Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Feb. 2008 - 11 S 2439/07

bei uns veröffentlicht am06.02.2008

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 4. Oktober 2007 - 5 K 2874/07 - geändert. Der Antragsgegner wird im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet, die Abschiebung des Antragstellers vorläufig zu unterlassen, solange er kein (amts-)ärztliches Gutachten darüber eingeholt hat, ob auf Grund einer Abschiebung des Antragstellers die Gefahr besteht, dass sich sein Gesundheitszustand infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt

Gründe

 
I.
Der Antragsteller ist türkischer Staatsangehöriger. Er stellte im September 2005 einen Asylantrag, der ebenso wie eine anschließende Klage erfolglos blieb; im Klageverfahren hatte der Antragsteller sich unter Vorlage ärztlicher Atteste erstmals auch auf eine Epilepsie-Erkrankung sowie weitere psychische Leiden berufen. Da der Antragsteller mangels gültiger Reisedokumente nicht abgeschoben werden konnte, wurde seine Abschiebung ausgesetzt. Nachdem Rückreisedokumente vorlagen, kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe ihm im Februar 2007 die Abschiebung an. Hierauf beantragte er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. Zur Begründung verwies er auf ein ärztliches Attest der Ärztin für Allgemeinmedizin Dr. ...-... vom 06.03.2007, wonach er seit Januar 2006 wegen folgender Erkrankungen in ärztlicher Behandlung sei: "Posttraumatische Belastungsstörung (F43.1G); Angststörung (F41.9G), Panikattacken (F41.0); Epilepsie (G47.9G); mittelschwere depressive Episode (F32.9G); Schlafstörung (G47.9G); psychosomatische Beschwerden (F45.9G)"; er habe als Zehnjähriger erlebt, wie Verwandte von Soldaten brutal zusammengeschlagen worden seien, und leide seitdem unter Angst- und Panikattacken; kurz nach diesem Vorfall habe er einen ersten epileptischen Anfall bekommen; seither bekomme er in Stresssituationen epileptische Anfälle; aufgrund dieser Erkrankungen sei dringend eine medikamentöse sowie Psychotherapie indiziert; er sei aus medizinischer Sicht reiseunfähig, eine Abschiebung hätte gravierende gesundheitliche Folgen. Die Stadt Mannheim lehnte den Antrag ab. Ende Mai 2007 kündigte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Antragsteller die Abschiebung für den 06.06.2007 mit dem Hinweis an, dem ärztlichen Attest ließen sich keine Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit entnehmen. Am 04.06.2007 wurde der Antragsteller, nachdem er in der Nacht zuvor eine Überdosis Psychopharmaka eingenommen hatte, im ... ...- und ... Krankenhaus Ludwigshafen und anschließend im Psychiatrischen Zentrum ... wegen akuter Suizidalität stationär aufgenommen Das Regierungspräsidium setzte daraufhin die Abschiebung bis zum 18.09.2007 aus. Der damalige Bevollmächtigte des Antragstellers legte einen ärztlichen Bericht des Konsiliardienstes für Psychiatrie und Psychotherapie des erstaufnehmenden Krankenhauses vom 05.06.2007 und ein ärztliches Schreiben des Psychiatrischen Zentrums ... vom 14.06.2007 vor, die jeweils die Notwendigkeit einer ambulanten Psychotherapie und die Gefahr erneuter ernsthafter suizidaler Handlungen bei einer drohenden Abschiebung bestätigen. Ende Juli 2007 wurde der Antragsteller aus stationärer Behandlung entlassen. Anschließend begehrte er unter Bezugnahme auf eine ärztliche Bescheinigung des Psychiatrischen Zentrums ... vom 18.07.2007 die weitere Aussetzung der Abschiebung. In der Bescheinigung wird als Diagnose angeben: "Z. n. Suizidversuch mit Psychopharmaka, mittelgradig depressive Episode, posttraumatische Belastungsstörung, dissoziative Krampfanfälle". Im August 2007 kündigte das Regierungspräsidium dem Antragsteller an, dass er am 09.10.2007 unter Hinzuziehung eines Arztes als Flugbegleiter abgeschoben werde; die ärztlichen Atteste seien zur Beurteilung einer Reiseunfähigkeit nicht aussagekräftig.
Am 18.09.2007 hat der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers beim Verwaltungsgericht Karlsruhe beantragt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu ergreifen. Wie der Vorfall Anfang Juni 2007 zeige, sei zu befürchten, dass sich die Suizidgefahr nicht bei der Durchführung der Abschiebung, sondern vorher realisiere. Zur Glaubhaftmachung hat er sich auf die bereits vorgelegten ärztlichen Atteste und Berichte berufen und ein weiteres ärztliches Attest der Dr. ...-... über eine seit Ende Juli 2007 durchgeführte Psychotherapie und einen an diese Ärztin gerichteten ärztlichen Entlassungsbericht des Psychiatrischen Zentrums ... vom 26.07.2007 vorgelegt, in dem es u. a. heißt, bei einer drohenden Abschiebung in das Heimatland sei erneut mit ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Der Antragsgegner hat die Ablehnung des Antrags unter Hinweis darauf beantragt, dass der Antragsteller in Begleitung von Sicherheitskräften sowie eines Arztes abgeschoben werde und dafür Sorge getragen sei, dass er bei Ankunft am Zielflughafen in Istanbul dem Vertrauensarzt der Deutschen Botschaft übergeben werde. Mit Beschluss vom 04.10.2007 hat das Verwaltungsgericht den Antrag abgelehnt.
Mit seiner Beschwerde legt der Antragsteller neuere ärztliche Atteste der Dr. ...-... vom 09.10. und 12.11.2007 vor, die bestätigen, dass bei Stresssituationen akute Suizidgefahr bestehe und der Antragsteller am 02.11.2007 einen weiteren Suizidversuch unternommen und sich dabei sehr schwere Schnittverletzungen am linken Unterarm zugefügt habe. Ferner hat er einen ärztlichen Bericht des Psychiatrischen Zentrums ... an Dr. ...-... vom 15.09.2007 sowie eine Versicherung an Eides Statt eines Onkels vom 15.11.2007 vorgelegt, in der bezeugt wird, dass der Antragsteller am 02.11.2007 in der irrigen Annahme, von der Polizei abgeholt zu werden, Anstalten gemacht habe, sich aus dem Fenster der im vierten Oberschoß gelegenen Wohnung seiner Mutter zu stürzen. Der Antragsgegner hält daran fest, den Antragsteller mit den zugesagten Vorkehrungen abzuschieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die fristgerecht erhobene und begründete sowie inhaltlich den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechende Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Der sinngemäß auf die vorläufige Unterlassung der Abschiebung des vollziehbar ausreisepflichtigen Antragstellers zielende zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat mit der im Tenor ausgesprochenen Maßgabe Erfolg, so dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichts entsprechend zu ändern ist. Nach dem Beschwerdevorbringen des Antragstellers, auf dessen Überprüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), sind Anspruch und Grund für den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Anspruchs auf eine weitere Aussetzung der Abschiebung hinreichend glaubhaft gemacht.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Für den Anordnungsanspruch einer Sicherungsanordnung genügt dabei die Glaubhaftmachung von Tatsachen, aus denen sich zumindest ergibt, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen ist (vgl. Hess VGH, Beschluss vom 05.09.1997 - 7 TG 3133/97 - NJW 1997, 2970; Funke-Kaiser in Bader, VwGO, 4. Auflage, § 123 Rn. 18; Schoch u. a. , VwGO, Stand Februar 2007, § 123 Rn. 70). Ein Anordnungsgrund ist glaubhaft gemacht, wenn eine vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten materiellen Anspruchs zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Es besteht die Gefahr, dass die vom Antragsgegner konkret in Aussicht genommene Abschiebung des Antragstellers ohne eine  v o r h e r i g e  gutachtliche Klärung der im Tenor bezeichneten Fragen die Verwirklichung eines ihm in der Hauptsache möglicherweise zustehenden Anspruchs auf weitere Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG vereitelt.
1. Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung ist unter anderem gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann (§ 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 - 11 S 2622/02 - VBlBW 2003, 482 und vom 15.10.2004 - 11 S 2297/04 juris, jeweils m. w. N.; s. auch BVerwG, Urteil vom 21.09.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206 sowie VG Freiburg, Urteil vom 04.02.2004 - 1 K 1620/01 - juris).
a) Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche - außerhalb des Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn), wobei der Senat erwogen hat, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.07.2003 und 15.10.2004, a. a. O.). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehört der Zeitraum des Aufsuchens und Abholens in der Wohnung, des Verbringens zum Abschiebeort sowie die Zeit der Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur endgültigen Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. Insgesamt gilt, dass die mit dem Vollzug der Abschiebung während dieses Abschnitts betrauten deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.02.1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, 241; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 07.05.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32 = InfAuslR 2001, 384).
aa) Macht ein Ausländer eine solche Reiseunfähigkeit geltend oder ergeben sich sonst konkrete Hinweise darauf, ist die für die Aussetzung der Abschiebung zuständige Ausländerbehörde verpflichtet, den aufgeworfenen Tatsachenfragen, zu deren Beantwortung im Regelfall medizinische Sachkunde erforderlich ist, im Rahmen ihrer Amtsaufklärungspflicht nach § 24 Abs. 1 LVwVfG nachzugehen, wobei der Ausländer zur Mitwirkung verpflichtet ist (§ 82 AufenthG). Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte (“Privatgutachten“) vor, sind diese zum Beweis für eine Reiseunfähigkeit nach der Rechtsprechung des Senats nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) richten (vgl. im einzelnen Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.). Sind diese Mindestanforderungen nicht oder nur teilweise erfüllt, kann die Reiseunfähigkeit allein aufgrund der vorgelegten ärztlichen Fachberichte zwar nicht als erwiesen angesehen werden. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass kein weiterer Aufklärungsbedarf besteht. Die Ausländerbehörde bleibt nach § 24 Abs. 1 LVwVfG verpflichtet, den Sachverhalt selbst weiter aufzuklären, wenn und soweit sich aus den ihr vorliegenden ärztlichen Äußerungen, dem Vortrag des Ausländers oder aus sonstigen Erkenntnisquellen ausreichende Indizien für eine Reiseunfähigkeit ergeben. Ist das der Fall, wird regelmäßig eine amtsärztliche Untersuchung oder die Einholung einer ergänzenden (fach-)ärztlichen Stellungnahme oder eines (fach-)ärztlichen Gutachtens angezeigt sein, da der Ausländerbehörde die erforderliche medizinische Sachkunde zur Beurteilung einer mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahr und auch der Frage fehlen dürfte, mit welchen Vorkehrungen diese Gefahr ausgeschlossen oder gemindert werden könnte. Insoweit gelten für die Aufklärungspflicht der Behörde keine anderen Maßstäbe als für diejenige des Verwaltungsgerichts nach § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO (vgl. zur Ermittlungspflicht beim Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung: BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8.07 - DVBl. 2008, 132, sowie Beschluss vom 24.05.2006 - 1 B 118.05 - NVwZ 2007, 345). So ist bei substantiiert vorgetragenen oder sonst bekannt gewordenen Anhaltspunkten für eine Suizidgefahr als Folge einer psychischen Erkrankung - wie bei anderen psychischen Erkrankungen - im Regelfall schon v o r Beginn einer Abschiebung ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten einzuholen. Nr. III. 2 des von der Bundesärztekammer am 26.11.2004 gebilligten Informations- und Kriterienkatalogs zu Fragen der ärztlichen Mitwirkung bei der Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer (vgl. http://www.aekno.de/ htmljava/a/kammerarchiv/kriterienkatalog_nrw.pdf) sieht dies ausdrücklich vor. In Baden-Württemberg ist die Anwendung dieses Katalogs durch die Ausländerbehörden zwar nicht - wie in Nordrhein-Westfalen - durch Verwaltungsvorschrift angeordnet (vgl. die Antwort der Landesregierung vom 25.09.2007 auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Braun vom 10.09.2007, LT-Drs. 14/1702). Der - auch vom 108. Deutschen Ärztetag begrüßte (http://www. bundesaerztekammer.de/page.asp? his=0.2.20.1827.1832.1932.1955.1956) - Informations- und Kriterienkatalog kann jedoch als sachverständige Konkretisierung dessen berücksichtigt werden, was vor Durchführung einer Abschiebung von Amts wegen zu prüfen und gegebenenfalls als Vorkehrung zum Schutz des von der Abschiebung Betroffenen vorzusehen ist (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris). Eine Untersuchung durch einen Arzt am Tage der Abschiebung, für die praktisch nur eine beschränkte Zeit zur Verfügung stehen dürfte, ist dagegen im Hinblick auf die erforderliche Intensität der Exploration und eine hinreichende Fundierung regelmäßig kein taugliches Mittel, um Hinweise auf eine Suizidgefährdung als Folge einer psychischen Erkrankung so abzuklären, dass eine Abschiebung mit dem möglichen Risiko lebensbedrohlicher Folgen verantwortet werden kann (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2007 - 19 B 352/07 - juris; vgl. auch BayVGH, Beschluss vom 23.10.2007 - 24 CE 07.484 - juris).
