten auf diesem Weg nicht ausreichend spezifisch einfließen.

Unter Berücksichtigung des Beurteilungsspielraums der Ethikkommission sei diese von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, habe die Grenzen ihres Beurteilungsspielraumes eingehalten und die richtigen Wertmaßstäbe angewendet.

Mit Schriftsatz vom 29. Juli 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am selben Tag, ließ die Klägerin Berufung gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. Mai 2017 einlegen.

Im Wesentlichen lässt sie geltend machen, das angegriffene Urteil sei insbesondere deswegen rechtswidrig, weil die Annahme des Bayerischen Verwaltungsgerichts, § 3a ESchG begründe einen Beurteilungsspielraum zu Gunsten der Ethikkommission, rechtlich unzutreffend sei. Das Urteil beruhe auf diesem Rechtsfehler. Hätte das Verwaltungsgericht München in rechtlich zutreffender Weise angenommen, dass es sich um eine gebundene Rechtsgrundlage handele, hätte es die Klage nicht abweisen dürfen. Selbst wenn man von der Existenz eines Beurteilungsspielraums ausgehe, sei das Urteil immer noch fehlerhaft, weil es die Anwendung dieses Spielraums nicht streng genug geprüft habe.

Insbesondere wird ausgeführt, dass das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 ESchG gerichtlich voll überprüfbar sei. Um das Vorliegen einer schwerwiegenden Erbkrankheit zu bejahen, sei - anders als von der Ethikkommission angenommen - nicht im Sinne des § 15 Abs. 2 GenDG auf eine relevante Sterblichkeitswahrscheinlichkeit im Kindesalter abzustellen. Der Entscheidung der Ethikkommission sei nicht zu entnehmen, welche Merkmale des § 3a ESchG sie ihrer Entscheidung zugrunde gelegt habe. Relevant sei nicht, wie sich die Krankheit des Kindes beim betroffenen Elternpaar auswirke. Für die Klägerin sei jedenfalls unzumutbar, die Ungewissheit der Erkrankung hinzunehmen.

Außerdem erweise sich die Entscheidung der Ethikkommission auch dann als rechtswidrig, wenn man vom Bestehen eines Entscheidungsspielraums ausgehe. Denn nach überwiegender Auffassung beziehe sich ein solcher nur auf die Subsumption unter die unbestimmten Rechtsbegriffe, nicht jedoch auf deren Auslegung. Der Entscheidung der Ethikkommission sei aber schon nicht zu entnehmen, wie sie die Tatbestandsvoraussetzung des § 3a Abs. 2 ESchG verstehe.

Das Verwaltungsgericht habe das Verfahren der Ethikkommission nicht kontrollieren können, da keinerlei Protokolle oder sonstige Dokumentation vorgelegen habe. Der Sachverhaltsvortrag sei seitens der Ethikkommission nur sehr dünn gewesen. Damit habe sich das Verwaltungsgericht nicht zufrieden geben dürfen.

Es sei unklar, von welchem Sachverhalt die Ethikkommission bei ihrer Entscheidung ausgegangen sei. Insbesondere habe das Gericht nicht kontrolliert, auf welcher Grundlage die Ethikkommission zu der Einschätzung gelangt sei, dass nur eine kleine Wahrscheinlichkeit bestehe, dass dem gemeinsamen Kind das gleiche Schicksal widerfahren könne wie der Schwester des potentiellen Kindsvaters.

Die tragenden Gründe der Versagungsentscheidung seien nicht genannt, sodass nicht einmal eine gerichtliche Willkürkontrolle habe stattfinden können.

Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2019 machte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin weitere Ausführungen, auf die verwiesen wird. Insbesondere macht er geltend, die Höhe des Risikos bemesse sich nicht allein nach der Wahrscheinlichkeit des Eintritts. Vielmehr sei der Begriff „Risiko“ das Produkt aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensschwere. Dies habe der Gesetzgeber damit deutlich gemacht, dass der Normtext des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG im Gesetzgebungsverfahren nach der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses vom 30. Juni 2011 (BT-Drs. 17/6400) von „hoher Wahrscheinlichkeit“ in „hohes Risiko“ geändert worden sei. Aus der Annahme, dass in 90 - 95% der Fälle die kongenitale Form maternal vererbt werde, ergebe sich kein Rückschluss auf die Wahrscheinlichkeit paternaler Vererbung. Es handle sich im Übrigen auch bei der klassischen Form der DM1 um eine schwere Behinderung. Dies sei unschwer am Krankheitsverlauf der Schwester des potentiellen Kindsvaters zu sehen, die bei gleicher Repeatanzahl ungleich schwerer erkrankt sei. Sie sei seit 1997 verrentet bei einem GdB von 100%, habe kognitive Einschränkungen, sei seit fünf Jahren rollstuhlpflichtig, sei schwerhörig und nachts beatmungspflichtig. Beim potentiellen Kindsvater seien rückblickend die ersten Symptome mit 14 Jahren aufgetreten. Voraussichtlich werde er mit 47 Jahren erwerbsunfähig.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, die Zustimmung zur beantragten Präimplantationsdiagnostik zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass bereits im Normtext des § 3a ESchG ein gerichtlich nicht voll überprüfbarer Beurteilungsspielraum angelegt sei. Nach dem Willen des Gesetzgebers ermögliche der der Ethikkommission eingeräumte Beurteilungsspielraum eine unter Einbeziehung aller gesellschaftlichen Aspekte getroffene Entscheidung, die nicht auf „richtig“ oder „falsch“ geprüft werden solle. Ein Wertungswiderspruch zu einem Strafverfahren werde nicht gesehen. An der Rechtmäßigkeit des von der Ethikkommission angewandten Verfahrens und der der Entscheidung zugrunde gelegten Wertungsmaßstäbe bestünden keinerlei Zweifel.

Bei der myotonen Dystrophie Typ 1 würden Repeatverlängerungen auf eine Basentriplettzahl von über 1.000 in der Regel bei der Weitergabe über die mütterliche und bisher nur sehr selten bei einer Weitergabe über die väterliche Keimbahn beobachtet. Das Risiko für eine schwere, kongenitale Form der myotonen Dystrophie Typ 1 bei Nachkommen der Klägerin und ihrem Partner sei daher nach derzeitigem Kenntnisstand insgesamt als sehr niedrig einzuschätzen. Es liege etwa bei 5%. Bei dem Partner der Klägerin liege eine klassische spätmanifestierende Form mit entsprechender Repeatlänge vor, sodass ggf. (falls das 50%ige Wiederholungsrisiko sich realisiere) auch bei den Nachkommen eine ähnlich milde Form wahrscheinlich sei.

In einem Schreiben des Beklagten vom 11. März 2019 wird ausgeführt, es bestehe eine Wahrscheinlichkeit von 3%, dass auch ohne familiäre Belastung ein Kind mit einer eventuell schweren Behinderung zur Welt komme. Daran gemessen sei eine Wahrscheinlichkeit von 5% noch als gering anzusehen. Sofern es in einer Gruppe kongenital erkrankter Kinder 12,5% paternale Transmissionen gegeben habe, sei nicht davon auszugehen, dass die Väter Repeatlängen zwischen 500 und 1.000 Repeats aufwiesen. Der Gesetzgeber gebrauche die Begriffe Wahrscheinlichkeit und Risiko synonym. Eine Bedeutung dahingehend, dass in dem Begriff „Risiko“ bereits die Schwere des Krankheitsbildes enthalten sei, sei abzulehnen. Es sei aber nicht auszuschließen, dass auch eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 25% als hohes Risiko anzusehen sei. Jedenfalls aber reiche eine Wahrscheinlichkeit von 5% nicht.

Mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin auf Anfrage des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit, dass das Klagebegehren im bisherigen Umfang aufrechterhalten werde. Die Klägerin habe ein Interesse an der Klärung der Frage der Zulässigkeit der Verweigerung des Einvernehmens, da ihr Kinderwunsch trotz einer erfolgreichen Schwangerschaft weiter bestehe. Mit dem ursprünglichen Antrag sei eine Untersuchung bei dem Labor … , beabsichtigt gewesen. An diesem Vorhaben habe sich nichts geändert. Außerdem seien von der Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren eine Reihe von Anfechtungsklagen gegen die Versagung des Einvernehmens durch die Ethikkommission ruhend gestellt worden mit dem Zweck, erst das hier anhängige Verfahren abzuwarten.

Mit Schreiben vom 18. Januar 2019 übersandte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof einen Fragenkatalog an die Beteiligten, zu dem diese mit Schreiben vom 28. Januar 2019 und 15. Februar 2019 Stellung nahmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenund Gerichtsakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zur Durchführung der Präimplantationsdiagnostik (im Folgenden PID). Der streitgegenständliche Bescheid erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Die Zulässigkeit der erhobenen Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO ist gegeben, wie das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat.

Bei der Versagung der Zustimmung zur Durchführung der PID handelt es sich um einen Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, da diese Regelungscharakter mit unmittelbarer Außenwirkung hat. Eine PID, die nach § 3a Abs. 1 ESchG grundsätzlich verboten ist, darf gemäß § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ESchG nur mit Zustimmung der Bayerischen Ethikkommission für Präimplantationsdiagnostik (Ethikkommission) durchgeführt werden, weshalb dieser Entscheidung Regelungswirkung zukommt.

Die Ethikkommission erfüllt die Anforderungen an den weiten funktionellen Behördenbegriff nach Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG, weil sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.

II.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zustimmung zur PID gemäß § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ESchG, weil kein Rechtfertigungsgrund nach § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG vorliegt.

§ 3a ESchG ist verwaltungsrechtlich als repressives Verbot (§ 3a Abs. 1 ESchG) mit Befreiungsvorbehalt (§ 3a Abs. 2, 3 ESchG) ausgestaltet (BayVGH, U.v. 30.11.2018 - 20 B 18.290 - juris Rn. 94). Es handelt sich bei den Regelungen des § 3a Abs. 1 und 2 ESchG um Normen des Nebenstrafrechts. § 3a Abs. 3 ESchG etabliert zusätzlich mit der Zustimmung der Ethikkommission ein verwaltungsrechtliches Verfahren, dessen Prüfungsmaßstab wegen der Verweisung des § 3a Abs. 3 ESchG auf § 3a Abs. 2 ESchG das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes nach der letztgenannten Vorschrift ist.

Für die Nachkommen der Klägerin besteht zum relevanten Entscheidungszeitpunkt der Durchführung der letzten mündlichen Verhandlung kein hohes Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit. Die myotone Dystrophie Typ 1 (im Folgenden DM1) erfüllt nur in ihrer kongenitalen Form die Kriterien für eine derartig schwerwiegende Erkrankung. Für diese Form besteht aber im vorliegenden Fall kein hohes Risiko.

Zu diesem Ergebnis führt die Auslegung der unbestimmten Rechtsbegriffe „schwerwiegende Erbkrankheit“ und „hohes Risiko“ nach Wortlaut, systematischer Stellung der Norm, Sinn und Zweck der Regelung sowie unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien, wobei der Wortlaut der Norm Ausgangspunkt und Grenze der Auslegung markiert (allgemeine Meinung, vgl. BVerwG, U.v. 29.6.1992 - 6 C 11/92 - NVwZ 1993, 270, 271; U.v. 28.6.2018 - 2 C 14/17 - NVwZ 2018, 1570 - 1572, zitiert nach juris Rn. 20 m.w.N.).

Eine schwerwiegende Erbkrankheit liegt demnach nur vor, wenn die Erkrankung im Schweregrad mit der Muskeldystrophie Duchenne vergleichbar ist (1.). Ein Beurteilungsspielraum der Ethikkommission besteht hinsichtlich des Vorliegens einer schwerwiegenden Erbkrankheit nach § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG nicht. Die Entscheidung der Ethikkommission unterliegt voller gerichtlicher Nachprüfung. Ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum ist nach dem Ergebnis der Auslegung normativ nicht angelegt. Ein anderes Verständnis der Norm begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken (2.). Ein hohes Risiko liegt bei einer monogenen Erbkrankheit vor, wenn eine Eintrittswahrscheinlichkeit zwischen 25 und 50% besteht (3.). 1.

Schwerwiegend im Sinn des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG sind nur Erkrankungen, die den Schweregrad der Muskeldystrophie Typ Duchenne aufweisen. Nur in diesen Fällen soll aufgrund der Schwere des zu erwartenden Krankheitsbildes und den damit untrennbar verbundenen Auswirkungen auf ihre weitere Lebensgestaltung den Eltern nicht zugemutet werden, das hohe Risiko einzugehen, ein Kind mit diesem Krankheitsbild zu bekommen. Dabei indiziert die Schwere des Krankheitsbildes die Unzumutbarkeit für die Eltern.

a. Die Wortlautauslegung allein bietet vorliegend keine ausreichenden Anhaltspunkte zur näheren Bestimmung. Eine allgemeingültige Bedeutung von „schwerwiegend“ gibt es nicht. Dem Wortlaut nach bedeutet „schwerwiegend“ „schwer ins Gewicht fallend, ernst zu nehmend, gewichtig, gravierend“ (Duden). Zur Einordnung eines Zustands als schwerwiegend ist immer die Kenntnis eines konkreten Lebenssachverhalts erforderlich, der eine Wertung erst möglich macht. Dem Wortlaut nach hat „schwerwiegend“ eine subjektive Komponente, die je nach Befindlichkeit des Betroffenen zu einer unterschiedlichen Beurteilung eines Zustands als schwerwiegend führen kann.

b. Jedoch ergibt sich aus der Gesetzessystematik ein eindeutiger Maßstab dafür, welche Erbkrankheiten als derartig schwerwiegend anzusehen sind, dass eine PID gerechtfertigt werden kann. Der Schweregrad lässt sich der Regelung des § 3 Satz 2 ESchG (in der Fassung vom 13. Dezember 1990, BGBl. 1990 I, 2746) entnehmen, die der hier streitentscheidenden Norm im Embryonenschutzgesetz unmittelbar voransteht. Sie verwendet denselben Begriff, der auch in die - wesentlich jüngere -Regelung des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG (in der Fassung vom 21. November 2011, BGBl. I 2011, 2228) Eingang gefunden hat. In § 3 Satz 2 ESchG nimmt das Gesetz zur Konkretisierung des Begriffs „schwerwiegend“ Bezug auf die Muskeldystrophie vom Typ Duchenne und schafft damit eine Referenzerkrankung zum Verständnis dieses Begriffs im Geltungsbereich des Embryonenschutzgesetzes. Zwar erfasst § 3 ESchG mit der Möglichkeit der Auswahl der Samenzelle nach dem Geschlechtschromosom Zellen, die sich vor der Befruchtung befinden und damit noch keine Embryonen i.S.d. § 8 Abs. 1 ESchG sind und verfolgt damit einen anders gelagerten Schutzzweck, nämlich das grundsätzliche Verbot der Geschlechtswahl. Jedoch haben beide Vorschriften die Vermeidung schwerwiegender Erbkrankheiten zum Gegenstand. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Formulierung des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG einen abweichenden Maßstab für die Wertung einer Krankheit als schwerwiegend verfolgte, zumal die Regelung des § 3 Satz 2 ESchG zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 3a ESchG bereits zwanzig Jahre lang galt.

Das Fehlen einer dem § 15 Abs. 2 GenDG (Gendiagnostikgesetz) vergleichbaren Regelung lässt hingegen keinen Rückschluss auf den Schweregrad der Erbkrankheit nach § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG zu. Nach dieser Vorschrift darf eine vorgeburtliche genetische Untersuchung, die darauf abzielt, genetische Eigenschaften des Embryos oder Fötus für eine Erkrankung festzustellen, die nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres ausbricht, nicht vorgenommen werden. Zwar erfasst § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG grundsätzlich auch spätmanifestierende Erkrankungen, da diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind; eine Aussage über die erforderliche Schwere des Krankheitsbildes wird damit jedoch nicht getroffen.

c. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung des § 3a ESchG ist eine restriktive Auslegung des Begriffs „schwerwiegend“ veranlasst, da § 3a Abs. 2 als Ausnahme zum grundsätzlichen Verbot der PID vorgesehen ist. Schutzzweck der Norm ist der Lebens- und Würdeschutz in vitro hergestellter Embryonen (vgl. BayVGH, U.v. 30.11.2018 - 20 B 18.290 - juris Rn. 88). Um diesen umfassend zu gewährleisten, ist § 3a Abs. 1 ESchG als Norm des Nebenstrafrechts ausgestaltet. Die durch den Ausnahmecharakter bedingte restriktive Auslegung der Norm ergibt, dass bei der Frage, ob eine Erbkrankheit als schwerwiegend anzusehen ist, auf ihre konkret zu erwartende Ausprägung abgestellt werden muss. Nicht ausreichend kann demnach sein, dass die Erbkrankheit in schweren Formen auftreten kann. Diese Anforderungen erfüllt die Muskeldystrophie Duchenne als Referenzerkrankung: bei der milder verlaufenden Muskeldystrophie Becker-Kiener wird Dystrophin in geringerer Menge synthetisiert. Die Gehfähigkeit kann bis in das Erwachsenenalter hinein erhalten bleiben (Quelle: DGM Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V., https://www.dgm.org/muskelerkrankungen/muskeldystrophieduchennebecker, zuletzt recherchiert am 1. März 2019). Diese Art der Muskeldystrophie weist nicht den Schweregrad der Muskeldystrophie Duchenne auf, es handelt sich vielmehr um ein Krankheitsbild eigener Art.

d. Schließlich ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien, dass eine PID nur bei Krankheitsbildern gestattet sein soll, die in ihrer Schwere der Muskeldystrophie vom Typ Duchenne vergleichbar sind. Denn in der Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostikgesetz - PräimpG) vom 12. April 2011 (BT-Drs. 17/5451 S. 8) wird ausgeführt, dass der Begriff „schwerwiegende Erbkrankheit“ des Kindes Bezug nehme auf eine vom ESchG bereits in § 3 Satz 2 verwendete Formulierung. Damit erweist die Begründung des Entwurfs, dass kein neuer Bedeutungsgehalt geschaffen werden, sondern an einen bereits vorhandenen angeknüpft werden sollte. Nach der weiteren Erläuterung im genannten Gesetzesentwurf sind Erbkrankheiten insbesondere dann als schwerwiegend anzusehen, wenn sie sich durch eine geringe Lebenserwartung oder Schwere des Krankheitsbildes und schlechte Behandelbarkeit von anderen Erbkrankheiten wesentlich unterscheiden.

e. Diese Kriterien sind bei der Muskeldystrophie Typ Duchenne (DMD) erfüllt:

DMD ist eine schwere und lebensbedrohende genetische Erkrankung. Sie betrifft vorwiegend Jungen (X-chromosomale Vererbung) und ist selten: Einer von 3.600 bis 6.000 lebendgeborenen Jungen erkrankt. Kinder mit DMD verlieren fortschreitend Muskelgewebe. Dabei tritt in der frühen Kindheit, beginnend im Alter von zwei bis drei Jahren, eine Muskelschwäche in Erscheinung.

