Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Juni 2018 - 2 K 1089/18.TR

bei uns veröffentlicht am18.06.2018

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom ... 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... 2018 wird in Höhe von ... EUR aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 V. H. des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein niedergelassener Facharzt ..., der der Beklagten aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit als Pflichtmitglied angehört, wendet sich gegen den Beitragsbescheid der Beklagten für das Jahr 2017.

2

Die Beklagte übersandte dem Kläger unter dem ... 2017 ein als „Veranlagungsbescheid - Ärztekammerbeitrag 2017" bezeichnetes Schreiben. Der Kläger wurde aufgefordert, den zu zahlenden Jahresbeitrag nach der dem Schreiben beigefügten Beitragstabelle zu § 2 Abs. 2 der Beitragsordnung der Bezirksärztekammer Trier selbst zu ermitteln. Zusammen mit einer Einstufungserklärung sollte zudem gegenüber der Beklagten bis zum ... 2017 ein Nachweis über den Gewinn aus ärztlicher Tätigkeit für das Jahr 2015 erbracht werden.

3

Unter dem ... 2017 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, dass er nach seinen erzielten Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit im Jahr 2015 unter die Beitragsgruppe ... der Beitragstabelle falle. Der zu entrichtende Kammerbeitrag betrage für das Jahr 2017 somit ... EUR. Zugleich bat er um die Zusendung eines rechtsmittelfähigen Beitragsbescheides. Die Beklagte antwortete darauf, dass die entsprechend der Beitragsordnung erfolgte Einstufung als Beitragsbescheid gelte. Das Schreiben, mit dem der Kläger um einen rechtsmittelfähigen Bescheid gebeten habe, werde von ihr als Widerspruch gegen die Einstufung nach Stufe ... der Beitragstabelle verstanden.

4

Unter dem ... 2017 begründete der Kläger seinen Widerspruch. Er führte im Wesentlichen aus, dass die Beklagte rechtswidrig Vermögen gebildet habe und damit gegen staatliches Haushaltsrecht sowie das Kostendeckungsprinzip verstoßen habe. Bedenken habe er insbesondere hinsichtlich der Ausgleichsrücklage und der Betriebsmittelrücklage, die die Beklagte gebildet habe. Zum 31. Dezember 2015 habe die Ausgleichsrücklage ... EUR betragen. Bezogen auf das Jahr 2017 liege sie bei rund 25 v. H. der geplanten Aufwendungen. Er bestreite nicht die Zulässigkeit der Bildung solcher Rücklagen, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei die Dotierung aber nur in jährlicher Anwendung des Gebotes der Schätzgenauigkeit zulässig. Dabei sei auf die Erfahrungen der Vorjahre zurückzugreifen. Eine Risikoabschätzung durch die Vertreterversammlung habe nicht einmal ansatzweise stattgefunden. Darüber hinaus werde die Beklagte auch nicht ernsthaft darlegen können, dass für das Jahr 2017 das Risiko eines Beitragseinbruchs in dieser Höhe bestanden habe. Die Ausgleichsrücklage sei der Höhe nach offenkundig überdotiert. Die Vermögenswerte, die in der Betriebsmittelrücklage aufgegangen seien, seien vollständig als freies Vermögen zu betrachten. Sie seien von der Vertreterversammlung erstmals zum 31. Dezember 2016 zu einer Betriebsmittelrücklage umbenannt worden. Vor der Entscheidung über den Jahresabschluss 2016 habe es keine nachvollziehbare Zweckbindung für diese Mittel gegeben. Eine zweckfreie Ansammlung von Vermögen sei jedoch unzulässig.

5

Unter dem ... 2018 wies der Vorstand der Beklagten den Widerspruch gegen den Beitragsbescheid vom ... 2017 zurück. Die Beklagte habe weder unverhältnismäßige Rücklagen vorgehalten, noch habe sie rechtswidrige Vermögensbildung betrieben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtsprechung, die sich auf die Beitragsanfechtungen gegenüber Industrie- und Handelskammern nach dem IHK-Gesetz beziehe, nicht ohne weiteres auf die Anfechtung der Beitragsveranlagung einer Ärztekammer übertragen werden könne, weil das Heilberufsgesetz des Landes Rheinland-Pfalz keine Rechtsgrundlage kenne, wie sie das Recht der Industrie- und Handelskammern in § 3 Abs. 2 und 7 a IHK-Gesetz vorsehe. Der Kläger verkenne, dass nur eine unvertretbare oder unverhältnismäßige Rücklagenbildung rechtswidrig sei. Die Bildung angemessener Rücklagen, die zu einer geordneten Haushaltsführung gehörten, sei zulässig. Die Kammer besitze bei der Aufstellung des Haushaltsplanes einen weiten Gestaltungsspielraum. Das Gebot der Haushaltswahrheit gehöre zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechtes, die zu befolgen seien, dieses sei jedoch nicht bereits dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweisen sollte. Prognosen müssten aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen. Der Haushaltsplan für das Jahr 2017 sei von der Vertreterversammlung der Bezirksärztekammer Trier am ... 2016 beschlossen worden. Damals habe der Jahresabschluss für das Jahr 2016 noch nicht vorgelegen. Das Jahresergebnis 2015 habe eine Ausgleichsrücklage i. H. v. ... EUR vorgesehen. Richtigerweise betrage der Anteil der Ausgleichsrücklage bei den im Haushaltsansatz geplanten Aufwendungen von ... EUR nur 23,36 v. H.. Für den Haushaltsplan 2017 sei auch eine Entnahme aus der Ausgleichsrücklage i. H. v. ... EUR beabsichtigt gewesen. Dieser Betrag sei bei der Bewertung der Ausgleichsrücklage mindernd zu berücksichtigen, da er zum Ausgleich des für das Haushaltsjahr geplanten negativen Betriebsergebnisses eingeplant worden sei und somit im entsprechenden Haushaltsjahr nicht mehr für Zwecke der Ausgleichsrücklage vorgesehen sein könne. Es ergebe sich ein deutlich niedrigerer Betrag, der bei der Ausgleichsrücklage zu berücksichtigen sei, nämlich ein Betrag i. H. v. ... EUR. Dies entspreche bei den gesamten für das Jahr 2017 geplanten Aufwendungen einem Anteil von nur noch 6,41 v. H.. Bei einer Ausgleichsrücklage in Höhe von bis zu 30 v. H. der Aufwendungen spreche jedenfalls die Vermutung dafür, dass eine Ausgleichsrücklage in dieser Höhe angemessen sei, um in dem Haushaltsjahr eine ordnungsgemäße Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten zu gewährleisten und Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen. Eine Umstellung der Rücklagen sei tatsächlich im November 2017 erfolgt. Die Betriebsmittelrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten und sei sachgerecht. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmenverzögerungen oder Einnahmeausfällen stelle einen zulässigen sachlichen Zweck dar. Bei dem geplanten Aufwandsvolumen von ... Euro für das Jahr 2017 seien monatliche Aufwendungen von ca. ... EUR zu erwarten, was eine Betriebsmittelrücklage von ... EUR für einen Zeitraum von fünf Monaten rechtfertige.

6

Der Kläger hat am 8. Februar 2018 Klage erhoben. Zur Begründung führt er unter Vertiefung seines bisherigen Vortrages im Wesentlichen aus, dass hinsichtlich der Ausgleichsrücklage und der Betriebsmittelrücklage ein vollständiger Ermessensausfall bei der Dotierung der Rücklagenbildung zu erkennen sei. Die „überzogene" Eigenkapitalposition, die zum 31. Dezember 2016 gemeinsam mit anderen Vermögenspositionen zur Betriebsmittelrücklage geworden sei, finde sich in der Bilanz des Jahres 2015. Nach § 16 Abs. 1 des Heilberufsgesetzes Rheinland-Pfalz sei auch die Beklagte an das Kostendeckungsprinzip gebunden. Damit sei ihr eine Beitragserhebung nicht nur dann versagt, wenn ihr sonstige Einnahmen zur Verfügung stünden. Das Bundesverwaltungsgericht habe eine Verbindung zwischen der Rücklagenbildung und der Beachtung des Kostendeckungsprinzips hergestellt. Auch Ärztekammern müssten das Gebot der Haushaltswahrheit, insbesondere das Gebot der Schätzgenauigkeit, berücksichtigen. Im Zusammenhang mit den zweckgebundenen Rücklagen fehle sowohl im Hinblick auf den Grund als auch die Höhe der Rücklagendotierung jegliche Abwägung. Die Summe aller Rücklagen (Schwankungsreserve) zum Zeitpunkt der Beschlussfassung habe insgesamt ... EUR und mithin 77,64 v. H. des vorgesehenen Jahresaufwandes betragen. Selbst unter Berücksichtigung der mit dem Haushaltsplan vorgesehenen Entnahmen i. H. v. ... EUR verbleibe als Planungshorizont für das Jahr 2017 eine Schwankungsreserve von ... EUR (60,68 v. H. des vorgesehenen Jahresaufwandes). Weder aus dem Haushaltsplan, den die Vertreterversammlung beschlossen habe, noch aus dem Protokoll ergebe sich eine vorgesehene Entnahme i. H. v. ... EUR zulasten der Ausgleichsrücklage. Es sei der Beklagten zwar zuzustimmen, dass der Dotierung der Betriebsmittelrücklage für den vorliegenden Rechtstreit formal keine Bedeutung zukomme, weil die Bildung dieser Rücklage erst nach der Aufstellung des streitgegenständlichen Haushaltsplanes beschlossen worden sei. Von Bedeutung sei gleichwohl, dass die Umwidmung der Rücklage „Vermögen" den Vortrag des Klägers belege, wonach hier, bezogen auf das Jahr 2017, eine zweckfreie und mithin unzulässige Rücklage bestanden habe. Aus der schwammigen und unzulässigen „Schwankungsreserve" sei nun eine dem Grunde nach zulässige Betriebsmittelrücklage gebildet worden.

7

Der Kläger beantragt,

8

den Bescheid der Beklagten vom ... 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom ... 2018 in Höhe von ... EUR aufzuheben.

9

Die Beklagte beantragt,

10

die Klage abzuweisen.

11

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass § 16 Abs. 1 des Heilberufsgesetzes Rheinland-Pfalz vorsehe, dass die Kammern, die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen durch Beiträge der Kammermitglieder zu beschaffen hätten, soweit sonstige Einnahmen nicht zur Verfügung stünden. Die Beiträge würden nach Maßgabe der Beitragsordnung erhoben. Es handle sich hierbei um ein einstufiges Verfahren. Weitere Einschränkungen, insbesondere dahingehend, dass die Kosten nicht anderweitig gedeckt sein dürften, sehe diese Vorschrift nicht vor. Ihr stehe aufgrund ihrer Satzungsautonomie bei der Ausgestaltung der Beitragsordnung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Daher müsse sich die gerichtliche Überprüfung der Beitragsordnung darauf beschränken, festzustellen, ob der Satzungsgeber die äußeren Grenzen seines Gestaltungsspielraums eingehalte habe. Dies sei nur dann nicht der Fall, wenn bei der Bemessung der Mitgliedsbeiträge gegen das Äquivalenzprinzip oder den Gleichheitssatz verstoßen worden sei. Solche Verstöße seien hier jedoch nicht ersichtlich. Die Vertreterversammlung der Beklagten habe sich in der Sitzung vom ... 2016 mit dem Jahresabschluss 2015 beschäftigt. In diesem Zusammenhang sei angekündigt worden, dass mit dem Jahresabschluss zum 31. Dezember 2016 eine Umschichtung der Rücklagen und die Einführung einer Betriebsmittelrücklage geplant seien. Unter Vorlage der Auszüge der Niederschriften der Vertreterversammlung der Beklagten vom ... 2017 sowie vom ... 2016 erklärte die Beklagte, dass sie davon ausgehe, dass sich die Vertreterversammlung ausführlich mit der Dotierung der Rücklagen befasst habe. Aus dem Power-Point-Vortrag des Geschäftsführers der Beklagten folge, dass die Vertreterversammlung hinreichend über tatsächliche Anhaltspunkte informiert worden sei. Soweit der Kläger alle zweckgebundenen Rücklagen zusammenfasse, sei sein Vortrag zurückzuweisen, da er verspätet sei.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die Verwaltungsvorgänge, die der Kammer Vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

I.

13

Die Klage ist zulässig und begründet.

14

1. Die Anfechtungsklage ist gem. § 42 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthaft. Grundsätzlich folgt die Beitragspflicht der Mitglieder der Beklagten zwar bereits aus den Vorschriften der Beitragsordnung der Bezirksärztekammer Trier i. d. F. der Änderung vom 25. November 2015 (im Folgenden: Beitragsordnung), sodass zweifelhaft ist, ob dem Schreiben der Beklagten vom 13. Februar 2017, durch das der Kläger lediglich aufgefordert worden ist, der Beklagten eine Einstufungserklärung sowie einen Nachweis über seine Einkünfte für das Jahr 2017 zu übersenden, bzw. dem vom Kläger an die Beklagte zurückgesandten Vordruck, der zwar gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 der Beitragsordnung als Beitragsbescheid gilt, in dem er sich jedoch selbst einer entsprechenden Beitragsstufe zuordnet, überhaupt eine eigenständige Regelungswirkung im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes - VwVfG - zukommt. Die Beklagte hat jedoch das Schreiben des Klägers vom 4. April 2017, dem seine Einstufungserklärung beigefügt gewesen ist und mit dem er um Übersendung eines rechtsmittelfähigen Beitragsbescheides gebeten hat, als Widerspruch des Klägers gegen die Einstufung nach Stufe 40 der Tabelle zur Beitragsordnung verstanden und diesbezüglich den Widerspruchsbescheid erlassen, in dem sie gegenüber dem Kläger festgestellt hat, dass sein Beitrag nach Stufe 40 zu bemessen sei. Damit wurde die Beitragspflicht für das Jahr 2017 verbindlich geregelt. Eine Anfechtbarkeit des „Beitragsbescheides“ vom 13. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2018 ergibt sich jedenfalls auch, weil der Bescheid äußerlich in der Gestalt eines Verwaltungsaktes ergangen ist und damit den Rechtsschein eines Verwaltungsaktes begründet (vgl. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. Juli 2017 - 9 S 1253/17 -, juris - m. w. N., Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Urteil vom 07. Juli 1999 - 2 L 264/98 -, juris Rn. 21, Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 16. Aufl. 2015, § 35 VwVfG, Rn. 3a; a. A. Eyermann/Happ, VwGO, Kommentar, 13. Auflage 2010, § 42 VwGO Rn. 4). Vorliegend folgt insbesondere aus der Bezeichnung der Schreiben als „Veranlagungsbescheid“ bzw. als „Widerspruchsbescheid“ sowie der Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung und Zustellung des Widerspruchsbescheides, dass die Schreiben als Verwaltungsakte erscheinen.

15

2. Der Bescheid der Beklagten vom 13. Februar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2018 ist nicht rechtmäßig und verletzt den Kläger in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

a. Rechtsgrundlage für die Erhebung des Beitrages für das Jahr 2017 sind die § 16 Abs. 1 Satz 1 Heilberufsgesetz Rheinland-Pfalz vom 19. Dezember 2014 - HeilBG i. V. m. §§ 1 bis 5 der Beitragsordnung. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 HeilBG haben die Kammern die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen durch Beiträge der Kammermitglieder zu beschaffen, soweit sonstige Einnahmen nicht zur Verfügung stehen. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 2 HeilBG werden die Beiträge nach Maßgabe der Beitragsordnung (§ 15 Abs. 4 Nr. 2 HeilBG) erhoben. Der Kläger ist als Mitglied der Beklagten beitragspflichtig, der Bescheid entspricht den Vorgaben der Beitragsordnung.

17

b. In formeller Hinsicht sind zwar keine Einwände gegen die Beitragsordnung vorgetragen oder sonst ersichtlich. Sie ist jedoch in materieller Hinsicht zu beanstanden.

18

aa. Der Beklagten steht beim Erlass der Beitragsordnung ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ihr obliegt jedoch die Einhaltung des rechtlichen Rahmens, der insbesondere aus den spezialgesetzlichen Vorgaben und Satzungsbestimmungen sowie den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts besteht. Diesbezüglich unterliegt die Beitragsordnung der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, die im Anfechtungsprozess gegen einen Beitragsbescheid inzident zu erfolgen hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 10 C 6/15 -, juris Rnrn. 13 und 16; VG Bayreuth, Urteil vom 13. Dezember 2017 - B 4 16.446 -, juris Rn. 34).

19

Spezialgesetzliche Vorgaben ergeben sich vorliegend insbesondere aus § 16 Abs. 1 Satz 1 HeilBG, wonach die Kammern die zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen durch Beiträge der Kammermitglieder beschaffen, soweit sonstige Einnahmen nicht zur Verfügung stehen. Hieraus folgt, dass die Einnahmen der Beklagten nicht der Bildung von Vermögen dienen dürfen (vgl. zu § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45/87 -, juris Rn. 20). Das grundsätzliche Verbot der Vermögensbildung schließt dabei die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. Rücklagen müssen hiernach von sachgerechten und vertretbaren Anhaltspunkten getragen sein und dürfen nicht willkürlich erfolgen. Diese Gefahr besteht bei zweckgebundenen Rücklagen nicht in gleicher Weise wie bei einer allgemeinen Rücklage. Rücklagen dienen dazu, zukünftigen Finanzierungs- und Handlungsbedarf abzusichern, sie sind für eine geordnete Haushaltführung erforderlich (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O, Rn. 17).

20

Zudem und „unabhängig davon" sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts zu beachten (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 16). Hiernach sind insbesondere das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 1989 - 1 B 109/89-, juris; BVerwG, Urteil vom 10. September 1974 - I C 48.70 -, DÖV 1975, 647; VG Bayreuth, Urteil vom 13. Dezember 2017 a.a.O., Rn. 34; VG Würzburg, Urteil vom 11. Dezember 2017 - W 7 K 17.295 -, juris Rn. 14).

21

Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts, die von der Beklagten zu berücksichtigen sind, zählt auch das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante, also im Nachhinein, sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 -, juris, 2. Leitsatz; BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 16). Es ist nicht ersichtlich, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Anwendbarkeit des staatlichen Haushaltsrechts im Rahmen des Beitragsanfechtungsstreits auf einen bestimmten Bereich des Kammerrechts beschränkt ist (so aber VG Würzburg, Urteil vom 11. Dezember 2017, a.a.O., Rn. 13f.). Vielmehr folgt aus der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dass allgemeinen Vorgaben des Haushaltsrechts zusätzlich und „unabhängig von" den spezialgesetzlichen Vorschriften Geltung finden (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 16; vgl. auch VG Bayreuth, Urteil vom 13. Dezember 2017, a.a.O., Rn. 34) und somit auch von der Beklagten, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, einzuhalten sind.

22

bb. Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze, insbesondere der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, ist im vorliegenden Fall die Rücklagenbildung der Beklagten im Haushaltsjahr 2017 rechtlich zu beanstanden. Die Beklagte hat insoweit den ihr im Bereich des beschriebenen Rechtsrahmens zukommenden weiten Beurteilungsspielraum überschritten, insbesondere wurden für das maßgebliche Jahr Rücklagen ohne hinreichende und klare Bindung an einen sachlichen Zweck ausgewiesen bzw. gebildet.

23

Anhaltspunkte dafür, dass die Beitragsordnung der Beklagten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz und der hieraus folgenden Verpflichtung der Beklagten, ihre Kosten möglichst gleichmäßig und gerecht auf die Kammerangehörigen zu verteilen, bzw. gegen das Äquivalenzprinzip und die hieraus folgende Verpflichtung der Beklagten, dass Kammerbeiträge ihrer Höhe nach in keinem Missverhältnis zu dem Wert der Mitgliedschaft bei einem ärztlichen Berufsverband stehen dürfen, verstoßen haben könnte, sind zwar weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Beklagte hat vorliegend jedoch im Ansatz Vermögen ausgewiesen bzw. gebildet. Die finanzielle Struktur der Beklagten wies in dem maßgeblichen Jahr rechtlich zu beanstandende Unzulänglichkeiten auf, weil es bei einem Teil der Beträge an der erforderlichen Zuordnung zu einem hinreichend konkreten sachlichen Zweck fehlte.