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bb) Aus der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zur Durchführung des Asylverfahrensgesetzes und zur Beendigung des Aufenthalts abgelehnter Asylbewerber und sonstiger ausreisepflichtiger Ausländer durch die Landesbehörden vom 01.01.2004 - VwV Asyl/Rückführung, Stand 01.01.2005 - (Abschnitt C Teil I Nr. 1 der mit Erlass des Innenministeriums Baden-Württemberg vom 30.12.2004 - 4-1310/131 - an die Ausländerbehörden übersandten "Zusammengefassten Vorgaben des Innenministeriums zur Anwendung aufenthalts- und asylrechtlicher Regelungen ab dem 1. Januar 2005") folgt im Ergebnis nichts Anderes. In Nr. 3.5.2.1 bis 3 VwV Asyl/Rückführung ist detailliert geregelt, wie zu verfahren ist, wenn der Ausländer eine Reiseunfähigkeit im engeren oder weiteren Sinne geltend macht und/oder Erkenntnisse über eine Suizidgefahr vorliegen. "Bestehen tatsächliche Anhaltspunkte" für eine Reiseunfähigkeit im engeren Sinne, "veranlasst die zuständige Ausländerbehörde eine amtsärztliche Untersuchung durch das Gesundheitsamt im Wege der Amtshilfe oder durch einen Arzt", wobei an die Mitwirkungspflicht des Ausländers sowie das Ersuchen der Behörde bestimmte Anforderungen gestellt werden (Nr. 3.5.2.1.1 Absätze 2 bis 6 VwV Asyl/Rückführung). Hinsichtlich der auf einer Traumatisierung beruhenden Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne ordnet die Verwaltungsvorschrift für den Fall, dass vorgelegte fachärztliche Atteste oder Gutachten bestimmte Mindestvoraussetzungen (die im wesentlichen den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Mindestanforderungen entsprechen) nicht erfüllen, sich aber aus dem Attest oder Gutachten ausreichende Anhaltspunkte für eine Traumatisierung ergeben, an, dass "in der Regel eine ergänzende Stellungnahme des behandelnden Facharztes oder ein weiteres fachärztliches Gutachten einzuholen ist", es sei denn, das vorgelegte Attest enthält lediglich unsubstantiierte Ausführungen oder offensichtliche Gefälligkeitsformulierungen (Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 5 VwV Asyl/ Rückführung). Liegen Erkenntnisse vor, dass der Ausländer suizidgefährdet ist oder droht er für den Fall einer Abschiebung mit einem Suizid, gelten diese Regelungen entsprechend (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 4 VwV Asyl/Rückführung) und es "ist im Rahmen des in Auftrag zu gebenden Gutachtens" bestimmten weiteren Fragen nachzugehen (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 1 VwV Asyl/Rückführung); bei Vorliegen eines ernsthaften Suizidrisikos ist zudem sicherzustellen, dass durch flankierende Maßnahmen, wie die ärztliche Begleitung des Ausländers, Vorsorge getroffen ist, dass sich die Suizidgefahr nicht realisiert (Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung).
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b) Gemessen daran erscheint offen, ob der Antragsteller Anspruch auf weitere Aussetzung der Abschiebung nach § 60 a Abs. 2 Satz 1 AufenthG i. V. m. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG hat. Denn insoweit wird in der Hauptsache - dem Verwaltungsverfahren über den zuletzt nochmals am 18.09.2007 bei der Stadt Mannheim wiederholten und vom zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe bislang nicht beschiedenen Antrag auf weitere Aussetzung der Abschiebung - zunächst gemäß den oben dargelegten Grundsätzen zur Amtsaufklärungspflicht der Ausländerbehörde ein (amts-)ärztliches - psychologisch-psychotherapeutisches - Gutachten zumindest darüber einzuholen sein, ob auf Grund einer Abschiebung die Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Antragstellers infolge ernsthafter suizidaler Handlungen wesentlich verschlechtert, und mit welchen Vorkehrungen gegebenenfalls eine solche Gefahr abgewendet oder gemindert werden kann. Anlass dazu besteht schon deshalb, weil sich aus den vorliegenden ärztlichen Attesten und Berichten sowie der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Versicherung an Eides statt des Onkels des Antragstellers ausreichende Erkenntnisse für eine Suizidgefahr bei einer Abschiebung als Folge einer psychischen Erkrankung ergeben. Ob die ärztlichen Atteste und Berichte darüber hinaus in Bezug auf den Vortrag einer behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung eine Ermittlungspflicht der Behörde begründen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 und Beschluss vom 24.05.2006, a. a. O.) oder gar für sich genommen als Entscheidungsgrundlage genügen, was im Hinblick auf die in der Senatsrechtsprechung (vgl. Senatsbeschluss vom 10.07.2003, a. a. O.) entwickelten Mindestanforderungen bzw. die entsprechenden Voraussetzungen nach Nr. 3.5.2.1.2 Absatz 2 VwV Asyl/Rückführung zweifelhaft erscheint, kann im vorliegenden Eilverfahren offen bleiben.
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Nach dem gemeinsamen Bericht der Ärzte Prof. Dr. ... und Dr. ...-... sowie der Diplom-Psychologin ... beim Psychiatrischen Zentrum ... - Allgemeinpsychiatrie und Psychotherapie - an die den Antragsteller behandelnde Ärztin Dr. ...-... vom 15.09.2007 habe der Antragsteller am 03.06.2007 in suizidaler Absicht eine Medikamentenmischung eingenommen. Er sei deshalb am 11.06.2007 in die geschlossene Akutstation des Psychiatrischen Zentrums ... in … aufgenommen worden. Diagnostisch sei bei Wiedererleben von Belastungen durch aufdringliche Nachhallerinnerungen, anhaltende Symptome einer erhöhten psychischen Sensibilität und Erregung wie Hypervigilanz, erhöhte Schreckhaftigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten sowie Vermeidungsverhalten von einer posttraumatischen Belastungsstörung F43.1 auszugehen. Daneben leide der Antragsteller an dissoziativen Krampfanfällen F44.5. Er sei am 26.07.2007 ohne Hinweise auf eine akute Eigen- oder Fremdgefährdung entlassen worden, jedoch sei bei drohender Abschiebung in das Heimatland mit erneuten ernsthaften suizidalen Handlungen zu rechnen. Im ärztlichen Attest der Dr. ...-... vom 12.11.2007 werden - ohne nähere Erläuterungen - folgende Erkrankungen diagnostiziert: "Schwere depressive Episode mit Suizid in der Anamnese (03.06.07); Posttraumatische Belastungsstörung; Generalisierte Angststörung; Schlafstörung; Soziale Phobie; Anorexia nervosa, Gewichtsverlust; Dissoziative Krampfanfälle". Die Ärztin legt dar, der Antragsteller befinde sich seit dem 27.07.2007 in tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie und habe am 02.11.2007 erneut einen Suizidversuch unternommen, wobei er sich schwere Schnittverletzungen mit einer Rasierklinge am linken Unterarm zugefügt habe. Er habe auch weiter abgenommen und gehöre in eine psychiatrische Klinik, wo er bei Selbstgefährdung 24 Stunden täglich unter Beobachtung stehen müsse; er bedürfe dringend einer stationären Therapie. Der Onkel des Antragstellers bekundet in seiner Versicherung an Eides statt vom 15.11.2007 schließlich, er - der Onkel - habe anlässlich eines Besuchs in der im vierten Stock gelegenen Wohnung seiner Schwester am 02.11.2007 miterlebt, dass der Antragsteller auf die Fensterbank eines geöffneten Fensters gesprungen sei, als jemand an der Tür geklingelt und geklopft habe. Es sei nur ein Freund gewesen. Der Antragsteller habe aber vermutet, dass die Polizei ihn abholen wollte, und er habe sich aus dem Fenster stürzen wollen. Damit ist hinreichend substantiiert und glaubhaft dargelegt, dass der Antragsteller sich bereits zweimal wegen offenbar ernsthaft unternommener suizidaler Handlungen im Zusammenhang mit der bevorstehenden Abschiebung in ärztliche - stationäre - Behandlung begeben musste. Die eidesstattliche Versicherung seines Onkels vom 15.11.2007 bestätigt einen möglichen weiteren Suizidversuch. Zudem gibt es Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung als mögliche Ursache (posttraumatische Belastungsstörung F43.1). Es liegen mithin ausreichende Erkenntnisse vor, die zumindest den Anschein einer ernsthaften Selbsttötungsabsicht des Antragstellers im Falle seiner Abschiebung und einer psychischen Erkrankung als mögliche Ursache begründen. Anhaltspunkte dafür, dass die auf entsprechende konkrete Vorkommnisse gestützten wiederholten ärztlichen Attestierungen einer Suizidgefahr im Fall der Abschiebung als unsubstantiiert oder Gefälligkeitsformulierung gewertet werden müssen, sind für den Senat nicht erkennbar.
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Bei dieser Sachlage kann über das Vorliegen des geltend gemachten Duldungsanspruchs ohne (amts-)ärztliche - psychologisch-psychotherapeutische - Begutachtung der im Tenor bezeichneten Fragen zu den mit einer Abschiebung verbundenen gesundheitlichen Risiken nicht entschieden werden. Ermittlungen dieser Art sind angesichts der Tatsache, dass sich der Antragsgegner dafür der Amtshilfe eines zuständigen staatlichen Gesundheitsamtes bedienen kann, weder unverhältnismäßig noch notwendigerweise besonders zeitaufwändig oder kostspielig. Dass die zuständige Ausländerbehörde des Antragsgegners selbst über ausreichende medizinische Fachkunde zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen verfügt, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Die Erforderlichkeit einer solchen Begutachtung wird auch nicht durch den Vortrag des Antragsgegners, der Antragsteller werde in Begleitung eines Arztes und von Sicherheitskräften, die ihn von selbstgefährdenden Handlungen abhielten, abgeschoben und in der Türkei einem ärztlichen Team einschließlich eines Psychiaters übergeben, entbehrlich (s. o. a) aa)). Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang darauf verweist, dass mit diesen Vorkehrungen den Anforderungen an flankierende Maßnahmen zur Abschiebung bei Suizidgefahr nach Nr. 3.5.2.1.3 Absatz 3 VwV Asyl/Rückführung Rechnung getragen sei, übersieht er, dass sich die Geeignetheit dieser Vorkehrungen erst dann - in einem zweiten Schritt - sachgerecht beurteilen lassen wird, wenn das gemäß Nr. 3.5.2.1.3 Absätze 1 und 4 VwV Asyl/Rückführung einzuholende Gutachten vorliegt. Denn gerade auch zur Beantwortung dieser Frage ist bei einer Suizidgefahr auf Grund einer psychischen Erkrankung die besondere Sachkunde eines Mediziners nötig. Abgesehen davon erscheint die Geeignetheit der vom Antragsgegner zugesagten Vorkehrungen im Fall des Antragstellers schon deshalb zweifelhaft, weil sie erst mit seiner Abholung einsetzen sollen. Denn sie schließen die nach Lage der Dinge hier ernsthaft in Betracht zu ziehende Gefahr einer Selbsttötung schon zu einem früheren Zeitpunkt nicht aus, wenn der Antragsteller durch eine Mitteilung der Ausländerbehörde oder seines Rechtsanwalts oder auf sonstige Weise erfährt oder damit rechnen muss, dass die Abschiebung nunmehr unmittelbar bevorsteht. Gegebenenfalls kommen insoweit auch Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz oder die richterliche Anordnung einer Abschiebungshaft mit ärztlicher Überwachung in Betracht. Soweit der Antragsgegner ferner auf die dem Antragsteller mehrfach eingeräumte Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise verweist, ändert auch das nichts am dargestellten Aufklärungsbedarf. Zwar hat der Senat erwogen, an das Vorliegen einer Reiseunfähigkeit im weiteren Sinne gegebenenfalls strengere Maßstäbe anzulegen, wenn der Ausländer nicht alles ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare unternommen hat, um den Eintritt der Gesundheitsgefahr abzuwenden oder zu mindern oder eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen (s. o. a.)). Bei einer durch eine psychische Erkrankung bedingten Suizidgefahr kann jedoch nicht ohne Weiteres von der Zumutbarkeit einer "freiwilligen" - durch den vollziehbaren gesetzlichen Ausreisebefehl aber letztlich mittelbar erzwungenen - Rückkehr in das Heimatland ausgegangen werden. Vielmehr muss auch dies gutachtlich geklärt werden. Sollte der Antragsteller freilich an der Erstellung eines Gutachtens nicht mitwirken oder sich der ausländerbehördlichen Überwachung entziehen (vgl. § 50 Abs. 5 AufenthG), steht dem Antragsgegner frei, die Abänderung der einstweiligen Anordnung analog § 927 ZPO oder § 80 Abs. 7 VwGO zu beantragen (vgl. Funke-Kaiser in Bader, VwGO, § 123 Rn 64 m w. N.).
14 
2. Es besteht auch ein Anordnungsgrund. Der Antragsgegner beabsichtigt, den Antragsteller ohne vorherige Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Suizidgefahr abzuschieben. Die vorläufige Sicherung des in der Hauptsache verfolgten Duldungsanspruchs ist daher zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes dringlich. Denn der Duldungsanspruch erlischt ebenso wie die Aussetzung selbst (vgl. § 60 a Abs. 5 Satz 1 AufenthG) mit der Ausreise. Er würde durch die Abschiebung daher vereitelt. Zudem ist eine Abschiebung ohne vorherige ärztliche Begutachtung der damit nach den vorliegenden Erkenntnissen möglicherweise einhergehenden gesundheitlichen Risiken mit der staatlichen Schutzpflicht nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren.
15 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1 GKG.
16 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Feb. 2008 - 11 S 2439/07