DMD wird durch Mutationen des Gens verursacht, das Dystrophin codiert. Dystrophin ist ein wichtiges Protein, das zur Stabilität und Struktur von Muskelfasern beiträgt. Mutationen im Dystrophin-Gen bewirken einen Mangel oder eine Schädigung des Dystrophin-Proteins. In der Folge wird nach und nach Muskeldurch Fettgewebe ersetzt.

Der Muskelverlust im Rahmen der DMD führt dazu, dass die Kinder Meilensteine ihrer motorischen Entwicklung, z.B. Gehen, verspätet erreichen. Defizite in der Sprachentwicklung und kognitive Entwicklungsverzögerungen sind ebenfalls dokumentiert. Dem natürlichen Krankheitsverlauf entsprechend verlieren Kinder mit DMD ihre Gehfähigkeit und werden im frühen Teenager-Alter rollstuhlpflichtig. Letzten Endes führt der Verlust von Muskelgewebe zu respiratorischen, orthopädischen und kardialen Komplikationen. Häufig tritt der Tod im dritten Lebensjahrzehnt ein. Die Krankheit ist nicht heilbar. (Quelle: PTC Therapeutics, Muskeldystrophie Duchenne (DMD): Was Sie wissen müssen, Broschüre für Patienten, Eltern und Betreuer, https://www.duchenne.de/muskeldystrophieduchenne/ zuletzt recherchiert am 1. März 2019).

f. Für die Einstufung einer Erbkrankheit als schwerwiegend kann jedoch trotz des insoweit missverständlichen Wortlauts des § 3 Satz 2 ESchG nicht allein auf das Krankheitsbild und die Symptomatik der Duchenne-Krankheit abgestellt werden. Dies würde sich im Hinblick auf den Würde- und Lebensschutz der Embryonen verbieten. Vielmehr ist allein auf die Auswirkungen für die gesamte Lebensentwicklung und - gestaltung der Eltern bzw. der Mutter abzustellen, die insbesondere durch die erforderliche Pflege und Betreuung eines mit einer derartigen Krankheit geborenen Kindes entstehen. Dies ergibt sich unmittelbar aus den von der Norm betroffenen Grundrechten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG (Würde- und Lebensschutz der Embryonen - Würdeschutz und Selbstbestimmungsrecht der Mutter/der Eltern, vgl. hierzu auch BayVGH, U.v. 30.11.2018 - 20 B 18.290 - juris Rn. 97).

Die Schranken der jeweiligen Freiheitsgarantien hat der Gesetzgeber so bestimmt, dass grundsätzlich der Lebens- und Würdeschutz der Embryonen einer PID entgegensteht und das Selbstbestimmungsrecht und der Würdeschutz der Mutter bzw. der Eltern nur dann einen Eingriff in die Grundrechte der Embryonen rechtfertigt, wenn das Auftreten einer medizinisch schwerwiegenden Erbkrankheit bei einem Kind zu befürchten ist, weil den Eltern in diesem Fall wegen des zu erwartenden hohen Pflegeaufwands und der großen körperlichen und psychischen Belastung die Erkrankung des Kindes nicht zumutbar ist.

Diese Auslegung wird durch die Begründung des - schließlich in durch den Gesundheitsausschuss veränderter Form (BT-Drs. 17/6400 vom 30. Juni 2011) Gesetz gewordenen - Entwurfs zum Präimplantationsdiagnostikgesetz gestützt. Die Begründung nimmt auf § 218a Abs. 2 StGB als gesetzgeberischen Anknüpfungspunkt für die ebenfalls als Rechtfertigungsgrund formulierte Regelung des § 3a Abs. 2 ESchG Bezug (BT-Drs. 17/5451 Seite 8). § 218a Abs. 2 StGB stellte als Rechtfertigung bereits in der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des § 3a ESchG gültigen Fassung vom 13. November 1998 maßgeblich darauf ab, ob „der Abbruch der Schwangerschaft unter Berücksichtigung der gegenwärtigen und künftigen Lebensverhältnisse der Schwangeren nach ärztlicher Erkenntnis angezeigt ist, um eine Gefahr für das Leben oder die Gefahr einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des körperlichen oder seelischen Gesundheitszustands der Schwangeren abzuwenden, und die Gefahr nicht auf eine andere für sie zumutbare Weise abgewendet werden kann“, also ausdrücklich nicht mehr auf eine embryopathische Indikation, wie dies noch in § 218a Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 StGB in der Fassung vom 27. Juli 1992 (BGBl. I S. 1402) vorgesehen war. Wegen der eindeutig erklärten Abkehr des Gesetzgebers von einer embryopathischen Indikation als Rechtfertigung für einen Schwangerschaftsabbruch ergibt sich für die Prüfung der Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG, dass maßgeblich für die Rechtfertigung einer PID nicht die Schwere der medizinischen Indikation, sondern vielmehr die aus dem Schweregrad der Erkrankung resultierenden körperlichen und seelischen Auswirkungen auf die Mutter bzw. die Eltern sind. In diesem Sinn ist die Formulierung in § 3 Satz 2 ESchG, wonach die Auswahl einer Samenzelle dann nicht verboten ist, wenn sie dazu dient „das Kind vor der Erkrankung an einer Muskeldystrophie vom Typ Duchenne oder einer ähnlich schwerwiegenden geschlechtsgebundenen Erbkrankheit zu bewahren“ jedenfalls missverständlich.

Allerdings hat der Gesetzgeber in § 3a Abs. 2 ESchG - anders als in § 218a Abs. 2 StGB - keine individuelle Entscheidung nach Unzumutbarkeitskriterien vorgesehen. Daher bleibt ein Wertungswiderspruch zwischen beiden Regelungen bestehen. Die rechtlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer PID sind derzeit höher als die für die Vornahme eines Schwangerschaftsabbruchs, weil § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG im Gegensatz zu § 218a StGB das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit verlangt. So kann der Fall eintreten, dass eine PID verboten, ein späterer Schwangerschaftsabbruch hingegen erlaubt ist. Dieses Ergebnis ist für Betroffene in der Regel nicht nachvollziehbar, weil aufgrund der persönlichen Situation eine PID vor Implantation der Embryonen als wesentlich weniger belastend empfunden wird als ein (Spät-)Schwangerschaftsabbruch. Dieser Wertungswiderspruch resultiert jedoch nach derzeitiger Rechtslage aus dem hohen Schutzbedarf, den der Gesetzgeber für den grundrechtlichen Schutz der Embryonen, auch um Missbrauch zu vermeiden (BT-DRs. 17/5451 S. 3 B), sieht.

Aus der unterschiedlichen Normgestaltung kann aber zur Auflösung dieses Wertungswiderspruchs nicht abgeleitet werden, dass im Rahmen des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG subjektive Belange der Betroffenen im Wege einer individuellen Unzumutbarkeitsentscheidung zu beachten wären. Mangels normativer Ansatzpunkte für die Beurteilung der Unzumutbarkeit ist für die Zulässigkeit einer PID allein auf die Schwere der Erkrankung abzustellen. Die derzeitige gesetzliche Regelung beinhaltet keinerlei Maßstab für die Prüfung des „schwerwiegend“ im Sinne einer individuell bestehenden Unzumutbarkeit für die Eltern aufgrund ihrer konkreten Lebenssituation. So ist allein die Schwere der Krankheit vergleichbar Duchenne geeignet, um im Rahmen einer typisierenden Betrachtungsweise die Unzumutbarkeit für die Eltern dann zu indizieren, wenn diese wissen wollen, ob ihr Kind eine schwerwiegende Erbkrankheit haben wird und sich in diesem Fall gegen eine Schwangerschaft mit dem kranken Embryo und für eine Schwangerschaft mit einem gesunden Embryo entscheiden. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte innerhalb der Regelung des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG, dass die konkrete familiäre Situation bei der Einschätzung einer Krankheit als „schwerwiegend“ zu berücksichtigen ist, also insbesondere nicht, wie die gesundheitliche Verfassung der Eltern ist, ob bereits ein behindertes Kind in der Familie lebt, ob Tot- oder Fehlgeburten aufgetreten sind oder ob weitere in der Familie lebende Angehörige einer Betreuung bedürfen. Vielmehr ist Maßstab, wie sich eine derartig schwere Erkrankung bei objektiver Betrachtungsweise auf den seelischen und körperlichen Gesundheitszustand der Eltern auswirken wird (durch hohen Pflegeaufwand „rund um die Uhr“ und durch Belastung wegen Leid, Schmerzen und frühem Tod des Kindes). Hierauf sind allein aus dem zu erwartenden Verlauf der Krankheitsbilder in typisierender Weise Rückschlüsse möglich, eine individuelle Abwägungsentscheidung ist im Rahmen des Rechtfertigungsgrundes der „schwerwiegenden Erbkrankheit“ nach der derzeitigen Rechtslage nicht zu treffen.

g. § 6 Abs. 4 PIDV kann zur Auslegung des Begriffes „schwerwiegend“ nicht herangezogen werden. Nach dieser Regelung soll die Ethikkommission bei ihrer Entscheidung psychologische, soziale und ethische Kriterien berücksichtigen. Zum einen handelt es sich aber um eine Norm im Rang unterhalb eines formellen Gesetzes, nämlich um eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, die als hierarchisch niedrigstehendere Norm nicht zur Auslegung eines formellen Gesetzes herangezogen werden kann. Dies verbietet sich vorliegend auch deshalb, weil die Normgeber nicht identisch sind (Bundestag/Bundesregierung).

Zum anderen ist § 6 Abs. 4 PIDV nichtig und nicht anwendbar, weil er von der Verordnungsermächtigung des § 3a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ESchG nicht gedeckt ist und damit gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verstößt. Denn § 3a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 ESchG erteilt die Verordnungsermächtigung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß lediglich zur „Einrichtung, Zusammensetzung, Verfahrensweise und Finanzierung der Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik“. § 3a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 ESchG erstreckt die darin ausgesprochene Ermächtigung nicht auf inhaltliche Entscheidungsmaßstäbe für die Ethikkommissionen. Dies kann auch nicht dem Begriff „Verfahrensweise“ entnommen werden, der dem Wortverständnis nach nur den Prozess der Entscheidungsfindung erfasst.

Darüber hinaus bestehen erhebliche Bedenken, ob § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG wegen der unmittelbaren Betroffenheit kollidierender Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG den Anforderungen der Wesentlichkeitstheorie genügt. Hier ist der Gesetzgeber gehalten, inhaltliche Entscheidungskriterien selbst zu regeln und kann diese nicht im Rahmen einer Verordnungsermächtigung an den Verordnungsgeber delegieren (hierzu II.2.b.(2) und II.2.d.).

2. Die Entscheidung der Ethikkommission unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung.

Dies ergibt sich aus dem gefundenen Auslegungsergebnis, das sicherstellt, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Norm gewahrt werden. Daraus folgt aber gleichzeitig, dass kein normativer Ansatz ermittelbar ist, nach dem der Gesetzgeber der Ethikkommission bei der Rechtsanwendung einen Beurteilungsspielraum zugebilligt hat.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Beurteilung der Ethikkommission maßgeblich für das Vorliegen einer „schwerwiegenden Erbkrankheit“ sei und nicht durch eine gerichtliche Wertung ersetzt werden solle, findet im Gesetz keine Stütze. Weder ist der Ethikkommission ein Beurteilungsspielraum für eine wertende Entscheidung eines weisungsfreien Gremiums mit besonderer Sachkunde eingeräumt, noch folgt ein solcher aus dem Fehlen hinreichend bestimmter Entscheidungsvorgaben in den gesetzlichen Vorschriften oder aus der Maßgeblichkeit von Erwägungen, die außerhalb des rechtlich exakt erfassbaren Bereiches liegen, da die hierzu notwendigen Voraussetzungen nach der derzeit geltenden Rechtslage nicht vorliegen. Die Gerichte stoßen bei der Einordnung einer Erbkrankheit als schwerwiegend auch nicht an ihre Funktionsgrenzen, weil sich die Schwere einer Erbkrankheit nötigenfalls durch Sachverständigengutachten ermitteln lässt, sodass auch ein Beurteilungsspielraum „aus der Natur der Sache“ ohne das Erfordernis normativer Ermächtigung nicht im Raum steht.

a. Grundsätzlich unterliegen behördliche Entscheidungen im Hinblick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG voller verwaltungsgerichtlicher Kontrolle (BVerfG, B.v. 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 - 37 (Leitsatz 2d.) = NVwZ 2011, 1062; BVerwG, U.v. 21.12.1995 - 3 C 24/94 - BVerwGE 100, 221 -230, zitiert nach juris Rn. 29). Dies gilt auch im Anwendungsbereich unbestimmter Rechtsbegriffe (BVerfGE, B.v. 28.6.1983 - 2 BvR 539/80, 2 BvR 612/80 - BVerfGE 64, 261 (279); BVerwG U.v. 16.5.2007 - 3 C 8/06 - BVerwGE 129, 27 - 42 zitiert nach juris Rn. 26; BVerwG, U.v. 1.3.1990 - 3 C 50.86 - DVBl 1991, 46 - 49, zitiert nach juris Rn. 38f.). Sowohl die Bestimmung des Sinngehalts, die Feststellung der Tatsachengrundlagen als auch die Anwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs auf den Einzelfall unterliegen der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (BVerwG, U.v. 1.3.1990 - 3 C 50.86 - a.a.O. juris Rn. 38 f.; BVerwG, B.v. 17.9.2015 - 2 A 9/14 - BVerwGE 153, 36 - 48, zitiert nach juris Rn. 17).

Der lückenlose Rechtsschutz, den Art. 19 Abs. 4 GG gewährt, schließt dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts normativ eröffnete Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräume nicht von vornherein aus, da die verwaltungsgerichtliche Überprüfung nicht weiter reichen kann als die materiellrechtliche Bindung der Verwaltung (BVerfG, B.v. 16.12.1992 - 1 BvR 167/87 -BVerfGE 88, 40 - 63, zitiert nach juris Rn. 44, 55; BVerfG, B.v. 8.7.1982 - 2 BvR 1187/80 - BVerfGE 61, 82 (111) = NJW 1982, 2173-2177; BVerfG, B.v. 17.4.1991 -1 BvR 419/81, 1 BvR 213/83 - BVerfGE 84, 34 (50)). Gerichtliche Kontrolle kann demnach nicht stattfinden, soweit das materielle (Gesetzes- oder Richter-)Recht in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise das Entscheidungsverhalten nicht vollständig determiniert und der Verwaltung einen Einschätzungs- und Auswahlspielraum belässt (BVerfG B.v. 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 a.a.O., zitiert nach juris Rn. 73 m.w.N.). In einer solchen Lage handelt die Verwaltung kraft eigener Kompetenz (BVerfG, B.v. 8.8.1978 - 2 BvL 8/77 - BVerfGE 49, 89 (124 ff.) = DVBL 1979, 45 - 52).

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wurden derartige Prärogativen der Verwaltung anerkannt für beamtenrechtliche Beurteilungen, bei Prüfungsentscheidungen („aus der Natur der Sache“, vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 114 Rn. 67), bei Wertungen, die das Gesetz sachverständigen oder pluralistisch zusammengesetzten Gremien anvertraut (Rennert in Eyermann, VwGO, a.a.O., § 114 Rn. 73, der allein die Übertragung nicht für ausreichend erachtet, sondern zusätzlich einen gewichtigen Sachgrund für erforderlich hält), bei prognostischen Einschätzungen mit politischem Einschlag und bei planerisch gestaltenden Entscheidungen (vgl. die Übersicht in BVerwG U.v. 26.6.1990 - 1 C 10/88 - NVwZ 1991, 268 - 270, zitiert nach juris Rn. 20 m.w.N.). Eine Bezeichnung als „Fallgruppen“ verbietet sich jedoch, da jeweils nur Einzelfälle entschieden wurden und in jedem Einzelfall durch Auslegung der Norm zu ermitteln ist, ob eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt wird oder ausnahmsweise aus anderen Gründen angenommen werden kann (so auch Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 114 Rn. 57).

Voraussetzung für die Annahme eines solchen Beurteilungsspielraums ist nach den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Grundsätzen zunächst, dass die Ermächtigung ihrer Art und ihrem Umfang nach den jeweiligen Rechtsvorschriften zumindest konkludent entnommen werden kann und dass es für sie einen hinreichend gewichtigen Sachgrund gibt (BVerfG, B.v. 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 -a.a.O. zitiert nach juris Rn. 99; BVerwG, U.v. 29.6.2016 - 7 C 32/15 - NVwZ 2016, 1566 - 1570, zitiert nach juris Rn. 29). Im Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes ist es Aufgabe des Gesetzgebers, unter Beachtung der Grundrechte die Rechtsposition zuzuweisen und auszugestalten, deren gerichtlichen Schutz Art. 19 Abs. 4 GG voraussetzt und gewährleistet (BVerwG, B.v. 21.12.1995 - 3 C 24/94 - a.a.O., zitiert nach juris Rn. 30). Ob das Gesetz eine solche Beurteilungsermächtigung enthält, ist durch Auslegung des jeweiligen Gesetzes zu ermitteln (BVerwG, U.v. 16.5.2007 - 3 C 8/06 - a.a.O. zitiert nach juris Rn. 26 m.w.N.; BVerwG, U.v. 23.1.2008 - 6 A 1/07 - BVerwGE 130,180 - 197, zitiert nach juris Rn. 43; BVerwG, U.v. 23.11.2011 - 6 C 11.10 - NVwZ 2012, 1047 - 1051, zitiert nach juris Rn. 37).

b. § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG lässt sich nach Auslegung der in ihm enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe unter Anwendung der dargestellten Grundsätze keine normative Ermächtigung zur Annahme eines Beurteilungsspielraums für die Ethikkommissionen für Präimplantationsdiagnostik auf der Tatbestandsseite des Rechtfertigungsgrundes entnehmen. Es ergeben sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber der Verwaltung einen Spielraum für die nach § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ESchG zu treffende Entscheidung einräumen wollte. Dies folgt insbesondere daraus, dass er keine Kriterien benennt, die über den Schweregrad der Erkrankung hinaus in eine Abwägungsentscheidung zwischen den betroffenen Grundrechten einzustellen wären. Aus dem Fehlen dieser Kriterien darf nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber der Verwaltung einen Beurteilungsspielraum einräumen wollte.

Ein anderes Verständnis des Norminhalts des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG wäre sowohl im Hinblick auf die Normenklarheit und Normbestimmtheit als auch im Hinblick auf die Wesentlichkeitstheorie verfassungsrechtlich bedenklich.