24

Hinsichtlich der Rücklagen für das Wirtschaftsjahr 2017 war die Dotierung zum 31. Dezember 2015 maßgeblich, weil zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Haushalt 2017 das Jahresergebnis 2016 und eine eventuell relevante Veränderung der Rücklage(n) nicht bekannt waren.

25

Die Ausweisung bzw. Bildung nicht zweckgebundenen Vermögens folgt zunächst aus der Tatsache, dass die Beklagte über Jahre hinweg eine Vermögensposition „Kapital/Vermögen" ohne erkennbare Zweckbindung vorhielt, die in ihrer Höhe in den vergangenen Jahren immer unverändert geblieben ist. Eine eigenständige Bedeutung dieser Vermögensposition folgt zunächst aus der Bilanz zum ... 2015, in der unter dem Titel „Eigenkapital“ zwischen dem „Kapital" i. H. v. ... EUR einerseits und den „zweckgebundenen Rücklagen“ andererseits in Höhe von ... EUR differenziert wird. Diese Differenzierung erfolgte seitens der Beklagten jedoch nicht nur auf semantischer Ebene. Vielmehr lässt sich der Kapitalentwicklung der jeweiligen Positionen in den letzten Jahren entnehmen, dass das sogenannte „Kapital“ über die Jahre gleichgeblieben ist, während die Höhe der zweckgebundenen Rücklagen einer Entwicklung unterlag. Dies wird unter Berücksichtigung der Bilanz zum ... 2015 deutlich, der zu entnehmen ist, dass die Position „Kapital“ sowohl für das Jahr 2015 als auch für das Vorjahr unverändert geblieben ist, während der Wert für die zweckgebundenen Rücklagen von ... EUR im Vorjahr auf ... EUR gefallen ist. Auch der Tabelle der Beklagten, die die Entwicklung der Rücklagen von 2011 bis 2016 darstellt (Bl. ... der Verwaltungsakte), ist zu entnehmen, dass das Kapital in den Jahren 2011 bis 2015 unverändert geblieben ist, während die Höhe der anderen Rücklagen einer Veränderung unterlag. Dieser Befund wird auch durch die Grafik der Beklagten zur Entwicklung der Rücklagen bestätigt (Bl. ... der Gerichtsakte), auf der das Vermögen jahrelang in der gleichen Höhe ausgewiesen ist. Hinzu kommt, dass für das sogenannte „Kapital“, anders als für die anderen Rücklagen (Ausgleichsrücklage, MFH/AH-Ausbildung, Ersatzbeschaffung/Einrichtung, Renovierung Büro, Software/EDV), keine Zweckbindung erkennbar ist. Die Beklagte hat den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum bezüglich Art und Höhe einer eventuell möglichen Rücklage offensichtlich nicht hinreichend ausgeübt. So ist bei dieser Vermögensposition - anders als bei den anderen Rücklagen, bei denen der Zweck zumindest der Bezeichnung der jeweiligen Rücklage entnommen werden kann - nicht einmal der Bezeichnung nach eine Zweckbindung zu entnehmen. Vielmehr spricht die Bezeichnung als „Kapital“ bzw. „Vermögen“ gegen eine konkrete Zweckbindung. Auch der Niederschrift der Vertreterversammlung vom ... 2016 kann keine Zweckbestimmung entnommen werden. Eine erkennbare Zweckbindung hat diese Position erst durch die spätere Bildung der sogenannten „Betriebsmittelrücklage“ erfahren, die in der Vertreterversammlung vom ... 2016 angesprochen und in der Vertreterversammlung vom ... 2017 beschlossen worden ist. Erst für die Zukunft wurde für diese Position gemeinsam mit anderen Buchungsgrößen der Zweck bestimmt, die Arbeit der Ärztekammer und die Zahlungsverpflichtungen der ersten vier bis fünf Monate des Jahres abzusichern.

26

Eine unklare Vermögenswirtschaft seitens der Beklagten liegt auch insofern vor, als der Zweck der von der Beklagten gebildeten Rücklagen letztlich nicht (mehr) klar definiert ist. Die Beklagte ist entsprechend der obengenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Bildung angemessener Rücklagen an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit gebunden. Zunächst ergibt sich der Zweck der Rücklagen hier aus ihren jeweiligen Bezeichnungen. Allerdings ist die konkrete Zweckbindung der jeweiligen Rücklagen nicht mehr nachvollziehbar, nachdem die Beklagte diese zusammengefasst und gemeinsam mit der Vermögensposition als „Schwankungsreserve“ bezeichnet hat. Dies ergibt sich aus der Tabelle in der Niederschrift der Vertreterversammlung vom ... 2016. Die Schwankungsreserve hingegen soll nach der Zweckbestimmung, die sie durch die Beklagte erhalten hat, zur Finanzierung der Kammer in den ersten vier bis fünf Monaten eines Jahres dienen. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt für sich genommen zwar einen sachlichen Zweck dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 18). Insofern ist hier jedoch nicht mehr nachvollziehbar, wie beispielsweise die Ausgleichsreserve, die nach den Ausführungen der Beklagten grundsätzlich dazu dient, den Jahresfehlbetrag auszugleichen, letztlich zu verwenden ist. Soweit die Vertreter der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung insofern erklärten, dass das Prinzip der Schwankungsreserve über die Jahre gleich gewesen sei und der Idee eines „Rechenmodelles“ entspreche, lässt dies keine hinreichende Zweckbestimmung der - aus mehreren einzelnen Positionen gebildeten - Schwankungsreserve erkennen. Den Grundsätzen der Haushaltswahrheit und -klarheit wird damit nicht hinreichend Rechnung getragen.

27

Die sogenannte „Schwankungsreserve“ und die Ausgleichsreserve wurden auch im Ansatz in problematischer Höhe gebildet. Auch das Maß der Rücklagen muss von ihrem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Beklagte eine überhöhte Rücklage nicht bilden durfte, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen musste. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen (so BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O, Rn. 18). Dabei besteht diese grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten, die aus den allgemeinen Grundsätzen des Haushaltsrechts herzuleiten ist, obgleich sie nicht spezialgesetzlich festgeschrieben worden ist (Urteile der erkennenden Kammer vom 22. Februar 2018 -2 K 5521/17.TR und 2 K 9372/17.TR-, dort zu den Beiträgen zur Industrie- und Handelskammer; a.A. VG Bayreuth, Urteil vom 13. Dezember 2017, a.a.O.).

28

Die Beklagte hat die Schwankungsreserve nicht klar nach ihren eigenen Vorgaben in Höhe von 40 v. H. des Haushaltsvolumens beziffert, ohne hierfür einen nachvollziehbaren Grund benannt zu haben. Die Beklagte hat den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum hinsichtlich des Maßes der Rücklage dergestalt ausgeübt, dass sie im Rahmen der Vertreterversammlung vom ... 2016 festgehalten hat, dass diese in Höhe von 40 v. H. des Haushaltsvolumens zur Finanzierung der Beklagten in den ersten vier bis fünf Monaten des Jahres bestehen solle. Diese - eigene - Vorgabe wurde jedoch nicht hinreichend klar eingehalten. Die aus mehreren Positionen gebildete Schwankungsreserve beträgt für das Jahr 2016 rechnerisch insgesamt ... EUR (vgl. Bl. ... der Gerichtsakte), was im Verhältnis zu den vorgesehenen Gesamtausgaben in Höhe von ... EUR etwa 77,64 v. H. entspricht. Die Vertreter der Beklagten haben auf Befragen im Rahmen der mündlichen Verhandlung keine ausreichenden Gründe dafür aufgezeigt, die eine Schwankungsreserve in dieser Höhe rechtfertigen. Hinzu kommt, dass ohnehin nicht ersichtlich ist, dass es in der Vergangenheit zu (Total-) Ausfällen in den ersten Monaten des jeweiligen Jahres gekommen ist, die die Bildung einer Schwankungsreserve in dieser Höhe tragen könnten. Die Vertreter der Beklagten haben von solchen Entwicklungen in der Vergangenheit, auch auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung, nicht berichtet, sondern vielmehr darauf verwiesen, dass es sich eben um ein „Rechenmodell“ handele. Im Lichte des Grundsatzes der Schätzgenauigkeit hätten die beschlossene und die als „Rechenmodell“ ausgewiesene Rücklagenhöhe jedoch nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es aufgrund konkreter Anhaltspunkte hierfür im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen in vergleichbarer Höhe kommen könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O., Rn. 19 f. - zur IHK; vgl. hierzu auch OVG LSA, Urteil vom 20. September 2012 - 1 L 136/11 -, juris Rn. 74 - zu Handwerkskammern). Eine diesbezügliche tatsachenbasierte Prognose wurde von der Beklagten nicht angestellt.

29

Auch der Vortrag der Beklagten hinsichtlich der geplanten Entnahme in Höhe von ... EUR aus der Betriebsmittelrücklage (Bl. ... der Gerichtsakte) führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Schwankungsreserve betrüge für das maßgebliche Jahr auch dann noch über 50 v. H. der geplanten Aufwendungen.

30

Bedenken bestehen vor diesem Hintergrund auch hinsichtlich der angemessenen Höhe der Ausgleichsreserve i. H. v. von ... EUR. Zwar mag eine Ausgleichsreserve i. H. v. 30 v. H. grundsätzlich als angemessen gelten. Doch muss die Höhe vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts immer wieder dem prognostizierten Bedarf entsprechend angepasst werden. Im Hinblick auf den Grundsatz der Schätzgenauigkeit hat die Beklagte dies hier vorliegend nicht hinreichend getan, zumindest ist die Höhe der Ausgleichsrücklage vor dem Hintergrund ihrer Prognose für das Jahr 2017 im Ansatz überhöht. Die Ausgleichsrücklage dient nach der Zweckbestimmung der Beklagten zum Ausgleich des Jahresfehlbetrages (vgl. Niederschrift vom 14. Dezember 2016, S. 2). Die Beklagte hat jedoch im Dezember 2016 angenommen, dass der Fehlbetrag im Jahr 2017 geringer sein werde als im Jahr 2016, in dem er (lediglich) ... EUR betragen hat (vgl. Niederschrift vom ... 2016, S. 4).

31

Nach alledem standen der Beklagten in der Zeit bis zum 31. Dezember 2017 rechtlich nicht hinreichend gebundene Mittel zur Verfügung. Danach eingetretene Veränderungen können hier nicht berücksichtigt werden.

III.

32

Der Bescheid der Beklagten war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO aufzuheben.

IV.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

V.

34

Gründe im Sinne des § 124 a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO, die Berufung zuzulassen, liegen nicht vor.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Juni 2018 - 2 K 1089/18.TR

Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Juni 2018 - 2 K 1089/18.TR

Referenzen - Gesetze

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 35 Begriff des Verwaltungsaktes


Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemein

Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG | § 3


(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts. (2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Juni 2018 - 2 K 1089/18.TR zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).

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Tatbestand 1 Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 20. Sept. 2012 - 1 L 136/11

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Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zum Handwerkskammerbeitrag für das Jahr 2010. Zwischen den Beteiligten ist vor allem streitig, ob die durch die Beklagte vorgenommene Bildung von Rücklagen dem Grunde und der Höhe n
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Trier Urteil, 18. Juni 2018 - 2 K 1089/18.TR.

Verwaltungsgericht Hamburg Urteil, 13. Nov. 2018 - 17 K 1035/18

bei uns veröffentlicht am 13.11.2018

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwe

Referenzen

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen seine Veranlagung zum Kammerbeitrag 2017.

Der Kläger ist seit 16. April 1999 Mitglied des Ärztlichen Kreisverbandes Aschaffenburg-Untermain. Mit Schreiben der Beklagten vom 19. Januar 2017 wurde der Kläger um Mitteilung seiner Einkünfte aus ärztlicher Arbeit des Jahres 2015 gebeten. Auf Grundlage der vom Kläger angegebenen Summe (91.477,00 EUR) wurde er mit Bescheid vom 21. Februar 2017 zu einem Kammerbeitrag für das Jahr 2017 in Höhe von 347,00 EUR herangezogen.

Mit Schreiben vom 20. März 2017, bei Gericht eingegangen am selben Tag, erhob der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg und beantragte,

den Bescheid der Beklagten vom 21. Februar 2017 aufzuheben.

Zur Begründung wurde insbesondere auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2015 (Az.: 10 C 6.15) verwiesen, wonach eine pauschale Festlegung von Rücklagen ohne konkrete jährliche Risikoabschätzung unzulässig sei. Rücklagen, die in dieser Form gebildet würden, seien als anderweitige Mittel vor einer Beitragsveranlagung dem Haushalt zuzuführen. Im Rahmen des Beitragsrechts unterliege der Haushaltsplan einer inzidenten Prüfung durch die Verwaltungsgerichte. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seiner Entscheidung als zwingende Voraussetzung für eine rechtskonforme Rücklagenbildung das Gebot der Schätzgenauigkeit genannt. Bei überhöhten Rücklagen unter Missachtung des Gebots der Schätzgenauigkeit sei der Bescheid aufzuheben. So verhalte es sich im Falle des Klägers. Die Beklagte habe auf Anfrage mitgeteilt, dass eine Aufschlüsselung des Reinvermögens nicht möglich sei. Daraus lasse sich nur der Schluss ziehen, dass es sich um eine zweckfreie und damit unzulässige Anhäufung von Vermögen handele. Des Weiteren erweise sich die Aufstellung des Haushalts der Beklagten auch hinsichtlich der Beiträge zur Bundesärztekammer als rechtswidrig. Aufgrund mangelnder Transparenz bei der Bundesärztekammer habe der Kläger keinen Zugriff auf die Jahresrechnungen. Die Beklagte sei aber an die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts, insbesondere an das Kostendeckungsprinzip, gebunden. Soweit also die Haushaltsplanung der Beklagten zu einer Beitragsveranlagung des Klägers an die Beklagte führe, deren Weiterleitung in Teilen an die Bundesärztekammer dazu diene, dort Vermögen zu schaffen oder zu schonen, erweise sich eine solche Haushaltsplanung als rechtswidrig. Das undifferenzierte Reinvermögen bei der Beklagten stelle einen deutlichen und substantiellen Hinweis auf eine rechtswidrige Vermögensbildung dar. Zudem wiesen die massiven Erträge bei der Bundesärztekammer ebenfalls auf ein erhebliches aus Mitgliedsbeiträgen aufgebautes rechtswidriges Vermögen hin.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, die Beklagte sei aufgrund von Art. 15 Abs. 2. Heilberufekammergesetz (HKaG) berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von allen Mitgliedern der ärztlichen Kreisverbände Beiträge zu erheben. Die Höhe des Beitrags beruhe auf den Angaben des Klägers. Die von ihm zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beziehe sich ausschließlich auf die Haushaltsführung der Industrie- und Handelskammern, wofür der Gesetzgeber mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) eine ausdrückliche Gesetzesgrundlage vorgesehen habe. Eine derartige Rechtsgrundlage existiere im HKaG gerade nicht. Vor diesem Hintergrund könne die Haushaltsführung der Beklagten auch keiner verwaltungsgerichtlichen Prüfung unterzogen werden, sondern es obliege der Vollversammlung der Beklagten als satzungsgebendes Organ, die Haushaltsplanung der Beklagten auf dem Bayerischen Ärztetag zu prüfen und zu genehmigen. Die erforderlichen Beschlüsse seien auf dem 75. Bayerischen Ärztetag 2016 ordnungsgemäß erfolgt. Die Haushaltsplanung für das Jahr 2015 sei auf dem 73. Bayerischen Ärztetag 2014 rechtmäßig beschlossen worden. Auch die Beiträge zur Bundesärztekammer seien durch die Vollversammlung der Beklagten geprüft und genehmigt worden und würden in den öffentlich zugänglichen Informationen zu den Jahresabschlüssen nach dem 76. Bayerischen Ärztetag 2017 transparent gemacht. Weiterhin habe der Kläger jederzeit die Möglichkeit, sich auf der Homepage der Beklagten über die jeweiligen Jahresabschlüsse der Vergangenheit zu informieren. Dort würden sowohl die Gewinn- und Verlustrechnung als auch die Jahresbilanzen veröffentlicht. Aus den auf der Homepage veröffentlichten Daten und den vergangenen Jahresabschlüssen von 2004 bis 2015 sei zu erkennen, dass die zweckgebundenen Rücklagen in keinem Fall an der vom Bundesverwaltungsgericht geforderten 50%-Grenze lägen, so dass in keinem Fall von einem Verstoß gegen das Gebot der Schätzgenauigkeit auszugehen sei. Gerade in den Jahren 2014 und 2015 hätten die zweckgebundenen Rücklagen aufgrund der finanziellen Situation der Beklagten bei unter 4% gelegen; eine unzulässige Vermögensbildung liege deswegen nicht vor.

Mit Schreiben vom 11. Mai 2017 wies der Kläger noch auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. März 2016 (Az.: 10 C 4.15) hin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte verwiesen. Wegen des Verlaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Niederschrift vom 11. Dezember 2017 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Beitragsbescheid der Beklagten vom 21. Februar 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 15 Abs. 2 des Gesetzes über die Berufsausübung, die Berufsvertretungen und die Berufsgerichtsbarkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker sowie der Psychologischen Psychotherapeuten und der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (Heilberufe-Kammergesetz – HKaG) ist die Bayerische Landesärztekammer berechtigt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von allen Mitgliedern der ärztlichen Kreisverbände Beiträge zu erheben, deren Höhe in einer Beitragsordnung festgesetzt wird. Die Beitragserhebung beim Kläger erfolgte aufgrund der Beitragsordnung der Bayerischen Landesärztekammer in der Fassung der Änderungsbeschlüsse vom 25. Oktober 2014 (Bayerisches Ärzteblatt 12/2014, S. 698). Einwendungen gegen die formelle Rechtmäßigkeit dieser Beitragsordnung wurden vom Kläger nicht geltend gemacht. Er wendet sich auch nicht gegen die Beitragsbemessung anhand seiner ärztlichen Einkünfte sowie die Berechnung der Beitragshöhe an sich. Ebenso wenig wird die Zwangsmitgliedschaft des Klägers im ärztlichen Kreisverband angegriffen. Vielmehr ist die Argumentation des Klägers dahin gehend zu verstehen, dass die Beitragserhebung seitens der Beklagten unterbleiben bzw. wesentlich geringer ausfallen müsse, da die Beklagte selbst über ausreichend finanzielle Mittel verfüge (z.B. in Form von Rücklagen oder Sacheinlagen), die eine Beitragserhebung rechtswidrig machten.

Eine solche rechtswidrige Beitragserhebung liegt jedoch nach Überzeugung der Kammer nicht vor. Zum einen kann die vom Kläger angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Haushaltsführung der Industrie- und Handelskammern nicht herangezogen werden, da die einschlägigen Rechtsgrundlagen (s.u.) sich hinsichtlich ihrer Voraussetzungen und der vorgegebenen Verfahrensschritte wesentlich unterscheiden, so dass nicht von einer Vergleichbarkeit ausgegangen werden kann. Wie das Bundesverwaltungsgericht in der vom Kläger als maßgeblich zitierten Entscheidung vom 9. Dezember 2015 (Az.:10 C 6.15) ausführt, handelt es sich bei der Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammern um ein zweistufiges Verfahren. Gemäß § 3 Absatz 2 Satz 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammerngesetz – IHKG) werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplans (Wirtschaftsplans) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer daher den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf, der für ein Haushaltsjahr gilt und im Voraus aufzustellen ist; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dann dieser voraussichtliche Bedarf gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt. Dem gegenüber sieht Art. 15 Abs. 2 HKaG lediglich die Beitragserhebung zur Erfüllung der Aufgaben der Landesärztekammer vor, wobei die Höhe (allein) in einer Beitragsordnung festgesetzt wird; es handelt sich somit um ein einstufiges Verfahren. Weitere Einschränkungen, insbesondere dahingehend, dass die Kosten nicht anderweitig gedeckt sein dürfen, sieht diese Vorschrift gerade nicht vor. Zudem ist anders als in § 3 Abs. 2 IHKG auch nicht das Verfahren der vorherigen Aufstellung eines Haushaltsplans in jedem Jahr vorgesehen, so dass auch nicht der jährliche (Neu-)Erlass der Beitragsordnung erforderlich ist. Die Art der Beitragserhebung ist daher nicht vergleichbar, so dass auch eine Übertragbarkeit der genannten Rechtsprechung von vornherein ausscheidet.