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 50 Ausreisepflicht


(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. (2) Der Ausländer hat da

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 82 Mitwirkung des Ausländers


(1) Der Ausländer ist verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlich

Zivilprozessordnung - ZPO | § 927 Aufhebung wegen veränderter Umstände


(1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden. (2) Die Entscheidung ist

Referenzen - Urteile

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Feb. 2008 - 11 S 2439/07 zitiert oder wird zitiert von 34 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Feb. 2008 - 11 S 2439/07 zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 15. Okt. 2004 - 11 S 2297/04

bei uns veröffentlicht am 15.10.2004

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 01. September 2004 - 9 K 1728/04 - werden zurückgewiesen. Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert des Besch

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil, 04. Feb. 2004 - 1 K 1620/01

bei uns veröffentlicht am 04.02.2004

Tenor Das beklagte Land - Regierungspräsidium Freiburg - wird verpflichtet, den Klägern jeweils eine Duldung zu erteilen. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand   1  Die Klä
32 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 06. Feb. 2008 - 11 S 2439/07.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 08. Juni 2016 - 10 ZB 16.367

bei uns veröffentlicht am 08.06.2016

Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens. III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt. IV.

Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 04. Mai 2015 - RN 2 S 15.50312

bei uns veröffentlicht am 04.05.2015

Tenor I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung für das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgelehnt. II. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungs

Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 24. Juli 2014 - 5 K 14.50069

bei uns veröffentlicht am 24.07.2014

Tenor I. Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 28. März 2014 wird aufgehoben. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Das Urteil i

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 23. Juli 2014 - 19 B 12.1073

bei uns veröffentlicht am 23.07.2014

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen beginnend mit dem Berufungsverfahren 19 B 07.2762 trägt der Kläger. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstre

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 01. September 2004 - 9 K 1728/04 - werden zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt

Gründe

 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig erhobene (§ 147 Abs. 1 VwGO) und rechtzeitig - sowie den inhaltlichen Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO entsprechend - begründete Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragsteller, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig eine Duldung zu erteilen (modifizierte Formulierung in der Beschwerdeschrift), mangels Glaubhaftmachung eines entsprechenden Anordnungsanspruchs zu Recht als unbegründet abgelehnt.
Auch mit ihrem Vorbringen in der Beschwerdeschrift, auf dessen Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, vermögen die Antragsteller nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit darzutun, dass dem Antragsteller zu 1., von dem die Rechte der übrigen Antragsteller abhängen, im Zusammenhang mit seiner psychischen Erkrankung ein sicherungsbedürftiger Anspruch auf Erteilung einer Duldung wegen eines Abschiebungshindernisses nach § 55 Abs. 2 AuslG zusteht. Dabei dürfen, wovon auch das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeht, vorliegend allein die inlandsbezogenen Folgen der Abschiebung nach § 55 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GG, nicht jedoch ihre zielstaatsbezogenen Auswirkungen nach §§ 55 Abs. 2, 53 Abs. 6 AuslG in den Blick genommen werden. Denn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG beim Antragsteller zu 1. ist vom dafür nach § 24 Abs. 2 AsylVfG ausschließlich zuständigen Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Bundesamt) zuletzt mit nach § 42 Satz 1 AsylVfG bindendem Bescheid vom 20.8.2003 abgelehnt worden (zur Bindungswirkung vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.7.2003 - 11 S 2622/02 -, InfAuslR 2003, 423 m.w.N. und Urteil vom 21.6.2004 - 11 S 770/04 -) und dieser Ablehnungsbescheid hat zwischenzeitlich auch Bestandskraft erlangt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 18.3.2004 - A 12 S 434/04 - ).
1 a). Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine bestehende (körperliche oder psychische) Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers ein inlandsbezogenes Abschiebungshindernis wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung (§ 55 Abs. 2 AuslG i.V.m. Art. 2 Abs. 2 GG) in zwei Fallgruppen begründen. Zum einen scheidet eine Abschiebung aus, wenn und solange der Ausländer wegen der Erkrankung transportunfähig ist, d.h. sich sein Gesundheitszustand durch und während des eigentlichen Vorgangs des „Reisens“ (der Ortsveränderung vom inländischen Abreiseort zum Ankunftsort im Zielstaat) wesentlich verschlechtert oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entsteht (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn). Zum anderen muss eine Abschiebung auch dann unterbleiben, wenn sie - außerhalb des eigentlichen Transportvorgangs - eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bedeutet; dies ist der Fall, wenn das ernsthafte Risiko besteht, dass unmittelbar durch die Abschiebung als solche (unabhängig vom konkreten Zielstaat) sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich (oder gar lebensbedrohlich) verschlechtert (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn, vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.7.2003 a.a.O; s. auch BVerwG, Urteil vom 21.9.1999 - 9 C 8.99 -, NVwZ 2000, 206). Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig mit der Mitteilung der beabsichtigten Abschiebung an den Ausländer. Besondere Bedeutung kommt denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehört der Zeitraum des Aufsuchens und Abholens in der Wohnung, des Verbringens zum Abschiebeort sowie die Zeit der Abschiebehaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur endgültigen Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. Insgesamt gilt, dass die mit dem Vollzug der Abschiebung während dieses Abschnitts betrauten deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten haben. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 26.2.1998 - 2 BvR 185/98 -, InfAuslR 1998, 241; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 7.5.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32 = InfAuslR 2001, 384).
b) Der Senat erwägt, dass andererseits aber auch der vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer gehalten sein dürfte, das ihm nach Lage der Dinge Mögliche und Zumutbare zu unternehmen, um den Eintritt der mit seiner - rechtmäßigen - Abschiebung verbundenen Gesundheitsgefahren abzuwenden/zu mindern bzw. eingetretene Gesundheitsstörungen zu beseitigen: Dies könnte, wenn die Gesundheitsverschlechterung maßgeblich auf den mit der Abschiebung verbundenen - psychisch zweifellos belastenden - Zwangsmaßnahmen oder der Angst vor sozialer Ächtung im Zielstaat beruht, etwa dadurch geschehen, dass er es nicht zu dieser Zwangslage kommen lässt, sondern - gegebenenfalls unter dem Einzelfall Rechnung tragenden Bedingungen - freiwillig ausreist (zur Zumutbarkeit der Abwendung zielstaatsbezogener Gefahren durch freiwillige Ausreise vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 24.3.1995 - 2 BvR 2070/94 -[Juris]). Auch wenn die Erkrankung maßgeblich auf der - wie auch immer durchgeführten - Ausreisepflicht als solcher beruht (Verlust der existentiell abgesicherten Lebensgrundlage in Deutschland , Zukunftsängste, Entwurzelungssymptome etc.), dürfte Ausländern im Rahmen des Zumutbaren eine Mitwirkungs- oder Gefahrenminderungspflicht obliegen. Ihnen dürfte grundsätzlich - weil in hohem Maß auch im eigenen Interesse liegend - angesonnen werden können, gegen drohende Gesundheitsgefahren, die sich aus der mit dem Vollzug einer rechtmäßigen Ausreisepflicht verbundenen persönlichen Verunsicherung ergeben können, fachkundige Hilfe etwa der diagnostizierenden Ärzte oder sonstiger Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen und derartige Bemühungen und gegebenenfalls deren Erfolglosigkeit im Rahmen der ihnen obliegenden Darlegungslast auch zu belegen. In diesem Zusammenhang ist auf § 61 Abs. 2 des ab 1.1.2005 geltenden Aufenthaltsgesetzes (vom 30.7.2004 (BGBl. I, 1950) zu verweisen, wonach die Länder Aufnahmeeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen können, um dort durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise zu fördern. Als Sanktion bei Unterlassung solcher eigener Bemühungen zur Gesundheitserhaltung könnte in Betracht kommen, bei den Anforderungen an das gleichwohl geltend gemachte Abschiebungshindernis der Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn einen strengen Maßstab anzulegen.
c) Der Senat hat ferner Mindestanforderungen an die Verwertbarkeit ärztlicher Fachauskünfte aufgestellt. Auch von den Ausländern selbst vorgelegte ärztliche Fachberichte (“Privatgutachten“) müssen nachvollziehbar die tatsächlichen Umstände angeben, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt (Befundtatsachen). Gegebenenfalls müssen sie auch die Methode der Tatsachenerhebung benennen. Ferner ist die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose) nachvollziehbar ebenso darzulegen wie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft - als Folge einer Abschiebung - ergeben (prognostische Diagnose), wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegungen jeweils nach den Umständen des Einzelfalls (insbesondere: Komplexität des Krankheitsbildes, Gewichtigkeit und Konsequenzen der Diagnose) richten (vgl. im einzelnen Beschluss vom 10.7.2003 a.a.O.).
2. Dass ihm gemessen daran ein Duldungsanspruch wegen einer unmittelbar abschiebungsbedingten und beachtlich wahrscheinlichen wesentlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands zusteht, hat der Antragsteller zu 1. nicht glaubhaft gemacht. Dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht transportfähig ist, d.h. an der - auf dem Luftweg geplanten - Rückreise in die Türkei gehindert wäre (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), wird weder substantiiert vorgetragen noch durch die vorgelegten Arztberichte bestätigt. Etwaige gesundheitliche Risiken würden zudem durch die vom Antragsgegner zugesagten umfangreichen Vorkehrungen während des Fluges mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden. Gleiches gilt für die dem Flug vorangehenden und nachfolgenden Verfahrensabschnitte, während derer sich der Antragsteller in Gewahrsam und der Obhut der Vollstreckungsbehörde und ihrer Hilfsorgane befindet. Nach der erneuten glaubhaften Versicherung des nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 AAZuVO für die Organisation der Abschiebung zuständigen Regierungspräsidiums Freiburg in der Beschwerdeerwiderung wird während des gesamten Abschiebungsvorgangs - ab Beginn der Vollstreckungsmaßnahmen (Abholen durch die Polizei in der Wohnung) bis zur Ankunft am Zielflughafen in Istanbul - die Begleitung des Antragstellers durch einen kompetenten Arzt sichergestellt. Während des Fluges ist zudem eine Betreuung durch speziell instruierte Sicherheitsbegleiter des Bundesgrenzschutzes gewährleistet. Nach der Ankunft in Istanbul wird der Antragsteller durch die Sicherheitsbegleiter an die türkischen Behörden übergeben, denen auch die gesundheitliche Problematik bekannt sein soll. Damit kann nahezu ausgeschlossen werden, dass sich der Gesundheitszustand während des Abschiebeverfahrens verschlechtert oder der Antragsteller eigengefährdende Handlungen vornimmt.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller zu 1. vor oder nach dem Abschiebeverfahren - als unmittelbare Folge der Abschiebung als solcher (d.h. allein wegen der ihm obliegenden gesetzlichen Ausreisepflicht) mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine wesentliche Krankheitsverschlechterung droht oder dass er mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Suizidhandlungen begeht, er also reiseunfähig im weiteren Sinn ist. Die vom Antragsteller eingereichten Arztberichte des Z... (ZfP) vom 12.8.2003, des E...-... (EP) vom 30.10.2003, 22.1.2004 und 16.4.2004 und des Facharztes für Psychiatrie Dr. xx-... vom 1.12.2003, 8.3.2004 und 30.7.2004 reichen zum Beleg hierfür nicht aus. Soweit dem Antragsteller in diesen Berichten eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) attestiert wird, genügt dies den zu stellenden Qualitätsanforderungen nicht. Das ZfP-Schreiben und die Stellungnahmen des EP leiden bereits an Defiziten bei der Befunderhebung. Hinsichtlich des die Krankheit auslösenden Traumas in der Türkei, der dortigen Symptome und des erst nach Jahren „seit Ankündigung der Abschiebung“ (ZfP) erfolgten Wiederauftretens der Krankheit werden ersichtlich durchweg die eigenen Schilderungen des Antragstellers unkritisch übernommen, ohne sich zur Methodik der Befragung und zur Glaubwürdigkeit des Antragstellers zu äußern. Auch eine ausreichend differenzierte Diagnose anhand der anerkannten Einzelkriterien der ICD 10. F 43.1 bzw. der DSM-IV lässt sich den Berichten nicht entnehmen. Hierfür hätte schon deswegen Anlass bestanden, als es typisch für eine PTBS ist, dass die Symptome eines realen Traumas „auch in Zeiten von Sicherheit und Ruhe (meist über Schlüsselreize) auftreten“ und nicht erst dann, wenn - wie hier bei drohender Abschiebung - „äußerer Druck“ und „reale Gefahr“ zu befürchten sind (vgl. Ebert/Kind, Die posttraumatische Belastungsstörung im Rahmen von Asylverfahren, VBlBW 2004, 41,44). Daher vermag weder das Diagnoseergebnis des - zudem über ein Jahr zurückliegenden - Berichts des ZfP vom 12.8.2003 zu überzeugen noch die Schlussfolgerungen des EZ ... im aktuellsten Bericht vom 16.4.2004, dessen Schwerpunkt (wie der der früheren) auftragsgemäß ohnehin in der Überprüfung einer möglichen epileptischen Erkrankung lag. Auch die Berichte des Psychiaters Dr. xx-... geben lediglich die Erlebnis- und Symptomschilderungen des Antragstellers unkommentiert wieder und legen sie der Diagnose als wahr zugrunde. In dieser Diagnose legt Dr. xx-... sich zudem nicht exakt auf eine PTBS fest, sondern attestiert dem Antragsteller lediglich eine „gemischte Angst und depressive Störung auf dem Boden einer posttraumatischen Belastungsstörung, dissoziative Krampfanfälle und (eine) psychovegetative Schlafstörung“ (Bericht vom 30.7.2004). Soweit er im Anschluss daran ausführlich auf die Kriterien der ICD 10 eingeht, lässt dies noch keine vertiefte Individualprüfung erkennen, da im Wesentlichen nur wörtlich Textstellen aus einem medizinischen Fachaufsatz zitiert werden (vgl. Haenel/Birk, VBlBW 2004, 321 ff.).