(1) Das Gebot der Normenbestimmtheit und der Normenklarheit (vgl. BVerfG, B.v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 (145) = DVBl 1991, 261 - 266; VerfG B.v. 3.6.1992 - 1 BvR 1041/88, 2 BvR 78/89 - BVerfGE 86, 288 (311) = NJW 1992, 2974 - 2960; BVerfG, B.v. 9.4.2003 - 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01 - BVerfGE 108, 52 (75) = NJW 2003, 2733 - 2737; BVerfG B.v. 3.3.2004 - 1 BvF 3/92 - BVerfGE 110, 33 (57) = NJW 2004, 2213 - 2222) soll die Betroffenen befähigen, die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung zu erkennen, damit sie ihr Verhalten danach ausrichten können (BVerfG, B.v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 - 155 = DVBl 1991, 261 - 266, zitiert nach juris Rn. 45). Zu den Anforderungen an die Normenbestimmtheit und Normenklarheit gehört, dass hinreichend klare Maßstäbe für Abwägungsentscheidungen bereitgestellt werden. Je ungenauer die Anforderungen an die dafür maßgebliche tatsächliche Ausgangslage gesetzlich umschrieben sind, umso größer ist das Risiko unangemessener Zuordnung von rechtlich erheblichen Belangen. Die Bestimmtheit der Norm soll auch vor Missbrauch schützen. Schließlich dienen die Normenbestimmtheit und die Normenklarheit dazu, die Gerichte in die Lage zu versetzen, getroffene Maßnahmen anhand rechtlicher Maßstäbe zu kontrollieren (BVerfG, U.v. 26.7.2005 - 1 BvR 782/94 und 1 BvR 957/96 - BVerfGE 114, 1 - 71 = NJW 2005, 2363 - 2376, zitiert nach juris Rn. 184). Die Anforderungen an die Bestimmtheit erhöhen sich mit der Intensität, mit der auf Grundlage der betreffenden Regelung in grundrechtlich geschützte Bereiche eingegriffen werden kann. Dies hat jedoch nicht zur Folge, dass die Norm überhaupt keine Auslegungsprobleme aufwerfen darf. Dem Bestimmtheitserfordernis ist vielmehr genügt, wenn diese mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können (BVerfG, B.v. 24.7.1963 - 1 BvR 425/58, 1 BvR 786/58, 1 BvR 787/58 - BVerfGE 17, 67 (82) = MDR 1963, 905; hierzu auch BVerfG, U.v. 27.11.1990 - 1 BvR 402/87 - a.a.O., juris Rn. 45).

Diesem Gebot trägt nach der derzeit geltenden Rechtslage allein das gefundene Auslegungsergebnis hinreichend Rechnung.

Für die Betroffenen ist klar erkennbar, wann eine Erbkrankheit als schwerwiegend anzusehen ist. An dem Maßstab der Muskeldystrophie Duchenne können sie ihr Verhalten ausrichten. Dies ist auch im Hinblick auf das strafrechtliche Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG bedeutsam, das gewahrt werden muss, weil es sich bei § 3a ESchG um eine Norm des Nebenstrafrechts handelt. Auch für die Beurteilung des Vorliegens von Rechtfertigungsgründen gelten die Anforderungen an die strafrechtliche Bestimmtheit der Norm. Dabei gebietet es der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung (BVerfG, B.v. 11.6.1980 - 1 PBvU 1/79 - BVerfGE 54, 277 - 300, zitiert nach Juris Rn. 48), innerhalb einer Norm verwendete unbestimmte Rechtsbegriffe im strafrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Sinn gleich zu verstehen. Die strafrechtliche Bestimmtheitsanforderung ist ein klares Indiz gegen einen Beurteilungsspielraum.

Außerdem würde eine Norminterpretation, die über die Schwere der Krankheit im medizinischen Sinn hinausgehende Belange berücksichtigen und einen Beurteilungsspielraum im Sinne einer Abwägungsentscheidung eröffnen wollte, in einem unmittelbar grundrechtsrelevanten Bereich zu einer Schutzlosigkeit der Normadressaten führen, da ihnen nur eingeschränkte Rechtsschutzmöglichkeiten gegenüber behördlichen Entscheidungen zur Verfügung stünden und damit gegen das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG verstoßen.

(2) Bedenken hinsichtlich eines Normverständnisses, das weitere Abwägungskriterien zur Beurteilung einer Erbkrankheit als „schwerwiegend“ umfasst, ergeben sich außerdem aus der Wesentlichkeitstheorie.

In einem Bereich, wo die Ausübung eines Grundrechts gleichzeitig die Beeinträchtigung eines gleichrangigen Grundrechts zur Folge hat, ist allein der Gesetzgeber zu einer Regelung berufen, die die betroffenen Grundrechte zum Ausgleich zu bringen vermag. Nachdem auch Embryonen als Grundrechtsträger anzusehen sind, kollidieren deren Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG mit dem Selbstbestimmungsrecht und dem Würdeschutz der betroffenen Eltern aus Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG (zu den bei PID betroffenen Grundrechten siehe BayVGH, U.v. 30.11.2018 - 20 B 18.290 - a.a.O.). Nach der Wesentlichkeitstheorie ist der Gesetzgeber verpflichtet, die Schranken der widerstreitenden Freiheitsgarantien jedenfalls so weit selbst zu bestimmen, wie sie für die Ausübung dieser Freiheitsrechte wesentlich sind. Dies gilt insbesondere dann, wenn die betroffenen Grundrechte nach dem Wortlaut der Verfassung vorbehaltlos gewährleistet sind und eine Regelung, welche diesen Lebensbereich ordnen will, damit notwendigerweise ihre verfassungsimmanenten Schranken bestimmen und konkretisieren muss (BVerfG, B.v. 27.11.1990 I BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 - 155 = DVBl 1991, 261 - 266, zitiert nach juris Rn. 39 unter Bezugnahme auf weitere Entscheidungen). Diesem folgend hätte der Gesetzgeber selbst weitergehende Kriterien zur Abwägung der betroffenen Grundrechte regeln müssen. Aus der derzeit geltenden Regelung lässt sich allein die Schwere der Erkrankung als Maßstab für das Vorliegen einer „schwerwiegenden Erbkrankheit“ entnehmen.

c. Aus dem Erfordernis einer Wertung in Form des Vergleichs der vorliegenden Erbkrankheit mit dem Schweregrad der Muskeldystrophie Duchenne ergibt sich auf Tatbestandsseite kein Beurteilungsspielraum für die Entscheidung der Ethikkommission.

Denn wertende Entscheidungen sind bei Auslegung und Ausfüllung nahezu jedes unbestimmten Rechtsbegriffs zu treffen. Ein Beurteilungsspielraum kommt bei wertenden Entscheidungen aber nur in Betracht, soweit das materielle Recht der Verwaltung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte Vorgaben zu enthalten (BVerwG, U.v. 23.6.1993 II C 12/92 - BVerwGE 92, 340 - 353, zitiert nach juris Rn. 33). Nach dem Ergebnis der gefundenen Auslegung stellt das Gesetz ein derartiges Letztentscheidungsrecht der Verwaltung nicht zur Verfügung. Bereits aus diesem Grund ist dem Verwaltungsgericht nicht zu folgen, dass aus der nur vagen gesetzlichen Regelung, die sich vorliegend eher als Regelungsdefizit darstellt, ein Beurteilungsspielraum für die Verwaltung folge, der gerichtlich nur noch eingeschränkter Prüfung unterliegt.

d. Auch § 3a Abs. 3 ESchG lässt sich keine Beurteilungsermächtigung entnehmen. Für die Frage der Einräumung eines Spielraums für die Verwaltung ist allein auf materielle Kriterien für die Verwaltungsentscheidung abzustellen und nicht auf die Übertragung der Entscheidung auf ein Kollegialorgan (vgl. Rennert, a.a.O. Rn. 73). Materielle Entscheidungskriterien, die einen Beurteilungsspielraum eröffnen könnten, liegen nicht vor. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht mehrfach zugunsten eines Beurteilungsspielraums bei Gremien-Entscheidungen entschieden, wenn diesen Entscheidungen stark wertende Elemente anhafteten und das Gesetz für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan für zuständig erklärt, das weisungsfrei, mit besonderer fachlicher Legitimation und in einem besonderen Verfahren entscheidet (z.B. Bewertung von Weizensorten durch unabhängigen Sachverständigenausschuss nach dem Saatgutverkehrsgesetz: BVerwG, U.v. 25.6.1981 - 3 C 35/80 - BVerwGE 62, 331 = DVBl 1982, 29 - 31; Zulassung eines Börsenmaklers durch den Börsenvorstand: BVerwG, U.v. 7.11.1985 - 5 C 29/82 - BVerwGE 72, 195 = DVBl 1986, 565; zur Beurteilung, ob ein Wein in Aussehen, Geruch und Geschmack frei von Fehlern ist: BVerwG, U.v. 16.5.2007 - 3 C 8/06 - BVerwGE 129, 27 = NJW 2007, 2790 unter Aufgabe von BVerwG, U.v. 25.11.1993 - 3 C 38/91 - BVerwGE 94, 307 = NVwZ 1995, 707 - 710).

Jedoch steht der Annahme eines Beurteilungsspielraumes auch hier entgegen, dass sich nach verfassungsgemäßer Auslegung der Norm dieser materiell keine Anhaltspunkte für die Einräumung eines Beurteilungsspielraums entnehmen lassen. Wie oben unter II.1.g. dargelegt, stellt auch § 6 Abs. 4 PIDV diese nicht zur Verfügung. Diese Norm verstößt zum einen gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, weil die Verordnungsermächtigung in § 3a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 ESchG den Verordnungsgeber nicht zur Festlegung inhaltlicher Entscheidungskriterien ermächtigt und zum anderen gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz, weil wegen der im Bereich des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG unmittelbar kollidierenden Grundrechte der Gesetzgeber selbst zur Regelung inhaltlicher Entscheidungskriterien berufen wäre.

Aus dem organisationsrechtlichen Akt der Errichtung und Benennung von „Ethikkommissionen“ allein ist ein Rückschluss auf materiellrechtliche Entscheidungsbefugnisse nicht zulässig.

Einem solchen Normverständnis stehen Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 GG entgegen.

Wegen der unmittelbaren Grundrechtsrelevanz obliegt es dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit, taugliche Abwägungskriterien in einem förmlichen Gesetz zu regeln und der Verwaltung damit Entscheidungsspielräume einzuräumen. Unterlässt er dies, kann er dieses Regelungsdefizit nicht durch die Errichtung von Verwaltungseinheiten ausgleichen und diesen die unterlassene gesetzgeberische Entscheidung übertragen. Es kann weder der Verwaltung noch den Gerichten überlassen werden, ohne gesetzliche Grundlage durch die Annahme behördlicher Letztentscheidungsrechte die Grenzen zwischen Gesetzesbindung und grundsätzlich umfassender Rechtskontrolle der Verwaltung zu verschieben. Anderenfalls könnten diese „in eigener Sache“ die grundgesetzliche Rollenverteilung zwischen Exekutive und Judikative verändern. Nimmt ein Gericht ein behördliches Letztentscheidungsrecht an, das mangels gesetzlicher Grundlage nicht besteht, und unterlässt es deshalb die vollständige Prüfung der Behördenentscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit, steht dies nicht nur im Widerspruch zur Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG), sondern verletzt vor allem auch das Versprechen wirksamen Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG (BVerfG, B.v. 31.5.2011 - 1 BvR 857/07 - NVwZ 2011, 1062).

Dies gilt, obwohl sich § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 2 ESchG an mehreren Stellen Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass der Gesetzgeber der Ethikkommission für die nach § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG zu treffende Entscheidung möglicherweise einen Beurteilungsspielraum einräumen könnte. Diese verfahrensrechtlichen Regelungen laufen aber ins Leere, weil § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG keine Entscheidungshilfen oder Leitlinien enthält, mit welchen die Ethikkommissionen arbeiten könnten. Das eingeräumte Verfahrensrecht spiegelt sich materiellrechtlich nicht wider.

Der Gesetzgeber hat im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nrn. 1 und 26 GG ein Gremium zur Entscheidung über die Zulässigkeit der Durchführung einer PID berufen, dieses als „Ethik“-Kommission bezeichnet, geregelt, dass es „interdisziplinär“ zu besetzen und eine „zustimmende Bewertung“ abgeben müsse. Daraus könnte man entnehmen, dass der Gesetzgeber auch andere als nur medizinische Kriterien für die Frage der Durchführung einer PID für relevant hielt (die derzeit nur in § 6 Abs. 4 PIDV Eingang gefunden haben) und diese von der Ethikkommission behandeln und durch sie entscheiden lassen wollte. Dafür spricht auch, dass der Gesetzgeber von einem Indikationenkatalog zur Einstufung des Schweregrades einer Erbkrankheit bewusst absah und jeweils Einzelfallentscheidungen wünschte (BT-Drs. 17/5451 S. 7 III.).

Gegen eine entsprechende Absicht des Gesetzgebers spricht jedoch der Umstand, dass § 6 Abs. 4 PIDV im ursprünglichen Entwurf der Präimplantationsdiagnostikverordnung lediglich vorgesehen hatte, dass die Ethikkommissionen den Antrag auf Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik zustimmend zu bewerten haben, wenn sie nach Prüfung der in § 5 Abs. 4 PIDV genannten Angaben und Unterlagen zu dem Ergebnis kommen, dass die in § 3a Abs. 2 ESchG genannten Voraussetzungen erfülllt sind (vgl. BR-Drucksache 711 '7/12 S. 6). Der Begründung dieses ersten Verordnungsentwurfs lassen sich keine Anhaltspunkte für einen entsprechenden Beurteilungsspielraum entnehmen, sodass die Vermutung naheliegt, dass der Verordnungsgeber § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ESchG als gebundene Entscheidung ohne Entscheidungsspielraum verstanden hat.

Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens wurden auch Externe angehört, insbesondere die Sozialverbände. Der Stellungnahme der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V. (Lebenshilfe) an die Bundesregierung zum Referentenentwurf einer Verordnung über die rechtmäßige Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik (PIDV) vom 15. August 2012 lässt sich entnehmen, dass dieser Referentenentwurf als reine Indikationslösung verstanden wurde (S. 4 Abs. 6 der Stellungnahme). Gleichzeitig wurde die Bundesregierung aufgefordert, den „Beurteilungsspielraum“ der Ethikkommissionen zu erweitern, damit sie eine ethische Bewertung und Abwägung vornehmen könnten (S. 4 der Stellungnahme unten). Daraufhin erhielt § 6 Abs. 4 PIDV aufgrund der Empfehlung der Ausschüsse für Gesundheit, Frauen und Jugend und Kulturfragen vom 18. Januar 2013 (BR-Drucksache 717/1/12) seine jetzige Fassung. Auch hier ist lediglich von einer Zusammenschau aller berührten medizinischen, psychischen, sozialen und ethischen Aspekte und nicht von einem Beurteilungsspielraum die Rede (vgl. BR-Drucksache 717/1/12 S. 8).

Damit kann den Gesetzesmaterialien kein entsprechender Wille des formellen Gesetzgebers, den Ethikkommissionen einen Beurteilungsspielraum einzuräumen, entnommen werden.

Außerdem hat der Gesetzgeber nicht geregelt, in welcher Besetzung und unter Beteiligung welcher Fachrichtungen eine „interdisziplinäre“ Entscheidung getroffen werden sollte. Dem Gesetzgeber selbst obliegt es aber, wegen der Grundrechtsrelevanz der Entscheidung über Zustimmung oder Ablehnung der Durchführung einer PID, Wesentliches zu regeln (vgl. etwa § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Stammzellgesetz (StZG)). Dazu gehört nach Auffassung des Senats auch die konkrete Ausgestaltung der Zusammensetzung der Ethikkommission, weil diese mit den dort vertretenen Fachrichtungen unmittelbaren Einfluss auf die Gewichtung der möglichen (in § 3a Abs. 2 Satz 2 ESchG aber nicht geregelten) Entscheidungskriterien hat. § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ESchG genügt insoweit wohl nicht den Anforderungen des Parlamentsvorbehalts. Die über § 3a Abs. 3 Satz 3 Nr. 2 ESchG, § 4 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4 Satz 1 PIDV, Art. 2 Abs. 3 Satz 1 BayAGPIDV vorgenommene Delegation der Zusammensetzung der Ethikkommission auf den Landesgesetzgeber dürfte zur Wahrung der verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht ausreichen.

Zweifelhaft ist des Weiteren, ob die Einrichtung der Ethikkommissionen in § 3a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ESchG dem Demokratieprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG entspricht, weil ihre Mitglieder von der jeweiligen Landesregierung ernannt werden (Art. 2 Abs. 4 BayAGPIDV). Nach dem Demokratieprinzip müssen Behörden ihre Legitimation im Wege einer „Legitimationskette“ vom Souverän des Parlaments ableiten (BVerfG, B.v. 5.12.2002 - 2 BvL 5, 6/98 - BVerfGE 127, 59 Leitsatz Nr. 3; BVerfG, B.v.13.7.2004 - 1 BvR 1298, 1299/94, 1332/95, 613/97 - BVerfGE 111, 191 (217); Silja Vöneky, „Recht, Moral und Ethik“, Jus Publicum Band 198, Tübingen 2010, S. 584 ff., 613, 621). Dies erscheint bei der derzeitigen Ausgestaltung der gesetzlichen Regelungen fraglich, zumal die Entscheidung der Ethikkommissionen über die Zulässigkeit der Durchführung einer PID nicht als sachverständige Äußerung in ein behördliches Genehmigungsverfahren eingebunden (wie etwa in § 6 Abs. 4 Nr. 3 Stammzellgesetz (StZG) und § 42 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG)), sondern als eigenständiges Verwaltungsverfahren ausgestaltet ist. Ob ehrenamtliche (Art. 2 Abs. 5 Satz 1 BayAGPIDV), von der Landesregierung berufene Mitglieder der Ethikkommission eine das Verwaltungsverfahren abschließende Entscheidung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise treffen dürfen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Jedoch wird die Frage der Entscheidungskompetenz von Ethikkommissionen durchaus kritisch diskutiert (vgl. Gutachten von Pestalozza u.a. „Ethikkommissionen in der medizinischen Forschung“ im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland für die Enquete-Kommission „Ethik und Recht der modernen Medizin“ des Deutschen Bundestages, 15. Legislaturperiode, Gutachten für Bundesregierung, Zusammenfassung: S. 307).