Da das Heilberufekammergesetz keine näheren Vorgaben für die Bemessung von Kammerbeiträgen vorsieht, steht der Beklagten aufgrund ihrer Satzungsautonomie bei der Ausgestaltung ihrer Beitragsordnung ein weiter Gestaltungsspielraum zu, so dass sich die gerichtliche Überprüfung der Beitragsordnung darauf beschränken muss, festzustellen, ob der Satzungsgeber die äußersten Grenzen seines Gestaltungsspielraumes verlassen hat. Dies ist (nur) dann der Fall, wenn er bei der Bemessung der Mitgliedsbeiträge, die der Abgeltung eines besonderen Vorteils, nämlich des sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Nutzens, dienen, gegen das Äquivalenzprinzip oder den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen hat. Hingegen ist nicht zu überprüfen, ob die Beklagte die in jeder Hinsicht zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 15.6.2010 – 8 LC 102/08 m.w.N.). Genau auf solche Aspekte stützt sich jedoch die Argumentation der Klägerseite.

Die Kammer hatte daher nicht der Frage nachzugehen, ob die einzelnen von der Klägerseite genannten Posten, die - sofern sie in den nach Oktober 2014 gültigen Haushaltsplänen aufgeführt sind, für die hier einschlägige Beitragsordnung (siehe oben) sowieso ohne Belang sind - eine andere Beitragsgestaltung ermöglichen würden. Wie und ob sich diese auf die Beitragshöhe auswirken würden, blieb nach der klägerischen Argumentation ohnehin unklar. Ob und in welcher Höhe die Beklagte beispielsweise Rücklagen bildet, liegt in ihrem Ermessen. Sachfremde Erwägungen konnte die Kammer in diesem Zusammenhang nicht feststellen, ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankommt.

Wie bereits dargestellt, ist allein maßgeblich, ob Verstöße gegen den Gleichheitssatz oder das Äquivalenzprinzip vorliegen. Verstöße gegen den Gleichheitssatz sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Es liegt jedoch auch kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip vor. Dieses fordert, dass die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil steht, den sie abgelten soll, und dass einzelne Mitglieder im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig hoch belastet werden dürfen. Nicht erforderlich ist hingegen, dass der Beitrag einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil ausgleicht, der sich bei dem Kammermitglied messbar niederschlägt. Dies kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Kammern in erster Linie die Gesamtbelange ihrer Mitglieder zu wahren haben und sich diese Tätigkeit regelmäßig nur mittelbar bei dem einzelnen Mitglied auswirken kann. Der durch die Tätigkeit einer Kammer für Heilberufe vermittelte Nutzen kann nicht konkret festgestellt und bemessen, sondern weitgehend nur vermutet werden (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O.; BVerwG, U.v. 26.1.1993 – 1 C 33.89 - u. v. 10.9.1974 – 1 C 48.70). Eine übermäßig hohe Belastung des Klägers gegenüber anderen Mitgliedern wurde nicht geltend gemacht. Ebenso wenig ist ein Missverhältnis der Höhe der Beträge zum Nutzen der Kammertätigkeit festzustellen. Der Einwand des Klägers, der Beitrag zur Landesärztekammer sei im Vergleich zum Beitrag für seinen Sportverein unverhältnismäßig, ist unsubstantiiert. Die Beklagtenvertreter haben in der mündlichen Verhandlung exemplarisch dargelegt, welche Aufgaben die Landesärztekammer wahrnimmt, z.B. insbesondere die Fort- und Weiterbildung ihrer Mitglieder. Ob hingegen einzelne Posten in den Haushaltsplänen der Beklagten anderweitig eingesetzt werden könnten, ist eine Frage der zweckmäßigsten Lösung, die nicht Gegenstand der Überprüfung ist (siehe oben). Worin darüber hinaus ein Missverhältnis zwischen Beitragshöhe und „Leistungen“ der Landesärztekammer bestehen könnte, wurde von der Klägerseite nicht dargelegt und ist schon angesichts der Höhe des Jahresbeitrages des Klägers (347,00 EUR) im Verhältnis zu seinen ärztlichen Einkünften (91.477,00 EUR) nicht ersichtlich.

Unabhängig von der Frage der Beitragserhebung haben nach der Rechtsprechung das Bundesverwaltungsgerichts Mitglieder öffentlich-rechtlicher Zwangsverbände, worunter auch die berufsständischen Kammern fallen, einen Anspruch gegenüber dem Verband auf Einhaltung der Grenzen, die seinem Tätigwerden durch die gesetzlich normierten Aufgabenstellung gezogen sind (BVerwG, U.v.24.9.1981 – 5 C 53/79 m.w.N.). Hierzu gehört auch der mitgliedschaftsrechtliche Anspruch darauf, dass die aus den Beitragsleistungen der Mitglieder aufgebrachten Haushaltsmittel nicht für verbandsfremde Zwecke verwendet werden dürfen. Ein Verstoß gegen diesen Anspruch ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich. Insbesondere ist es der Bayerischen Landesärztekammer auch gestattet, aus den Beitragseinnahmen Rücklagen zu bilden; allein maßgeblich ist es, ob diese zweckfremd verwendet werden oder nicht. Die Beklagtenseite hat in der mündliche Verhandlung erläutert, wofür die von der Beklagtenseite angesprochenen zweckgebundenen Rücklagen verwendet werden, so z.B. für die Delegiertenwahl oder den Unterhalt des Ärztehauses Bayern. Es wurde erläutert, dass andere Rücklagen aufgebraucht wurden; auch wurde begründet, weswegen im Jahr 2016 erstmals eine Zuführung zur Betriebsmittelrücklage eingeführt worden sei. Anhaltspunkte für eine zweckfremde Verwendung der Mittel ergeben sich daraus nicht, ebenso wenig aus der Höhe der Aufwandsentschädigungen für den Präsidenten und zwei Vizepräsidenten im Haushaltsplan 2017. Diese ist für die einschlägige Beitragsordnung (s.o.) ohnehin ohne Belang. Auch aus der Tatsache, dass von der Bundesärztekammer keine Verwendungsnachweise für die von den Landesärztekammern abgeführten Mittel übermittelt werden, sondern eine Kontrolle durch die Mitglieder der Landesverbände in den Delegiertenversammlungen erfolgt, ergibt sich nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragsverwendungen, da nichts dafür ersichtlich ist, dass eine aufgabenfremde Verwendung der Mittel stattgefunden hat. Eine solche wurde letztendlich auch von der Klägerseite nicht vorgetragen.

Nach Überzeugung der Kammer liegen daher weder im Rahmen der Beitragserhebung noch der Beitragsverwendung Fehler vor, die zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen würden.

Die Klage war daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2017 wird in Höhe von ... EUR aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v. H. des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, wenn nicht der andere Beteiligte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Kammerbeiträgen für die Jahre 2014 und 2016.

2

Mit Bescheid vom 12. Februar 2016 setze die Beklagte gegenüber der Klägerin für das Jahr 2014 auf der Bemessungsgrundlage des Gewerbeertrages 2014 einen Beitrag in Höhe von ... EUR (davon ... EUR Grundbeitrag und ... EUR Umlagebeitrag) sowie für das Jahr 2016 im Wege der vorläufigen Veranlagung einen Beitrag in Höhe von ... EUR (davon ... EUR Grundbeitrag und ... EUR Umlagebeitrag) fest.

3

Die Festsetzung für das Jahr 2014 beruht auf der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2014, die die Vollversammlung der Beklagten am 9. Dezember 2013 beschlossen hat.

4

Die Beklagte wirtschaftet nach den Grundsätzen der Doppik. Zum Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz (1. Januar 2006) bestand eine Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR. Seit dem Jahresabschluss 2006 bis zum Jahresabschluss 2012, der für die Wirtschaftsplanung 2014 maßgeblich war, belief sich die Ausgleichsrücklage auf ... EUR. Eine Liquiditätsrücklage war erstmals in Höhe von ... EUR im Jahresabschluss 2007 ausgewiesen. Durch Zuführungen im Geschäftsjahr 2008 bestand diese seit dem Jahresabschluss 2009 bis zum Jahresabschluss 2011 in Höhe von ... EUR unverändert fort. Nach weiteren Zuführungen belief sich die Liquiditätsrücklage im hierfür maßgeblichen Jahresabschluss 2012 auf ... EUR. Zudem war im Jahresabschluss 2012 erstmals eine Darlehensrücklage in Höhe von ... EUR ausgewiesen. Im Wirtschaftsplan 2013 wurde die Ausgleichsrücklage auf ... EUR erhöht. Die Darlehensrücklage wurde durch Zuführung des Gewinns des Jahres 2012 in Höhe von ... EUR auf ... EUR aufgestockt. Ausweislich des Jahresabschlusses 2013 bestand die Liquiditätsrücklage in unveränderter Höhe fort. Unter Berücksichtigung der zum Jahresabschluss 2013 geplanten bzw. vorhandenen Rücklagen war für das Wirtschaftsjahr 2014 eine Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR - ca. 38,49 v. H. der geplanten Aufwendungen - vorgesehen. Die Nettoposition bestand seit der Eröffnungsbilanz bis zum Jahresabschluss 2015 in Höhe von ... 2 Mio. EUR unverändert fort.

5

Die vorläufige Festsetzung des Beitrages für das Jahr 2016 beruht auf der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016, die die Vollversammlung der Beklagten am 3. Dezember 2015 beschlossen hat.

6

Im hierfür maßgeblichen Jahresabschluss 2014 wurden eine Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR, eine Liquiditätsrücklage in unveränderter Höhe (Betrag) sowie eine Darlehensrücklage in Höhe von ... EUR ausgewiesen. Ausweislich des Jahresabschlusses 2015 bestand auch für dieses Wirtschaftsjahr die Darlehensrücklage in unveränderter Höhe fort. Die Ausgleichsrücklage wurde durch Entnahme des negativen Jahresergebnisses 2014 in Höhe von - ... EUR auf ... EUR sowie die Liquiditätsrücklage durch die geplante Rücklagenveränderung nach dem Wirtschaftsplan 2015 in Höhe von ... EUR auf ... EUR im Jahr 2015 reduziert. Unter Berücksichtigung der im Jahresabschluss 2015 geplanten bzw. vorhandenen Rücklagen und nach Abzug der laut Wirtschaftsplan 2016 geplanten Rücklagenentnahmen in Höhe von ... EUR aus der Ausgleichsrücklage sowie der Umbuchung der Liquiditätsrücklage in Höhe von ... EUR in die Ausgleichsrücklage war somit für das Jahr 2016 eine Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR - ca. 26,99 v. H. der geplanten Aufwendungen - vorgesehen. Nach dem beschlossenen Eigenkapitalstrukturprinzip sollte die Nettoposition durch Zuführungen aus der Darlehensrücklage sowie aus der verbliebenden Liquiditätsrücklage auf ... EUR erhöht werden.

7

Die Klägerin legte gegen den Beitragsbescheid vom 12. Februar 2016 fristgerecht Widerspruch ein und machte insbesondere geltend, dass eine pauschale Festlegung von Rücklagen ohne konkrete jährliche Risikoabschätzung unzulässig sei. Rücklagen, die in dieser Form gebildet worden seien, seien als anderweitige Mittel vor einer Beitragsveranlagung dem Haushalt zuzuführen.

8

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin sei als kammerzugehörige Gewerbetreibende zur Entrichtung des Beitrages verpflichtet und die Beiträge seien sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtmäßig. Die ordnungsgemäße Rücklagenbildung sei zuletzt durch Urteil des Verwaltungsgerichtes Trier vom Mai 2015 (6 K 1553/14.TR) bestätigt worden. Sie, die Beklagte, erstelle ihre Wirtschaftspläne unter strenger Beachtung des Gebotes der Schätzgenauigkeit, so dass Rücklagen nur in angemessenem Umfang gebildet worden seien.

9

Hiergegen hat die Klägerin am 24. April 2017 Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass die Beklagte nur insoweit Beiträge erheben dürfe, als ihr anderweitige Mittel nicht zur Verfügung stünden. Zwingende Voraussetzung für eine rechtskonforme Rücklagenbildung sei dabei die Beachtung des Gebots der Schätzgenauigkeit, welches die Beklagte vorliegend missachtet habe. Ihr sei eine Rücklagenbildung nur dann erlaubt, wenn hinsichtlich des Zwecks, der Angemessenheit und dem Zeitpunkt der Inanspruchnahme eine hinreichende Konkretisierung vorliege. In den Positionen Ausgleichrücklage (1), andere Rücklagen (2) und Anhebung der Nettoposition (3) habe die Beklagte zweckfreies Vermögen angesammelt bzw. geschont, welches vor einer Beitragsveranlagung dem Haushalt zuzuführen gewesen sei. Darüber hinaus läge auch ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip sowie den Gleichheitsgrundsatz vor (4).

10

(1) Die Dotierung der Ausgleichsrücklage sei rechtswidrig. Aus den Ausführungen und den vorgelegten Unterlagen der Beklagten werde deutlich, dass diese das Gebot der Schätzgenauigkeit missachtet habe. Weder für das Jahr 2014 noch für das Jahr 2016 habe sie eine ordnungsgemäße Risikoabschätzung aus ex ante- Sicht vorgenommen. Die Protokolle über die Beschlussfassung der Wirtschaftspläne für die Jahre 2014 und 2016 zeigten, dass eine Risikoabschätzung nicht stattgefunden habe. Diesen seien lediglich Erläuterungen zu einzelnen Haushaltspositionen zu entnehmen, was jedoch keine Risikoprognose darstelle, weshalb bereits ein formaler Verstoß vorliege.

11

Die Festsetzung der jeweiligen Ausgleichsrücklage sei zudem auch der Höhe nach unangemessen und zur gesetzlichen Aufgabenerfüllung nicht notwendig. Die Beklagte könne sich nicht rechtfertigend auf den im eigenen Finanzstatut vorgesehenen Korridor zur Rücklagenbildung berufen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass es selbst bei der Beschlussfassung über einen solchen Korridor des Nachweises bedürfe, dass die Beklagte das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet habe. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich jedoch, dass bei der Beschlussfassung über die Finanzstatuten am 6. Juli 2005 sowie am 22. August 2013 eine Risikoeinschätzung nicht stattgefunden habe.

12

Auch das Vorbringen der Beklagten zeige, dass sie eine Bewertung der Rücklagendotierung im Wege einer nachträglichen Betrachtung von Sachverhalten vorgenommen habe. Die Ausgleichsrücklage sei für das Jahr 2014 mit ... EUR geplant gewesen, was 38,49 v. H. der geplanten Aufwendungen entspreche. Die Erhöhung der Rücklage im Vorjahr, die sich hier niederschlage, um einen Betrag in Höhe von ... EUR sei rechtfertigungsbedürftig, denn es sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte in den Folgejahren die Ausgleichsrücklage erheblich reduziert habe. Das stelle die frühere Planung durchgreifend in Frage. Auch im Jahr 2016 sei die Ausgleichsrücklage deutlich überdotiert gewesen. Für das Jahr 2016 ergebe sich eine Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR, was immerhin 31,91 v. H. der geplanten Aufwendungen entspreche.

13

Gegen eine Festsetzung unter Beachtung des Gebots der Schätzgenauigkeit spreche, dass die Ausgleichsrücklage von 2010 bis 2014 in gleicher Höhe gebildet worden sei. Im Jahr 2015 habe die Beklagte jedoch die Ausgleichsrücklage deutlich abgesenkt. Hieraus werde deutlich, dass zuvor offenkundig eine Überdotierung vorgelegen habe, die nun teilweise abgebaut werde. Somit erweise sich bereits im Vergleich der beiden streitgegenständlichen Jahre die Festsetzung der Ausgleichrücklage im Jahr 2014 als überhöht. Auch der weitere Rückgang der festgesetzten Ausgleichsrücklage für die Jahre 2017 und 2018 zeige, dass eine Überdotierung für die streitgegenständlichen Wirtschaftsjahre vorgelegen habe. Die Beklagte habe eine solche Schwankung der Rücklage im Vergleich mehrerer Wirtschaftsjahre zu rechtfertigen.

14

Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass andere Industrie- und Handelskammern seit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Dezember 2015 die Höhe der Ausgleichsrücklage erheblich reduziert hätten.

15

(2) Es bestünden auch hinsichtlich der anderen Rücklagen Bedenken. Im Jahresabschluss 2012 seien andere Rücklagen in Höhe von ... EUR ausgewiesen. Die Beklagte habe diese Rücklagenposition innerhalb des Jahres 2012 durch Zuführung des ungeplanten Gewinns des Jahres 2011 in Höhe von ... EUR angehoben und damit mehr als verdoppelt. Ungeplante Gewinne seien jedoch i.d.R. an die Mitglieder zu erstatten oder aber dem nächsten Haushalt zur Deckung der Kosten zuzuführen. Die Beklagte habe dagegen die ungeplanten Gewinne für die Bildung zweckfreier Rücklagen genutzt. Dies werde auch dadurch deutlich, dass die Beklagte bis zum 31. Dezember 2015 die anderen Rücklagen in den Bilanzen mitgeschleppt bzw. weiter habe ansteigen lassen. Die anderen Rücklagen hätten auch im Wirtschaftsjahr 2016 zur Deckung der Kosten eingesetzt werden müssen. Stattdessen habe die Beklagte die anderen Rücklagen rechtswidrig zur Anhebung der Nettoposition verwendet.

16

Die Liquiditätsrücklage sei weder sachlich gerechtfertigt noch sei die Dotierung der Rücklage im Wege einer nachvollziehbaren Risikoprognose erfolgt. Sofern die Beklagte vortrage, dass die Liquiditätsrücklage vor dem Hintergrund der Schließung einer finanziellen Bilanzrücklage gebildet worden sei, verstoße sie gegen ihr eigenes Finanzstatut.

17

Ferner dürfe sich die Festsetzung einer Darlehensrücklage insgesamt als unzulässig erweisen. Soweit die Mittel zur Dotierung dieser Rücklage nicht nachweisbar als Ergebnis einer von der Vollversammlung geplanten Wirtschaftsplanung stammten, könne von der geforderten Haushaltswahrheit und -klarheit keine Rede sein. Eine Rücklagenbildung, die auf Zufällen beruhe, könne keinesfalls den Grundsätzen des Haushaltsrechts entsprechen, so dass bereits Zweifel an der Mittelherkunft der Rücklage bestünden. Zudem verstoße die Darlehensrücklage gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz. So würden Beitragszahler weniger Haushaltsjahre hierdurch unverhältnismäßig stark für die Finanzierung des Gebäudes „C...“ herangezogen und belastet.

18

(3) Darüber hinaus sei die Erhöhung der Nettoposition rechtswidrig. Die Beklagte habe über Jahre ungeplante Gewinne, die ohne jede Zweckbindung in den anderen Rücklagen „geparkt“ worden seien, genutzt, um zum 31. Dezember 2016 die Nettoposition um ... Euro anzuheben. Mit diesem Austausch bei den Passiva habe sie diese Mittel der Finanzierung ihrer Aufgaben entzogen. Die Anhebung der Nettoposition stelle daher eine bloße Umbenennung der bisherigen Rücklagen dar. Ferner verstoße die massive Anhebung der Nettoposition gegen das Finanzstatut, da sich der Wert der unveränderlichen Sachanlagen nicht wesentlich verändert habe. Zu berücksichtigen sei insofern auch, dass die Landesrechnungshöfe in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen eine ähnliche Praxis der Anhebung der Nettopositionen bei anderen Industrie- und Handelskammern als unzulässig bezeichnet hätten.