Auch wenn der Senat trotz alledem unterstellt, dass der Antragsteller in Erwartung der Abschiebung an einer depressiven Störung mit Krankheitswert leidet (obwohl sich nach dem Bericht des EZ ... im Aufnahmegespräch „keine manifeste depressive Symptomatik“, sondern nur „anamnestisch rezidivierende depressive Einbrüche“ ergeben haben), ist nicht glaubhaft gemacht, dass sich diese Krankheit - im Zeitraum bis zur Überwachung und Betreuung im Abschiebeverfahren oder in der Zeit unmittelbar nach dessen Abschluss (Übergabe an die türkischen Behörden) - mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dauerhaft erheblich verschlechtern oder der Antragsteller krankheitsbedingt erheblich suizidgefährdet sein wird. Die eine „erhebliche Verschlechterung der Erkrankung und ihrer Prognose“ attestierende Schlussfolgerung im Bericht von Dr. xx-... vom 30.7.2004 vermag nicht zu überzeugen. Sie fußt weitgehend auf formelhaften allgemeinen Aussagen und nicht hinreichend auf individuellen Untersuchungsergebnissen. Im aktuellsten Bericht des EP ... wird auf eine konkrete negative Prognose für den Abschiebungsfall überhaupt verzichtet und stattdessen nur noch eine „weitere psychotherapeutische Behandlung dringend angeraten“. Bezüglich einer Suizidgefahr spricht Dr. xx-... im Bericht vom 8.3.2004 zwar von konkret geäußerten Absichten des Antragstellers, die „ernstzunehmen“ seien. Zum Grad an Wahrscheinlichkeit, dass die Drohung realisiert werden könnte, lässt er sich jedoch nicht ein. Andererseits bescheinigt das EZ ... im Bericht vom 22.1.2004 aufgrund eines Aufnahmegesprächs aber ausdrücklich, dass beim Kläger „keine akute Suizidalität“ bestehe.
Sind damit die erforderlichen unmittelbar abschiebungsbedingten Beeinträchtigungen von Leben oder Gesundheit des Antragstellers zu 1. nicht dargetan, kann weder er noch können die übrigen - ebenfalls vollziehbar ausreisepflichtigen - Antragsteller Abschiebungsschutz erhalten. Der Senat kann offen lassen, ob der Antragsteller zu 1. gegebene erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigungen durch freiwillige Ausreise oder durch Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe bei der psychischen Vorbereitung und Bewältigung der gesetzlich vorgeschriebenen Ausreise hätte vermeiden können und ob die geltend gemachten Nachteile dem strengeren Maßstab gerecht würden, der anzulegen wäre, wenn der Antragsteller sich nicht in möglicher und zumutbarer Weise um eine Stabilisierung seiner psychischen Situation im Vorfeld der Abschiebung gekümmert hätte.
10 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 1 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 39 Abs. 1, 72 Nr. 1, 2. Halbsatz GKG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes v. 5.5.2004 (BGBl I, S. 718ff.).
11 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Das beklagte Land - Regierungspräsidium Freiburg - wird verpflichtet, den Klägern jeweils eine Duldung zu erteilen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger begehren die Erteilung einer Duldung.
Die Kläger sind türkische Staatsangehörige kurdischer Volkszugehörigkeit. Der 1950 geborene Kläger zu 1) ist mit der 1956 geborenen Klägerin zu 2) verheiratet. Der 1985 geborene Kläger zu 3), die 1988 geborene Klägerin zu 4), die 1988 geborene Klägerin zu 5) und der 1983 geborene Kläger zu 6) sind ihre Kinder.
Die Kläger reisten im März 1992 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten ihre Anerkennung als Asylberechtigte. Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 11.5.1995 abgelehnt; ferner wurde festgestellt, dass weder die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG noch Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG vorliegen. Zudem wurde den Klägern die Abschiebung in die Türkei angedroht. Die hiergegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg (VG Freiburg, Urt. v. 24.6.1998 - A 8 K 12037/95 -; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 1.9.1999 - A 12 S 1918/99 -). Ein am 1.10.1999 gestellter Asylfolgeantrag wurde mit Bescheiden des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 29.6.2000 abgelehnt. Eine Klage wurde hiergegen nicht erhoben.
Am 17.4.2000 stellten die Kläger Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis. Diese wurden mit Bescheiden der Stadt Villingen-Schwenningen vom 16.5.2000 abgelehnt. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 25.7.2000 zurückgewiesen. Die beim Verwaltungsgericht Freiburg erhobene Klage wurde mit Beschluss vom 2.10.2001 - 1 K 1797/00 - bis zur Erledigung des hier zu entscheidenden Rechtsstreits ausgesetzt.
Bereits mit Schreiben vom 26.10.1999 hatten die Kläger beim Beklagten die Erteilung einer Duldung beantragt und hierbei zur Begründung darauf verwiesen, dass sich die Klägerin zu 2) in einer schwierigen psychischen Situation befinde, die bei ihr zu Herzbeschwerden führe und die Gefahr eines Suizids begründe.
Ein vom Regierungspräsidium Freiburg beim Gesundheitsamt Schwarzwald-Baar-Kreis in Auftrag gegebenes und unter Einschaltung des nervenfachärztlichen Chefarztes der V. Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie Rottenmünster, Dr. Sch., am 20.4.2000 angefertigtes Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass bei der Klägerin zu 2) keine konkreten Hinweise auf eine Suizidgefahr gegeben seien, dass aber eine akute Suizidgefahr infolge einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes im Rahmen einer Abschiebung nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei aufgrund des depressiven Krankheitsbildes anzunehmen, dass eine längere nervenärztliche Behandlung notwendig sei, die unter den in Deutschland gegebenen Verhältnissen angemessener durchzuführen sei als in der Türkei. Jedenfalls sei im Falle einer Rückkehr der Klägerin in die Türkei eine Weiterbehandlung unmittelbar nach der Ankunft erforderlich. Die Rückführung erfordere die Begleitung der Klägerin durch medizinisch geschultes Personal.
Im August 2000 teilte die Bevollmächtigte der Kläger dem Regierungspräsidium mit, dass die Klägerin zu 2) in ihrer Kanzlei einen Zusammenbruch erlitten habe, der zur Abholung durch den Notarzt geführt habe. Im Februar 2001 teilte die Bevollmächtigte der Kläger ergänzend mit, dass die Klägerin zu 2) an der Schilddrüse operiert werden müsse und dass der behandelnde Psychiater der Klägerin zu 2) aufgrund der ungeklärten Möglichkeit einer Weiterführung der psychiatrischen Behandlung eine Abschiebung der Klägerin zu 2) für nicht verantwortbar erachte. Eine freiwillige Ausreise der Kläger komme deshalb ebenso wenig in Betracht wie eine Abschiebung.
Mit Schreiben vom 1.8.2001 setzte das Regierungspräsidium Freiburg den Klägern eine Frist zur freiwilligen Ausreise bis zum 20.8.2001.
Am 17.8.2001 haben die Kläger beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor, die Klägerin zu 2) sei hochgradig depressiv und labil, so dass es bereits im Vorfeld eines Abschiebungsversuchs zu einem Zusammenbruch des psychovegetativen Nervensystems mit anschließender wochenlanger Depression kommen werde. In der Türkei fehlten die insoweit notwendigen adäquaten Behandlungsmöglichkeiten.
10 
Sie beantragen,
11 
das beklagte Land - Regierungspräsidium Freiburg - zu verpflichten, ihnen jeweils eine Duldung zu erteilen.
12 
Das beklagte Land beantragt,
13 
die Klagen abzuweisen.
14 
Es weist darauf hin, dass die psychischen Schwierigkeiten der Klägerin zu 2) nicht durch eine Verfolgung in der Türkei begründet seien, sondern vorwiegend durch das familiäre Umfeld und die Existenzängste im Zusammenhang mit der Rückkehr in die Heimat. Die Untersuchung der Klägerin zu 2) habe ergeben, dass keine konkrete Suizidgefährdung gegeben sei. Aufgrund der ebenfalls attestierten geringen emotionalen Belastbarkeit und der Neigung zu affektiv-impulsiven Verhaltens der Klägerin zu 2) sei jedoch eine ärztliche Begleitung der Kläger im Rahmen der gesamten Abschiebung sichergestellt. Die allein maßgebliche Reisefähigkeit der Klägerin zu 2) sei zu bejahen.
15 
Mit Beschluss vom 10.9.2001 - 1 K 1368/01 - verpflichtete das Verwaltungsgericht Freiburg den Beklagten, den Klägern vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Duldungen zu erteilen.
16 
Mit Beschluss vom 1.12.2003 hat das Verwaltungsgericht Beweis erhoben zu der Frage der Gefahr einer erheblichen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin zu 2) im Zusammenhang mit der Vornahme einer zwangsweisen Abschiebung der Kläger in die Türkei und der hierbei gegebenen Möglichkeiten ihrer Verhinderung oder Kompensation durch die abschiebende Behörde. Das entsprechende schriftliche Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. E. vom 7.1.2004 lag dem Gericht in der mündlichen Verhandlung vor und wurde von dem Sachverständigen erläutert. Insoweit wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
17 
Dem Gericht lagen die Ausländerakten der Stadt Villingen-Schwenningen über die Kläger (je ein Heft) sowie die Akten des Regierungspräsidiums Freiburg (2 Hefte) vor. Weiter waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung die Gerichtsakten in den Verfahren der Kläger A 8 K 12037/95, 1 K 1797/00, 1 K 1367/01, 1 K 1368/01 und 1 K 1504/01. Auf den Inhalt dieser Akten wird ergänzend ebenso verwiesen wie auf die wechselseitigen Schriftsätze in der Klageakte.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Klagen sind in der Form einer Verpflichtungsklage zulässig. Die Erteilung einer Duldung ist ein Verwaltungsakt, dessen Regelung auf die förmliche Aussetzung der Abschiebung für einen bestimmten Zeitraum gerichtet ist (BVerwG, Urt. v. 25.9.1997 - 1 C 3/97 -, BVerwGE 105, 232). Für diese Klagen besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat der Beklagte den Klägern auf deren Antrag vom 26.10.1999 zunächst bis zum 20.8.2001 und dann zuletzt aufgrund der in dem Beschluss der Kammer vom 10.9.2001 - 1 K 1368/01 - ausgesprochenen Verpflichtung stets Duldungen erteilt, doch liegt in diesem Verhalten keine freiwillige Erfüllung des von den Klägern geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung einer Duldung. Denn die Kläger haben ihren Anspruch auf die psychische Erkrankung der Klägerin zu 2) und damit auf einen Zeitraum bezogen, der über den bisher mit Duldungen abgedeckten Zeitraum hinaus geht. Insoweit hat der Beklagte jedoch stets deutlich gemacht, dass eine Erteilung einer Duldung auch ohne ein entsprechendes Urteil der Kammer nicht ergehen, sondern die Abschiebung der Kläger im Falle einer negativen Beendigung des Klageverfahrens unmittelbar eingeleitet werde.
19 
Die Klagen sind auch begründet. Die Kläger haben jeweils einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung, so dass die Vorenthaltung einer solchen die Kläger in ihren subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dies folgt daraus, dass ihre Abschiebung jeweils im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist.
20 