Jedenfalls aber ist - unabhängig vom Vorliegen verfassungsrechtlicher Bedenken -den organisationsrechtlichen Bestimmungen des § 3a Abs. 3 Satz 2 i.V.m. §§ 4 - 6 PIDV keine Beurteilungsermächtigung zugunsten der Verwaltung zu entnehmen (BVerwG U.v. 21.12.1995 - 3 C 24/94 - a.a.O. juris Rn. 32) . Die Entscheidung des Gesetzgebers, einer interdisziplinär besetzten Kommission die Befugnis zur Erteilung der Zustimmung zur PID zu übertragen, kann ohne Hinzutreten materieller Regelungen nicht zur Einräumung eines Beurteilungsspielraums auf Seiten der Ethikkommission führen. Diese stellt § 3a Abs. 2 Satz 2 ESchG - wie dargelegt - nach verfassungsgemäßer Auslegung nicht zur Verfügung.

e. Anhaltspunkte dafür, dass mit der Entscheidung über das Vorliegen einer „schwerwiegenden Erbkrankheit“ die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung erreicht wären, weshalb ein Letztentscheidungsrecht der Verwaltung bestehen könnte, sind nicht ersichtlich. Das Auslegungsergebnis ermöglicht ohne Weiteres die Rechtsanwendung. Demnach ergibt sich ein Beurteilungsspielraum ohne das Erfordernis normativer Verankerung auch nicht „aus der Natur der Sache“ (vgl. Rennert in Eyermann, a.a.O. § 114 VwGO Rn. 67, 71a; Gerhardt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, a.a.O. Einl. 114 VwGO Rn. 188; offengelassen BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 419/81, 213/83 - BVerfGE 84, 34 - 58 = DVBl 1991, 801 - 805; B.v. 31.5.2011 -1 BvR 857/07 - BVerfGE 129, 1 - 37 = NVwZ 2011, 1062 - zitiert nach juris Rn. 76; hierzu auch BVerwG, U.v. 22.9.2016 - 4 C 2/16 - BVerwGE 156, 148 - 159, zitiert nach juris Rn. 24; BVerwG, U.v. 23.3.2011 - 6 C 6/10 - BVerwGE 139, 226 - 246, zitiert nach juris Rn. 20; kritisch hierzu Kment/Vorwalter „Beurteilungsspielraum und Ermessen“ JUS 2015, 193, S. 6 m.w.N.; anerkannt für Prüfungen, prüfungsähnliche Entscheidungen, Beurteilungen, vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, a.a.O. § 114 Rn. 67, 68). Vom Bundesverwaltungsgericht und kürzlich auch vom Bundesverfassungsgericht ist ein gerichtlich nicht überprüfbarer Spielraum der Verwaltung im Naturschutzrecht angenommen worden. Dort geht es regelmäßig um fachliche Bewertungen und Einschätzungen, für die normkonkretisierende Maßstäbe fehlen. Die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung werden bejaht, wo die Rechtsprechung zwischen verschiedenen jeweils vertretbaren fachwissenschaftlichen Positionen entscheiden müsste. Es ist weder Aufgabe der Verwaltungsgerichte, wissenschaftliche Streitfragen zu entscheiden, noch, eine solche Entscheidung durch die Erteilung von Forschungsaufträgen zu ermöglichen oder zu fördern (BVerwG, U.v. 6.4. 2016 - 4 C 1.15 - NVwZ 2016, 1247 Rn. 24; BVerwG, U.v. 22.9.2016 - 4 C 2/16 - a.a.O. juris Rn. 35; in diesem Sinne auch BVerfG, B.v. 23.10.2018 - 1 BvR 2523/13 - DVBl. 2019, 42). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. Vielmehr ist unter Anwendung der unbestimmten Rechtsbegriffe in ihrem durch Auslegung ermittelten Bedeutungsgehalt eine Entscheidung, ob eine Erbkrankheit als schwerwiegend anzusehen ist, möglich. Die Schwierigkeit und Komplexität der zu treffenden Entscheidung ist kein Kriterium für die Annahme eines Beurteilungsspielraums (vgl. BVerwG, U.v. 25.7.2013 - 2 C 12/11 - BVerwGE 147, 244 - 261, zitiert nach juris Rn. 25). Die Beurteilung medizinischer Sachverhalte nach Aufklärung und ihre Subsumption unter das nach Auslegung ermittelte anzuwendende Recht ist den Gerichten ohne Weiteres - nötigenfalls unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen - möglich und deren originäre Aufgabe (BVerfG, B.v. 17.4.1991 - 1 BvR 1529/84, 1 BvR 138/87 -BVerfGE 84, 59 (79) = NJW 1991, 2008).

3. Das „hohe Risiko“ ist bei monogenen Erbkrankheiten bei einer Eintrittswahrscheinlichkeit zwischen 25 und 50% zu bejahen. Dies ergibt die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs.

a. Aus dem Wortlaut allein sind keine sicheren Rückschlüsse auf die Wortbedeutung möglich. „Risiko“ wird beschrieben als „möglicher negativer Ausgang bei einer Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust, Schäden verbunden sind; mit einem Vorhaben, Unternehmen o.ä. verbundenes Wagnis“ (Duden).

Dem Begriff „hohes Risiko“ kann keine mathematische Größe der Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden. Zwar ist im Sprachgebrauch eine Abgrenzung des „hohen Risikos“ zum „überwiegenden Risiko“ anerkannt. Ein überwiegendes Risiko ist demnach anzunehmen, wenn der Eintritt eines Ereignisses wahrscheinlicher ist als dessen Ausbleiben, also in einem Bereich der Wahrscheinlichkeit von über 50%. Ein hohes Risiko ist damit jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit an einen Bereich von 50% heranreicht, eine trennscharfe Abgrenzung zum „überwiegenden Risiko“ ist aber nicht möglich. Genauso wenig exakt verläuft nach dem Sprachgebrauch die Abgrenzung in Bereiche geringerer Wahrscheinlichkeit. Wann aus einem „hohen Risiko“ ein „erhöhtes“, „normales“ oder gar „geringes“ Risiko wird, lässt sich nicht bestimmen, da es sich nicht um absolut, sondern nur relativ bestimmbare Wahrscheinlichkeiten handelt, die jeweiliger Einordnung in einen Lebenssachverhalt bedürfen. Die sprachlichen Kategorisierungen sind daher wenig geeignet, anhand prozentualer Grenzen den Grad der Eintrittswahrscheinlichkeit auszudrücken. Gemein ist den genannten Kategorien lediglich, dass sich die Eintrittswahrscheinlichkeit jeweils - legt man obige Ausführungen zugrunde - in einem Bereich unterhalb von 50% bewegen dürfte.

b. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, ein „hohes Risiko“ sei eine hohe Wahrscheinlichkeit, die vom üblichen Risiko der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland wesentlich abweiche. Zum anderen sei die Eintrittswahrscheinlichkeit nach den Gesetzlichkeiten der Übertragbarkeit und Kombination erblicher Anlagen genetisch einzuschätzen: Eine Wahrscheinlichkeit von 25 bis 50% werde als hohes Risiko bezeichnet. Das „Risiko des Paares“ müsse nicht auf einer Belastung beider Partner beruhen, sondern könne sich auch bei nur einem Partner ergeben (Begründung zum Entwurf eines Präimplantationsgesetzes, BT-Drs. 17/5451 Seite 8).

Hintergrund der Festlegung auf einen Grad der Wahrscheinlichkeit von 25 bis 50% bei monogenen Erbkrankheiten sind die Grundsätze der Vererbungslehre (Mendel'sche Gesetze). Demnach besteht bei rezessiver Vererbung eine Wahrscheinlichkeit der Weitergabe auf die Nachkommen von 25%, bei dominanter Vererbung eine Wahrscheinlichkeit von 50%. Im Ergebnis wird so durch die Festlegung auf eine Eintrittswahrscheinlichkeit zwischen 25 und 50% jede schwerwiegende monogene Erbkrankheit erfasst (so auch Günther/Taupitz/Kaiser, Embryonenschutzgesetz, 2. Auflage 2014, § 3a Rn. 30; Pelchen/Häberle in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, Stand Dezember 2018, § 3a ESchG Rn. 7; Frister/Lehmann, JZ 2012, 659, 660).

c. Der Auffassung von Taupitz (a.a.O. Rn. 30), wonach sich das Risiko nicht (stets) in einem mathematisch exakten Sinn ermitteln lasse und das (vielleicht seltene) Krankheitsbild ebenfalls eine Rolle spiele, folgt der Senat zwar nicht. Richtig ist aber, dass die dargelegte Wahrscheinlichkeit von 25 bis 50% nicht für alle von § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG erfassten Erbkrankheiten gilt. Insbesondere im Bereich chromosomaler Störungen können Erbkrankheiten erst erkennbar werden, wenn es beim Nasciturus bei phänotypisch gesunden Eltern zu erheblichen, teilweise lebensfeindlichen Beeinträchtigungen kommt. In diesen Konstellationen ist die Berechnung einer Wahrscheinlichkeit anders als bei monogenen Erbkrankheiten nicht in allen Fällen möglich. In diesem Sinn ist auch die Passage der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/5451 S. 8) zu verstehen, wonach es sich um die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung handeln müsse, die vom üblichen Risiko der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland abweicht. Eine rein medizinischnaturwissenschaftliche Betrachtungsweise ist aber bei monogenen Erbkrankheiten zulässig.

d. Deshalb ist der Argumentation des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht zu folgen, wonach der Risiko-Begriff des § 3a ESchG bereits die zu erwartende Schwere der Erkrankung enthalte, sodass die Möglichkeit schwerster Erkrankung allein zu einem hohen Risiko führen könne. Denn das Gesetz verwendet in seinem Wortlaut die Begriffe „hohes Risiko“ und „schwerwiegende Erbkrankheit“ nebeneinander. Wäre die Schwere der Erbkrankheit begrifflich im „Risiko“ enthalten, wäre der unbestimmte Rechtsbegriff „schwerwiegend“ bedeutungslos. Die Änderung der Begrifflichkeiten von „Wahrscheinlichkeit“ in „Risiko“ im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist ebenfalls nicht geeignet, dem Wort „Risiko“ eine von der hier vertretenen Auffassung abweichende, in Bezug auf die Erbkrankheit qualitative Bedeutung beizumessen. Der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses vom 11. Juni 2011 lässt sich kein Grund für die Änderung des Gesetzestextes von „Wahrscheinlichkeit“ in „Risiko“ entnehmen. Die Begriffe wurden bereits in der parlamentarischen Debatte (1. - 3. Beratung BT-PlPr 17/105 S. 11945A-11972D, 17/120 S. 13871C-13913C, 17/120 S. 13910C-13913C) nebeneinander verwendet, wobei „Wahrscheinlichkeit“ eher gebräuchlich war, um die Chance für Paare, einen lebensfähigen Embryo zu zeugen, zu benennen. „Risiko“ wurde dann verwendet, wenn die eingeschränkten Lebenschancen für den Embryo im Fokus standen. Dementsprechend drückt die Änderung in „Risiko“ nur eine unerwünschte Wahrscheinlichkeit aus. Dies führt aber nicht dazu, dass dem Begriff des Risikos der Schweregrad der Erkrankung schon immanent ist.

Demnach liegt bei monogenen Erbkrankheiten ein hohes Risiko dann vor, wenn sie eine Auftrittswahrscheinlichkeit zwischen 25 und 50% haben. Diese Wahrscheinlichkeitsberechnung ergibt sich aus medizinischnaturwissenschaftlichen Grundsätzen.

4. Aus Vorgenanntem folgt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des Rechtfertigungsgrundes des § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG nicht vorliegen. Es besteht für die Nachkommen der Klägerin und ihres Partners kein hohes Risiko, an der DM1 in einer Ausprägung zu erkranken, die die Durchführung einer PID rechtfertigen könnte.

a. Bei der myotonen Dystrophie Typ 1 handelt es sich zweifellos um eine Erbkrankheit i.S.d. § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG. Eine Erbkrankheit ist eine Krankheit, bei der krankhaft veränderte Erbmasse eine ursächliche Rolle spielt (Duden). Nach der Gesetzesbegründung versteht der Gesetzgeber unter Erbkrankheit i.S.d. § 3a ESchG monogen bedingte Erkrankungen sowie Chromosomenstörungen (BT-Drs. 17/5451, S. 8). Nachdem Ursache für die myotone Dystrophie eine Mutation im Dystrophia-Myotonica-Proteinkinase-Gen (DMPK) auf Chromosom 19q13.2-13-3 ist, handelt es sich (unstreitig) um eine monogene Erkrankung.

b. Die myotone Dystrophie Typ 1 tritt in unterschiedlichen Schweregraden auf. Bei der beim potentiellen Kindsvater vorliegenden klassischen Form der DM1 handelt es sich jedenfalls nicht um eine Erbkrankheit, die einen Schweregrad aufweist, der die Durchführung einer PID zu rechtfertigen vermag.

Die myotonen Dystrophien sind erbliche Muskelerkrankungen, die durch Muskelschwund (Dystrophie) sowie eine verzögerte Erschlaffung der Muskeln (Myotonie) gekennzeichnet sind. Auch wenn die myotonen Dystrophien mit einer Häufigkeit von 1 : 12.000 (1/8.000 - 1/20.000, Quelle: Dr. Gumbert https://www.drgumbert.de/html/ myotone dystrophie.html, zuletzt recherchiert am 16. Januar 2019; 1 : 10.000 -1 : 15.000, Quelle. Genetikum, Genetische Diagnostik in der Neurologie, https://www. genetikum.de/de/genetikum/Infothek/infothek detail, zuletzt recherchiert am 16. Januar 2019) zu den seltenen Erkrankungen zählen, sind es die häufigsten Muskelerkrankungen im Erwachsenenalter. Es werden zwei Formen unterschieden, die myotone Dystrophie Typ 1 (DM1; auch Curschmann-Steinert-Erkrankung) und die myotone Dystrophie Typ 2 (DM2; auch Proximale myotone Myopathie, PROMM). Bei beiden Formen handelt es sich um multisystemische Erkrankungen. Dies bedeutet, dass die Symptome nicht nur die Skelettmuskulatur, sondern auch glatte Muskulatur, Auge, Herz, den Hormonhaushalt und das Zentralnervensystem betreffen können. Im Bereich der Skelettmuskulatur führt die Erkrankung zu einer Muskelschwäche und abnormen Muskelentspannbarkeit (Myotonie). Es besteht möglicherweise eine milde bis mäßige Erhöhung des CK-Wertes, eines im Blut messbaren Muskelenzyms. In einer Bildgebung des Gehirns (cMRT) können sich Aufhellungen in der sog. weißen Substanz darstellen. Eine Herzbeteiligung kann sich in Form von Herzrhythmusstörungen und seltener in einer Kardiomyopathie (Herzmuskelschwäche) äußern. Am Auge entwickelt sich häufig eine Linsentrübung (Katarakt, Grauer Star). Hormonelle Störungen können sich z.B. in einem Diabetes mellitus zeigen. Bei der DM1 sind im Bereich der Skelettmuskulatur hauptsächlich die Muskeln des Gesichts, der Nackenbeuger, sowie die stammferne (distale) Muskulatur der Extremitäten (Unterarme und Hände sowie Unterschenkel und Füße) betroffen. Typisch für die DM1 ist, dass die Patienten im Krankheitsverlauf an einer vermehrten Tagesmüdigkeit (Fatigue) leiden.

Generell kann der Schweregrad der DM1 sehr unterschiedlich ausgeprägt sein und reicht von einer milden Form (40 - 200 Repeats, Erkrankungsalter >50), bei der es nur in höherem Lebensalter zu einer leichten Myotonie und dem Auftreten von Katarakten und einem Diabetes mellitus kommt, über eine klassische Form (200 - 1000 Repeats, Beginn in der Jugend/frühem Erwachsenenalter) zu einer angeborenen (kongenitalen) Form (ca. 1.000 oder mehr Repeats). Es wird in der Literatur auch eine „childhoodonset“ Form der Erkrankung beschrieben, die im jüngeren Kindesalter beginnt. Die Kinder zeigen meist neuropsychologische und neuropsychiatrische Symptome wie Autismus-Spektrum-Störungen, auffälliges Verhalten wie ein Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom, häufig Intelligenzminderung (60 - 80% der Patienten) und kognitive Verlangsamung. Weitere Symptome der klassischen DM1 können in unterschiedlicher Ausprägung hinzutreten. Die Repeat-Länge liegt wie bei der klassischen Form der Erkrankung meist zwischen 50 - 1.000 (Quelle:„Zerebrale Beteiligung bei myotoner Dystrophie Typ 1 und Typ 2 -Eine systematische Analyse neuropsychologischer Leistungsprofile“, Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Hohen Medizinischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Sandra Michaela Adler geb. Mirbach aus Bonn, 2013, S. 15).

Das klinische Bild der schwersten Form der Erkrankung, der kongenitalen Form, ist durch Muskelhypotonie, Schwäche der mimischen Muskulatur, Gedeihstörungen, Extremitätenkontraktur, schwere Ateminsuffizienz und Schluckstörungen v.a. in den ersten Lebensmonaten gekennzeichnet. Im Verlauf zeigt sich eine psychomotorische Retardierung. Eine schwere Beteiligung der Atemmuskulatur kann auch zu einem frühzeitigen Versterben betroffener Kinder führen. Einer Quelle zufolge sind viele Neugeborene auf künstliche Beatmung angewiesen und 25 - 50% sterben innerhalb der ersten 18 Lebensmonate (https://medlexi.de/Myotone Dystrophie Typ 1, zuletzt recherchiert am 16. Januar 2019).

Bei der DM1 ist eine Antizipation charakteristisch. Dies bedeutet, dass die Anzahl der Repeats bei einer Vererbung von einer Generation auf die nächste zunehmen kann (v.a. bei der Vererbung über die weibliche Keimbahn), sodass es bei den Nachkommen zu einer früheren und stärkeren Symptomatik kommt. Im Unterschied zu der DM1 beobachtet man bei der DM2 keine mentale Störung und keine regelhafte Verschlechterung bei Vererbung auf die nächste Generation. Auch gibt es keine angeborenen Verlaufsformen, die sich klinisch bereits im Säuglings- oder Kindesalter manifestieren (Quellen: Medizinisch Genetisches Zentrum - MGZ, München, www.mgzmuenchen.de; Mitteldeutscher Praxisverbund Humangenetik http://www. genetikdresden.de/node/90; Neurologienetz - Das Informationsportal für Ärzte https: …www. neurologienetz.de/fachliches/erkrankungen/neuromuskulaereerkrankungen/ myotonedystrophietyp-1-curschmannsteinerterkrankung; Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V., https://www.dgm.org/muskelerkrankungen/ myotonedystrophie; Schweizerische Muskelgesellschaft, https://www.muskelgesellschaft.ch/diagnosen/muskeldystrophie/myotonedystrophie, alle zuletzt recherchiert am 16. Januar 2019).