19

(4) Schließlich liege auch insgesamt ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip und den Gleichheitsgrundsatz bzw. gegen das Gebot der pfleglichen Behandlung der Beitragszahler vor. Die vorfristig vorgenommene Kredittilgung begünstige Beitragszahler zukünftiger Wirtschaftsjahre in unzulässiger Weise. Zudem stelle die vollständige Finanzierung der Immobilie innerhalb von nur 10 Jahren einen Verstoß gegen die pflegliche Behandlung der hiervon betroffenen Beitragszahler dar. Angesichts der Nutzungsart und der Nutzungsdauer der Immobilie müsse die Finanzierung über die Beiträge gerecht und gleichmäßig auf die Beitragszahler vieler Jahre verteilt werden.

20

Die Klägerin beantragt,

21

den Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2017 aufzuheben.

22

Die Beklagte beantragt,

23

die Klage abzuweisen.

24

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, dass sich die dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahr 2015 zugrunde liegende Vermögenssituation der dortigen IHK in den Jahren 2005 und 2008 essentiell von ihrer Vermögenssituation unterscheide. Daher stelle das Urteil ihre eigene Beitragsveranlagung nicht in Frage. Durch den Erwerb, die Sanierung und den Ausbau der Immobilie am Standort „C...“ Ende der 90-er Jahre seien sämtliche finanziellen Rücklagen aufgezehrt gewesen und zusätzlich sei ein Hypothekendarlehen in Höhe von rund ... EUR aufgenommen worden. Die hiermit verbundenen Risiken seien in der kameralistischen Buchführung nicht erkennbar gewesen. Erst mit der Umstellung in die doppische Buchführung zum 1. Januar 2006 seien diese und weitere strukturelle Schwächen der Vermögenssituation im Buchungsvorgang deutlich geworden, sowie zukünftige Zahlungsverpflichtungen und Risiken betragsmäßig erfasst worden. Durch den Umzug und den Neubau des Standorts „C...“ sei sie zum Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz (1. Januar 2006) in einem besonders hohen Maß fremdfinanziert gewesen und habe kein nennenswertes Finanzanlagevermögen und kein Wertpapiervermögen besessen. Zudem hätten, neben einem sehr geringen Umlaufvermögen, keine weiteren liquiden Mittel zur Darlehenstilgung zur Verfügung gestanden. Die geringe Liquidität habe einen finanziellen Konsolidierungskurs erfordert. Durch verschiedene Maßnahmen habe sie über mehrere Jahre ihre Liquidität aufbauen und gleichzeitig die Umlage in Form von Beiträgen in den Wirtschaftsjahren 2010 bis 2017 von 0,39 v. H. auf 0,20 v. H. nahezu halbieren können.

25

Auch in den streitgegenständlichen Beitragsjahren habe sie keine rechtswidrige Vermögensbildung betrieben. Nach der Umstellung auf eine doppische Haushaltsführung liege die Betrachtung der Rücklagen als Mittelreserve, also als liquides Vermögen, neben der Sache.

26

(1) Die Dotierung der Ausgleichsrücklage sei nicht zu beanstanden. Insofern sei zunächst zu berücksichtigen, dass es entscheidend darauf ankomme, ob sie sich bei der Aufstellung der Wirtschaftspläne an das geltende Haushaltsrecht und die damit verbundenen Grundsätze der Schätzgenauigkeit, wozu auch eine ordnungsgemäße Risikoprognose gehöre, gehalten habe. Ihr stehe bei der Aufstellung der Wirtschaftspläne ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle sei auf die Einhaltung der Gesetze und des Finanzstatuts beschränkt. An die gesetzlichen und satzungsrechtlichen Vorgaben habe sie sich gehalten. Nach dem Finanzstatut habe sie eine Ausgleichsrücklage zu bilden, die bis zu 50 v. H. der Summe der geplanten Aufwendungen betragen könne. Für das Jahr 2014 sei die Ausgleichsrücklage mit ... EUR dotiert worden, was einem Anteil von rund 38,5 v. H. der geplanten Aufwendungen für das Jahr 2014 entspreche. Gleiches gelte für das Jahr 2016, in dem die Ausgleichsrücklage mit ... EUR dotiert gewesen sei, was einem Anteil von ca. 33 v. H. der geplanten Aufwendungen für das Jahr 2016 entspreche.

27

Sie habe die Vollversammlung mit einer Risikoprognose für die jeweilige Wirtschaftsplanung und mit dem ermittelten Ergebnis befasst. Zudem habe sie sich die Rücklagen und Rückstellungen für die Jahre 2014 und 2016 auch durch Beschluss der Vollversammlung bestätigen lassen. Die jeweiligen Risikoabwägungen hätten den Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entsprochen. So würden, nachdem sie im Spätsommer jeden Jahres mit der Budgetplanung beginne und im September die Jahresaktivitätenplanung für das folgende Jahr stattfände, die voraussichtlich zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben berechnet, wobei die zu berücksichtigenden Mittel für nicht planbare Risiken im Rahmen einer Risikobewertung ermittelt würden. Bis zur Einführung des sogenannten „risk.tool“ im Jahr 2016 sei diese Risikobewertung durch ein zweistufiges stochastisches Verfahren vorgenommen worden, bei dem die jeweiligen Risikovolumen und Eintrittswahrscheinlichkeiten bestimmt worden seien. Das neu eingeführte „risk.tool“ funktioniere gleichermaßen. Es ermittle aber zusätzlich mögliche Schadensvolumen bei unterschiedlichen Konfidenzintervallen. Für sie errechne dieses Programm bei einem Konfidenzintervall von 95 v. H. jährlich eine entsprechende Schadenssumme, die in Verhältnis zu der Ausgleichsrücklage gesetzt werde. Die mit der Ausgleichsrücklage abzufangenden Schwankungen, die sie im Rahmen dieses Risikomanagements jährlich berücksichtige, könnten sich insbesondere aus gravierenden Konjunkturveränderungen, der sich verändernden Wirtschaftsstruktur im Kammerbezirk, dem Ausfallrisiko größerer Beitragszahler oder der Orientierung des Beitrages an der gewerbesteuerlichen Bezugsgröße des Gewerbeertrags und der damit verbundenen Anlehnung an das Gewerbesteueraufkommen, das hohen Schwankungen unterliege und demzufolge zu Schätzrisiken bei Prognoseentscheidungen im Rahmen der Haushaltsplanung führe, ergeben. Hinzukommen könnten ertragsseitige Rückgänge von Entgelt- und Gebühreneinnahmen sowie aufwandsseitig insbesondere Steuer-, Haftungs- oder IT-Risiken. Bereits zwei Wochen vor den Sitzungen der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzungen 2014 und 2016 hätten die Mitglieder der Vollversammlung Unterlagen zur jeweiligen Wirtschaftsplanung erhalten. Den ehrenamtlichen Mitgliedern werde durch dieses Vorgehen jedes Jahr die Möglichkeit eingeräumt, bereits im Voraus Auskünfte über die ermittelten Kosten oder geplanten Aufwendungen zu erhalten. Darüber hinaus würden die wesentlichen haushalts- und risikorelevanten Einzelpositionen - einschließlich der Informationen über Zweck, Art und Höhe der dotierten Rücklagen - in den Sitzungen der Vollversammlung selbst nochmal im Detail vorgestellt, wodurch die Möglichkeit eingeräumt werde, über einzelne Punkte zu diskutieren oder Änderungswünsche zu äußern und gegebenenfalls zu beschließen.

28

Hinsichtlich der vorgelegten Protokolle über die Wirtschaftsplanung für die streitgegenständlichen Jahre sei zu berücksichtigen, dass es sich hierbei nicht um umfassende Wort-, sondern ausschließlich um Ergebnisprotokolle handele. Die errechneten Risiken würden der Vollversammlung zwar vorgestellt und erläutert, allerdings nicht im Detail protokolliert. Davon abgesehen ließen sich den Protokollen über die Sitzungen zur Wirtschaftsplanung 2014 und 2016 sehr wohl Ausführungen zu der vorgenommenen Risikoprognose entnehmen. Die protokollierten Angaben zu den einzelnen Positionen im Erfolgsplan gingen zwangsläufig mit Erläuterungen zu verschiedenen Risikoposten einher.

29

Darüber hinaus würde selbst ein vermeintlicher Mangel an entsprechenden Ausführungen in den Protokollen nicht zur Unwirksamkeit der Wirtschaftsplanung und der Beitragsveranlagung führen, da es sich hierbei lediglich um einen formalen Fehler handeln könnte. Die risikorelevanten Gesichtspunkte könnten im Übrigen unter Berücksichtigung der Sicht ex ante auch noch nachträglich und bis zum Schluss des gerichtlichen Verfahrens dargelegt werden.

30

Dass die Vorhaltung der Ausgleichlage im Jahr 2014 in dotierter Höhe zwingend notwendig gewesen sei, zeige bereits der Abschluss des Geschäftsjahres 2014, das entgegen der Planung - im Wesentlichen aufgrund deutlich niedriger Beiträge - mit einem negativen Jahresabschluss in Höhe von - ... EUR abgeschlossen worden sei. Die Vollversammlung sei über den negativen Jahresabschluss 2014 sowie über die Höhe und die Notwendigkeit der verschiedenen Rücklagen umfassend informiert worden und habe den Verlustausgleich über die Ausgleichsrücklage einstimmig angenommen.

31

Ferner sei in der Rechtsprechung auch anerkannt, dass eine Ausgleichsrücklage, die sich, wie hier, zwischen 30 v. H. und 50 v. H. der geplanten Aufwendungen bewege, eine der Höhe nach angemessene Rücklage darstelle.

32

(2) Auch die Bildung der anderen Rücklagen sei nicht zu beanstanden. Nach dem Finanzstatut dürften weitere zweckbestimmte Rücklagen gebildet werden. Vorliegend hätten sich die anderen Rücklagen im Jahr 2014 aus einer Liquiditätsrücklage sowie einer Rücklage zur Darlehenstilgung zusammengesetzt. Die Liquiditätsrücklage sei zur Schließung einer Bilanzierungslücke gebildet worden. Die Darlehensrücklage habe hingegen dem Zweck der Darlehenstilgung gedient. Die beiden Rücklagen seien somit seit der Eröffnungsbilanz als Eigenfinanzierungskomponente gebildet worden, um dem hohen Sachanlagevermögen auf der Aktivseite der Bilanz eine entsprechende Gesamtfinanzierungskomponente auf der Passivseite der Bilanz gegenüber zu stellen. Zur langfristigen Eigenkapitalfinanzierung des unbeweglichen Sachanlagevermögens seien sie im Jahr 2016 vollständig aufgelöst und in die Nettoposition überführt worden. Insoweit handele es sich um rechtmäßige bilanzielle Buchungen und nicht um die Bildung bzw. Beibehaltung unzulässigen Vermögens. Die Rücklagenbildung sei nicht Folge der Jahresüberschüsse gewesen. Aufgrund der ursprünglich hohen Fremdfinanzierung und des geringen Vermögens habe die Vollversammlung entschieden, Jahresüberschüsse zur Darlehenstilgung heranzuziehen. Dies habe zunächst bilanztechnisch zu einem Anstieg der Rücklagen geführt.

33

(3) Ferner sei auch die im Jahr 2016 bilanzierte Nettoposition in Höhe von ... EUR weder hinsichtlich ihrer Bildung noch ihrer Höhe nach zu beanstanden. Aufgrund der hohen passivierten Rückstellungen für Pensionen und Verbindlichkeiten sowie einer zu bildenden Ausgleichrücklage in Höhe von ... EUR hätten in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 nur ... EUR als Restgröße der Nettoposition zugewiesen werden können. Durch verschiedene Konsolidierungsmaßnahmen sowie durch die Bildung sonstiger zweckgebundener Rücklagen habe sich die Lage verbessert. Aufgrund dieses Umstands habe die Nettoposition im Jahr 2016 auf ... EUR erhöht werden können. Diese Erhöhung sei keine Zuführung von ungeplanten Gewinnen, sondern eine Umbuchung der anderen Rücklagen auf Grundlage des beschlossenen Eigenkapitalstrukturkonzeptes gewesen, um ihr Eigenkapital in ordnungsgemäßer Weise bilanziell abzubilden und das entsprechende Defizit der Eröffnungsbilanz korrigieren zu können. Hätte man die Nettoposition nicht erhöht und die anderen Rücklagen den Mitgliedern im Wege einer Beitragssenkung zugeführt, wäre die vollständige Verwendung des Bankguthabens sowie die Aufnahme von Kassenkrediten in Höhe von mehreren Millionen Euro notwendig geworden. Die Erhöhung der Nettoposition sei demnach keine Folge der Bildung von „neuem Vermögen" durch ungeplante Gewinne, sondern die korrekte Abbildung des Eigenkapitals im Verhältnis zum unbeweglichen Sachvermögen gewesen, so dass die Erhöhung der Nettoposition auch nicht gegen das Finanzstatut verstoße.

34

Zudem sei die Rechtmäßigkeit der Erhöhung der Nettoposition auch von der Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern sowie vom Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landschaft und Weinbau bestätigt worden.

35

(4) Schließlich liege insgesamt auch kein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bzw. den Gleichheitssatz vor. Entscheidungen hinsichtlich eines Immobilienerwerbs oder der Dauer einer Immobilienfinanzierung stünden alleine im Ermessen der Vollversammlung und stellten klassische Selbstverwaltungsangelegenheiten dar. Darüber hinaus handele es sich bei der Ablösung des Darlehens im Jahr 2016 nicht um eine vorzeitige Tilgung nach zehn Jahren, sondern um die vereinbarungsgemäße Tilgung des im Jahr 2006 umfinanzierten Hypothekendarlehens. Insgesamt erstrecke sich die Finanzierung auf etwa 17 Jahre, was einer wirtschaftlich sinnvollen Finanzierungsdauer entspreche. Durch dieses Vorgehen hätten unnötig lange Zinsbelastungen und eine Doppelfinanzierung wegen gleichzeitig auftretender Instandhaltungsmaßnahmen vermieden werden können. Durch die hiermit verbundenen Zinseinsparungen sei es schließlich möglich gewesen, die Umlage im Jahr 2017 von 0,22 v. H. auf 0,20 v. H. zu senken.

36

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen der Beteiligten sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Diese lagen der Kammer vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

37

I. Die Klage ist zulässig. Hinsichtlich des Geschäftsjahres 2014 beschränkt sich die Regelungswirkung des angefochtenen Bescheides nicht auf die Höhe des Differenzbetrages zwischen vorläufiger und endgültiger Festsetzung des Beitrages für das Jahr 2014. Vielmehr ist der endgültige Beitragsbescheid stets uneingeschränkt anfechtbar. Die endgültige Beitragsfestsetzung stellt gegenüber der vorläufigen Beitragsfestsetzung nicht bloß eine (teilweise) wiederholende Verfügung dar, sondern trifft aufgrund der Endgültigkeit der Beitragsfestsetzung eine eigenständige Regelung, die uneingeschränkt anfechtbar ist (vgl. VG Braunschweig, Urteil vom 20. April 2017 - 1 A 221/16 -; VG Hamburg, Urteil vom 2. März 2016 - 17 K 2912/14 -, juris).

38

II. Die Klage hat in der Sache jedoch nur teilweise Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2017 ist lediglich hinsichtlich der endgültigen Beitragsveranlagung für das Jahr 2014 rechtswidrig und verletzt die Klägerin insoweit in Höhe von ... EUR in ihren Rechten im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Im Übrigen ist der Bescheid der Beklagten hinsichtlich der vorläufigen Beitragsfestsetzung für das Jahr 2016 nicht zu beanstanden.

39

1. Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHKG - i.V.m. § 1 der Beitragsordnung der Beklagten, die die Vollversammlung der Beklagten am 9. Dezember 2013 beschlossen hat.

40

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG).

41

Das Gesetz legt damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer bei der Beitragserhebung zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Wirtschaftsplan auf. Dieser gilt für ein Wirtschaftsjahr und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen. Vor dem Hintergrund der in dem betreffenden Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

42

In einem Beitragsanfechtungsverfahren ist nicht nur die - hier nicht beanstandete - Umlegung des festgestellten Mittelbedarfs auf die Kammerzugehörigen gerichtlich zu überprüfen, sondern inzident auch, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei der gerichtlichen Überprüfung ist jedoch zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplanes einen weiten Gestaltungsspielraum besitzt, der der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur hinsichtlich der Frage unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet dabei die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt auch das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem für Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses Gebot ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist. Vielmehr müssen Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar sein.

43

Im Hinblick auf die von der Klägerin insbesondere beanstandete Rücklagenbildung ist zu beachten, dass der Beklagten die Bildung von zweckfreien Vermögen grundsätzlich verboten ist. Dies schließt die Bildung von Rücklagen zwar nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. Darüber hinaus muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Ein Wirtschaftsplan kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung aufweist, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015 - 10 C 6/15 -, juris).

44

An diesen Grundsätzen ist auch nach Umstellung auf die Verwaltungsdoppik festzuhalten. So ist die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammer als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaft weiterhin notwendig und gehört zu einer geordneten Haushaltsführung. Zwar handelt es sich anders als im kameralen System bei den Passivposten einer Vermögensrechnung nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen System nur das Umlaufvermögen übernimmt. Jedoch dienen doppische Rücklagen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung und sind demnach als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (VGH BW, Urteil vom 2. November 2016 - 6 S 1261/14 -, juris m.w.N.). Dem entspricht es, dass die Beklagte Entnahmen aus den gebildeten Rücklagen vorgenommen hat (so beispielsweise im Jahr 2015 und 2016 aus der Ausgleichsrücklage).

45

2. Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen ist der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2017 hinsichtlich der endgültigen Beitragsfestsetzung für das Jahr 2014 rechtswidrig, da - aber auch nur - die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage für das Jahr 2014 den rechtlichen Anforderungen nicht genügt. Im Übrigen ist der Beitragsbescheid bezüglich der weiteren Wirtschaftsplanung und der vorläufigen Beitragsfestsetzung für das Jahr 2016 nicht zu beanstanden.

46

a) Die Bildung einer Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR - dies entspricht ca. 38,49 v. H. der geplanten Aufwendungen - für das Jahr 2014 begegnet keinen rechtlichen Bedenken.

47

Nach § 15 a Abs. 2 Satz 2 des Finanzstatuts der Beklagten, das die Vollversammlung der Beklagten am 22. August 2013 beschlossen hat (nachfolgend: FS), hat die Beklagte eine Ausgleichrücklage zu bilden, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und bis zu 50 v. H. der geplanten Aufwendungen betragen kann. Bei der Vorhaltung einer solchen Mittelreserve handelt es sich dem Grunde nach um einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit und damit nicht um eine unzulässige Vermögensbildung (VGH BW, Beschluss vom 20. Juli 2017 - 6 S 860/17 -; VG Düsseldorf, Urteil vom 30. März 2017 - 20 K 3225/15 -; VGH BW, Urteil vom 2. November 2016, a.a.O., juris). Das wird von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt.