1. Die Unmöglichkeit einer Abschiebung der Klägerin zu 2) ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Diese Verfassungsbestimmung gewährt jedem das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dies hat zur Folge, dass Eingriffe des Staates in die körperliche Unversehrtheit, zu der nach allgemeiner Auffassung neben der physischen auch die psychische Gesundheit eines Menschen zählt, unter anderem stets am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen sind. Dies gilt auch dann, wenn eine staatliche Vollzugshandlung - wie die Vollstreckung der Ausreisepflicht von Ausländern - nicht gezielt und unmittelbar in die körperliche oder seelische Integrität des Betroffenen einwirkt, sondern die Beeinträchtigung der Gesundheit nur eine mittelbare Folge des an sich zulässigen Handelns des Staates ist. Insofern ist der Staat verpflichtet, die mit einer Abschiebung verbundenen Gefahren für das Leben und die Gesundheit eines Ausländers gegenüber den mit der zwangsweisen Vollstreckung der Ausreisepflicht verbundenen öffentlichen Belangen im Einzelfall abzuwägen (vgl. grundlegend BVerfG, Beschl. v. 19.6.1979 - 2 BvR 1060/78 -, BVerfGE 51, 324, 346 f und Beschl. v. 3.10.1979 - 1 BvR 614/79 -, BVerfGE 52, 214, 219 sowie zuletzt Beschl. v. 20.9.2001 - 2 BvR 1349/01 -, NJW 2002, 51 und Beschl. v. 16.8.2001 - 1 BvR 1002/01 -, NJW-RR 2001, 1523). Dabei ist nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 10.7.2003 - 11 S 2622/03 -, VBlBW 2003, 482 sowie Beschl. v. 7.5.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32), der sich die Kammer anschließt und die ihre Parallele in der gesetzlichen Wertung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG findet, eine grundrechtsverletzende Unverhältnismäßigkeit grundsätzlich immer dann gegeben, wenn aufgrund einer hinreichend abgesicherten Prognose die beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass der Ausländer im unmittelbaren Zusammenhang mit der Durchführung der Abschiebung einen erheblichen Gesundheitsschaden erleidet oder sich ein solcher Gesundheitsschaden in einem solchen Maße weiter verfestigt.
21 
In Übertragung dieser Grundsätze beurteilt die Kammer die Durchführung der Abschiebung der Klägerin zu 2) als unverhältnismäßige Gefährdung ihrer psychischen und physischen Gesundheit.
22 
Die Kammer ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Klägerin zu 2) an einem chronischen und schweren depressiv-ängstlichen Syndrom leidet, das sich unter anderem in einer ausgeprägten Antriebshemmung äußert und in negativen Lebenssituationen zu schweren Panik- und Angstattacken führt. Solche negativen Lebenssituationen sind für die Klägerin zu 2) insbesondere Situationen, die mit der Rückkehr in die oder der Vorstellung eines Aufenthalts in der Türkei verbunden sind, und zwar ohne dass die Klägerin dies willentlich beeinflussen oder steuern könnte. Dieses Krankheitsbild hat der vom Gericht bestellte Sachverständige Prof. Dr. E. sowohl in seinem schriftlich erstatteten Gutachten vom 7.1.2004 als auch bei seinen mündlichen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung für die Kammer in jeder Hinsicht nachvollziehbar dargelegt. Dabei beruhen die Feststellungen des Gutachters auf einer persönlichen Untersuchung und Befragung der Klägerin zu 2), die mit Hilfe einer vereidigten Dolmetscherin durchgeführt worden war. Die Diagnose deckt sich weiter im Wesentlichen mit den Befunden, die der im Vorfeld des Verfahrens seitens des Beklagten beauftragte Gutachter Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 5.4.2000 und der behandelnde Psychiater der Klägerin zu 2) in seinen Attesten vom 10.10.2000 und vom 13.9.2001 erhoben hatten. Schließlich deckt sich der Befund auch mit dem Eindruck der Kammer von der Klägerin zu 2) als einer im hohen Maße niedergeschlagenen und angespannten Person, die die mündliche Verhandlung nur in Beisein einer ihr seit langem nahestehenden ärztlichen Mitarbeiterin von „Pro Familia - Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V.“ in Villingen und nur mit einer längeren Erholungspause durchstehen konnte.
23 
Ausgehend von diesem Krankheitsbild der Klägerin zu 2) ist die Kammer, die auch insoweit den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. E. folgt, weiter davon überzeugt, dass die Klägerin zu 2) bereits mit dem Beginn einer zwangsweisen Abschiebung, d.h. schon beim Auftauchen der mit der Überführung der Familie zum Flughafen beauftragten Vollzugsbeamten, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwere Panik- und Angstattacke erleiden würde. Eine solche wäre mit vegetativen Symptomen wie Herzrasen, Blutdruckanstieg und Atemnot sowie mit einer sog. Bewusstseinsverschiebung, wenn nicht sogar einer Ohnmacht verbunden. Der Eintritt dieser Panik- und Angstattacke, der auch von einem vorher gut instruierten Arzt nicht verhindert werden könnte, hätte zwingend den Abbruch der Abschiebung zur Folge. Zwar könnte ein - wie von dem Beklagten zugesichert - anwesender und gut instruierter Arzt die vegetativen Symptome medikamentös abmildern, er müsste sich jedoch aus ärztlicher Verantwortung heraus für eine Einweisung der Klägerin in eine Fachklinik entscheiden. Denn eine solche Panikattacke stellt aus psychiatrischer Sicht eine grundsätzlich überwachungsbedürftige Situation dar, weil während einer solchen meist die Steuerungsfähigkeit des Patienten aufgehoben und damit auch die Gefahr suizidaler Handlungen gegeben ist. Eine insoweit gegenüber der Einweisung in eine Fachklinik alternative und zur weiteren Durchführung der Abschiebung nötige weitgehende Sedierung der Klägerin zu 2) scheidet aus, weil es abgesehen von dem mit einer solchen Sedierung verbundenen Risiko im hohen Maße unwägbar ist, wie die Klägerin zu 2) nach dem Ende der Wirkung dieser Medikamente reagieren würde. Vor allem aber stellt sich die Symptomatik der Panik- und Angstattacke - rein äußerlich - als eine solche dar, die auch auf einen Herzinfarkt oder eine Lungenembolie hinweist, so dass es in jedem Fall einer zumindest internistischen Abklärung bedürfte. Darüber hinaus führt die mit dem Versuch der Abschiebung verbundene Panik- und Angstattacke der Klägerin zu 2) nicht nur zu den beschriebenen und für sich genommen bereits als erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung zu qualifizierenden vegetativen Symptomen. Sie hat vielmehr auch eine weitere erhebliche Verfestigung oder Verschlimmerung des depressiven Krankheitsbildes der Klägerin zu 2) zu Folge, so dass einerseits die krankheitsbedingt stark eingeschränkte Fähigkeit der Klägerin zu 2), positive Entwicklungen wahrzunehmen und negative Ereignisse relativierend zu verarbeiten, weiter und dauerhaft gemindert und andererseits eine grundsätzlich mögliche Behandlung der Klägerin zu 2) deutlich erschwert wird. Schließlich würden sich die allgemeinen Symptome des depressiv-ängstlichen Syndroms der Klägerin zu 2) wie die bestehende Schlaflosigkeit und die starke Antriebslosigkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit für zumindest längere Zeit verstärken.
24 
Diesen Gesundheitsbeeinträchtigungen steht das öffentliche Interesse an der zwangsweisen Durchsetzung der bestehenden Ausreisepflicht der Klägerin zu 2) gegenüber. Allerdings kommt ihnen nicht das zur Rechtfertigung der mit der Maßnahme verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen nötige Gewicht zu. Denn zum einen müsste ein Abschiebeversuch - wie dargelegt - mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder abgebrochen werden, so dass ein Erfolg der Zwangsmaßnahme voraussichtlich nicht erreicht werden kann. Auch soweit die Kammer grundsätzlich ein Bedürfnis des Beklagten anerkennt, eine Abschiebung auch trotz eines drohenden Misserfolges zumindest zu versuchen, sind die hiermit verbundenen öffentlichen Belange im Einzelfall der Klägerin zu 2) nicht gewichtig genug, um die mit einem solchen Abschiebungsversuch verbundenen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin zu 2) in ein angemessenes Verhältnis zum Nutzen der Maßnahme zu bringen. Zwar birgt ein Abschiebeversuch die wenn auch nur geringe Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der Maßnahme. Auch hätte ein Abschiebeversuch zumindest eine abschreckende Wirkung gegenüber anderen ausreisepflichtigen Ausländern, wodurch einerseits der Druck zu einer freiwilligen Ausreise erhöht und andererseits der Tendenz Vorschub geleistet würde, die mit dem zwangsweisen Vollzug einer Ausreisepflicht häufig verbundenen psychischen Belastungen und Ängste der Betroffenen im Vorfeld der Abschiebung zu einem tatsächlich nicht gegebenen Krankheitsbild zu steigern. Die Kammer sieht jedoch die Aussicht auf einen Erfolg der Abschiebung als außerordentlich gering an. Zudem wäre auch bei einem Vollzug der Ausreisepflicht mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass sich das schwere Krankheitsbild bei der Klägerin noch weiter verschlimmert und auch eine - unterstellte - psychiatrische Behandlung der Klägerin zu 2) in der Türkei insoweit selbst mittelfristig zu keiner Kompensation führen würde. Schließlich sieht die Kammer auch die Präventivinteressen des Beklagten als nicht hinreichend gewichtig an, um die mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahren im Einzelfall der Klägerin zu 2) zu rechtfertigen. Dem liegt zugrunde, dass die Klägerin zu 2) aufgrund ihrer schweren Depression und der damit verbundenen krankhaften Angst vor einem Aufenthalt in der Türkei gar nicht in der Lage war, ihrer Ausreisepflicht freiwillig nachzukommen. Dies hat der Gutachter deutlich gemacht, indem er in der mündlichen Verhandlung darlegte, dass es gerade das Wesen der Krankheit sei, dass positive Aspekte einer Entwicklung - wie etwa die Rückkehr in den eigenen Kulturkreis - nicht wirklich aufgenommen und Ängste deshalb auch nicht relativiert und verarbeitet werden können. Es würde das Wesen der Krankheit der Klägerin zu 2) völlig verkennen, wenn davon ausgegangen würde, dass ein hinreichender Druck durch die Behörden oder die Familie der Klägerin zu 2) zu einer Überwindung der Panik und Antriebslosigkeit führen könnten. Eine spezialpräventive Wirkung in dem Sinne, dass die Klägerin zu 2) nach einem Abschiebeversuch und den damit verbundenen Folgen - und sei es auf Drängen und unter der Mithilfe der Familie - dazu gebracht werden könnte, ohne erneute schwere Zusammenbrüche und weitere schwere gesundheitliche Schäden in die Türkei zurückzukehren, ist bei diesem Krankheitsbild ausgeschlossen. Damit aber kommt auch der generalpräventiven Wirkung eines Abschiebungsversuchs gegenüber den Versuchen anderer Ausländer, sich durch einen Verweis auf ein depressiv-phobisches Krankheitsbild einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung dauerhaft zu entziehen, kein wirkliches Gewicht zu. Denn die Behörde kann nicht einzelne kranke Ausländer schweren Gesundheitsgefahren aussetzen, damit andere Ausländer davon abgehalten werden, eine Krankheit vorzuschützen; vielmehr ist sie gehalten, die Tragfähigkeit der Behauptungen einzelner ausreisepflichtiger Ausländer, sie seien so krank, dass eine Abschiebung bei ihnen zu schweren und unzumutbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen führen würde, in jedem Einzelfall zu bewerten.
25 
2. Für die Kläger zu 1), zu 3), zu 4) zu 5) und zu 6) ergibt sich die rechtliche Unmöglichkeit ihrer Abschiebung daraus, dass die Klägerin zu 2) krankheitsbedingt auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen ist und durch die zwangsweise Beendigung ihres Aufenthalts in einem wiederum schweren Maße psychisch belastet würde. Insofern steht der Abschiebung der Kläger zu 1), zu 3), zu 4) zu 5) und zu 6) jeweils Art. 6 Abs. 1 GG entgegen, der die Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt.
26 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
27 
Die Kammer sieht es über den Einzelfall des Verfahrens hinaus als allgemein klärungsbedürftig an, welche Gesundheitsgefahren einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer im Zusammenhang mit einer Abschiebung zugemutet werden können, und lässt deshalb die Berufung gegen das Urteil nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausdrücklich zu.