Die beim potentiellen Kindsvater (unstreitig) vorliegende klassische Form der DM1 ist nach ihrem Schweregrad nicht geeignet, die Vornahme einer PID zu rechtfertigen, auch wenn die Krankheit fortschreitet, zu erheblichen Beeinträchtigungen in der Lebensgestaltung führt und mit einer eingeschränkten Lebenserwartung zu rechnen ist. Denn den Schweregrad der Muskeldystrophie Typ Duchenne erreicht sie nicht. Insbesondere sind die Betroffenen nicht schon in der Kindheit und im jungen Erwachsenenalter auf intensive Pflege im Alltag angewiesen und haben zwar eine eingeschränkte Lebenserwartung, erreichen jedoch - wenn auch mit erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen - das fortgeschrittene Erwachsenenalter. Patienten mit der Muskeldystrophie Duchenne erreichen bei sehr frühem Verlust der Gehfähigkeit und progredientem Krankheitsverlauf bislang nur das dritte Lebensjahrzehnt, wobei im Moment nicht abgesehen werden kann, ob und wenn ja in welchem zeitlichen Rahmen und Umfang durch den medizinischen Fortschritt eine Verlängerung der Lebenserwartung erreichbar ist.

Hingegen spricht - auch nach übereinstimmenden Einschätzungen der Beteiligten -viel dafür, dass die kongenitale Form der myotonen Dystrophie Typ 1 die Kriterien für eine schwerwiegende Erbkrankheit im medizinischen Sinn erfüllt. Sie geht mit einer geringen Lebenserwartung (teilweise unter 18 Monaten), und schwersten gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Schluckstörungen, Ateminsuffizienz) einher.

c. Für die kongenitale Form der DM1 besteht nach übereinstimmender Einschätzung der Beteiligten und nach Überzeugung des Senats kein hohes Risiko, da die schwere Form der DM1 fast ausschließlich über die mütterliche Keimbahn und nicht im paternalen Erbgang weitergegeben wird.

Das Risiko, dass die Nachkommen der Klägerin an DM1 erkranken werden, besteht wegen der Grundsätze der Vererbung i. H. v. 50%. Es handelt sich um eine autosomaldominante Erbkrankheit, bei der beim Vorliegen eines erkrankten homologen Chromosoms mit der Manifestation der Erkrankung zu rechnen ist. Das für die Erkrankung verantwortliche mutierte Gen liegt nicht auf den Geschlechtschromosomen X oder Y, sondern auf einem der 22 Autosomen, also den geschlechtsunabhängigen Chromosomen. Ein Allel (verschiedene Ausprägungsformen eines Gens) bzw. eine Mutation übt bereits bei heterozygotem Vorliegen eine erkennbare Wirkung auf den Phänotyp aus (http://www.drze.de/imblickpunkt/ praedikativegenetischetestverfahren/module/erbgaengeundbegriffsdefinitionen, zuletzt recherchiert am 20. Februar 2019), sodass nach der Vererbungslehre eine Wahrscheinlichkeit von 50% besteht, dass die Nachkommen der Klägerin an DM1 erkranken.

Abzustellen ist für die Bemessung des Risikos i.S.d. § 3a Abs. 2 Satz 1 ESchG aber nicht auf die klassische Form der DM1. Allein die kongenitale Form der DM1 weist die Kriterien auf, die eine medizinische Indikation rechtfertigen könnten. Nach übereinstimmenden Angaben der Beteiligten und nach den im Verfahren vorgelegten medizinischen Fachaufsätzen besteht für diese schwerste Form der DM1 kein hohes Risiko für die Nachkommen der Klägerin, weil diese Form fast ausschließlich über die mütterliche Keimbahn und nicht durch einen von DM1 betroffenen Vater weitergegeben wird.

Selbst wenn man aufgrund des Merkmals der Antizipation bei der DM1 eine geringere Wahrscheinlichkeit ausreichen lassen wollte, um ein hohes Risiko zu bejahen, da eine Berechnung des Risikos einer Antizipation naturwissenschaftlich nicht möglich ist, ergeben sich weder aus den von Beteiligtenseite vorgelegten fachmedizinischen Aufsätzen, noch aus deren Vortrag oder aus sonstigen allgemein zugänglichen Quellen belastbare Anhaltspunkte dafür, dass für die Nachkommen der Klägerin ein hohes Risiko im dargestellten Sinn besteht. Die Möglichkeit der Weitergabe im paternalen Erbgang, die in der medizinischen Fachliteratur in Einzelfällen beschrieben wird, stellt jedenfalls kein hohes Risiko im dargestellten Sinn dar, da eine relevante Gruppenbildung wissenschaftlich bislang nicht bestätigt wird.

Damit war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil die Fragen, welcher Maßstab für die Einstufung einer Erbkrankheit als schwerwiegend i.S.d. § 3a Abs. 2 Satz 2 ESchG anzulegen ist und ob der Ethikkommission dabei ein Beurteilungsspielraum zusteht, grundsätzliche Bedeutung haben.

Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Die Anordnung kann Altersbegrenzungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tenor

I.

Ziffer 2 des Bescheides der Stadt Würzburg vom 31. März 2014 wird aufgehoben. Ziffer 3 des Bescheides vom 31. März 2014 wird aufgehoben, soweit sie sich auf Ziffer 2 des Bescheides bezieht.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin ¾, die Beklagte ¼ zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Die Klägerin betreibt unter der Bezeichnung LaserTag Würzburg in Würzburg eine LaserTag-Arena. Die Beteiligten streiten um einen Bescheid der Beklagten auf der Grundlage des § 7 JuSchG.

Im Rahmen des von der Klägerin angebotenen Spiels LaserTag spielen in der Regel (je nach Spielmodus) zwei Mannschaften gegeneinander, die in einer abgedunkelten, futuristisch ausgestalteten und mit Hindernissen versehenen Halle innerhalb einer vorgegebenen Zeit versuchen, Mitglieder der anderen Mannschaft mittels von so genannten „Phasern“ ausgesandten Laserstrahlen (eigentlich: Infrarot-Strahlen) an auf Brust, Rücken und Schultern sowie am Phaser befindlichen Sensoren zu „markieren“ und damit möglichst viele Punkte zu erzielen, ohne Punktabzüge durch eigenes „Markiert werden“ durch Mitglieder der gegnerischen Mannschaft hinzunehmen.

Am 17. Februar 2014 fand zwischen der Beklagten und den Geschäftsführern der LaserTag Würzburg eine Besprechung statt, bei der von Seiten der Beklagten Bedenken bezüglich jugendschutzrelevanter Punkte, insbesondere bezüglich der von der Klägerin festgesetzten unteren Altersgrenze von 12 Jahren geäußert wurden. Diese Bedenken versuchte die Klägerin durch Vorlage diverser Unterlagen zu zerstreuen.

Mit Bescheid vom 31. März 2014 erließ die Beklagte folgende Regelungen:

„1. Der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen wird untersagt. Dies gilt auch für eine etwaige Begleitung Minderjähriger durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen.

2. Für die einzelnen Teilnehmer ist jeweils vor dem Lasergame eine persönliche Einweisung und nach dem Lasergame eine persönliche Auswertung durchzuführen.

3. Der Inhalt dieser Anordnung ist an gut sichtbarer Stelle bekannt zu geben.“

Zudem wurde auf die Möglichkeit hingewiesen, bei Zuwiderhandlung gegen diese Anordnungen gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 9 JuSchG ein Bußgeld zu verhängen.

Zur Begründung wurde unter Bezugnahme auf § 7 JuSchG ausgeführt, wesentliches Ziel des Spiels sei das Markieren (Abschießen) der menschlichen Gegner. Die Bezeichnung „Markierung“ statt „Treffer“ erscheine stark verharmlosend. Das Spiel in der LaserTag-Anlage sei als Wettbewerb ausgelegt. Mit dem Ziel, die höchste Punktzahl zu erreichen, fordere das Spiel geradezu dazu auf, „Held“ zu sein und biete so auch Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Gemäß der Ansicht von Dr. Hartmann von der Bundeszentrale für politische Bildung erhöhe ein starker Wettbewerbscharakter das Risiko aggressiver Auswirkungen. Die in der Halle aufgebauten Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfes. Der Einsatz von Nebeleffekten verstärke nicht nur den Laserstrahl der Phaser, sondern auch die Atmosphäre eines Kampfes. Im Vergleich zu Computerspielen mute die Atmosphäre realistisch an, weil sich zwei Menschen körperlich gegenüber stünden, die zugleich als Schützen und als auszuschaltende Kontrahenten fungierten. Durch die futuristische Gestaltung der Waffen und der Halle könne nicht darauf geschlossen werden, dass Jugendliche besser zwischen Spiel und Realität differenzieren könnten. Anders als bei Computerspielen werde durch die körperliche Anstrengung eine intensive Wahrnehmung und ein intensives Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Das Bundesverwaltungsgericht habe im Zusammenhang mit einer Einrichtung einer LaserTag-Arena vor einer Bagatellisierung von Gewalt gegen den Grundsatz der Menschenwürde gewarnt. In Zeiten beschleunigter Modernisierung habe der Jugendschutz verstärkt die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft Einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Kinder und Jugendliche mit fehlender moralischer und sozialer Orientierung seien von Spielen dieser Art am ehesten gefährdet. Nach Einschätzung der Beklagten liege durch die Teilnahme am Lasergame eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit vor und die Teilnahme gefährde das geistige und seelische Wohl von Jugendlichen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet.

Ein Nachweis über den Zeitpunkt der Zustellung dieses Bescheids an die Beklagte findet sich in den Verwaltungsakten der Beklagten nicht.

II.

Mit ihrer am 2. Mai 2014 erhobenen Klage ließ die Klägerin beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 31. März 2014 aufzuheben.

Zur Begründung wurde vorgetragen, bei der angebotenen Sportart LaserTag handele es sich um eine von mehreren Spielarten, bei denen mit Hilfe von Infrarot-Signalgebern und -sensoren Bewegungs-, Simulations- und Laufspiele organisiert würden. Bei dem von der Klägerin angebotenen Spiel handele es sich nicht um das Spiel „Lasergame“, sondern um ein anderes, davon verschiedenes Spiel unter der Bezeichnung „LaserTag“. Dabei gehe es nicht um das Abschießen menschlicher Gegner; das Spiel fordere nicht dazu auf, Held zu sein und biete keine Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten. Die Beklagte komme unter unzutreffender Würdigung des Sachverhalts zwangsläufig zu falschen Ergebnissen, dies auch unter Heranziehung der Ausarbeitung von Dr. Hartmann zu völlig anderen Sachverhalten. Damit sei die Beklagte bei Erlass des Bescheides von völlig falschen Voraussetzungen ausgegangen. Unter Bezugnahme auf ein von der Klägerin vorgelegtes Gutachten von Prof. Dr. Huth-Hildbrandt zu LaserTag ergebe sich, dass LaserTag als teambasierte bewegungsbezogene Aktivität für geschlechtsbezogene Entwicklungsaufgaben im Jugendalter eher stützend wirke als z. B. traditionell ausgeübte Mannschaftssportarten. Auch in der in dem Bescheid zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, bei der es sich um einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof gehandelt habe, gehe es nicht um LaserTag, sondern um Laserdrome. Dies sei eine vom Konzept der Klägerin deutlich unterschiedliche Variante des Laserspiels. Insbesondere gehe es bei LaserTag gerade nicht um „spielerisches Töten“, nicht um die Konfrontation Mensch gegen Mensch und es würden keine Gewaltakte gegen Menschen nachgestellt. Die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag sei ein familienfreundliches Spiel, das frei von realitätsnahen oder gar kriegsähnlichen Situationen sei. Damit schließe sich auch ein Vergleich mit dem so genannten „Paintball-Spiel“ aus, bei dem ein „Treffer“ durch das Platzen einer Farbkugel optisch sichtbar werde. LaserTag finde in einem futuristischen Kontext statt, so dass für die Spieler Distanzierungsmöglichkeiten zur Realität sichergestellt seien. Bereits 12- bis 15-jährigen Jugendlichen werde im Rahmen der Einstufung der Altersfreigabe für Computerspiele nach den Regeln der USK (Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle) die Fähigkeit zur distanzierten Wahrnehmung und Unterscheidung zwischen Spielfeld und Wirklichkeit in höherem Maße zugetraut als jüngeren Kindern.

Dies bedeute für die von der Klägerin veranstaltete Sportart LaserTag, dass die unbegründeten Behauptungen der Beklagten die angefochtene Verfügung nicht tragen würden und der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin rechtswidrig sei. Die Beklagte setze sich in der angegriffenen Verfügung nicht mit den Eigenheiten des von der Klägerin veranstalteten Spiels auseinander, sondern übertrage ohne Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Umständen in dem Betrieb der Klägerin den Sachverhalt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2001 unreflektiert auf den Betrieb der Klägerin. Die Teilnahme an der von der Klägerin veranstalteten Sportart LaserTag stelle keine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit dar, sondern sie fördere im Gegenteil die wünschenswerte Entwicklung der Persönlichkeit. Hierzu werde auf das Gutachten der Fachhochschule Frankfurt vom April 2014 verwiesen. Auch der Erziehungswissenschaftler und Aggressionsforscher Dr. P., Universität des Saarlandes, bestätige, dass aus Sicht der entwicklungs- und aggressionspsychologischen Forschung das Spielen von LaserTag keine jugendgefährdenden Gesichtspunkte erfülle. Hierzu werde auf die vorgelegte Stellungnahme Bezug genommen.

Die Beklagte habe das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG zu Unrecht angenommen und das von § 7 JuSchG eröffnete Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Der Bescheid sei deshalb rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihrer Berufsfreiheit und dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde vorgetragen, nach § 7 JuSchG könne die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern oder Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten dürfe, wenn von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen ausgehe. Bei der von der Klägerin betriebenen LaserTag-Arena in Würzburg handele es sich unstreitig um einen Gewerbebetrieb. Durch die in der LaserTag-Arena von den Teilnehmern durchgeführten Handlungen gingen Gefährdungen für das körperliche, geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen aus, die eine Altersbeschränkung auf 16 Jahre, also die Untersagung des Zutritts von Personen unter 16 Jahren, erlaubten und vollumfänglich rechtfertigten.

Ziel des Spieles sei nicht verharmlosend das „Markieren“ der menschlichen Gegner, sondern deren Treffen oder Abschießen. Dieses Ziel werde von den Spielern aktiv verfolgt. Damit werde eine Tötungshandlung simuliert. Die „Phaser“ genannten Spielgeräte kämen in Funktionsweise und Aussehen Schusswaffen gleich. Der vom „Phaser“ ausgehende Laserstrahl visiere den Gegenspieler als Schussziel an. Zudem werde er ähnlich einer Pumpgun mit zwei Händen gehalten, Schüsse würden durch das Drücken von Knöpfen ausgelöst, damit stelle der Phaser ein waffenähnliches Gerät dar. Die Ausgestaltung des Spielfeldes erwecke sehr deutlich den Eindruck eines simulierten Nahkampfszenarios, verstärkt von Nebeleffekten, Schwarzlicht und Dunkelheit. Wer die meisten Punkte erziele, gewinne das Spiel. Damit sei es eindeutig als Wettbewerb angelegt. Zudem werde der jeweilige Monatssieger gekürt. LaserTag werde somit in einen gewaltverherrlichenden Zusammenhang gestellt. Realitätsnähe werde dadurch erzeugt, dass sich zwei Gruppen/Teams körperlich gegenüber stünden; durch die körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, was eine Abstraktion beeinträchtige. Der Gegner werde als Mensch und nicht als verfremdetes abstraktes Ziel erkannt. Es gehe also um Kampf und Abschießen, damit sei LaserTag ein kriegsähnliches Spiel. Die von der Klägerin genannten „distanzierenden Elemente“ kämen nicht zum Tragen. Damit gehe von dem Spiel LaserTag eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen im Sinne des § 7 JuSchG aus, wenn sich diese in der LaserTag-Arena aufhielten. Ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts dieser Personengruppe in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Nach Abwägung aller Umstände liege im LaserTag-Kampf eine Gefahr für die Entwicklung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit durch die Teilnahme am Spiel. Dementsprechend gefährde die Teilnahme am Spiel das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen und es sei somit unter Auslegung und Würdigung der Kriterien der USK eine Zutrittsbeschränkung für unter 16-Jährige gerechtfertigt. Zu berücksichtigen sei in diesem Zusammenhang auch die Haltung von unter 16-jährigen Kindern und Jugendlichen in einem Beitrag des Bayer. Rundfunks. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken und den Schutzzweck des Jugendschutzrechts gestellt werden.

Die Parteien legten verschiedene gutachtliche Äußerungen vor, die sich mit der Frage einer Jugendgefährdung durch „Laserspiele“ befassen.

In der mündlichen Verhandlung am 21. Mai 2015 wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Mit Beschluss vom 10. Juni 2015 erhob das Gericht Beweis über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren an dem von der Klägerin in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag gehe eine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus sowie über die Richtigkeit der Behauptung der Beklagten, von der Teilnahme von Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 18 Jahren an dem genannten Spiel gehe nur dann keine Gefährdung für deren körperliches, geistiges oder seelisches Wohl aus, wenn für die Jugendlichen vor deren Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt wird, durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Das Gericht beauftragte im Einverständnis mit den Parteien als Sachverständigen Dr. Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V.

Zum vom Sachverständigen schriftlich am 5. Februar 2016 erstatteten Gutachten nahm die Klägerseite dahingehend Stellung, sie halte es für ungenügend und für eine Beurteilung der Fragen im Beweisbeschluss untauglich. Sie legte eine Stellungnahme von Dr. P., Fakultät für Empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016 vor und regte die Einholung eines „Obergutachtens“ an.

In der mündlichen Verhandlung am 14. April 2016 erläuterte der Sachverständige sein schriftliches Gutachten ausführlich. Im Übrigen wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 14. April 2016, auf das weitere schriftsätzliche Vorbringen der Parteien sowie auf den Inhalt der einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten, welche Gegenstand des Verfahrens waren, Bezug genommen.

Gründe

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 31. März 2014, mit welchem die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Jugendschutzgesetz (JuSchG) vom 23. Juli 2002 (BGBl I S. 2730), zuletzt geändert durch Gesetz vom 7. August 2013 (BGBl I S. 3154), Personen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen - auch bei Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt (Ziffer 1. des Bescheides) sowie für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren anordnet, vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen (Ziffer 2. des Bescheides). Zwar ist dem bloßen Wortlaut der Anordnung in Ziffer 2. des Bescheidtenors die Begrenzung der Anordnung auf Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren nicht zu entnehmen; allerdings ergibt sich dies zum einen daraus, dass Personen unter 16 Jahren gemäß Ziffer 1. des Bescheides ohnehin kein Zutrittsrecht haben und der Bescheid auf § 7 JuSchG gestützt ist, der gemäß seinem Wortlaut lediglich auf Kinder und Jugendliche (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 JuSchG auf Personen, die noch nicht 18 Jahre alt sind) anwendbar ist; zum anderen hat die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung vom 21. Mai 2015 klargestellt. Weiterhin bestimmt der angegriffene Bescheid in seiner Ziffer 3., dass der Inhalt der in Ziffer 1. und 2. getroffenen Anordnungen an gut sichtbarer Stelle bekanntzugeben ist.