48

Darüber hinaus ist die Rücklage auch der Höhe nach angemessen und von dem genannten sachlichen Zweck gedeckt. Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich die Ausgleichsrücklage mit ca. 38,49 v. H. der für das Jahr 2014 geplanten Aufwendungen innerhalb der Grenzen des aktuellen einschlägigen Finanzstatuts der Beklagten befindet. Zudem ist die Ausgleichrücklage auch im unteren Bereich des Rücklagenkorridors von 30 bis 50 v. H. des alten Finanzstatuts der Beklagten, das die Vollversammlung der Beklagten am 6. Juli 2005 beschlossen hat (nachfolgend: FS (alt)) und des Musterfinanzstatuts der Deutschen Industrie- und Handelskammern angesiedelt, so dass vor diesem Hintergrund die Ausgleichsrücklage der Höhe nach weniger rechtfertigungsbedürftig erscheint. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Ausgleichsrücklage nach dem aktuellen Finanzstatut der Beklagten nunmehr alle ergebniswirksamen Schwankungen ausgleichen soll und nicht mehr bloß dem Ausgleich von Schwankungen im Betriebsaufkommen dient (vgl. zu alledem in einem ähnlich gelagerten Fall: VGH BW, Beschluss vom 20. Juli 2017, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund spricht bereits viel gegen einen Verstoß gegen das Gebot der Schätzgenauigkeit (vgl. hierzu: VG Braunschweig, Urteil vom 20. April 2017, a.a.O., das bei einer Ausgleichsrücklage bis zu 50 v. H. der geplanten Aufwendungen von einer Vermutung für die Angemessenheit der Rücklage ausgeht; VG Ansbach, Urteil vom 8. November 2017 - AN 4 K 15.01648 -, juris, wonach eine Ausgleichsrücklage jedenfalls in Höhe eines Betrages etwa in der Mitte des Korridors von 30 bis 50 v. H. ohne weitere Darlegung notwendig und angemessen erscheint; sowie im Ansatz für eine solche Vermutung im unteren Bereich des Korridors zwischen 30 bis 50 v. H. : VG Mainz, Urteil vom 10. November 2017 - 4 K 1310/16.MZ - und VGH BW, Beschluss vom 20. Juli 2017, a.a.O:, juris; anders: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21. November 2017 - 19 K 903/16 -, juris, wonach die Vermutung nicht auf den Korridor von 30 bis 50 v. H. auszudehnen ist).

49

Auch steht die Festsetzung eines solchen Korridors - wie vorliegend zumindest im alten Finanzstatut von der Beklagten - für sich genommen nicht ohne Weiteres dem Gebot der Schätzgenauigkeit entgegen. Im Gegenteil: Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes sind gerade die ergänzenden Satzungsbestimmungen der Kammern und demnach auch die Festsetzungen eines Rücklagenkorridors zu beachten (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O.; VG Braunschweig, Urteil vom 20. April 2017, a.a.O.). So sieht auch das Musterfinanzstatut für Industrie- und Handelskammern des Deutschen Industrie und Handelskammertrages eine zu bildende Ausgleichrücklage zwischen 30 und 50 v. H. vor (vgl. auch Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung, GewArch 2016, 263 (268)). Die Beklagte hat in dem aktuellen Finanzstatut hingegen nur eine Obergrenze für die Ausgleichsrücklage (höchstens 50 v. H. der geplanten Aufwendungen) und keinen Mindestwert festlegt. Sie setzt sich damit einem stärkeren jährlichen Rechtfertigungsdruck, zunächst auch gegenüber den Mitgliedern der Vollversammlung, aus, was jedoch die objektive Angemessenheit nicht in Frage stellt.

50

Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise dargelegt, auf welcher Grundlage sie die Ausgleichsrücklage für das Jahr 2014 in der konkreten Höhe gebildet hat. So haben die Beklagte - zuletzt auch deren Vertreter in der mündlichen Verhandlung - insbesondere nachvollziehbar dargestellt, nach welchen Prämissen Risikoeinschätzungen vorgenommen wurden und welche Schätzungen hinsichtlich der Einnahmen durchgeführt worden seien. Die sich hieraus ergebende Risikosumme habe im Jahr 2014 etwa bei ... EUR gelegen. Tatsächlich ist die für das Jahr 2014 gebildete Ausgleichsrücklage mit ... EUR deutlich unterhalb des geschätzten Risikos geblieben. Hierzu hat sie eine Aufstellung der einzelnen Posten vorgelegt, die zwar auf das Jahr 2016 bezogen ist, nach glaubhafter Versicherung der Vertreter der Beklagten so jedoch auch für das Jahr 2014 Grundlage war. Soweit die Klägerin die Posten pauschal beanstandet, mangelt es auch angesichts dessen, was die Beklagte in diesem Stadium objektiv überhaupt hat leisten können und für eine Prognose leisten müssen, an einer hinreichenden bzw. durchgreifenden Substantiierung. Ein System muss stets auch praktikabel bleiben, weshalb an eine prognostische Betrachtung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Es obliegt der Verantwortung der jeweiligen Kammer nur, jeweils eine nachvollziehbare Prognose hinsichtlich des Rücklagenbedarfs aufzustellen, die lediglich aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen muss (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O.). Die Beklagte hat somit im Rahmen des ihr aus dem Selbstverwaltungsrecht erwachsenen weiten Gestaltungsspielraums die Grenzen des Vertretbaren eingehalten, indem sie insbesondere plausibel darlegt hat, dass die geplante Ausgleichsrücklage im Jahr 2014 nicht völlig willkürlich „ins Blaue hinein" vorgehalten wurde, sondern vor dem Hintergrund der ermittelten Risiken in dieser Höhe gebildet wurde.

51

Darüber hinaus lässt sich auch aus der betragsmäßigen Beibehaltung der Ausgleichsrücklage in den Jahren 2013 und 2014 nicht schließen, dass eine dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit entsprechende Risikoprognose nicht stattgefunden hat (vgl. so auch VGH BW, Beschluss vom 20. Juli 2017, a.a.O.).

52

Vielmehr haben die Vertreter der Beklagten insbesondere in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass die im Jahr 2014 beschlossene Ausgleichrücklage ca. ... EUR unterhalb des geschätzten Risikos für das Jahr 2014 gelegen habe. Aus Praktibilitätsgründen habe man die Ausgleichsrücklage daher nicht verändert. Gleiches habe auch für das Beibehalten der Ausgleichsrücklage in dem Zeitraum vom 31. Dezember 2006 bis zum 31. Dezember 2012 gegolten, wonach die Ausgleichsrücklage in der Vergangenheit nie den Wert der ermittelten Risiken abgedeckt habe. Von „gegriffenen" Zahlen ist vor diesem Hintergrund nicht auszugehen. Offenbar entsprach der Betrag über einen längeren Zeitraum den konkreten Gegebenheiten der Beklagten. Gravierende strukturelle Änderungen, die eine Anpassung der Ausgleichsrücklage unausweislich gemacht hätten, hat die Klägerin nicht substantiiert vorgetragen.

53

Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beklagte die geplante Erhöhung der Ausgleichrücklage im Wirtschaftsplan 2013 in Höhe von ... EUR zu rechtfertigen habe, so ist dies vorliegend nicht von rechtlicher Relevanz, da die Festsetzungen im Wirtschaftsplan 2014 sowie im Wirtschaftsplan 2016 vorliegend maßgeblich sind. Es ist eine streng auf das betreffende Jahr ausgerichtete Betrachtung anzustellen, denn die Beklagte trifft jährlich erneut eine Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O.).

54

Auch lässt die vorgenommene Absenkung der Ausgleichsrücklage in den Jahren 2016 und 2017 nicht auf eine Überdotierung der Ausgleichsrücklage im Jahr 2014 schließen. So haben die Vertreter der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung insbesondere plausibel dargelegt, dass im Jahr 2014 höhere IT-Risiken bestanden hätten. Zudem habe sich das in der Wirtschaftssatzung zu berücksichtigende Risiko im Geschäftsbereich einer Tochtergesellschaft in den nachfolgenden Jahren reduziert. Schließlich sei die Absenkung der Ausgleichsrücklage im Jahr 2017 auch auf die Einführung des Verfahrens „risk.tools" zurückzuführen. Diesen Vortrag haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung plausibilisiert. Die Risikobetrachtung sei ab diesem Zeitpunkt rein technisch erstmals mit einer anderen Prognosedichte durchführbar gewesen. Das hat keine Auswirkungen auf die Vorjahre, weil jeweils andere Methoden zur Verfügung gestanden haben. Zudem ist insofern zu berücksichtigen, dass in den Jahren 2015 und 2016 die Ausgleichsrücklage zum Ausgleich der negativen Jahresergebnisse der Jahre 2014 und 2015 herangezogen werden musste und dies ebenfalls eine Minderung der Ausgleichsrücklage zur Folge hatte.

55

Sofern die Klägerin geltend macht, dass andere Industrie- und Handelskammern unter dem Druck der jüngeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die jeweilige Ausgleichsrücklage erheblich abgesenkt hätten, hat dies für dieses Verfahren keine Relevanz. Insofern ist zu berücksichtigen, dass jede Kammer über eine ganz individuelle Vermögens- und Rücklagensituation verfügt und vor diesem Hintergrund eine Vergleichbarkeit der einzelnen Kammern nicht gegeben ist. Dabei hat die Beklagte immer wieder zutreffend auf die bei ihr bestehenden Besonderheiten hingewiesen, was an anderer Stelle noch aufzugreifen sein wird.

56

Die Beklagte hat ihre Vollversammlung auch in ausreichendem Umfang mit der entsprechenden Risikoprognose befasst. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 FS stellt die Vollversammlung den Wirtschaftsplan und die Wirtschaftssatzung fest. Dies erfordert, dass alle Mitglieder der Vollversammlung - jedenfalls in Grundzügen - nachvollziehbar und in hinreichender transparenter Art und Weise über die Gründe und den Bedarf einer Ausgleichsrücklage in der jeweils geplanten Höhe informiert werden. Hierzu bedarf es nicht einer konkreten Bezifferung finanzieller Risiken. Erforderlich ist lediglich, dass die zuständigen Gremien der Beklagten den Mitgliedern der Vollversammlung allgemein beschreiben, welche finanziellen Risiken sie im kommenden Haushaltsjahr sehen, für die die Ausgleichsrücklage als Finanzpolster dienen soll. Ohne diese Kenntnis können die Mitglieder der Vollversammlung nicht schätzgenau beurteilen, welche Beitragsmittel der Kammerzugehörigen sie noch für erforderlich halten, um die Aufgabenerfüllung zu finanzieren (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 30. März 2017, a.a.O.). Diesen Anforderungen genügte die Beklagte. So haben die Mitglieder der Vollversammlung bereits zwei Wochen vor der Sitzung die Tagesordnung mit dem Entwurf des Wirtschaftsplans sowie weiteren Erläuterungen hierzu erhalten. Die Mitglieder der Vollversammlung hatten somit bereits im Voraus der Vollversammlungssitzung die Möglichkeit, sich mit dem Wirtschaftsplan auseinanderzusetzen und ergänzende Auskünfte hinsichtlich der ermittelten Kosten, geplanten Aufwendungen und der geplanten Rücklagen zu erfragen. Der Wirtschaftsplan 2014 war zudem Gegenstand der Sitzung der Vollversammlung der Beklagten am 9. Dezember 2013. Ausweislich des hierzu vorliegenden Protokolls wurden einzelne Risiken des jeweiligen Jahres dort angesprochen. Dies deckt sich auch mit den Angaben der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, wonach regelmäßig im Rahmen der Sitzung der Vollversammlung nicht alle Positionen des Wirtschaftsplanes erläutert wurden, sondern vielmehr auf einzelne Besonderheiten des jeweiligen Jahres hingewiesen wurde.

57

Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, denn im Präsidium der Beklagten, das von der Vollversammlung der Beklagten gewählt wird (§ 6 Abs. 1 IHKG) und insbesondere den Präsidenten bei den Vorbereitungen der Sitzungen der Vollversammlung und der Durchführung ihrer Beschlüsse unterstützt, wurde nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung bereits zuvor über den Wirtschaftsplan 2014 und die in diesem Jahr befürchteten Risiken ausführlich diskutiert. Dieses arbeitsteilige Vorgehen hat die Vollversammlung erkennbar stets mitgetragen. Darüber hinaus erhielten die Mitglieder der Vollversammlung - insbesondere im Hinblick auf die vor der Vollversammlungssitzung vorgelegten Unterlagen - ausreichende Möglichkeit, Fragen, Anregungen und Änderungen diesbezüglich anzubringen. Im Übrigen ist insofern auch zu berücksichtigen, dass die Mitglieder der Vollversammlung in einer Sitzung am 23. April 2013 auch über den für das Geschäftsjahr 2014 maßgeblichen Jahresabschluss 2012 informiert wurden. Ausweislich des hierzu vorliegenden Protokolls der Vollversammlung wurden der Vollversammlung der Beklagten die Eckdaten des Jahresabschlusses 2012 sowie insbesondere auch die wesentlichen Positionen der Bilanz-, Erfolgs-, und Finanzrechnung erläutert und die Hintergründe für größere Plan-Ist-Abweichungen dargelegt.

58

Im Übrigen hat die Vollversammlung der Beklagten sich auch in der Sitzung am 13. April 2015 mit dem Jahresabschluss 2014 der Beklagten befasst. Ausweislich des hierzu vorliegenden Protokolls wurden in der Sitzung die einzelnen Rücklagen erläutert. Die Vollversammlung stellte anschließend den Jahresabschluss 2014 sowie die Notwendigkeit der gebildeten Rücklagen fest und sah demnach von einer Nachtragswirtschaft bewusst ab. Hiernach bestehen keinen rechtlichen Bedenken hinsichtlich der für das Geschäftsjahr 2014 gebildeten Ausgleichsrücklage.

59

b) Auch die Darlehensrücklage wurde für das Geschäftsjahr 2014 rechtsfehlerfrei gebildet. Nach § 15 a Abs. 2 Satz 2 FS in der seit dem 1. Januar 2014 geltenden Fassung ist die Bildung zweckbestimmter Rücklagen zulässig. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme (§ 15 a Abs. 2 Satz 4 FS). Mit Beschluss vom 11. August 2011 hat die Vollversammlung der Beklagten die Bildung einer zweckgebundenen Kapitalrücklage „Darlehenstilgung“ beschlossen. Die zweckgebundene Rücklage diente der Tilgung des Restsaldos des Immobiliendarlehens in Höhe von ca. ... EUR im Jahr 2016. Demnach waren von Anfang an der Verwendungszweck, der Umfang sowie der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme hinreichend konkretisiert. Sofern die Klägerin diesbezüglich geltend macht, dass bereits Zweifel an der Mittelherkunft der Rücklage bestünden, handelt es sich um einen unsubstantiierten Einwand, der erkennbar neben der Sache liegt. Ausweislich der von der Beklagten vorgelegten Unterlagen hat die Vollversammlung dezidiert über die einzelnen Zuführungen in die Darlehensrücklage entschieden. So hat sie in ihrer Sitzung am 15. März 2012 beschlossen, das Jahresergebnis 2011 inkl. Ergebnisvortrag aus den Vorjahren in Höhe von ... EUR in die neue zweckgebundene Rücklage für die im Jahr 2016 auch tatsächlich stattgefundene Darlehenstilgung einzustellen. Zudem wurde auch das Jahresergebnis 2012 in Höhe von ... EUR ausweislich des Beschlusses der Vollversammlung der Beklagten vom 23. April 2013 in die zweckgebundene Rücklage für die Darlehenstilgung in 2016 eingestellt. Damit ist die Auskunft der Mittel ordnungsgemäß belegt.

60

Auch der weitere Vortrag der Klägerin hinsichtlich der Darlehensrücklage verfängt nicht. Insbesondere ist ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip sowie gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nicht ersichtlich. Zwar darf nach der beitragsrechtlichen Ausprägung des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem gewährten Vorteil stehen. Zudem gebietet der allgemeine Gleichheitsgrundsatz, niemanden im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, ohne dass zwischen ihnen Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen. Insbesondere müssen die Beiträge im Verhältnis der Beitragspflichtigen zueinander grundsätzlich vorteilsgerecht bemessen werden. Insoweit besteht eine enge Verbindung zwischen dem allgemeinen Gleichheitssatz und dem Äquivalenzprinzip. Jedoch ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass es der jeweiligen Kammer obliegt, insbesondere ihrer demokratisch legitimierten Vollversammlung, in Ausübung ihres Selbstverwaltungsrechts den Umfang ihrer Tätigkeit und der hierfür erforderlichen finanziellen und sachlichen Mittel selbst zu bestimmen, solange sie ihren gesetzlichen Aufgabenbereich und die ihr durch den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gesteckten Grenzen nicht überschreitet (vgl. OVG RP, Urteil vom 20. September 2010 - 6 A 10282/10 -, juris).

61

Gemessen an diesen Grundsätzen ist die vorliegend gebildete Darlehensrücklage auch unter diesem Blickwinkel nicht zu beanstanden. Die Finanzierung eines Großvorhabens unterliegt ohne Weiteres dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung der Selbstverwaltungskörperschaft (vgl. VGH BW, Beschluss vom 20. Juli 2017, a.a.O.). Ausweislich der Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung hat sich die Gesamtfinanzierung des Gebäudes „C...“ insgesamt auf einen Zeitraum von etwa 30 Jahren erstreckt, wobei sich die Laufzeit des Darlehens auf ca. 17 Jahre belief. Mit der kompletten Darlehenstilgung im Jahr 2016 sollten eine unnötig lange Zinsbelastung sowie eine Doppelfinanzierung wegen gleichzeitig auftretender Instandhaltungsmaßnahmen vermieden werden. Vor diesem Hintergrund ist ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz sowie gegen das Gebot der pfleglichen Behandlung der Beitragszahler nicht ersichtlich. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 6 Abs. 1 FS) gerade dadurch Rechnung getragen hat, dass sie längere Zinsbelastungen hierdurch vermieden hat. Insofern konnten durch die komplette Tilgung des Darlehens im Jahr 2016 die Kammermitglieder durch eine Senkung der Umlage entlastet werden. Auch wurden zukünftige Beitragszahler nicht rechtswidrig begünstigt. Einerseits bewegt sich die von der Beklagten in Ausübung ihres Gestaltungsspielraums getroffenen Entscheidung in einem Rahmen, der einen üblichen Finanzierungszeitraum durchaus entspricht. Daneben werden die zukünftigen Beitragszahler zumindest für absehbar anfallende Instandhaltungskosten herangezogen.

62

c) Die Beklagte hat durch die Erwirtschaftung eines Überschusses im Geschäftsjahr 2012 nicht in rechtswidriger Weise Vermögen gebildet. Im Jahresabschluss 2012 wies die Beklagte ein Ergebnis i.H.v. ... EUR aus. Aus § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG folgt, dass die Beklagte zeitnah ungeplante Gewinne für die Finanzierung ihrer gesetzlichen Aufgaben einzusetzen hat. Sie hat den Gewinn deshalb in der Regel - soweit nicht eine Beitragsrückerstattung an die Kammermitglieder erfolgt ist oder die Vollversammlung bereits einen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung erfasst hat - spätestens in den nächsten, zeitlich auf die Feststellung des Gewinns nachfolgenden Wirtschaftsplan einzustellen (OVG RP, Urteil vom 23. September 2014 - 6 A 11345/13.OVG -, juris). Eine ausdrückliche Regelung hierzu ist nunmehr auch im aktuellen Finanzstatut der Beklagten enthalten. So ergibt sich aus § 15 a Abs. 3 Satz 1 FS, dass Ergebnisse auf neue Rechnung vorgetragen werden können. Sie sind spätestens im zweiten der Entstehung folgenden Geschäftsjahr den Rücklagen zuzuführen oder im darauffolgenden Geschäftsjahr für den Ausgleich des Erfolgsplans heranzuziehen (§ 15 a Abs. 3 Satz 2 FS). An diese Bestimmungen hat sich die Beklagte gehalten. Die Vollversammlung der Beklagten hat am 23. April 2013 den Jahresabschluss 2012 festgestellt und beschlossen, dass das Ergebnis des Jahres 2012 in Höhe von ... EUR in die zweckgebundene Rücklage für die Darlehenstilgung in 2016 eingestellt wird. Demnach hat die Vollversammlung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan 2014 am 9. Dezember 2013 über die aufgabengemäße Gewinnverwendung bereits zeitlich vorher einen speziellen Beschluss gefasst, so dass der ungeplante Gewinn im Jahr 2012 zur Finanzierung der gesetzlichen Aufgaben nicht mehr herangezogen werden konnte.