Gründe

 
18 
Die Klagen sind in der Form einer Verpflichtungsklage zulässig. Die Erteilung einer Duldung ist ein Verwaltungsakt, dessen Regelung auf die förmliche Aussetzung der Abschiebung für einen bestimmten Zeitraum gerichtet ist (BVerwG, Urt. v. 25.9.1997 - 1 C 3/97 -, BVerwGE 105, 232). Für diese Klagen besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat der Beklagte den Klägern auf deren Antrag vom 26.10.1999 zunächst bis zum 20.8.2001 und dann zuletzt aufgrund der in dem Beschluss der Kammer vom 10.9.2001 - 1 K 1368/01 - ausgesprochenen Verpflichtung stets Duldungen erteilt, doch liegt in diesem Verhalten keine freiwillige Erfüllung des von den Klägern geltend gemachten Anspruchs auf Erteilung einer Duldung. Denn die Kläger haben ihren Anspruch auf die psychische Erkrankung der Klägerin zu 2) und damit auf einen Zeitraum bezogen, der über den bisher mit Duldungen abgedeckten Zeitraum hinaus geht. Insoweit hat der Beklagte jedoch stets deutlich gemacht, dass eine Erteilung einer Duldung auch ohne ein entsprechendes Urteil der Kammer nicht ergehen, sondern die Abschiebung der Kläger im Falle einer negativen Beendigung des Klageverfahrens unmittelbar eingeleitet werde.
19 
Die Klagen sind auch begründet. Die Kläger haben jeweils einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Duldung, so dass die Vorenthaltung einer solchen die Kläger in ihren subjektiven Rechten verletzt (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dies folgt daraus, dass ihre Abschiebung jeweils im Sinne des § 55 Abs. 2 AuslG aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist.
20 
1. Die Unmöglichkeit einer Abschiebung der Klägerin zu 2) ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Diese Verfassungsbestimmung gewährt jedem das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Dies hat zur Folge, dass Eingriffe des Staates in die körperliche Unversehrtheit, zu der nach allgemeiner Auffassung neben der physischen auch die psychische Gesundheit eines Menschen zählt, unter anderem stets am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu messen sind. Dies gilt auch dann, wenn eine staatliche Vollzugshandlung - wie die Vollstreckung der Ausreisepflicht von Ausländern - nicht gezielt und unmittelbar in die körperliche oder seelische Integrität des Betroffenen einwirkt, sondern die Beeinträchtigung der Gesundheit nur eine mittelbare Folge des an sich zulässigen Handelns des Staates ist. Insofern ist der Staat verpflichtet, die mit einer Abschiebung verbundenen Gefahren für das Leben und die Gesundheit eines Ausländers gegenüber den mit der zwangsweisen Vollstreckung der Ausreisepflicht verbundenen öffentlichen Belangen im Einzelfall abzuwägen (vgl. grundlegend BVerfG, Beschl. v. 19.6.1979 - 2 BvR 1060/78 -, BVerfGE 51, 324, 346 f und Beschl. v. 3.10.1979 - 1 BvR 614/79 -, BVerfGE 52, 214, 219 sowie zuletzt Beschl. v. 20.9.2001 - 2 BvR 1349/01 -, NJW 2002, 51 und Beschl. v. 16.8.2001 - 1 BvR 1002/01 -, NJW-RR 2001, 1523). Dabei ist nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg (Beschl. v. 10.7.2003 - 11 S 2622/03 -, VBlBW 2003, 482 sowie Beschl. v. 7.5.2001 - 11 S 389/01 -, VBlBW 2002, 32), der sich die Kammer anschließt und die ihre Parallele in der gesetzlichen Wertung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG findet, eine grundrechtsverletzende Unverhältnismäßigkeit grundsätzlich immer dann gegeben, wenn aufgrund einer hinreichend abgesicherten Prognose die beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür gegeben ist, dass der Ausländer im unmittelbaren Zusammenhang mit der Durchführung der Abschiebung einen erheblichen Gesundheitsschaden erleidet oder sich ein solcher Gesundheitsschaden in einem solchen Maße weiter verfestigt.
21 
In Übertragung dieser Grundsätze beurteilt die Kammer die Durchführung der Abschiebung der Klägerin zu 2) als unverhältnismäßige Gefährdung ihrer psychischen und physischen Gesundheit.
22 
Die Kammer ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass die Klägerin zu 2) an einem chronischen und schweren depressiv-ängstlichen Syndrom leidet, das sich unter anderem in einer ausgeprägten Antriebshemmung äußert und in negativen Lebenssituationen zu schweren Panik- und Angstattacken führt. Solche negativen Lebenssituationen sind für die Klägerin zu 2) insbesondere Situationen, die mit der Rückkehr in die oder der Vorstellung eines Aufenthalts in der Türkei verbunden sind, und zwar ohne dass die Klägerin dies willentlich beeinflussen oder steuern könnte. Dieses Krankheitsbild hat der vom Gericht bestellte Sachverständige Prof. Dr. E. sowohl in seinem schriftlich erstatteten Gutachten vom 7.1.2004 als auch bei seinen mündlichen Erläuterungen in der mündlichen Verhandlung für die Kammer in jeder Hinsicht nachvollziehbar dargelegt. Dabei beruhen die Feststellungen des Gutachters auf einer persönlichen Untersuchung und Befragung der Klägerin zu 2), die mit Hilfe einer vereidigten Dolmetscherin durchgeführt worden war. Die Diagnose deckt sich weiter im Wesentlichen mit den Befunden, die der im Vorfeld des Verfahrens seitens des Beklagten beauftragte Gutachter Dr. Sch. in seinem Gutachten vom 5.4.2000 und der behandelnde Psychiater der Klägerin zu 2) in seinen Attesten vom 10.10.2000 und vom 13.9.2001 erhoben hatten. Schließlich deckt sich der Befund auch mit dem Eindruck der Kammer von der Klägerin zu 2) als einer im hohen Maße niedergeschlagenen und angespannten Person, die die mündliche Verhandlung nur in Beisein einer ihr seit langem nahestehenden ärztlichen Mitarbeiterin von „Pro Familia - Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung e.V.“ in Villingen und nur mit einer längeren Erholungspause durchstehen konnte.
23 
Ausgehend von diesem Krankheitsbild der Klägerin zu 2) ist die Kammer, die auch insoweit den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. E. folgt, weiter davon überzeugt, dass die Klägerin zu 2) bereits mit dem Beginn einer zwangsweisen Abschiebung, d.h. schon beim Auftauchen der mit der Überführung der Familie zum Flughafen beauftragten Vollzugsbeamten, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine schwere Panik- und Angstattacke erleiden würde. Eine solche wäre mit vegetativen Symptomen wie Herzrasen, Blutdruckanstieg und Atemnot sowie mit einer sog. Bewusstseinsverschiebung, wenn nicht sogar einer Ohnmacht verbunden. Der Eintritt dieser Panik- und Angstattacke, der auch von einem vorher gut instruierten Arzt nicht verhindert werden könnte, hätte zwingend den Abbruch der Abschiebung zur Folge. Zwar könnte ein - wie von dem Beklagten zugesichert - anwesender und gut instruierter Arzt die vegetativen Symptome medikamentös abmildern, er müsste sich jedoch aus ärztlicher Verantwortung heraus für eine Einweisung der Klägerin in eine Fachklinik entscheiden. Denn eine solche Panikattacke stellt aus psychiatrischer Sicht eine grundsätzlich überwachungsbedürftige Situation dar, weil während einer solchen meist die Steuerungsfähigkeit des Patienten aufgehoben und damit auch die Gefahr suizidaler Handlungen gegeben ist. Eine insoweit gegenüber der Einweisung in eine Fachklinik alternative und zur weiteren Durchführung der Abschiebung nötige weitgehende Sedierung der Klägerin zu 2) scheidet aus, weil es abgesehen von dem mit einer solchen Sedierung verbundenen Risiko im hohen Maße unwägbar ist, wie die Klägerin zu 2) nach dem Ende der Wirkung dieser Medikamente reagieren würde. Vor allem aber stellt sich die Symptomatik der Panik- und Angstattacke - rein äußerlich - als eine solche dar, die auch auf einen Herzinfarkt oder eine Lungenembolie hinweist, so dass es in jedem Fall einer zumindest internistischen Abklärung bedürfte. Darüber hinaus führt die mit dem Versuch der Abschiebung verbundene Panik- und Angstattacke der Klägerin zu 2) nicht nur zu den beschriebenen und für sich genommen bereits als erhebliche Gesundheitsbeeinträchtigung zu qualifizierenden vegetativen Symptomen. Sie hat vielmehr auch eine weitere erhebliche Verfestigung oder Verschlimmerung des depressiven Krankheitsbildes der Klägerin zu 2) zu Folge, so dass einerseits die krankheitsbedingt stark eingeschränkte Fähigkeit der Klägerin zu 2), positive Entwicklungen wahrzunehmen und negative Ereignisse relativierend zu verarbeiten, weiter und dauerhaft gemindert und andererseits eine grundsätzlich mögliche Behandlung der Klägerin zu 2) deutlich erschwert wird. Schließlich würden sich die allgemeinen Symptome des depressiv-ängstlichen Syndroms der Klägerin zu 2) wie die bestehende Schlaflosigkeit und die starke Antriebslosigkeit mit einiger Wahrscheinlichkeit für zumindest längere Zeit verstärken.
24 
Diesen Gesundheitsbeeinträchtigungen steht das öffentliche Interesse an der zwangsweisen Durchsetzung der bestehenden Ausreisepflicht der Klägerin zu 2) gegenüber. Allerdings kommt ihnen nicht das zur Rechtfertigung der mit der Maßnahme verbundenen Gesundheitsbeeinträchtigungen nötige Gewicht zu. Denn zum einen müsste ein Abschiebeversuch - wie dargelegt - mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder abgebrochen werden, so dass ein Erfolg der Zwangsmaßnahme voraussichtlich nicht erreicht werden kann. Auch soweit die Kammer grundsätzlich ein Bedürfnis des Beklagten anerkennt, eine Abschiebung auch trotz eines drohenden Misserfolges zumindest zu versuchen, sind die hiermit verbundenen öffentlichen Belange im Einzelfall der Klägerin zu 2) nicht gewichtig genug, um die mit einem solchen Abschiebungsversuch verbundenen schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin zu 2) in ein angemessenes Verhältnis zum Nutzen der Maßnahme zu bringen. Zwar birgt ein Abschiebeversuch die wenn auch nur geringe Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs der Maßnahme. Auch hätte ein Abschiebeversuch zumindest eine abschreckende Wirkung gegenüber anderen ausreisepflichtigen Ausländern, wodurch einerseits der Druck zu einer freiwilligen Ausreise erhöht und andererseits der Tendenz Vorschub geleistet würde, die mit dem zwangsweisen Vollzug einer Ausreisepflicht häufig verbundenen psychischen Belastungen und Ängste der Betroffenen im Vorfeld der Abschiebung zu einem tatsächlich nicht gegebenen Krankheitsbild zu steigern. Die Kammer sieht jedoch die Aussicht auf einen Erfolg der Abschiebung als außerordentlich gering an. Zudem wäre auch bei einem Vollzug der Ausreisepflicht mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen, dass sich das schwere Krankheitsbild bei der Klägerin noch weiter verschlimmert und auch eine - unterstellte - psychiatrische Behandlung der Klägerin zu 2) in der Türkei insoweit selbst mittelfristig zu keiner Kompensation führen würde. Schließlich sieht die Kammer auch die Präventivinteressen des Beklagten als nicht hinreichend gewichtig an, um die mit der Abschiebung einhergehenden Gesundheitsgefahren im Einzelfall der Klägerin zu 2) zu rechtfertigen. Dem liegt zugrunde, dass die Klägerin zu 2) aufgrund ihrer schweren Depression und der damit verbundenen krankhaften Angst vor einem Aufenthalt in der Türkei gar nicht in der Lage war, ihrer Ausreisepflicht freiwillig nachzukommen. Dies hat der Gutachter deutlich gemacht, indem er in der mündlichen Verhandlung darlegte, dass es gerade das Wesen der Krankheit sei, dass positive Aspekte einer Entwicklung - wie etwa die Rückkehr in den eigenen Kulturkreis - nicht wirklich aufgenommen und Ängste deshalb auch nicht relativiert und verarbeitet werden können. Es würde das Wesen der Krankheit der Klägerin zu 2) völlig verkennen, wenn davon ausgegangen würde, dass ein hinreichender Druck durch die Behörden oder die Familie der Klägerin zu 2) zu einer Überwindung der Panik und Antriebslosigkeit führen könnten. Eine spezialpräventive Wirkung in dem Sinne, dass die Klägerin zu 2) nach einem Abschiebeversuch und den damit verbundenen Folgen - und sei es auf Drängen und unter der Mithilfe der Familie - dazu gebracht werden könnte, ohne erneute schwere Zusammenbrüche und weitere schwere gesundheitliche Schäden in die Türkei zurückzukehren, ist bei diesem Krankheitsbild ausgeschlossen. Damit aber kommt auch der generalpräventiven Wirkung eines Abschiebungsversuchs gegenüber den Versuchen anderer Ausländer, sich durch einen Verweis auf ein depressiv-phobisches Krankheitsbild einer zwangsweisen Aufenthaltsbeendigung dauerhaft zu entziehen, kein wirkliches Gewicht zu. Denn die Behörde kann nicht einzelne kranke Ausländer schweren Gesundheitsgefahren aussetzen, damit andere Ausländer davon abgehalten werden, eine Krankheit vorzuschützen; vielmehr ist sie gehalten, die Tragfähigkeit der Behauptungen einzelner ausreisepflichtiger Ausländer, sie seien so krank, dass eine Abschiebung bei ihnen zu schweren und unzumutbaren Gesundheitsbeeinträchtigungen führen würde, in jedem Einzelfall zu bewerten.
25 
2. Für die Kläger zu 1), zu 3), zu 4) zu 5) und zu 6) ergibt sich die rechtliche Unmöglichkeit ihrer Abschiebung daraus, dass die Klägerin zu 2) krankheitsbedingt auf die Unterstützung ihrer Familie angewiesen ist und durch die zwangsweise Beendigung ihres Aufenthalts in einem wiederum schweren Maße psychisch belastet würde. Insofern steht der Abschiebung der Kläger zu 1), zu 3), zu 4) zu 5) und zu 6) jeweils Art. 6 Abs. 1 GG entgegen, der die Ehe und Familie unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt.
26 
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Kammer sieht davon ab, die Entscheidung hinsichtlich der Kosten für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs. 2 VwGO).
27 
Die Kammer sieht es über den Einzelfall des Verfahrens hinaus als allgemein klärungsbedürftig an, welche Gesundheitsgefahren einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer im Zusammenhang mit einer Abschiebung zugemutet werden können, und lässt deshalb die Berufung gegen das Urteil nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ausdrücklich zu.