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Hinsichtlich der in Ziffer 2. getroffenen Anordnung, bei Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, erweist sich der Bescheid vom 31. März 2014 als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war der angegriffene Bescheid aufzuheben. Hinsichtlich der in Ziffer 1. getroffenen Anordnung, wonach für Personen unter 16 Jahren der Zutritt zu den Betriebsräumen untersagt wird sowie hinsichtlich der in Ziffer 3. getroffenen Anordnung, soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, ist der Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insoweit war die Klage abzuweisen.

Rechtsgrundlage des angegriffenen Bescheids ist § 7 JuSchG. Geht von einer öffentlichen Veranstaltung oder einem Gewerbebetrieb eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern oder Jugendlichen aus, so kann gemäß § 7 Satz 1 JuSchG die zuständige Behörde anordnen, dass der Veranstalter oder Gewerbetreibende Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht gestatten darf. Nach § 7 Satz 2 JuSchG kann die Anordnung Altersbeschränkungen, Zeitbegrenzungen oder andere Auflagen enthalten, wenn dadurch die Gefährdung ausgeschlossen oder wesentlich gemindert wird.

Tatbestandsvoraussetzung dieser Vorschrift ist, dass von einem Gewerbebetrieb - und ein solcher ist im vorliegenden Fall der LaserTag-Arena unstreitig gegeben - eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG von Personen, die noch nicht 14 Jahre alt sind) oder von Jugendlichen (also gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 JuSchG von Personen, die 14, aber noch nicht 18 Jahre alt sind), ausgeht. Eine derartige Gefährdung ist anzunehmen, wenn bei ungehindertem, objektiv zu erwartendem Geschehensablauf in absehbarer Zeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die körperliche Unversehrtheit, die psychische Konstitution oder das sozialethische Wertebild Minderjähriger Schaden nehmen wird. Die Gefahr muss nicht unmittelbar drohen, sondern es genügt, dass Kinder und Jugendliche an den fraglichen Orten nach Kenntnis der Behörde einer solchen dauernd oder zeitweise ausgesetzt sind (Liesching in Erbs/Kohlhaas, strafrechtliche Nebengesetze, Stand: Januar 2015, § 7 JuSchG, Rn. 4 m. w. N.). In diesem Zusammenhang ist eine Gefahrenprognose zu erstellen. Deren Grundlage müssen ausreichende und tatsächliche Anhaltspunkte, Erfahrungen des täglichen Lebens, das Erfahrungswissen von Polizeibeamten oder Sozialarbeitern oder wissenschaftliche und technische Erkenntnisse sein (Liesching, a. a. O., Rn. 5). Der Begriff der Gefährdung in § 7 JuSchG kann mit dem Begriff der Jugendbeeinträchtigung im Sinn des § 14 Abs. 1 JuSchG gleichgesetzt werden, also mit der Gefahr, dass die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt wird (Gutknecht in Nikles/Roll/Spürck/Erdemir/Gutknecht, Jugendschutzrecht, 3. Aufl. 2011, § 7 JuSchG Rn. 6 m. w. N.). In diesem Zusammenhang sind hinsichtlich der Frage, ob das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen beeinträchtigt wird, die Grundsätze der freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH, 21. Fassung vom 1. Dezember 2012, heranziehbar (FSK-Grundsätze). Nach deren § 18 Abs. 2 wird die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit beeinträchtigt, wenn die Nerven überreizt, übermäßige Belastungen hervorgerufen werden, die Fantasie über Gebühr erregt, die charakterliche, sittliche oder geistige Erziehung gehemmt, gestört oder geschädigt wird oder zu falschen und abträglichen Lebenserwartungen verführt wird (§ 18 Abs. 2 Nr. 3 FSK-Grundsätze; vgl. hierzu auch Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG Rn. 6). Als Wertmaßstäbe sind in diesem Zusammenhang die Grundwerte der Verfassung zu beachten, insbesondere die Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG (Liesching, a. a. O., § 14 JuSchG, Rn. 5 m. w. N.; BVerwG, B. v. 24.10.2001 - 6 C 3/01 - BVerwGE 115, 189 ff.).

In diesem Zusammenhang ist auch auf den Gedanken in Ziffer 2.2 der Leitkriterien der USK für die jugendschutzrechtliche Bewertung von Computer- und Videospielen, beschlossen und in Kraft gesetzt durch den Beirat der Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH - USK - (USK-Kriterien) vom Juni 2011 hinzuweisen. Nach diesem verallgemeinerungsfähigen Gedanken ist nicht nur auf den durchschnittlichen, sondern auch auf den gefährdungsgeneigten Minderjährigen abzustellen, wobei aber Extremfälle auszunehmen sind (vgl. hierzu auch Ziffer 2.4 USK-Kriterien).

Bei der in § 7 Satz 1 JuSchG vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzung der Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der vom Gericht voll überprüfbar ist.

Auf der Grundlage dieser Voraussetzungen gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem von der Klägerin im Rahmen ihres Gewerbebetriebes in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige und seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen sowohl im Alter unter 16 Jahren als auch im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Zu diesem Ergebnis gelangt das Gericht, dem es an diesbezüglicher eigener Fachkompetenz fehlt, auf der Grundlage des vom Gericht mit Beweisbeschluss vom 10. Juni 2015 in Auftrag gegebenen, am 5. Februar 2016 schriftlich erstatteten und in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 mündlich erläuterten Gutachten des Sachverständigen, Dipl. Psychologen Dr. Florian Rehbein vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen e.V..

Aus dem Gutachten ergibt sich Folgendes:

Für die Beantwortung der Beweisfragen hat der Sachverständige zunächst auf der Grundlage der ihm zur Verfügung gestellten Akten des Gerichts und der Beklagten den bisherigen Sachverhalt einschließlich der unterschiedlichen Sichtweisen der Parteien dargestellt. Sodann hat er die im Beweisbeschluss des Gerichts enthaltenen juristischen Tatsachenfragen in die psychologische Fragestellung „übersetzt“, ob eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass Kinder und Jugendliche im Alter unter 16 Jahren bzw. Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren durch ihre Teilnahme am Spiel LaserTag im Hinblick auf ihre Persönlichkeitsentwicklung gefährdet werden können (Ziffer 3. des Gutachtens).

Nach Ansicht des Sachverständigen wären die beiden genannten Personengruppen aus psychologischer Perspektive dann in ihrer Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, wenn das Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung aufweist. Zudem ist eine Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung dann gegeben, wenn es bei der Teilnahme am Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen dadurch kommt, das die im Spiel dargebotenen Reize starke Angstreaktionen auslösen können und gleichzeitig keine hinreichenden Möglichkeiten bestehen, das Spiel abzubrechen (Ziffer 4. des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung hat, hat der Sachverständige eine Risikoprognose auf der Grundlage des General Aggression Model (im Folgenden: GAM) erstellt. Diese Entscheidung hat er auf der Grundlage der Erkenntnis getroffen, dass es bislang international keine veröffentlichten empirischen Untersuchungen zu den Auswirkungen von LaserTag- oder LaserGame-Angeboten auf Kinder und Jugendliche gibt (Ziffer 2.2 des Gutachtens). Zudem hat er festgestellt, dass es zu gewalthaltigen Computerspielen zwar vielfältige und ausdifferenzierte Studien gibt, dass diese Forschungsergebnisse jedoch nicht unmittelbar auf den hier zu beurteilenden Gegenstand übertragen werden können, weil trotz mancher Ähnlichkeiten beide Spielformen insbesondere Unterschiede hinsichtlich der realweltlichen, wenngleich fiktional gestalteten Spielumgebung, hinsichtlich der körperlichen Aktivität in der Spielarena und der fehlenden visuellen Untermalung von Gewaltfolgen aufweisen (Ziffern 2.2 und 2.2.1 des Gutachtens). Als Grundlage für die wegen des Fehlens verwendbaren empirischen Materials erforderliche Risikoprognose hat sich der Sachverständige für das GAM entschieden, nach Mitteilung des Sachverständigen ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorien in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (mit Verweis auf Anderson & Dill, 2000; Bushman & Anderson, 2002).

Auf der Grundlage dieses Modells berücksichtigt der Sachverständige kurzfristige und langfristige Wirkmechanismen.

Im Rahmen der kurzfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn der aktuelle innerpsychische Erlebniszustand im Rahmen situativer oder personenbezogener Input-Variablen durch eine kognitive, eine affektive und eine psychophysiologische Aktivierungskomponente beeinflusst wird. Im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen liegt eine aggressivitätssteigernde Wirkung vor, wenn die wiederholte Nutzung gewalthaltiger Spiele zu einer Ausdifferenzierung und Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen führt. Dies kann nach den Ausführungen des Sachverständigen durch fünf voneinander unabhängige Wirkmechanismen geschehen: Durch die Verstärkung (1) aggressiver Überzeugungen und Einstellungen, (2) aggressiver Wahrnehmungsschemata, (3) feindseliger Attributionstendenzen und (4) aggressiver Verhaltensskripte sowie durch (5) eine aggressionsbezogene Desensibilisierung (vgl. zu allem: Ziffer 2.2.2 und Ziffer 4. [am Ende] des Gutachtens).

Als Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob das Spiel LaserTag zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit der genannten Personengruppen auf der Grundlage starker Angstreaktionen führt, hat der Sachverständige - wie er in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat - allgemeine psychologische Überlegungen herangezogen.

Zur Beantwortung der Beweisfragen auf dieser Grundlage hat der Sachverständige die Akte des Gerichts sowie die Akte der Beklagten herangezogen und eine Ortsbegehung in der LaserTag-Arena Würzburg vorgenommen, die eine Vorstellung des Spielangebots durch Standortleitung und Geschäftsführung ohne Kundschaft, eine passive Beobachtung des Spielbetriebs mit Kunden, halbstrukturierte Interviewfragen an die Standortleitung und Geschäftsführung, eine teilnehmende Beobachtung am Spiel mit Kunden sowie eine Fotodokumentation der wesentlichen Ausstattungsmerkmale der LaserTag-Arena beinhaltet (vgl. Ziffern 5. und 6. des Gutachtens).

Auf dieser Basis beantwortet der Sachverständige die Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine Gefährdung des geistigen oder seelischen Wohls von Kindern und Jugendlichen ausgeht, wie folgt:

Die Teilnahme am Spiel LaserTag erzeugt einen kurzfristigen aggressiven Erlebniszustand. Dies ergibt sich daraus, dass die Teilnahme zu aggressiven Gedanken und Gefühlen führt und psychophysiologisch aktiviert. Die Erzeugung aggressiver Gedanken und Gefühle basiert auf der Waffenähnlichkeit des Phasers, die impliziert, dass aggressives Verhalten in dieser Situation angemessen ist. Das Spiel belohnt und fördert das Verhalten, andere Spieler simuliert zu beschießen, aus psychologischer Sicht selbst eine aggressiv erlebte Verhaltensweise. Dem stehen die entmilitarisierten Begrifflichkeiten und die abstrakte futuristische Spielumgebung nicht entgegen. Die simulierte Ausübung aggressiver Handlungen ist alternativlos, um das Spiel gewinnen zu können. Dies lässt darauf schließen, dass LaserTag kognitiv und emotional als ein Bedrohungs- bzw. Gefahrenszenario verarbeitet wird. Die psychophysiologische Aktivierung kommt durch die intensive körperliche Beanspruchung in Verbindung mit Zeit- und Handlungsdruck im Sinne eines Stresserlebens zustande (vgl. Ziffer 7.1 des Gutachtens).

Die Teilnahme am Spiel LaserTag bewirkt eine langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen. Dies ergibt sich daraus, dass es bei der wiederholten Teilnahme am Spiel zu einer Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen sowie zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte kommt, obwohl eine Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und eine Verstärkung feindseliger Attributionstendenzen sowie eine aggressionsbezogene Desensibilisierung nicht festgestellt werden können.

Die Verstärkung aggressiver Überzeugungen und Einstellungen ergibt sich daraus, dass spielerisch simulierte Aggression die einzige Möglichkeit ist, das Spiel zu gewinnen. Es kommt zu zahlreichen Einzelkonfrontationen gegnerischer Spieler, die derjenige gewinnt, der zuerst bzw. zielgenauer eine Markierung abgibt (schießt). Damit ist der „aggressivere“ Spieler der erfolgreichere Spieler. Kompromissbereitschaft und anderweitige Formen prosozialen Verhaltens werden nicht gefördert. Diesbezüglich kann die Zusammenarbeit im Spielteam aus lernpsychologischer Sicht nicht als prosoziale Handlung wirksam werden. Dies gilt auch unter der Prämisse, dass lediglich bestimmte aggressive Haltungen nach den Spielregeln legitimiert sind und die Spieler reflektieren können, dass ihre Handlungen nicht tatsächlich zu Schäden beim Gegenspieler führen (vgl. Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens).

Die Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte ergibt sich daraus, dass das Spiel LaserTag eine bewaffnete Gefechtssituation simuliert, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte. Demgegenüber verfügen Kinder und Jugendliche üblicherweise nicht über differenzierte kognitive Skripte darüber, welche Ereignisse in einer Gefechtssituation tatsächlich erwartet werden können. Das Spiel erscheint geeignet, kognitive Skripte zu bewaffneten Gefechtssituationen zu lernen, zu festigen und weiter auszudifferenzieren, dies auch auf der Grundlage elektronischer Rückmeldungen über Erfolge und Misserfolge. Diese intensivieren den Lernerfolg. Zwar werden diese Lernerfahrungen durch einige Verfremdungen in der Benutzung des Phasers und bezüglich der möglichen Trefferflächen beim gegnerischen Spieler begrenzt werden; jedoch ist gerade bei Personen, die keinerlei Erfahrungen mit solchen Spielen haben, zu erwarten, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit aggressive Verhaltensskripte erlernt werden, zu denen bislang allenfalls rudimentäre Lernerfahrungen vorliegen. Zu beachten ist hierbei, dass es sich um besonders kritische aggressive Verhaltensskripte handelt, die das Verhalten in einem bewaffneten Gefecht zum Gegenstand haben (vgl. Ziffer 7.2, B4 des Gutachtens).

Hinsichtlich der Ausführungen zum Fehlen der Verstärkung aggressiver Wahrnehmungsschemata und feindseliger Attributionstendenzen sowie zum Fehlen aggressionsbezogener Desensibilisierungen wird auf Ziffer 7.2, B2, B3 und B5 des Gutachtens Bezug genommen.

Die Fragestellung, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag die psychische Gesundheit der genannten Personengruppe gefährdet, beantwortet der Sachverständige wie folgt:

Aufgrund eingeschränkter Sichtverhältnisse wegen Dunkelheit, Nebels und Hindernissen, aufgrund der Hintergrundmusik und aufgrund des allgemeinen Kampfgeschehens kann ein Bedrohlichkeitsgefühl erzeugt werden. Spieler können unvorhergesehen auf Gegenspieler, insbesondere auch auf körperlich deutlich überlegenere und nicht vertraute erwachsene Gegner treffen oder gar von mehreren Gegenspielern eingekreist werden und erschrecken. Bei psychisch vulnerablen Spielern ist damit davon auszugehen, dass das Spielangebot deutliche Angstreaktionen auslösen kann. Zwar wird das Angstpotenzial durch die Anwesenheit einer Aufsichtsperson in der Arena abgeschwächt; diese ist jedoch nicht immer direkt zu finden. Zudem erscheint es möglich, dass Spieler im Falle einer starken Angstreaktion nicht mehr in der Lage sind, einen Ausgang selbstständig aufzusuchen. Weiterhin gibt es keinen „Panik- oder Abbruchknopf“. Damit ist nicht sichergestellt, dass sich Spieler dem Spielgeschehen unmittelbar entziehen können. Zudem besteht kein hinreichender kommunikativer Rahmen für den Abbruch des Spiels. Damit weist das Spiel in seiner derzeitigen Konzeption eine hohe Reizintensität auf, die zumindest vulnerable Spieler emotional überfordern und bei diesen zu starken Angstreaktionen führen kann (vgl. Ziffer 7.3 des Gutachtens).

Abschließend differenziert der Sachverständige hinsichtlich der Intensität der festgestellten Auswirkungen des Spiels auf das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits.

Hinsichtlich Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber das Wirkpotential des Spiels im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen für diese Altersgruppe als hoch relevant einzuschätzen ist. Zudem kommt er zu dem Ergebnis, dass hinsichtlich des affektiven Wirkpotenzials bei dieser Altersgruppe noch eine höhere Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass starke Angstreaktionen erlebt werden, allerdings wird nur ein kleinerer Teil der Spieler von stärkeren Angstreaktionen betroffen sein.

Der Gutachter kommt zu dem Ergebnis, dass aus psychologischer Sicht insgesamt eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür vorliegt, dass die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen im Alter von unter 16 Jahren durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann.

Hinsichtlich der Gruppe der Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren gelangt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass auch hier die Erzeugung eines kurzfristigen aggressiven Erlebniszustandes als altersunspezifisch einzustufen ist, dass aber die Gefährdung dieser Altersgruppe im Hinblick auf die langfristige Verstärkung aggressionsbezogener Wissensstrukturen als geringer einzuschätzen ist als in der anderen Altersgruppe. Dies gilt für normal entwickelte Jugendliche; demgegenüber kann insbesondere für risikobehaftete Jugendliche eine Gefährdung nicht ausgeschlossen werden. Das affektive Wirkpotenzial ist nach Ansicht des Gutachters geringer einzuschätzen als bei der jüngeren Altersgruppe, allerdings kann auch für die Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen nicht ausgeschlossen werden, dass vulnerable Spieler starke Angstreaktionen entwickeln.

Damit kommt der Gutachter zu dem Ergebnis, dass eine Teilnahme von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren am Spiel nicht vertretbar erscheint, wenn das Angebot den Gefährdungen insbesondere risikobehafteter Jugendlicher nicht wirksam begegnet.

Als Rahmenbedingungen für die wirksame Begegnung der genannten Gefährdung bezeichnet der Sachverständige neben der grundsätzlichen Beibehaltung der derzeit schon vorhandenen Rahmenbedingungen wie Eingangsinstruktion, Fairnessregeln, Spielaufsicht, Gestaltung der Spielarena, Bekleidungsvorschriften, Beschaffenheit der Spielausrüstung, angebotene Spielformen und Spielauswertung zwei weitere Maßnahmen als notwendig, um die genannten Gefährdung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen zu können: Zum einen muss ein Spielabbruch „normalisiert“ werden, also als Handlungsweise beschrieben werden, bei der keine soziale Abwertung zu befürchten ist, einschließlich der Erstattung der Kosten für die Teilnahme. Zum anderen darf vor dem Spiel kein Alkohol an 16- und 17-Jährige ausgeschenkt werden, weil Alkoholkonsum enthemmtes Verhalten begünstigen kann, wodurch die Wahrscheinlichkeit für unfaires und aggressives Verhalten im Spiel steigt.