63

d) Schließlich begegnet auch die für das Geschäftsjahr 2014 ausgewiesene Nettoposition keinen rechtlichen Bedenken. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Wirtschaftsplanung des Jahres 2014 bestand die Nettoposition seit der Eröffnungsbilanz (1. Januar 2006) in unveränderter Höhe fort. Zuführungen in die Nettoposition erfolgten in der Vergangenheit bis zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung 2014 nicht.

64

e) Allerdings genügt die in dem Wirtschaftsplan 2014 eingestellte Liquiditätsrücklage nicht in jeder Hinsicht den rechtlichen Anforderungen. Zwar ist eine buchungstechnische Notwendigkeit dem Grunde nach nachvollziehbar belegt. Die Voraussetzungen gerade für die Bildung einer Liquiditätsrücklage lag für das Jahr 2014 mit den Gesamterwägungen der Beklagten nicht vor.

65

Nach § 15 Abs. 3 Satz 2 FS (alt) konnte eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v. H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, jedoch sollte diese ausdrücklich nur der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dienen. Die Liquiditätsrücklage diente somit als Liquiditätsreserve, auf die bei angespannter Kassenlage zur Vermeidung der Aufnahme von Kassenkrediten zurückgegriffen werden konnte (vgl. hierzu auch: Wendt, Zulässigkeit und Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der Wirtschafts- und Haushaltsführung der IHK Frankfurt, insbesondere der Bildung von Rücklagen durch die Kammer, sowie Begrenzung der Finanzkontrolle seitens des Landesrechnungshofs durch die Selbstverwaltungsbefugnis und Haushaltsautonomie der Kammer, GewArch Beilage WiVerw Nr. 01/2013, 25; Jahn, Zur Einführung der kaufmännischen Rechnungslegung bei den IHKs, GewArch 2008, 340). Eine in der Zielrichtung ähnliche Regelung ist etwa auch in § 18 Abs. 2 Nr. 2 Bundeshaushaltsordnung - BHO -, wegen der Bindung der Kammer an die Grundsätze des allgemeinen Haushaltsrechts kann diese Vorschrift zumindest in den Blick genommen werden, vorgesehen. Hiernach bestimmt das Haushaltsgesetz, in welcher Höhe - hier das Bundesministerium der Finanzen - zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft Kredite aufnehmen darf (Kassenverstärkungskredite). Diese Kredite verfolgen den - alleinigen - Zweck, solche Defizite in der Kasse auszugleichen, die sich vorübergehend dadurch ergeben, dass Einzahlungen hinter Auszahlungen zurückbleiben (Lewinski/Burbat, Bundeshaushaltsordnung, § 18 Rn. 26, 1. Auflage 2013). Bei der Liquiditätsrücklage handelt es sich somit um eine vorgehaltene Mittelreserve, die im Hinblick auf die Kassenlage insbesondere der Überbrückung von Einnahmeausfällen oder -verzögerungen dient (vgl. VGH BW, Beschluss vom 20. Juli 2017, a.a.O.) Die in dem vorhergehenden Finanzstatut normierte Zweckbestimmung wurde nicht durch das aktuelle Finanzstatut der Beklagten aufgehoben. So ist darin lediglich in § 24 FS festgelegt worden, dass die Liquiditätsrücklage bis spätestens zum 31. Dezember 2018 zu verwenden ist. Eine Veränderung oder eine Erweiterung des Rücklagenzweckes wurde in dem aktuellen Finanzstatut der Beklagten gerade nicht vorgenommen, so dass die im vorhergehenden Finanzstatut normierte Zweckbestimmung weiterhin Anwendung findet.

66

Dieser satzungsrechtlichen Bestimmung hat die Beklagte nicht hinreichend Rechnung getragen. So haben die Vertreter der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Liquiditätsrücklage in der Vergangenheit gebildet worden sei, um die von Anfang an gesehene Schieflage der Eröffnungsbilanz des Jahres 2006 zu bereinigen. Aufgrund des Erwerbs, der Sanierung und des Ausbaus der Immobilie am Standort „C...“ Ende der 90-er Jahre und der damit einhergehenden erheblichen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, den Rückstellungen für Pensionen sowie der Verpflichtung zur Bildung einer Ausgleichsrücklage, habe die Nettoposition zum Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz (1. Januar 2006) lediglich ... EUR betragen können. Auf der Aktivseite habe nur ein geringes Umlaufvermögen gestanden. Ziel der Liquiditätsrücklage sei daher der Aufbau der fehlenden Liquidität der Beklagten gewesen, wodurch die Aufnahme von Kassenkrediten vermieden und eine schnelle Darlehenstilgung sowie die langfristige Anhebung der Nettoposition erreicht werden sollte. Hieraus wird deutlich, dass die gebildete Liquiditätsrücklage vorliegend nicht nur der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten diente, sondern dass vielmehr hauptsächlich weitere - z.T. rein buchungstechnische - Zwecke verfolgt wurden, wobei nicht erkennbar ist, dass hierfür nicht andere Möglichkeiten als die genau zweckgebundene Liquiditätsrücklage eröffnet gewesen wären. Dabei wurde auch die Vollversammlung, jedenfalls im Hinblick auf das hier in Rede stehende Jahr, nicht hinreichend mit den Grund- und alternativen Überlegungen befasst. Die Mittel der Liquiditätsrücklage waren nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung insbesondere für die Aufstockung der Nettoposition gedacht, um den Wert des unbeweglichen Sachanlagevermögens abzubilden und damit die anfängliche Schieflage der Eröffnungsbilanz des Jahres 2006 zu bereinigen. Dies ist zwar im Ansatz nachvollziehbar, jedoch nicht mehr vom satzungsmäßigen rein kassenbezogenen Zweck der Liquiditätsrücklage erfasst (vgl. hierzu: Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und zulässige Vermögensbildung, GewArch 2016, 263 (271), der ebenfalls davon ausgeht, dass die Aufstockung der Nettoposition nicht vom Verwendungszweck der Liquiditätsrücklage gedeckt ist). Die Beklagte hat daher den eigenen satzungsrechtlichen Vorschriften nicht in vollem Umfang Rechnung getragen. Die fehlerhafte Bildung der Liquiditätsrücklage wirkt sich im Hinblick auf den Umstand, dass eine planerische Entscheidung betroffen ist, auf die Festsetzung von Beitragssätzen aus, so dass sich der Beitragsbescheid insoweit als rechtswidrig erweist.

67

Dem stehen auch nicht die Feststellungen des Urteils des erkennenden Gerichts vom 4. Mai 2015 - 6 K 1553/14. TR - entgegen. Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass gemäß § 121 VwGO rechtskräftige Urteile nur die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger hinsichtlich einer Entscheidung über den Streitgegenstand binden. Darüber hinaus wurde das Urteil, auf das jene Kammer sich hinsichtlich der Liquiditätsrücklage bezogen hat (OVG RP, Urteil vom 23. September 2014 - 6 A 11345/13 -, juris) vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben (BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O.)

68

Eine möglicherweise denkbare Umwidmung der in der Vergangenheit fehlerhaft ausgewiesenen Liquiditätsrücklage ist bisher durch die Vollversammlung der Beklagten nicht erfolgt (vgl. hierzu: Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und zulässige Vermögensbildung, GewArch 2016, 263 (271)).

69

3. Hinsichtlich der vorläufigen Beitragsfestsetzung für das Jahr 2016 ist der streitgegenständliche Bescheid nicht zu beanstanden und verletzt die Klägerin insoweit nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1).

70

a) Die Ausgleichsrücklage ist auch hinsichtlich des Geschäftsjahres 2016 nicht zu beanstanden. Insofern wird zunächst sinngemäß auf die oben gemachten Ausführungen zur Ausgleichsrücklage für das Geschäftsjahr 2014 Bezug genommen. Für das Jahr 2016 wurde eine Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR geplant. Der hierfür maßgebliche Jahresabschluss 2014 wies zum 31. Dezember 2014 eine Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR aus. Die Vollversammlung der Beklagten beschloss am 13. April 2015, dass das negative Ergebnis des Jahres 2014 in Höhe von - ... EUR aus der hierfür vorgesehenen Ausgleichsrücklage auszugleichen war. Vor dem Hintergrund der im Wirtschaftsplan 2016 geplanten Rücklagenveränderungen der Ausgleichsrücklage in Höhe von - ... EUR sowie der Zuführung von ... EUR in die Ausgleichsrücklage nach dem Eigenkapitalstrukturprinzip der Beklagten war - wie geschehen - somit von einer Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR - dies entspricht ca. 26,99 v. H. der geplanten Aufwendungen (... EUR) - für das Jahr 2016 auszugehen.

71

Die Bildung einer Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 26,99 v. H. der geplanten Aufwendungen für das Jahr 2016 erscheint angesichts der bereits getroffenen Feststellungen ohne Weiteres notwendig und angemessen, um eine ordnungsgemäße Haushaltsführung zu gewährleisten. Es ist nachvollziehbar, dass ein Betrag in Höhe von bis zu 30 v. H. der geplanten Aufwendungen vorgehalten werden muss, um mögliche Liquiditätsengpässe aufgrund von Beitragsschwankungen und Zahlungsausfällen zu vermeiden. Auch wenn das aktuelle Finanzstatut der Beklagten in § 15 a Abs. 2 Satz 2 FS keine ausdrückliche Untergrenze, sondern nur eine Obergrenze in Höhe von 50 v. H. der geplanten Aufwendungen vorsieht, kann wegen der Vergleichbarkeit der Interessenlagen der Kammern im Ansatz dennoch die Mindestdotierung des Musterfinanzstatuts dahingehend herangezogen werden, dass bei einer bis zu dieser Grenze gebildeten Ausgleichsrücklage zumindest nicht ohne Weiteres von einer unzulässigen Vermögensbildung auszugehen ist. Dem steht der Inhalt der Satzung der Beklagten nicht rechtlich zwingend entgegen - sie führt nur zu einer stärkeren Rechtfertigungslast. Bei einer Ausgleichsrücklage in Höhe von bis zu 30 v. H. spricht in besonderer Weise die Vermutung dafür, dass eine Ausgleichsrücklage in dieser Höhe angemessen ist, um im jeweiligen Haushaltsjahr eine ordnungsgemäße Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten zu gewährleisten und Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen (vgl. VG Köln, Urteil vom 15. Februar 2017, a.a.O.; sowie Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch IHKn, GewArch 2016, 263, (268), wonach in einem Wirtschaftsplanbeschluss sogar umgekehrt belegt werden müsse, warum eine Kammer die Mindestdotierung der Ausgleichsrücklage von 30 v. H. gerade unterschreiten will, so dass für die Anforderungen an die Prognoseentscheidung der Vollversammlung und die Beachtung des Gebots der Schätzgenauigkeit im Rahmen der Wirtschaftsplanung einiges dafür spreche, dass für eine gesonderte Risikoabschätzung nur im Korridor zwischen 30 v. H. und 50 v. H. der Summe der geplanten Aufwendungen Raum ist). Im Hinblick auf die nunmehr nach dem aktuellen Finanzstatut erweiterte Zweckbestimmung der Ausgleichrücklage ist eine solche Vermutung umso mehr plausibel.

72

Vorliegend unterschreitet die von der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage die Untergrenze des Musterfinanzstatuts sowie des alten Finanzstatuts der Beklagten. Aufgrund der zum Geschäftsjahr 2014 bereits gemachten Ausführungen ist nicht ersichtlich, dass vorliegend in diesem Jahr eine rechtswidrige Vermögensbildung seitens der Beklagten vorlag. Vielmehr spricht alles dafür, dass es der geplanten Ausgleichsrücklage zum Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen auch in dieser Höhe bedurfte.

73

Darüber hinaus haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, auf welcher Grundlage sie die Ausgleichsrücklage für das Jahr 2016 gebildet haben. Ausweislich der im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten Risikobewertung, die aufgrund von Praktikabilitätserwägungen hinreichend belastbar ist, habe bei der Beklagten für das Jahr 2016 ein hier relevantes Risiko in Höhe von ... EUR bestanden. Demnach hat sich die für das Jahr 2016 geplante Ausgleichsrücklage in Höhe von ... EUR deutlich unterhalb dieses kalkulierten Risikos befunden. Zudem bestehen keine Bedenken hinsichtlich der zugrunde gelegten Eintrittswahrscheinlichkeiten. So legten die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung plausibel dar, dass es sich hierbei um geschätzte Erfahrungswerte handele, über die man sich auch mit anderen Industrie- und Handelskammern ausgetauscht habe. Insbesondere ist auch hier zu berücksichtigen, dass der Beklagten bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht und Prognosen lediglich aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Dezember 2015, a.a.O), was hier der Fall ist.

74

Die Beklagte hat ihre Vollversammlung mit dem Wirtschaftsplan 2016 befasst. Die Mitglieder der Vollversammlung wurden auch hinsichtlich dieses Jahres - jedenfalls in Grundzügen - hinreichend nachvollziehbar und in ausreichend transparenter Art und Weise über die Gründe und den Bedarf einer Ausgleichsrücklage in der geplanten Höhe informiert. Der Wirtschaftsplan 2016 und das langfristige Eigenkapitalstrukturkonzept des Beklagten waren Gegenstand der Vollversammlung der Beklagten am 3. Dezember 2015. Im Vorfeld dieser Sitzung haben die Mitglieder der Vollversammlung Unterlagen ausgehändigt bekommen und hatten somit auch hier die Möglichkeit, diesbezüglich Rückfragen zu stellen bzw. weitere Auskünfte diesbezüglich einzuholen. Sofern die Klägerin geltend macht, dass den betreffenden Protokollen keine Angaben zu entnehmen seien, die ansatzweise darauf schließen ließen, dass dem Gebot der Schätzgenauigkeit Rechnung getragen worden sei, so geht dieser Einwand fehl. Denn ausweislich des Protokolls der Sitzung der Vollversammlung vom 3. Dezember 2015 wurde der Vollversammlung der Beklagten mitgeteilt, dass sich viele Werte im IHK-Erfolgsplan auf Vorjahresniveau bewegten. Insgesamt plane man mit einem positiven Ergebnis i.H.v. ... EUR. Durch das negative Finanzergebnis sei jedoch insgesamt von einem negativen Jahresergebnis i.H.v. ... EUR auszugehen. Darüber hinaus erfolgten weitere Erläuterungen durch den Geschäftsführer des Geschäftsbereichs „Zentrale Dienste und Recht" der Beklagten. Dieser führte ausweislich des vorliegenden Protokolls u.a. aus, dass für das Jahr 2016 von einem niedrigen Beitragsvolumen auszugehen sei. Außerdem belaste die Zinsschmelze die Werte der Rückstellungen für das Personal. Da im März 2016 die Tilgung des Darlehens erfolgen solle, sei bei den Zinsaufwendungen nahezu ausschließlich die buchhalterische Aufzinsung für Personalrückstellungen enthalten. Dieser Effekt verstärke sich wegen der weiteren Zinsschmelze. Zum Ausgleich von Schwankungen des Jahresergebnisses, positiv wie negativ, werde die Ausgleichsrücklage beibehalten. Sie dürfe aktuell maximal ... EUR betragen und werde per 31. Dezember 2016 voraussichtlich bei ... EUR liegen. Dies zeigt, dass auf einzelne Risiken im Rahmen der Sitzung der Vollversammlung hingewiesen wurde. Ein solches Vorgehen ist - wie bereits oben dargelegt - nicht zu beanstanden. Es ist dabei ferner zu berücksichtigen, dass die Vollversammlung der Beklagten in der Sitzung am 13. April 2015 über den Jahresabschluss 2014 informiert wurde und hier die wesentlichen Positionen der Bilanz-, Erfolgs- und Finanzrechnung erläutert sowie die Hintergründe der größeren Plan-Ist-Abweichungen dargelegt wurden. Darüber hinaus wurde auch die Höhe der Rücklagen in der Bilanz in absoluten und relativen Werten dargestellt.

75

Schließlich hat die Beklagte ihre Vollversammlung nochmals am 4. April 2016 unter Hinweis auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom Dezember 2015 mit der Rücklagenbildung befasst. Die Vollversammlung der Beklagten hat anschließend die Notwendigkeit der Rücklagen der Beklagten nach Art und Höhe für die Jahre 2015 und 2016 festgestellt und die Beschlüsse zum Wirtschaftsplan 2016 und dem Eigenkapitalstrukturkonzept vom 3. Dezember 2015 bestätigt. Auf eine Nachtragswirtschaft hat die Vollversammlung der Beklagten demnach bewusst verzichtet.

76

b) Ebenso unterliegen die anderen Rücklagen keinen Bedenken. Diese sollten vielmehr ausweislich des Beschlusses der Vollversammlung der Beklagten vom 3. Dezember 2015 in die Nettoposition umgebucht werden, so dass für das Wirtschaftsjahr 2016 keine Liquiditätsrücklage sowie keine Darlehensrücklage mehr eingeplant worden sind.

77

c) Schließlich ist Erhöhung der Nettoposition nicht zu beanstanden. Durch sie ist kein zweckfreies und zur Beitragsreduzierung zur Verfügung stehendes Vermögen gebildet worden.

78

Aus der Erhöhung der Nettoposition um ... EUR in der Bilanz zum 31. Dezember 2016 auf ... EUR lässt sich nicht herleiten, dass zu diesem Zeitpunkt anderweitige Mittel im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG vorhanden waren, die der Beklagten bei der Wirtschaftsplanung 2016 zur Verfügung gestanden hätten und daher für die Finanzierung des Haushaltes 2016 - anstelle der Erhebung von Beiträgen - hätten herangezogen werden können.

79

Bei der Nettoposition handelt es sich um eine Eigenkapitalposition der Beklagten. Sie dient als bloße Buchungsposition mit den anderen Eigenkapitalpositionen der Finanzierung des langfristig gebundenen, zur Erfüllung der Aufgaben der Beklagten notwendigen Vermögens, wobei bei den Industrie- und Handelskammern insoweit das unbewegliche Sachanlagevermögen im Vordergrund steht und dabei die Höhe der Nettoposition nach dem neuen Finanzstatut grundsätzlich auf den Wert des unbeweglichen Sachanlagevermögens begrenzt ist (VG Köln, Urteil vom 15. Februar 2017, a.a.O.).

80

Gemäß § 15 a Abs. 1 Satz 1 FS ergibt sich die Nettoposition als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden (§ 15 a Abs. 1 Satz 2 FS) und darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der Beklagten notwendige, um Sonderposten verminderte unbewegliche Sachanlagevermögen (§ 15 a Abs. 1 Satz 3 FS).

81

Die Nettoposition stellt eine rein rechnerische Größe dar, mit der bei der Einführung der doppischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige Vermögen ermittelt werden solle, das in Sachanlagen gebunden ist (VG Köln, Urteil vom 15. Februar 2017, a.a.O.). Es handelt sich nicht um liquide Mittel, da diese sich im doppischen Haushaltssystem nur im Umlaufvermögen widerspiegeln (VGH BW, Urteil vom 2. November 2016, a.a.O.).

82

Zum Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 betrug das unveränderliche Sachanlagevermögen (Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken, A. II. 1. der Eröffnungsbilanz vom 1. Januar 2006) ... EUR. Demgegenüber standen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten und sonstige Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt ... EUR (C. der Eröffnungsbilanz vom 1. Januar 2006), ferner Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen sowie sonstige Rückstellungen ( B. der Eröffnungsbilanz vom 1. Januar 2006) in Höhe von insgesamt ... EUR. Aufgrund der hohen Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten, den Rückstellungen und der Verpflichtung zur Bildung einer Ausgleichsrücklage, konnte in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 lediglich eine Nettoposition in Höhe von ... EUR ausgewiesen werden. Die Nettoposition entsprach somit - allerdings buchhalterisch korrekt - im Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz am 1. Januar 2006 nicht den im unveränderlichen Sachanlagevermögen gebundenen Vermögenswerten und war daher unterdotiert.