(1) Der Ausländer ist verpflichtet, seine Belange und für ihn günstige Umstände, soweit sie nicht offenkundig oder bekannt sind, unter Angabe nachprüfbarer Umstände unverzüglich geltend zu machen und die erforderlichen Nachweise über seine persönlichen Verhältnisse, sonstige erforderliche Bescheinigungen und Erlaubnisse sowie sonstige erforderliche Nachweise, die er erbringen kann, unverzüglich beizubringen. Die Ausländerbehörde kann ihm dafür eine angemessene Frist setzen. Sie setzt ihm eine solche Frist, wenn sie die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wegen fehlender oder unvollständiger Angaben aussetzt, und benennt dabei die nachzuholenden Angaben. Nach Ablauf der Frist geltend gemachte Umstände und beigebrachte Nachweise können unberücksichtigt bleiben. Der Ausländer, der eine ICT-Karte nach § 19b beantragt hat, ist verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde jede Änderung mitzuteilen, die während des Antragsverfahrens eintritt und die Auswirkungen auf die Voraussetzungen der Erteilung der ICT-Karte hat.

(2) Absatz 1 findet im Widerspruchsverfahren entsprechende Anwendung.

(3) Der Ausländer soll auf seine Pflichten nach Absatz 1 sowie seine wesentlichen Rechte und Pflichten nach diesem Gesetz, insbesondere die Verpflichtungen aus den §§ 44a, 48, 49 und 81 hingewiesen werden. Im Falle der Fristsetzung ist er auf die Folgen der Fristversäumung hinzuweisen.

(4) Soweit es zur Vorbereitung und Durchführung von Maßnahmen nach diesem Gesetz und nach ausländerrechtlichen Bestimmungen in anderen Gesetzen erforderlich ist, kann angeordnet werden, dass ein Ausländer bei der zuständigen Behörde sowie den Vertretungen oder ermächtigten Bediensteten des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er vermutlich besitzt, persönlich erscheint sowie eine ärztliche Untersuchung zur Feststellung der Reisefähigkeit durchgeführt wird. Kommt der Ausländer einer Anordnung nach Satz 1 nicht nach, kann sie zwangsweise durchgesetzt werden. § 40 Abs. 1 und 2, die §§ 41, 42 Abs. 1 Satz 1 und 3 des Bundespolizeigesetzes finden entsprechende Anwendung.

(5) Der Ausländer, für den nach diesem Gesetz, dem Asylgesetz oder den zur Durchführung dieser Gesetze erlassenen Bestimmungen ein Dokument ausgestellt werden soll, hat auf Verlangen

1.
ein aktuelles Lichtbild nach Maßgabe einer nach § 99 Abs. 1 Nr. 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung vorzulegen oder bei der Aufnahme eines solchen Lichtbildes mitzuwirken und
2.
bei der Abnahme seiner Fingerabdrücke nach Maßgabe einer nach § 99 Absatz 1 Nummer 13 und 13a erlassenen Rechtsverordnung mitzuwirken.
Das Lichtbild und die Fingerabdrücke dürfen in Dokumente nach Satz 1 eingebracht und von den zuständigen Behörden zur Sicherung und einer späteren Feststellung der Identität verarbeitet werden.

(6) Ausländer, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach Kapitel 2 Abschnitt 3 oder 4 sind, sind verpflichtet, der zuständigen Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis mitzuteilen, dass die Ausbildung oder die Erwerbstätigkeit, für die der Aufenthaltstitel erteilt wurde, vorzeitig beendet wurde. Der Ausländer ist bei Erteilung des Aufenthaltstitels über seine Verpflichtung nach Satz 1 zu unterrichten.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Auch nach der Bestätigung des Arrestes kann wegen veränderter Umstände, insbesondere wegen Erledigung des Arrestgrundes oder auf Grund des Erbietens zur Sicherheitsleistung die Aufhebung des Arrestes beantragt werden.

(2) Die Entscheidung ist durch Endurteil zu erlassen; sie ergeht durch das Gericht, das den Arrest angeordnet hat, und wenn die Hauptsache anhängig ist, durch das Gericht der Hauptsache.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.