Unter Einhaltung dieser Prämissen gelangt der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass zwar hinsichtlich der Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren eine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Persönlichkeitsentwicklung durch das Spiel LaserTag Schaden nehmen kann, dass aber dieser Gefährdung durch eine persönliche Einweisung und Auswertung, die auch eine Normalisierung des Spielabbruches und das Verbot des Alkoholausschanks umfasst, wirksam begegnet werden kann.

Das Gericht hat das Gutachten des Sachverständigen überprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass das Gutachten die Fragestellungen des Beweisbeschlusses des Gerichts inhaltlich richtig aufnimmt und sie adäquat und für das Gericht nachvollziehbar mit einem psychologischen Hintergrund aufarbeitet und spezifiziert, sozusagen in psychologische Fragestellungen „übersetzt“.

Zwar hat die Klägerseite diesbezüglich in Frage gestellt, ob Aggression überhaupt ein Zustand ist, der zwangsläufig eine Gefährdung für das körperliche, geistige oder seelische Wohl bedeutet. Allerdings ist es für das Gericht nachvollziehbar, dass eine Steigerung der Aggressivität aus psychologischer Sicht die Persönlichkeitsentwicklung gefährdet, weil es unabhängig von den Ausführungen der Klägerseite zu „positiver Aggression“ im vorliegenden Fall um die Frage geht, ob die Teilnahme am Spiel LaserTag eine stärkere Konfliktbereitschaft, normabweichendes Verhalten und die automatisierte Verfügbarkeit inadäquater aggressiver Reaktionen zur Folge haben kann.

Das Gericht hat sich weiterhin davon überzeugt, dass der Sachverständige die richtige Grundlage bzw. Methode zur Beantwortung der Beweisfragen angewendet hat. Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass mangels vorhandener empirischer Erkenntnisse die Beantwortung der Beweisfragen aufgrund eigener empirischer Forschung hierzu mit einem Zeitaufwand von etwa fünf Jahren und Kosten in Höhe von mehreren hunderttausend Euro verbunden wäre. Auf dieser Grundlage erachtet das Gericht die Entscheidung des Sachverständigen als sachgerecht, auf die Durchführung eigener empirischer Studien zur Beantwortung der Beweisfrage zu verzichten, da deren Zeit- und Kostenumfang in keinerlei angemessenem Verhältnis zum wirtschaftlichen Interesse der Klagepartei (vgl. hierzu den festgesetzten Streitwert) steht und dem Interesse an einer Entscheidung des Rechtsstreits in einem zeitlich angemessen Rahmen (vgl. hierzu auch den Rechtsgedanken des § 198 GVG) widerspricht. Unter dieser Voraussetzung geht auch die Rüge des Klägerbevollmächtigten, der Sachverständige habe keine Messungen zur Feststellung von Erregung und Aggression an den Spielenden vorgenommen, ins Leere.

Auf der Grundlage der Erkenntnis, dass empirische Studien zur Beantwortung der Beweisfragen nicht in Betracht kommen, hat der Sachverständige zu Recht eine Risikoprognose erstellt; eine Alternative hierzu ist weder von der Klägerseite genannt worden noch für das Gericht erkennbar.

Zu Recht hat der Sachverständige der Risikoprognose das GAM zugrunde gelegt. Zur Begründung und für das Gericht nachvollziehbar hat der Sachverständige sowohl im schriftlich erstatteten Gutachten als auch in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass das GAM ein besonders anerkanntes Modell zur Erklärung aggressiven Verhaltens darstellt, welches zentrale Lern-, Skript-, Priming-, Erregungsübertragungs- und Desensibilisierungstheorie in ein allgemeines Mehr-Phasen-Modell zur Erklärung von Aggressivität integriert (Ziffer 2.2.2 des Gutachtens). Damit hat er nachvollziehbar deutlich gemacht, dass das GAM insbesondere auch für die Beurteilung von Aggressionen in bislang diesbezüglich nicht erforschten Bereichen anwendbar ist. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Lexikon der Psychologie von Dorsch zum Stichwort GAM (https://portal.hogreve.com/dorsch/general-aggression-model/; abgerufen am 12.4.2016). Nach dessen Ausführungen wurde das GAM bisher angewendet auf die Erklärung der aggressionserhöhenden Wirkung von Mediengewaltkonsum, extremen Temperaturen, Schmerzen etc. und wurde kürzlich theoretisch erweitert, u. a. bezüglich seiner Anwendbarkeit auf Gewalt in intimen Beziehungen und Gewalt zwischen Gruppen. Dies macht deutlich, dass das GAM nicht allein auf gewalthaltige Computerspiele anwendbar ist.

Auf der Grundlage der Ausführungen des Sachverständigen, dass das GAM auf 40 Jahre Lernpsychologie zurückgeht, hat er nachvollziehbar dargelegt, dass sich dies auf die lernpsychologischen Grundlagen bezieht und somit nicht zu befürchten ist, dass das GAM wegen Zeitablaufs nicht mehr gültig sein könnte.

Demgegenüber kann das Gericht auf der Grundlage der Erläuterungen des Sachverständigen nicht den Ausführungen der Klägerseite folgen, das GAM werde dazu genutzt, vorhandene Aggressionen zu erklären und sei deshalb nicht aussagekräftig für Spieler, die nicht aggressiv seien.

Nicht nachvollziehbar ist die von der Klägerseite vorgelegte Stellungnahme des Dr. Christoph P., Fakultät für empirische Humanwissenschaften der Universität des Saarlandes, vom März 2016, Grundannahme des GAM sei, dass wiederholtes Spielen von gewalthaltigen Videospielen zu einer schleichenden Veränderung in Persönlichkeit und Verhaltensaspekten führen können. Dies ist, wie sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen (vgl. oben) ergibt, eine zunächst (zu) eingeengte Sichtweise.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, dass GAM bzw. der Sachverständige berücksichtige nicht bzw. unzureichend, dass hinsichtlich aggressiven Verhaltens nicht nur die Lerneffekte, sondern auch die Frage nach einer aggressiven Persönlichkeit eine Rolle spielten. Dies hat der Sachverständige im Rahmen des GAM berücksichtigt (vgl. z. B. Ziffer 2.2.2, 2. Absatz des Gutachtens).

Nicht nachvollziehbar ist die nicht im Einzelnen erläuterte Meinung von Dr. P., der Sachverständige verneine die Existenz wichtiger Teilkomponenten des GAM und ziehe stattdessen „verallgemeinerte Schlussfolgerungen“. Nicht nachvollziehbar ist weiterhin die Darlegung von Dr. P., das GAM sei kein Modell, dessen Pfade im Sinne einer „oder- Verbindung“ gesehen werden dürften, sondern die Kombination aller Faktoren zeige die Gefahren auf, die bei wiederholtem Spielen entstehen könnten. Denn nachvollziehbar legt der Sachverständige in seinem Gutachten (Ziffer 2.2.2) dar, dass die fünf aufgezeigten langfristigen Wirkmechanismen unabhängig voneinander zur Ausbildung einer aggressiven Persönlichkeitsstruktur beitragen; in der mündlichen Verhandlung hat er dargestellt, dass ein einziger Wirkpfad hinreichend ist, dass aber der Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung umso gravierender sein kann, je mehr Wirkpfade vorhanden sind, wobei es auch auf die Intensität des Wirkpfades ankommt. Dem konnte die Klägerseite nichts entgegensetzen.

Zu der Behauptung von Dr. P., dass GAM sei nur für das wiederholte Spielen gewalthaltiger Spiele gedacht, die Grundannahmen „wiederholt“ und „gewalthaltig“ seien hier jedoch nicht zu finden, hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dahingehend Stellung genommen, es sei nicht quantifizierbar, wie oft bzw. regelmäßig LaserTag gespielt werden müsse, damit die langfristigen Wirkmechanismen einsetzten. Er hat erläutert, dass jede einzelne Spielrunde einen Lernimpuls setzt. Je mehr man sich dem aussetzt, je öfter man also spielt, umso mehr werden - so der Sachverständige - die Lerneffekte gefestigt. Dies bedeutet aber, dass schon eine einzige Spielrunde zu langfristigen Lerneffekten führen kann.

Damit konnte die Klägerseite das Vorgehen des Sachverständigen, als Methode zur Beantwortung der Fragestellung, ob vom Spiel LaserTag eine aggressivitätssteigernde Wirkung ausgeht, das GAM heranzuziehen, nicht substantiiert in Frage stellen.

Hinsichtlich der Beurteilung der Gefährdung der psychischen Gesundheit auf der Grundlage der Angstproblematik hat sich der Sachverständige nachvollziehbar auf allgemeine psychologische Grundsätze und Überlegungen gestützt. Dies haben die Parteien nicht in Frage gestellt.

Der Sachverständige hat mit den Akten des Gerichts und der Beklagten sowie mit der Ortsbegehung alles Material zu Beantwortung der Beweisfragen herangezogen, das ihm zur Verfügung stand. Demgegenüber rügt die Klägerseite den aus ihrer Sicht zu kurzen Aufenthalt des Sachverständigen in der LaserTag-Arena Würzburg, ohne allerdings benennen zu können, welche zusätzlichen entscheidungserheblichen Erkenntnisse der Sachverständige bei einem längeren Aufenthalt hätte gewinnen können. Zu Unrecht rügt in diesem Zusammenhang Dr. P. für die Klägerseite, der Sachverständige habe es versäumt, Interviews mit Spielern durchzuführen; eine derartige Gewinnung von Material wäre allenfalls im Rahmen einer empirischen Untersuchung sinnvoll, die aber, wie oben ausgeführt, nicht durchzuführen war.

Der Sachverständige hat die Beweisfragen für das Gericht nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet.

Insbesondere hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass er im Rahmen der Beantwortung der Beweisfragen die beiden Bereiche „aggressivitätssteigernde Wirkung von LaserTag“ und „Gefährdung der psychischen Gesundheit“ (Angstproblematik) unabhängig voneinander geprüft hat. Er hat dargelegt, dass eine Prüfung von Wechselwirkungen beider Bereiche ohne empirische Daten problematisch ist. Damit gelangt der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis, dass unabhängig voneinander sowohl eine aggressivitätssteigernde Wirkung des Spiels als auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit vorliegt und beide Erkenntnisse gleichermaßen Grundlage für die Beantwortung der Beweisfragen waren.

Weiterhin hat er hinsichtlich der Frage nach dem Begriff der „Verstärkung“ im Rahmen der langfristigen Wirkmechanismen des GAM überzeugend dargelegt, dass dieser Begriff nicht darauf hinweist, dass schon eine Aggressivität vorhanden sein muss. Er hat ausgeführt, dass bestimmte aggressive Überzeugungen sowohl neu angelegt als auch verstärkt werden können. Der Begriff Verstärkung meint eine stärkere Ausbildung der bestimmten aggressiven Überzeugung.

Auf die Frage, wie oft ein Kind/ein Jugendlicher das Spiel LaserTag spielen muss, damit die langfristigen Wirkmechanismen greifen, hat der Sachverständige überzeugend erläutert, dass dies nicht quantifizierbar ist, sondern dass jede Spielrunde einen - auch langfristigen - Lernimpuls setzt und dass wiederholtes Spielen diese Lerneffekte festigt, ohne dies quantifizieren zu können. Hierfür wären langwierige und kostenaufwändige Längsschnittstudien erforderlich.

Die Klägerseite rügt, der Sachverständige habe den Einfluss der Distanzierung von Gewalt- und Kriegsbegrifflichkeiten beim Spiel LaserTag im Rahmen des Ergebnisses nicht hinreichend gewürdigt. Dies kann das Gericht nicht nachvollziehen. Es wird auf Ziffern 7.1 A1 und 7.2 B4 des Gutachtens Bezug genommen, insbesondere aber auch Ziffer 7.4 (am Ende) verwiesen, wo der Sachverständige ausdrücklich darauf hinweist, dass seine Beurteilung nur unter der Voraussetzung gilt, dass die bisherigen Rahmenbedingungen, zu denen beispielsweise auch die entmilitarisierte Sprache gehört, beibehalten werden.

Unbehelflich sind die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zu der Frage, ob der Gutachter die englischen Begriffe „You are hit“, „recharge“ und „base“ falsch verstanden hat; denn der Sachverständige legt Wert auf eine Beibehaltung der entmilitarisierten Sprache und berücksichtigt die genannten Begriffe nicht zulasten der Klägerseite bei der Beantwortung der Beweisfragen.

Zu Unrecht stellt der Klägerbevollmächtigte die Erkenntnis des Sachverständigen in Frage, der Phaser sei waffenähnlich. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung seine Erkenntnis nachvollziehbar erläutert und insbesondere darauf hingewiesen, dass zwischen der Nachbildung einer Waffe und der Waffenähnlichkeit unterschieden werden muss. Demgegenüber können die von der Klägerseite vorgebrachten Beispiele von Gegenständen, die dann auch „waffenähnlich“ wären (Diktiergerät, Handstaubsauger, Handfön, Bohrmaschine) nicht überzeugen.

Zu Recht und entgegen der Meinung der Klägerseite lässt der Sachverständige bei der Beantwortung der Beweisfragen den Einwurf außer Acht, dass deren Beantwortung im Sinne der Beklagtenseite zu Umsatzeinbußen der Klägerin und zum Verlust von Arbeitsplätzen führt. Dies hat mit der Tatsachenfrage, die der Sachverständige zu beantworten hatte, nichts zu tun.

Die von der Klägerseite gerügten „Zirkelschlüsse“ des Sachverständigen werden nicht im Einzelnen nachvollziehbar dargestellt, sondern als bloße Behauptung in den Raum gestellt.

Zu Unrecht rügt Dr. P. für die Klägerseite, hinsichtlich Spielabschluss und Auswertung gebe es keinen Zwischenbefund. Hierzu äußert sich der Sachverständige unter Ziffer 7.2, B1 des Gutachtens nachvollziehbar.

Die Rüge von Dr. P., der Sachverständige verkenne den „Waffeneffekt“ (vgl. Stellungnahme vom März 2016, Ziffer 2.6.1) nämlich den Effekt, dass Waffen mit Aggression assoziiert würden, geht aus Sicht des Gerichts ins Leere, insbesondere seine Vergleiche mit den Waffen aus den Sportarten Fechten oder Bogenschießen. Zudem ist sein Zweifel, ob der Waffeneffekt auch in der deutschen Kultur verankert sei, nicht weiter belegt und damit nicht nachvollziehbar.

Zu Unrecht rügt Dr. P., der Sachverständige ziehe den Schluss, dass eine psychophysiologische Erregung „automatisch zu konkret aggressivem Verhalten führen muss“. Diese Aussage ist im Gutachten nicht enthalten.

Weiterhin rügt Dr. P., der Sachverständige widerspreche sich im Rahmen der Beurteilung des Punktes „Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte“, indem er einerseits behaupte, LaserTag simuliere eine bewaffnete Gefechtssituation, die sich in ähnlicher Weise auch mit echten Waffen zutragen könnte und andererseits feststelle, aufgrund des hohen Abstraktionsgehaltes lägen keine Parallelen zu realen Schauplätzen vor, die der Alltagserfahrung von Kindern und Jugendlichen entsprächen. Demgegenüber legt der Sachverständige in seinem Gutachten ausführlich die Gründe für seine Beurteilung dar und weist insbesondere auf die Begrenzung der Lernerfahrungen durch die Verfremdungen hin. Damit und mit den entsprechenden Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung wird deutlich, dass auch das in einer verfremdeten Umgebung gelernte Verhalten im Rahmen einer Gefechtssituation zu einer Verstärkung aggressiver Verhaltensskripte führen kann.

Zu Recht führt Dr. P. im Rahmen seiner Stellungnahme zum affektiven Wirkpotenzial aus, dass die Aussage nicht generalisiert werden könne, die Spielatmosphäre beim Spiel LaserTag könne durchaus geeignet sein, bei jüngeren Kindern Angst zu erzeugen. Diese Aussage trifft der Sachverständige aber auch nicht. Demgegenüber begründet Dr. P. seine Empfehlung, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren nur mit Zustimmung der Eltern spielen zu lassen, als gegenüber dem Zutrittsverbot milderes Mittel nicht nachvollziehbar. Denn auch Eltern können nicht zuverlässig beurteilen, ob Kinder in der Spielsituation in einen Angstzustand geraten können oder nicht.

Zu Recht und für das Gericht nachvollziehbar differenziert der Sachverständige im Rahmen von Ziffer 7.4 seines Gutachtens zwischen den verschiedenen Altersgruppen. Die dabei zugrunde gelegten Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren einerseits und Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren andererseits decken sich mit den Ausführungen zu diesen Altersgruppen in Ziffer 3. der USK-Leitkriterien.

Nicht folgen kann das Gericht den Ausführungen der von der Klägerseite eingebrachten Äußerung von Dr. P. hinsichtlich der altersspezifischen Wirkhypothesen, die die Darlegungen des Sachverständigen mit dem Argument in Frage stellen wollen, jüngere Kinder seien nicht unbedingt für aggressive Reize sensibler als ältere Kinder. Diese Argumentation geht schon deswegen ins Leere, weil sie sich allein mit Kindern, also mit unter 14-Jährigen beschäftigt, während der Sachverständige seine Ausführungen entsprechend der Beweisfrage auf die Gruppe der 12- bis 15-jährigen bezieht, also auf (wohl im Sinne des Dr. P.) ältere Kinder und jüngere Jugendliche. Deshalb sind auch die weiteren Ausführungen von Dr. P. zu „jüngeren Kindern“ unbehelflich.

Auch dessen Ausführungen, lediglich ca. 7% der „Kinder im Alter unter 17 Jahren“ wiesen ernsthafte aggressive Störungen auf, sind zum einen nicht nachvollziehbar (die Kindeseigenschaft endet gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 JuSchG mit der Vollendung des 14. Lebensjahrs) und stellen zum anderen die Ausführungen des Sachverständigen nicht in Frage.

Auch die Ausführungen der Klägerseite zu den Chancen, die das Spiel LaserTag für Personen in der hier relevanten Entwicklungsphase für deren positive kognitive und soziale Entwicklung bietet, können das Gutachten des Sachverständigen nicht in Frage stellen. Zu der Frage, ob die Zusammenarbeit im Spiel-Team aus lernpsychologischer Sicht als prosoziale Haltung wirksam werden kann, hat sich der Sachverständige in Ziffer 7.2.1 seines Gutachtens nachvollziehbar geäußert.