83

Gleiches gilt auch für die hier relevanten Jahre 2014 und 2015. Auch hier entsprach die Nettoposition in Höhe von ... EUR nicht den im unbeweglichen Sachanlagevermögen gebundenen Vermögenswerten, die zum 31. Dezember 2014 ... EUR (A. II. 1 der Bilanz zum 31. Dezember 2014) sowie zum 31. Dezember 2015 ... EUR (A. II. 1 der Bilanz zum 31. Dezember 2015) betrugen, so dass die Nettoposition in den Jahren ebenfalls unterdotiert war.

84

Insbesondere vor dem Hintergrund der Tilgung des restlichen Immobiliendarlehens in Höhe von ... EUR im Frühjahr 2016 beschloss die Vollversammlung der Beklagten am 3. Dezember 2015 ein langfristiges Eigenkapitalstrukturkonzept, wonach ... EUR aus der zweckgebundenen Rücklage zur Darlehenstilgung sowie ... EUR aus der Liquiditätsrücklage in die Nettoposition umgebucht werden sollten, um die Nettoposition auf ... EUR zu erhöhen. Die Bilanz der Beklagten wies daher zum 31. Dezember 2016 nunmehr eine Nettoposition in Höhe von ... EUR aus, wobei das unbewegliche Sachanlagevermögen (A. II. 1. der Bilanz zum 31. Dezember 2016) ... EUR betrug.

85

Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, dass mit der im Wirtschaftsplan 2016 geplanten und in diesem Jahr vorgenommenen Erhöhung der Nettoposition Vermögen nach dort verlagert worden ist, das im Jahr 2016 etwa zur weiteren Beitragsminimierung hätte herangezogen werden können. Denn insofern ist zu berücksichtigen, dass den in der Nettoposition passivierten Werten auf der Aktivseite kein ungebundenes Aktivvermögen zur freien Verfügung der Beklagten gegenüberstand, sondern es handelte sich - wie bereits oben dargelegt - um die im Sachanlagevermögen gebundenen Vermögenswerte. Insofern ist der vorliegende Sachverhalt auch nicht mit dem Sachverhalt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 23. September 2014 (6 A 11345/13) vergleichbar. Dort erfolgte eine Zuführung eines (hohen) ungeplanten Gewinns unmittelbar in die Nettoposition. Vorliegend wurden die ungeplanten Gewinne jedoch zunächst durch Beschlüsse der Vollversammlung den Rücklagen zugeführt, was auch in Einklang mit § 3 Abs. 2 des IHKG sowie mit § 15 a Abs. 3 Satz 2 des FS stand. Durch diese Buchungsvorgänge hat eine Zäsur stattgefunden.

86

Sofern die Klägerin weiter rügt, dass die Erhöhung der Nettoposition gegen das eigene Finanzstatut der Beklagten verstoße, so führt dieser Einwand ebenfalls nicht zum Erfolg. Diese Frage ist nicht (vorrangig) im Beitragsanfechtungsstreit zu prüfen. Denn hier ist alleine maßgeblich, dass - wie bereits oben dargelegt - in der Erhöhung der Nettoposition keine Vermögensbildung zulasten der Beitragszahler zu sehen ist (VG Köln, Urteil vom 15. Februar 2017, a.a.O.).

87

Im Übrigen liegt ein solcher Verstoß auch nicht vor. Ausweislich § 15 a Abs. 1 Satz 2 FS der Beklagten kann die Nettoposition bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Unmaßgeblich sind nach dem Eröffnungsbilanzstichtag sich ergebende Änderungen der Wertverhältnisse, etwa durch Einholung neuer Gutachten über die Gebäudewerte einer IHK. Die Regelung stellt weiter klar, dass Änderungen der Nettoposition nur zulässig sind bei Veränderungen des unbeweglichen Sachanlagevermögens. Solche Veränderungen können beispielsweise durch den Erwerb von Grundstücken und den Erwerb oder Bau von Gebäuden oder Gebäudeteilen begründet sein (Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch 2014, 64, (67)). Eine Änderung der aktuellen Verhältnisse setzt jedoch nicht zwingend den Erwerb von neuem unbeweglichen Sachanlagevermögen oder erhebliche Investitionen voraus. Vielmehr kann sich eine solche Änderung der aktuellen Verhältnisse auch aus einer - hier buchungstechnisch nahezu zwingend erforderlichen - anderen Zuordnung ergeben.

88

Eine solche liegt hier vor. So belief sich das unveränderliche Sachanlagevermögen der Beklagten - wie bereits oben dargelegt - zum Zeitpunkt der Eröffnungsbilanz auf ... EUR wobei demgegenüber Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in Höhe von ... EUR bestanden. Durch die vollständige Tilgung des Immobiliendarlehens im Frühjahr 2016 in Höhe von ... EUR war das Immobilienvermögen der Beklagten erstmals komplett eigenfinanziert, wodurch eine erhebliche Änderung der Zuordnung und damit auch eine erhebliche Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen eingetreten ist. Im Übrigen wurde die Rechtmäßigkeit der Erhöhung der Nettoposition auch von der Rechnungsprüfungsstelle für die Industrie- und Handelskammern mit Stellungnahme vom 18. Oktober 2016 bestätigt. Auch diese stellte fest, dass durch die Erhöhung der Nettoposition kein Verstoß gegen das aktuelle Finanzstatut der Beklagten vorliege und betriebswirtschaftlich die Finanzierung des langfristig notwendigen unbeweglichen Sachanlagevermögens unumgänglich sei. Ebenso bestanden auch aus rechtsaufsichtlicher Sicht keine Bedenken gegen die Erhöhung der Nettoposition (Schreiben des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 14. November 2016).

89

Sofern die Klägerin hinsichtlich der Erhöhung der Nettoposition ferner geltend macht, dass die Landesrechnungshöfe in Niedersachsen und in Nordrhein-Westfalen eine ähnliche Praxis der Anhebung der Nettoposition einiger Industrie- und Handelskammern als unzulässig bezeichnet hätten, so führt auch dieses Vorbringen nicht zum Erfolg. Es fehlt bereits an einer Vergleichbarkeit der jeweiligen Selbstverwaltungskörperschaften. So wurde hinsichtlich der Industrie- und Handelskammer Mittleres Ruhrgebiet sowie der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg festgestellt, dass dort eine Veränderung der Nettoposition erfolgte, ohne dass eine entsprechende Änderung des unbeweglichen Vermögens vorlag. Eine solche Änderung liegt im vorliegenden Fall jedoch - wie bereits oben dargelegt - gerade vor. Auch fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Beklagten mit der Industrie- und Handelskammer Hannover. So unterscheiden sich bereits die Regelungen im Finanzstatut der beiden Industrie- und Handelskammern hinsichtlich der Nettoposition. Darüber hinaus wurde hinsichtlich der IHK Hannover festgestellt, dass diese bereits der Höhe nach den satzungsrechtlichen Rahmen der Nettoposition des dort maßgeblichen Finanzstatuts überschritten hatte. Dies ist hier gerade nicht der Fall.

90

d) Die aus dem Wirtschaftsplan 2016 folgenden Bestimmungen der Beiträge hinsichtlich der Umlage hat die Klägerin nicht angegriffen. Diese sind auch ansonsten nicht zu beanstanden. Somit erweist sich zusammenfassend der Bescheid der Beklagten vom 12. Februar 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2017 im Hinblick auf die endgültige Beitragsfestsetzung für das Jahr 2014 bezüglich der gebildeten Liquiditätsrücklage als rechtswidrig. Im Übrigen ist der Bescheid hinsichtlich der vorläufigen Beitragsfestsetzung für das Jahr 2016 nicht zu beanstanden. Dies führt zur Aufhebung des Beitragsbescheides in Bezug auf das Jahr 2014 in vollem Umfang des auf die Klägerin entfallenden Beitrags, denn die exakte Bestimmung der Höhe ist von einer erneuten Entscheidung der Beklagten, in welcher Höhe und Relation die Grundbeiträge und/oder der Umlagesatz zu reduzieren sind, abhängig (vgl. OVG RP, Urteil vom 23. September 2014, a.a.O.).

91

III. Die Entscheidung zu den Kosten folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

92

IV. Die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten bestimmt sich nach §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO -.

93

V. Gründe, die Berufung zuzulassen, bestehen nicht (§§ 124, 124a VwGO).

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zum Handwerkskammerbeitrag für das Jahr 2010. Zwischen den Beteiligten ist vor allem streitig, ob die durch die Beklagte vorgenommene Bildung von Rücklagen dem Grunde und der Höhe nach ordnungsgemäß erfolgt ist und ob dies Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der Beitragerhebung hat.

2

Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen und ist Mitglied der Beklagten. Mit Beitragsbescheid vom 21. Mai 2010 setzte die Beklagte für das Beitragsjahr 2010 gegenüber der Klägerin einen Gesamtbeitrag in Höhe von 492,00 Euro fest, der sich aus einem Grundbeitrag in Höhe von 132,00 Euro und einem Zuschlag in Höhe von 360,00 Euro zusammensetzt.

3

Die Beitragserhebung stützte die Beklagte auf ihre Beitragsordnung vom 10. Juli 1997, zuletzt geändert mit Wirkung zum 19. November 2009, in Verbindung mit dem Beschluss der Vollversammlung der Beklagten vom 23. Februar 2010 über die Festsetzung des Handwerkskammerbeitrags für 2010. Danach beträgt der Grundbeitrag 132,00 € und der Zuschlag zum Grundbeitrag für juristische Personen und Personengesellschaften unter Beteiligung einer juristischen Person 360,00 €. Die Beschlussfassung der Vollversammlung über die Beitragsfestsetzung 2010 erfolgte als Bestandteil der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung und über den Wirtschaftsplan 2010 vom 23. Februar 2010; Letztere wurden mit Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt vom 27. April 2010 mit Maßgaben und Hinweisen genehmigt, die indes keine Auswirkungen auf den festgestellten Kammerbeitrag hatten. Die Festsetzung des Handwerkskammerbeitrages für 2010 wurde im Mitteilungsblatt der Beklagten „Norddeutsches Handwerk“ vom 6. Mai 2010 veröffentlicht.

4

Im Hinblick auf mehrfache Änderungen und Ergänzungen der Kammersatzung in den Vorjahren hatte die Vollversammlung der Beklagten am 15. Dezember 2009 einen Beschluss zur Neufassung der Satzung der Handwerkskammer B-Stadt gefasst, der mit Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt vom 5. Februar 2010 genehmigt wurde und am Tag nach der Veröffentlichung im Mitteilungsblatt der Handwerkskammer „Norddeutsches Handwerk“ vom 18. Februar 2010 - unter gleichzeitiger Außerkraftsetzung der Satzung vom 18. Dezember 1995, zuletzt geändert am 27. September 2005 - in Kraft getreten ist. Diese Neufassung der Kammersatzung sieht in § 37 erstmals den Erlass eines Finanzstatuts vor:

§ 37

5

Im Übrigen gilt für die Aufstellung und den Vollzug des Wirtschaftsplans (Wirtschaftsführung) sowie die Rechnungslegung und Jahresabschlussprüfung das Finanzstatut der Handwerkskammer. Das Finanzstatut ist von der Vollversammlung zu beschließen und von der Aufsichtsbehörde zu genehmigen.

6

Bereits am 20. Oktober 2009, mithin vor Inkrafttreten der Neufassung der Satzung, hatte die Vollversammlung der Beklagten den Erlass eines Finanzstatuts der Handwerkskammer B-Stadt beschlossen. Dieser Beschluss wurde mit Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt vom 2. Dezember 2009 genehmigt und im Mitteilungsblatt der Beklagten „Norddeutsches Handwerk“ vom 10. Dezember 2009 veröffentlicht.

7

§ 31 der Satzung der Beklagten in der Fassung aus dem Jahr 2005 schrieb noch die Anwendung der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HRKO) vor, in der hinsichtlich der Bildung von Rücklagen folgendes geregelt war:

8

§ 28 Rücklagen

9

(1) Es ist eine Ausgleichsrücklage und eine Betriebsmittelrücklage zu bilden…. Bei Bedarf können weitere Rücklagen gebildet werden.
(2) Höhe und Zweckbestimmung sind in einer gesonderten Rücklagenordnung zu regeln, die von der Vollversammlung zu beschließen ist.

10

Das Finanzstatut der Beklagten vom 20. Oktober 2009 trifft in Bezug auf sein Inkrafttreten folgende Regelung:

11

§ 22 Inkrafttreten

12

Dieses Finanzstatut tritt nach Genehmigung durch die zuständige Aufsichtsbehörde und nach seiner öffentlichen Bekanntmachung am 01.01.2010 in Kraft. Die bisherige Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) für die Handwerkskammer vom 04.12.1991 zuletzt geändert durch Beschluss der Vollversammlung am 27.09.2005 sowie die bisherige Rücklagenordnung für die Handwerkskammer vom 04.12.1991 treten zum gleichen Zeitpunkt außer Kraft.

13

In Bezug auf die Rücklagenbildung der Beklagten ist im Finanzstatut geregelt:

14

§ 17 Rücklagen

15

(1) Bei der Aufstellung des Jahresabschlusses können Zuführungen und Entnahmen von Rücklagen vorgenommen werden.
(2) Die Handwerkskammer bildet aus den Jahresüberschüssen eine Betriebsmittelrücklage und eine Ausgleichsrücklage. Darüber hinaus können auf Beschluss des Vorstandes weitere Rücklagen aus Überschüssen gebildet werden.
...

16

Die Rücklagenordnung vom 4. Dezember 2001, zuletzt geändert durch Beschluss der Vollversammlung der Beklagten vom 16. April 2009, traf in Bezug auf die „Sonderrücklagen“ folgende Regelungen:

§ 1

17

Die Handwerkskammer hat eine Betriebsmittelrücklage und eine Ausgleichsrücklage anzusammeln.

18

Sie kann auch Sonderrücklagen bilden.

§ 5

19

Sonderrücklagen können auf Beschluss der Vollversammlung gebildet werden, wenn künftige Ausgaben voraussichtlich nicht aus Mitteln des jährlichen Haushaltsplanes bestritten werden können.

20

Hinsichtlich der Bildung von Sonderrücklagen gab es in den Jahren 2009 und 2010 folgende Beschlüsse:

21

Am 16. April 2009 beschloss die Vollversammlung der Beklagten eine „neue Rücklagenstruktur“, die zu einer Umverteilung und neuen Zuordnung der Finanzmittel anstelle der bis zum 31. Dezember 2008 bestehenden Rücklagenstruktur führte.

22

So wurde die Betriebsmittelrücklage in Höhe von (bislang) 9.051.072,10 € reduziert auf 7.120.000,00 €, wobei zugleich nicht rückführbare Entnahmen für 2009 in Höhe von insgesamt 4.320.000,00 € erfolgten, so dass die verbleibende Betriebsmittelrücklage künftig 2.800.000,00 € betragen sollte. Die ursprüngliche Ausgleichsrücklage in Höhe von 8.606.241,59 € wurde reduziert auf 600.000,00 €. Der Restbetrag sowie die bisherigen Rücklagen „BBZ“ „Internat BBZ“ und „Altersteilzeit“ wurden nunmehr als „Sonderrücklagen“ deklariert und wie folgt verteilt:

23

 - für Altersteilzeit

  435.252,04 €,

 - für notwendige Instandhaltungs-, Wiederbeschaffungs- und Modernisierungsinvestitionen

 2.466.344,19 €,

 - für besondere Verwendungszwecke

 9.200,000,00 €.

24

Die Sonderrücklage „besondere Verwendungszwecke“ setzte sich ihrerseits zusammen aus der Rücklage

25

-Haus des Handwerks

 in Höhe von

6,2 Mio. €,

-Struktur KHS

 in Höhe von

1,0 Mio. €,

-Stiftung

 in Höhe von

2,0 Mio. €.

26

Mit Bescheid vom 17. Juni 2009 genehmigte das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt unter lfd. Nr. 5 den Beschluss zur Struktur der Rücklagen, der mit Zeichnung durch den Präsidenten und die Hauptgeschäftsführerin am 16. April 2009 in Kraft getreten ist.

27

Auf Grund der Umstellung der Buchhaltung der Beklagten zum 1. Januar 2010 von der kameralistischen Buchführung auf die doppische Buchführung änderte sich die Rücklagenstruktur der Beklagten zum 1. Januar 2010 in der Weise, dass die Sonderrücklage „Altersteilzeit“ in Höhe von 435.252,04 € ausgegliedert wurde und nunmehr als Rückstellung geführt wird. Nicht verbrauchte Ausgaben des Haushaltsjahres 2009 für das Haus des Handwerks in Höhe von 2.004.653,21 € wurden zum 1. Januar 2010 der Sonderrücklage „Haus des Handwerks“ zugeführt, so dass sich deren Wert von 6,2 Mio. € (Stand 31.12.2009) auf 8.204.653,21 € (Stand 01.01.2010) erhöhte. Die Sonderrücklagen der Beklagten wiesen danach am 1. Januar 2010 einen Bestand von insgesamt 13.670.997,40 € aus.zer5

28

Am 31. Mai 2010 traf der Vorstand der Beklagten auf der Grundlage der Rücklagenordnung der Handwerkskammer B-Stadt den „Beschluss über die Zuführung der nicht benötigten Sonderrücklagen 2009 in Höhe von 1.277.036,00 € in die bereits vorhandene Sonderrücklage für das Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien“.

29

Ebenfalls am 31. Mai 2010 beschloss der Vorstand der Beklagten - wiederum auf der Grundlage der Rücklagenordnung - über die „Verwendung des außerplanmäßigen Überschusses aus der Jahresrechnung 2009 in Höhe von 1.123.879,10 EUR für folgende Zwecke:

30

 - 800.000,00 EUR

 Pensionsrückstellung,

 - 100.915,10 EUR

 Investitionsrücklage,

 - 222.964,00 EUR

 Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien“.

31

Die Vollversammlung der Beklagten traf am 8. Juni 2010 fast gleichlautende Beschlüsse, und zwar über die „Zuführung der nicht benötigten Sonderrücklagen 2009 in Höhe von 1.277.036,00 EUR in die bereits vorhandene Sonderrücklage für das Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien“ und über die „Verwendung des außerplanmäßigen Überschusses aus der Jahresrechnung 2009 in Höhe von 1.123.879,10 EUR für folgende Zwecke:

32

 - 900.000,00 EUR

 Pensionsrückstellung,

 -       915,10 EUR

 Investitionsrücklage,

 - 222.964,00 EUR

 Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien“.

33

Am 15. Juni 2010 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben. Zu deren Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt:

34

Für eine Beitragserhebung fehle es an einer wirksamen Beitragsordnung der Beklagten sowie an Nachweisen für eine ordnungsgemäße Beschlussfassung hinsichtlich der Beitragserhebung 2010.

35

Neben einer fehlenden Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung sei auch die „Rücklagenhandhabung“ der Beklagten nicht gesetzeskonform erfolgt. Die Beklagte habe Vermögenswerte dem Einsatz zur Kostendeckung entzogen, indem Rücklagen für nicht notwendige Aufgaben formell und materiell fehlerhaft gebildet und der Haushalt mit vermeintlichen Ausgabepositionen künstlich „aufgebläht“ worden sei.

36

Der Beschluss der Vollversammlung vom 16. April 2009 zur „Struktur der Rücklagen“ verstoße gegen § 28 Abs. 2 HKRO, wonach Höhe und Zweckbestimmung der Rücklagen in einer gesonderten Rücklagenordnung zu regeln seien, die von der Vollversammlung zu beschließen sei.