Um das Gutachten des Sachverständigen zu erschüttern, legte die Klägerseite zudem das Ergebnis einer im Zeitraum vom 8. bis 15. März 2016 durchgeführten anonymen Online-Befragung von LaserTag-Spielern vor, an der insgesamt 108 Personen, hiervon 16 Personen im Alter von unter 16 Jahren und 13 Personen im Alter von 16 bis 17 Jahren teilgenommen haben. Die in der Umfrage gestellten Fragen beziehen sich auf die Feststellungen des Sachverständigen. Grundsätzlich mag eine Umfrage Teil einer notwendigerweise breit angelegten empirischen Studie sein; eine derartige Umfrage allein, die zudem aufgrund der geringen Anzahl der Teilnehmenden aus den relevanten Altersgruppen nicht repräsentativ sein kann, ist als Mittel zur Bewertung der hier relevanten Frage, ob durch die Teilnahme am Spiel LaserTag das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen gefährdet ist, schon vom Ansatz her nicht geeignet. Zudem hat der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass denjenigen Personen, die am Spiel LaserTag teilnehmen, die Wirkmechanismen nicht bewusst werden; das heißt, dass die vom Sachverständigen festgestellten Lerneffekte von den Spielenden nicht verbalisiert werden können. Schon deswegen ist eine Befragung wie die von der Klägerseite vorgelegte nicht einmal ansatzweise dafür geeignet, das Sachverständigengutachten in Frage zu stellen. Nicht nachvollziehbar sind im Übrigen auch einzelne Schlussfolgerungen von Dr. P. aus den Ergebnissen der Online-Befragung, wie z. B. diejenige, dass Personen unter 16 Jahren Spiele wie FIFA oder Mindcraft bevorzugen, damit keine Interesse an Gewaltspielen haben und deshalb auch nicht als Zielgruppe für das GAM infrage kommen.

Der abschließenden Bewertung in der Stellungnahme von Dr. P., das Gutachten des Sachverständigen argumentiere einseitig und lasse eine wissenschaftlich angebrachte Objektivität vermissen, kann das Gericht nicht folgen.

Im Rahmen der Bewertung des Gutachtens des gerichtlich bestellten Sachverständigen sind zudem die schon im Vorfeld der Beweiserhebung von den Parteien vorgelegten fachlichen Stellungnahmen in den Blick zu nehmen.

Die Klägerseite hat ein „Gutachten zu LaserTag als Sport- und Spielevent im Jugendalter“ vom 1. April 2014 der Professorin für Theorien, Konzepte und Methoden sozialer Arbeit, Dr. Huth-Hildebrandt von der Fachhochschule Frankfurt am Main, Bereich Sozialwissenschaften, vorgelegt. Dieses ist schon deshalb für die Beantwortung der Beweisfragen und damit auch für die Beurteilung des vom Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens nicht verwendbar, weil es sich dem Spiel LaserTag aus sozialpädagogischer Perspektive nähert (vgl. Gutachten vom 1.4.2014, S. 17, Fazit) und nicht, wie im vorliegenden Fall erforderlich, aus psychologischer Sicht. Verwendbare Ansätze von Antworten auf die vom Gericht gestellten Beweisfragen sind in dem Gutachten nicht enthalten.

Die Stellungnahme von Dr. P. vom 7. April 2014, die die Klägerseite vorgelegt hat, geht nicht über die Inhalte seiner Stellungnahme vom März 2016 hinaus, die bereits oben in die Entscheidungsfindung des Gerichts einbezogen worden ist.

Die von der Klägerseite vorgelegte Ausarbeitung „Einstieg: Machen Computerspiele gewalttätig?“ des Dipl.-Medienwissenschaftlers Dr. Thilo Hartmann vom 7. August 2007 bezieht sich ausschließlich auf gewalthaltige Computerspiele und ist deshalb für den vorliegenden Fall nur insoweit verwendbar, als es die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen zum GAM bestätigt.

Die von der Beklagtenseite vorgelegte „Stellungnahme zu potenziellen Auswirkungen von LaserGame auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen“ des Priv. Doz. Dr. Lenhardt von der Universität Würzburg, Lehrstuhl Psychologie IV vom 1. Januar 2014/13. Mai 2014 lässt nicht eindeutig erkennen, ob sie sich tatsächlich mit dem hier maßgeblichen Spiel LaserTag beschäftigt, da sie von „Lasergame“ spricht. Allerdings sind dieser Stellungnahme Ausführungen zum GAM zu entnehmen, die sich mit denjenigen des gerichtlich bestellten Sachverständigen decken.

Auf der Grundlage dieser Erwägungen gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass das vom Gericht in Auftrag gegebenen Gutachten des Sachverständigen, wie oben im Einzelnen ausgeführt, die Fragestellungen des Gerichts richtig aufgreift, die richtige Methode zur Beantwortung der Fragen wählt, sämtliche zur Verfügung stehenden Materialien und Erkenntnismittel hinsichtlich des konkreten Falls berücksichtigt und die Fragen des Gerichts nachvollziehbar, in sich schlüssig und frei von Widersprüchen beantwortet. Es ist dazu geeignet, dem Gericht den notwendigen Sachverstand hinsichtlich der Tatsachenfrage, ob von dem Spiel LaserTag eine Gefahr für das körperliche, geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, zu vermitteln. Gleiches gilt für die Tatsachenfrage, ob für Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren diese Gefahr nur dann ausgeschlossen werden kann, wenn vor der Teilnahme am Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung seitens der Klägerin durchgeführt werden. Deshalb macht sich das Gericht das Gutachten zu Eigen.

Auf Basis dieses Gutachtens gelangt das Gericht zu der Erkenntnis, dass von dem in der LaserTag-Arena Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefahr für das geistige und seelische Wohl sowohl von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren als auch von Jugendlichen im Alter von 16 und 17 Jahren ausgeht. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG vor.

Auf dieser Grundlage hatte die Beklagte das ihr von § 7 Satz 1 und Satz 2 JuSchG eröffnete Ermessen auszuüben. Soweit die Beklagte damit ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht nach § 114 Satz 1 VwGO, ob der Bescheid vom 31. März 2014 deshalb rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

Die von der Behörde zu treffende Entscheidung umfasst sowohl die Frage, ob sie handeln will (Entschließungsermessen) als auch die Frage, wie sie handeln will (Auswahlermessen). Dabei hat sie ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (Art. 40 BayVwVfG). Ein Ermessensfehler liegt zunächst dann vor, wenn die Behörde überhaupt kein Ermessen ausgeübt hat (so genannter Ermessensausfall), wenn sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat (so genannte Ermessensüberschreitung) oder wenn sie die Bandbreite ihrer Handlungsmöglichkeiten unterschätzt, also irrtümlich bestimmte Anordnungen für unzulässig gehalten hat (Ermessensunterschreitung). Ein Ermessensfehler liegt zudem dann vor, wenn die Behörde nicht alle nach Lage des Falles betroffenen Belange in ihre Ermessensentscheidung eingestellt, sie ihre Entscheidung also auf einer unzureichenden Tatsachengrundlage getroffen hat und schließlich wenn von dem durch die Befugnisnorm eingeräumten Ermessen nicht in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist, die Behörde sich also von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen oder ein Belang willkürlich falsch gewichtet (so genannter Ermessensfehlgebrauch) worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 14 ff.; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 114 Rn. 114a ff.; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 114 Rn. 16 ff.).

Ob die Ermessensausübung im Einzelfall pflichtgemäß oder fehlerhaft erfolgte, lässt sich nur anhand der nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG erforderlichen Begründung ermitteln (Kopp/Schenke, a. a. O., § 114 Rn. 14 ff.; Decker in Posser/Wolff, VwGO, Kommentar, 2. Aufl. 2014 § 114 Rn. 10 m. w. N.). Eine bezüglich der Ermessenausübung fehlende oder unzureichende Begründung indiziert einen Ermessensnicht- oder Fehlgebrauch, sofern sich nicht aus den Umständen anderes ergibt. Fehlt in einer gegebenen Begründung ein wesentlicher Gesichtspunkt, so spricht dies für die Annahme, dass dieser Punkt auch tatsächlich übersehen wurde (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 23).

Ist eine Ermessensausübung im angefochtenen Bescheid vorhanden, ist sie allerdings defizitär, kann die Verwaltungsbehörde gemäß § 114 Satz 2 VwGO ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen. Voraussetzung für ein derartiges Nachschieben von Ermessenserwägungen im Gerichtsverfahren ist, dass die nachgeschobene Erwägung Umstände berücksichtigt, die bereits bei Bescheiderlass vorlagen, dass die nachgeschobene Erwägung den Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert und dass durch die Berücksichtigung der nachgeschobenen Erwägung im Prozess die Rechtsverteidigung des Betroffenen nicht beeinträchtigt wird (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 89 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall sind im Bescheid vom 31. März 2014 hinsichtlich der Entscheidung in Ziffer 1., wonach der Zutritt von Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen - auch in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen - untersagt wird, Ermessenserwägungen vorhanden. Insbesondere führt die Beklagte aus, das Spiel biete Gelegenheit zu destruktivem oder gewalttätigem Verhalten, die Hindernisse und Versteckmöglichkeiten erweckten den Eindruck eines simulierten Nahkampfs, durch körperliche Anstrengung werde eine intensivere Wahrnehmung und ein intensiveres Spielerleben erzeugt, das eine Abstraktion erschwere. Der Gegner werde als Mensch erkannt. Das Jugendschutzgesetz habe die Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor Gefährdungen, die mit Auswirkungen auf die Gewaltbereitschaft einzelner oder jugendlicher Gruppen einhergingen, zu schützen. Deshalb werde eine Teilnahme am Lasergame von Jugendlichen unter 16 Jahren für nicht zulässig erachtet. Aus dem Entscheidungstenor wird deutlich, dass die Beklagte als milderes Mittel den Zutritt von Personen unter 16 Jahren in Begleitung durch Personensorgeberechtigte bzw. erziehungsbeauftragte Personen geprüft und verworfen hat und zwischen unter 16-jährigen Personen einerseits und 16- bis 17-jährigen Personen andererseits differenziert hat. Im Klageverfahren vertieft die Beklagte im Rahmen des § 114 Satz 2 VwGO ihr diesbezügliches Vorbringen und trägt zudem vor, ohne eine entsprechende Anordnung lasse sich die Möglichkeit des Aufenthalts von Kindern und Jugendlichen in der LaserTag-Arena nicht verhindern. Wirtschaftliche Überlegungen der Klägerin könnten nicht über den Gedanken des Schutzgutes des Jugendschutzgesetzes gestellt werden.

Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides vom 31. März 2014, also hinsichtlich der Untersagung des Zutritts für Personen unter 16 Jahren zu den Betriebsräumen, hat die Beklagte damit ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt. Sie hat sich mit nachvollziehbaren Argumenten für ein Tätigwerden entschieden. Weiterhin ist nicht erkennbar, dass eine Ermessenüberschreitung vorliegt, dass also die verhängte Rechtsfolge, das Zutrittsverbot zur LaserTag-Arena, von § 7 Satz 1 JuSchG nicht gedeckt wäre (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Denn § 7 Satz 1 JuSchG eröffnet die Rechtsfolge, den betroffenen Kindern und Jugendlichen die Anwesenheit nicht zu gestatten. Dies ist der Sache nach dem Verbot des Zutritts zu den Betriebsräumen inhaltsgleich. Auch eine Ermessensunterschreitung liegt nicht vor (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 16). Zudem ist ein Ermessenfehlgebrauch nicht erkennbar. In diesem Rahmen ist auch der Schutzzweck des Jugendschutzgesetzes zu berücksichtigen, insbesondere der Kontext des § 7 JuSchG zu den anderen Jugendschutzregelungen; die Ermessensausübung hat sich in diesem Rahmen zu bewegen (vgl. VG Bayreuth, B. v. 11.7.2014 - B 3 S 14.443 - juris Rn. 21 ff.). In dieser Hinsicht ergibt sich etwa aus § 4, § 5 und § 9 JuSchG eine besondere Schutzbedürftigkeit von Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren. Ab dem Alter von 16 Jahren nimmt der Gesetzgeber den Schutzgedanken zugunsten einer Selbstbestimmung der Jugendlichen deutlich zurück. Auf dieser Grundlage hat die Beklagte alles in ihre Ermessenserwägungen eingestellt, was nach Lage der Dinge einzustellen war, und sie hat es sachgerecht gewichtet und abgewogen. Insbesondere ist erkennbar, dass sie auch wirtschaftliche Überlegungen zugunsten der Klägerin berücksichtigt, aber hintangestellt hat. Demgegenüber sind weder sachfremde Gesichtspunkte berücksichtigt noch einzustellende Belange falsch gewichtet worden. Auch wird deutlich, dass die Beklagte auf der Grundlage von § 7 Satz 2 JuSchG erwogen hat, ein milderes Mittel als ein Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren anzuwenden, welches die Gefährdung für deren geistiges oder seelisches Wohl ausschließt oder wesentlich mindert. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass die Beklagte zwischen den beiden Altersgruppen differenziert, sich also im Rahmen des Schutzzwecks des Jugendschutzgesetzes zum Schutz der Altersgruppe der unter 16-Jährigen im Gegensatz zu der Altersgruppe der 16- bis 17-Jährigen für ein Zutrittsverbot entscheidet; zum anderen ergibt sich dies auch daraus, dass die Beklagte in Ziffer 1. des Bescheidtenors auch das mildere Mittel eines Zutritts unter Begleitung von Personensorgeberechtigten bzw. erziehungsbeauftragten Personen anspricht, aber ausschließt.

Hat aber die Beklagte auf der Grundlage der Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 JuSchG, dass vom Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Kindern und Jugendlichen ausgeht, ihr Ermessen ordnungsgemäß dahingehend ausgeübt, Kindern und Jugendlichen unter 16 Jahren den Zutritt zu den Betriebsräumen zu untersagen, ist diese Entscheidung und im Zusammenhang damit auch Ziffer 3. des Bescheides, soweit sie sich auf 1. bezieht (vgl. hierzu § 3 Abs. 1 JuSchG), rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Demgegenüber ergibt sich, dass hinsichtlich Ziffer 2. des angegriffenen Bescheides - also hinsichtlich der Bestimmung, dass für 16- und 17-jährige Jugendliche vor dem Spiel eine persönliche Einweisung und nach dem Spiel eine persönliche Auswertung durchzuführen ist - schon aus dem Bescheid selbst, dass keinerlei Ermessenserwägungen vorhanden sind. In der Begründung des Bescheides finden sich keine Ausführungen hierzu. Damit liegt ein Ermessensnichtgebrauch vor; die Beklagte hat verkannt, dass sie überhaupt ein Ermessen hat (vgl. Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Auch aus dem Gesamtzusammenhang ergibt sich nicht, dass und welche Ermessenserwägungen sie eingestellt haben könnte (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18). Da die Beklagte jedoch bei der Anwendung der Vorschrift des § 7 JuSchG zur Ausübung ihres Ermessens nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, handelt sie grundsätzlich rechtswidrig, wenn sie dies verkennt (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 17). Damit kommt auch eine diesbezügliche Ergänzung von Ermessenserwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO im Gerichtsverfahren nicht in Betracht, zumal die Beklagte in ihrem gerichtlichen Vorbringen auch keine Erwägungen zu dieser Problematik angestellt hat.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz liegt nur dann vor und von einem Ermessensnichtgebrauch ist dann nicht auszugehen, wenn ein nach dem Gesetz von sich aus bestehender Ermessenspielraum im Einzelfall ausnahmsweise auf Null reduziert ist (Rennert, a. a. O., § 114 Rn. 18 m. w. N.; Decker in Posser/Wolff, § 114 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null liegt dann vor, wenn angesichts der besonderen Umstände des zu entscheidenden konkreten Falls überhaupt nur eine einzige Entscheidung ermessensfehlerfrei sein könnte (Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 114 Rn. 6 m. w. N.). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null ist im vorliegenden Fall jedoch nicht anzunehmen. Es ist für das Gericht nicht erkennbar, das unter Zugrundelegung der Rahmenbedingungen des Spiels LaserTag und insbesondere der allgemeinen Einweisung aller Spieler vor dem Spiel mittels Video und mittels allgemein gültiger Hinweise der Aufsichtsperson (vgl. hierzu auch die Beschreibung in Ziffer 6.2.7 des Sachverständigengutachtens) sowie der allgemeinen Auswertung auf dem Bildschirm im Eingangsbereich (vgl. Beschreibung in Ziffer 6.2.9 des Sachverständigengutachtens) eine darüber hinausgehende „persönliche Einweisung“ und „persönliche Auswertung“, also eine auf den einzelnen Spieler individuell zugeschnittene und ausschließlich für diesen vorgenommene Einweisung und Auswertung (gleich welchen Inhalts, der im angegriffenen Bescheid nicht näher festgelegt ist) die einzige in Frage kommende Methode wäre, um die vom Spiel LaserTag für das geistige oder seelische Wohl von 16- und 17-Jährigen ausgehende Gefahr i. S. v. § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mindern; zudem ist nicht erkennbar, dass diese Methode zwingend anstelle des gemäß § 7 Satz 1 JuSchG anwendbaren Zutrittsverbots angewendet werden müsste. Dies ergibt sich daraus, dass der vom Gericht bestellte Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar aufgezeigt hat, dass unter Beibehaltung der derzeitigen Rahmenbedingungen mit allgemeiner Einweisung und Auswertung auch eine allgemeine Erläuterung der Möglichkeiten, „ohne Gesichtsverlust“ während des Spieles „auszusteigen“ (also die „Normalisierung des Spielabbruchs“) in Verbindung mit einem Verbot, mit Alkoholeinwirkung am Spiel teilzunehmen, eine realistische Möglichkeit ist, für 16- und 17-Jährige die Gefahr für deren geistiges oder seelisches Wohl gemäß § 7 Satz 2 JuSchG auszuschließen oder wesentlich zu mildern.

Da somit hinsichtlich Ziffer 2. des Bescheides zwar die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Satz 1 JuSchG, nämlich dass vom in Würzburg angebotenen Spiel LaserTag eine Gefährdung für das geistige oder seelische Wohl von Jugendlichen im Alter von 16 bis 17 Jahren ausgeht, gegeben sind, die Beklagte jedoch in dem angefochtenen Bescheid keinerlei Ermessenserwägungen hinsichtlich ihres hierauf bezogenen Handelns erkennen lässt und damit ermessenfehlerhaft gehandelt hat, erweist sich der Bescheid hinsichtlich seiner Ziffer 2. und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht (§ 3 Abs. 1 JuSchG), als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Aus alledem ergibt sich, dass die Ziffer 2. des Bescheides vom 31. März 2014 (Anordnung einer persönlichen Einweisung vor dem Spiel und einer persönlichen Auswertung nach dem Spiel für Jugendliche im Alter von 16 bis 17 Jahren) und dessen Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 2. bezieht, aufzuheben war. Hinsichtlich Ziffer 1. des Bescheides (Zutrittsverbot für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren) und hinsichtlich Ziffer 3., soweit sie sich auf Ziffer 1. bezieht, war die Klage abzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antragsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg,

Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder

Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg,

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.