37

Hinsichtlich der bis zum 31. Dezember 2008 gebildeten Rücklagen „BBZ“, „Internat BBZ“, „Altersteilzeit“ mangele es bereits an entsprechenden Beschlussfassungen der Vollversammlung über die Bildung von Sonderrücklagen. Auch die „neue Rücklagenstruktur“ sei der Sache und der Höhe nach zu beanstanden.

38

Soweit die von der Beklagten vorgelegte „Finanzübersicht für das Jahr 2010“ für die Sonderrücklage „Kompetenzzentrum erneuerbarer Energien“ einen Zugang von 2,5 Mio. Euro (richtigerweise wohl 1,5 Mio. Euro) ausweise, sei dieser Betrag den Beitragspflichtigen vorenthalten worden; hierfür gebe es keine (rechtzeitige) Beschlussfassung.

39

Die Klägerin hat beantragt,

40

den Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2010 aufzuheben.

41

Die Beklagte hat beantragt,

42

die Klage abzuweisen.

43

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Vollversammlung der Beklagten habe am 23. Februar 2010 den Beitrag für das Jahr 2010 beschlossen; die Beitragshöhe sei Bestandteil des Wirtschaftsplanes. Der Wirtschaftsplan und der Beschluss zur Beitragshöhe seien im Mitteilungsblatt „Norddeutsches Handwerk“ vom 6. Mai 2010 bekannt gemacht worden.

44

Weder die bisherige noch die neue Rücklagenstruktur sei zu beanstanden.

45

Die Rücklagenstruktur bis zum 31. Dezember 2008 sei Bestandteil der jeweiligen Jahresabrechnung. Die durch die Vollversammlung am 16. April 2009 beschlossene und am 17. Juni 2009 genehmigte neue Rücklagenstruktur sei sowohl in Bezug auf die Zweckbindung wie die Höhe der einzelnen Rücklagen gerechtfertigt.

46

Auch für das Jahr 2010 sei eine ordnungsgemäße Rücklagenbildung erfolgt. Gem. Beschluss der Vollversammlung der Beklagten am 8. Juni 2010 (TOP 8) seien die außerplanmäßigen Überschüsse aus der Jahresrechnung 2009 in Höhe von insgesamt 1.123.879,10 Euro der Sonderrücklage für „Pensionsrückstellung“, der „Investitionsrücklage“ und der Rücklage „Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien“ zugeführt worden. Gem. TOP 9 sei der Sonderrücklage „Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien“ zudem ein weiterer Betrag in Höhe von 1.277.036,00 Euro aus nicht benötigten Sonderrücklagen 2009 zugeführt worden. Dieses Vorgehen entspreche den satzungsrechtlichen Vorgaben zur Bildung von Rücklagen, insbesondere den Regelungen in der Rücklagenordnung.

47

Mit Urteil vom 2. August 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

48

Der angefochtene Bescheid finde in § 113 Abs. 1 HandwO i. V. m. der Beitragsordnung der Beklagen eine hinreichende Rechtsgrundlage.

49

Hinsichtlich der Rücklagenbildung habe sich die Beklagte eine Rücklagenordnung gegeben, die durch Beschluss der Vollversammlung vom 16. April 2009 geändert und am 17. Juni 2009 durch die Aufsichtsbehörde genehmigt worden sei. Die Genehmigung sei auch hinsichtlich der Beschlüsse der Vollversammlung zur Struktur der Rücklagen, der Änderung der Rücklagenordnung und der Haushaltssatzung sowie des Haushaltsplans 2009 „vor dem Hintergrund“ erfolgt, dass mitgeteilt worden sei, welche Maßnahmen unter den Sonderrücklagen „Stiftung“ und „Struktur der KHS“ zu verstehen seien und was diesbezüglich geplant sei. Die Rücklagenordnung müsse keine detaillierte Aufzählung der einzelnen Sonderrücklagen enthalten. Die Konkretisierung obliege der Beschlussfassung durch die Vollversammlung, wie sie am 16. April 2009 erfolgt sei.

50

Im Weiteren führt das Verwaltungsgericht aus, weshalb die einzelnen Rücklagen der Sache und der Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden seien.

51

Gegen das der Klägerin am 15. August 2011 zugestellte Urteil hat der Senat auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 15. Februar 2012 die Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zugelassen.

52

Mit am 13. März 2012 beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt eingegangenen Schriftsatz vom 12. März 2012 begründet die Klägerin ihre Berufung wie folgt:

53

Sie wiederholt und vertieft ihr Klagevorbringen; insbesondere erhebt sie weiterhin Einwände gegen die Rücklagenbildung der Beklagten. Hinsichtlich der geänderten Rücklagenzwecke hätten diese weder vor noch nach der Änderung der Rücklagenstruktur die erforderliche Regelung in der Rücklagenordnung gefunden. Auch hätten die Voraussetzungen für Zweckänderungen nicht vorgelegen. Das wirksame Zustandekommen des Finanzstatuts werde bestritten.

54

Die Klägerin beantragt,

55

unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 3. Kammer - vom 2. August 2011 den Beitragsbescheid der Beklagten vom 21. Mai 2010 aufzuheben.

56

Die Beklagte beantragt,

57

die Berufung zurückzuweisen.

58

Zur Begründung führt sie aus, dass sie sich auf wirksam in Kraft gesetztes Beitragsrecht stützen könne und der Beitrag in der Vollversammlung vom 23. Februar 2010 unter TOP 5 ordnungsgemäß beschlossen und bekannt gemacht worden sei. Für die Bildung von Sonderrücklagen reiche es aus, wenn über diese – auf der Grundlage von § 5 der Rücklagenordnung – jährlich im Wege der Haushaltsaufstellung beschlossen werde; eines jeweils spezifischen Beschlusses in Gestalt einer gesonderten Rücklagenordnung bedürfe es danach nicht.

59

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte im anhängigen Verfahren sowie zu den Verfahren 1 L 124/11 und 3 A 158/09 MD und die jeweils vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

60

Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 3. Kammer - vom 2. August 2011 gerichtete Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

61

Ihre Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Denn der Bescheid der Beklagten vom 21. Mai 2010 über die Beitragsfestsetzung für das Jahr 2010 in Höhe von 492,60 Euro ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

62

Die Beklagte hat über die Bildung von Rücklagen formal unter Verstoß gegen untergesetzliches, von ihr selbst gesetztes normatives Recht beschlossen. Auf Grund der fehlerhaften Rücklagenbildung standen der Beklagten für das Beitrags-/Haushaltsjahr 2010 zur Deckung der Kosten ihrer Tätigkeit zusätzliche, rechtlich ungebundene finanzielle Mittel zur Verfügung, die das für 2010 vorgesehene Beitragsaufkommen um ein Mehrfaches überschritten haben. Ein Anlass für eine Beitragserhebung wegen anderweitig nicht gedeckter Kosten ist hiernach nicht feststellbar.

63

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen durch die Handwerkskammer ist § 113 Abs. 1 HandwO i. d. F. der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I, S. 3074, ber. 2006 I S. 2095), bei Erlass des angefochtenen Bescheides zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Juli 2009 (BGBl. I, S. 2091). Danach werden die durch die Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammer entstehenden Kosten, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, von den Inhabern eines Betriebs eines Handwerks und eines handwerksähnlichen Gewerbes sowie den Mitgliedern der Handwerkskammer nach § 90 Abs. 3 HandwO nach einem von der Handwerkskammer mit Genehmigung der obersten Landesbehörde festgesetzten Beitragsmaßstab getragen.

64

Die Handwerkskammer darf hiernach Beiträge nur zur Deckung der Kosten, die durch ihre Errichtung und die laufende Tätigkeit verursacht werden, erheben. Sie darf dies zudem nur insoweit, als sie nicht durch anderweitige Einnahmen gedeckt sind. Die Kammer ist nicht befugt, planmäßig ein Kammervermögen schlicht anzusammeln. Es ist ihr aber andererseits nicht verwehrt, höhere Beiträge, als zur Kostendeckung notwendig sind, zu erheben und daraus Rücklagen für die Finanzierung eines Vorhabens zu bilden, das der Erfüllung ihrer Aufgaben dient.

65

Hieran gemessen erweist sich die Heranziehung der Klägerin als rechtswidrig, weil sie nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, soweit nur „nicht anderweitig“ gedeckte Kosten Anlass für eine Beitragserhebung geben können; der streitgegenständliche Beitrag dient vorliegend auch nicht der Bildung einer Rücklage. Vielmehr verfügte die Beklagte jedenfalls im hier zugrundeliegenden Beitragsjahr über Geldvermögen, das infolge nicht ordnungsgemäßer Rücklagenbildung zur Kostendeckung hätte eingesetzt werden können und gemäß § 113 Abs. 1 HandwO müssen.

66

Die Rücklagenbildung ist in der Handwerksordnung nicht geregelt. Der Gesetzgeber hat aber in der Gestaltung des Kammerhaushalts eine wesentliche Selbstverwaltungsangelegenheit gesehen, die auch den Erlass kammereigener haushaltsrechtlicher Bestimmungen rechtfertigt (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 15. Oktober 1986 - 5 UE 236/84 -, GewArch 1987, 395 [396]). Hiervon hat die Beklagte in der Weise Gebrauch gemacht, als sie durch das am 20. Oktober 2009 beschlossene Finanzstatut ab 1. Januar 2010 mittels Satzung eine normative Regelung zur Rücklagenbildung getroffen hat. An deren Beachtung muss sich die Beklagte festhalten und messen lassen, sofern das Finanzstatut wirksam zustande gekommen und materiell-rechtlich nicht zu beanstanden sein sollte.

67

Ob allerdings Letzteres der Fall ist, insbesondere ob dem Umstand rechtliche Relevanz beizumessen ist, dass die den Erlass eines Finanzstatuts vorsehende Bestimmung des § 37 der Neufassung der Satzung der Beklagten vom 15. Dezember 2009 erst am 19. Februar 2010, mithin erst nach Beschlussfassung, Genehmigung und Veröffentlichung des Finanzstatuts in Kraft getreten ist, und ob zudem eine Delegation der Befugnis zur Rücklagenbildung im Sinn des § 17 Abs. 2 Satz 2 Finanzstatut auf den Vorstand - zumal ohne jegliche Maßgabe und Voraussetzung in dessen freies Ermessen gestellt - mit dem Aufgabenvorbehalt für die Vollversammlung gemäß § 106 Abs. 1 Satz 1 HandwO vereinbar ist, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung.

68

Denn soweit § 17 Abs. 2 Satz 2 Finanzstatut vorsieht, dass (neben der Betriebsmittel- und Ausgleichsrücklage) „darüber hinaus... auf Beschluss des Vorstandes weitere Rücklagen aus Überschüssen gebildet werden“ können, lagen entsprechende Vorstandsbeschlüsse über die Bildung von Sonderrücklagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Beitragsbescheides vom 21. Mai 2010 weder vor noch waren nachträgliche Beschlussfassungen mit entsprechender Rückwirkung in Kraft getreten. Die von der Beklagten mitgeteilten Vorstandsbeschlüsse datieren vom 31. Mai 2010 und sollten mit Zeichnung durch den Präsidenten und die Hauptgeschäftsführerin in Kraft treten, die ebenfalls am 31. Mai 2010 erfolgt ist.

69

Die zur selben Thematik ergangenen Beschlussfassungen der Vollversammlung der Beklagten vom 8. Juni 2010 sollten ebenfalls erst mit Zeichnung durch den Präsidenten und die Hauptgeschäftsführerin am 8. Juni 2010 in Kraft treten. Zudem hat die Vollversammlung eine andere Verteilung des außerplanmäßigen Überschusses aus der Jahresrechnung 2009 für die Zwecke „Pensionsrückstellung“ und „Investitionsrücklage“ beschlossen als der Vorstand.

70

Darüber hinaus umfassen die Beschlussfassungen vom 31. Mai 2010 bzw. 8. Juni 2010 nur einen Teil der Sonderrücklagen, nämlich das „Kompetenzzentrum für erneuerbare Energien“, die „Investitionsrücklage“ und eine „Pensionsrückstellung“; auch beliefen sie sich der Höhe nach auf einen Gesamtrücklagenbetrag von rund 2.4 Mio. Euro, so dass den im Wirtschaftsplan 2010 in Ansatz gebrachten Einnahmen aus Handwerkskammerbeiträgen für das laufende Rechnungsjahr von 4,9 Mio. Euro (vgl. Kontenplan, Konto 8 000 000) formal nicht ordnungsgemäß gebildete „Sonderrücklagen“ in Höhe von mindestens 11 Mio. Euro gegenüberstanden. Die Beklagte verfügte hiernach über ausreichende Vermögenswerte zu einer „anderweitigen Kostendeckung“ im Sinn des § 113 Abs. 1 Satz 1 HandwO.

71

Eine der Beklagten günstigere Rechtslage ergibt sich auch dann nicht, wenn wegen der von der Klägerin gerügten Unwirksamkeit des Finanzstatuts bzw. in Ergänzung der nach dem Finanzstatut nicht ausreichenden Beschlussfassungen des Vorstandes der Beklagten auf die „alte“ Rechtslage abzustellen wäre. Für die Rücklagenbildung wäre in diesem Fall die Haushalt-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) für die Handwerkskammer B-Stadt vom 4. Dezember 1991 in der durch Beschluss der Vollversammlung vom 27. September 2005 überarbeiteten Fassung maßgeblich, gegen deren wirksames Zustandekommen die Verfahrensbeteiligten Bedenken nicht erhoben haben und für den Senat auch nicht ersichtlich sind.

72

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 HKROist eine Ausgleichsrücklage und eine Betriebsmittelrücklage zu bilden. Gem. Satz 2 dient die Ausgleichsrücklage der Sicherstellung des Haushaltsausgleichs und die Betriebsmittelrücklage der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Kreditermächtigungen. Nach Satz 3 können weitere Rücklagen gebildet werden. Die Bildung angemessener Rücklagen gehört zu einer geordneten Haushaltsführung (so BVerwG, Urt. v. 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 -, juris).

73

Soweit die Vollversammlung der Beklagten mit ihrem Beschluss vom 16. April 2009 über eine „neue Rücklagenstruktur“ neben der nach der HKRO zwingend zu bildenden Betriebsmittel- und Ausgleichsrücklage auch verschiedene „Sonderrücklagen“ gebildet hat, ist dies also grundsätzlich möglich. Dabei ist die sich aus ihrem Selbstverwaltungsrecht ergebende Eigenverantwortlichkeit und der damit verbundene weite Gestaltungsspielraum der Beklagten zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung dessen, was die Beklagte im Einzelnen für erforderlich und welche Rücklagen sie in welcher Höhe für angemessen hält, steht ihr ein weiter Entscheidungsspielraum zu, der einerseits dadurch begrenzt wird, dass die durch Rücklage zu finanzierende Maßnahme dem Aufgabenbereich der Beklagten unterfallen muss und andererseits die Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung nicht offenkundig überschritten werden dürfen bzw. ein mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbares Verhalten der Beklagten feststellbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13. April 2011 - 6 A 11076/10 -, juris RdNr. 22).

74

In Bezug auf die Angemessenheit der Rücklagenhöhe ist zu berücksichtigen, dass die Rücklagenbildung aufgrund der mit ihr bezweckten Sicherung eines zukünftigen Finanzbedarfs in der Regel aufgrund einer Prognose und Schätzung künftiger Kosten erfolgt und ebenso im normativen Ermessen der Kammer steht, wie die Entscheidung, ob und inwieweit sie umlagefähige Kosten außer durch Grundbeiträge auch durch Zusatzbeiträge oder Sonderbeiträge decken will. Das normative Ermessen des Normgebers wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26. April 2006 - 6 C 19.05 -, juris).

75

Vorliegend kann indes dahingestellt bleiben, inwieweit die einzelnen Rücklagen, insbesondere die „Sonderrücklagen“, diesen Anforderungen genügen. Der Senat sieht daher – anders als das Verwaltungsgericht – keine Veranlassung, sich im Rahmen dieses Rechtsstreits mit der Frage der Angemessenheit der Mittelveranschlagung für einzelne Vorhaben bzw. Projekte der Beklagten zu befassen. Denn die Vollversammlung der Beklagten hat weder bei der Beschlussfassung zur „Neubildung der Rücklagenstruktur“ vom 16. April 2009 noch bei der Beschlussfassung über die Rücklagenbildung für das Jahr 2010 beachtet, dass nach § 28 Abs. 2 HKRO Höhe und Zweckbestimmung (der Rücklagen) in einer gesonderten Rücklagenordnung zu regeln sind, die von der Vollversammlung zu beschließen ist.

76

Entgegen der Auffassung der Beklagten genügte es auch nicht, auf der Grundlage der (lediglich) allgemeinen Regelung in § 5 der Rücklagenordnung der Handwerkskammer über die Bildung von Sonderrücklagen durch einen einfachen Beschluss der Vollversammlung – etwa im Rahmen der jeweiligen Haushaltsberatungen - zu entscheiden, wie dies durch den Beschluss vom 16. April 2009 erfolgt ist. Eine solche Verfahrensweise verstieße gegen die eindeutigen Vorgaben in § 28 Abs. 2 S. 2 HRKO bzw. - sofern jene Regelung anwendbar sein sollte – gegen die Maßgaben in § 17 Abs. 2 S. 2 des Finanzstatuts.

77

Die von der Vollversammlung der Beklagten am 4. Dezember 1991 beschlossene Rücklagenordnung enthält ebenso wie die am 16. April 2009 beschlossene und erst mit Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde vom 17. Juni 2009 in Kraft getretene Änderung der Rücklagenordnung zur Sonderrücklagenbildung lediglich die Regelung in § 5,wonach Sonderrücklagen auf Beschluss der Vollversammlung gebildet werden können, wenn künftige Ausgaben voraussichtlich nicht aus Mitteln des jährlichen Haushaltsplanes bestritten werden können. Eine Bestimmung zur „Höhe“ der Sonderrücklage ist damit nicht getroffen.

78

Auch genügt der Begriff „Sonderrücklage“ und die sich aus der Rücklagenordnung ergebende Voraussetzung für deren Bildung nicht den Anforderungen des § 28 Abs. 2 HKRO an die Regelung der „Zweckbestimmung“. Der Begriff „Sonderrücklage“ ist insoweit zu unbestimmt und sagt nichts darüber aus, für welche Aufgaben und Projekte die Mittelansparung gebildet wird und verwendet werden darf (vgl. § 8 Satz 1 RLO). Auch erlaubt der Begriff „Sonderrücklage“ in Anbetracht der unterschiedlichen konkreten Ausformungen, die er gemäß der Beschlussfassung der Vollversammlung der Beklagten am 16. April 2009 zur Bildung einer neuen Rücklagenstruktur gefunden hat, keine Prüfung einer Zweckänderung i. S. d. § 9 RLO. Der Bestimmung über die Voraussetzung, unter der eine Sonderrücklage gebildet werden darf, kann ebenfalls nicht entnommen werden, welchem Zweck sie dient.

79

Anhaltspunkte dafür, dass Beschlussfassungen der Vollversammlung der Beklagten über die alte und/oder neue Rücklagenstruktur wenigstens zum Bestandteil der Rücklagenordnung gemacht und damit formgerecht in diese inkorporiert wurden, bestehen ebenfalls nicht, so dass eine Regelung von Höhe und Zweckbestimmung der Sonderrücklagen mittels Rücklagenordnung im Sinne von § 28 Abs. 2 HKRO nicht festgestellt werden kann.

80

Nach alldem fehlt es an einem (formal) ordnungsgemäßen Beschluss des hier zu berufenen Gremiums über die Bildung von Rücklagen für das Beitragsjahr 2010. Infolgedessen standen der Kammer für das Beitragsjahr 2010 rechtlich ungebundene finanzielle Geldmittel in beträchtlicher Höhe, und zwar zumindest in einer solchen Höhe zur Verfügung, dass aus ihnen die durch die Tätigkeit der Handwerkskammer entstehenden Kosten gedeckt werden konnten. Dieser Umstand stand gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 HandwO der Erhebung von Beiträgen entgegen.

81

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

82

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

83

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.